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Zsolt Szomora: Die Strafbarkeit des Inzests in Ungarn (FORVM, 2013/1., 75-96. o.)

Grundlage des vorliegenden Beitrags ist ein Landesbericht, der auf Anfrage des Max-Planck-Instituts für ausländisches und internationales Strafrecht (Freiburg i.Br.) im Jahre 2007 verfasst wurde. Der Bericht ist Teil des rechtsvergleichenden Gutachtens des Instituts, das im Auftrag des deutschen Bundesverfassungsgerichts zur Vorbereitung der deutschen Inzestentscheidung erstellt wurde. Der bisher unveröffentlichte Landesbericht berücksichtigt in seiner hier nun vorliegenden Fassung die Gesetzeslage nach dem In-Kraft-Treten des neuen ungarischen Strafgesetzbuches von 2012.

I. Geschichtliche Entwicklung und rechtspolitische Begründung

I.1. Geschichtliche Entwicklung der strafrechtlichen Behandlung des Inzests

Die Beurteilung des Inzests im ungarischen Strafrecht (bzw. in der Strafrechtsgeschichte) kann anhand der relevanten und zu Veränderungen führenden Rechtsquellen nach der folgenden Periodisierung untersucht und dargestellt werden: die Periode des Strafgewohnheitsrechts; das erste ungarische Strafgesetzbuch von 1878; das erste sozialistische Strafgesetzbuch von 1961; das Strafgesetzbuch von 1978 und die Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes von 1999, die auch für die heute geltende Rechtslage ausschlaggebend ist. Das am 1. Juli 2013 in Kraft getretene neue Strafgesetzbuch führt nämlich zu keiner wesentlichen Veränderung des Tatbestandes.

I.1.1. Die Periode bis zu dem ersten Strafgesetzbuch

Die Untersuchung der geschichtlichen Entwicklung des strafrechtlichen Inzestverbots in Ungarn vor dem 20. Jahrhundert bereitet Schwierigkeiten, die sich daraus ergeben, dass die Strafrechtskodifikation in Ungarn erst am Ende des 19. Jahrhundert erfolgreich war. Bis zu diesem Zeitpunkt war das Gewohnheitsrecht die primäre Rechtsquelle des Strafrechts.[1] Zu dieser Periode kann kurz und im Allgemeinen gesagt werden, dass die deutschen und österreichischen Strafgesetze ab dem 16. Jahrhundert einen wesentli-

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chen Einfluss auf das ungarische Strafgewohnheitsrecht ausübten [u.a. die Peinliche Gerichtsordnung von 1532; das Strafgesetz von Ferdinand III (Ferdinandea); die Consitutio Criminalis Theresiana von 1768 und das Josephinische Strafgesetz von 1787].[2] Ab Ende des 18. Jahrhunderts sind noch die Kodifikationsversuche in Ungarn zu erwähnen, die das Strafgewohnheitsrecht ebenfalls beeinflusst haben, obwohl sie nie in Kraft traten (so die Entwürfe von 1795, 1830 und 1843).[3]

Diese Rechtsdokumente spiegeln eine sehr strenge, von religiösen und moralischen Anschauungen determinierte Beurteilung des Inzests; die vorgesehene Strafe war meistens die Todesstrafe. Die erste wesentliche Milderung war im Entwurf von 1843 zu beobachten: nach § 221 war der schwerste Fall des Inzests (zwischen Elternteil und Kind) mit einem Freiheitsentzug bis zu 6 Jahren zu bestrafen.[4]

Über die tatsächliche Strafrechtspflege stehen anhand der mangelhaften rechtsgeschichtlichen Forschungen nur wenige Angaben zur Verfügung. Die einzige sichere Information ist die Partikularität des Strafgewohnheitsrechts. In einigen Gebieten Ungarns sind Angaben über Strafverfahren wegen Sexualstraftaten kaum zu finden, während diese Straftaten in anderen Gebieten oft und sehr streng bestraft wurden. Es kann erwiesen werden, dass vor den 1780er Jahren in wenigen Inzestfällen sogar die Todesstrafe gefällt und vollzogen wurde. Ab dieser Zeit ist aber eine wesentliche Milderung zu beobachten, was für den ganzen Bereich der Sexualstraftaten charakteristisch war. Die Strafrechtspflege in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts scheint sogar milder gewesen zu sein als die erwähnten Strafrechtsentwürfe.[5]

Es ist aber vor Augen zu halten, dass wegen der mangelhaften Forschungen und der Natur des Gewohnheitsrechts der genaue "Tatbestand" des Inzests nicht bekannt ist, so kann heute noch nicht genau gesehen werden, wie breit oder eng der betroffene Personenkreis und die strafbaren Handlungen von der Strafrechtspflege bestimmt waren.[6]

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I.1.2. Das erste ungarische Strafgesetzbuch von 1878[7]

Das erste ungarische Strafgesetzbuch, der sog. Csemegi-Kodex enthielt den Inzesttatbestand (nach der Terminologie des Gesetzes: Blutschande) im Abschnitt XIV unter den "Verbrechen und Vergehen gegen die Sittlichkeit".

§ 243 erklärte jede sexuelle Handlung zwischen Verwandten gerader Linie für strafbar. Die Strafsätze waren nach zwei Gesichtspunkten, den Beteiligten und den Tathandlungen differenziert: Aszendenten waren schwerer zu bestrafen als Deszendenten; Beischlaf war schwerer zu bestrafen als andere Unzuchtshandlungen.[8] Der Kodex hat einen auch noch heute geltenden Strafausschließungsgrund ins Gesetz eingefügt: Deszendenten, die zur Zeit der Tat ihr 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, waren nicht strafbar.

§ 244 enthielt die Vorschriften über Geschwisterinzest. Die Tathandlungen waren der Beischlaf und die widernatürliche Unzucht, d.h. homosexuelle Handlungen. Zwischen Geschwistern vollzogene, vom Beischlaf verschiedene heterosexuelle Handlungen waren aber nicht strafbar. Die mögliche Strafe war eine Gefängnisstrafe bis zu zwei Jahren. Ein wesentlicher Unterschied zum Inzest zwischen Verwandten gerader Linie war, dass der Geschwisterinzest nur auf Antrag eines Elternteils oder des Vormunds zu bestrafen war.

Die reichhaltigen Gesetzgebungsmaterialien des Csemegi-Kodexes informieren in vielen Fällen über die Vorstellungen und Auffassungen des Gesetzgebers sowie über die deklarierten Rechtsgüter zur Begründung der Strafbarkeit. Leider ist das aber nicht der Fall beim Inzest. Die Ministerialbegründung und die parlamentarischen Protokolle schweigen sich über die gesetzgeberische Motivation für die Strafbarkeit des Inzests und für die Festlegung des Tatbestands aus. Es ist zu vermuten, dass der Gesetzgeber die Strafbarkeitsgrundlage als eine Selbstverständlichkeit angesehen hatte, und da die Rahmen des vorgeschlagenen Tatbestands nicht näher begründet wurden, könnte denkbar sein, dass der Tatbestand von dem zu jener Zeit herrschenden Gewohnheitsrecht übernommen wurde.

Auf der einen Seite lassen sich moralische Überlegungen nachweisen, indem die Straftat unter den Sittlichkeitsdelikten geregelt war und nicht nur der Beischlaf, sondern auch unzüchtige Handlungen für strafbar erklärt wurden. Eine sehr strenge Moralisierung zeigt sich darin, dass zwischen Geschwistern, neben dem Beischlaf, nur homosexuelle Handlungen strafbar waren. Auf der anderen Seite ist aber auch eine Milderung des Sittlichkeitsstrafrechts (z.B. im Verhältnis zum Entwurf von 1843; siehe Fn. 6) zu beobachten, indem sich der vom Gesetz erfasste Personenkreis auf Blutsverwandte be-

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schränkte. Eine der wenigen aus den Gesetzgebungsmaterialien herausnehmbaren Angaben zeigt auch eine Milderung der Strenge; der Ministerialentwurf schlug noch eine Zuchthausstrafe von fünf bis zu zehn Jahren als schwersten Strafsatz vor, der von dem Justizausschuss um die Hälfte herabgesenkt wurde. Diese Milderung wurde vom Abgeordnetenhaus schließlich angenommen.

Im Folgenden werden die Veränderungen bis in die heutige Zeit dargestellt. Auf die Gründe der Modifikationen sowie der Pönalisierung des Inzests wird später im Teil II eingegangen; die gesetzgeberischen Motive sind nämlich seit 1961 unverändert.

I.1.3. Das Strafgesetzbuch von 1961[9]

Das erste sozialistische Strafgesetzbuch führte in mehreren Hinsichten zu Verschärfungen.

Beim Inzest zwischen Verwandten gerader Linie wurde die Differenzierung der Strafsätze aufgehoben, die Deszendenten unterfielen der gleichen Strafe (Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren). Der Strafausschließungsgrund für Deszendenten unter 18 Jahren wurde jedoch beibehalten.

Die bedeutendsten Verschärfungen betrafen den Geschwisterinzest. Im Gegensatz zum Csemegi-Kodex wurde jede sexuelle Handlung zwischen Geschwistern für strafbar erklärt. Der Strafsatz wurde erhöht, die Höchststrafe war Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren. Die Strafantragsvorschriften wurden gestrichen, auch der Geschwisterinzest wurde zum Offizialdelikt.

I.1.4. Das Strafgesetzbuch von 1978

Das im Jahr 1979 in Kraft getretene und bis 30. Juni 2013 geltende Strafgesetzbuch kehrte gewissermaßen zu den Vorschriften zum Geschwisterinzest des Csemegi-Kodexes zurück. Der Strafsatz ist gemildert worden. Unter den Tathandlungen ist die heterosexuelle Unzucht gestrichen worden, was zur Folge hatte, dass die homosexuellen Handlungen neben dem Beischlaf immer noch strafbar geblieben sind.

