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Gilbert Gornig[1]: Migration aus rechtlicher Sicht unter besonderer Berücksichtigung der Flüchtlinge (JURA, 2020/1., 36-78. o.)

Auch eine Übersicht aus dem Blickwinkel deutschen Rechts Teil 2

B. Europäisches Fremdenrecht

I. Problematik

Im europäischen EU-Asylrecht müssen zunächst diejenigen Staaten unter den Asylantrag leiden, die an der Grenze des Vertragsgebiets der Europäischen Union liegen. Zu nennen sind Griechenland, Italien und Spanien, aber auch östlich gelegene Staaten wie etwa Bulgarien und Rumänien. Das Problem ist, dass diese Staaten in der Regel keinen Standard nach den Vorgaben der Genfer Flüchtlingskonvention bzw. Europäischen Menschenrechtskonvention gewährleisten können, denn oftmals sind die Grenzländer bzw. deren Verwaltung nicht in der Lage, Flüchtlinge, Migranten und Asylbewerber würdig zu behandeln. Dies äußert sich etwa an den geringen finanziellen Mitteln, welche für Flüchtlinge sowie Asylbewerber aufgewendet werden. Daraus resultiert, dass viele Asylsuchende keinen Antrag in dem europäischen Staat stellen wollen, den sie zunächst erreicht haben, sondern versuchen in Vertragsländer zu reisen, in denen höhere Standards gelten wie etwa in der Bundesrepublik Deutschland. Zwar könnten die Staaten die Asylsuchenden in diesem Fall an den Staat zurückschieben, den sie zuerst erreicht haben, jedoch nur, wenn in diesem Staat ein gewisser Standard zu erwarten ist.

Als Basis der Kritik dienen die Tragödien der Flüchtlingsströme im Mittelmeer. Aufgrund von Bürgerkriegen, Terroristen und Diktaturen flüchten zurzeit Millionen von Menschen besonders aus Afrika oder auch aus dem Nahen Osten mit dem Ziel, in Europa Asyl zu erhalten. Die Überquerung des Mittelmeers scheint für viele die einzige Möglichkeit zu sein, nach Europa zu kommen, doch birgt dieser Weg ein erhebliches Gefahrenpotenzial, welches sich in den hohen Opferzahlen[1] ausdrückt. Einen Lösungsansatz für dieses Problem sollte das Projekt Mare Nostrum[2] bringen. Hiernach organisiert Italien die Operation zur Seenotrettung von Flüchtlingen, welche über das Mittelmeer nach Italien bzw. Europa gelangen wollten und gleichzeitig sollten die im Hintergrund meist nicht greifbaren Schleuser aufgegriffen werden. Dieses Projekt wurde eingestellt bzw. von dem Projekt Triton[3] abgelöst. Mare Nostrum verursachte sehr hohe

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Kosten, die von Italien getragen wurden. Auf Dauer war diese Belastung zu hoch, zumal es den Anschein erweckte, dass das restliche Europa Italien nicht unterstützte. Außerdem würde dieses Projekt die Flüchtlingswelle nur anschwellen lassen, nicht jedoch reduzieren, da die Flüchtlinge davon ausgehen konnten, dass die Wahrscheinlichkeit, Italien lebend zu erreichen, gestiegen ist. Die Zielsetzung bei dem neuen Projekt ist im Vergleich zu Mare Nostrum eine andere: Erklärtes Ziel ist es, die EU Außengrenzen vor illegaler Einwanderung zu sichern. Diese Mission wird von Frontex[4], der europäischen Agentur für Grenzüberwachung, koordiniert. Die Grenzüberwachungsagentur der EU wird jedoch nicht annähernd humanitäre Einsätze fahren können, wie dies durch die italienische Marine im Projekt Mare Nostrum erfolgt ist. Aber nicht nur über das Mittelmeer begehren immer mehr Flüchtlinge Asyl. Auch aus dem Kosovo kommen mittlerweile viele Asylsuchende nach Deutschland. Hier handelt es sich jedoch nicht um Bürgerkriegsflüchtlinge oder um Flüchtlinge, die Angst vor politischer Verfolgung haben, vielmehr ist es die wirtschaftliche Unsicherheit, welche die Menschen flüchten lässt. Ebenfalls erscheinen immer mehr Menschen asylsuchend an Europas Grenzen, die vor religiösen Umstürzen fliehen. Hier sei der Blick auf Syrien gerichtet. In Syrien beispielsweise flohen viele Menschen vor der Terrormiliz "Islamischer Staat".

II. Europäische Vereinbarungen

1. Europäische Menschenrechtskonvention

In der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten vom 4. November 1950[5] findet ein Individualrecht auf Asyl keine Verankerung.

2. Schengen-Übereinkommen

Am 14. Juni 1985 unterzeichneten die Bundesrepublik Deutschland, Frankreich, Belgien, Luxemburg und die Niederlande das Abkommen von Schengen[6] über den schrittweisen Abbau der Personenkontrollen an den Binnengrenzen zwischen den Vertragsparteien.

Am 19. Juni 1990 wurde zur Umsetzung des Schengener Abkommens das Schengener Durchführungsübereinkommen (SDÜ)[7] unterzeichnet. Regelungsgegenstand des Abkommens sind Ausgleichsmaßnahmen, die infolge der Abschaffung der Binnengrenzkontrollen einen einheitlichen Raum der Sicherheit und des Rechts gewährleisten sollen. Es handelt sich dabei insbesondere um die Vereinheitlichung der Vorschriften für die Einreise und den kurzfristigen Aufenthalt von Ausländern im "Schengen-Raum"[8] sowie um Asylfragen. Nach Art. 2 Abs. 1 SDÜ dürfen die Binnengrenzen an jeder Stelle ohne Personenkontrollen überschritten werden. Wenn die öffentliche Ordnung oder die nationale Sicherheit es

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erfordern, kann nach Art. 2 Abs. 2 eine Vertragspartei nach Konsultation der anderen Vertragsparteien beschließen, dass für einen begrenzten Zeitraum an den Binnengrenzen den Umständen entsprechende nationale Grenzkontrollen durchgeführt werden. Verlangen die öffentliche Ordnung oder die nationale Sicherheit ein sofortiges Handeln, so ergreift die betroffene Vertragspartei die erforderlichen Maßnahmen und unterrichtet darüber möglichst frühzeitig die anderen Vertragsparteien. Es wird nach Art. 10 SDÜ ein einheitlicher Sichtvermerk für einen kurzfristigen Aufenthalt eingeführt, der für das Hoheitsgebiet aller Vertragsparteien gültig ist. Dieser kann für einen Aufenthalt von bis zu drei Monaten erteilt werden. Die Sichtvermerke für einen Aufenthalt von mehr als drei Monaten sind gemäß Art. 18 SDÜ nationale Sichtvermerke, die von jeder Vertragspartei nach Maßgabe ihres nationalen Rechts erteilt werden. Ein solcher Sichtvermerk berechtigt den Inhaber grundsätzlich, durch das Hoheitsgebiet der anderen Vertragsparteien zu reisen, um sich in das Hoheitsgebiet der Vertragspartei zu begeben, die den Sichtvermerk ausgestellt hat. Eine Person, die nicht Staatsangehöriger eines der Mitgliedstaaten der Europäischen Union ("Drittausländer") und Inhaberin eines gültigen, von einer der Vertragsparteien ausgestellten Aufenthaltstitels ist, kann sich nach Art. 21 Abs. 1 SDÜ grundsätzlich aufgrund dieses Dokuments und eines gültigen Reisedokuments höchstens bis zu drei Monaten frei im Hoheitsgebiet der anderen Vertragsparteien bewegen. Das gleiche gilt nach Absatz 2 für Drittausländer, die Inhaber eines von einer der Vertragsparteien ausgestellten vorläufigen Aufenthaltstitels und eines von dieser Vertragspartei ausgestellten Reisedokuments sind.

Unabhängig davon, an welche Vertragspartei der Drittausländer sein Asylbegehren richtet, ist nach Art. 29 Abs. 3 SDÜ nur eine einzige Vertragspartei für die Behandlung des Asylbegehrens zuständig. Die für die Behandlung eines Asylbegehrens zuständige Vertragspartei wird nach Art. 30 SDÜ bestimmt: Hat eine Vertragspartei dem Asylbegehrenden einen Sichtvermerk gleich welcher Art oder eine Aufenthaltserlaubnis erteilt, so ist diese Vertragspartei für die Behandlung des Asylbegehrens zuständig. Ist der Asylbegehrende in das Hoheitsgebiet der Vertragsparteien eingereist, ohne im Besitz eines oder mehrerer gültiger Grenzübertrittspapiere zu sein, so ist die Vertragspartei zuständig, über deren Außengrenze der Asylbegehrende eingereist ist. Stellt ein Drittausländer, dessen Asylbegehren bereits von einer Vertragspartei behandelt wird, ein weiteres Asylbegehren, so ist die Vertragspartei zuständig, bei der das Asylverfahren anhängig ist. Stellt ein Drittausländer, dessen früheres Asylbegehren von einer der Vertragsparteien bereits abschließend behandelt worden ist, ein neues Asylbegehren, so ist die Vertragspartei, bei der das frühere Asylbegehren behandelt worden ist, zuständig, wenn der Asylbegehrende das Hoheitsgebiet der Vertragsparteien nicht verlassen hat.

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3. Dubliner Übereinkommen

Das Schengener Durchführungsübereinkommen war bis zum Inkrafttreten des Dublin-Übereinkommens rechtlich bedeutsam und diente als Katalysator der europäischen Asylpolitik[9].

Das Dubliner Übereinkommen[10] wurde am 15. Juni 1990 von Belgien, Dänemark, Deutschland, Frankreich, Griechenland, Irland, Italien, Luxemburg, Niederlande, Portugal, Spanien und dem Vereinigten Königreich unterzeichnet. Es trat für diese Staaten am 1. September 1997 in Kraft. Später beigetreten sind Österreich und Schweden (1. Oktober 1997), 1. Januar 1998) und Tschechien (1. August 2005). Das Dubliner Übereinkommen (DÜ) ist ein völkerrechtlicher Vertrag, der bestimmt, welcher Staat für die Prüfung eines in einem Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaft gestellten Asylantrags zuständig ist. Formal ist das Übereinkommen weiterhin gültig, wird jedoch faktisch nicht mehr angewendet

Das Dubliner System legt fest, dass es nur eine ausschließliche Zuständigkeit eines Mitgliedstaats für die Durchführung eines Asylverfahrens gibt. Dieses System beruht darauf, dass ein in der Europäischen Union und in assoziierten Staaten gestellter Asylantrag nur durch einen Mitgliedstaat nach bestimmten Zulässigkeitskriterien materiell geprüft werden soll. Ziel war es, zu verhindern, dass durch offene Grenzen die Weiterwanderung von abgewiesenen Asylsuchenden in Zweitstaaten begünstigt würde[11]. Ziel war es aber auch, das Betreiben von parallelen Asylverfahren innerhalb des Vertragsgebietes zu unterbinden. Zur Bestimmung der Zuständigkeit legt das Dublin-Abkommen eine Prüfreihenfolge fest. Hat der Asylbewerber einen Familienangehörigen, dem ein Vertragsstaat die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt hat, so ist auf Wunsch des Betroffenen dieser Staat zuständig. Hat ein Vertragsstaat dem Asylbewerber eine Aufenthaltserlaubnis oder ein Visum erteilt, so ist in der Regel dieser Staat zuständig. Reist eine asylsuchende Person ohne Visum in einen Vertragsstaat ein, so ist der Staat zuständig, in den sie nachweislich zuerst eingereist ist, es sei denn, sie hielt sich bereits mindestens sechs Monate in einem anderen Vertragsstaat auf. Ferner hat jeder Vertragsstaat das Recht, selbst einen Asylantrag zu prüfen, auch wenn er eigentlich nicht zuständig wäre. Durch die Bestimmung einer eindeutigen Zuständigkeit sollte verhindert werden, dass der Asylbewerber mehr als ein Verfahren im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten betreiben kann. Schließlich sollte gewährleistet werden, dass ein Staat sich auch tatsächlich um den Asylsuchenden kümmert und dieser nicht an andere Mitgliedstaaten weitergereicht wird.[12] Reist ein Asylsuchender in einen anderen Mitgliedstaat weiter, so kann er in den Ausgangsstaat aufgrund des Dubliner Systems zurückgeführt werden.

