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Busa Réka[1]: Neue Bemerkungen über Ulp. D. 19, 5, 20pr. (JÁP, 2019/1., 111-128. o.)

Einleitung

Der Rechtsfall unter dem Fragment Ulp. D. 19, 5, 20pr geht um einen Kauf auf Probe, und aus einem kulturgeschichtlichen Aspekt beschäftigt er sich mit der Zirkusspiele der antiken Römer.

D. 19, 5, 20 pr.

Ulpianus 32 ad ed.

Apud labeonem quaeritur, si tibi equos venales experiendos dedero, ut, si in triduo displicuissent, redderes, tuque desultor in his cucurreris et viceris, deinde emere nolueris, an sit adversus te ex vendito actio. et puto verius esse praescriptis verbis agendum: nam inter nos hoc actum, ut experimentum gratuitum acciperes, non ut etiam certares.[1]

Laut dem Tatbestand hat ein sogenannter desultor Pferde mit der Bedingung übergenommen, daß er die Pferde probiert und sie im Fall seines Nichtgefallens (si [...] displicuissent) binnen drei Tagen zurückgibt. Danach hat er mit der auf Probe übergenommenen Pferde im Zirkus einen Wettbewerb eingetreten und den Preis gewonnen. Trotzdem hat er dem Verkäufer deklariert, dass er die Pferde nicht kaufen will. Kann der Verkäufer den Käufer verklagen, und wenn ja, mit welcher Klage?

Der pactum displicentiae unterscheidet sich von den anderen, zum Kauf potentiell knüpfenden Nebenabreden - in diem addictio und lex commissioria -, weil er den Interessen des Käufers dient.[2] Der Käufer, nach er die Ware ausprobiert hatte, kann nach seinem Belieben frei entscheiden, ob er sie behalten will oder nicht. Der pactum displicen-

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tiae unterscheidet sich auch von den anderen zwei Nebenabreden, weil er in den Digesten über keinen eigenen Titel verfügt, ferner ist die Formulierung des pactum displicentiae in den Quellen nicht einheitlich; es scheint, dass er kein eigenes Rechtsinstitut geformt hat.[3] "Der Grund dafür dürfte einerseits davon liegen, dass die Anzahl der vom Kauf auf Probe hervorgerufenen Rechtsstreiten geringer gewesen sein, andererseits kommen vielmehr in diesem Themenkreis am ehesten der Verkauf von Zugtieren und Sklaven vor, während bei den beiden anderen Nebenabreden die Quellenbeispiele häufiger im Zusammenhang mit Immobilienkäufen stehen" - schreibt Pókecz-Kovács.[4]

Der Rechtsfall selbst finde ich aus mehrerer Aspekten auch besonders interessant.

1. Auf der Seite des Käufers steht ein Pferdeakrobat: der sogenannter desultor.

2. Der Rechtsfall lädt der Leser zu einer Zeitreise ein, eine Reihe von antiken und gegenwärtigen Juristen verbindend.

3. Der Rechtsfall enthält materiellrechtliche und prozessrechtliche Fragen.

4. Es scheint, daß der Rechtstreit in dem Fall keine mit dem menschlichen Wahrheitsgefühl kompatible rechtliche Lösung hat.

5. Die gratuitum Probe der auf Probe gekauften Waren spielt eine essentiale Rolle.

In den folgenden werde ich diese Besonderheiten des Fragments erklären.

1. Ein vergessener Krieger und Akrobat: der desultor

Die desultores haben die Zuschauer im Zirkus damit fasziniert, daß sie während ihrer Vorführung von einem galoppierenden Pferd auf einen anderen gesprungen haben.[5] Man kann sich einfach vorstellen, was für ein begabter und trainierter desultor dafür nötig war.[6] Laut den schriftlichen Quellen und den bildlichen Darstellungen haben die Römer diese Sportart mit zwei Pferde geübt.[7] Die Farbe der Kleidung und spezieller Kopfbedeckung der desultores konnte vielleicht die Farben der factiones im kommenden Wagenrennen reflektieren, und vielleicht die Zahl der auf der Piste anwesenden desultores konnte die Zahl der Wagen im Voraus zeigen.[8]

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Nicht nur professionelle Akrobaten, sondern junge Ritter haben gelegentlich als desultores aufgetreten[9] - im Zirkus und in dem die öffentlichen Spielen eröffnenden Festzug (pompa). Ihre Geschicktheit sollte auch die militärische Kraft Roms demonstrieren.[10] Folgenderweise konnte die Erwerbung dieser atletischen Kenntnisse einen zweiseitigen Ziel dienen: einerseits konnte es die junge Männer auf eine Kampfsituation vorbereitet, andererseits hat es die physische Fähigkeiten der römischen Jugend demonstriert. Die Geschichtsschreibung enthält Beweise darauf, dass die Kämpfer in den öffentlichen Spielen dargestellten Fähigkeiten auf dem Schlachtfeld wirklich in Anspruch genommen haben; lassen wir uns einige Beispiele dazu sehen.

Livius[11] berichtet über einen Fall, in dem die römische Soldaten ihren Erfolg dem in den öffentlichen Spielen dargestellten Manöver bedanken konnten: Ivenes etiam quidam Romani ludicro circensi ad usum belli verso partem humillimam muri ceperunt.[12] Nach der Geschichte okkupierten die Römer den kleinesten Teil der Vormauer von Heracleum so, dass sie mehrere Reihen formierten und ihre Schilder über ihre Köpfe hielten, während die erste Reihe aufrecht, die zweite ein bisschen, die dritte und die vierte Reihe noch ein bisschen mehr verneigt standen, die Soldaten in der letzten Reihe schon knieten; diese Art und Weise formierten die Soldaten eine dachartige Oberfläche. Dieses Manöver wurde auch im Zirkus so dargestellt, dass zwei Kämpfer miteinander an der Oberfläche kampften - so natürlich, als ob sie auf dem Boden wären.

Eine griechische Kampftaktik war die Tätigkeit der 'Aποβάτης, die ab das Wagen heruntergesprungen, so kampften, dann laufend erreichten sie das Wagen und sprungen wieder an.[13] Diese Methode wurde auch als Spektakel bei den Griechen und den Römern dargestellt.[14]

Sogar wurde die ars desultoria - die Kunst von dem Weiterspringen von einem Pferd nach den anderen - auch im Zirkus und im Schlachtfeld geübt, und nicht nur durch den Römer.

Livius berichtet über einen solchen Fall, wenn Hasdrubal, der punische Feldherr hat seine Armee mit Kämpfer aus Numidien gestärkt, die an dem Schlachtfeld mit zwei Pferden pro Kopf gekommen sind: Nec omnes Numidae in dextro locati cornu sed quibus desultorum in modum binos trahentibus equos inter acerrimam saepe pugnam in recentem equum ex fesso armatis transultare mos erat;

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tanta velocitas ipsis tamquedocile equorumgenas est.[15] Diese numidischen Kämpfer konnten mit ihrer ganzen Rüstung von einem - wahrscheinlich verletzten, erschöpften oder getöteten - Pferd auf einen anderen, frischen Pferd springen. Dazu waren auf einem hohen Niveau trainierte Pferde und begabte Kämpfer nötig. Diese Kampftechnik haben die Römer auch benutzt: Paribus equis, id est duobus, Romani utebantur in proelio, ut sudante altero transirent in siccum. Pararium aes apellabatur id, quod equitibus duplex pro binis equis dabatur.[16] Bei Livius sehen wir Beispiele für die Anwendung solcher gallischen Fußsoldaten, die während des Schlachtes an einen leeren Pferd springen konnten, wenn der ursprüngliche Reiter schon heruntergefallen hatte: veniebant decem milia equitum, par numerus peditum et ipsorum iungentium cursum equis et in vicemprolapsorum equitum vacuos capientium adpugnam equos.[17] Diese Beispiele zeigen uns, dass das zirzensische Wagenrennen und desultorische Akrobatvorstellungen die Unterhaltung mit der Kriegführung verknüpften.