Diese Vorschriften blieben durch 20 Jahre unverändert. Im Jahr 1999 hat das ungarische Verfassungsgericht die Tathandlung "widernatürliche Unzucht" zwischen Geschwistern, wegen Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot (§ 70/A Abs. 1 ungGG), für verfassungswidrig erklärt und gestrichen.[10] Ab diesem Zeitpunkt ist nur der (heterosexuelle) Beischlaf als strafbare Tathandlung zwischen Geschwistern bestimmt.

I.1.5. Das Strafgesetzbuch von 2012

Das neue Strafgesetzbuch Ungarns führt zu keiner Veränderung des Straftatbestandes, der Umfang der Strafbarkeit und der betroffene Personenkreis entspricht immer noch dem Gesetzeslage nach 1999. Als eine zu befürwortende Änderung ist aber hervorzuheben, dass die Höchststrafe des Inzests zwischen Verwandten gerader Linie von

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5 Jahren auf 3 Jahren Freiheitsstrafe herabgesenkt wurde. Die Ministerialbegründung stellt klar, dass die Kodifikatoren die Höchststrafe von 5 Jahren, unter Berufung auf ausländische Regelungen und auf die innere Verhältnismäßigkeit des Sanktionensystems, für übertrieben hielten.

Zu den Inzest betreffenden Kriminalisierungstendenzen könnte zusammenfassend festgelegt werden, dass es in Ungarn ein strafrechtliches Inzestverbot immer gab. Über die Rechtslage nach dem Strafgewohnheitsrecht stehen keine genauen Informationen zur Verfügung. Es ist aber anzunehmen, dass es durch die Strafrechtskodifikation von 1878 zu einer wesentlichen Milderung kam, was sich vor allem in den Strafsätzen und in der Beschränkung der Strafbarkeit auf Blutsverwandte zeigte. Anhand der Strafgesetzbücher von 1961 und 1978 ist eine kleinere Schwankung zu beobachten, die Verfassungsgerichtsentscheidung von 1999 hat aber zu einer eindeutigen Entkriminalisierung hinsichtlich des Geschwisterinzests geführt. Die Tendenzen könnten insgesamt - mit gewissen Schwankungen - eher als Entkriminalisierung bezeichnet werden.

Die Änderungen des Umfangs der Strafbarkeit werden in der folgenden Tabelle dargelegt.

Tablelle 1.

Gewohnheitsrecht vor 1878Das ungStGB von 1878Das ungStGB von 1961Das ungStGB von 1978Die Entscheidung des Verfassungsgerichts von 1999
Nicht genau bekannt; eine breite Pönalisierung auch zwischen Ver­schwägerten ist zu vermuten; eine wesentliche Partikularität ist auch zu berücksichtigen- Jede sex. Handlung zw. Verwandten gerader Linie
- Deszendent unter 18 Jahren nicht strafbar
unverändertunverändertunverändert
- Beischlaf und homosexuelle Handlungen zw. Geschwistern- Beischlaf und alle anderen sex. Handlungen zw. Geschwistern- Beischlaf und homosexuelle Handlungen zw. Geschwistern- nur Beischlaf strafbar, homosexuelle Handlungen zw. Geschwistern gestrichen

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I.2. Ziele und Grund der Pönalisierung des Inzests

I.2.1. Sittlichkeit als zentrales Rechtsgut?[11]

Das geltende ungStGB vom 2012 verweist neben der sexuellen Selbstbestimmung auch auf die Sittlichkeit in der Überschrift des relevanten Abschnitts XIX. Nach dem Inkrafttreten des Strafgesetzbuchs von 1961 wurde aber die Sittlichkeit, abgesehen von wenigen Ausnahmen, nicht mehr als zentrales Rechtsgut thematisiert. Selbst die Ministerialbegründung des Kodexes hat einen Teil der einzelnen Straftatbestände nach Individualrechtsgütern, der sexuellen Selbstbestimmung und der sexuellen Entwicklung von Jugendlichen gruppiert. Prostitutionsdelikte und Inzest wurden als Straftaten gegen die Ordnung der Sexualkontakte in anderen Hinsichten eingestuft. Diese Gliederung ist auch vom Schrifttum übernommen worden.[12] Es ist aber bemerkenswert, dass sich die dritte Gruppe (Ordnung der Sexualkontakte in anderen Hinsichten), in die auch der Inzest eingegliedert worden ist, in der Tat von der Kategorie der Sittlichkeit nicht unterscheidet. Das folgt auch aus den Kodifikationsmaterialien des ungStGB von 1978, wo die Individualrechtsgüter und die Sittlichkeit als Rechtsgut nebeneinander angegeben worden sind.[13] Hinsichtlich der Rechtsgüter von Sexualdelikten ist also eine Zweiheit zu erfahren. Im StGB von 2012 kommt diese Zweiheit - nun auch auf Gesetzesebene - noch deutlicher zum Ausdruck, indem die Überschrift des relevanten Abschnitts die Folgende ist: Straftaten gegen die sexuelle Freiheit und die Sittlichkeit.

In einer (sonst nicht inzestrelevanten) Entscheidung von 1996 hat das ungarische Verfassungsgericht ausgeführt, dass es Straftaten gebe, bei denen die moralische und rechtliche Beurteilung zusammenfalle. Bei bestimmten Straftaten sei aber nicht nur dieses Zusammenfallen erkennbar, sondern könne die Strafbarkeit des unmoralischen Handelns nicht im Ernst in Frage gestellt werden, wie z.B. bei Inzest unter den Sittlichkeitsdelikten.[14] In der "Inzest-Entscheidung" von 1999 hat sich das Verfassungsgericht auf diese frühere Entscheidung berufen. Durch diese Argumentation will das Verfassungs-

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gerichtshof die Sittlichkeit als Rechtsgut anerkannt und legitimiert haben. Genauer gesagt, handelt es sich hier überhaupt nicht um eine rechtliche Argumentation, eher um die Äußerung einer Selbstverständlichkeit.[15]

Im Gegenteil zum Verfassungsgerichtshof wird die Rechtsgutrolle der Sittlichkeit in der jüngsten Literatur in Zweifel gezogen,[16] abgelehnt und die Veränderung der Titelüberschrift des ungStGB angeregt.[17] Diese Kritiken haben im ungStGB von 2012 nur zu einer teilweisen Veränderung der Titelüberschrift (d.h. zur Einfügung der sexuellen Freiheit), nicht aber zur Streichung der "Sittlichkeit" geführt.

I.2.2. Rechtsgüter des Inzests

a) Gesetzgebungsmaterialien

Beim Csemegi-Kodex wurde schon erwähnt, dass sich die Ministerialbegründung zum ersten ungarischen Strafgesetzbuch über die Gründe der Pönalisierung des Inzests ausschwieg. Hinter der Bestrafung sind moralische Auffassungen zu vermuten (siehe I.1.2). Mehr als 50 Jahre nach seinem Inkrafttreten erschien das Handbuch über Sexualstraftaten von Angyal, das zu diesem Thema als das bedeutendste Werk seiner Epoche anzusehen ist. Von Angyal wurde die Bewahrung der sittlichen Reinheit an erster Stelle unter den Inzestsrechtsgütern, dann der Schutz von gesunder Nachkommenschaft erwähnt.[18]

Die erste gesetzgeberische Stellungnahme ist in der Ministerialbegründung zum Kodex von 1961 zu finden, wo als Rechtsgut nicht nur die "Entwicklung gesunder Generationen", sondern auch "die Sauberkeit der Familienbeziehungen" angegeben wurden. Wie oben dargestellt, hat dieser Kodex den auf volljährige Deszendenten und Aszendenten anwendbaren Strafsatz einheitlich bestimmt, was wie folgt begründet wurde:

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dem Deszendenten, der das 18. Lebensjahr schon vollendet hat, ist "berechtigt zuzumuten, die Reinheit der Familie mit derselben Verantwortung zu bewahren, wie dem Aszendenten".[19]

Die Kodifikationsmaterialien des Strafgesetzbuchs von 1978 sind mindestens aus zwei Aspekten interessant. Einerseits stand dem Kodifikationsausschuss ein ausführliches ärztliches Gutachten zur Verfügung, andererseits wurde eine eindeutige Entkriminalisierungsabsicht geäußert.

Das ärztliche Gutachten befasste sich mit der Frage der erblichen Schäden. Die Sachverständigen haben die Schlussfolgerung gezogen, dass der Beischlaf zwischen Blutsverwandten nicht notwendigerweise zu erblichen Schäden führe, aber eine erhebliche Gefahr bedeute. Aus ärztlicher Hinsicht sei die Bestrafung des Inzests fernerhin erforderlich, wobei aber im Auge zu halten sei, dass Geschwisterinzest die gleichen Konsequenzen haben könne, wie der Beischlaf zwischen Eltern und Kindern.[20]

Der Kodifikationsausschuss hat seine Mehrheitsmeinung gegen das Gutachten zum Ausdruck gebracht, nach der der Beischlaf zwischen Verwandten über 14 Jahre in Zukunft nicht zu bestrafen sei. Zur Begründung wurde angeführt, dass kranke Nachkommen nicht nur aus Inzestkontakten stammen könnten, so könne eine Bestrafung nicht legitimiert sein. Sollte der Inzest doch strafbar bleiben, so sei der Beischlaf als einzige strafbare Handlung zu bestimmen. Seltsamerweise haben sich die der Strafbarkeit beistehenden Minderheitsmeinungen nicht auf das ärztliche Gutachten berufen, sondern auf den moralischen Gesichtspunkt, Inzestkontakte seien von der Gesellschaft verworfen. Der Koordinationsausschuss, der den endgültigen Entwurf verfasst hat, hat die Minderheitsmeinung angenommen. Von ihm ist kein Nachdruck auf das Argument genetischer Schäden gelegt worden, stattdessen sind die Reinheit der Verwandtenkontakte und der moralische Gesichtspunkt betont worden.[21] So ist der Inzest auch nach dem Strafgesetzbuch von 1978 strafbar geworden.