Am 1. März 2003 trat die Dublin-II-Verordnung als Nachfolgeregelung des Dubliner Übereinkommens in Kraft. Seit 1. Januar 2014 gilt die Dublin-III-Verordnung als weitere Nach-folgeregelung.[13] Mit ihr ist der Anwen-

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derkreis der Dublin-Regeln auf weitere EU-Mitgliedstaaten und über Zusatzabkommen auch auf Island, Liechtenstein, Norwegen und die Schweiz ausgedehnt worden.

Da Völkervertragsrecht nicht von europäischem Recht aufgehoben werden kann, bestimmt Artikel 24 Abs. 1 der Dublin-II-Verordnung, dass diese das Dubliner Übereinkommen ersetzt. Die Dublin-III-Verordnung enthält keinen vergleichbaren Passus mehr; gleichwohl ist die Nichtanwendung des Dubliner Übereinkommens unter den Anwenderstaaten unstreitig.

4. AEUV

4.1 Primärrecht

4.1.1 Entwicklung

Durch die Abschaffung der Binnengrenzkontrollen im Schengen-Raum erkannten die Mitgliedstaaten die Notwendigkeit eines koordinierten Vorgehens im Bereich der Asylpolitik. Bis zum Programm zur Vollendung des Binnenmarktes, den Schengen-Abkommen und dem damit verbundenen Wegfall der Grenzkontrollen innerhalb der Europäischen Union konnte bis Mitte der achtziger Jahre von keiner konkreten europäischen Asylpolitik gesprochen werden. Die europäische Asylpolitik befasste sich bis zum Inkrafttreten des Vertrags von Amsterdam eher mit grundlegenden juristischen Fragestellungen, weniger mit konkreten prinzipiellen Problemen.[14]

Mit dem Vertrag von Amsterdam vom 2. Oktober 1997[15] wurde die Grundlage für eine gemeinsame europäische Asylpolitik geschaffen. Der Vertrag von Amsterdam, der am 1. Mai 1999 in Kraft trat, enthielt einen neuen Titel IV zur Asyl- und Einwanderungspolitik. Diese Vergemeinschaftung der Asylpolitik ist auch dem Umstand geschuldet, dass das damalige bestehende Dublin-System die Problematik des Asylrechts in Europa nicht effektiv bewältigen konnte. Eine Kompetenznorm zum Erlass von Rechtsakten enthielt Art. 63 EG-Vertrag, der vorsah, dass das Recht innerhalb von fünf Jahren nach Inkrafttreten des Amsterdamer Vertrages, Maßnahmen im Hinblick auf Zuständigkeitsfragen im Rahmen eines Asylantrags sowie Mindestnormen für die Aufnahme von Asylbewerbern erlässt. Infolgedessen wurde die Grundlage für die sogenannte Dublin II-Verordnung geschaffen. Hierbei ist aber zu beachten, dass sich die Kompetenz der Union im Hinblick auf die Asyl- und Flüchtlingspolitik lediglich auf den Erlass von Mindestnormen beschränkte. Darüber hinaus enthielten Art. 67 und 68 EG-Vertrag Sonderregelungen zum Rechtsetzungsverfahren. Beschlüsse innerhalb jener Rechtsetzungsverfahren konnten nur einstimmig beschlossen werden. Dies verdeutlicht die immer noch große Hemmschwelle der Mitgliedstaaten im Bereich der Asyl-, Flüchtlings- und Einwanderungspolitik, Kompetenzen an die Union zu übertragen.

Im Rahmen eines Sondergipfels des Europäischen Rats im Oktober 1999 in der finnischen Stadt Tampere wurde die Forderung nach einem gemeinsamen europäischen Asylsys-

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tem erhoben. Man einigte sich auf den Ausbau einer gemeinsamen Asyl- und Einwanderungspolitik sowie auf die Ausweitung der Europäischen Union zu einem Raum der Freiheit des Rechts und der Sicherheit.[16] Um dieses Vorhaben in die Tat umzusetzen, wurde eine Zwei-Schritte-Strategie entwickelt: Der erste Schritt sieht lediglich die Umsetzung des damals in Art. 63 EG-Vertrag festgelegten Ziels vor, innerhalb von fünf Jahren nach Inkrafttreten des Amsterdamer Vertrages, gemeinschaftliche Regelungen zu schaffen. Der zweite Schritt sieht vor, dass ein einheitliches Asylverfahren und ein einheitlicher, unionsweit geltender Asylstatus errichtet werden.

Mit dem Vertrag von Lissabon[17] vom 9. Mai 2008, der am 1. Dezember 2009 in Kraft trat,[18] wurden die Bestimmungen über Grenzkontrollen, Visen und Einwanderung erweitert. In Art. 2 Abs. 2 AEUV (a. F.[19]) wird der Regelungsbereich Asyl zum ersten Mal erwähnt. Mit Art. 78 AEUV ist durch den Vertrag von Lissabon eine zentrale Norm des Primärrechts für das gemeinsame europäische Asylsystem geschaffen worden. Hierbei wird eine weitgehende Harmonisierung des Asylrechts möglich. Es ist jedoch zu beachten, dass es sich um einen Sachbereich handelt, für den die Union keine ausschließliche Zuständigkeit besitzt. Sie muss das vorrangige Subsidiaritätsprinzip nach Art. 5 Abs. 3 EUV respektieren, sodass sie nur dann tätig werden kann, wenn ein übergreifender Konsens besteht. Im Rahmen des ordentlichen Gesetzgebungsverfahrens kann das Europäische Parlament und der Rat gemäß Art. 78 Abs. 2 AEUV Maßnahmen bezüglich eines gemeinsamen europäischen Asylsystems erlassen.

Im Zusammenhang mit dem Inkrafttreten des Lissaboner Vertrags im Dezember 2009 verabschiedete der Europäische Rat das Programm von Stockholm. Dadurch wurde für die Bereiche Justiz und Inneres über ein für die Jahre 2010 bis 2014 geltendes politisches Programm geschaffen. Dieses enthält das Ziel, konkrete Maßnahmen im Bereich der Innen- und Sicherheitspolitik und vor allem im Bereich des gemeinsamen Asylrechts umzusetzen. Das Stockholmer Programm stellt aber ausdrücklich klar, dass die Schaffung eines gemeinsamen europäischen Asylsystems das primäre Ziel jenes Programms bleibt. Infolge der Umsetzung des Programms wurde bereits das europäische Unterstützungsbüro für Asylfragen mit Sitz auf Malta geschaffen. Dieses Büro soll eine Plattform für die praktische Kooperation in Asylfragen bieten, darunter auch in neuen Siedlungsangelegenheiten.

4.1.2 Art. 78 AEUV

a, Allgemein

Die Europäische Union erhält nun durch die Kompetenznormen des Art. 78 AEUV eine umfassende Zuständigkeit zur Harmonisierung des Asylverfahrens sowie hinsichtlich zur Schaffung eines gemeinsamen Asylstatus. Somit wird der Ausbau eines gemeinsamen europäischen Asylsystems vorangetrieben. Allerdings sei angemerkt, dass dieser Regelungskomplex weiterhin eine Materie ist, die in den geteilten

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Zuständigkeitsbereich (Art. 4 Abs. 2 lit. j AEUV) von Union und Mitgliedstaaten fällt. Es handelt sich somit um eine Verlagerung mittels staatlicher Kompetenzen auf die europäische Ebene. Der Anwendungsbereich des Art. 78 AEUV umfasst in persönlicher Hinsicht nur den Kreis der Drittstaatsangehörigen und der Staatenlosen. Da sich Art. 78 Abs. 1 AEUV um eine Kompetenznorm handelt und somit rein organisationsrechtlicher Natur ist, bietet Art. 78 AEUV kein zukünftiges Individualrecht auf Asyl.

b, Art. 78 Abs. 1 AEUV

In Art. 78 Abs. 1 AEUV soll die Europäische Union eine gemeinsame Politik im Bereich Asyl, subsidiärer Schutz und vorübergehenden Schutz entwickeln. Art. 78 Abs. 1 AEUV verpflichtet die EU zur Beachtung der Genfer Flüchtlingskonvention von 1951 und deren Zusatzprotokoll von 1967 und öffnet damit die Europäische Union in Richtung Völkerrecht. Darüber hinaus sind unter den anderen einschlägigen Verträgen die Europäische Menschenrechtskonvention, der Internationale Pakt über bürgerliche und politische Rechte von 1966 und die UN-Anti-Folter-Konvention von 1984 zu verstehen, die alle ein non-refoulement-Gebot beinhalten. Infolgedessen kommt es bei der Anwendung und Auslegung der gemeinsamen Asyl- und Flüchtlingspolitik zu einer völkerrechtskonformen Anwendung. Art. 78 Abs. 1 AEUV stellt auf diese Weise sicher, dass es zu keiner Kollision zwischen dem Völkerrecht und dem Unionsrecht kommt.

c, Art. 78 Abs. 2 AEUV

ca, Art. 78 Abs. 2 lit. a AEUV

In Art. 78 Abs. 2 lit. a AEUV, der von einem einheitlichen Asylstatus spricht, wird die frühere Beschränkung, die den Erlass von sogenannten Mindestnormen vorsah, beseitigt. Dadurch wird eine umfassende Harmonisierung im Bereich des materiellen Flüchtlingsrechts ermöglicht. Sowohl Systematik als auch die Entstehungsgeschichte des Art. 78 AEUV sprechen für eine weitgehende Deckungsgleichheit des EU-Asylstatus mit dem Flüchtlingsbegriff der Genfer Konvention. Es handelt sich um einen in der ganzen Union geltenden Asylstatus für politisch-ver-folgte Drittstaatsangehörige, der auf die Flüchtlingsdefinition der Genfer Flüchtlingskonvention zurückzuführen ist. Folglich wird das Ziel einer völkerrechtsoffenen Union verwirklicht.

cb, Art. 78 Abs. 2 lit. b AEUV

In Anbetracht der Tatsache, dass viele Menschen nicht die Voraussetzungen der Genfer Flüchtlingskommission erfüllen und keinen europäischen Asylstatus erhalten, aber dennoch auf internationalen Schutz angewiesen sind, wurde der subsidiäre und der vorübergehende Schutzstatus geschaffen. Der subsidiäre Schutz wird in Art. 78 Abs. 2 lit. b AEUV angesprochen. Die maßgeblichen sekundärrechtlichen Normen finden sich in der Qualifikationsri-chtlinie[20]. In Art. 15 der Richtlinie sind die drei Schutzgründe geregelt. Der subsidiäre Schutzstatus wird gewährt bei Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe, bei Folter oder unmenschlicher, erniedrigender Behand-

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lung sowie bei individuellen Bedrohungslagen des Leibs oder Lebens infolge willkürlicher Gewalt. Dabei ist zu beachten, dass der Antragsteller nicht beweisen muss, dass er aufgrund spezifischer persönlicher Umstände betroffen ist, damit eine ernsthafte individuelle Bedrohung vorliegt. Es reicht aus, wenn allein aufgrund der Anwesenheit in einer bestimmten Heimatregion eine tatsächliche Gefahr besteht, eine ernsthafte individuelle Bedrohung ausgesetzt zu sein.

