It is not widely known even among Hungarian legal scholars that Béni Grosschmid, founder of modern Hungarian private law dealt much also with classical Athenian law and Roman law. Grosschmid devoted four papers to the Athenian intestate succession. On the basis of analysis of two speeches (Isaeus 11, [Pseudo-] Demosthenes 43) concerning the Hagnias estate, Grosschmid concludes that, according to Athenian court practice, the heir, other than the male descendant, not only had to survive the de cuius, but also had to obtain an adjudicative judgment of the court in his favour in order to have the estate passed from him to his heir. Not considering the Romanists, Grosschmid referenced Roman law more often than any other Hungarian jurist, each time in a fully competent manner. In addition Grosschmid also wrote works on Roman law. The most important of these is his 153-page analysis of the ancient Roman law of the portio debita. Grosschmid's attitude towards Roman law was marked by a certain ambivalence. In connection with his conservative and nationalist mentality, he gave signs both of admiration and of aversion towards Roman law. The view, according to which Grosschmid was not particularly interested in the works of the Pandectists, needs to be fine-tuned. In his main work (Chapters of Hungarian law of obligations), Grosschmid referred to Windscheid in at least 107 places. Further research would be needed to clarify why Grosschmid almost avoided quoting the works of Jhering.
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Keywords: Celsus, Demosthenes, Hagnias estate, intestate succession, Isaeus, Jhering, S. Márai, G. Szászy-Schwarz, transmissio, Windscheid
1. Béni Grosschmid (auch als Benő Zsögöd bekannt[1]) war einer der größten ungarischen Juristen aller Zeiten. Mit seinem monumentalen Werk Kapitel aus dem Kreise des ungarischen Schuldrechts legte er nicht nur die Grundlagen des Schuldrechts, sondern des gesamten modernen ungarischen Privatrechts. Über sein Oeuvre sind eine Reihe von Studien erschienen,[2] bis heute gibt es aber keine Monographie über sein Werk, und es gibt wohl nur eine einzige Studie,[3] die sein Verhältnis zum römischen Recht behandelt. In dem vorliegenden Aufsatz werde ich versuchen zu zeigen, dass diese Lücke in der ungarischen Fachliteratur unbedingt geschlossen werden muss, nicht nur um unser Bild von Grosschmid und seiner Beziehung zu den antiken Rechtssystemen zu vervollständigen, sondern auch um unser Wissen über das antike Recht selbst zu vergrößern.
Béni Grosschmid wurde am 6. November 1851 in Máramarossziget (heute Sighetu Marmației in Rumänien) geboren.[4] Von Grosschmids Neffen, dem berühmten Schriftsteller Sándor Márai (1900-1989) erfahren wir, dass die deutschstämmige, in Ungarn siedelnde und in den Adelsstand erhobene Familie Grosschmid bereits zu Beginn des 19. Jahrhunderts magyarisiert worden war.[5]
Béni Grosschmid absolvierte seine gymnasiale Ausbildung zwischen 1860 und 1868.[6] Es ist wahrscheinlich, dass er die ersten vier Klassen des reformierten Gymnasiums in Máramarossziget besuchte. Die oberen Klassen absolvierte er am Prämonstraten-
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ser Gymnasium in Nagyvárad (Großwardein, heute Oradea in Rumänien). Am Gymnasium erwarb er eine sehr gründliche klassische Ausbildung. Obwohl die Regierung im Herbst 1861 den Altgriechischunterricht an den Gymnasien drastisch einschränkte, konnte Grosschmid noch mindestens vier Jahre lang Altgriechisch (zwei Stunden pro Woche) lernen, und natürlich profitierte er acht Jahre lang von dem legendären, damals durchschnittlich sechs Stunden pro Woche Unterricht in Latein.[7] Er beherrschte auch die wichtigsten westlichen Sprachen. In seinen Werken zitierte er regelmäßig nicht nur deutsche, sondern auch englische, französische und manchmal italienische Rechtsliteratur und sogar nicht-juristische Literatur.
Sein juristisches Studium begann er 1868 an der Königlich-Katholischen Rechtsakademie in Nagyvárad, wo er die ersten drei Jahre absolvierte. Anschließend studierte er ein Semester lang Jura an der Universität Pest (Budapest) und schloss 1872 sein Studium an der Juristischen Fakultät der Universität Wien ab, wo er zum Doktor der Rechtswissenschaften promoviert wurde.[8] Als Jurastudent in Wien hätte er im Studienjahr 1871/72 die äußerst beliebten Vorlesungen von Jhering noch besuchen können, der im Sommer 1872 Wien verließ, um den Ruf der Universität Göttingen anzunehmen. Wir wissen nicht, ob er Jherings Vorlesungen wirklich besuchte, keineswegs wurde er aber ein Fan von Jhering, vielmehr ist seine Haltung zu Jhering eher als problematisch zu bezeichnen, worauf ich unten noch näher eingehen werde. Jedenfalls hat sein Studium an der Universität Wien, wie sein berühmtester und treuester Schüler Károly Szladits[9] feststellte, "in dem jungen Mann nicht so sehr eine Neigung zur Nachahmung, sondern vielmehr eine leidenschaftliche Anhänglichkeit an das alte ungarische Recht geweckt".[10]
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Nach dem Abschluss seiner Universitätsstudien war der junge Grosschmid etwa zehn Jahre lang in der Rechtspraxis tätig, sowohl als Rechtsanwalt als auch als Richter. Ab 1882 war er Professor an der Rechtsakademie in Nagyvárad und ab 1885 an der Universität von Kolozsvár (Klausenburg, heute Cluj-Napoca in Rumänien) und lehrte dort privatrechtliche Fächer. Im Jahr 1887 wurde er zum ordentlichen Professor des österreichischen bürgerlichen Rechts an der Universität Kolozsvár ernannt. Von 1890 bis zu seiner Emeritierung im Jahr 1928 war er ordentlicher Professor des ungarischen Privatrechts an der Universität Budapest. Zweimal wurde er zum Dekan der juristischen Fakultät in Budapest gewählt, und im akademischen Jahr 1917/18 war er Rector Magnificus der Universität Budapest. Auf Ersuchen des Justizministers wirkte er an der Ausarbeitung zahlreicher Gesetze mit (z.B. Gesetz Nr. XXXI von 1894 über die Zivilehe).
Grosschmid wird oft mit seinem Kollegen und guten Freund[11] Gusztáv Szászy-Schwarz verglichen, der gewöhnlich als der "ungarische Jhering" bezeichnet wird.[12] Einige Juristen fügen hinzu, dass man Grosschmid als "ungarischen Savigny" bezeichnen kann.[13] Während es unbestritten ist, dass Szászy-Schwarz als der "ungarische Jhering" galt - er wurde ja schon zu seinen Lebzeiten zu Recht so genannt[14] - stellt sich die Frage, ob man Grosschmid wirklich als "ungarischen Savigny" bezeichnen kann.
Grosschmid selbst lobte Savigny mit Bewunderung als den größten Pandektisten,[15] doch begeisterte er sich als konservativer Jurist mit tiefen nationalen Gefühlen, trotz seiner gründlichen Kenntnisse der Rechtsgeschichte und der Rechtsvergleichung, vor allem für István Werbőczy und sein Tripartitum.[16] Auf dem Gebiet des Familien-
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rechts und insbesondere des Erbrechts verteidigte er die nationalen Rechtstraditionen wie ein Löwe, wenn auch im Einklang mit den Bedürfnissen seiner Zeit. Demgegenüber hatte Savigny für die von den Germanisten so gepriesenen mittelalterlichen deutschen Rechtstraditionen wenig Interesse, da er im klassischen römischen Recht die wichtigste Grundlage für die Entwicklung des deutschen Rechts sah. In dieser Hinsicht ist also Grosschmid nicht so sehr mit Savigny sondern vielmehr mit den Germanisten der historischen Rechtsschule zu vergleichen.
Auch der "ungarische Jhering", Gusztáv Szászy-Schwarz, war von aufrichtigen nationalen Gefühlen durchdrungen und legte dafür zeitlebens viele Zeugnisse ab.[17] Beeinflusst von seinem Göttinger Meister Jhering, sah er jedoch die optimale Grundlage für die Entwicklung des ungarischen Privatrechts im klassischen römischen Recht. Immerhin kann der "ungarische Jhering", wie Károly Szladits hervorgehoben hat, als ein würdiger Verbündeter und Mitstreiter Grosschmids bei der Entwicklung des ungarischen Privatrechts gelten, und zwar nicht zuletzt deshalb, weil er als hervorragender Romanist und souveräner Denker nicht bereit war, dem deutschen Recht und der deutschen Rechtswissenschaft seiner Zeit sklavisch zu folgen.[18]
Ausgehend von den obigen Prämissen möchte ich in der vorliegenden Schrift zeigen, dass die beiden dioskuroi[19] der ungarischen Privatrechtswissenschaft zwar sehr unterschiedliche Persönlichkeiten waren, Grosschmid aber, ähnlich dem Szászy-Schwarz, ebenfalls ein außergewöhnliches Interesse an den antiken Rechtssystemen hatte. Abgesehen von den Romanisten verwies er wohl häufiger als jeder andere ungarische Jurist auf das römische Recht, und zwar jedes Mal in voller Sachkenntnis, darüber hinaus verfügte er über eine bedeutende Gelehrsamkeit auch im antiken griechischen Recht.
2. In seinen Werken bezog sich Grosschmid, der sowohl im Altgriechischen als auch im Lateinischen bewandert war und an die große Bedeutung beider klassischen Sprachen glaubte,[20] häufig auf altgriechische Autoren, von den homerischen Epen bis hin zu Aristoteles, Plotin und Dionysius von Halikarnassos, aber Grosschmid interessierte
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sich auch außerordentlich für das altgriechische Recht. Es ist wenig bekannt, dass Grosschmid in den letzten beiden Jahren des Ersten Weltkriegs, in Widerlegung des Sprichworts Inter arma silent Musae, dem antiken griechischen Recht, und zwar der athenischen Intestaterbfolge, nicht weniger als vier Abhandlungen widmete. Als das erste öffentliche Zeichen seiner Forschungen auf diesem Gebiet galt sein Antrittsvortrag an der Ungarischen Akademie der Wissenschaften am 11. Juni 1917 mit dem Titel Die Intestaterbfolge in den Gesetzen von Solon.[21]
Grosschmid hatte es nicht eilig, seine Antrittsrede zu halten. Er wurde 1901 zum korrespondierenden Mitglied der UAdW gewählt, und nicht weniger als 16 Jahre ließ er die Akademie auf den Vortrag warten. Auf die Hintergründe und Folgen dieser Verzögerung, die nicht nur der Sitte, sondern auch dem jeweiligen Statut der Akademie der Wissenschaften zuwiderlief, kann ich hier nicht eingehen, aber wenn diese Verzögerung ein Ausdruck von Extravaganz war, dann war die Wahl des Themas im Hinblick auf die sich mit dem geltenden Recht beschäftigenden Juristen der Neuzeit nicht weniger extravagant.