Der Strafgesetzgeber hat sich bei dem Erlassen des neuen StGB von 2012 mit den Grundlagen der Strafbarkeit des Inzests überhaupt nicht befasst, die Ministerialbegründung verweist einfach auf die vom Verfassungsgericht benannten Rechtsgüter [siehe unten b)].

b) Der Standpunkt des Verfassungsgerichts

In seiner "Inzest-Entscheidung" von 1999 hatte sich das ungarische Verfassungsgericht mit zwei Anträgen zu befassen [AB hat. 20/1999 (VI.25.)]. In einem Antrag wurde beantragt, den gesamten Inzesttatbestand nach § 203 ungStGB von 1978 für verfassungswidrig zu erklären und zu streichen. Als Argument gegen die Strafbarkeit wurde angeführt, dass sie eine unannehmbare Einschränkung der sexuellen Freiheit darstelle. Der Antrag wurde vom Verfassungsgericht mit der Begründung abgelehnt: "die Strafbarkeit der Blutschande kann aus den Gesichtspunkten der Sittlichkeit nicht in Frage

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gestellt werden, obwohl sie von theoretischen Abhandlungen in Zweifel gezogen wurde [...]. Diese Anregungen sind aber nur theoretische Kuriosa geblieben, die keine Wirkung auf das Rechtsmaterial und die Rechtspflege ausgeübt haben". Als Rechtsgüter des Inzests wurden, ohne weitere Ausführungen, folgende angegeben: "der Schutz der Ehe und der Beziehung zwischen nahen (Bluts)verwandten, die besondere Sorgepflicht des Staates für die Jugend und der genetische Schutz der Abstammung".

Wie zu sehen ist, hat das Verfassungsgericht die Gelegenheit nicht wahrgenommen, die Rechtsgutproblematik des Inzests gründlich zu untersuchen. Stattdessen ist nicht mehr passiert als das Annehmen der Pönalisierung als eine Selbstverständlichkeit. Meines Erachtens ist die Begründung des Verfassungsgerichts nicht ausreichend.[22]

Der andere Antrag zielte darauf ab, die Strafbarkeit der homosexuellen Handlungen zwischen Geschwistern für verfassungswidrig erklären zu lassen. Dieser Antrag wurde vom Verfassungsgericht für begründet gehalten, denn "die unterschiedliche strafrechtliche Behandlung von der Unzucht zwischen Geschwistern verschiedenen bzw. gleichen Geschlechts kann rational nicht begründet werden. Es ist auch nicht nachzuweisen, dass die Sozialgefährlichkeit dieser Handlungen unterschiedlich wäre". Die Urfassung des Tatbestands des Geschwisterinzests nach § 203 Abs. 3 ungStGB von 1978 ist für verfassungswidrig geklärt und die Tathandlung "widernatürliche Unzucht" gestrichen worden. Seit 1999 ist also nur der Beischlaf zwischen Geschwistern strafbar.

c) Schrifttum

Mit den Fragen des Inzests beschäftigen sich vor allem die Kommentare und Lehrbücher in der ungarischen Strafrechtsliteratur. In diesen Werken werden die vom Gesetzgeber deklarierten Rechtsgüter erwähnt, so die Gesundheit der Nachkommenschaft, die Reinheit der Familienbeziehungen und die Ordnung der Sexualkontakte in der Gesellschaft.[23]

In letzter Zeit sind aber die bisherige axiomatische Behandlung und Annehmen der Inzestrechtsgüter umstritten. Diese Standpunkte werden im Folgenden dargestellt.

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I.3. Diskussion und Vorschläge zur Zeit des StGB von 1978

Das Schrifttum interessierte sich jahrzehntelang nicht für die Problematik des Inzests. Die Entscheidung des Verfassungsgerichts von 1999 und der Beginn der Kodifikationsarbeiten im Jahr 2001 zur vollständigen Überprüfung des ungStGB bzw. zur Schaffung eines neuen Kodexes bedeuteten aber einen Wendepunkt.

Eine umfassende kritische Analyse bzw. eine neue Konzeption zum Sexualstrafrecht wurde von Nagy und Szomora veröffentlicht. Die im Inzesttatbestand von uns kritisierten Tatbestandselemente waren die Tathandlungen. Auf der einen Seite ist der im ungarischen Strafrecht verwendete Beischlafsbegriff in Frage zu stellen, der nicht einmal ein teilweises Eindringen in die Scheide voraussetzt, und so ist die aus strafrechtlicher Sicht vollendete Beischlafhandlung überhaupt nicht zur Zeugung geeignet (ausführlicher siehe unter II.2.2). Demgegenüber könnte eine tatbestandsspezifische Auslegung des Beischlafbegriffs bevorzugt werden, die das Eindringen erfordert. Auf der anderen Seite wurde von uns vorgeschlagen, dass die Streichung der Unzuchthandlungen (zwischen Aszendenten und Deszendenten) aus dem Tatbestand denkbar wäre. Sollten sie beibehalten werden, dann nur in dem Fall, wenn der Deszendent unter 18 Jahre alt ist. Eine strafrechtliche Intervention in die Familienbeziehungen kann nicht rational begründet werden, wenn Erwachsene vom Beischlaf verschiedene sexuelle Handlungen aneinander vornehmen.[24] Später habe ich für die generelle Streichung des Tatbestandes plädiert, auch mit Rücksicht auf die Ergebnisse der deutschen Strafrechtsliteratur.[25]

Die Problematik des Beischlafbegriffs und dessen Zusammenhang mit dem Rechtsgut der gesunden genetischen Abstammung wurden auch von Szajbély thematisiert. Sie hat die Einfügung einer objektiven Strafbarkeitsvoraussetzung vorgeschlagen, nämlich wenn durch den Beischlaf ein Kind gezeugt wird.[26] So könnte die abstrakte Gefährdung des Rechtsguts auf ein strafrechtlich annehmbares Maß beschränkt werden.

Anhand der Tatbestandanalyse wird jedes von dem Gesetzgeber und dem Verfassungsgericht deklarierte Rechtsgut von Hollán in Frage gestellt. Nach seiner Argumentation stehe der Schutz der genetischen Abstammung sowie der Jugend mit dem Tatbestand nicht im Einklang (siehe ausführlich unten II.2.9). Unter Erwachsenen könnte das Freihalten der Familienbeziehungen von Sexualkontakten eine aus verfassungsrechtlichen Aspekten bedenkliche Einschränkung der sexuellen Selbstbestimmung darstellen. Ferner scheine es aus diesem Gesichtspunkt überhaupt nicht folgerichtig, dass die auf Blutsverwandtschaft beruhende Familie von anderen Formen der familiären Zusammenleben unterschieden werde.[27]

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Zum Abschluss ist zu erwähnen, dass das neue StGB von 2012, trotz der Kritiken seitens der Rechtswissenschaft, zu keinen Veränderungen in dem Umfang der Strafbarkeit führt.

II. Aktuelle Rechtslage

II.1. Überblick und Systematik

Das ungStGB ist auch nach einer Systematik strukturiert, bei der der entscheidende Gesichtspunkt für die systematische Einordnung der Straftaten das vom Gesetzgeber als gemeinsam und primär angesehene Rechtsgut ist. Im ungStGB von 2012 sind alle inzestrelevanten Straftatbestände im Abschnitt XIX (Straftaten gegen die sexuelle Freiheit und die Sittlichkeit) enthalten.

§ 199 Blutschande

(1) Wer mit einer Verwandten gerader Linie eine sexuelle Handlung vollzieht, begeht ein Verbrechen und ist mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu drei Jahren zu bestrafen.

(2) Geschwister sind wegen eines Vergehens mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren zu bestrafen, wenn sie den Beischlaf miteinander vollziehen.

(3) Der Deszendent ist im Fall von Abs. 1 nicht zu bestrafen, wenn er zu Zeit der Tat noch nicht achtzehn Jahre alt war.

II.2. Inhalt der Strafnorm zur Erfassung des Inzests[28]

II.2.1. Erfasster Personenkreis

Durch den Tatbestand der Blutschande nach § 199 ungStGB werden Sexualkontakte zwischen Verwandten gerader Linie (Abs. 1) und zwischen Geschwistern (Abs. 2) unter Strafe gestellt.

Aufgrund familienrechtlicher Vorschriften sind Verwandten gerader Linie diejenigen, bei denen der eine von dem anderen abstammt (Csjt. § 34 Abs. 1)[29], d.h. das Elternteil und sein Kind, der Großvater/die Großmutter und sein/ihr Enkelkind usw. Die Verwandtschaft kann auf einer Abstammung sowohl innerhalb als auch außerhalb einer ehelichen Beziehung beruhen, eine solche Differenz ist für die strafrechtliche Beurtei-

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lung irrelevant. Diese zieht nämlich nicht die rechtliche Beziehung zwischen den betroffenen Personen, sondern die Blutsbande in Betracht. Durch die Adoption entsteht eine rechtliche Familienbeziehung, in deren Rahmen, z.B. zwischen Adoptivvater und Wahlkind, der Inzest nicht begangen werden kann. Dasselbe gilt z.B. für Stiefmutter und Stiefsohn.