cc, Art. 78 Abs. 2 lit. c AEUV

Art. 78 Abs. 2 lit. c AEUV ermächtigt zum Erlass von Regelungen für den vorübergehenden Schutz von Vertriebenen im Falle eines Massenzustroms. Unter Massenzustrom versteht man einen Zustrom einer großen Zahl Vertriebener, der aus einem bestimmten Staat oder einem bestimmten Gebiet kommt. Die Schutzgewährungsrichtlinie über die Mindestnormen für die Gewährung vorübergehenden Schutzes im Falle eines Massenzustroms von Flüchtlingen[21] soll diese Problematik regeln. Allerdings ist diese Massenzu-stroms-Richtlinie bislang noch nicht zur Anwendung gelangt. Das Bestehen eines Massenzustroms von Vertriebenen wird nach Art. 5 Abs. 1 Satz 1 dieser Richtlinie durch einen Beschluss des Rates festgestellt. Dieser Beschluss ergeht mit qualifizierter Mehrheit auf Vorschlag der Kommission, die außerdem jeden Antrag eines Mitgliedstaats prüft, wonach sie dem Rat einen Vorschlag unterbreiten soll. Es besteht Übereinstimmung darüber, dass der Konflikt, der die Menschen zur Flucht veranlasst, ein Konflikt sein muss, der sich vor Europas Grenzen abspielt. Die Richtlinie erfasst nicht die sogenannten Wirtschaftsflüchtlinge. Art. 78 Abs. 2 lit. c AEUV spricht ausdrücklich von Vertriebenen. Die Ziele der Richtlinie sind:

- die Schaffung von sozialen Mindeststandards für Personen, die vorübergehenden Schutz benötigen,

- die Schaffung eines Solidaritätsmechanismus zwischen den Mitgliedstaaten zur ausgewogenen Verteilung und

- das Ermöglichen eines zeitlich beschränkten Aufenthaltsstatus für die Schutzsuchenden.[22]

- Beabsichtigt ist also nur den Schutz der Menschen vor unfreiwilliger Migration. Im Unterschied zum Asylstatus wird die Schutzberechtigung nicht konkret-individuell, sondern abstrakt-generell geprüft.

cd, Art. 78 Abs. 2 lit. d AEUV

Art. 78 Abs. 2 d AEUV fordert ein gemeinsames Verfahren für die Gewährung und den Entzug des einheitlichen Asylstatus sowie des subsidiären Schutzstatus. Die Asylverfahrensrichtlinie 2005/85/EG[23], die nach einer Klage des Parlaments vom EuGH für nichtig erklärt wurde, ist durch die Richtlinie 2013/32/EU[24] abgelöst worden, in der das gemeinsame Verfahren geregelt wird. Die Richtlinie 2013/32/EU normiert die Mindestanforderungen für die Mitgliedstaaten zur Zuerkennung und Aberkennung des internationalen Schutzes. Das geme-

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insame Verfahren für die Gewährung und den Entzug des einheitlichen Asylstatus bzw. des subsidiären Status sieht Regelungen zur Asylantragstellung, zur Antragsprüfung, zu Verfahrensgarantien, zur Rechtsberatung und Vertretung, zum beschleunigten Verfahren, zum Bleiberecht eines solchen Verfahrens und zur erleichterten Ablehnung vor. Asylanträge sollen innerhalb von drei Tagen registriert werden und innerhalb von sechs Monaten beschieden werden. Darüber hinaus ist durch Art. 78 Abs. 2 d AEUV die Einrichtung des europäischen Unterstützungsbüros für Asylfragen (EASO) ermöglicht worden.

ce, Art. 78 Abs. 2 lit. e AEUV

Art. 78 Abs. 2 e AEUV ermächtigt die Union, Rechtsakte zu erlassen, die das Verfahren und die Zuständigkeitsregelung festlegen. Durch solche Zuständigkeitsregelungen wird der Zweck verfolgt, jedem Antragsteller ein Verfahren zu garantieren und mehrere anhängige Verfahren zu verhindern. Das "Asylum Shopping", also das Auswählen des Asylstaates nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten, soll vermieden werden. Entscheidend für die Regelung der Zuständigkeiten ist das sogenannte Dublin-System. Die im März 2003 in Kraft getretene Dublin II-Verordnung[25], die den zuvor geltenden völkerrechtlichen Vertrag über Asylfragen (Dublin I) ablöste, und die Dublin III-Verordnung[26] bilden die Grundlage für das Dublin-System. Ziel des Dublin-Systems ist es, den Staat zu bestimmen, der für die Prüfung des Asylantrags zuständig ist. Ein Antragsteller auf Asyl wird zunächst danach gefragt, über welche Einreiseroute er in die Mitgliedstaaten gelangt ist, statt warum er Asyl möchte. Die Europäische Kommission beschloss schon am 26. Mai 1999 eine Regelung zur Einführung eines EU-weiten Systems (EURODAC) für den Vergleich von Fingerabdrücken asylsuchender Personen. EURODAC soll die Anwendung der Dubliner Konvention insofern erleichtern, dass der Ersteintrittss-taat des Asylbewerbers festgestellt und somit die Zuständigkeit des betreffenden Mitgliedsstaates ermittelt werden kann.[27]

cf, Art. 78 Abs. 2 lit. f AEUV

Art. 78 Abs. 2 f legt fest, dass die Mitgliedstaaten Normen über die Aufnahmebedingungen von Personen, die Asyl oder subsidiären Schutz beantragen, erlassen können. Indem gemeinsame Aufnahmebedingungen geschaffen werden, können etwaige Wanderungsbewegungen der Antragsteller innerhalb der Union vermieden bzw. verringert werden.

cg, Art. 78 Abs. 2 lit. g AEUV

Art. 78 Abs. 2 g AEUV verleiht schließlich der Union die Kompetenz zu Partnerschaften und Zusammenarbeit mit Drittländern[28] zur Steuerung des Zustroms von Personen, die Asyl oder subsidiären bzw. vorübergehenden Schutz beantragen, einzugehen.

d, Art. 78 Abs. 3 AEUV

Art. 78 Abs. 3 AEUV enthält eine Notstandsklausel bzw. eine "ordre public"- und Solidaritätsklausel für den Fall, dass es aufgrund eines plötzlichen

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Massenzustroms von Drittstaatsangehörigen zu einer Notlage kommt.

4.1.3 Sekundärrecht

a, Richtlinien

Im Mittelpunkt der Harmonisierung des Asylrechts in Europa stehen die Qualifikationsrichtlinie II und die Verfahrensrichtlinie II. Diese bilden die Eckpfeiler des gemeinsamen europäischen Asylsystems.

aa, Qualifikationsrichtlinie

Zweck der Qualifikationsrichtlinie vom 13. Dezember 2011 ist es gemäß Art. 1, Normen für die Anerkennung von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Personen mit Anspruch auf internationalen Schutz, für einen einheitlichen Status für Flüchtlinge oder für Personen, die Anspruch auf subsidiä-ren Schutz haben, sowie für den Inhalt des zu gewährenden Schutzes festzulegen. Die Qualifikationsrichtlinie II[29] definiert den Flüchtling: ein Flüchtling ist danach ein Drittstaatsangehöriger, wer aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer sozialen Gruppe sich außerhalb des Herkunftslandes befindet, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Anspruch er nicht in Anspruch nehmen kann, oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will, oder in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann, oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will, und auf den Art. 12 keine Anwendung findet. Diese Definition des Flüchtlings, die in Art. 2 lit. d geregelt ist, stimmt weitgehend mit der Flüchtlingsdefinition des Artikel 1A Nr. 2 Genfer Flüchtlingskommission überein.

Die Flüchtlingseigenschaft kann auch erlöschen, wenn die Voraussetzungen der Anerkennung nicht mehr vorliegen (Art. 11 Abs. 1). Art. 11 Abs. 2 der Qualifikationsrichtlinie orientiert sich auch insoweit an der Genfer Flüchtlingskonvention, die in Artikel 1 C Nr. 5 vorsieht, dass der Flüchtlingsstatus erlischt, wenn die Umstände weggefallen sind, aufgrund dessen sein Flüchtlingsstatus anerkannt worden ist.

Der Gerichtshof der Europäischen Union hat mit Urteil vom 14. Mai 2019[30] entschieden, dass die Bestimmungen der Richtlinie über Flüchtlinge in Bezug auf die Aberkennung und die Verweigerung der Zuerkennung der Rechtsstellung als Flüchtling aus Gründen, die mit dem Schutz der Sicherheit oder der Allgemeinheit des Aufnahmestaats zusammenhängen, gültig sind. Der Gerichtshof ist der Ansicht, dass die Aberkennung der Rechtsstellung als Flüchtling oder die Verweigerung der Zuerkennung dieser Rechtsstellung nicht dazu führen, dass eine Person, die eine begründete Furcht vor Verfolgung in ihrem Herkunftsland hat, die Eigenschaft als Flüchtling verliert. Obwohl eine solche Person nicht oder nicht mehr über alle in der Richtlinie den Inhabern der Rechtsstellung als Flüchtling vorbehaltenen Rechte und Leistungen verfügt, kann sie daher bestimmte im Genfer Abkommen vorgesehene Rechte geltend machen oder

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weiterhin geltend machen. Unter diesen Umständen gelangt der Gerichtshof zu dem Ergebnis, dass die in Rede stehenden Bestimmungen der Richtlinie mit dem Genfer Abkommen und den Regeln der Charta und des AEUV, nach denen dieses Abkommen zu achten ist, in Einklang stehen.

ab, Verfahrensrichtlinie II

Diese Verfahrensrichtlinie II[31] vom 26. Juni 2013 gilt gemäß Art. 3 Abs. 1 für alle Anträge auf internationalen Schutz, die im Hoheitsgebiet - einschließlich an der Grenze, in den Hoheitsgewässern oder in den Transitzonen - der Mitgliedstaaten gestellt werden, sowie für die Aberkennung des internationalen Schutzes, aber gemäß Art. 3 Abs. 2 nicht für Ersuchen um diplomatisches oder territoriales Asyl in Vertretungen der Mitgliedstaaten. Die Mitgliedstaaten benennen für alle Verfahren eine Asylbehörde, die für eine angemessene Prüfung der Anträge gemäß dieser Richtlinie zuständig ist. Im Übrigen erfolgen umfangreiche Richtlinien für das Verfahren.

ac, Asylaufnahmerichtlinie

Die Richtlinie 2003/9/EG des Rates vom 27. Januar 2003 über Mindestnormen für die Aufnahme von Asylbewer-bern[32], auch Asylaufnahmerichtlinie oder kurz Aufnahmerichtlinie genannt, legte Mindeststandards für die Aufnahme und Versorgung von Asylbewerbern fest. Die Europäische Kommission legte schließlich 2013 eine überarbeitete Fassung der Asylaufnahmerichtlinie vor.[33] Zweck dieser Richtlinie ist nach Art. 1 die Festlegung von Normen für die Aufnahme von Antragstellern auf internationalen Schutz in den Mitgliedstaaten. Die Richtlinie gilt nach Art. 3 Abs. 1 für alle Drittstaatsangehörigen und Staatenlosen, die im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats einschließlich an der Grenze, in den Hoheitsgewässern oder in den Transitzonen internationalen Schutz beantragen, solange sie als Antragsteller im Hoheitsgebiet verbleiben dürfen, sowie für ihre Familienangehörigen, wenn sie nach einzelstaatlichem Recht von diesem Antrag auf internationalen Schutz erfasst sind Nach Art. 8 darf niemand allein deshalb inhaftiert werden darf, weil er um internationalen Schutz nachsucht, in Einklang mit dem bereits in Art. 18 Asylverfahrensrichtlinie festgelegten Prinzip. Er sah jedoch eine im Vergleich zur bisherigen Version mehr und umfassendere Haftgründe für Asylsuchende vor und bot die Grundlage für eine Inhaftierung ohne strafrechtlichen Grund. Auch Minderjährige sollten inhaftiert werden können; un-begleitete minderjährige Flüchtlinge hingegen seien in Einrichtungen der Jugendhilfe unterzubringen.2

b, Verordnungen

ba, Dublin II-Verordnung

Aufgrund von Problemen bei der Durchführung der Rückführung und der häufig langen Zeiträume, bis ein Asylsuchender von dem zuständigen Mitgliedstaat übernommen wurde, wurde die Dublin II-Verordnung erlassen.[34] Diese beinhaltete ein erheblich erleichtertes und beschleunigtes Verfahren.[35] Die Dublin II-Verordnung sollte die Kluft zwischen den Interessen der Schutzsuchenden auf Prüfung ihres

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Asylantrags unter umfassender Achtung der Genfer Flüchtlingskonvention und des Interesses der Staaten der Europäischen Union, illegale Migration zu verhindern und zu bekämpfen, weitestgehend schließen.[36]

bb, Dublin III-Verordnung

Vor dem Hintergrund der herrschenden Missstände im griechischen Asylsystem und der hierzu ergangenen Rechtsprechung ist die Verordnung Nr. 604/2013 (Dublin III-Verordnung)[37] geschaffen worden. Seit dem 1. Januar 2014 ist Dublin III-Verordnung, in Kraft. Sie hat die Vorgängerverordnung abgelöst. [38]

Nun fallen auch Personen in den Schutzbereich, die subsidiären Schutz beantragen. Darüber hinaus werden die verfahrensrechtlichen Regelungen sowie die Rechte und Pflichten betroffener Personen geändert, so dass beispielsweise der Schutz der Einheit der Familie gestärkt und verbessert wird.