Die Vorstellungen der desultores begleiteten die Wagenrennen, und waren als solche eine schon lange stabile Attraktion der Zirkusspiele.[18] Die desultores traten schon im Zirkus auf, wenn die Darstellung aller Arten von Tiere keine Mode war, als Livius berichtet: Mos erat tum, nondum hac effusione inducta bestiis omnium gentium circum conplendi, varia spectaculorum conquirere genera; nam semel quadrigis, semel desultore misso vix unius horae tempus utrumque curriculum conplebat.[19] Damals gaben Wagenrennen und Pferdakrobaten die Basis der Zirkusspiele, damit das Problem - nach Livius - war, dass der Spektakel nicht länger als eine Stunde dauerte.

Vor dem als Hauptattraktion dienenden einzigen Wagenrennen ließ man die desultores auftreten, und später, wenn schon mehrere Wagenrennen einander folgten, füllten die Vorstellungen der desultores die Pausen zwischen den Rennen.[20]

Um die früheren zusammenzufassen: die desultores waren solche physisch begabte Männer, die ihre Fähigkeiten im Zirkus so dargestellt haben, dass sie von dem Rücken eines galoppierenden Pferdes auf einen anderen gesprungen haben. Diese spezielle Fähigkeit hat - neben der Unterhaltung des Volkes - die Demonstration der Idee gedient, dass den Soldaten des römischen Staates nichts unmöglich ist.

2. Die Geschichte des Falles

Nach der Schilderung des kulturgeschichtlichen Hintergrundes kehren wir zu unseren Rechtsfall zurück.

Eine weitere Besonderheit dieses Falles ist, dass er verschiedene Generationen

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von Juristen verknüpft. Die Kompilatoren haben den Fall aus den Werken von Ulpianus in die Digesten eingefügt, aber vom Text stellt es sich heraus, dass der Tatbestand ursprünglich bei Labeo aufgetaucht hat. So können wir dem Weg des Falles von der Schule der frühklassischen Prokulianen durch Ulpianus bis der iustinianische Kodifikation folgen, sogar ferner, bis der gegenwärtigen Wissenschaft des antiken römischen Rechts. Der Fall taucht von Zeit zu Zeit in der Literatur auf, wenn es um pactum displicentiae, praescriptis verbis actiones oder um Kauf auf Probe geht. 2002 hat Professor Andreas Wacke einen ganzen Artikel dem Fall gewidmet.[21]

Meiner Meinung nach das sich im Rechtsfall versteckenden moralische Dilemma garantiert das Weiterleben des Falles als ein durch den Forscher häufig verarbeitete Rechtsquelle.

3. Materiell- und prozessrechtliche Fragen.

Der Rechtsfall enthält beide materiell- und prozessrechtliche Fragen, zu denen die Fachliteratur auch reflektiert hat.[22] Die einschlägige sekundere Rechtsliteratur konzentriert sich aber meistens auf den eineren, oder auf den anderen Aspekt, und diskutiert sie zusammen nicht.[23]

Die prozessrechtliche Frage tritt im Text des Fragments expressis verbis auf: [...] quaeritur, [...] an sit adversus te ex vendito actio. Kann ich dich mit der Kaufklage klagen? Diese Frage behandeln wir später, nach der Erlösung der materiellrechtlichen Problemen.

Die materiellrechtliche Dilemmen finden wir implicit im Fragment.

a) Welches Rechtsverhältnis ist zwischen den Parteien entstanden?

a1) Ein Kauf noch nicht entstanden ist, der "Verkäufer" hat ein blosses Offerte gemacht,

a2) ein Kauf entstanden ist,

a2.1.) und der Kauf ist noch nicht in Kraft getreten, und sein In-Kraft- Treten hängt von einem unsicheren künftigen Geschehen - von dem Gefallen des Probers - ab (hier geht es um eine Suspensivbedingung), oder

a2.2.) der Kauf schon in Kraft getreten ist, und das Ende seiner Kraft hängt von einem unsicheren künftigen Geschehen - von dem Nichtgefallen des Probers - ab (hier geht es um eine Resolutivbedingung).

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b) Kann eine Begründung oder eine Maße zu der Rückgabe aufgrund Nichtgefallens verlangen werden?

a1) Nehmen wir erst die Theorie in Betracht, nach der ein Kaufvertrag noch nicht entstanden ist. Obwohl die contractus non existens Theorie ist eine Frucht der modernen Rechtsdogmatik, in bestimmten Fällen haben auch dir römische Juristen gedacht, dass ein Rechtsgeschäft - wegen eines drückenden Defektes - nicht fähig ist, Rechtsfolgen auszulösen.[24] Folgenderweise sollen wir mit der Möglichkeit rechnen, dass D. 19, 5, 20pr um ein nicht existierenden Vertrag geht. Nach Flume das Hauptproblem für die klassische Kauf auf Probe, ob wirklich ein Kauf vorliegt oder ob die verkaufliche Ware dem potenziellen künftigen Käufer zur Erprobung überlassen ist, ohne dass ein Kauf abgeschlossen ist.[25] Flume selbst hat sich dafür entscheiden, dass im D. 19, 5, 20pr keinen Kaufvertrag abgeschlossen ist.[26] Laut Kaser ist es fraglich, ob ein Kauf entstanden ist, oder es gibt nur eine unverbindliche Abrede zwischen den Parteien.[27]

Zur Entstehung eines Kaufvertrages braucht man mindestens drei Dinge: den Preis, die Ware und das consensus der Parteien.[28] Zu den Waren finden wir im Fragmenttext Hinweis: wir wissen nicht, wie viele, aber mindestens zwei Pferde (equos) sind zu verkaufen. Im Gegenteil gibt es zu einer Zustimmung bezüglich des Preises im Text keinen Hinweis.[29] An dieser Tatasche werden solche Theorien begründet, nach den würde es um einen non existens Vertrag gehen. Zum Beispiel betrachtet Pókecz-Kovács den Tatbestand so, dass die Probefristvereinbarung zielte "gerade auf die Festsetzung des Kaufpreises ab, so dass nach dem Anschauen der Sache durch den Käufer und nach deren Übergabe zur Untersuchung das pretium festgesetzt werden könne."[30] Wacke vermeidet diese Dilemma so, dass er behauptet: sicherlich sollten die Parteien im Preis einig sein, denn -sine pretio nulla venditio - kein Kaufvertrag würde ohne Preis entstehen.[31] Er hält es also selbstverständlich, dass es um einen contractus existens geht. Sogar spekuliert Er so, dass der Preis so hoch sein sollte, dass der Käufer trotz der selbstverständlichen Eignung der Pferde - die durch den Sieg im Zirkus demonstriert wurde - meinte, dass er billigere und noch geeignete Tiere finden kann.[32]

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Ich bin damit einverstanden, dass es wäre eine gedankenlose Entscheidung, das Verhältnis zwischen den Parteien sofort einen contractus non existens nennen, weil der Fragmentstext keinen Hinweis zum Preis enthält. Vergessen wir uns es nicht, dass der Rechtfall nach einer langen, von Labeo anfangenen Reise in die Digesten eingestellt wurde, und der Text wurde durch den Kompilatoren gekürzt.[33] Nehmen wir auch in Betracht, dass der Preis zwischen den Parteien laut dem Tatbestand nicht bestritten war, so war es nicht unbedingt nötig, einen Hinweis zum Preis in den als Exemplar beabsichtigten Text abzusetzen.