Umso leichter ist es zu erklären, warum sich Grosschmid gerade mit der Regelung der Intestaterbfolge im athenischen Recht befasste. Ab 1879 führte Grosschmid einen regelrechten Kreuzzug gegen die Kodifizierungsbestrebungen, die zum Nachteil der ungarischen Rechtstraditionen in vielerlei Hinsicht dem österreichischen Recht[22] folgten und die so genannte Rückfallerbfolge abschaffen wollten.[23] 1890 war Grosschmids Kampf von Erfolg gekrönt: Es gelang ihm, die Rückfallerbfolge nachhaltig zu retten.[24] In jedem Fall ist klar, dass Grosschmid das athenische Recht nicht l'art pour l'art studierte, sondern es mit dem römischen Recht und den damals geltenden deutschen, österreichischen und ungarischen Regelungen verglich.
Das solonische Erbrecht ist, wie das athenische Recht im Allgemeinen, vor allem in Gerichtsreden überliefert, insbesondere in denen des Isaeus, des Lehrmeisters
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von Demosthenes.[25] In seinem Antrittsvortrag an der Akademie untersuchte Grosschmid zwei Plädoyers, um die solonische Regelung der Intestaterbfolge zu veranschaulichen. Beide Reden wurden in Prozessen über den Nachlass eines wohlhabenden Athener Bürgers namens Hagnias gehalten.[26]
Eine der Reden ist ein Plädoyer, das als die 11. Rede des Isaeus bekannt ist.[27] Es handelt sich um einen Strafprozess, den einer der Vormünder eines verwaisten Knaben (sein Name ist unbekannt, so dass wir ihn nur als Sohn des Stratokles bezeichnen können) gegen den anderen Vormund, Theopompos, den Onkel väterlicherseits, angestrengt hatte, weil sich Theopompos geweigert hatte, seinem Neffen die Hälfte des Vermögens von Hagnias herauszugeben.
Einer dem Demosthenes zugeschriebenen Gerichtsrede,[28] die im corpus Demos-thenicum als Rede Nr. 43 bekannt ist,[29] ist zu entnehmen, dass Theopompos vom Gericht von der Anklage freigesprochen wurde.[30] Die letztgenannte Rede stellt ein Plädoyer dar, das mehr als ein Jahrzehnt später gehalten wurde,[31] und zwar im Namen eines anderen Knaben, Euboulides, in einem Nachlassverfahren, das sein Vater Sositheos gegen den Sohn von Theopompos, Makartatos, angestrengt hatte, der damals im Besitz des Nachlasses von Hagnias war, da Theopompos in der Zwischenzeit verstorben war. Wir kennen den Ausgang dieses Prozesses nicht, aber wir wissen, dass seine Eltern, um die Position des Euboulides, eines Verwandten 6. Grades, zu stärken, das Kind durch posthume Adoption zum Sohn seines Großvaters, des älteren Euboulides, erklären ließen, wie es nach athenischem Recht möglich war. Auf diese Weise wurde Euboulides zum Verwandten 5. Grades von Hagnias.[32]
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Die oben erwähnten Reden sind für das Studium des athenischen Intestaterbrechts insbesondere deshalb von herausragender Bedeutung, da der Fall des Hagnias-Nachlasses der einzige antike athenische Streitfall ist, bei dem uns zwei Reden zur Verfügung stehen, und zwar von beiden Seiten, so dass die Forderung audiatur et altera pars für die Nachwelt mehr oder weniger erfüllt ist.[33]
Mehrere Verwandte konkurrierten also um den Nachlass von Hagnias.[34] Grosschmid, der über die komplizierten, jahrzehntelangen Rechtsstreitigkeiten eine summarische Übersicht gegeben hat, wies darauf hin, dass sich die als wichtigste geltende siegreiche Partei, Theopompos, weigerte, die Tatsache zu respektieren, dass sein Bruder Stratokles ebenfalls Vorbereitungen getroffen hatte, um das Nachlassverfahren einzuleiten, die nur durch seinen Tod vereitelt wurden.[35] Diese Situation wurde von Theopompos ausgenutzt, der den gesamten Nachlass für sich beanspruchte und bestritt, dass die Hälfte des Nachlasses auf seinen Neffen übergegangen war, der minderjährig war und den Bruder von Theopompos überlebte. Nota bene, zu Gunsten des Sohns des Stratokles, der als ein Kollateralverwandter 7. Grades von Hagnias galt, fand das ius repraesentationis keine Anwendung.[36]
Grosschmid kritisierte die Haltung des habgierigen Theopompos, aber er kritisierte auch das athenische Recht und seine praktische Anwendung, die das Recht der transmissio ignorierte.[37] In einer für die heutigen Rechtshistoriker lehrreichen Art und Weise wünschte Grosschmid die Position des athenischen Rechts und des zuständigen Gerichts nicht nur zu kritisieren, sondern eher zu verstehen, und dies mit besonderer Rücksicht auf den Grund für die Ablehnung des Anspruchs auf transmissio.[38]
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Nach athenischem Recht hatte der Archon mangels eines männlichen Nachkommens den Nachlass an den oder die Erben zu vergeben. (Die Rolle des Archons in diesem Zusammenhang ist also vergleichbar etwa mit der Befugnis der heutigen öffentlichen Notare in Ungarn, Nachlässe zu vergeben.) Im Streitfall lag dann die Entscheidungsbefugnis beim Gericht.[39] Im Prinzip legten die Gesetze von Solon die Erbfolge genau fest, wobei die männlichen Verwandten in der väterlichen Linie bevorzugt wurden.[40] Grosschmid vertritt aber die in der Literatur bekannte Ansicht, dass das athenische Gericht einen sehr weiten Ermessensspielraum hatte und oft nach eigenem Ermessen entschied. In diesem Zusammenhang zitiert Grosschmid aus einer Studie seines älteren Zeitgenossen Lőrinc Tóth, eines 1903 verstorbenen Richters der Königlichen Ungarischen Kurie und ordentlichen Mitglieds der Ungarischen Akademie der Wissenschaften, der seinerseits mit dem antiken griechischen Erbrecht vertraut war, dass "ein Gut im Falle eines Rechtsstreits oft nicht von der Person gewonnen wird, die nach dem Privatrecht das Recht dazu hätte, der der römische Prätor bzw. der Landesgerichtsrath es zuweisen würde, sondern von der Person, die vor dem Volk dessen würdig erscheint, und von der z.B. sein Repräsentant, beredt beweist, dass er sein Vermögen zum Wohle der Allgemeinheit verwenden wird".[41]
Grosschmid fügt seinerseits augenzwinkernd hinzu: "Etwas Willkürliches und sehr Menschliches: dass das Gericht in seinem Urteil auch andere Umstände berücksichtigt als den bloßen Anspruch (...). Mit anderen Worten: Es geht über Recht und Gerechtigkeit hinaus.[42] Aristophanes singt das sehr schön in seinen Wespen".[43] Dabei zitiert Grosschmid auch eine Zeile aus dieser Komödie: "Und vermählen die Tochter mit dem, welcher uns mit Bitten dazu hat beredet".[44] Hierbei ist anzumerken, dass der Erbschaftserwerb von Frauen nach athenischem Recht streng begrenzt war und in den allermeisten Fällen nur durch eine gerichtlich angeordnete Heirat mehr oder weniger gelöst werden konnte.[45]
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Aristophanes verspottet in seiner Komödie Die Wespen die prinzipienlose und schmarotzerische Mentalität der 6000 Mitglieder der athenischen Heliaia, der "Wespen".[46] So lesen wir bezüglich der Geschworenen, die mit 3 Obuli pro Tag belohnt werden: "Auch für unser sonstig Leben sind wir recht erfinderisch: / Jeden stechen wir und holen uns den Lebensunterhalt."[47]
Grosschmid weist auf diesen Aspekt nur per tangentem hin,[48] und kommt zu dem Schluss, dass nach der athenischen Gerichtspraxis der Erbe, der kein männlicher Nachkomme war, nicht nur den de cuius überleben musste, sondern auch eine gerichtliche Entscheidung zu seinen Gunsten erwirken musste, damit der Nachlass von ihm auf seinen Erben überging.[49]
Viele Details dieses verworrenen Falles sind in der Literatur bis heute umstritten. Einige von Grosschmids Folgerungen sind auch heute noch gültig, während andere die Grundlage für Diskussionen bilden könnten. Bemerkenswert ist Grosschmids aufschlussreiche Beobachtung, dass Theopompos' Bruder Stratokles gewisse Vorbereitungen getroffen hatte, um seinen Anspruch auf das Erbe geltend zu machen;[50] nota bene, der amerikanische Wissenschaftler Thompson, der Grosschmids Studie offensichtlich nicht kannte, stellte 1976 fest, dass dieser Aspekt in der einschlägigen Literatur vor ihm von niemandem beachtet worden war.[51]
Grosschmid veröffentlichte (oder besser gesagt versteckte) seine zweite Arbeit über das griechische Recht in den Acta der Universität Budapest unter dem Titel seiner Antrittsrede als Rektor.[52] In diesem Aufsatz setzte sich Grosschmid hauptsächlich mit der Rede gegen Olympiodoros auseinander,[53] die dem Demosthenes zugeschrieben
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wird.[54] Die rund 60-seitige Abhandlung befasst sich ausführlich nicht nur mit dem athenischen Erbrecht, sondern auch mit dem athenischen Nachlassverfahren und den schuldrechtlichen Aspekten des komplexen Falles, nota bene, es handelt sich hierbei um eine Klage auf Schadensersatz aufgrund des Bruchs eines Vertrages zwischen Erben über den Nachlass.
Leider hat Grosschmid seine dritte Abhandlung über das antike griechische Recht nicht veröffentlicht, es gibt jedoch Hinweise darauf, dass er ein umfangreiches Manuskript erstellt hatte.[55] Auf der Grundlage dieser scheinbar verlorenen Studie[56] hielt er am 15. April 1918 auf der Sitzung der Philosophischen und Historischen Klasse der Ungarischen Akademie der Wissenschaften einen Vortrag über die Arbeit des bedeutenden Experten des athenischen Rechts, Iván Télfy, Professor an der Universität Budapest und korrespondierendes Mitglied der Ungarischen Akademie der Wissenschaften, mit dem Titel Télfy versus Dr. Eduard Gans und das attische Erbrecht.[57]
Seine vierte Studie zum antiken griechischen Recht veröffentlichte Grosschmid erneut als Rektoratsrede, die er in gekürzter Form am 13. Mai 1918 in der Aula Magna der Budapester Universität gehalten hatte.[58] Gegenstand dieser etwa 190 Seiten umfassenden und damit als monographisch geltenden Abhandlung war formell eine kritische Würdigung des im November 1917 vorgelegten Gesetzentwurfs "über die Beschränkung der gesetzlichen Erbfolge von Verwandten und über das Erbrecht der Heiligen Krone [Ungarns]", der nie verabschiedet wurde. In dem Text geht es aber in erster Linie nicht um das ungarische Recht, sondern im Zusammenhang damit - oder vielmehr unter dem Vorwand dessen - um das athenische Erbrecht und zwar um solche Details, die Grosschmid in seinen oben erwähnten Studien nicht erörtert hatte.[59]
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Unter Grosschmids Werken zum antiken griechischen Recht zeugen die beiden umfangreichen Abhandlungen in Form der Rektoratsreden nicht nur von außergewöhnlicher Gelehrsamkeit und Akribie, sondern bieten uns auch ein plastisches Bild eines seltsamen homo ludens, der keineswegs frei von intellektuellem Übermut ist, der sich über extravagante Themen hochgradig amüsiert und der es zu genießen scheint, sich in die antiquarischen und klassisch-philologischen Details und in die Tiefen der altgriechischen Quellentexte und der nicht minder esoterischen Literatur in Latein, Französisch, Deutsch und Englisch zu vertiefen. Es ist wohl dem Perfektionismus Grosschmids zuzuschreiben, dass er kein Buch auf der Grundlage seines Materials monographischen Umfangs geschrieben hat. Er hat die reiche Ernte seiner heroischen Forschungsarbeit - denn sein oben erwähntes Amüsement war letzten Endes doch heroisch - quasi im Verborgenen in den Acta der Universität aufbewahrt und uns vermacht.