Art. 3 Abs. 1 Satz 2 der Dublin III-Verordnung garantiert, dass ein Antrag auf internationalen Schutz von einem einzigen Mitgliedstaat geprüft wird und dadurch der "refugee in orbit" vermieden wird. Lässt sich anhand des Kriterienkatalogs keine Zuständigkeit feststellen, so ist im Zweifel der Mitgliedstaat zuständig, in dem der Antrag erstmalig gestellt wurde. Gemäß Art. 7 Abs. 1 der Verordnung wird der zuständige Mitgliedstaat nach einer Stufenprüfung der Artikel 8 bis 15 der Verordnung bestimmt. Der Schutz von Minderjährigen und Familienangehörigen steht in Art. 8 ff. der Verordnung im Vordergrund. Abweichend von Art. 3 Abs. 1 kann nach der Ermessensklausel des Art. 17 jeder Mitgliedstaat beschließen, einen bei ihm von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen gestellten Antrag auf internationalen Schutz zu prüfen, auch wenn er nach den in dieser Verordnung festgelegten Kriterien nicht für die Prüfung zuständig ist. Der Mitgliedstaat, der gemäß diesem Artikel beschließt, einen Antrag auf internationalen Schutz zu prüfen, wird dadurch zum zuständigen Mitgliedstaat und übernimmt die mit dieser Zuständigkeit einhergehenden Verpflichtungen. Hält der Mitgliedstaat, in dem ein Antrag auf internationalen Schutz gestellt wurde, einen anderen Mitgliedstaat für die Prüfung des Antrags für zuständig, so kann er gemäß Art. 21 so bald wie möglich, auf jeden Fall aber innerhalb von drei Monaten nach Antragstellung im Sinne von Art. 20 Abs. 2, diesen anderen Mitgliedstaat ersuchen, den Antragsteller aufzunehmen Wie auch die Dublin-II-Verordnung sieht Dublin-III eine Inhaftnahme zum Zwecke der Überstellung in den zuständigen Staat in Art. 28 vor. Hinsichtlich der Haftbedingungen und der Garantien für in Haft befindliche Personen gelten zwecks Absicherung der Verfahren für die Überstellung in den zuständigen Mitgliedstaat die Artikel 9, 10 und 11 der Aufnahmerichtlinie (Art. 28 Abs. 4 Dublin-III-Verordnung).

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C. Nationale Umsetzung in Deutschland

I. Einreise

Einreise und Aufenthalt regelt das Aufenthaltsgesetz.[39] Das Gesetz dient gemäß Art. 1 der Steuerung und Begrenzung des Zuzugs von Ausländern in die Bundesrepublik Deutschland. Es ermöglicht und gestaltet Zuwanderung unter Berücksichtigung der Aufnahme- und Integrationsfähigkeit sowie der wirtschaftlichen und arbeits-marktpolitischen Interessen der Bundesrepublik Deutschland. Das Gesetz dient zugleich der Erfüllung der humanitären Verpflichtungen der Bundesrepublik Deutschland.

Ausländer dürfen grundsätzlich nur in das Bundesgebiet einreisen oder sich darin aufhalten, wenn sie einen anerkannten und gültigen Pass oder Passersatz besitzen (§ 3 Abs. 1 AufenthaltsG).

II. Aufenthalt

1. Erfordernis eines Aufenthaltstitels

Ausländer bedürfen für die Einreise und den Aufenthalt im Bundesgebiet gemäß Art. 4 Abs. 1 S. 1 AufenthaltsG eines Aufenthaltstitels[40], sofern nicht durch Recht der Europäischen Union oder durch Rechtsverordnung etwas anderes bestimmt ist oder auf Grund des Abkommens vom 12. September 1963 zur Gründung einer Assoziation zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Türkei[41] ein Aufenthaltsrecht besteht. Die Aufenthaltstitel werden gemäß Art. 4 Abs. 1 Satz 2 AufenthaltsG erteilt als

- Visum (§ 6 Abs. 1 AufenthaltsG)

- Aufenthaltserlaubnis (§ 7 AufenthaltsG)

- Blaue Karte (§ 19 a AufenthaltsG)

- ICT-Karte für unternehmensintern transferierte Arbeitnehmer (§ 19b AufenthaltsG)

- Mobile-ICT-Karte (§19d AufenthaltsG)

- Niederlassungserlaubnis (§ 9 AufenthaltsG)

- Erlaubnis zum Daueraufenthalt (§ 9a AufenthaltsG)

- Vom Aufenthaltszweck hängt es ab, welcher Aufenthaltstitel erteilt wird. Insbesondere die Aufenthaltserlaubnis ist stets mit einem konkreten Aufenthaltszweck verbunden und daher je nach dem Aufenthaltszweck von verschiedenen Voraussetzungen abhängig.

2. Zu den einzelnen Aufenthaltstiteln

2.1 Visum

Einem Ausländer können nach Maßgabe der Verordnung (EG) Nr. 810/2009[42] folgende Visa erteilt werden (§ 6 AufenthaltsG): ein Visum für die Durchreise durch das Hoheitsgebiet der Schengen-Staaten oder für geplante Aufenthalte in diesem Gebiet von bis zu drei Monaten innerhalb einer Frist von sechs Monaten von dem Tag der ersten Einreise an (Schengen-Visum), ferner ein Flughafentransitvisum für die Durchreise durch die internati-

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onalen Transitzonen der Flughäfen. Schengen-Visa können nach Maßgabe der Verordnung (EG) Nr. 810/2009 bis zu einer Gesamtaufenthaltsdauer von drei Monaten innerhalb einer Frist von sechs Monaten von dem Tag der ersten Einreise an verlängert werden.

2.2 Aufenthaltserlaubnis

2.2.1 Aufenthaltserlaubnis als befristeter Aufenthaltstitel

Die Aufenthaltserlaubnis ist ein befristeter Aufenthaltstitel. Sie wird zu im Gesetz bestimmten Aufenthaltszwecken erteilt. In begründeten Fällen kann eine Aufenthaltserlaubnis auch für einen von diesem Gesetz nicht vorgesehenen Aufenthaltszweck erteilt werden (§ 7 Abs. 1 AufenthaltsG). Die Aufenthaltserlaubnis ist unter Berücksichtigung des beabsichtigten Aufenthaltszwecks zu befristen. Ist eine für die Erteilung, die Verlängerung oder die Bestimmung der Geltungsdauer wesentliche Voraussetzung entfallen, so kann die Frist auch nachträglich verkürzt werden (§ 7 Abs. 2 AufenthaltsG).

2.2.2 Aufenthaltserlaubnis zum Zweck der Studienbewerbung und des Studiums

Einem Ausländer kann zum Studium an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule oder vergleichbaren Ausbildungseinrichtung eine Aufenthaltserlaubnis[43] erteilt werden. Der Aufenthaltszweck des Studiums umfasst nach § 16 Abs. 1 Satz 2 AufenthaltsG auch studienvorbereitende Sprachkurse sowie den Besuch eines Studienkollegs (studienvorbereitende Maßnahmen[44]). Die Aufenthaltserlaubnis zum Zweck des Studiums darf nach § 16 Abs. 1 Satz 1 AufenthaltsG nur erteilt werden, wenn der Ausländer von der Ausbildungseinrichtung zugelassen worden ist. Ein Nachweis hinreichender Kenntnisse der Ausbildungssprache wird nach § 16 Abs. 1 Satz 4 AufenthaltsG verlangt, wenn die Sprachkenntnisse weder bei der Zulassungsentscheidung geprüft worden sind noch durch die studienvorbereitende Maßnahme erworben werden sollen. Die Geltungsdauer der Aufenthaltserlaubnis beträgt bei der Ersterteilung und bei der Verlängerung mindestens ein Jahr und soll zwei Jahre nicht überschreiten. Dauert das Studium weniger als zwei Jahre, so wird die Aufenthaltserlaubnis nur für die Dauer des Studiums erteilt. Die Aufenthaltserlaubnis wird verlängert, wenn der Aufenthaltszweck noch nicht erreicht ist und in einem angemessenen Zeitraum noch erreicht werden kann. Zur Prüfung der Frage, ob der Aufenthaltszweck noch erreicht werden kann, kann die aufnehmende Ausbildungseinrichtung beteiligt werden (vgl. Art. 16 Abs. 2 AufenthaltsG).

Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt zur Ausübung einer Beschäftigung, die insgesamt 120 Tage oder 240 halbe Tage im Jahr nicht überschreiten darf, sowie zur Ausübung studentischer Nebentätigkeiten. Dies gilt nicht während des Aufenthalts zu studienvorbereitenden Maßnahmen im ersten Jahr des Aufenthalts, ausgenommen in der Feri-

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enzeit (§ 16 Abs. 3 AufenthaltsG). Nach erfolgreichem Abschluss des Studiums kann die Aufenthaltserlaubnis bis zu 18 Monaten zur Suche eines diesem Abschluss angemessenen Arbeitsplatzes, sofern er nach den Bestimmungen der §§ 18, 19, 19 a und 21 AufenthaltsG von Ausländern besetzt werden darf, verlängert werden. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt während dieses Zeitraums zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit (Art. 16 Abs. 5 AufenthaltsG).

2.2.3 Aufenthaltserlaubnis zum Zweck der Erwerbstätigkeit

Die Zulassung ausländischer Beschäftigter orientiert sich an den Erfordernissen des Wirtschaftsstandortes Deutschland unter Berücksichtigung der Verhältnisse auf dem Arbeitsmarkt und dem Erfordernis, die Arbeitslosigkeit wirksam zu bekämpfen (Art. 18 AufenthaltsG). Hierbei wird in umfangreichen Regelungen zwischen diversen Arten der Erwerbstätigkeit un-terschieden.[45]

2.2.4 Aufenthaltserlaubnis aus völkerrechtlichen, humanitären oder politischen Gründen

Einem Ausländer kann gemäß § 22 S. 1 AufenthaltsG für die Aufnahme aus dem Ausland aus völkerrechtlichen oder dringenden humanitären Gründen eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden. Die oberste Landesbehörde kann nach Art. 23 Abs. 1 S. 1 AufenthaltsG aus völkerrechtlichen oder humanitären Gründen oder zur Wahrung politischer Interessen der Bundesrepublik Deutschland anordnen, dass Ausländern aus bestimmten Staaten oder in sonstiger Weise bestimmten Ausländergruppen eine Aufenthaltserlaubnis erteilt wird. § 23a Aufenthalt-sG statuiert eine Aufenthaltserlaubnis in Härtefällen, § 24 AufenthaltsG eine Aufenthaltsgewährung zum vorübergehenden Schutz.