Meiner Meinung nach sollte es eine Vereinbarung zwischen den Parteien bezüglich der Ware und des Preises geben.

Wegen anderer Gründe, aber behandelt Bechmann und Wieacker den Tatbestand auch einen Vertrag, der noch nicht entstanden ist. Der Kauf auf Probe in der Meinung von Bechmann als ein unwiderrufliches Vertragsofferte eines Innominatkontraktes vor uns steht, und es ist keinesfalls ein formell selbstständiges Rechtsgeschäft.[34] Mit dieser Argumentation kann ich nicht einverstanden sein, denn sie widerspricht den uns gelieferten Ideen der römischen Juristen über den Kauf auf Probe. Daneben selbst Bechmann bezieht sich darauf, dass der Kauf auf Probe in den Institutionen schon ein Rechtsgeschäft mit Suspensivbedingung ist - aber er messt diese Tatsache der mit Zeit entstehenden Rechtsentwicklung bei. Wieacker - mit lakonischer Kürze - gründet seine Argumentation an den Text "emere nolueris" und sagt, dass die Parteien noch in der Vertragsoffertephase stehen: "Nur eine Kaufofferte liegt vor: deinde emere nolueris."[35] Zimmermann sagt: kein Kaufvertrag zustandegekommen ist, deshalb hat Ulpian - statt des Kaufklages - actio praescriptis verbis gewährleistet.[36]

Ohne fernere Konkretisierung schriebt dagegen Beseler, dass ein Kaufvertrag zwischen den Parteien zustandegekommen ist.[37]

Nach der Meinungen in der Fachliteratur wenden wir uns an die potenzielle grammatische Anhaltspunkte, die wir im Fragmenttext zur Beurteilung des Dilemmas verwenden können, ob es um eine Resolutiv- oder Suspensivbedingung geht.

Im Fragmenttext scheinen zwei grammatische Anhaltspunkte zu greifen: 1) der Text tibi equos venales experiendos dedero; und 2) der Text deinde emere nolueris.

1) Der Text equos venales heißt "verkäufliche Pferde". Der Text tibi equos venales experiendos dedero heißt, dass ich dir verkäufliche Pferde zwecks einer Probe übergebe.[38] Also es sagt nicht, dass "ich dir Pferde verkaufe"; wir haben keinen

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grammatischen Beweis, dass ein Kauf schon abgechlossen ist, obwohl es auch nicht ausgeschlossen ist.

2) Wenn wir den Text emere nolueris restriktiv auslegen, finden wir die Parteien im Vorraum eines Kaufes, wo das Verhalten des Probers - die Rückgabe oder das Behalten der Ware - entscheiden wird, ob der Vertrag abgeschlossen wird, oder nicht.[39] So argumentiert Bechmann auch. Er legt den Tatbestand so aus, dass die Übergabe der Pferde zwecks Probe ein unwiderrufliches Vertragsofferte des Eigentümers ist, und der Vertrag wird dann abgeschlossen, wenn der Prober dieses Offerte ausdrücklich oder stillschweigend akzeptiert.[40] Ausdrücklich wird das Offerte akzeptiert, wenn der Prober den Eugentümer davon informiert, dass er die Pferde behalten will und den Kaufpreis bezahlen wird. Stillschweigend akzeptiert er das Offerte, wenn er binnen drei Tagen die Pferde nicht zurückgibt und er den Preis bezahlt. Offenbar ist der Spielraum des Verkäufers in Bechmanns Struktur lieber eng - mit der Übergabe zur Probe realisiert er ein unwiderufliches Vertragsofferte und wartet auf die Entscheidung des Probers -, deshalb gibt das Verhalten des künftigen Käufers die Dynamik des Rechtsgeschäftes.

Der Spielraum des Probers bietet ihm drei Alternativen: I) wenn er die Waren gern habt, kann er die Pferde - das Vertragsofferte stillschweigend akzeptierend - behalten; II) wenn er die Waren nicht gern habt, aber er hat verpasst, den Eigentümer darüber binnen drei Tagen Bescheid zu geben, soll er die Pferde trotz des Nichtgefallens behalten und den Preis bezahlen;[41] III) wenn er die Waren nicht gern habt, kann er die Pferde dem Eigentümer binnen drei Tagen zurückgeben. In unserem Rechtfall kommt die dritte Alternative vor.

Der Text emere nolueris könnte das stärkste Argument dafür sein, dass kein Vertrag zwischen den Parteien entstanden ist. Meiner Meinung nach ist er aber nicht nur dafür geeignet, um die contractus non existens-Theorie zu begründen, sondern die Theorie der Suspensivbedingung kann auch diese Art und Weise fördert sein. Man kann den Ausdruck emere nolueris entweder so auslegen, dass der Prober mit dem Pferdeeigentümer keinesfalls ins Vertragsverhältnis betreten will, oder so, dass der Prober das In-Kraft-Treten des zwischen ihm und dem Eigentümer zustandekommenen Vertages nicht will. Aufgrund des "emere nolueris" kann man den Tatbestand nicht eindeutig beurteilen.

Die gleichzeitig unbeweisbare und unwiderlegbare "Contractus non existensTheorie" hinterlassend sehen wir jetzt uns an, welche Meinungen es bezüglich der Art der Bedingung (suspensiva oder resolutiva) in der Fachliteratur gibt.

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a2.1. - a2.2.) Es macht die Entscheidung schwieriger, dass in dem römischen Recht pactum displicentiae eine solche Nebenabrede war, die die Parteien entweder in der Form einer Suspensiv-, oder in der Form einer Resolutivbedingung abgeschlossen konnten; aber die Resolutivbedingung war nach de Zulueta vielleicht üblicher.[42] Laut Zimmermann die Intention der Parteien - und ihre, die Intention artikulierende Wörter - haben festgelelgt, unter welcher Bedingung der Kauf entstanden ist.[43]

Nach Betti[44] und Memmer[45] geht es beim Kauf auf Probe um eine Resolutivbedingung. Misera ist damit einverstanden, seine Meinung ist durch zwei Hauptargumenten begründet: a) seiner Meingung nach würde die actio venditi im Falle einer Suspensivbedingung nicht in Betracht kommen, und b) das Wort displicere - das im Text hier vorkommt - kommt generell in solchen Fragmenten vor, die um eine Resolutivbedingung gehen.[46] Hier lohnt es sich, die Meinung von Artner zu zitieren: die Tatsache, dass im Fall eine actio praescriptis verbis gegeben wird, deutet, dass es um eine Resolutivbedingung geht, weil nach der käuferliche Kündigung wäre die Anwendbarkeit der actio venditi zweifelhaft gewesen.[47]