Die Inzestbeteiligten nach Abs. 2 sind die Geschwister, d.h. die von denselben Eltern abstammen oder mindestens einen gemeinsamen Elternteil haben (Halbgeschwister).

Ist die Tatsache der Verwandtschaft umstritten, so ist sie von den Behörden zu beweisen, der Beweislast hinsichtlich der Verwandtschaft darf nicht auf die Angeklagten abgeschoben werden. In diesem Fall ist generell ein Zivilprozess zur Widerlegung der Vaterschaftsvermutung einzuleiten, bis zu dessen rechtskräftiger Beendigung das Strafverfahren vorläufig auszusetzen ist.[30]

Die Straftatbestände nach Abs. 1 und 2 bestimmen keine Altersgrenzen der Beteiligten. Die inzestrelevanten Altersgrenzen können einerseits aus den Umfeldtatbeständen herausgenommen werden (siehe III), andererseits gründet das ungStGB ein altersbedingtes Strafbarkeitshindernis im Abs. 3 hinsichtlich der Verwandten gerader Linie. Nach dieser Vorschrift ist der Deszendent nicht zu bestrafen, wenn er zur Zeit der Tat noch nicht achtzehn Jahre alt war. Durch diese Regelung wird eine unwiderlegbare Vermutung gegründet, nach der die Verweigerung des Sexualkontakts dem Deszendenten unter 18 Jahren nicht zumutbar ist. Der Zweck der Bestimmung berücksichtigt das gewöhnlich vorhandene Abhängigkeitsverhältnis zwischen Eltern und minderjährigen Kindern sowie die unausgereifte Persönlichkeit des Kindes. Die Unzumutbarkeit des rechtsmäßigen Handelns schließt die Schuld des Deszendenten aus.[31] Diese Formulierung, nach der aber die tatsächliche Abhängigkeit zwischen den Beteiligten irrelevant ist, hat auch zur Folge, dass der Deszendent unter 18 Jahren nicht einmal bestraft werden kann, wenn die sexuellen Handlungen von ihm selbst angeregt worden sind.

II.2.2. Tathandlungen

Im Abs. 1 ist die sexuelle Handlung als Tathandlung erfasst. Die sexuelle Handlung ist - nach der Begriffsbestimmung im § 459 Abs. 1 Punkt 27 ungStGB von 2012 - der Beischlaf sowie jede grob sittenwidrige Handlung, die sich auf das Erwecken, das Aufrechterhalten oder die Befriedigung der sexuellen Begierde richtet, oder dazu geeignet ist.

Der Begriff des Beischlafs hat(te) einen speziellen dogmatischen Inhalt, der schon seit mehr als ein Jahrhundert unverändert interpretiert wird (wurde)[32]. Im ungarischen Strafrecht ist der Begriff des Beischlafs wesentlich von dem biologischen zu unter-

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scheiden, indem zur Vollendung des Beischlafs objektiv nur die innere Berührung des weiblichen Geschlechtsorgans vom Penis, d.h. die Berührung der Schamlippen und nicht einmal die Eröffnung des Scheideneingangs oder das teilweise Eindringen erforderlich ist. Die äußere Berührung vom Schamhügel durch das männliche Glied genügt jedoch nicht.[33] Auf der subjektiven Seite kann der Beischlaf aber nur festgestellt werden, wenn der Täter mit der Absicht handelt, in die Scheide einzudringen. Das hat zur Folge, dass der Beischlaf vollendet wird, wenn der Täter, mit der Absicht des Eindringens, das weibliche Geschlechtsorgan mit seinem Penis innen berührt hat.[34]

Neben dem Beischlaf, der in der Begriffsbestimmung als Beispiel hervorgehoben wird, werden andere sexuelle Handlungen durch objektive und subjektive Elemente im § 459 ungStGB bezeichnet. Das objektive Element des Begriffs ist die grobe Sittenwidrigkeit der Handlung. Als solche sind Handlungen angesehen, bei denen das Geschlechtsteil des Täters oder des Opfers mit dem Körper des anderen in Berührung kommt[35], so z.B. Oral- und Analverkehr, Manipulationen mit der Hand oder mit Gegenständen am Geschlechtsorgan. Die Gerichtspraxis hält das Anfassen des weiblichen Brusts, der Hüfte oder des Hinterteils, den Kuss auf die Wange und nicht einmal den Zungenkuss für grob sittenwidrig, so können diese Handlungen nicht als sexuelle Handlung qualifiziert werden.[36] Das subjektive Element der sexuellen Handlung ist die sexuelle Motivation. Sind die sonst grob sittenwidrigen Handlungen durch andere Gründe

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motiviert (z.B. aus Hass, Wut, Rache oder Scherz), so können diese nicht als sexuelle Handlung qualifiziert werden.[37]

Während der Beischlaf ausschließlich einen heterosexuellen Bezug aufweist, hat die sexuelle Orientierung der Handlung keine Relevanz bei sonstigen sexuellen Handlungen. Als sexuelle Handlung sind also sowohl heterosexuelle als auch homosexuelle Handlungen unter Strafe gestellt.

Im Falle des Geschwisterinzests nach Abs. 2 ist aber nur der Beischlaf strafbar. Wie oben schon erwähnt, waren die homosexuellen Handlungen (als widernatürliche Unzucht) neben dem Beischlaf auch als Tathandlungen erfasst. Zur Streichung der homosexuellen Tathandlungen ist es durch die Entscheidung des Verfassungsgerichts gekommen [AB hat. 20/1999. (VI. 25.)].

II.2.3. Weitere Voraussetzungen der Strafbarkeit

Weitere Voraussetzungen der Strafbarkeit gibt es nicht im Inzesttatbestand. Das Bekanntwerden der Tat oder die Reaktion der Bevölkerung sind bei der Verwirklichung der Straftat irrelevant.

II.2.4. Besondere Tatbestandseinschränkungen

Besondere Tatbestandseinschränkungen sind auch nicht vorhanden. Wie schon erwähnt wurde, ist zwischen Geschwistern nur der Beischlaf als Tathandlung bestimmt. Die potentielle Vermeidung oder Unmöglichkeit von Empfängnis (durch Schwangerschaftsverhütung oder Unfruchtbarkeit) sind von keiner Bedeutung. Als Straffreistellungsgrund ist das Alter des Deszendenten unter 18 Jahre nach Abs. 3 zu erwähnen, der als Schuldausschließungsgrund im Rahmen des erfassten Personenkreises schon dargestellt wurde.

II.2.5. Erschwerungsgründe/Milderungsgründe

Der Tatbestand der Blutschande hat keine qualifizierten bzw. privilegierten Fälle, diese möglichen Umstände werden in den Umfeldtatbeständen berücksichtigt (siehe III).

Bei der Strafzumessung kommen als Erschwerungsgrund in Betracht: z.B. wenn der Deszendent das 14. Lebensjahr schon vollendet, aber nur um ein Geringes überschritten hat; wenn der/die Verwandte durch wiederholte Belästigung zum Sexualkontakt bestimmt wurde; eine längere Dauer der sexuellen Beziehung; wenn die Verwandten gerader Linie miteinander den Beischlaf vollzogen haben; Schwangerschaft als Folge der Tat.

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Milderungsgründe können z.B. folgende sein: das getrennte Aufwachsen von Geschwistern oder wenn der Deszendent noch als Kleinkind von den Eltern getrennt wurde; die Anregung des Sexualkontakts von einem Beteiligten zugunsten des anderen; schlechte Wohnungsverhältnisse.[38]

II.2.6. Vorsatz

Blutschande kann nur vorsätzlich begangen werden, dolus eventualis reicht jedoch aus. Die Beteiligten müssen sich der Blutsverwandtschaft bei der Begehung der Tat bewusst sein. Hatte ein Beteiligter darüber keine Kenntnis, so kann er wegen Tatbestandsirrtums nicht bestraft werden (§ 20 Abs. 1 ungStGB). Die Unkenntnis des einen Beteiligten kann nicht auch zugunsten des anderen bewertet werden, dadurch wird die strafrechtliche Verantwortung des anderen Beteiligten nicht ausgeschlossen.

II.2.7. Strafrahmen

Die zwei Fallgruppen des Inzests haben verschiedene Strafrahmen. Die sexuelle Handlung zwischen Verwandten gerader Linie (Abs. 1) ist vom Gesetz als Verbrechen eingestuft und mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren zu bestrafen. Geschwisterinzest (Beischlaf zwischen Geschwistern) wird milder beurteilt, d.h. diese Straftat nach Abs. 2 ist als Vergehen eingestuft und ist mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren zu bestrafen.

Die Strafrahmen sind also nach den Verwandtschaftsverhältnissen differenziert. Altersunterschiede sowie tatsächliche Abhängigkeitsverhältnisse sind von den Umfeldtatbeständen bewertet (siehe III).

II.2.8. Konsequenzen aus der Tatbestandsanalyse auf die Rechtsgutbestimmung

Im Folgenden sind die früher erwähnten Rechtsgüter mit dem tatsächlichen Inhalt des Tatbestands gem. § 199 ungStGB zu vergleichen.