Beim Aufenthalt aus völkerrechtlichen, humanitären oder politischen Gründen ist ferner zu unterscheiden zwischen einer Aufenthaltserlaubnis für Asylberechtigte (§ 25 Abs. 1 Auf-enthaltsG), der Aufenthaltserlaubnis für Konventionsflüchtlinge (§ 25 Abs. 2 AufenthaltsG), der Aufenthaltserlaubnis bei einem Abschiebungsverbot (§ 25 Abs. 3 AufenthaltsG), der vorübergehende Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen (§ 25 Abs. 4 Satz 1 AufenthaltsG), der Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis bei außergewöhnlicher Härte (§ 25 Abs. 4 Satz 2 AufenthaltsG), der Aufenthaltserlaubnis für Opfer von Menschenhandel oder Opfer einer Straftat nach dem Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz (§ 25 Abs. 4 a und 4 b AufenthaltsG), der Aufenthaltserlaubnis bei Unmöglichkeit der Ausreise (§ 25 Abs. 5 AufenthaltsG).

2.2.5 Aufenthaltserlaubnis aus familiären Gründen

Schließlich besteht auch noch der Aufenthalt aus familiären Gründen. Allgemeine Voraussetzungen für Familiennachzüge ergeben sich aus § 27 AufenthaltsG. Die Dauer der Aufenthaltserlaubnis zum Familiennachzug

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ist in § 27 Abs. 4 AufenthaltsG geregelt. Ferner wird unterschieden zwischen dem Familiennachzug zu Ausländern (§§ 29 bis 36 AufenthaltsG) und dem Familiennachzug zu Deutschen nach § 28 AufenthaltsG.

2.3 Blaue Karte

Einem Ausländer wird gemäß § 19 a AufenthaltsG eine Blaue Karte EU nach der Richtlinie 2009/50/EG des Rates vom 25. Mai 2009 über die Bedingungen für die Einreise und den Aufenthalt von Drittstaatsangehörigen zur Ausübung einer hochqualifizierten Beschäftigung[46] zum Zweck einer seiner Qualifikation angemessenen Beschäftigung erteilt, wenn er

- einen deutschen, einen anerkannten ausländischen oder einen einem deutschen Hochschulab-schluss vergleichbaren ausländischen Hochschulabschluss besitzt oder, soweit es durch Rechtsverordnung[47] bestimmt ist, eine durch eine mindestens fünfjährige Berufserfahrung nachgewiesene vergleichbare Qualifikation besitzt,

- die Bundesagentur für Arbeit nach § 39 AufenthaltsG zugestimmt hat oder durch Rechtsverordnung nach § 42 Aufent-haltsG oder zwischenstaatliche Vereinbarung bestimmt ist, dass die Blaue Karte EU ohne Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit nach § 39 AufenthaltsG erteilt werden kann, und

- er ein Gehalt erhält, das mindestens dem Betrag entspricht, der durch Rechtsverordnung nach § 19 a Abs. 2 AufenthaltsG bestimmt ist.

2.4 ICT-Karte

Eine ICT-Karte ist ein Aufenthaltstitel nach der Richtlinie 2014/66/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Mai 2014 "über die Bedingungen für die Einreise und den Aufenthalt von Drittstaatsangehörigen im Rahmen eines unternehmensinternen Transfers"[48] zum Zweck eines unternehmensinternen Transfers eines Ausländers. Ein unternehmensinterner Transfer ist nach § 19b Abs. 1 AufenthaltsG die vorübergehende Abordnung eines Ausländers in eine inländische Niederlassung des Unternehmens, dem der Ausländer angehört, wenn das Unternehmen seinen Sitz außerhalb der Europäischen Union hat, oder in eine inländische Niederlassung eines anderen Unternehmens der Unternehmensgruppe, zu der auch dasjenige Unternehmen mit Sitz außerhalb der Europäischen Union gehört, dem der Ausländer angehört. Wann die ICT-Karte dem Ausländer erteilt wird ist in Absatz 2 des § 19b AufenthaltsG geregelt.

2.5 Mobiler-ECT-Karte

Eine Mobiler-ICT-Karte ist ein Aufenthaltstitel nach der Richtlinie 2014/66/EU zum Zweck eines unternehmensinternen Transfers im Sinne des § 19b Absatz 1 Satz 2, wenn der Ausländer einen für die Dauer des Antragsverfahrens gültigen nach der Richtlinie 2014/66/

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EU erteilten Aufenthaltstitel eines anderen Mitgliedstaates besitzt. Wann dem Ausländer eine Mobiler-ECT-Karte erteilt wird regelt § 19d Abs. 2 AufenthaltsG.

2.6 Niederlassungserlaubnis

Die Niederlassungserlaubnis ist ein unbefristeter Aufenthaltstitel. Sie berechtigt zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit (§ 9 I AufenthaltsG). Einem Ausländer ist die Niederlassungserlaubnis zu erteilen, wenn

- er seit fünf Jahren die Aufenthaltserlaubnis besitzt,

- sein Lebensunterhalt gesichert ist[49],

- er mindestens 60 Monate Pflichtbeiträge oder freiwillige Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung geleistet hat oder Aufwendungen für einen Anspruch auf vergleichbare Leistungen einer Versicherungs- oder Versorgungseinrichtung oder eines Versicherungsunternehmens nachweist; berufliche Ausfallzeiten auf Grund von Kinderbetreuung oder häuslicher Pflege werden entsprechend angerechnet,

- Gründe der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung unter Berücksichtigung der Schwere oder der Art des Verstoßes gegen die öffentliche Sicherheit oder Ordnung oder der vom Ausländer ausgehenden Gefahr unter Berücksichtigung der Dauer des bisherigen Aufenthalts und dem Bestehen von Bindungen im Bundesgebiet nicht entgegenstehen,

- ihm die Beschäftigung erlaubt ist, sofern er Arbeitnehmer ist,

- er im Besitz der sonstigen für eine dauernde Ausübung seiner Erwerbstätigkeit erforderlichen Erlaubnisse ist,

- er über ausreichende Kenntnisse der deutschen Sprache verfügt,

- er über Grundkenntnisse der Rechts- und Gesellschaftsordnung und der Lebensverhältnisse im Bundesgebiet verfügt und

- er über ausreichenden Wohnraum für sich und seine mit ihm in häuslicher Gemeinschaft lebenden Familienangehörigen verfügt.

2.7 Daueraufenthalt-EU

Die Erlaubnis zum "Daueraufenthalt-EU" ist durch das Richtlinienumsetzungsgesetz vom 19. August 2007[50] als neuer Aufenthaltstitel in das Aufenthaltsgesetz eingefügt worden, um die Daueraufenthaltsrichtlinie umzusetzen. Die §§ 9 a ff. AufenthaltsG gewähren Drittstaatsangehörigen, die sich langfristig in Deutschland aufhalten wollen, eine privilegierte Rechtstellung, die derjenigen der Unionsbürger so nah wie möglich ist. Diese Maßnahme soll der Integration dienen und damit zugleich zur Förderung des wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhalts der Union beitragen.[51] Dementsprechend berechtigt die Daueraufenthaltserlaubnis zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit.[52] Soweit in bilateralen Übereinkommen zwischen der EU und ihren Mitgliedstaaten einerseits und Drittstaaten andererseits, bilate-

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ralen Abkommen zwischen einem Mitgliedstaat und einem Drittstaat oder dem Europäischen Niederlassungsabkommen vom 13. Dezember 1955, der Europäischen Sozialcharta vom 3. März 1987 und dem Europäischen Übereinkommen über die Rechtstellung der Wanderarbeiter vom 24. November 1977 Rechte zugunsten von Drittstaatsangehörigen ableitbar sind, gehen diese den §§ 9 a AufenthaltsG vor.

Die Erlaubnis zum Daueraufenthalt-EU ist ein unbefristeter Aufenthaltstitel. § 9 Abs. 1 Satz 2 und 3 AufenthaltsG gilt entsprechend (§ 9a Abs. 1 AufenthaltsG). Grundsätzlich ist die Erlaubnis zum Daueraufenthalt -EU der Niederlassungserlaubnis gleichgestellt (§ 9 a Abs. 1 AufenthaltsG). Einem Ausländer ist eine Erlaubnis zum Daueraufenthalt-EU nach Art. 2 lit. b der Richtlinie 2003/109/EG zu erteilen (§ 9 a Abs. 2 AufenthaltsG), wenn

- er sich seit fünf Jahren mit Aufenthaltstitel im Bundesgebiet aufhält,

- sein Lebensunterhalt und derjenige seiner Angehörigen, denen er Unterhalt zu leisten hat, durch feste und regelmäßige Einkünfte gesichert ist,

- er über ausreichende Kenntnisse der deutschen Sprache verfügt,

- er über Grundkenntnisse der Rechts- und Gesellschaftsordnung und der Lebensverhältnisse im Bundesgebiet verfügt,

- Gründe der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung unter Berücksichtigung der Schwere oder der Art des Verstoßes gegen die öffentliche Sicherheit oder Ordnung oder der vom Ausländer ausgehenden Gefahr unter Berücksichtigung der Dauer des bisherigen Aufenthalts und dem Bestehen von Bindungen im Bundesgebiet nicht entgegenstehen und

- er über ausreichenden Wohnraum für sich und seine mit ihm in familiärer Gemeinschaft lebenden Familienangehörigen verfügt.

3. Allgemeine Voraussetzungen zur Erteilung eines Aufenthaltstitels

§ 5 AufenthaltsG regelt die allgemeinen Voraussetzungen zur Erteilung eines Aufenthaltstitels. Diese allgemeinen Voraussetzungen müssen zusätzlich zu den im Aufenthaltsgesetz geregelten besonderen Voraussetzungen eines Aufenthaltstitels erfüllt sein, sofern nicht aus den speziellen Regeln des Aufenthaltsgesetzes folgt, dass die allgemeinen Voraussetzungen des § 5 AufenthaltsG nicht oder nur eingeschränkt gelten sollen. Der § 5 Au-fenthaltsG enthält positive sowie negative Voraussetzungen in den Absätzen 1 und 2 sowie die Voraussetzung des Fehlens von Versagungsgründen im Absatz 4.

Die Erteilung eines Aufenthaltstitels setzt nach Art. 5 Abs. 1 AufenthaltsG in der Regel voraus, dass der Lebensunterhalt gesichert ist (Nr. 1). Die Regelung von § 5 Abs. 1 Nr. 1 i. V. m. § 2 Abs. 3 AufenthaltsG soll verhindern, dass die öffentlichen Haushalte den Lebensunterhalt von Ausländern mit

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öffentlichen Mitteln bestreiten müssen. Nach § 2 Abs. 3 Satz 1 AufenthaltsG ist der Lebensunterhalt eines Ausländers gesichert, wenn er diesen einschließlich ausreichenden Krankenversicherungsschutzes ohne Inanspruchnahme öffentlicher Mittel bestreiten kann. Die Bestreitung des Lebensunterhalts kann aus eigener Erwerbstätigkeit oder auf andere Weise, etwa durch eigenes Vermögen erfolgen.[53]

Eine weitere Voraussetzung nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 a AufenthaltsG besteht darin, dass die Staatsangehörigkeit des Ausländers geklärt ist. Damit soll verhindert werden, dass Personen nicht mehr ausgewiesen werden können, weil das Herkunftsland nicht bekannt ist. Auf Staatenlose ist diese Vorschrift nicht anwendbar. Gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthaltsG setzt die Erteilung eines Aufenthaltstitels ferner voraus, dass kein Ausweisungsinteresse nach § 53 und § 54 AufenthaltsG vorliegt. Nach § 5 Abs. 1 Nr. 3 AufenthaltsG darf der Aufenthalt des Ausländers nicht den sonstigen Interessen der Bundesrepublik Deutschland beeinträchtigen oder gefährden. Zu den nach dieser Vorschrift geschützten öffentlichen Interessen gehören finanzielle, wirtschaftliche, soziale und politische Interessen von Bund und Ländern, ferner das Interesse an der Einhaltung der aufenthaltsrechtlichen Bestimmungen sowie der Einreisevorschriften, weiterhin ist der Schutz der Volksgesundheit im öffentlichen Interesse liegend[54]. Weiterhin ist Voraussetzung, dass die Passpflicht nach § 3 erfüllt wird (Nr. 4). Schließlich setzt nach § 5 Abs. 2 Aufent-haltsG die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis - aber auch einer Niederlassungserlaubnis oder einer Erlaubnis zum Daueraufenthalt-EU - voraus, dass der Ausländer mit dem erforderlichen Visum eingereist ist und die für die Erteilung maßgeblichen Angaben bereits im Visumantrag gemacht hat.