3. Wie gründlich Grosschmid die Quellen des römischen Rechts kannte, will ich in medias res an einem glänzenden Beispiel aus seinem Hauptwerk, den Kapiteln, zeigen. Grosschmid lobt die Regel im preußischen Allgemeinen Landrecht (1794), wonach Schmerzensgeld nur einem Geschädigten mit niedrigerem sozialem Status zusteht.[60] Diesbezüglich fiel ihm ein wenig bekanntes Fragment von Ulpian ein, das außerhalb der Digesten überliefert ist: "Collatio leg. Rom. et Mosaic. I. 11. erwähnt einen Fall, in dem der Vater eines jungen Mannes, der wegen Ausgelassenheit getötet worden war, angesichts seiner Armut mit 2.000 sertertii (impendii causa) belohnt wurde, um den Jugendlichen von solchen Ausgelassenheiten abzubringen".[61] Aus dem Text von Ulpian geht hervor, dass sich der tragische Unfall während eines gewalttätigen Spiels ereignete, und dass der Unfall auf die Schuld eines der Spieler zurückzuführen war. Ulpian sprach diesbezüglich nicht von Schmerzensgeld, sondern von einer Art Pauschalentschädigung. Wie Grosschmid unter Bezugnahme auf D. 9.3.7 (Gai. 6 ed. prov.) sogleich feststellt, lehnten die römischen Juristen den Gedanken einer Entschädigung für immaterielle Schäden mit "stolzem Impetus" ab.[62]
Die Haltung Grosschmids zum römischen Recht war von einer gewissen Ambivalenz geprägt. In vielen Fällen lobte er das römische Recht in den höchsten Tönen,
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aber er gab auch viele Zeichen seiner Abneigung und seiner beruflichen Vorbehalte. Betrachten wir zunächst die Anzeichen für eine positive Einstellung.
Grosschmid stellte mehrmals fest, dass "keine Nation jemals etwas Ähnliches wie das römische Recht geschaffen hat, das eine ständige Fundgrube an Wahrheiten für alle gebildeten Nationen aller Zeiten ist".[63] Er ging sogar so weit zu behaupten, dass "kein europäisches Recht etwas anderes ist als verdorbenes römisches Recht".[64] Diese scheinbar kühne These illustrierte er manchmal mit konkreten Beispielen, auf die ich gleich noch zu sprechen komme.
In seiner allgemeinen Würdigung des römischen Rechts betonte Grosschmid auch, dass drei Rechtssysteme am stärksten von nationalen Eigenheiten geprägt sind: das römische, das englische und das ungarische Recht. Er fügt hinzu, dass das ungarische Recht in dieser Hinsicht dem römischen und dem englischen Recht gleichrangig ist.[65]
Grosschmid wies auf das römische Recht vor allem im Sinne der vergleichenden Dogmengeschichte hin, nahm aber auch mehrfach Bezug auf die historische Entwicklung des römischen Rechts. Diese historische Perspektive spiegelt sich in seiner Feststellung, dass das Zwölftafelgesetz wie ein Keim war, aus dem, wie eine mächtige Eiche aus einer kleinen Eichel, ein "großes, umfangreiches Bauwerk" wuchs. Und selbst wenn das Zwölftafelgesetz viele Regeln griechischen Ursprungs enthalten haben sollte, was Grosschmid bezweifelt, so ist es doch ein hervorragender Beweis dafür, dass auch aus fremden, aber noch zarten Pflänzchen ein Recht entstehen kann, das dem Geist einer Nation vollkommen entspricht, wie dies auch durch die Geschichte des älteren ungarischen Rechts bewiesen wird.[66]
Diese scheinbar rein rechtshistorische Erörterung ist keineswegs ein Selbstzweck. Grosschmid weist darauf hin, dass die auf massiver Rezeption und Nachahmung fertiger ausländischer Vorbilder beruhende Kodifizierung, wie sie zu seiner Zeit in Ungarn üblich war, nicht erfolgreich sein kann.[67] Er weist auch darauf hin, dass der wünschenswerte Weg zur Entwicklung des Rechts darin besteht, es in kleinen Schritten, fast unmerklich, zu entwickeln, wofür neben dem römischen Recht und dem alten ungarischen Recht auch die englische Rechtsgeschichte ein passendes Beispiel ist.[68] In diesen Argumentationen scheint sich in der Tat der "ungarische Savigny" zu manifestieren, wenn auch mit einem starken nationalen Einschlag. Es ist kaum notwendig zu betonen, dass diese Ideen auch heute noch sehr aktuell sind.
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Grosschmid bezog sich auf das römische Recht nicht nur im Zusammenhang mit den traditionellen Themen des Privatrechts, sondern z.B. auch im Zusammenhang mit Fragen des Handelsrechts,[69] und sogar in seiner Monographie mit dem Titel Werbőczy und das englische Recht.[70] Aus dem umfangreichen Quellenmaterial des römischen Rechts hat er immer wieder einzelne Passagen mit fachlicher Sicherheit ausgewählt und mit der hohen Professionalität eines Romanisten kommentiert.
Wie ich bereits dargelegt habe, führt Grosschmid mehrere Beispiele an, die die Vorteile einer römischrechtlichen Konstruktion im Vergleich zum modernen Recht aufzeigen. So stellt er in seinen Kapiteln fest, dass § 433 des deutschen BGB (heute noch in unveränderter Nummerierung und Formulierung in Kraft), der die Übergabepflicht des Verkäufers regelt, eine ungünstigere Formulierung darstellt als die entsprechende Vorschrift des römischen Rechts.[71] An anderer Stelle seiner Kapitel wird § 301 BGB (mit einer gewissen Regel bezüglich des Gläubigerverzugs) mit Verweis auf das römische Recht kritisiert.[72]
Grosschmids profunde Quellenkenntnis und sein Scharfsinn ermöglichten es ihm, römisches Recht und moderne Privatrechtskonstruktionen brillant zu vergleichen. Ignác Frank[73] hatte dies bereits gelegentlich getan, aber Grosschmid erweitert den Horizont seiner privatrechtlichen Argumentation noch viel weiter, und zwar mit manchmal recht überraschenden römischrechtlichen Hinweisen. In seinen Vorlesungen über das Privatrecht zitiert er D. 21.1.31.20 (Ulp. 1 ed. aed. cur.), wonach der Käufer einen widerstrebenden Verkäufer verklagen kann, um ihn zur Abgabe einer Garantie durch stipulatio zu zwingen.[74] Grosschmid bemerkt geistvoll, dass diese Regel "eini-
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germaßen der heutigen Situation entspricht, in der die eine oder andere Partei eines Geschäfts nach gängiger Geschäftspraxis verpflichtet wäre, einen sogenannten Deckungswechsel auszustellen".[75]
Seine brillanten Assoziationen zum römischen Recht gipfelten in innovativen Ideen. So schlug er in seinen Kapiteln vor, die Abstraktheit der stipulatio an das ungarische Grundbuchrecht (das ansonsten dem österreichischen Modell folgte) anzupassen,[76] und in seiner Arbeit über die bonorum possessio - nota bene, es handelt sich um eine Studie zum römischen Recht! - wies er darauf hin, dass im ungarischen Nachlassverfahrensrecht die Konstruktion der bonorum possessio "völlig unausgenutzt bleibt".[77]
Grosschmid stand dem römischen Recht gelegentlich kritisch gegenüber. Einerseits kritisierte er die selbst für antike Verhältnisse erstaunlichen oder gar schockierenden Sitten der Römer, andererseits wies er auf die juristischen und fachlichen Schwächen der römischen Rechtsquellen hin. Seine Objektivität zeigt sich darin, dass er die bloße Veralterung der antiken römischen Rechtsregeln nicht kritisierte, sondern lediglich feststellte.
Aus Respekt vor dem römischen Recht pflegen die Romanisten, aber meist auch die Rechtshistoriker nicht, die Griechen und die Römer zum Nachteil der Letzteren zu vergleichen. Demgegenüber stellt Grosschmid ganz ungeniert fest: "Die Griechen kämpften um Schönheit, Adel und Nationalität, Rom um die Macht. Der Grieche wurde durch Charme und Kunst beseelt, der Römer durch sein Ideal der Selbststärke, das, obwohl «fractus illabatur orbis»,[78] nicht von seinem Ziel und seiner Richtung abweicht".[79]
Grosschmid sah wie Jhering[80] den Grund für den erheblichen kulturellen Unterschied zwischen den beiden Völkern darin, dass die Römer im Gegensatz zu den Griechen und anderen antiken Völkern nicht durch Blut und Abstammung miteinander verbunden waren, sondern Fremde von zweifelhafter Herkunft waren. Die kulturanthropologische Grundlage für das besondere Rechtsempfinden und -interesse der Römer sah Grosschmid in ihrem wilden, männlichen Individualismus, der durch die nicht-organische Herkunft ihres Staates bestimmt war.[81]
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Grosschmid dachte an die unerbittlichen Regeln der patria potestas mit dem Schrecken des aufgeklärten modernen Menschen. Immer wieder zitiert er aus dem Werk des Tacitus, der die Germanen für ihre humane Haltung gegenüber Kindern lobt, den Römern aber umso weniger schmeichelt, wenn er sagt: "plusque ibi boni mores valent, quam alibi bonae leges".[82] Mit kaum verhohlenem Abscheu stellt er fest, dass nach der patria potestas "der Vater über seine Kinder genauso viel Recht hat wie über sein Vieh, jus vitae et necis, das heißt, das Recht auf Leben und Tod".[83]
Dennoch scheint Grosschmid auch ein eher instinktives Ich gehabt zu haben, denn er scheint sich manchmal ausdrücklich zu den archaischen Regeln des Zwölftafelgesetzes hingezogen zu fühlen, in welchem er die Grundlage des römischen Nationalgenies erkannte, das die gesamte spätere Geschichte des römischen Volkes bestimmte. Dieser archaischen Auffassung, die Grosschmid metaphorisch mit "harten Muskeln" beschrieb, entsprach die Grenzenlosigkeit väterlicher Macht.[84] Im Vergleich dazu war in der Kaiserzeit "die römische nationale Existenz bereits verblasst, verwandelt, (...) in das Stadium des sterbenden Löwen eingetreten". Zu einem offenen Bruch mit den antiken Traditionen kam es aber erst unter Justinian, dessen christlicher Geist nicht mehr durch die frühere Auffassung belastet war. Dementsprechend schränkte Justinians Novelle Nr. 115 die väterliche Macht in einem "trockenen und befehlenden" Ton ein, mehr als je zuvor.[85]
Grosschmids instinktives Ich kommt auch in seiner auf der Kritik an der kaiserlichen Dekadenz basierenden Einschätzung zum Ausdruck, dass "die justinianische Erbfolgeordnung, aus der die ausländische Erbfolge gemacht worden ist, in Wirklichkeit eine Einrichtung darstellt, die aus der Verderbnis der Familienordnung und der Moral Roms geboren wurde".[86]
Es ist nicht schwer, hier eine Parallele zu ähnlichen Ideen von Nietzsche zu erkennen. Es scheint jedoch, dass Grosschmid diese "Entartung" in seinem eigenen Erbrechtsentwurf nicht zu korrigieren suchte, z.B. wies er in Ermangelung eines Nachkommens dem überlebenden Ehegatten die Erbschaft zu,[87] mit Ausnahme des Rückfallgutes, nota bene, wie ich bereits dargelegt habe, zielten Grosschmids erfolgreiche de lege ferenda-Bemühungen hauptsächlich darauf ab, die Rückfallerbfolge zu retten.