Miseras Argumentation wollte Wacke dementieren; laut Ihm geht es um einen Kauf mit Suspensivbedingung.[48] Dazu bringt Er drei Hauptargumente: a) im Falle einer Resolutivbedingung hätte Ulpian statt actio venditi eine actio praescriptis verbis sicherlich nicht gewählt; 2) ferner hält Wacke einen solchen Tatbestand nicht lebenswahr, wo der Käufer den Kaufvertrag binnen drei Tagen entkräften kann; c) laut Wacke geht es gegen der Resolutivtheorie, dass der Käufer den Siegespreis zurückgeben muss, weil diese Rückgabeverpflichtung zeigt, dass noch kein Gefahrübergang an den Käufer passiert ist. Folgenderweise geht es um einen Vertrag mit einer Suspensivbedingung, der noch nicht in Kraft getreten ist.[49] Diese Argumentation ist vielfältig und geistreich, aber nicht ganz befriedigend.[50]

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Flume behauptet, dass im klassischen römischen Recht keine Resolutivbedingung existierte, deshalb konnte der ursprüngliche Tatbestand keinesfalls ein Kauf mit Resolutivbedingung sein.[51]

Examinieren wir jetzt die Frage aus dem Aspekt der Klage, die Ulpian gebeben hatte; vielleicht diese Aspekt brignt uns näher, die Art der Bedingung nennen zu können.

Ulpian hat eine Klage gegen den Prober gewährleistet, aber hat er sich statt der Kaufklage für eine actio praescriptis verbis entscheiden. Bekannt ist, dass die actio praescriptis verbis keineswegs ein allgemeines Mittel für die Geltendmachung formloser Abreden war, sondern eine spezielle Klage, damit der praetor aus Gerechtigkeit solche Tatbestände geltend machen konnte, die in keinen Vertragsformen eingepasst haben.[52] Die Tatsache, dass Ulpian eine actio praescriptis verbis gewährleistet, kann bedeuten, dass er den Tatbestand als ein in der Vertagsoffertephase steckengebliebenes Verhältnis behandelt habe, und - weil er den Anspruch des "Verkäufers" Rechtsschutzwürdig hält, aber die actio venditi nicht anwendbar ist -, verwendet er die rechtstechnische Lösung der actio praescriptis verbis. Es wäre jedoch ein Fehler, bei dieser Argumentation steckenbleiben und sie als universale Wahrheit in Betracht nehmen. Die Quellen berichten über praescriptis verbis actiones am häufigsten, wenn es ein schon existierendes Vertragsverhältnis gibt, aber alle Vertragsklagen unanwendbar sind.[53] Folgenderweise ist es beide möglich, dass Ulpian das Verhältnis zwischen den Parteien ein Offerte oder einen agbeschlossenen Vertrag betrachtete. Wahrscheinlich spiegelt seine Entscheidung den Streit der zwei frühklassischen Schulen:[54] während die Prokulianer haben eine Kaufklage nur dann gewährleisten, wenn die Ware oder der Preis bestritten war und in anderen Fällen in factum actiones gegeben haben; die Sabinianer haben die actio venditi eine bretiere Anwendung gegeben. Ferner sollen wir uns wieder an der Wahrscheinlichkeit erinnern lassen, dass der Falltext interpoliert wurde, und vielleicht in der originalen Entscheidung von Ulpian gab es eine andere Klage.[55] Nach Wieacker sollte Ulpian eine actio in factum gegeben, und die Kompilatoren haben diese Klage nach actio praescriptis verbis umgetauschte.[56]

Irgendwelche sorgfältige Forschungen und wissenschaftliche stichhaltige Konlusionen stehen hinter diesen Vermutungen bezüglich der Art der gegebenen actio, meiner Meinung nach verfügen sie über keine echte Relevanz. Dazu möchte ich einen Paulus-Text als Zeugnis zitieren: Si convenit, ut res quae venit, si intra certum tempus displicuisset, redderetur, ex empto actio est, ut sabinus putat, aut

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proxima empti in factum datur.[57] Paulus zitiert hier die Meinung von Sabinus, die bei von pactum displicentiae stammenden Ansprüche auch die Kaufklage, und auch eine nach der Kaufklage gebildete actio in factum entsprechend hält. Deshalb können wir unsere Frage - ob es im Rechtsfall um eine Suspensiv- oder eine Resolutivbedingung geht - mit der Hilfe der gegebenen Klage nicht richtig beantworten.

Wir haben gesehen, dass weder die grammatische Textanalyse, noch die anderen Regel des römischen Rechts die Frage, was für ein Rechtverhältnis zwischen den Parteien zustandekommen ist, eindeutig beantwortet haben. Peters hält den Rechtsfall - wegen Informationsmangel - unlösbar.[58] Der Text des Fragments enthält keine fernere Anhaltspunkte zur Identifizierung des Rechtverhältnisses, und wir haben schon gesehen, dass die Ableitung des Rechtsgeschäftstyps aus die zur Verfügung stehende Infromationen kein konkretes Ergebnis hat, wir können nur spekulieren. Beschließen wir diese Argumentation mit einem anderen Ulpian-Fragment, der meiner Meinung nach die Waage kippen kann: Si res ita distracta sit, ut si displicuisset inempta esset, constat non esse sub condicione distractam, sed resolvi emptionem sub condicione.[59] Wenn eine Ware wird so verkauft, dass das Nightgefallen (des Käufers) macht die Ware "nicht verkauft", dann handelt es sich um keinen Kauf unter einer Bedignung, sondern die Bedingung kündigt den Kauf. Diese Quelle weist nach, wie Ulpian den Kauf auf Probe rechtlicherweise beuteilt hat: als einen Kauf mit Resolutivbedingung.[60]

Es gibt Meinungsverschiedenheiten nicht nur über die anwendbare Klage, sondern

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über den Zweck des Klagens. Ab ovo können wir uns drei Klageziele vorstellen: a) die Übergabe der Anreichung, b) die Erfüllung des Vertrages (d.h. Bezahlung des Preises), und c) die Bezahlung des Gegenwerts des während der Probe realisierten Gebrauchs.[61]

Nach Wacke sollte der Klageziel des Pferdeigentümers die Übergabe des im Zirkus erworbenen Siegespreises sein.[62] Laut Ernst klagt der Eigentümer zwecks der Erfüllung des Vertrages.[63] Sibers Meinung nach dürfte der Verkäufer alle drei Klageziele vorhaben: mit einem incerta condemnatio konnte er das Risiko der Erfolgslosigkeit der Klage sparen. Infolgedessen wenn der Richter den Tatbestand einen Kaufvertrag beurteilt hat, konnte er den Käufer um den Preiszahlung zwingen, gegenfalls konnte er den Käufer um die Übergabe der Anreichung zwingen.[64]

Als Zusammenfassung können wir feststellen, dass die Fachliteratur weder über die Art der Bedingung, noch über die ursprünglich gegebenen Klage und über das folgernde Klageziel des "Verkäufers" einig ist. Meiner Meinung nach können mehrere aus der bisher erwähnten Theorien wahr sein, aber kategorische Behauptungen bezüglich dieses Falles zu machen - wegen der lakonischen Kürze des Textes und der Lückenhaftigkeit der zur Verfügung stehenden Informationen - ist gefährlich. Unser wahre Ziel mit der Auslegung dieses Rechtsfalles soll nicht die "dogmatische Diagnostisierung" des Rechtgeschäftes bzw. der suspensiven oder resolutiven Bedingung sein - obwohl man natürlich diese Aspekte in Betracht nehmen muss -, aber ich halte es mehr fruchtbar, danach zu denken, auf welchen Gründen Ulpian seine Argumentation in dem konkreten Rechtsstreit erörtert hat.[65]

4. Der Gerechtigkeitssinn sucht erfolgslos nach einem materiellrechtlichen Grund

Wenn wir bisher, bei den Lösungsversuchen der materiell- und prozessrechtliche Problemen auf sumpfigen Boden spazieren haben, jetzt kommen wir auf eine kleine Insel an, wo ein großes Erlebnis auf uns wartet: die Möglichkeit, in die Gedanken von Ulpian hinzugucken.