4. Formale Voraussetzungen für die Erlangung eines Aufenthaltstitels

Gemäß § 81 Abs. 1 AufenthaltsG wird ein Aufenthaltstitel einem Ausländer nur auf Antrag erteilt. Hat ein Ausländer keinen Antrag gestellt, besteht daher keine Verpflichtung der Behörde, dem Ausländer den Aufenthaltstitel zu erteilen.[55] Dem Antrag sind die für den jeweiligen Aufenthaltstitel erforderlichen Unterlagen beizufügen, stets aber ein gültiger Pass sowie ein Lichtbild. Ansonsten gelten die allgemeinen Regeln des Aufenthaltsgesetzes über die Zuständigkeit und das Verfahren gemäß § 71 ff. AufenthaltsG.

Ein Ausländer kann seinen Aufenthaltstitel nach § 39 AufenthaltsVO im Bundesgebiet verlängern lassen. Für die Verlängerung einer Aufenthaltserlaubnis gelten gemäß § 8 Abs. 1 Auf-enthaltsG dieselben Vorschriften wie für die erstmalige Erteilung.

III. Ende des Aufenthalts

1. Ausreisepflicht und Widerruf

Bei Beendigung des Aufenthalts besteht die Ausreisepflicht nach § 50 Abs. 1 AufenthaltsG, wenn er einen erforderlichen Aufenthaltstitel nicht oder nicht

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mehr besitzt und ein Aufenthaltsrecht nach dem Assoziationsabkommen EWG/Türkei[56] nicht oder nicht mehr besteht. Der Ausländer hat dann nach Abs. 2 das Bundesgebiet unverzüglich oder, wenn ihm eine Ausreisefrist gesetzt ist, bis zum Ablauf der Frist zu verlassen. Es besteht auch die Möglichkeit einer Rücknahme oder eines Widerrufs (§ 52 AufenthaltsG) des Aufenthaltstitels.

2. Ausweisung

Ferner besteht insbesondere bei Verstoß gegen Strafgesetze die Möglichkeit der Ausweisung nach dem § 53 Au-fenthaltsG. Ein Ausländer, dessen Aufenthalt die öffentliche Sicherheit und Ordnung, die freiheitliche demokratische Grundordnung oder sonstige erhebliche Interessen der Bundesrepublik Deutschland gefährdet, wird nach § 53 Abs. 1 AufenthaltsG ausgewiesen, wenn die unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles vorzunehmende Abwägung der Interessen an der Ausreise mit den Interessen an einem weiteren Verbleib des Ausländers im Bundesgebiet ergibt, dass das öffentliche Interesse an der Ausreise überwiegt. Bei der Abwägung nach Absatz 1 sind gemäß Absatz 2 nach den Umständen des Einzelfalles insbesondere die Dauer seines Aufenthalts, seine persönlichen, wirtschaftlichen und sonstigen Bindungen im Bundesgebiet und im Herkunftsstaat oder in einem anderen zur Aufnahme bereiten Staat, die Folgen der Ausweisung für Familienangehörige und Lebenspartner sowie die Tatsache, ob sich der Ausländer rechtstreu verhalten hat, zu berücksichtigen.

Ein Ausländer, der als Asylberechtigter anerkannt ist, der im Bundesgebiet die Rechtsstellung eines ausländischen Flüchtlings genießt, der einen von einer Behörde der Bundesrepublik Deutschland ausgestellten Reiseausweis nach der Genfer Flüchtlingskonvention besitzt, dem nach dem Assoziationsabkommen EWG/Türkei ein Aufenthaltsrecht zusteht oder der eine Erlaubnis zum Daueraufenthalt-EU besitzt, darf nach § 53 Abs. 3 Aufent-haltsG nur ausgewiesen werden, wenn das persönliche Verhalten des Betroffenen gegenwärtig eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung darstellt, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt und die Ausweisung für die Wahrung dieses Interesses unerlässlich ist.

Ein besonders schwer wiegendes oder schweres Ausweisungsinteresse ist in § 54 AufenthaltsG geregelt. Die Überwachung ausgewiesener Ausländer aus Gründen der inneren Sicherheit ist in § 56 AufenthaltsG geregelt.

3. Zurückschiebung und Abschiebung

Hat eine Person mit ausländischer Staatsangehörigkeit kein Recht zum Verbleib in Deutschland, so können die deutschen Behörden sie unter bestimmten Voraussetzungen zwangsweise außer Landes bringen. Es wird zwischen der Zurückschiebung nach § 57 AufenthaltsG und der Abschiebung nach § 58 AufenthaltsG unterschieden.

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Ein Ausländer, der in Verbindung mit der unerlaubten Einreise über eine Grenze im Sinne des Art. 2 Nr. 2 der Verordnung (EG) Nr. 562/2006 (Außengrenze) aufgegriffen wird, soll gemäß § 57 Abs. 1 AufenthaltsG zurückgeschoben werden. Die Zurückschiebung betrifft beispielsweise Personen, die kurz nach einer unerlaubten Einreise in der Nähe der Grenze aufgegriffen werden und es Anhaltspunkte dafür gibt, dass ein anderer Staat für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist.

Der Ausländer ist abzuschieben, wenn die Ausreisepflicht vollziehbar ist (§ 58 Abs. 2 AufenthaltsG), eine Ausreisefrist nicht gewährt wurde oder diese abgelaufen ist, und die freiwillige Erfüllung der Ausreisepflicht nicht gesichert ist oder aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung eine Überwachung der Ausreise erforderlich erscheint. Die Abschiebungsanordnung ist in § 58 a Aufent-haltsG geregelt. Diese kann aber auch wieder vorübergehend ausgesetzt werden. Man spricht dann von Duldung.

Für die Flüchtlinge besteht ein besonderer Schutz gemäß § 60 Abs. 1 Auf-enthaltsG und ein subsidiärer Schutz gemäß § 60 Abs. 2 bis 5 oder 7 Aufent-haltsG. Es besteht ein Abschiebeverbot bei Gefahr der Folter, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Bestrafung (§ 60 Abs. 2 AufenthaltsG) und im Falle der Gefahr oder Verhängung der Todesstrafe (§ 60 Abs. 3 Auf-enthaltsG). Das Verhältnis von Auslieferung und Abschiebung ist in § 60 Abs. 4 AufenthaltsG geregelt. Abschiebungsverbote nach der Europäischen Menschenrechtskonvention finden sich in § 60 Abs. 5 AufenthaltsG wieder. Abschiebungsverbote bei Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit (Refoulement-Ver-bot) sind in § 60 Abs. 7 AufenthaltsG reglementiert.

Eine Abschiebung setzt verfahrensrechtlich (§ 59 AufenthaltsG) voraus, dass die Behörden der betroffenen Person zuvor eine entsprechende schriftliche Entscheidung zukommen lassen. Dies erfolgt entweder durch die zuständige Ausländerbehörde oder - wenn zuvor ein Asylantrag gestellt worden war - durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge. In der Regel ordnet die Behörde gleichzeitig an, dass die Person nach der Abschiebung für eine gewisse Zeit nicht wieder einreisen und sich auch nicht mehr in Deutschland aufhalten darf (sogenanntes Einreise- und Aufenthaltsverbot). Die betroffene Person hat die Möglichkeit, die Entscheidung der Behörde innerhalb einer Frist, die je nach Fall zwischen 7 und 30 Tagen liegt (Art. 59 Abs. 1 AufenthaltsG), gerichtlich überprüfen zu lassen. Lässt die Person die Frist verstreichen oder hat sie vor Gericht keinen Erfolg, besteht ab diesem Zeitpunkt die Möglichkeit einer Abschiebung.

Sind alle Voraussetzungen einer Abschiebung gegeben, kann eine Abschiebung gleichwohl unzulässig sein, wenn sie aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen unmöglich ist. In diesem Fall ist die Person in Deutschland zumindest zu dulden. Dies kann zum Beispiel der Fall sein, wenn die Person schwer erkrankt ist oder wenn sie in Deutschland ein minderjähriges Kind

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hat, das sich hier rechtmäßig aufhält. Außerdem können die Behörden aus völkerrechtlichen oder humanitären Gründen für eine vorübergehende Zeit von Abschiebungen beispielsweise in ein bestimmtes Gebiet absehen.

Mit dem Abschiebegesetz "Geord-nete-Rückkehr-Gesetz" vom Juli 2019 will die Regierung die Zahl der Abschiebungen der Flüchtlinge erhöhen, "die ausreisepflichtig sind und das Land nicht freiwillig verlassen". So sollen die Hürden für Ausreisegewahrsam und Sicherungshaft gesenkt werden. Da es nicht ausreichend Plätze in Abschiebegefängnissen gibt, sollen die Bundesländer die Möglichkeit bekommen, ausreisepflichtige Asylbewerber in Justizvollzugsanstalten unterzubringen, allerdings räumlich getrennt von Straftätern. Abgelehnte Asylbewerber, die an der Klärung ihrer Identität nicht mitwirken, sollen ebenfalls bestraft werden.[57]

Abschiebehaft ist ein Freiheitsentzug, der sicherstellen soll, dass die Ausreisepflicht tatsächlich durchgesetzt werden kann. Es handelt sich also nicht um Haft zum Zwecke der Bestrafung infolge krimineller Handlungen. Die Voraussetzungen, unter denen die Haft angeordnet werden kann, sind bei den einzelnen Unterarten verschieden und auch die zeitlichen Grenzen unterscheiden sich. Die Höchstgrenze liegt je nach Art der Haft zwischen zehn Tagen und 18 Monaten. Es gibt es zudem die Möglichkeit, eine Person in sogenannten Ausreisegewahrsam zu nehmen. Dieser kann leichter als eine Sicherungshaft angeordnet werden und ermöglicht die Inhaftierung für bis zu zehn Tage. Der Ausreisegewahrsam wurde insbesondere geschaffen, um sogenannte Sammelabschiebungen einer großen Zahl von Ausreisepflichtigen durchzuführen.[58]

Abschiebungen können als sogenannte kontrollierte Ausreise oder als begleitete Maßnahme erfolgen Bei der kontrollierten Ausreise wird die abzuschiebende Person von der Polizei lediglich bis zum deutschen Bahnhof oder Flughafen gebracht. Bei der begleiteten Abschiebung reisen Sicherheitskräfte im Flugzeug, Auto oder Zug bis in das Land mit, in das abgeschoben werden soll. Im Regelfall werden den Abzuschiebenden Handschellen oder auch Fußfesseln angelegt. Es kann auch vorkommen, dass bei Abschiebungen Medikamente zur Ruhigstellung verabreicht werden oder dass das Handy abgenommen wird.[59]

IV. Insbesondere: Asylrecht

1. Grundgesetz

1.1 Allgemein

Das Grundgesetz geht weit über das völkerrechtliche Asylrecht hinaus. Während das Völkerrecht das Asylrecht als ein mit der Souveränität verbundenes einseitiges Recht des aufnehmenden Staates auffasst, dem weder eine Pflicht des Staates noch ein Anspruch des Individuums auf Asylgewährung entspricht, handelt es sich beim Asylrecht des Grundgesetzes um ein Indivi-dualrecht für politisch Verfolgte.