Der oben angedeutete Widerspruch ist schwer aufzulösen. Die beiden Ansätze tauchen manchmal in ein und demselben Werk auf, während Grosschmid, wie wir gesehen haben, die archaischen römischen Verhältnisse nicht nur vom Standpunkt der
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Aufklärung aus, sondern auch nach antiken Maßstäben kritisierte, indem er sie z.B. mit den Griechen oder - wie Tacitus - mit den Germanen verglich. Es ist eine dürftige Erklärung, wenn man sagt, dass die Dinge nicht schwarz und weiß sind.
Was Grosschmids Kritik an den taxonomischen und dogmatischen Fehlern im römischen Privatrecht betrifft, möchte ich diesbezüglich nur ein Beispiel nennen. In Bezug auf die Kategorie der Quasikontrakte, die im Code civil auch nach der umfassenden Schuldrechtsreform von 2016 immer noch überlebt hat,[88] stellt Grosschmid in seinen Kapiteln mit einer gewissen Häme fest, dass sein Kollege Tamás Vécsey,[89] in aufeinanderfolgenden Auflagen seines Lehrbuchs des römischen Rechts immer wieder versucht hat, das Unreinliche zu reinigen, um es salonfähig zu machen, dass es aber nicht vollständig gereinigt werden kann, weil dann seine Identität selbst völlig verloren ginge.[90] Wie Grosschmid in diesem Zusammenhang feststellt, entsteht bei der partiellen Reinigung der römischen Rechtsinstitute von taxonomisch-dogmatischen Irrtümern ein solches "mixtum compositum", das weder mit den ursprünglichen Auffassungen der römischen Juristen noch mit den Anforderungen der modernen Dogmatik übereinstimmt.[91]
Neben den regelmäßigen und ausführlichen Verweisen auf das römische Recht in fast allen seinen Werken und den manchmal mehrere Seiten langen Exkursen zum römischen Privatrecht[92] schrieb Grosschmid auch Werke zum römischen Recht. Das Wichtigste dieser Werke ist seine 153-seitige Darstellung der Entwickelung der römischrechtlichen Regelung der portio debita, eine monographische Studie, die sich wie inter folia fructus in seinem berühmten Werk über den Pflichtteil versteckt.[93]
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Wie Lajos Vékás feststellte, wurde der Pflichtteil, abgesehen vom Inkrafttreten des österreichischen ABGB im Jahr 1853, erst 1861 durch die so genannten "Provisorischen Regeln der Gerichtsbarkeit" in das ungarische Recht eingeführt,[94] und die Berechtigung dieses Rechtsinstituts war zur Zeit der Abfassung von Grosschmids Studie in den 1870er Jahren noch umstritten.[95] Mit der detaillierten Darstellung der einschlägigen Regeln des römischen Rechts wollte Grosschmid einerseits die Billigkeit des Pflichtteilsrechts bestätigen, andererseits lieferte er eindrucksvolle historische Grundlagen für das dogmatische Dilemma der Zuordnung des Pflichtteils zum Sachenrecht oder zum Schuldrecht.
4. Grosschmids Verhältnis zum römischen Recht soll auch im Lichte seines Verhältnisses zu den Werken der Pandektisten betrachtet werden. In der ungarischen Literatur hat sich im Anschluss an die einschlägige Auswertung von Károly Szladits[96] die Ansicht durchgesetzt, dass sich Grosschmid nicht besonders für die Werke der Pandektisten interessierte.[97] Diese Ansicht muss revidiert werden. Man muss nicht sehr viel in Grosschmids Werken blättern, um zu sehen, wie oft er Savigny, Windscheid und Arndts zitierte, aber auch, dass er gelegentlich auf die Werke von Puchta, Vangerow, Brinz, Mackeldey oder Mühlenbruch verwies. Savigny und sein System des heutigen römischen Rechts wurde von Grosschmid am höchsten eingeschätzt. Er lobte Savigny als den Begründer der historischen Rechtsschule und damit als den Urvater des BGB.[98]
Neben Savigny hob er Windscheids Lehrbuch des Pandektenrechts hervor, in dem die höchste Gelehrsamkeit eine glückliche Verbindung mit einem ausgezeichneten praktischen Sinn eingeht. Mit einer gewissen Ironie stellte er fest, dass das BGB vor allem den Einfluss von Windscheid widerspiegelt, dessen Verfasser "eine Reihe kleiner Windscheids" waren.[99] Aus nationalem Stolz fügte er hinzu, dass Windscheid mit Werbőczy verglichen werden könne, und manchmal stellte er Windscheid sogar Werbőczy gegenüber und lobte den letzteren.[100]
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Die in der ungarischen Literatur Szladits zufolge weit verbreitete Ansicht,[101] Grosschmid hätte sich nur dann auf die Pandektisten bezogen, wenn er sie kritisieren wollte,[102] muss ebenfalls korrigiert werden. Grosschmid hat sich in seinen Kapiteln an mindestens 107 Stellen auf Windscheid bezogen, 8-mal lobend, 45-mal neutral und 54-mal - also in der Hälfte der Fälle - kritisch.[103]
Es besteht jedoch kein Zweifel daran, dass Grosschmid es zu vermeiden suchte, die Werke Jherings zu zitieren. Es ist bezeichnend, dass in seinen beiden Monumentalwerken, nämlich in den Kapiteln und den Vorlesungen über das Privatrecht, jeweils nur zwei ausdrückliche Verweise auf Jhering zu finden sind, und jeder dieser Verweise überraschend in seiner Art ist.[104] Am überraschendsten ist aber ein impliziter Jhering-Hinweis, wenn Grosschmid in seinen "Kapiteln" en passant anmerkt, dass "nach Ansicht einiger [Juristen] subjektives Recht = geschütztes Interesse" sei.[105] Mit "einigen" meint er vor allem Jhering, der als erster (1865) Rechte als "rechtlich geschützte Interessen" definiert hat.[106]
Trotz dieser offensichtlichen Parallele stellte Szladits fest, dass die Lehren Jherings keinen Einfluss auf Grosschmid hatten, der seine Interessentheorie eigenständig und unabhängig von äußeren Einflüssen entwickelt hat. Szladits fügte hinzu, dass "Grosschmid die Durchsetzung der Interessenlehre in der Rechtsanwendung bereits damals zu einer Kunst entwickelt hatte, als die Interessenjurisprudenz in der deutschen
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Rechtstheorie höchstens noch im Entstehen war."[107] Diese Aussage von Szladits scheint insofern strittig zu sein, als Jherings Lehren zwar um das Ende des 19. Jahrhunderts noch nicht allgemein anerkannt waren, seine erste Darlegung der Interessenjurisprudenz (1865)[108] aber der Entstehung von Grosschmids entsprechenden Ideen um Jahrzehnte vorausging. Jedenfalls spielt die Interessenlehre in Grosschmids Werken eine so herausragende Rolle, dass Grosschmid neben Szászy-Schwarz als erster Vertreter der Interessenjurisprudenz in Ungarn bezeichnet werden kann, wenn auch (vielleicht) unabhängig von Jhering.[109]
Es ist auch schwer zu erklären, warum sich Grosschmid nicht einmal in Bezug auf die Theorie des Besitzes,[110] oder sogar in Bezug auf die culpa in contrahendo auf Jhering bezogen hat.[111] Es ist ebenfalls nicht zu übersehen, dass Grosschmids organische Rechtsauffassung[112] sowie die naturwissenschaftlichen Analogien, die er bei der Analyse von Rechtsproblemen häufig anwendet, der Methode Jherings ähneln. Natürlich lassen sich diese Parallelen auch durch den Zeitgeist erklären.
Von den beiden Hauptwerken Jherings bezog sich Grosschmid bevorzugt auf den Geist, den er rechtshistorisch hochschätzte. Auch in seiner umfangreichen Studie zur portio debita des römischen Rechts bezog er sich auf den Geist hauptsächlich in historischer Hinsicht.[113] Im Vergleich dazu war Jherings anderes Hauptwerk, Zweck im Recht, für Grosschmid vielleicht allzu soziologisch. Insgesamt scheint es, dass er Jherings Werke grundsätzlich im rechtshistorischen Kontext für zitierwürdiger hielt.
Auch wenn Szladits' Aussage, dass "es keine Verbindung zwischen Grosschmids Methode und den ausländischen Rechtsschulen gibt, deren theoretische Debatten Grosschmid größtenteils nicht einmal zur Kenntnis genommen hat", etwas übertrieben ist, so ist sie doch überzeugender als seine oben genannten Aussagen.[114] In der Tat war Grosschmid wie Jhering[115] nicht an den haarspalterischen Debatten der Pandektisten interessiert.
Wie auch immer es sich mit dieser Frage verhält, bedürfte es weiterer Forschungen, um zu klären, warum Grosschmid zu Jhering so distanziert war, obwohl er, wie ich
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oben bereits erwähnt habe, 1871/72 als Wiener Jurastudent sogar Jherings äußerst populäre Vorlesungen an der Universität Wien besucht haben könnte.[116]
5. Da Grosschmids Werke so gut wie ausschließlich in ungarischer Sprache veröffentlicht wurden,[117] ist sein Name in der internationalen Literatur kaum bekannt. In der ungarischen juristischen Literatur wird zwar immer noch auf Grosschmids privatrechtliche Werke, insbesondere auf seine berühmten Kapitel des ungarischen Schuldrechts, verwiesen, doch ist selbst unter den ungarischen Rechtswissenschaftlern nicht allgemein bekannt, dass Grosschmid Studien über das athenische Erbrecht, die zusammen eine Monographie bilden, und eine monographische Studie über die portio debita des römischen Rechts verfasst hat. Diese Arbeiten zeigen, dass die beiden Bereiche, nämlich das geltende Privatrecht und das römische Recht, für Grosschmid nicht zu trennen waren. Ein wichtiges Merkmal sowohl seiner als auch der Arbeiten von Gusztáv Szászy-Schwarz war, dass sie das geltende Privatrecht mit einem starken Fokus auf das römische Recht und das römische Recht mit einem starken Fokus auf das geltende Privatrecht studierten, und dass diese wechselseitige Betrachtung von ihnen nicht als Luxus, sondern als berufliche Notwendigkeit angesehen wurde. Diese intellektuelle Affinität, oder, wenn man so will, diejenige Doppelkompetenz, die beide dioskuroi auf einem außergewöhnlich hohen Niveau besaßen, mag die Grundlage ihrer Freundschaft gewesen sein, die die erheblichen Unterschiede zwischen ihren Persönlichkeiten und ihren Auffassungen überwand.