Gegen das eindeutige Anerkennen des genetischen Schutzes der Abstammung als Rechtsgut sprechen mehrere Gründe. Die Erfassung der von dem Beischlaf unterschiedlichen sexuellen Handlungen als Tathandlung zwischen Verwandten gerader Linie zeigt ihrer Natur nach keinen Zusammenhang mit der Fortpflanzung. Beim Geschwisterinzest, wo ausschließlich der Beischlaf bestraft wird, könnte dieses Rechtsgut einfacher angenommen werden, aber auch hier zeigen sich Widersprüche. Der dogmatische Inhalt des Beischlafs im ungarischen Strafecht (inneres Berühren der Schamlippen mit dem Penis) hat zur Folge, dass die zur Vollendung des Tatbestands erforderte Tathandlung eigentlich nicht für die Schwängerung geeignet ist, es besteht nicht einmal eine abstrakte Gefahr.[39] Würde es zum Eindringen in die Scheide und zum Samenerguss kommen, so könnte auch nur von einer abstrakten Gefahr der Schwängerung gesprochen werden. Diese abstrakte Gefahr kann aber beliebig weit auf solche Situationen ausgedehnt werden, in denen wirksame Schwangerschaftsverhütungsmethoden verwendet werden. Das

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Rechtsgut des genetischen Schutzes wird in dem sowieso strafbaren Fall sogar vollkommen eliminiert, wenn Verwandte, von denen mindestens einer unfruchtbar (oder sexuell unreif) ist, den Beischlaf miteinander vollziehen, mögen sie auch dieser Tatsache bewusst sein oder nicht.[40]

Der Schutz der inneren Familienbeziehungen als Rechtsgut erweist sich auch als widersprüchlich. Werden sie als Rechtsgut angesehen, dann muss erkannt werden, dass ihr strafrechtlicher Schutz zu fragmentarisch ist. Die Tatbestandsanalyse hat gezeigt, dass die Straftat nur innerhalb einer auf Blutsverwandtschaft beruhenden Familienbeziehung begangen werden kann. Adoptionsverhältnisse oder Stiefeltern-Stiefkinder-Beziehungen könnten durch sexuelle Handlungen gleichermaßen gestört werden, was aber für die strafrechtliche Beurteilung irrelevant ist. Die Bestimmung der Tathandlungen ist mit diesem Rechtsgut auch nicht kohärent; beim Geschwisterinzest wird nur der Beischlaf bestraft, wobei aber schwer einzusehen ist, dass z.B. der Oral- oder Analverkehr (straflose sexuelle Handlung) die Familienbeziehungen weniger stören würde.

Der vom ungarischen Verfassungsgericht in seiner "Inzest-Entscheidung" [20/1999. (VI.25.) AB hat.] erwähnte Jugendschutz kann überhaupt nicht als Rechtsgut der Blutschande angenommen werden. Die Jugendschutztatbestände gewähren in solchen Fällen einen adäquaten Schutz, und als Umfeldtatbestände schließen sie die Feststellung des Inzests aus (siehe III). Der Inzesttatbestand selbst enthält keine Altersgrenzen, der Beischlaf zwischen 40-jährigen Geschwistern oder andere sexuelle Handlungen zwischen dem 45-jährigen Vater und seiner 25-jährigen Tochter verwirklichen sowieso die Straftat.[41]

Als letztes "Rechtsgut" ist die gesellschaftlich anerkannte Ordnung der Sexualkontakte, d.h. die Sittlichkeit zu prüfen. Komischerweise zeigt sich, dass der Tatbestand der Blutschande nicht einmal den Moralvorstellungen der Gesellschaft vollkommen entspricht, nach denen nicht nur der Beischlaf, sondern jede sexuelle Handlung zwischen Geschwistern oder Sexualkontakte im Rahmen von Adoptionsverhältnissen verwerflich sind. Auch die Sittlichkeit wird also nur teilweise geschützt.[42]

Zum Abschluss kann die Folgerung gezogen werden, dass der Inzesttatbestand nach § 199 ungStGB ein inadäquates Verhältnis mit jedem von dem Gesetzgeber, dem Schrifttum oder dem Verfassungsgericht deklarierten Rechtsgut aufweist. Auf der einen Seite scheiden der genetische Schutz (wegen der Tathandlungen) und der Jugendschutz (wegen der Umfeldtatbeständen) aus, auf der anderen Seite werden die Familienbeziehungen und die Sittlichkeit nur fragmentarisch geschützt.

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III. Das Verhältnis des Inzesttatbestandes zu anderen Sexualdelikten

III.1. Qualifizierte Straftatbestände im Umfeld des Inzests

Im Umfeld des Inzesttatbestands spielen die folgenden Straftatbestände eine bedeutende Rolle: Sexuelle Nötigung (§ 196), Sexuelle Gewalt (§ 197) und Sexueller Missbrauch (von Unmündigen) (§ 198). Auch die Gefährdung Minderjähriger (§ 208) könnte eine Ersatzrolle spielen, falls der Inzesttatbestand wegfallen würde. Die Rechtsgüter dieser Straftaten sind von denen der Blutschande unterschiedlich, trotzdem schließen sie in den meisten Fällen die Feststellung des Inzests aus (scheinbare Idealkonkurrenz). Die relevanten Rechtsgüter sind die Folgenden:

- bei der sexuellen Nötigung und sexuellen Gewalt: die sexuelle Selbstbestimmung, bei Begehung gegen Kinder auch die ungestörte sexuelle Entwicklung von Kindern;

- bei dem sexuellen Missbrauch (von Unmündigen): die ungestörte sexuelle Entwicklung von Kindern;

- bei der Gefährdung Minderjähriger: die körperliche, psychische, geistige und moralische Entwicklung von Minderjährigen.[43]

Die erwähnten gesetzlichen Tatbestände werden hier dargelegt:

Ausschnitt aus Abschnitt XIX (Straftaten gegen die sexuelle Freiheit und gegen die Sittlichkeit)

§ 196 Sexuelle Nötigung

(1) Wer eine andere Person zur sexuellen Handlung oder deren Duldung nötigt, ist mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu fünf Jahren zu bestrafen.

(2) Die Strafe ist Freiheitsstrafe von zwei bis zu acht Jahren, wenn

a) das Opfer sein achtzehntes Lebensjahr noch nicht vollendet hat,

b) das Opfer ein Angehöriger des Täters ist oder vom Täter erzogen, beaufsichtigt, betreut oder behandelt wird, oder der Täter die sexuelle Nötigung durch Missbrauch seiner sonstigen Macht über dem Opfer oder seines sonstigen Einflusses auf das Opfer begeht.

(3) Die Strafe ist Freiheitsstrafe von fünf bis zu zehn Jahren, wenn das Opfer sein vierzehntes Lebensjahr noch nicht vollendet hat.

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§ 197 Sexuelle Gewalt

(1) Wegen sexueller Gewalt wird mit Freiheitsstrafe von zwei bis zu acht Jahren bestraft, wer

a) die sexuelle Nötigung mit Gewalt oder durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben begeht,

b) die Wehrlosigkeit bzw. den zur Willenserklärung unfähigen Zustand einer anderen Person zur sexuellen Handlung ausnutzt.

(2) Wer mit einer Person unter zwölf Jahren die sexuelle Handlung vollzieht oder sie vollziehen lässt, wird wegen sexueller Gewalt mit Freiheitsstrafe von fünf bis zu zehn Jahren bestraft.

(3) Im Fall von der im Absatz (1) bestimmten Straftat ist die Strafe Freiheitsstrafe von fünf bis zu zehn Jahren, wenn

a) das Opfer sein achtzehntes Lebensjahr noch nicht vollendet hat,

b) das Opfer ein Angehöriger des Täters ist oder vom Täter erzogen, beaufsichtigt, betreut oder behandelt wird, oder der Täter die sexuelle Gewalt durch Missbrauch seiner sonstigen Macht über dem Opfer oder seines sonstigen Einflusses auf das Opfer begeht.

c) die sexuelle Gewalt von mehreren Personen beim gleichen Anlass begangen wird, wobei sie von der Tat des anderen wussten.

(4)-(5) [...]

§ 198 Sexueller Missbrauch (von Unmündigen)

(1) Wenn der Täter über achtzehn Jahren die sexuelle Handlung mit einer Person unter vierzehn Jahren vollzieht, oder diese Person dazu bringt, die sexuelle Handlung mit einer anderen Person vollzuziehen, begeht ein Verbrechen und ist mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu fünf Jahren zu bestrafen.

(2) Die Person über achtzehn Jahren, die eine andere Person unter vierzehn Jahren dazu zu bringen versucht, mit ihr oder mit einem anderen die sexuelle Handlung vollzuziehen, begeht ein Verbrechen und ist mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren zu bestrafen.

(3) Die Strafe ist Freiheitsstrafe

a) von zwei bis zu acht Jahren im Fall von Absatz 1,

b) von einem Jahr bis zu fünf Jahren im Fall von Absatz 2,

wenn das Opfer ein Angehöriger des Täters ist oder vom Täter erzogen, beaufsichtigt, betreut oder behandelt wird, oder der Täter die Straftat durch Missbrauch seiner sonstigen Macht über dem Opfer oder seines sonstigen Einflusses auf das Opfer begeht.

(4) Die Person über achtzehn Jahren, die mit einer Person unter vierzehn Jahren die sexuelle Handlung vollzieht, indem sie ihre Macht über dem Opfer oder ihr Einfluss auf das Opfer missbraucht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren bestraft.

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Ausschnitt aus Abschnitt XX (Straftaten gegen die Interessen der Kinder und gegen die Familie)

§ 208 Gefährdung Minderjähriger

(1) Die zur Erziehung, Beaufsichtigung oder Betreuung von Minderjährigen verpflichtete Person [...], die ihre sich aus dieser Aufgabe ergebende Pflicht grob verletzt und dadurch die körperliche, geistige, moralische oder emotionale Entwicklung des Minderjährigen gefährdet, begeht ein Verbrechen und ist mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu fünf Jahren zu bestrafen.