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Das Fragment unter Ulp. D. 19, 5, 20pr weckt unseren Gerechtigkeitssinn und unser Rechtsgefühl auf den ersten Blick auf, bevor unsere rechtliche Fachkenntnisse die Leitung über unsere Gedanken übernehmen könnten. Dies wird durch den im Tatbestand versteckten Moralkonflikt verursacht.

Der Protagonist unseres Rechtfalles, der die Rolle des Käufers spielende desultor hat sich mit dem Verkäufer so vereinbart, dass er Pferde zur Probe übernimmt, und wenn sie ihm nicht gefallen, ist er berechtigt, sie binnen drei Tagen zurückzugeben. Jetzt möchte der Verkäufer den Käufer klagen, weil der Käufer von der Rückgabebefugnis Gebrauch machen will, obwohl er während der Probe mit den Pferden im Zirkus auftreten und einen Siegespreis gewonnen hatte.

Ist die käuferliche - wegen Nichtsgefallens passierende - Rückgabe mit der Tatsache des Preisgewinns konform? Mein Gerechtigkeitssinn sagt nein. Die Displizenzerklärung des desultors soll der Wahrheit zuwider sein;[66] wie könnte er die Pferde nicht gern haben, doch er mit inhen einen Siegespreis gewonnen hatte? Der desultor ist mit dem Siegespreis zweifältig gut weggekommen: er hat Ehre und Vermögensanreichung bekommen. In anderen Wörtern: er hat auch ideelle und materielle Vergütung genießen. Kann dieses bösgläubige Verhalten ohne Rechtsfolgen bleiben? Hier scheint es, dass unsere - scheinbar prozessrechtliche - Rechtsfrage tatsächlich moralische Natur hat; bei bonae fidei Verträgen -wie beim Kauf - sollten die Parteien sich so benehmen, wie in derselben Situation ein bonus vir getan hätte.[67]

Um die Frage zu beantworten, sollen wir erwägen, ob die Rückgabe der Waren bei diesem Kauf auf Probe unbedingt irgendeinen objektiven - in der Außenwelt erschienenen - Grund benötigt oder soll der inneren Urteil des Käufers - der in der Außenwelt nicht unbedingt erscheint - genügend sein?

Ein objektiver, das Nichtsgeffallen begründenden Grund wäre z. B. die Krankheit der Pferde oder ihre Ungelegenheit zu den Zecken des Käufers (z. B. sucht er nach Reitpferde, aber die auf Probe ügergenommene Pferde sind nur beigebracht, einen Wagen zu ziehen).

Laut dem Tatbestand passiert aber das Gegenteil; ein solcher Grund auftritt, der geeignet ist, das Gefallen des Käufers zu begründen, nämlich gewinnt er einen Siegespreis im Zirkus. Dazu ist neben der Geschicktheit des desultors auch das Geschick und die physische Geeignetheit der Pferde unerlässlich, ebenso ihre entsprechende Appretur und Ausbildung.[68]

Die Anwesenheit der dreitägigen Bedenkzeit in einem Pferdekaufvertag ist eher ein eigenartiges Phänomen laut den Quellen. Häufiger kommt diese Frist beim Weinkauf vor, wo der Käufer die Befugnis hatte, den Wein nach der degus-

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tatio zurückzuweisen. So schreibt Cato in De agri cultura:[69] In triduo proxumo viri boni arbitratu degustato. Si non ita fecerit, vinum pro degustato erit. Quot dies per dominum mora fuerit, quo minus vinum degustet, totidem dies emptori procedent,[l70] d.h. eine boni viri arbitratu Verkostung binnen drei Tagen durchgeführt werden soll; wenn der Käufer es verpasst, soll der Wein betrachtet werden, als er verkostet gewesen wäre. Wenn der Verkäufer die Verkostung behindert, die Frist wird mit dieser Hinderungszeit verlängert.

Beim Weinkauf geht es um einen Kaufvertrag mit Suspensivbedingung,[71] und der Vertrag tritt in Kraft durch die Willenserklärung des Käufers.

Hier, beim emptio ad gustum berichten die Quellen über objektive Kriterien nicht, die der eine Vertragspartei nachweisen müsste, um seine Rücktrittsbefugnis in Anspruch zu nehmen; ein einfaches Nichtsgefallen ist genügend.[72] Die häufige Klausel arbitrium boni viri nach Jakab bedeutet bloß, dass der Käufer sich bei der Weinverkostung wie ein vir bonus verhalten soll, und so soll er sich entscheiden, ob er vom Vertrag zurücktritt oder nicht.[73] Die Praxis hat aber bestimmte vertragsspezifische Mängel ausgestaltet (z. B. acor und mucor), wenn der Käufer von dem Kauf bestimmt gerecht zurücktreten konnte.[74] Diese Weinspezifische Mängel sind aber bei diesem Pferdekauf selbstverständlich nicht anwendbar. Wenn wir den Weinkauf als Analogie in Anspruch nehmen wollen, damit wir beurteilen können, ob die Rückgabe der Waren von irgendeinem Kriterium hängt, müssen wir bei der allgemeinen Regel bleiben, die sagt: nein. Das blosse Nichtgefallen begründet die Möglichkeit des Käufers, die Ware zurückzugeben. Diese Theorie wird durch Wackes - einfache aber großartige - Feststellung unterstützt, dass der Text D. 19, 5, 20pr keine Spuren dazu enthält, dass die Parteien sich auf ein - das käuferliche Nichtgefallen konkretisierende - Kriterium vereinbart hätten.[75] Nach Peters lassen die Quellen "nicht erkennen, daß er (der Prober) irgendwelche objektiven Gründe für seine Wahl anführen müsste."[76] Laut Zimmermann ist ein Hauptelement beim pactum displicentiae, dass der Käufer keine Begründungsverpflichtung hat.[77]

Die Tatsache, dass der Käufer im Fall des pactum displicentiae keine Begründung leisten musste, um die Ware zurückzugeben, unterscheidet diesen Tatbestand von dem mit Redhibitionsabrede abgeschlossenen Kauf (si quid ita venie-

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rit, ut, nisi placuerit, intra praefinitum tempus redhibeatur) .[78] Bei dem letzteren hatte der Käufer die Befugnis, binnen bestimmten Zeit eine Redhibition zu verlangen, wenn die Ware sich den vertragsmäßigen Erwartungen nicht geeignet hatte. Zur Redhibition war der Beweis der Mangelhaftigkeit der Ware nötig.[79]