Reinhard Zimmermann wird heute von vielen Juristen nicht zu Unrecht mit einer Strömung in Verbindung gebracht, die bei der Erforschung des modernen Privatrechts sowohl dem römischen Recht als auch der vergleichenden Privatrechtsgeschichte große Bedeutung beimisst. Grosschmid hatte dies bereits in seiner frühen Abhandlung über den Pflichtteil als eine Art ars poetica proklamiert.[118]
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Leider ist es angesichts der zunehmenden Spezialisierung unserer Zeit fraglich, ob die frühere Einheit der beiden Disziplinen jemals wiederhergestellt werden kann. Sicher ist jedoch, dass zumindest die Romanisten und Rechtshistoriker in Ungarn die Werke Grosschmids über das antike Recht und insbesondere seine Studien über das antike griechische Recht kennen sollten, und dass es sinnvoll wäre, sie dem ausländischen Publikum vorzustellen. Da die Literatur zum klassischen athenischen Recht immer noch auf Werke zurückgreift, die etwa in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts erschienen sind,[119] wären die etwa 100 Jahre jüngeren, aber selbst in Ungarn kaum bekannten Studien von Grosschmid für das internationale Fachpublikum sicherlich von Interesse.
Nun möchte ich noch auf die Frage nach der emotionalen Einstellung Grosschmids zum römischen Recht zurückkommen. Wie ich bereits hervorgehoben habe, handelte es sich um eine ambivalente Haltung, die von echtem Respekt, ja sogar von Bewunderung, und gleichzeitig von heftiger Abneigung geprägt war. Wie Grosschmid in seinen Vorlesungen über das Privatrecht schreibt: "Liest man (...) die alten römischen Rechtsquellen, (...) so findet man in ihnen zweifellos etwas, das man eine beeindruckende Höhe plastischer Vollkommenheit und gedanklicher Präzision nennen kann. Gleichzeitig gibt es aber auch eine linktelenítés szövegen belül - Art von Vollkommenheit, die sowohl austrocknend als auch einfrierend ist".[120] Mit Nostalgie erinnerte er sich daran, dass er als Kind alte Männer gekannt hatte, die von bestimmten Stellen aus Werbőczys Tripartitum so ergreifend gesprochen hatten wie von den schönsten Zeilen der großen ungarischen Dichter.[121] Anderswo beschrieb Grosschmid dieses Gefühl folgendermaßen: "dem römischen Recht fehlt der frische Atem, der üppige Frühlingsduft, den das Tripartitum wahrlich verströmt".[122]
Man muss aber auch sehen, dass Grosschmid manchmal von römischrechtlichen Quellentexten tief bewegt war. Bezüglich des Fragments D. 6.1.38 (Cels. 3 dig.),[123] das
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sich mit der Verpflichtung des Klägers in einer rei vindicatio, dem Beklagten eine Entschädigung für die Aufwendungen (impensae) zu zahlen, befasst, schreibt Grosschmid in seinen Kapiteln, dass es "eine der schönsten Stellen der Digesten darstellt, die ich je gelesen habe, und es ist fast unmöglich, dass sie den Leser nicht durch ihre Unmittelbarkeit ergreife".[124] Bei dieser Stelle war Grosschmid wahrscheinlich besonders von Celsus' Mitgefühl für den Kläger beeindruckt, einen armen und tief religiösen Menschen, der nicht in der Lage war, dem Beklagten seine Aufwendungen zu erstatten.
Abschließend möchte ich darauf hinweisen, dass Grosschmid ein möglichst hohes Bildungsniveau der Juristen als entscheidend für die Erhaltung und den Schutz des Rechtsstaates ansah. Grosschmid war der Ansicht, dass ein Jurist, der mit der Rechtsgeschichte, der Rechtsphilosophie und überhaupt mit der Literatur, der Geschichte und den Sozialwissenschaften vertraut ist, sein Fachwissen nicht missbrauchen würde.[125]
Die tragische Lektion der Geschichte des 20. Jahrhunderts zeigt, dass sich Grosschmids Glaube, ein hohes Bildungsniveau, ja sogar professionelle Kenntnisse des römischen Rechts könnten einen vor dem Bösen schützen, als Illusion erwies. Leider legt die historische Erfahrung nahe, dass es ein Fehler wäre, die Macht der Bildung bei der Veredelung des Charakters zu überschätzen. Dennoch müssen wir darauf vertrauen, dass ein hohes Maß an akademischem Wissen, nicht zuletzt über das römische Recht, einen wichtigen Beitrag zur Hebung des moralischen und fachlichen Niveaus der juristischen Arbeit leisten kann.
Die letzten Worte seien nun die des berühmten und treuen Schülers von Grosschmid, Károly Szladits. Anlässlich des 80. Geburtstages seines Meisters erinnerte er sich anlässlich der vom Ungarischen Juristenverband am 15. November 1931 in Budapest organisierten festlichen Veranstaltung an ein Treffen mit Béni Grosschmid mit den folgenden Worten:
"Unvergesslich ist mir die Szene, als 1917 Mitteis,[126] der berühmte griechisch-römische Rechtshistoriker der Universität Leipzig, als Gast des Ungarischen Juristen-
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verbandes hier in Budapest weilte und einmal auch unsere juristische Fakultät besuchte. Grosschmid schaute zufällig herein und zum großen Erstaunen des großen deutschen Gelehrten ließ sich mit ihm in eine derart lebhafte Diskussion über die Plädoyers der griechischen Rhetoren, des Isaeus und anderer ein, als ob dies sein Fachgebiet gewesen wäre."[127]
Ich hoffe, dass meine vorliegende Schrift zum Verständnis dieser wunderbaren, das unvergleichliche Genie von Béni Grosschmid illustrierenden Szene beiträgt. ■
ANMERKUNGEN
* Die vorliegende Studie basiert auf dem Antrittsvortrag des Verfassers mit dem Titel Grosschmid Béni és az antik jogok [= B. Grosschmid und die antiken Rechtssysteme], die am 18. Oktober 2022 an der Ungarischen Akademie der Wissenschaften in Budapest gehalten wurde. Eine entspechende Studie ist zum ersten Mal ungarisch erschienen, siehe Földi A., Az ógörög és római jog Grosschmid Béni életművében [= Altgriechisches und römisches Recht im Lebenswerk von B. Grosschmid], (2023) 78 (1) Jogtudományi Közlöny, 1-11.
[1] Siehe z.B. M. Görög, Béni Grosschmid [= B. Grosschmid], [auf engl.], (2021) 11 (2) Forum: Acta Jur. et Pol. Szeged., 97.
[2] Siehe in der neueren Literatur Weiss E., Grosschmid Béni [= B. Grosschmid], in Hamza G. (hrsg.), Magyar jogtudósok, III, (ELTE ÁJK, Budapest, 2006), 99-116.; Görög, Béni Grosschmid [= B. Grosschmid]; Vékás L., Fejezetek a magyar magánjogtudomány történetéből [= Kapitel aus der Geschichte der ungarischen Privatrechtswissenschaft], (2. Aufl., ORAC, Budapest, 2022).
[3] Biró J., A római jog hatásának jelei a dualizmus kötelmi jogában. Grosschmid Béni tevékenysége a római jog alkalmazása tekintetében [= Anzeichen für den Einfluss des römischen Rechts im Schuldrecht der Zeit des Dualismus. Die Tätigkeit von B. Grosschmid hinsichtlich der Anwendung des römischen Rechts], in Csizmadia A. (hrsg.), Jogtörténeti tanulmányok, II, (KJK, Budapest, 1968), 313-324.
[4] Wie Weiss, Grosschmid Béni [= B. Grosschmid], 114, Fn. 2, überzeugend darlegt, geht die in der Literatur verbreitete falsche Datierung des Geburtsjahres von Grosschmid (1852) auf Márkus D. (hrsg.), Magyar Jogi Lexikon [= Ungarisches Rechtslexikon], VI, (Pallas, Budapest, 1907), 1158 [s.v. "Zsögöd Benő"], zurück.
[5] Márai S., Egy polgár vallomásai [= Bekenntnisse eines Bürgers], (Helikon, Budapest, 1997), 91 ff. Márai (ebd. 96 ff.) erinnert sich an die eigenartige Persönlichkeit seines Onkels, die er vor allem dann erlebte, wenn er ihn an der Universität Budapest, im prächtigen Rektorenzimmer besuchte.
[6] Was die vorzeitige Einschulung Grosschmids im September 1860 betrifft, konnten nach § 59 des auch in Ungarn geltenden Entwurfs der Organisation der Gymnasien und Realschulen in Österreich (Kaiserlich-königliche Hof- und Staatsdruckerei, Wien, 1849) Schüler ab 9 Jahren zum Besuch des Gymnasiums zugelassen werden.
[7] Die Artikel 27 bis 30 des oben erwähnten Entwurfs sahen einen obligatorischen Griechischunterricht an den Gymnasien vor, der 6 Jahre lang mit durchschnittlich 5 Wochenstunden erteilt werden sollte. Im Jahr 1861 hatte der Königliche Statthalterrat dagegen angeordnet, dass die griechische Sprache an den Gymnasien nur 4 Jahre lang und 2 Stunden pro Woche unterrichtet werden sollte. Ritoók Zs., Homéros Magyarországon [= Homer in Ungarn], (Pesti Kalligram, Budapest, 2019), 48 ff.
[8] Siehe Eckhart F., A Jog- és Államtudományi Kar története [= Geschichte der Rechts- und Staatswissenschaftlichen Fakultät], (Budapest, Királyi Magyar Egyetemi Nyomda, 1936), 599; Weiss, Grosschmid Béni [= B. Grosschmid], 101; anders Markó L. (hrsg.), Új magyar életrajzi lexikon [= Neues ungarisches biographisches Lexikon], II, (Magyar Könyvklub, Budapest, 2002), 1109 [s.v. "Grosschmid Béni"]; Görög, Béni Grosschmid [= B. Grosschmid], 227.
[9] Károly Szladits (1871-1956) war von 1917 bis 1942 ordentlicher Professor des Privatrechts an der Universität Budapest. Er war ordentliches Mitglied der ungarischen Akademie der Wissenschaften. Vgl. B. Szabó, Károly Szladits, in M. Stolleis (hrsg.), Juristen. Ein biographisches Lexikon (Beck, München, 2001), 618 f. Zur grundlegenden Rolle von Szladits bei der Rezeption von Grosschmids wunderbaren, aber nicht leicht zu lesenden Werken siehe Görög, Béni Grosschmid [= B. Grosschmid], 99; B. Szabó, Béni Grosschmid, in M. Stolleis (hrsg.), Juristen. Ein biographisches Lexikon (Beck, München, 2001), 265.
[10] Szladits K., Zsögöd-Grosschmid Béni a magyar jogtudomány szabadságharcosa [= B. Zsögöd-Grosschmid, der Freiheitskämpfer der ungarischen Rechtswissenschaft], 1948 (1-2) Jogászegyleti Szemle, 3. Szladits erwähnt Joseph Unger und Lorenz von Stein unter den Professoren in Wien, die den jungen Grosschmid beeinflussen konnten (oder beeinflusst haben könnten).