Im Folgenden wird auf die Fragen des Verhältnisses des Inzests zu diesen Umfeldtatbeständen eingegangen.

III.2. Das Verhältnis des Inzests zu den Umfeldtatbeständen

III.2.1. Sexuelle Nötigungsdelikte (§§ 196, 197 ungStGB)

Wird das Opfer von Verwandten gerader Linie oder vom Bruder/von der Schwester zu sexuellen Handlungen genötigt, so ist Rücksicht darauf zu nehmen, dass das Opfer ein Angehöriger des Täters ist. Unter "Angehörige" sind auch die Verwandten gerader Linie sowie die Geschwister zu verstehen (nach der Begriffsbestimmung gem. § 459 Abs. 1 Punkt 14 ungStGB); die aus dem Gesichtspunkt des Inzests relevante Blutsverwandtschaft wird also durch diesen qualifizierten Fall bewertet.[44] So ist die Verwirklichung der Blutschande ausgeschlossen und der qualifizierte Fall der sexuellen Nötigungsdelikte festzustellen [§ 196 Abs. 2 lit. b) u. § 197. Abs. 3 lit. b)], um eine Doppelverwertung der Blutsverwandtschaft zu vermeiden.

III.2.2. Sexueller Missbrauch (von Unmündigen) (§ 198 ungStGB)

Bezüglich dieser Straftat kommt auch das zu den sexuellen Nötigungsdelikten erwähnte Merkmal zum Tragen, nämlich wenn das Täter und das Kindesopfer Angehörige sind (§ 198 Abs. 3 ungStGB). In diesem Fall tritt der Inzest immer zurück und ist der qualifizierte (unter Angehörigen begangene) sexueller Missbrauch alleine festzustellen.[45]

Ist das Opfer über vierzehn Jahren, und der erwachsene Täter mit ihm die sexuelle Handlung vollzieht, indem er seine Macht über dem Opfer oder sein Einfluss auf das Opfer missbraucht, wird ein selbständiger Grundfall vom sexuellen Missbrauch verwirklicht (§ 198 Abs. 4), der - meiner Meinung nach - als schwerere Straftat den Geschwisterinzest nach § 199 Abs. 2 konsumiert, falls die tatbestandsrelevanten Umstände bestehen und zu beweisen sind.

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III.2.3. Gefährdung Minderjähriger (§ 208 ungStGB)

Die Opfer dieser Straftat sind Minderjährige,[46] die Täter sind Erwachsene, die zur Erziehung, Behandlung oder zur Aufsicht des minderjährigen Opfers verpflichtet sind. Wie schon erwähnt wurde, hat diese Straftat im Bereich des Sexualstrafrechts eine Ersatzfunktion typischerweise in solchen Fällen, bei denen sexuelle Handlungen in Abhängigkeitsverhältnissen vor dem Minderjährigen vorgenommen werden.

Wenn der Täter, der mit dem von ihm erzogenen, beaufsichtigten oder behandelten Minderjährigen in gerader Linie verwandt ist, an ihm sexuelle Handlungen vornimmt, so ist nicht der generelle Tatbestand nach § 208 ungStGB, sondern die Blutschande als spezielle Straftat festzustellen. Diese Tatbestände stehen also im Verhältnis der Spezialität.

III.2.4. Folgerungen

Die Feststellung von Inzest ist typischerweise durch die Umfeldtatbestände ausgeschlossen, wenn das Opfer unter 14 Jahre alt ist.

Bei mit Einverständnis vorgenommenen sexuellen Handlungen am Deszendenten zwischen 14 und 18 Jahren kann der Inzesttatbestand (als spezielle Straftat) zur selbständigen Bedeutung gelangen, es ist aber zu bemerken, dass diese Fälle bei einer hypothetischen Streichung des Inzesttatbestands vom generellen Straftatbestand Gefährdung Minderjähriger oder von dem speziellen Tatbestand sexueller Missbrauch nach § 198 Abs. 4 beinahe ausnahmslos aufgefangen würden. Wird aber ein solches Opfer zu sexuellen Handlungen genötigt, so kann der Inzesttatbestand neben den durch das Angehörigkeitsverhältnis qualifizierten sexuellen Nötigungsdelikten nicht festgestellt werden.

Die Blutschande hat einen vollständigen Anwendungsbereich nur dann, wenn volljährige Verwandte gerader Linie aneinander sexuelle Handlungen vornehmen oder volljährige Geschwister miteinander den Beischlaf vollziehen, vorausgesetzt, dass diese Handlungen einvernehmlich vorgenommen werden. Liegt eine Nötigung vor, so treten die schon erwähnten qualifizierten Fälle der sexuellen Nötigungsdelikte wieder in den Vordergrund.

Was die praktische Relevanz des Inzesttatbestandes angeht, ist der Geschwisterinzest hervorzuheben. Seine Bedeutung zeigt sich darin, dass die veröffentlichten Fälle, in denen das Gericht die sexuellen Handlungen (unter anderen auch) als Blutschande qualifiziert hat, ausnahmslos zwischen Geschwistern stattfanden.[47] Es ist nur eine einzige veröffentlichte Gerichtsentscheidung zu finden, in der die Tat der Beteiligten ausschließlich als Inzest qualifiziert wurde, und auch in diesem Fall hat das Gericht den Beischlaf zwischen Geschwistern abgeurteilt.[48]

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IV. Tabuisierung und Durchsetzung des Inzestverbots

Forschungen in Ungarn, die sich mit dem Inzesttabu beschäftigen, sind mir nicht bekannt. Es ist aber zu vermuten, dass der Tabu und die moralische Verachtung sehr tief dem Bewusstsein der Gesellschaft eingeprägt ist, was auch damit unterstützt werden könnte, dass bei der Schaffung des StGB von 1978 die moralische Verachtung als Grundlage der Strafbarkeit viel stärker berücksichtigt und akzentuiert worden ist als die ärztlichen Gesichtspunkte über die erblichen Schäden (siehe I.2.2.a). Wie zu sehen war, hat das Verfassungsgericht die Strafbarkeitsgrundlage des Inzests als unmoralisches Handeln als selbstverständlich, ohne eigentliche Untersuchung angenommen, was auch ein Indiz für die tiefe Eingeprägtheit des Inzesttabus sein könnte (siehe I.2.2.b). Es wurde auch darauf hingewiesen, dass die Sittlichkeit durch den geltenden Inzesttatbestand nur fragmentarisch geschützt wird, da die vom Beischlaf verschiedenen, nicht strafbaren sexuellen Handlungen zwischen Geschwistern von der Gesellschaft genauso für verwerflich gehalten werden wie der Beischlaf (siehe II.2.8). Der Tabu bezieht sich auch auf Familienbeziehungen, die nicht auf Blutsverwandtschaft beruhen.

Inzestbeziehungen sind auch vom Familienrecht verboten. § 8 Abs. 1 Csjt. (Gesetz Nr. IV von 1952 über die Ehe, die Familie und die Vormundschaft) schreibt vor, dass die Eheschließung zwischen

- Verwandten gerader Linie,

- Geschwistern,

- einer Person und dem Deszendenten ihres Bruders/ihrer Schwester,

- einer Person und dem Verwandten gerader Linie ihres ehemaligen Ehepartners/ihrer ehemaligen Ehepartnerin,

- Adoptiveltern und Adoptivkind

ungültig ist.

Es ist auffällig, dass die familienrechtlichen Inzestverbote einen wesentlich breiteren Personenkreis umfangen als die strafrechtlichen Verbote, was auf der einen Seite eine innere Verhältnismäßigkeit des Rechtssystems zeigt, auf der anderen Seite eine bedeutende Tabuisierung widerspiegeln und/oder ergeben könnte.

Es ist aber zu bemerken, dass die strafrechtlichen und familienrechtlichen Regeln unabhängig voneinander sind, d.h. die Verwirklichung der Straftat wird nicht dadurch berührt, dass die Ehe erst dann als ungültig angesehen werden kann, wenn sie vom Gericht in einem Ungültigkeitsprozess für ungültig erklärt worden ist (§ 13 Abs. 1 Csjt.).[49] Das deutet wieder darauf hin, dass der Inzesttatbestand dem Schutz der Ehe als Rechtsgut nicht dient. Die Straftat kann auch innerhalb einer (noch) gültigen Ehe begangen werden.

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Die folgende Tabelle enthält die Zahl der bekannt gewordenen Inzestfällen (nach § 203 ungStGB von 1978) zwischen 1990 und 2006. Die Daten beziehen sich nicht auf die Umfeldtatbestände, die einen wesentlichen Teil der Inzestfälle auffangen, sie spiegeln nur Taten, die als Inzest an sich selbst nach § 203 ungStGB von 1978 qualifiziert worden sind.

Tabl. 2.

Unter den bekannt gewordenen Straftaten
Straftaten gegen die SittlichkeitBlutschande nach
§ 203 ungStGB von 1978
1990134320
199115919
1992190616
1993296817
1994184727
1995154314
1996219912
1997155415
1998151913
1999164217
2000135028
200113827
2002130713
2003126516
2004129811
2005136533
2006124715

Quelle: offizielle Mitteilung des Landesamts für Statistik (KSH) auf Anfrage, auf Grundlage der

Statistiken des Justizministeriums (IRM) und der Generalstaatsanwaltschaft (LegfÜ)

Wie den Angaben zu entnehmen ist, ist die Zahl der Inzeste sehr gering, ihre absolute Zahl schwankt zwischen ca. 5 und 30 pro Jahr, meistens lag sie aber unter 20. Im Verhältnis zu allen Sexualdelikten machen die Inzestfälle nicht mehr als ein bis zwei Prozent aus. Die Angaben spiegeln naturgemäß die Lage der registrierten Kriminalität. Dunkelfeldschätzungen zu diesem Thema sind nicht bekannt. ■

ANMERKUNGEN

[1] Zu Fragen der Strafrechtsquellen in der ungarischen Rechtsgeschichte siehe Mezey (Hrsg. und Mitverfasser): Magyar jogtörténet [Ungarische Rechtsgeschichte]. 3. Aufl., Budapest, 2004, p. 253 ff.