Auch beim emptio ad gustum und bei dem Kauf mit Redhibitionsabrede haben wir gesehen, dass irgendwelcher Mangel bzw. die Ungeeignetheit der Ware nötig war, um vom Kauf zurückzutreten. Dagegen können wir bei pactum displicentiae keine Quelle zeigen, die für die Rückgabe der ausprobierten Sache objektive Umstände voraussetzen würde. Meiner Meinung nach hat die Vortragspraxis diese Nebenabrede deswegen formuliert: um dem Prober die Befugnis zu geben, das Schicksal des Rechtsgeschäftes aufgrund seines bloßen Gefallens oder Nichtgefallens bestimmen zu können. Aber wenn es wahr ist, dann kann der Pferdeeigentümer von dem Pferdeakrobat nichts verlangen, obwohl der desultor seine Pferde ohne seine Zustimmung und Genehmigung, die vereinbarte Rahmen überschreitend benutzt hatte, sogar er durch diese Benutzung Anreichung erworben hat. Ob es so gerecht ist, ist bestreitbar. Jedenfalls scheint das Verhalten des Probers rechtlich - mindestens aufgrund pactum displicentiae - unangreifbar. Trotzdem hat Ulpian in diesem - über einen starken moralischen Aspekt verfügenden -Rechtsstreit eine Klage gewährleistet. Lassen wir uns sehen, auf welche Gründe.

5. Die gratuitum Probe

Warum kann der Eigentümer den desultor beklagen? Die lakonische Begründung von Ulpian geht so: nam inter nos hoc actum, ut experimentum gratuitum acciperes, non ut etiam certares. Die Parteien haben nicht vereinbart, dass der Käufer an den Spektakeln auftritt, sondern dass er die Pferde unentgeltlich (gratuitum) ausprobt.[80] Prima facie gibt es nur einen schwachen Zusammenhang zwischen den zwei Satzteilen; es ist nicht eindeutig, warum das Auftreten im Zirkus und die gratuitum Probe einander widersprechen.

Ein anderes Ulpianfragment (D. 7, 8, 12, 4) soll uns aufklären, warum der große Jurist den zirzensischen Auftritt als eine die Rahmen der gratuitum Probe überschreitenden Tätigkeit beurteilt hat; hier hat Ulpian seine Argumentation nach derselben Logik ausgestaltet, wie in D. 19, 5, 20pr.

D. 7, 8, 12, 4

Ulpianus 17 ad sab.

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Equitii quoque legato usu videndum, ne et domare possit et ad vehendum sub iugo uti. et si forte auriga fuit, cui usus equorum relictus est, non puto eum circensibus his usurum, quia quasi locare eos videtur: sed si testator sciens eum huius esse instituti et vitae reliquit, videtur etiam de hoc usu sensisse.[81]

Dieser Fall - der um das Gebrauchsrecht über ein Gestüt geht - unterscheidet sich grundsätzlich von unserem Fokusfall,[82] trotzdem verfügen sie über ein essentielles gemeinsames Momentum: in beiden Fällen hat sich Ulpian dafür entschieden, dass der Prober bzw. der Gebraucher/Benutzer die Pferde im Zirkus nicht benutzen kann. Der Grund ist: der Teilnahme an einem zirzensischen Wettbewerb überschreitet auch die Rahmen der Probe, und auch die Rahmen des bloßen usus. Mit den eingenen Wörtern von Ulpian: mit den Pferden im Zirkus zu rennen wäre ähnlich zu ihrer Vermietung. Es ist einfach zu einsehen/verstehen, dass die Miete der Sachen überschreitet den Umfang des Gebrauchs. In dieser Argumentation hat Ulpian einen - fraglichen - Tatbestand mit einem anderen - eindeutigen, und mit dem fraglichen Tatbestand logisch analogen - Tatbestand in Paralelle gestellt. Mit dieser logischen Bravur hat er auffassbar gemacht, warum er den fraglichen Tatbestand so beurteilt.

Ich versuche jetzt diese Methode des großen Jurists zu verwenden, und die Paralelltiät zwischen Ulp. D. 7, 4, 12, 8 und Ulp. D. 19, 5, 20pr hervorzuheben: wie man mit den in Gebrauch bekommenen Pferden im Zirkus nicht auftreten kann, so ist man auch nicht berechtigt, die zur Probe übergenommene Pferden zwecks eines zirzensichen Wettbewerb zu benutzen. Die Probe beim Kauf auf Probe ermächtigt den Prober nähmlich auf den bloßen Gebrauch - und auf nichts mehr. Der Teilnahme am zirzensischen Wettbewerb bedeutet Fruktifikation, wegen der Möglichkeit einer potentiellen Anreichung. Folgenderweise überschreitet er den Umfang eines bloßen Gebrauchs, und realisiert keine gratuitum Probe. Der desultor hat die Pferde auf bloßen Probe übergenommen, aber er hat mit ihnen im Zirkus gerennen und einen Siegespreis gewonnen; damit hat er seine Verabredung mit dem Pferdeeigentümer verletzt, und er muss die rechtliche Konsequenzen seines Verhaltens tragen.

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Zusammenfassung

Im Laufe der Analyse unseres vielfältigen Rechtsfalles haben wir die folgende entdeckt: der D. 19, 5, 20pr bildet eine Brücke zwischen den gegenwärtigen Jurist-Wissenschaftlern und den römischen Juristen der Vergangenheit, von Labeo durch Ulpianus bis moderne Autoren.

In dem Fragment - der den menschliche Gerechtigkeitssinn bedeutend einwirkt - stecken sich mehrere materiellrechtliche Probleme neben der expressis verbis artikulierten prozessrechtlichen Rechtsfrage. Diese Probleme examinierend haben wir gefunden, dass der Fall um einen Kauf mit Resolutivbedingung geht, wo beim Weinkauf übliche dreitägige Kündigungsfrist vorkommt. Ulpianus gibt dem Verkäufer eine Klage gegen den Käufer, aber er schlägt statt der actio venditi eine praescriptis verbis actio vor; weil im Rechtsstreit die essentielle Elemente des Kaufes nicht bestritten werden. Mit dieser Entscheidung folgt Ulpian seinem prokulianer Vorgänger, Labeo. Die Klagemöglichkeit des Verkäufers begründet Ulpian so, dass der Teilnahme an einem zirzensischen Wettbewerb - sogar ein Siegespreis - die Rahmen der auf Seiten des Käufers gratuitum Probe überschreitet.

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ANMERKUNGEN

[1] Bei Labeo wird gefragt, ob die Klage aus Verkauf gegen dich in folgendem Fall gegeben ist: Ich habe dir Pferde zum Verkauf auf Probe mit der Abrede übergeben, daß du sie zurückgibst, falls sie diri n der Probezeit von drei Tagen nicht gefallen. Du hast daraufhin als Kunstreiter mit inhen an einem Wettkampf teilgenommen und den Sieg errungen. Dann willst du sie nicht mehr kaufen. Ich meine, es ist richtiger, mit vorgeschalteten Formelworten zu klagen. Zwischen uns war nähmlich vereinbart, daß du die Pferde zur unentgeltlichen Erprobung übernimmst, nicht aber daß du sie bei einem Wettkampf einsetzt. (Alle Digesten-Übersetzungen in diesem Artikel stammen von: Behrends, Knütel, Kupisch, Seiler (1990).)