[11] Zur Freundschaft von Grosschmid und Szászy-Schwarz siehe Besnyő B., Szászy-Schwarz Gusztáv emlékezete [= Erinnerung an G. Szászy-Schwarz], (Katz Gusztáv, Budapest, 1933), 103; Szladits K., Szászy-Schwarz Gusztáv emlékezete [= Erinnerung an G. Szászy-Schwarz], (Első Kecskeméti Hírlapkiadó és Nyomda Rt., Kecskemét, 1934), 8.
[12] Gusztáv Szászy-Schwarz (1858-1920) war von 1894 bis zu seinem Tod ordentlicher Professor des römischen Rechts (später auch des Handelsrechts) an der Universität Budapest. Er war Mitglied der Ungarischen Akademie der Wissenschaften. Im akademischen Jahr 1883/1884 studierte er an der Universität Göttingen, wo er ein Lieblingsschüler von Jhering wurde. Den Rest seines Lebens widmete er teilweise der Verbreitung von Jherings wissenschaftlichen Lehren und Lehrmethoden in Ungarn (einschließlich des Lösens von Fällen auf der Grundlage von Fällen aus den Digesten), aber er entwickelte Jherings Lehren in vielerlei Hinsicht weiter. Siehe A. Földi, Aspekte der Jhering-Rezeption in Ungarn, in S. Meder und Ch.-E. Mecke (hrsg.): Jhering Global (Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen, 2023), 71-95, DOI: https://doi.org/10.14220/9783737011808.71.
[13] Vgl. Lábady T., A magánjog általános tana [= Die allgemeine Lehre des Privatrechts], (Szent István Társulat, Budapest, 2013), 73.
[14] Hamza G., Szászy-Schwarz Gusztáv [= G. Szászy-Schwarz], in Hamza G. (hrsg.), Magyar jogtudósok, II, (Professzorok Háza, Budapest, 2001), 73.
[15] Siehe unten (Nr. 4). Grosschmid B., Magánjogi előadások. Jogszabálytan [= Vorlesungen über das Privatrecht. Rechtsnormenlehre], (Athenaeum, Budapest, 1905), 822 f.
[16] István Werbőczy (1458-1541), ein berühmter ungarischer Jurist, fasste das Gewohnheitsrecht des Königreichs Ungarn in seinem Tripartitum opus juris consuetudinarii inclyti Regni Hungariae (Viennae, 1517) zusammen. Sein umfassendes Werk in lateinischer Sprache wurde von den Gerichten bis ins 19. Jahrhundert fast wie ein Gesetzbuch betrachtet. B. Szabó, Stephanus Werbőczy, in M. Stolleis (hrsg.), Juristen. Ein biographisches Lexikon (Beck, München, 2001), 668 f.
[17] Siehe hierzu Besnyő, Szászy-Schwarz Gusztáv emlékezete [= Erinnerung an G. Szászy-Schwarz], 48; Sándor I., Szászy-Schwarz Gusztáv munkássága [= Das Werk von G. Szászy-Schwarz], (2011) 48 Acta Fac. Pol.-iur. Univ. Sc. Budapest., 148.
[18] Szladits, Zsögöd-Grosschmid Béni a magyar jogtudomány szabadságharcosa [= B. Zsögöd-Grosschmid, der Freiheitskämpfer der ungarischen Rechtswissenschaft], 5.
[19] Goethe und Schiller werden von Szerb A., A világirodalom története [= Die Geschichte der Weltliteratur], II, (Révai, Budapest, 1941), 190, als die "dioskuroi" der deutschen Literatur bezeichnet.
[20] Entgegen der Meinung vieler angesehener Gelehrter seiner Zeit (vgl. Ritoók, Homéros Magyarországon [= Homer in Ungarn], 61) hielt Grosschmid den Unterricht des Griechischen und des Lateinischen nicht für eine Qual für die Jugend. Im Gegenteil, er sagte: "Mit Entsetzen erfahre ich, dass auch in Deutschland geplant ist, das Griechische durch das Englische zu ersetzen und sogar das Lateinische als Voraussetzung für das Jurastudium abzuschaffen". Grosschmid B., Magánjogi előadások. Jogszabálytan [= Vorlesungen über das Privatrecht. Rechtsnormenlehre], 74.
[21] Grosschmid B., Az intestát örökösödési rend Solon törvényeiben [= Die Ordnung der Intestaterbfolge in den Gesetzen von Solon], (1917) (11-12) Akadémiai Értesítő, 521-540. Eine leicht erweiterte Version dieser Studie erschien mit dem (fast völlig übereinstimmenden) Titel Az intestát örökösödési rendről Solon törvényeiben [= Über die Ordnung der Intestaterbfolge in den Gesetzen von Solon], siehe (1917) (34-37) Jogtudományi Közlöny, 301-303, 310-311, 319-321, 326-328.
[22] Vékás, Fejezetek a magyar magánjogtudomány történetéből [= Kapitel aus der Geschichte der ungarischen Privatrechtswissenschaft], 49 f.; Görög, Béni Grosschmid [= B. Grosschmid], 233-236.
[23] Die Rückfallerbfolge (ung. "ági öröklés") bedeutet, dass das Vermögen des Verstorbenen, das direkt oder indirekt von den Vorfahren stammt, mangels Abkömmlingen von den Vorfahren bzw. den Seitenverwandten entsprechend der Herkunft des Vermögens geerbt wird.
[24] Siehe neben den oben zitierten Werken auch E. Pólay, Ein Versuch zur Kodifizierung des ungarischen Erbrechts im 19. Jahrhundert, in K. Kovács (hrsg.), Rechtsgeschichtliche Abhandlungen. Rechtsgeschichtliche Studien zum Zivilrecht (ELTE ÁJK, Budapest, 1974), 75-99.
[25] Siehe etwa A. R. W. Harrison, The law of Athens, I, (Duckworth, London, 1998), 122 f.
[26] Vgl. W. E. Thompson, De Hagniae hereditate. An Athenian inheritance case, (Brill, Lugduni Batavorum, 1976), 52-54, DOI: https://doi.org/10.1163/9789004327610.
[27] Grosschmid benutzte zum griechischen Text insbesondere die Ausgabe von Th. Thalheim (ed.), Isaei orationes cum deperditarum fragmentis, (Teubner, Lipsiae, 1903), vgl. B. Grosschmid, [Rektoratsrede], (1917-1918) (2) Acta Regiae Univ. Sc. Hung., 26.
[28] Die Urheberschaft von Demosthenes ist in der Literatur umstritten. Siehe dagegen F. Blass, Die attische Beredsamkeit, III (Teubner, Leipzig, 1898) 554, zustimmend zitiert von S. Avramović, Isejevo sudsko besedništvo i atinsko pravo, (Naučna knjiga, Beograd, 1988), 204, Fn. 1; siehe ferner A. Biscardi, Diritto greco antico, (Giuffrè, Mailand, 1982) 117; R. Dareste, Les plaidoyers civils de Démosthène, I, (Plon, Paris, 1875) vi, warnt allerdings vor Kritik. L. Gernet, Démosthène, Plaidoyers civils, II, (Les Belles Lettres, Paris, 1957), 92 f. hält den Text für einen der schwächsten im corpus Demosthenicum, zieht aber keine weiteren Schlüsse.
[29] Grosschmid benutzte zum griechischen Text insbesondere die Ausgabe von I. Reiske and G. Schaefer (ed.), Demosthenis quae supersunt, II, (Black & Young, Londini, 1822), 160 ff.
[30] Grosschmid, Az intestát örökösödési rend Solon törvényeiben [= Die Ordnung der Intestaterbfolge in den Gesetzen von Solon], 531, mit Verweis auf Dem. 43, 31. Vgl. D. M. MacDowell, The law of classical Athens, (Thames & Hudson, London, 1978), 106.
[31] Zur Datierung siehe Thompson, De Hagniae hereditate, 14; MacDowell, The law of classical Athens, 105.
[32] MacDowell, The law of classical Athens, 100, 107.
[33] Vgl. B. Grosschmid, [Festrede des Rektors], (1917-1918) (2) Acta Regiae Univ. Sc. Hung., 23; Thompson, De Hagniae hereditate, ix.
[34] Der ausführlichste monographische Überblick befindet sich in Thompson, De Hagniae hereditate, der klarste in MacDowell, The law of classical Athens, 103-108.
[35] Grosschmid, Az intestát örökösödési rend Solon törvényeiben [= Die Ordnung der Intestaterbfolge in den Gesetzen von Solon], 531.
[36] Im athenischen Recht wurde der Begriff anchisteia verwendet, um den Kreis der Verwandten zu bezeichnen, an die der Nachlass gemäß der gesetzlichen Erbfolge übergehen konnte. Die 11. Rede von Isaeus beweist (wenn auch nicht zweifelsfrei), dass die anchisteia für Seitenverwandte bis zum 6. Grad reichte, d. h. Verwandte des 7. Grades fielen bereits außerhalb dieses Kreises. Siehe zusammenfassend Harrison, The law of Athens, 143-149. Grosschmid, Az intestát örökösödési rend Solon törvényeiben [= Die Ordnung der Intestaterbfolge in den Gesetzen von Solon], 528, merkt in diesem Zusammenhang an, dass das österreichische ABGB, dessen § 731 die Vererbung von Seitenverwandten, die weiter als der 4. Grad entfernt sind, ausschließt, dem solonischen Recht, das ebenfalls eine Begrenzung des Grades enthält, näher steht als dem deutschen BGB (§ 1928), das eine solche Begrenzung des Grades nicht kennt, während das solonische Recht, indem es den Seitenverwandten gegenüber großzügiger ist als das ABGB, mehr oder weniger in der Mitte zwischen der deutschen und der österreichischen Regelung liegt.
[37] Grosschmid, Az intestát örökösödési rend Solon törvényeiben [= Die Ordnung der Intestaterbfolge in den Gesetzen von Solon], 535 f.
[38] Ebd. 536 ff.
[39] MacDowell, The law of classical Athens, 102.
[40] Siehe zusammenfassend Harrison, The law of Athens, 130-149.
[41] Tóth L., A magyar örökösödési jog szelleme és alapelvei más jogokkal összehasonlítva [= Der Geist und die Grundsätze des ungarischen Erbrechts im Vergleich mit anderen Rechtsordnungen], (1860) (3) Akadémiai Értesítő. A Philologiai, Törvény- és Történettudományi Osztályok Közleményei, 303, zitiert in Grosschmid, Az intestát örökösödési rend Solon törvényeiben [= Die Ordnung der Intestaterbfolge in den Gesetzen von Solon], 539.
[42] Der Ausdruck "Gesetz und Gerechtigkeit" in dem Zitat ist kaum zufällig, vgl. z.B. Isaeus 11, 30. i.f.: "tou dikaiou kai tón nomón".
[43] Grosschmid, Az intestát örökösödési rend Solon törvényeiben [= Die Ordnung der Intestaterbfolge in den Gesetzen von Solon], 537.
[44] Aristoph. vesp. 586, zitiert in Grosschmid, Az intestát örökösödési rend Solon törvényeiben [= Die Ordnung der Intestaterbfolge in den Gesetzen von Solon], 537 (die oben angeführte deutsche Übersetzung ist die von R. Lang, Die Wespen des Aristophanes, (Meier, Schaffhausen, 1890). Vgl. D. M. MacDowell (ed., introd., and comm.), Aristophanes, Wasps, (Clarendon, Oxford, 1971), 206.