Das Asylrecht garantiert dem politisch Verfolgten ein Recht auf Aufent-

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halt und alle Möglichkeiten seiner beruflichen und persönlichen Entfaltung. Vor seiner Anerkennung als politisch Verfolgter genießt ein Asylbewerber grundsätzlich ein Bleiberecht für die Dauer des Asylverfahrens.

1.2 Asylberechtigte

Politisch Verfolgte genießen Asylrecht (Art. 16 Abs. 1 GG). Asylberechtigte sind Ausländer, die vom Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge in einem besonderen Verfahren oder von einer verwaltungsgerichtlichen Instanz durch rechtskräftiges Urteil als asylberechtigt anerkannt worden sind. Ihnen steht eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis zu.

1.3 Einschränkung

1.3.1 Sicherer Drittstaat

Absatz 2 des Art. 16 a GG enthält eine Einschränkung des Grundrechts. Asylrecht genießt damit nicht, wer aus einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem anderen Drittstaat einreist, in dem die Anwendung der Genfer Flüchtlingskonvention und der Europäischen Menschenrechtskonvention sichergestellt ist (Drittstaatenregelung). Für EU-Mitgliedstaaten steht diese Sicherheit kraft der grundgesetzlichen Entscheidung fest. Die Staaten außerhalb der Europäischen Union, auf die diese Voraussetzungen zutreffen, sollen durch Gesetz bestimmt werden, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf. Als sichere Drittstaaten werden zurzeit außer den EU-Mitgliedstaaten noch Norwegen und die Schweiz angesehen. Wer in seinem Herkunftsstaat möglicherweise politisch Verfolgter war, aber über einen Drittstaat einreist, in welchem die Anwendung der Genfer Flüchtlingskonvention und der Europäischen Menschenrechtskonvention sichergestellt ist, bedarf keines Schutzes in der Bundesrepublik Deutschland mehr.

Jeder Ausländer, der aus einem sicheren Drittstaat einreist, hat keinen grundrechtlichen Anspruch darauf, dass die von ihm vorgebrachten Asylgründe von der Bundesrepublik Deutschland geprüft werden. Für diesen Personenkreis besteht nun auch kein subjektives Recht mehr, so dass, unabhängig von Rechtsmitteln, eine Abschiebung aus dem Inland oder eine Zurückweisung an der Grenze vorgenommen werden kann. Art. 19 Abs. 4 GG ist insoweit kein Hinderungsgrund mehr, da er nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ein subjektives Recht voraussetzt. Die Konsequenz findet sich schließlich auch in Art. 16 a Abs. 2 Satz 3 GG, wonach in den Fällen des Satzes 1 aufenthaltsbeendende Maßnahmen "unabhängig von einem hiergegen eingelegten Rechtsbehelf vollzogen werden". Das bedeutet im Ergebnis, dass eine gerichtliche Kontrolle erst stattfindet, wenn der Betroffene Deutschland schon verlassen hat. Absatz 2 des Art. 16 a GG schließt nach der Gesetzesbegrün-dung[60] bei Einreise des Ausländers aus sicheren Drittstaaten eine Berufung auf das Asylgrundrecht aus.

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1.3.2 Sicherer Herkunftsstaat

Durch Gesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, können Staaten bestimmt werden, bei denen auf Grund der Rechtslage, der Rechtsanwendung und der allgemeinen politischen Verhältnisse gewährleistet erscheint, dass dort weder politische Verfolgung noch unmenschliche oder erniedrigende Bestrafung oder Behandlung stattfindet. Es wird vermutet, dass ein Ausländer aus einem solchen Staat nicht verfolgt wird, solange er nicht substan-tiiert Tatsachen vorträgt, die die Annahme begründen, dass er entgegen dieser Vermutung politisch verfolgt wird (sicherer Herkunftsstaat) (Art. 16 Abs. 3 GG).

Ob diese Voraussetzungen gegeben sind, wird anhand eines umfangreichen Kriterienkatalogs geprüft. Kriterien sind dabei unter anderem die Höhe der Anerkennungsquote in den vergangenen Jahren, die allgemeine politische Lage und Stabilität des Landes sowie die Achtung der Menschenrechte. Als sichere Herkunftsstaaten hat der Gesetzgeber bestimmt: sämtliche EU-Mitglieder, Ghana und Senegal. Die Vollziehung aufenthaltsbeendender Maßnahmen wird in diesen Fällen und in anderen Fällen, die offensichtlich unbegründet sind oder als offensichtlich unbegründet gelten, durch das Gericht nur ausgesetzt, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Maßnahme bestehen; der Prüfungsumfang kann eingeschränkt werden und verspätetes Vorbringen unberücksichtigt bleiben. Das Nähere wird durch Gesetz zu bestimmen. Umgesetzt wird Art. 16a Abs. 3 GG durch § 29a AsylG. Danach wird der Asylantrag eines Ausländers aus einem sicheren Herkunftsstaat als offensichtlich unbegründet abgelehnt, es sei denn, die von dem Ausländer angegebenen Tatsachen oder Beweismittel begründen die Annahme, dass ihm in Abweichung von der allgemeinen Lage im Herkunftsland politische Verfolgung droht. Grundsätzlich ist also das abgekürzte Verfahren in Fällen offensichtlich unbegründeter Asylanträge anzuwenden, doch bleibt die Möglichkeit der Einzelfallprüfung bestehen, wenn der Tatsachenvortrag des Ausländers die Durchbrechung der Verfolgungssicherheit im konkreten Fall glaubhaft erscheinen lässt.

2. Asylgesetz

Das Asylgesetz regelt detailliert und kompliziert alle Aspekte der Asylgewährung, so dass hier nur ein kurzer Überblick gegeben werden kann.

2.1 Anwendungsbereich

Das Asylverfahrensgesetz (AsylG) gilt nach § 1 für Ausländer, die Folgendes beantragen:

- Schutz vor politischer Verfolgung nach Artikel 16a Abs. 1 GG oder

- internationalen Schutz nach der Richtlinie 2011/95/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 über Normen für die Anerkennung von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Personen mit Anspruch auf internationalen

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Schutz, für einen einheitlichen Status für Flüchtlinge oder für Personen mit Anrecht auf subsidiären Schutz und für den Inhalt des zu gewährenden Schutzes.[61]

Der internationale Schutz im Sinne der Richtlinie 2011/95/EU umfasst insbesondere den Schutz vor Verfolgung nach dem Abkommen vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlin-ge[62] und den subsidiären Schutz im Sinne der Richtlinie.

2.2 Flüchtlingseigenschaft

Asylberechtigte genießen im Bundesgebiet die Rechtsstellung nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge.

Ein Ausländer ist Flüchtling gemäß § 3 Abs. 1 AsylG im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge[63], wenn er sich

- aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe

- außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet,

- dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will oder

- in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will.

- Ein Ausländer ist nicht Flüchtling nach § 3 Abs. 1 AsylG, wenn gemäß § 3 Abs. 2 AsylG aus schwerwiegenden Gründen die Annahme gerechtfertigt ist, dass er

- ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen hat im Sinne der internationalen Vertragswerke, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen zu treffen,

- vor seiner Aufnahme als Flüchtling eine schwere nichtpolitische Straftat außerhalb des Bundesgebiets begangen hat, insbesondere eine grausame Handlung, auch wenn mit ihr vorgeblich politische Ziele verfolgt wurden, oder

- den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen zuwider gehandelt hat.

Da das Asylrecht vor einer landesweit ausweglosen Lage schützen soll, muss der Asylsuchende grundsätzlich eine landesweite Verfolgung dar-tun.[64] Dem Ausländer wird gemäß § 3e AsylG die Flüchtlingseigenschaft nicht zuerkannt, wenn er in einem Teil seines Herkunftslandes keine begründete Furcht vor Verfolgung oder Zugang zu Schutz vor Verfolgung hat und sicher und legal in diesen Landesteil reisen kann, dort aufgenommen wird und vernünftigerweise erwartet werden kann, dass er sich dort niederlässt (inländische Fluchtalternative).[65] Ein Ausweichen in ein Gebiet des Heimatlandes ist dann unzumutbar, wenn es sich

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dabei etwa um ein menschenleeres, von einer Hungersnot betroffenes oder von Naturkatastrophen heimgesuchtes Gebiet handelt. Die inländische zumutbare Fluchtalternative beseitigt damit grundsätzlich das Recht auf Asyl.

2.3 Verfolgungshandlungen

Als Verfolgung im Sinne des § 3 Abs. 1 gelten nach § 3a Abs. 1 AsylG Handlungen, die auf Grund ihrer Art oder Wiederholung so gravierend sind, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte darstellen, insbesondere der Rechte, von denen nach Art. 15 Abs. 2 EMRK keine Abweichung zulässig ist, oder in einer Kumulierung unterschiedlicher Maßnahmen, einschließlich einer Verletzung der Menschenrechte, bestehen, die so gravierend ist, dass eine Person davon in ähnlicher Weise betroffen ist.

Als Verfolgung können unter anderem die folgenden Handlungen gemäß § 3 a Abs. 2 AsylG gelten:

- die Anwendung physischer oder psychischer Gewalt, einschließlich sexueller Gewalt,

- gesetzliche, administrative, polizeiliche oder justiziel-le Maßnahmen, die als solche diskriminierend sind oder in diskriminierender Weise angewandt werden,

- unverhältnismäßige oder diskriminierende Strafverfolgung oder Bestrafung,

- Verweigerung gerichtlichen Rechtsschutzes mit dem Ergebnis einer unverhältnismäßigen oder diskriminierenden Bestrafung,

- Strafverfolgung oder Bestrafung wegen Verweigerung des Militärdienstes in einem Konflikt, wenn der Militärdienst Verbrechen oder Handlungen umfassen würde, die unter die Ausschlussklauseln des § 3 Absatz 2 fallen,

- Handlungen, die an die Geschlechtszugehörigkeit anknüpfen oder gegen Kinder gerichtet sind.

2.4 Verfolgungsgründe

Der § 3 b AsylG umschreibt die Verfolgungsgründe nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 AsylG.

- Der Begriff der Rasse umfasst insbesondere die Aspekte Hautfarbe, Herkunft und Zugehörigkeit zu einer bestimmten ethnischen Gruppe.

- Der Begriff der Religion umfasst insbesondere theistische, nichttheistische und atheistische Glaubensüberzeugungen, die Teilnahme oder Nichtteilnahme an religiösen Riten im privaten oder öffentlichen Bereich, allein oder in Gemeinschaft mit anderen, sonstige religiöse Betätigungen oder Meinungsäußerungen und Verhaltensweisen Einzelner oder einer Gemeinschaft, die sich auf eine religiöse Überzeugung stützen oder nach dieser vorgeschrieben sind.

- Der Begriff der Nationalität beschränkt sich nicht auf die Staatsangehörigkeit oder das Fehlen einer solchen, sondern bezeichnet insbesondere auch die Zu-

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gehörigkeit zu einer Gruppe, die durch ihre kulturelle, ethnische oder sprachliche Identität, gemeinsame geografische oder politische Herkunft oder ihre Verwandtschaft mit der Bevölkerung eines anderen Staates bestimmt wird.

- Eine Gruppe gilt insbesondere als eine bestimmte soziale Gruppe, wenn die Mitglieder dieser Gruppe angeborene Merkmale oder einen gemeinsamen Hintergrund, der nicht verändert werden kann, gemein haben oder Merkmale oder eine Glaubensüberzeugung teilen, die so bedeutsam für die Identität oder das Gewissen sind, dass der Betreffende nicht gezwungen werden sollte, auf sie zu verzichten, und die Gruppe in dem betreffenden Land eine deutlich abgegrenzte Identität hat, da sie von der sie umgebenden Gesellschaft als andersartig betrachtet wird.

- Als eine bestimmte soziale Gruppe kann auch eine Gruppe gelten, die sich auf das gemeinsame Merkmal der sexuellen Orientierung gründet; Handlungen, die nach deutschem Recht als strafbar gelten, fallen nicht darunter; eine Verfolgung wegen der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe kann auch vorliegen, wenn sie allein an das Geschlecht oder die geschlechtliche Identität anknüpft.