[2] Peters (1973) 83.

[3] Peters (1973) 83f.

[4] Pókecz-Kovács (2011) 316.

[5] Pollack s. W. desultor in Pauly - Wissowa (1903) 9. Hbd 255., Bernstein (1998) 258.

[6] In Amores Ovidius verwendet den Begriff desultor auch im bildlichen Sinn: non mihi milleplacent, non sum desultor amoris: tu mihi, siqua fides, cura perennis eris. Der Dichter behauptet, dass er kein amouröser desultor ist, d. h. er auf sein Liebchen getreulich beharren will.

[7] Pollack s. W. desultor in Pauly - Wissowa (1903) Hbd 9., 256.

[8] Pollack s. W. desultor in Pauly - Wissowa (1903) Hbd 9., 257-258.

[9] An den von Caesar organisierten Zirkusspielen auch junge römische Adliger aufgetreten haben als desultores. Suet. Caes. 39.

[10] Bernstein (1998) 258.

[11] Um aus der Geschchichtsschreibung von Livius bei der ars desultoria zu schöpfen, finde ich besonders nützlich, weil Livius - der Gesischtsschreiber - und Labeo - der frühklassischen Jurist, bei dem der Rechtsfall unter Ulp. D. 19, 5, 20pr ursprünglich aufgetaucht hat - in derselben Epoche gelebt haben.

[12] Liv. 44, 9, 3-4. DEUTSCHE ÜBERSETZUNG!

[13] Reisch s. W. 'Aποβάτης in Pauly - Wissowa (1894) Hbd 2., 2814.

[14] Reisch s. W. 'Aποβάτης in Pauly - Wissowa (1894) Hbd 2., 2814.

[15] Liv. 23, 29.

[16] Paul. diacon. p. 221.

[17] Liv. 44, 26.

[18] Pollack s. W. desultor in Pauly - Wissowa (1903) Hbd 9., 258.

[19] Liv. 44, 9.

[20] Pollack s. W. desultor in Pauly - Wissowa (1903) Hbd 9., 257.

[21] Wacke (2002) 359-379.

[22] Der D. 19, 5, 20pr kommt in der Literatur eher als ein zu dem Hauptthema per tangentem knüpfenden Rechtsfall vor, meistens in der Form einer blossen Erwähnung oder in den Fußnoten.

[23] Die Artikel von Professor Wacke aus dem Jahre 2002 beschäftigt sich ausdrücklich mit diesem Fragment und fokussiert sich auf das prozessrechtliche Dilemma. Bechmann konzentriert sich auf die Rechtsgeschäftslehre. Bechmann (1884) 233-236.

[24] Wenn wir eine Skala schildern bezüglich des Status der Verträge, finden wir den contractus non existens an der ersten Stufe, als ohne Rechtsfolgen bleibenden Aktus. Danach kommt der existierend, aber unwirksam, dann der wirksam, aber ungültig, und am Ende der gültig Vertrag. Siklósi (2013) 177f.

[25] Flume (1978) 325.

[26] Flume (1978) 325.

[27] Kaser (1971) 581.

[28] de Zulueta (1945) 10. Der Konsens der Parteien, als Hauptvoraussetzung zu dem Zustandekommen der Verträge kommt am allgemeinsten bei Ulpian vor. Hamza (1983) 43.

[29] Wenn die Parteien sich bezüglich eines essentialen Elementes - z. B. bezüglich des Kaufpreises -des Kaufes nicht verabredet haben, ein contractus non existens vorliegt. Siklósi (2005) 6.

[30] Pókecz-Kovács (2011) 323.

[31] Wacke (2002) 360.

[32] Wacke (2002) 365.

[33] Bechmann (1884) 234. Anderswo schreibt Bachmann, dass der Sinn des Rechtsfalles "durch die Hand des Compilatoren etwas vedunkelt ist." Bechmann (1884) 235.

[34] Bechmann (1884) 236.

[35] Wieacker (1932) 74.

[36] Zimmermann (1996) 740.

[37] Beseler (1934) 14.

[38] Das Wort dedero steht im futurum perfectum activi, aber ich habe es mit Praesens übersetzt. Die Übergabe der Pferde überträgt das Eigentum hier nicht, weil der animus transferrendi dominii fehlt; der Prober bekommt die Waren zwecks Probe nur in precarium. Jusztinger (2016) 78.

[39] Deshalb können wir hier über keinen Verkäufer und Käufer sprechen, nur über einen Eigentümer - oder einen auf Probe Übergeber - und einen Prober oder einen auf Probe Übernehmer.

[40] Bechmann (1884) 234.

[41] Es kommt von dem Text, dass ein mündlicher Bescheid des Probers über sein Nichtgefallen nicht genug ist, die Rückgabe soll auch binnen drei Tagen passieren: "si in triduo displicuissent, redderes [...]."

[42] de Zulueta (1945) 59.

[43] Z. B. der Ausdruck "si displicuisset, inempta esset" heißte Resolutiv-, der Ausdruck "siplacuerit, erit tibi emptus" bedeutete Suspensivbedingung. Quid actum sit zwischen den Parteien, war am wichtigsten. Zimmermann (1996) 740. Nota bene: Zimmermann hat bezüglich unseres konkreten Rechtsfalles (D. 19, 5, 20pr) festgelegt, dass noch kein Vertrag entstanden ist, deshalb können wir über keine Bedingung sprechen.

[44] Betti (1965) 7.

[45] Memmer (1990) 27.

[46] Misera (1982) 550.

[47] Artner (2002) 180.

[48] Wacke (2002) 368.

[49] Wacke (2002) 374.

[50] Meistens beruhen diese Agrumente auf subjektiven Gründen, z. B. was für eine Klage Ulpianus im Falle einer Resolutiv- oder eine Suspensivbedingung gegeben hätte. Ein ferneres Problem ist die wahrscheinliche Interpolation des Textes, d. h. die als Ulpians Entscheidung scheinende actio praescriptis verbis eine andere ursprüngliche Klage - z. B. eine actio in factum - durch die Kompilatoren ausgetauscht worden können. Nach Wieacker scheint es möglich, dass Ulpian ursprünglich eine actio locati gegen dem desultor gegeben hatte, obwohl Wieacker auch eine actio in factum wahrscheinlicher hält. Wieacker (1932) 74. Ernst kritisiert Wieackers Meinung basiert auf die gratuitum Probe. Ernst (1963) 275.

[51] Flume (1976) 327.

[52] Kranjc (1989) 436f.

[53] Kranjc (1989) 438.

[54] Ernst (1963) 276.

[55] Die actio praescriptis verbis steht gewöhnlich im Kreuzfeuer der Interpolationsverdächtigungen. Siber (1907) 58. Laut Gradenwitz ist der D. 19, 5, 20pr der Ursprung, deshalb die Kompilatoren die Klagen in den einigen folgenden Fragmenten zur actio praescriptis verbis ausgetauscht hatten. Gradenwitz (1887) 140.

[56] Wieacker (1932) 74.