[45] Vgl. Grosschmid, Az intestát örökösödési rend Solon törvényeiben [= Die Ordnung der Intestaterbfolge in den Gesetzen von Solon], 536-538; Harrison, The law of Athens, 132-138.
[46] Vgl. Grosschmid, Az intestát örökösödési rend Solon törvényeiben [= Die Ordnung der Intestaterbfolge in den Gesetzen von Solon], 537-539.
[47] Aristoph. vesp. 1112 f. (deutsche Übersetzung von Lang, Die Wespen des Aristophanes). Vgl. MacDowell, Aristophanes, Wasps, 269, 275.
[48] Grosschmid, Az intestát örökösödési rendről Solon törvényeiben [= Über die Ordnung der Intestaterbfolge in den Gesetzen von Solon], 327, bemerkt skeptisch: "Wer würde übertreiben, wenn nicht der Komödiendichter?". In der literaturgeschichtlichen Literatur ist umstritten, inwieweit die Komödien des Aristophanes einen sozialkritischen Einschlag hatten, vgl. z.B. MacDowell, Aristophanes, Wasps, 10; R. M. Rosen & H. P. Foley (ed.), Aristophanes and politics: New studies, (Brill, Leiden & Boston, 2020).
[49] Grosschmid, Az intestát örökösödési rend Solon törvényeiben [= Die Ordnung der Intestaterbfolge in den Gesetzen von Solon], 536.
[50] Ebd. 531.
[51] Thompson, De Hagniae hereditate, 37 f.
[52] B. Grosschmid, [Antrittsrede des Rektors], (1917-1918) (1) Acta Regiae Sc. Univ. Hung., 17-76. Grosschmids Antrittsrede wurde wegen des Krieges nicht gehalten. Für diese Information bedanke ich mich auch an dieser Stelle bei Frau Ernőné Kulcsár Szabó, der Generaldirektorin der ELTE Universitätsbibliothek und -archive sowie bei ihren Mitarbeitern.
[53] Dem. 48. Grosschmid benutzte zum griechischen Text insbesondere die Ausgabe von Reiske and Schaefer, Demosthenis quae supersunt, vgl. Grosschmid, Rektoratsrede, 26.
[54] Gernet, Démosthène, 230, bestätigt den bereits von Dareste geäußerten Verdacht, dass diese Rede angesichts des Wortlauts und der Ausdrucksweise des Textes nicht von Demosthenes stammt.
[55] Grosschmid, Rektoratsrede, 25, Fn. 3; dann wird an mehreren weiteren Stellen dieses Werkes auf verschiedene Kapitel der verlorenen (vgl. die folgende Fn.) Studie verwiesen.
[56] Nach der freundlichen Auskunft der Bibliothek der Ungarischen Akademie der Wissenschaften ist diese Studie mit ziemlicher Sicherheit nie im Druck erschienen, und es ist leider auch kein Manuskript davon aufzufinden. Für diese Informationen sei auch hier herzlichst gedankt.
[57] Iván Télfy (1816-1898) war Jurist, später Professor der klassischen Philologie an der Universität von Pest (Budapest). Sein Hauptwerk, das von Grosschmid häufig zitiert wird, ist eine umfangreiche Sammlung von Zitaten aus den altgriechischen Quellen mit lateinischer Übersetzung und Kommentar (ebenfalls auf lateinisch). Das Werk stellt das attische Recht in einem dogmatischen System dar. Siehe I. Télfy, Corpus iuris Attici (typis Reg. Sc. Univ. Pestiensis, Pestini, Lipsiae & Budae, 1868).
[58] Grosschmid, Rektoratsrede.
[59] Vgl. Grosschmid, Rektoratsrede, 5-9 (Einleitung), 9-23 (Bewertung des Gesetzes im Vergleich zum österreichischen Recht). Ab S. 23 werden fast ausschließlich athenische Erbrechtsfragen unter Einbeziehung philologischer Details eingehend untersucht, wobei der Schwerpunkt zunächst auf der bereits erwähnten Rede gegen Olympiodoros und dann ab S. 117 auf dem Rechtsstreit um den Hagnias-Nachlass liegt. Grosschmid, der sich mit wahrer Freude in die Details des athenischen Rechts vertieft, vergleicht manchmal, z.B. auf S. 141, das athenische und österreichische Recht, während auf S. 156-158 das athenische, österreichische, deutsche und ungarische Recht.
[60] Allgemeines Landrecht für die preußischen Staaten (1794), 1.6.112.
[61] Grosschmid B., Fejezetek kötelmi jogunk köréből I [= Kapitel aus dem Kreise des ungarischen Schuldrechts], (2. Aufl., Grill, Budapest, 1932), 720. Der Wert dieses Hinweises ist um so größer, dass diese Ulpian-Stelle in dem unlängst erschienenen dreibändigen Standardwerk des römischen Privatrechts (laut dessen Quellenregister) bloß als eines der Beispiele der vom Kaiser erlassenen epistulae angeführt wird, siehe U. Babusiaux in U. Babusiaux et al. (hrsg.), Handbuch des römischen Privatrechts, (Mohr Siebeck, Tübingen, 2023), I, 143, Fn. 267.
[62] Grosschmid, Fejezetek kötelmi jogunk köréből I [= Kapitel aus dem Kreise des ungarischen Schuldrechts], 720.
[63] Grosschmid, Magánjogi előadások. Jogszabálytan [= Vorlesungen über das Privatrecht. Rechtsnormenlehre], 38.
[64] Ebd. 543.
[65] Ebd. 39.
[66] Ebd. 645.
[67] Ebd. 44 ff.
[68] Ebd. 43.
[69] Siehe z.B. Grosschmid B., Fejezetek kötelmi jogunk köréből II [= Kapitel aus dem Kreise des ungarischen Schuldrechts], (2. Aufl., Grill, Budapest, 1933), 616, 963.
[70] Siehe Grosschmid B., Werbőczy és az angol jog [= Werbőczy und das englische Recht], (Franklin, Budapest, 1928), 12, 35, 41, usw. In diesem späten, aber wichtigen rechtsvergleichenden Werk bringt Grosschmid seine Bewunderung für das englische Recht zum Ausdruck, das seine eigenen nationalen Traditionen seit dem Mittelalter kontinuierlich bewahrt hat, im Gegensatz zu vielen anderen Rechtssystemen, einschließlich des ungarischen Rechts, die sich in der Neuzeit von ihren nationalen Traditionen mittelalterlichen Ursprungs abgewandt haben (in Ungarn vor allem von dem alten ungarischen Gewohnheitsrecht, das in Werbőczys Tripartitum zusammengefasst ist).
[71] Grosschmid, Fejezetek kötelmi jogunk köréből I [= Kapitel aus dem Kreise des ungarischen Schuldrechts], 217 f.
[72] Grosschmid, Fejezetek kötelmi jogunk köréből II [= Kapitel aus dem Kreise des ungarischen Schuldrechts], 141.
[73] Ignác Frank (1788-1850) war Professor des Privatrechts an der Universität Pest. Er war Mitglied der ungarischen Akademie der Wissenschaften. B. Szabó, Ignác Frank, in M. Stolleis (hrsg.), Juristen. Ein biographisches Lexikon (Beck, München, 2001), 221 f.
[74] Grosschmid geht nicht auf die Frage ein, ob sich Ulpian auf die Gewährleistung für Rechtsmängel oder auf die für Sachmängel bezieht. Grosschmids Zurückhaltung ist gerechtfertigt, da diese Frage auch in der heutigen römischrechtlichen Literatur nicht abschließend geklärt ist. É. Jakab, "Praedicere" und "cavere" beim Marktkauf. Sachmängel im griechischen und römischen Recht (Beck, München, 1997), 233 f., erörtert diesen Text ausführlich und kommt zu dem Schluss, dass Ulpian nur die Gewährleistung für Rechtsmängel meinte.
[75] Grosschmid, Magánjogi előadások. Jogszabálytan [= Vorlesungen über das Privatrecht. Rechtsnormenlehre], 314.
[76] Grosschmid, Fejezetek kötelmi jogunk köréből I [= Kapitel aus dem Kreise des ungarischen Schuldrechts], 82. Weitere Beispiele befinden sich in Biró, A római jog hatásának jelei a dualizmus kötelmi jogában [= Anzeichen für den Einfluss des römischen Rechts im Schuldrecht der Zeit des Dualismus], 323.
[77] Grosschmid B. [=Zsögöd B.], Magánjogi tanulmányok [= Studien zum Privatrecht], (Budapest, Politzer, 1901), I, 749.
[78] Hor. carm. 3.3.7.
[79] Grosschmid, Magánjogi tanulmányok [= Studien zum Privatrecht], I, 354.
[80] R. von Jhering, Geist des römischen Rechts auf den verschiedenen Stufen seiner Entwicklung, I, (4. Aufl., Breitkopf und Härtel, Leipzig, 1878), 118 ff. Vgl. J. Zlinszky, Arbeit im archaischen Rom, (1989) (36) Revue internationale des droits de l'Antiquité, 426 f.
[81] Grosschmid, Magánjogi tanulmányok [= Studien zum Privatrecht], I, 354 f.
[82] Tac. Germ. 19. i.f. Zitiert in Grosschmid, Magánjogi tanulmányok [= Studien zum Privatrecht], I, 452.
[83] Grosschmid, Magánjogi előadások. Jogszabálytan [= Vorlesungen über das Privatrecht. Rechtsnormenlehre], 452.
[84] Ebd. 455.
[85] Ebd. 456.
[86] Grosschmid B. [=Zsögöd B.], Öröklött s szerzett vagyon [= Geerbtes und erworbenes Eigentum], (Politzer, Budapest, 1897), 233.
[87] Grosschmid, Magánjogi tanulmányok [= Studien zum Privatrecht], II, 260 (§ 14).
[88] Gemäß der französischen Regierungsverordnung Nr. 2016-131 vom 10. Februar 2016, das im Auftrag des Gesetzgebers erlassen wurde, wird der Begriff der quasi-contrats im geltenden Code civil in der Neufassung von Artikel 1300 definiert, wodurch der Text des früheren Artikels 1371 erheblich modernisiert wurde, der traditionelle Begriff quasi-contrats jedoch beibehalten wurde, im Gegensatz zur gleichzeitigen Abschaffung des Begriffs der quasi-délits. Vgl. A. Földi, Appunti sulla categoria dei quasi-delitti, in Studi in onore di Mario Talamanca, III, (Jovene, Napoli, 2001), 436 ff.
[89] Tamás Vécsey (1839-1912), damals auch in Italien gut bekannt (z.B. in Catania), war von 1874 bis 1911 Professor des römischen Rechts an der Universität Budapest. Er war ordentliches Mitglied der Ungarischen Akademie der Wissenschaften und 1901/1902 Rector Magnificus der Universität. Er gründete 1885 das Seminar für Römisches Recht an der Universität Budapest. Sein berühmtes Lehrbuch (Vécsey T., A római jog institutiói [= Institutionen des römischen Rechts], (7. Aufl., Franklin, Budapest, 1907) erlebte zwischen 1886 und 1907 sieben Auflagen. Siehe neuerdings G. Hamza, Origen y desarrollo de los ordenamientos iusprivatistas modernos con base en la tradición del Derecho romano, (Fundación Notariado, Andavira, Santiago de Compostela, 2022), 332 f.