[2] Béli: Magyar jogtörténet. A tradicionális jog [Ungarische Rechtsgeschichte. Das traditionale Recht], Budapest-Pécs, 1999. p. 151; Mezey 2004, pp. 248-250.

[3] Both: A stuprum violentum a kései feudális magyar büntetőjogban (1790-1848) [Das stuprum violentum im spätfeudalen ungarischen Strafrecht (1790-1848)], Acta Jur. et Pol. Szeged, 1977. Tom. XXIV. Fasc. 2., p. 3; zu diesen Entwürfen und zur Untersuchung der deutsch-österreichischen Einflüsse im Bereich der Sexualstraftaten siehe Szomora: Nemi erkölcs mint jogi tárgy? Történeti aspektusok a magyar, a német és az osztrák büntetőjogban [Sittlichkeit als Rechtsgut? Historische Aspekte im ungarischen, deutschen und österreichischen Strafrecht]. Acta Jur. et Pol. Szeged, 2006. Tom. LXVIII. Fasc. 23. 13-17. pp. (Szomora 2006a)

[4] Zum Text der Sexualstraftaten im Entwurf von 1843 siehe Fayer: Az 1843-iki büntetőjogi javaslatok anyaggyűjteménye [Materialsammlung des Strafrechtsentwurfes von 1843], I. kötet [Band 1.], Budapest, 1896, Teil 1, pp. 56-61.

[5] Hajdu: Bűntett és büntetés Magyarországon a XVIII. század utolsó harmadában [Verbrechen und Strafe in Ungarn im letzten Drittel des 18. Jahrhunderts], Budapest, 1985, p. 10, 21, 31, 293, 298, 311-314, 317-318; zum Strafgewohnheitsrecht im Bereich der Sexualstraftaten siehe Szomora 2006a, pp. 17-20.

[6] Z.B. nach dem Entwurf von 1843 war der relevante Personenkreis sehr breit bestimmt (§§ 221-229): Eltern und Kindern; Stiefeltern und Stiefkindern; Geschwistern; Halbgeschwistern; und sogar Verschwägerten (u.a. Schwiegersohn/tochter und Schwiegereltern). Die strafbare Handlung war alleine der Beischlaf im Sinne des Eindringens in die Scheide. Der Kreis der Beteiligten war also sehr breit, der Kreis der strafbaren Handlungen jedoch eng bestimmt. Es ist aber unbekannt, wie diese nie in Kraft getretenen Vorschriften das tatsächliche Strafgewohnheitsrecht beeinflussten. Eine umgekehrte Situation könnte auch denkbar sein, d.h. dieser Entwurfstatbestand hat das damalige Gewohnheitsrecht übernommen.

[7] Zum relevanten Gesetzestext und Gesetzgebungsmaterialien siehe Lőw (szerk./Hrsg.): A magyar Büntetőtörvénykönyv és teljes anyaggyűjteménye [Das ungarische Strafgesetzbuch und seine gesamte Materialsammlung], Budapest, 1880, Band 2, p. 385., p. 387., pp. 398-399., p. 407.

[8] Es scheint nicht notwendig, das komplizierte Strafsatzsystem darzulegen. Die schwerste Strafe war eine Zuchthausstrafe bis zu fünf Jahren (für den Aszendenten, der mit seinem Deszendenten den Beischlaf vollzogen hat).

[9] Zum relevanten Gesetzestext und zur Ministerialbegründung siehe: A Magyar Népköztársaság Büntető Törvénykönyve [Das Strafgesetzbuch der Volksrepublik Ungarn], Budapest, 1962, pp. 489-491.

[10] AB hat. 20/1999. (VI. 25.). Weitere Fragen hinsichtlich dieser Verfassungsgerichtsentscheidung werden unter I.2. erörtert.

[11] Ausführlich zu dieser Problematik im ungarischen Strafrecht mit rechtsvergleichendem Überblick Szomora: A nemi erkölcs mint a büntetőjog alkalmatlan jogi tárgya [Die Sittlichkeit als untaugliches Rechtsgut des Strafrechts]. Állam- és Jogtudomány 4/2006, p. 611 ff. (Szomora 2006b); Szomora 2006a, p. 21 ff.

[12] A Magyar Népköztársaság Büntető Törvénykönyve, p. 474; Neményi: Kommentierung zu § 282 ungStGB von 1961. In: A büntető törvénykönyv kommentárja (szerk./Hrsg.: Halász, Sándor) [Kommentar zum Strafgesetzbuch], II. kötet [Band 2.], Budapest, 1968, p. 1337; Merényi: A szexuális erőszak [Die sexuelle Gewalt], Budapest, 1987, pp. 21-22; Nagy: A magyar büntetőjog különös része [Besonderer Teil des ungari-schen Strafrechts], Budapest, 2005, pp. 284-285; Hollán - Kis: Kommentierung vor § 197. In: Hollán - Kis: Btk.-Kommentár [StGB-Kommentar]. Hivatalos Közlönykiadó. Budapest, CD November 2005.

[13] László (szerk./Hrsg.): Az 1978. évi IV. törvény (Btk.) előkészítése [Die Vorbereitung des ungStGB von 1978], VIII. kötet [Band 8.], Budapest, 1989, p. 219.

[14] AB hat. 21/1996. (V. 17.). In dieser Entscheidung wurde auch ausgesprochen, dass "die Festlegung der Straftaten die Kompetenz des Gesetzgebers und dadurch der Geltungsbereich der demokratischen Meinung - und Gesinnung - der Mehrheit sei". Eine weitere Argumentation in einer anderen Entscheidung, in der vom Schutz von "verschiedenen Lebensverhältnissen, moralischen und rechtlichen Normen" gesprochen wird, macht eindeutig, dass das ungarische Verfassungsgericht die moralischen Normen und so die Sittlichkeit als geeignetes Rechtsgut ansieht [AB hat. 30/1992. (V. 26.) 3.1./4].

[15] Dieselbe Auffassung ist in der "Homosexuellen-Entscheidung" von 2004 zu finden. Hier hat das Verfassungsgericht die Titelüberschrift "Straftaten gegen die Sittlichkeit" nicht für verfassungswidrig erklärt, mit der Begründung, "der Gesetzgeber habe das Recht, [...] bestimmte Sexualverhalten verbietende Sittennormen durch strafrechtliche Sanktionen zu befestigen" [37/2002. (IX.4.) AB hat. IV/1.1.1.]. Sonst wurde durch diese Entscheidung das Mindestalter der Einwilligung in sowohl hetero- als auch homosexuelle Handlungen einheitlich auf das 14. Lebensjahr festgelegt.

[16] Szajbély: Közvetlen és közvetett diszkrimináció a nemi erkölcs elleni bűncselekmények szabályozásában [Unmittelbare und mittelbare Diskriminierung in der Regelung der Sittlichkeitsdelikte], Magyar Jog 5/2004, pp. 283-284; Tarr: A homoszexualitás jogelméleti megközelítésének egyes aspektusai, különös tekintettel a Devlin-Hart vitára [Einige Aspekte der rechstheoretischen Behandlung von Homosexualität, mit besonderer Rücksicht auf die Devlin-Hart Debatte], Jogelméleti Szemle 5/2005 [http://jesz.ajk.elte.hu/tarr24.html]; Vizi: A nemi deliktumokról de lege lata és néhány javaslat de lege ferenda [Über die Sexualdelikte de lege lata und einige Vorschläge de lege ferenda], Rendészeti Szemle 11/2006, pp. 51-52.

[17] Zum Teil noch annehmend Nagy - Szomora: A házasság, a család, az ifjúság és a nemi erkölcs elleni bűncselekmények (Btk. XIV. Fejezet) de lege ferenda I-II. rész [Die Straftaten gegen die Ehe, die Familie, die Jugend und die Sittlichkeit (Abschnitt XIV ungStGB) de lege ferenda, Teil I und II], Büntetőjogi Kodifikáció 1/2004 u. 2/2004, Teil II p. 20; eindeutig ablehnend Fehér - Virág: A nemi erőszak büntetőjogi szabályozása [Die strafrechtliche Regelung der sexuellen Gewalt], Állam- és Jogtudomány 1/2006, pp. 49-51; Szomora 2006b, p. 611 ff.

[18] Angyal: A szemérem elleni bűntettek és vétségek [Verbrechen und Vergehen gegen die Sittlichkeit]. A magyar büntetőjog kézikönyve 14. kötet, Budapest, 1937, p. 90.

[19] A Magyar Népköztársaság Büntető Törvénykönyve, p. 490.

[20] László 1989, pp. 305-306.

[21] László 1989, pp. 307-309.

[22] Die Anführung von Rechtsgütern ist aus mehreren Hinsichten widersprüchlich. Der Inzest stellt keine Verletzung der Ehe dar, die Straftat verwirklicht sich unabhängig davon, ob die Beteiligten in einer Ehe (miteinander, siehe IV.2, oder mit einem Anderen) leben oder nicht. Aufgrund der späteren Analyse der Umfeldtatbestände wird ersichtlich, dass der Inzesttatbestand nicht einmal dem Jugendschutz dient. Es ist kaum zu verstehen, was die Einklammerung von (Bluts)verwandten bedeuten sollte, da die Straftat ausschließlich von Blutsverwandten begangen werden kann. Ferner fällt auf, dass das Verfassungsgericht die eventuellen Differenzen zwischen den Sexualkontakten zwischen Verwandten gerader Linie und dem Geschwisterinzest überhaupt nicht berücksichtigt hat.