[57] Paul. D. 18, 5, 6. Ist die Vereinbarung getroffen, daß die verkaufte Sache zurückgegeben werden kann, wenn der Käufer sie innerhalb einer bestimmten Frist mißbilligt, dann ist eine Klage aus Kauf gegeben, wie Sabinus meint; oder es wird eine der Kaufklage ganz nahestehende, auf den Sachverhalt zugeschnittene Klage gewährt.

[58] Peters (1973) 90.

[59] Paul. D. 18, 1, 3. Wenn eine Sache mit der Abrede verkauft wird, sie solle, wenn sie mißbilligt wird, nicht gekauft sein, so steht fest, daß sie nicht unter einer 'aufschiebenden] Bedingung verkauft ist, sondern daß der Kaufvertrag unter einer Bedingung [durch Rückabwicklung] wieder aufgelöst wird.

[60] Laut Stanicki geht es auch um einen Kauf mit Resolutivbedingung unter C. 4, 58, 4., wo ein Grundstück "si displicuerit, inempta erit" verkauft wird. Stanicki (1964) 84. Falls die Ansichtsunterschiede der römischen Rechtsliteratur uns aufgefallen haben, werfen wir einen Blick auf die Regelung drei, einander traditionell nah stehenden kontinentalen Rechtssystemen. Laut dem BGB ist der Kauf auf Probe ein zur Billigung des Käufers - als eine Suspensivbedingung - gebundenes Rechtsgeschäft, und der Kaufvertrag tritt in Kraft, wenn der Käufer nach der Probe sich dafür entscheidet, die Ware zu kaufen: Bei einem Kauf auf Probe oder auf Besichtigung steht die Billigung des gekauften Gegenstandes im Belieben des Käufers. Der Kauf ist im Zweifel unter der aufschiebenden Bedingung der Billigung geschlossen. BGB § 454 (1) Das ABGB regelt den Kauf auf Probe ähnlich: Der Kauf auf Probe ist unter der im Belieben des Käufers stehenden Bedingung geschlossen, daß er die Ware genehmige. Die Bedingung ist im Zweifel eine aufschiebende; der Käufer ist vor der Genehmigung an den Kauf nicht gebunden, der Verkäufer hört auf, gebunden zu sein, wenn der Käufer bis zum Ablaufe der Probezeit nicht genehmigt. ABGB § 1080. Dagegen ergibt sich von dem Wortgebrauch des Ungarischen Zivilgesetzbuches, dass der Kauf auf Probe ein solcher Kaufvertrag ist, wo die - potentielle - äußerung des Käufers den Vertrag kündigt, und wenn diese äußerung wegfällt, bleibt der Vertrag in Kraft: "Wenn die Parteien im Kaufvertrag so vereinbaren, dass der Käufer über die Kraft des Vertrages aufgrund der Probe binnen einer bestimmten Zeit entscheiden kann, hängt die Kraft des Vertrages von dieser äußerung des Käufers. Wenn der Käufer [...] keine äußerung macht, bleibt der Vertrag in Kraft. Ptk. 6:229.§ (1-2).

[61] Die Rückgabe der Pferde als Klageziel ist unmöglich, weil das Interesse des Verkäufers eben ihrer Verkauf war; ferner hat der Rechtstreit darum entstehen, weil der angehende Käufer die Pferde zurückgeben wollte, statt ihnen kaufen zu wollen. Außerdem - wenn wir den Tatbestand ein Vertragsofferte oder einen mit Suspensivbedingung abgeschlossenen Kauf betrachten - ist die These wahr, dass der Eigentümer seine Pferde mit rei vindicatio einfach zurückverlangen konnte, und hätte er keine obligationrechtliche Klage gebraucht. Wacke (2002) 366., Ernst (1963) 278.

[62] Wacke (2002) 366.

[63] Ernst (1963) 275.

[64] Siber (1928) 209., Siber (1907) 57.

[65] Ich bin mit dem Erachten von Deli einverstanden, das er bezüglich der dogmatischen Natur der lex commissoria - als mit Suspensiv- oder Resolutivbedingung abgeschlossenen Kauf - erörtert hat. Das grundlegende Problem ist nicht die dogmatische Natur der Bedingung, ob es eine Suspensiv- oder eine Resolutivbedingung gab, sondern die Gründe, aufgrund die römsiche Juristen die einzelne konkreten Fällen beurteilt haben. Die Frage ist, ob die Entscheidung in einem breiteren gesellschaftlichen Kontext gerecht ist, oder nicht. Deli (2014) 70. Mutatis mutandis gilt diese Argumentation für pactum displicentiae, und in engerer Sinne für die dogmatische Dilemmen rund unseren grundlegenden Fall.

[66] Beseler (1934) 14.

[67] Über wie sich ein bonus vir benehmen hätte, gab es breiten Konsens in der moralischen Auffassung der Römer. Földi (2001) 29.

[68] Pollack s. W. desultor in Pauly - Wissowa (1903) Hbd 9., 258.

[69] Das Werk stammt von dem zweiten Jahrhundert vor Christus, deshalb ist es älter, als unser bei Labeo vorkommende Rechtsfall. Ich halte es möglich, dass die Verabredung der Parteien bezüglich der dreitägigen Frist wurde durch die beim Weinkauf gewöhnliche Frist inspiriert.

[70] Cato, De agri cult. 148.

[71] de Zulueta (1945) 58.

[72] Jakab (2009) 209[93]

[73] Jakab (2009) 210.

[74] Dieser Prozess geht in die Richtung des Objektivisieren der degustatio, aber hat die Stufe nie erreicht, wo ein Rücktritt nur im Falle dieser bestimmten Mängel möglich gewesen wäre. Jakab (2009) 210.

[75] Wacke (2002) 365.

[76] Peters (1973) 87.

[77] Zimmermann (1996) 739.

[78] D. 21, 1, 21, 22.

[79] Memmer SZ (1990) 28.

[80] Nota bene: der Begriff "gratuitum" bedeutet eine Unentgeltlichkeit auf Seiten des Probers in dem Sinn, dass er infolge seiner Probetätigkeit keinen Gewinn bekommt. Der angehende Käufer hat diese Unentgeltlichkeit damit verletzt, dass er an den Zirkusspielen teilgenommen hat und mit den auf Probe übergenommenen Pferden einen Siegespreis gewonnen hat.

[81] Ist ein Gebrauchsrecht an einem Gestüt hinterlassen, so ist zu überlegen, ob er die Pferde abrichten und sie als Zugtiere im Gespann verwenden darf. Und wenn derjenige, dem das Gebrauchsrecht an Pferden hinterlassen ist, zufällig ein Wagenlenker ist, so glaube ich nicht, daß er die Pferde für Zirkusspiele einsetzen darf; denn damit würde er sie gewissermaßen vermieten. Wenn der Erblasser sie ihm aber im Wissen um seine Ausbildung und Lebensweise hinterlassen hat, hat er offenbar auch einen solchen Gebrauch gemeint.

[82] Ulp. D. 19, 5, 20pr enthält ein negotium inter vivos, mit bestimmten Pferden als Waren, und die Rahmen der Probe sind umstritten. Im Ulp. D. 7, 8, 12, 4. enthält ein negotium mortis causa, ein ganzes Gestüt wird vermacht, und im Fokus stehen der Umfang des usus.

Lábjegyzetek:

[1] A szerző PhD hallgató, SZE Deák Ferenc Állam- és Jogtudományi Kar.

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