[90] Grosschmid, Fejezetek kötelmi jogunk köréből II [= Kapitel aus dem Kreise des ungarischen Schuldrechts], 1115 f.
[91] Ebd. 1115.
[92] So wird z.B. ebd. 1056-1061 die Frage, wie das römische Recht die Gefahrtragung in Bezug auf die verkaufte Sache regelte, in einem eigenen Unterabschnitt untersucht.
[93] Grosschmid, Magánjogi tanulmányok [= Studien zum Privatrecht], I, 352-504.
[94] J. Zlinszky und B. Szabó, Ungarn, in F. Ranieri (hrsg.), Gedruckte Quellen der Rechtsprechung in Europa (Vittorio Klostermann, Frankfurt am Main, 1992), 954.
[95] Vékás, Fejezetek a magyar magánjogtudomány történetéből [= Kapitel aus der Geschichte der ungarischen Privatrechtswissenschaft], 58 f.
[96] Szladits K., Grosschmid és a magyar kötelmi jog [= Grosschmid und das ungarische Schuldrecht], (1936) (1-2) Magyar Jogászegyleti Értekezések, 11.
[97] Zur einschlägigen (ungarischen) Literatur siehe Földi, Az ógörög és római jog Grosschmid Béni életművében [= Altgriechisches und römisches Recht im Lebenswerk von B. Grosschmid], 8, Fn. 103.
[98] Grosschmid, Magánjogi előadások. Jogszabálytan [= Vorlesungen über das Privatrecht. Rechtsnormenlehre], 822 f.
[99] Ebd. 823.
[100] Grosschmid, Fejezetek kötelmi jogunk köréből I [= Kapitel aus dem Kreise des ungarischen Schuldrechts], 304.
[101] K. Szladits, Festrede zu Ehren von Béni Grosschmid, (1933) (1) Magyar Jogászegyleti Értekezések, 17.
[102] Siehe auch Besnyő, Szászy-Schwarz Gusztáv emlékezete [= Erinnerung an G. Szászy-Schwarz], 100.
[103] Die meisten der 45 neutralen Verweise beziehen sich auf den Pandektisten, während in 17 Fällen Windscheids Hauptwerk als Standardwerk zum römischen Recht angeführt wird.
[104] In den Kapiteln bezieht sich der erste Verweis auf Jhering auf das Beispiel der Flößerei, ohne die entsprechende Arbeit von Jhering zu erwähnen, siehe Grosschmid, Fejezetek kötelmi jogunk köréből I [= Kapitel aus dem Kreise des ungarischen Schuldrechts], 11. Der zweite Verweis (ebd. 83) bezieht sich auf R. von Jhering, Beiträge zur Lehre von der Gefahr beim Kaufcontract, in Gesammelte Aufsätze, I, (Fischer, Jena, 1881), 426, 457, im Zusammenhang mit dem Verhältnis zwischen vertretbaren Sachen und Gattungspflichten. Auf das Jhering'sche Beispiel der Flößerei wird auch in Grosschmid, Magánjogi előadások. Jogszabálytan [= Vorlesungen über das Privatrecht. Rechtsnormenlehre], 320, verwiesen, wiederum ohne den Titel des Werkes anzugeben. Ebd. 242 zitiert Grosschmid den Gedanken Jherings, dass die Römer auch viel von den Karthagern gelernt hatten. Auch hier verweist Grosschmid nur allgemein auf ein Buch des "renommierten deutschen Juristen und Romanisten (...) zu einem anderen Thema als der Rechtswissenschaft".
[105] Grosschmid, Fejezetek kötelmi jogunk köréből I [= Kapitel aus dem Kreise des ungarischen Schuldrechts], 659; Szabadfalvi J., Múltunk öröksége. Elmélettörténeti perspektívák [= Erbe der früheren ungarischen Rechtsphilosophie. Perspektiven der Theoriegeschichte], (Gondolat, Budapest, 2016), 44, Fn. 45, weist hin auf eine frühere Formulierung dieser Definition in Grosschmid B. [=Zsögöd B.], Magyar magánjogi jegyzetek [= Vorlesungen über das ungarische Privatrecht. Notizen von J. Nyulászi zu den Vorlesungen von B. Zsögöd], ([lithogr. s. ed.], Budapest, 1890), 1.
[106] R. von Jhering, Geist des römischen Rechts auf den verschiedenen Stufen seiner Entwicklung, III.1, (Breitkopf und Härtel, Leipzig, 1865), 333. Vgl. E. Pólay, Ursprung, Entwicklung und Untergang der Pandektistik, (1981) 28 (10) Acta Jur. et Pol. Szeged., 84.
[107] Szladits, Grosschmid és a magyar kötelmi jog [= Grosschmid und das ungarische Schuldrecht], 11.
[108] Jhering, Geist des römischen Rechts auf den verschiedenen Stufen seiner Entwicklung, 307 ff. Vgl. I. Kroppenberg, Die Plastik des Rechts. Sammlung und System bei Rudolf v. Jhering, (Duncker & Humblot, Berlin, 2015), 16 ff.
[109] Vgl. Szabadfalvi, Múltunk öröksége [= Erbe der früheren ungarischen Rechtsphilosophie], 44.
[110] Grosschmid, Fejezetek kötelmi jogunk köréből I [= Kapitel aus dem Kreise des ungarischen Schuldrechts], 220 f., 300, 378.
[111] Ebd. 237, 254, 597, 600 f., 612.
[112] Siehe z.B. Grosschmid, Magánjogi előadások. Jogszabálytan [= Vorlesungen über das Privatrecht. Rechtsnormenlehre], 487, 610, 895, 899 f.
[113] Grosschmid, Magánjogi tanulmányok [= Studien zum Privatrecht], I, 354, 361, 371, 384.
[114] Szladits, Grosschmid és a magyar kötelmi jog [= Grosschmid und das ungarische Schuldrecht], 11.
[115] R. von Jhering, Scherz und Ernst in der Jurisprudenz, (Breitkopf und Härtel, Leipzig, 1884).
[116] Bereits Besnyő, Szászy-Schwarz Gusztáv emlékezete [= Erinnerung an G. Szászy-Schwarz], 102, stellte fest (und widersprach damit der seit Szladits herrschenden Meinung), dass Jhering Grosschmid beeinflusst habe. Besnyő stellte darüber hinaus fest, dass angesichts des Einflusses von Jhering die Tatsache irrelevant sei, dass sich Grosschmid auf Jherings Werke nur ganz selten bezog. Neuerdings scheint auch J. Szabadfalvi, "A magyar magánjogtudomány jogbölcseleti alapjai". Peschka Vilmos nézeteinek rekonstrukciója [= "Die philosophischen Grundlagen des ungarischen Privatrechts". Eine Rekonstruktion der Ansichten von V. Peschka], (2016-2017) (53-54) Acta Fac. Pol.-iur. Univ. Sc. Budapest., 60, zu bezweifeln, dass es keinen Zusammenhang zwischen Grosschmids Interessenlehre und der Interessenjurisprudenz gegeben hätte.
[117] Eine wenig bekannte Ausnahme stellt Grosschmids 1889 deutsch erstelltes Manuskript mit dem Titel "Über die Voraussetzungen der Berechtigung zum Pflichttheile aus dem Gesichtspunkte der Berufung zu der gesetzlichen Erbfolge. Versuch einer Auslegung der einschlägigen Bestimmungen des Entwurfes eines Bürgerlichen Gesetzbuches für das Deutsche Reich" dar, das in Grosschmid, Magánjogi tanulmányok [= Studien zum Privatrecht], II, 438-473, veröffentlicht (oder eher verborgen) wurde. Für die einschlägige Auskunft bedanke ich mich bei Herrn Prof. Lajos Vékás.
[118] Grosschmid, Magánjogi tanulmányok [= Studien zum Privatrecht], I, 333.
[119] So verweist z.B. der immer noch maßgebliche Harrison, The law of Athens, 125 ff., etwa auf C. Ch. Bunsen, De iure hereditario Atheniensium, (Libraria Vandenhoeckio-Ruprechtiana, Gottingae, 1813).
[120] Grosschmid, Magánjogi előadások. Jogszabálytan [= Vorlesungen über das Privatrecht. Rechtsnormenlehre], 583.
[121] Ebd.
[122] Ebd. 610.
[123] "In fundo alieno, quem imprudens emeras, aedificasti aut conseruisti, deinde evincitur: bonus iudex varie ex personis causisque constituet. Finge et dominum eadem facturum fuisse: reddat impensam, ut fundum recipiat, usque eo dumtaxat, quo pretiosior factus est, et si plus pretio fundi accessit, solum quod impensum est. Finge pauperem, qui, si reddere id cogatur, laribus sepulchris avitis carendum habeat: sufficit tibi permitti tollere ex his rebus quae possis, dum ita ne deterior sit fundus, quam si initio non foret aedificatum. Constituimus vero, ut, si paratus est dominus tantum dare, quantum habiturus est possessor his rebus ablatis, fiat ei potestas: neque malitiis indulgendum est, si tectorium puta, quod induxeris, picturasque corradere velis, nihil laturus nisi ut officias. Finge eam personam esse domini, quae receptum fundum mox venditura sit: nisi reddit, quantum prima parte reddi oportere diximus, eo deducto tu condemnandus es." Siehe zu dieser Stelle neuerdings B. Forgó-Feldner in U. Babusiaux et al. (hrsg.), Handbuch des römischen Privatrechts, (Mohr Siebeck, Tübingen, 2023), II, 3046, mit weiterer Literatur sowie mit einer wichtigen Bemerkung zur Bedeutung des Zeitwortes constituimus in diesem Text.
[124] Grosschmid, Fejezetek kötelmi jogunk köréből II [= Kapitel aus dem Kreise des ungarischen Schuldrechts], 624 f.
[125] Grosschmid, Magánjogi előadások. Jogszabálytan [= Vorlesungen über das Privatrecht. Rechtsnormenlehre], 4, 11, 74, 244, 256 f., 583.
[126] Nach der freundlichen mündlichen Auskunft von Herrn Prof. Gábor Hamza wurde der Besuch von Ludwig Mitteis (1859-1921) in Budapest von András Bertalan Schwarz (1886-1953) angeregt und vorbereitet. Schwarz, der später Professor an der Universität Zürich, Freiburg im Breisgau und nach 1933 an der Universität Istanbul wurde, habilitierte sich 1912 bei Mitteis, nachdem er (wie etwa auch Ernst Rabel und Fritz Pringsheim) an dessen weltberühmtem Institut für Papyrologie in Leipzig geforscht hatte. Vgl. G. Hamza, András Bertalan Schwarz, der auch international hoch angesehene Romanist, Papyrologe und Privatrechtler (1886-1953), (2000-2001) (41-42) Annales Univ. Budapest., 215-221.
[127] Szladits, Festrede zu Ehren von Béni Grosschmid, 13 f.
Lábjegyzetek:
[1] Der Autor ist Professor emeritus, korrespondierendes Mitglied der Ungarischen Akademie der Wissenschaften (MTA), Staats- und Rechtswissenschaftliche Fakultät der Eötvös-Loránd-Universität (ELTE), Budapest.
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