[23] Zum ungStGB von 1961 Schultheisz: A nemi erkölcs elleni bűntettek de lege lata [Verbrechen gegen die Sittlichkeit de lege lata], Budapest, 1966, pp. 203-204; Neményi 1968, p. 1395; zum ungStGB von 1978 Nagy 2005, p. 303; Sinku: A házasság, a család, az ifjúság és a nemi erkölcs elleni bűncselekmények [Straftaten gegen die Ehe, die Familie, die Jugend und die Sittlichkeit], In: Belovics - Molnár - Sinku: Büntetőjog. Különös Rész [Strafrecht Besonderer Teil]. 5. Aufl., Budapest, 2005, p. 239. Andere Rechtsgüter wie sexuelle Selbstbestimmung oder Jugendschutz werden nicht angegeben, da der Inzesttattatbestand keine qualifizierten Fälle vorsieht, die diese Rechtsgüter schützen würden. Diese Rechtsgüter werden ausschließlich von den Umfeldtatbeständen berücksichtigt (siehe Abschnitt III).

[24] Nagy - Szomora 2004, Teil I, p. 28, Teil II, p. 24.

[25] Szomora: A nemi bűncselekmények alapkérdései [Grundfragen der Sexualdelikte], Budapest, 2009, pp. 229-243.

[26] Szajbély 2004, p. 290.

[27] Gellér - Hollán - Kis: A Büntető Törvénykönyv Magyarázata [Kommentar des Strafgesetzbuchs], I-II-III. "Közlönykönyvek", Budapest, 2006, pp. 731-732; Hollán - Kis 2005, Kommentare zum § 203.

[28] Hinsichtlich der Tatbestandsanalyse gibt es kaum eine Frage, die im ungarischen Schrifttum umstritten wäre, die Auslegung des Tatbestands ist einheitlich. Falls nichts anderes angeführt wird, habe ich zwei Werke der Tatbestandsanalyse zugrunde gelegt: Nagy 2005, pp. 303-305; Berkes (szerk./Hrsg.): Magyar Büntetőjog. Kommentár a gyakorlat számára [Ungarisches Strafrecht. Kommentar für die Praxis], 2. Aufl., Budapest, 2006, pp. 612-614. Die hier aufgeführten Standpunkte können problemlos auf § 199 des neuen StGB angewendet werden.

[29] Csjt: Gesetz Nr. IV von 1952 über die Ehe, die Familie und die Vormundschaft

[30] Urteil aus 1963 bei Neményi 1968, p. 1396.

[31] Zur allgemeinen Fragen der Unzumutbarkeit im ungarischen Strafrecht siehe Nagy: A magyar büntetőjog általános része [Allgemeiner Teil des ungarischen Strafrechts], Budapest, 2004, p. 235, 248.

[32] Es ist die Frage der Zukunft, ob sich die historisch tief verankerte Interpretierung des Beischlafbegriffes in dem Schrifttum und in der Rechtsprechung aufgrund des neuen StGB verändern wird. Wie früher erwähnt, wäre eine inzestspezifische, das Eindringen voraussetzende Auslegung zu befürworten.

[33] Zum Ursprung der Auslegung siehe Pauler: Büntetőjogtan. II. kötet [Strafrechtslehre. Band 2.], 2. Aufl., Pest, 1870, p. 98. Im Hintergrund dieser Auffassung sollte stehen, dass dadurch die Begehung des vollendeten Beischlafs ermöglicht werde, auch wenn das junge Opfer, ein kleines Mädchen, körperlich noch nicht genug entwickelt sei, um mit ihr den Beischlaf im biologischen Sinne durchführen zu können (Angyal 1937, p. 33, 44). In der Tat hat aber dieser Inhalt keine praktische Relevanz bezüglich des Inzesttatbestandes, da sie von den schwereren Jugendschutzdelikten konsumiert wird.

[34] Dieser dogmatische Inhalt wird neuerlich kritisiert. Auf der einen Seite deutet Hollán zurecht darauf hin, dass die herrschende Meinung (Schultheisz 1966, p. 29; Nagy 2005, p. 287; Berkes 2006, p. 594.; BH 1988. 342.) dieses subjektive Erfordernis nur als Vorsatz des Eindringens bezeichne, obwohl das Wollen des Eindringens in der Tat eine Absicht des Täters bedeute. Das Eindringen in die Scheide werde von der objektiven Seite des Beischlafsbegriffs nicht erfasst, es bedeute einen vom Täter gewollten zukünftigen (nicht tatbestandsmäßigen) Erfolg, d.h. eine Absicht (Hollán - Kis 2005, Kommentare zu § 197). Auf der anderen Seite ist es hervorzuheben, dass diese objektiv-subjektive Spaltung des Beischlafbegriffs nicht zulässig ist. Wenn der gesetzliche Tatbestand der Straftat keine Absicht des Eindringens ausdrücklich enthält, darf für den Vorsatz des Täters nicht mehr gefordert werden, als das Umfassen der objektiven Seite des Tatbestands, d.h. die innere Berührung des weiblichen Geschlechtsorgans. Die herrschende Auffassung des Beischlafbegriffs führt also zu einen unannehmbaren dogmatischen Inkongruenz hinsichtlich des Verhältnisses zwischen dem objektiven und subjektiven Tatbestand. Wollte diese Auffassung des Beischlafbegriffs auch in der Zukunft beibehalten werden, so sollte der Gesetzgeber die Absicht des Eindringens ausdrücklich, möglichst im Rahmen einer Begriffsbestimmung kodifizieren; vgl. Szomora: Néhány gondolat a nemi erkölcs elleni bűncselekmények szabályozása kapcsán [Einige Gedanken zur Regelung der Sexualstraftaten], In: Keresztmetszet. Tanulmányok fiatal büntetőjogászok tollából (szerk./Hrsg.: Karsai, Krisztina), Szeged, 2005, p. 203.

[35] BH 1993. 341; BH 1994. 470.

[36] BJD 1248; BH 1984. 46; BH 1993. 216; BH 2007. 108. Nach einer rechtskräftigen Gerichtsentscheidung aus dem Jahr 1963 sollte das Anfassen des Oberschenkels unter dem Rock sowie der Brust der 16-jährigen Tochter vom Vater als Unzucht qualifiziert und so als Blutschande bestraft werden (bei Neményi 1968, p. 1395). Diese Auffassung ist von der Praxis und dem Schrifttum nicht als maßgeblich angenommen worden.

[37] BH 1994. 522. Die der sexuellen Handlung vorausgegangene Kategorie der Unzucht existierte bis das In-Kraft-Treten des ungStGB vom 2012, und diese schon 150 Jahre alte Kategorie des ungarischen Strafrechts ist neuerlich auch umstritten worden. Die hier relevanten Bemerkungen kritisieren die Anforderung der sexuellen Motivation, die einen adäquaten Rechtsgüterschutz nicht in jedem Fall ermöglichen. Die erwünschenswerte Objektivierung der sexuellen Handlung hat im ungarischen Strafrecht im Gegenteil zu den Strafrechten der deutschsprachigen Länder noch nicht stattgefunden (Nagy - Szomora 2004, Teil II, p. 21; Fehér - Virág 2006, p. 50; Vizi 2006, p. 53, 56-57, 72).

[38] Zu Erschwerungs- sowie Milderungsgründen beim Inzest siehe Schultheisz 1966, p. 214-217.

[39] Eine tatbestandsspezifische Auslegung des Beischlafbegriffs ist in Ungarn bisher noch nicht bekannt, wäre aber nach dem In-Kraft-Treten des ungStGB von 2012 zu erwünschen.

[40] Ähnlich Gellér - Hollán - Kiss 2006, pp. 731-732.

[41] Ähnlich Gellér - Hollán - Kiss 2006, pp. 731-732.

[42] Vizi 2006, p. 70.

[43] Zum Überblick des Rechtsgütersystems von Sexualdelikten im ungarischen Strafrecht siehe Nagy 2005, pp. 284-285; Hollán - Kis 2005, Kommentierung vor § 197 ff., sowie oben I.2.1.

[44] Aus der zur Zeit des ungStGB von 1978 entstandenen Literatur vgl. Nagy 2005, pp. 300-301; Berkes 2006, p. 613; Hollán - Kis 2005, Kommentierung zu §§ 201-202, 203.

[45] Aus der Rechtssprechung siehe BH 1987. 426. (der Bruder hat mit seiner 13-jährigen Schwester den Beischlaf mit ihrem Einverständnis vollzogen).

[46] Gem. § 12 Abs. 2 Ptk (Gesetz Nr. IV von 1959 über das Bürgerliche Gesetzbuch) ist die Person minderjährig, falls sie das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, es sei denn, sie hat im Altern von über sechzehn Jahren die Ehe geschlossen.

[47] Siehe die schon oben erwähnten BH 1985. 135. und BH 1991. 1.

[48] BJD 7120: Der Bruder hat mit seiner jugendlichen Schwester mehrmals den Beischlaf vollzogen. Beide sind wegen Blutschande verurteilt worden. In diesem Fall ist hinsichtlich des Rechtsguts (genetischer Schutz der Abstammung) interessant, dass die Schwester als Folge dieses Sexualkontakts ein gesundes Kind zur Welt gebracht hat. Zur Zeit des Urteils war § 198 Abs. 4 ungStGB noch nicht in Kraft.

[49] Berkes 2006, p. 613.

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