- Unter dem Begriff der politischen Überzeugung ist insbesondere zu verstehen, dass der Ausländer in einer Angelegenheit, die die potenziellen Verfolger sowie deren Politiken oder Verfahren betrifft, eine Meinung, Grundhaltung oder Überzeugung vertritt, wobei es unerheblich ist, ob er auf Grund dieser Meinung, Grundhaltung oder Überzeugung tätig geworden ist.

Bei der Bewertung der Frage, ob die Furcht eines Ausländers vor Verfolgung begründet ist, ist es unerheblich, ob er tatsächlich die Merkmale der Rasse oder die religiösen, nationalen, sozialen oder politischen Merkmale aufweist, die zur Verfolgung führen, sofern ihm diese Merkmale von seinem Verfolger zugeschrieben werden.

2.5 Akteure, von denen Verfolgung ausgehen kann und die Schutz bieten können

Die Verfolgung kann nach § 3c AsylG ausgehen vom Staat, von Parteien oder Organisationen, die den Staat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebiets beherrschen, oder nichtstaatlichen Akteuren, sofern Staat, Parteien oder Organisationen, die den Staat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebiets beherrschen, sowie internationaler Organisationen erwiesenermaßen nicht in der Lage oder nicht willens sind, Schutz vor Verfolgung zu bieten, und dies unabhängig davon, ob in dem Land eine staatliche Herrschaftsmacht vorhanden ist oder nicht.

Schutz vor Verfolgung kann nach § 3d AsylG nur geboten werden vom Staat oder von Parteien oder Organi-

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sationen einschließlich internationalen Organisationen, die den Staat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebiets beherrschen, sofern sie willens und in der Lage sind, Schutz zu bieten. Der Schutz vor Verfolgung muss gemäß § 3 d AsylG wirksam und darf nicht nur vorübergehender Art sein. Generell ist ein solcher Schutz gewährleistet, wenn von den genannten Akteuren geeignete Schritte eingeleitet worden sind, um die Verfolgung zu verhindern, beispielsweise durch wirksame Rechtsvorschriften zur Ermittlung, Strafverfolgung und Ahndung von Handlungen, die eine Verfolgung darstellen, und wenn der Ausländer Zugang zu diesem Schutz hat.

2.6 Subsidiärer Schutz

Ein Ausländer ist gemäß § 4 Abs. 1 AsylG subsidiär Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Als ernsthafter Schaden gilt:

- die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe,

- Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung oder

- eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts.

Ein Ausländer ist aber nach § 4 Abs. 2 AsylG von der Zuerkennung subsidiären Schutzes nach Absatz 1 ausgeschlossen, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass er ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen hat, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen festzulegen, eine schwere Straftat begangen hat, sich Handlungen zuschulden kommen lassen hat, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen, wie sie in der Präambel und den Artikeln 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen[66] verankert sind, zuwiderlaufen oder eine Gefahr für die Allgemeinheit oder für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellt. Diese Ausschlussgründe gelten auch für Ausländer, die andere zu den genannten Straftaten oder Handlungen anstiften oder sich in sonstiger Weise daran beteiligen.

2.7 Nachfluchttatbestände

Wer unverfolgt in das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland einreist, kann grundsätzlich kein Asyl in Anspruch nehmen. Eine Ausnahme gilt dann, wenn sich während des Aufenthalts in der Bundesrepublik Deutschland Umstände im Heimatland eingestellt haben, die nun Anlass zur Flucht gäben. Es handelt sich um objektive Nachfluchttatbestände.[67]

Subjektive Nachfluchttatbestände, die der Asylbewerber nach Verlassen des Heimatstaates aus eigenem Ent-schluss geschaffen hat, können nur

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dann[68] als politische Verfolgung angesehen werden, wenn sie sich als Ausdruck und Fortführung einer schon während des Aufenthalts im Heimatstaat vorhandenen und erkennbar betätigten festen Überzeugung darstellen. Eine Verfolgungsprovokation ist somit nicht asylrechtsbegründend.[69]

2.8 Verfahren

Über Asylanträge entscheidet nach § 5 Abs. 1 AsylG das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt). Es ist nach Maßgabe dieses Gesetzes auch für ausländerrechtliche Maßnahmen und Entscheidungen zuständig.[70]

Die Entscheidung über den Asylantrag ist nach § 6 AsylG in allen Angelegenheiten verbindlich, in denen die Anerkennung als Asylberechtigter oder die Zuerkennung des internationalen Schutzes im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 2 rechtserheblich ist. Dies gilt nicht für das Auslieferungsverfahren sowie das Verfahren nach § 58a des Aufenthaltsgesetzes.

Der Ausländer kann sich gemäß § 9 Abs. 1 AsylG an den Hohen Flüchtlingskommissar der Vereinten Nationen wenden. Dieser kann in Einzelfällen in Verfahren beim Bundesamt Stellung nehmen. Er kann Ausländer aufsuchen, auch wenn sie sich in Gewahrsam befinden oder sich im Transitbereich eines Flughafens aufhalten. Das Bundesamt übermittelt nach § 9 Abs. 2 AsylG dem Hohen Flüchtlingskommissar der Vereinten Nationen auf dessen Ersuchen die erforderlichen Informationen zur Erfüllung seiner Aufgaben nach Art. 35 GFK.

Für Ausländer aus sicheren Herkunftsländern (§ 29 a AsylG), die über einen Flughafen einreisen (vgl. § 18a AsylG) und bei der Grenzbehörde um Asyl nachsuchen, ist das Asylverfahren vor der Einreise durchzuführen, soweit die Unterbringung auf dem Flughafengelände während des Verfahrens möglich ist. Diese Regelung gilt auch für Ausländer, die sich nicht mit einem gültigen Pass oder Passersatz ausweisen und ebenfalls über einen Flughafen einreisen. Für die Dauer des Verfahrens ist ein Verlassen des Transitbereiches nicht möglich (Flughafenregelung). Lehnt die Außenstelle des Bundesamtes am Flughafen den Asylantrag als offensichtlich unbegründet ab, so ist dem Asylbewerber die Einreise zu verweigern (§ 18 a Abs. 2, 3 AsylG). Der Asylbewerber kann in diesem Fall mit einem Antrag an das zuständige Verwaltungsgericht im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes um Gewährung der Einreise nachsuchen (§ 18a Abs. 4 AsylG). Bleibt dieser Antrag ohne Erfolg, so wird die Zurückweisung des Ausländers vollzogen. Das Asylverfahren wird unmittelbar auf dem Flughafengelände, bei der Außenstelle des Bundesamtes, durchgeführt, die der Grenzkontrollstelle zugeordnet ist. Der Ausländer kann hier seinen Asylantrag stellen und wird unverzüglich nach Antragstellung durch das Bundesamt angehört (§ 18a Abs. 1 S. 3, 4 AsylG). Das Bundesamt muss innerhalb von zwei Tagen über den Asylantrag entscheiden, anderenfalls wird dem Asylbewerber die Einreise gestattet (§ 18a Abs. 6 Nr. 2 AsylG). Wird der Bundespolizei bekannt, dass sich in einem an-

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kommenden Flugzeug ein Asylsuchender befindet, kann noch an Bord eine Kontrolle erfolgen. Wenn ein Grund vorliegt, die Einreise zu verweigern, darf der Flüchtling die Maschine gar nicht erst verlassen und die Fluggesellschaft muss ihn zurück transportieren.

3. Einwanderungsgesetz

Mit einer Reihe von Gesetzesänderungen versucht die Bundesrepublik Deutschland die legale Einwanderung von Nicht-EU-Ausländern zu erleichtern. So wurde nach monatelangen Verhandlungen der Entwurf für ein Fachkräfteeinwanderungsgesetz beschlossen. Dieses sollt die Hürden für arbeitswillige Nichteuropäer ab 2020 deutlich senken.

Das Fachkräfteeinwanderungsgesetz[71] setzt sich zum Ziel, Deutschland für Nicht-EU-Ausländer mit einer Berufsausbildung attraktiver zu machen. Künftig soll die Zuwanderung nach Deutschland nicht mehr auf Berufe beschränkt werden, in denen es eine große Nachfrage gibt. Damit haben grundsätzlich alle Arbeitnehmer, die ausreichend qualifiziert sind und einen Arbeitsvertrag haben, die Möglichkeit, nach Deutschland einzuwandern. Die Vorrangprüfung - also die Prüfung, ob ein anderer Arbeitnehmer aus Deutschland oder einem anderen EU-Land den Job übernehmen kann -fällt weg. Um die Stellenbesetzung zu erleichtern, können Menschen mit Berufsausbildung für sechs Monate einen Aufenthalt zur Arbeitsplatzsuche erhalten. Voraussetzung ist, dass die zuständige Anerkennungsstelle vorher bestätigt hat, dass der Abschluss der Person einem deutschen Abschluss entspricht, dass die Person über die notwendigen Deutschkenntnisse verfügt und sie während der Suche nach einem Arbeitsplatz für ihren Lebensunterhalt selbst aufkommen kann. Damit soll eine Ausdehnung des heute schon im internationalen Vergleich liberalen Einwanderungsrechts für Hochqualifizierte und besonders gefragte Arbeitnehmer auf Bereiche ohne Fachkräftemangel erfolgen. Einen solchen Fachkräftemangel stellt die Bundesagentur für Arbeit aktuell in 33 von Hunderten von Berufen fest - etwa für Klempner, Pfleger und Zimmerleute.

V. Besondere Bestimmungen für Unionsbürger

1. Aufenthaltsrecht nach dem deutschen Gesetz über die allgemeine Freizügigkeit von Unionsbürgern

Das deutsche Gesetz über die allgemeine Freizügigkeit von Unionsbürgern - Freizügigkeitsgesetz/EU[72] regelt den Aufenthalt der Unionsbürger und ihrer Familienangehörigen. Freizügigkeitsberechtigte Personen werden in § 1 Abs. 1 Freizügigkeitsgesetz/EU aufgeführt wie beispielsweise Arbeitnehmer und Arbeitsuchende, Studenten und Auszubildende, Niedergelassene, Selbständige, Erwerbstätige, Erbringer und Empfänger von Dienstleistungen, nichterwerbstätige Unionsbürger, Familienangehörige, Daueraufenthaltsberech-tigte, wobei die Unionsbürgerschaft als

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Anknüpfungspunkt für das Freizügigkeitsrecht besteht.

Die Beendigung des Aufenthaltsrechts folgt bei Verlust des Freizügigkeitsrechts wegen Wegfalls der Voraussetzungen oder des Daueraufenthaltsrechts oder des Freizügigkeitsrechts oder des Freizügigkeitsrechts aufgrund "der öffentlichen Ordnung, Sicherheit oder Gesundheit" (Art. 6 Abs. 1 S. 1 Freizügigkeitsgesetz/EU).

Eine besondere Regelung besteht für die türkischen Staatsangehörigen. Das Aufenthaltsrecht türkischer Staatsangehöriger, die dem regulären Arbeitsmarkt der Bundesrepublik Deutschland angehören, ist in Art. 6 ARB Nr. 1/80 geregelt. Für Familienangehörige bestehen Sonderregelungen des Art. 7 ARB Nr. /80. (1) Vorbehaltlich der Bestimmungen in Art. 7 über den freien Zugang der Familienangehörigen zur Beschäftigung hat der türkische Arbeitnehmer, der dem regulären Arbeitsmarkt eines Mitgliedstaats angehört, in diesem Mitgliedstaat

- nach einem Jahr ordnungsgemäßer Beschäftigung Anspruch auf Erneuerung seiner Arbeitserlaubnis bei dem gleichen Arbeitgeber, wenn er über einen Arbeitsplatz verfügt;

- nach drei Jahren ordnungsgemäßer Beschäftigung - vorbehaltlich des den Arbeitnehmern aus den Mitgliedstaaten der Gemeinschaft einzuräumenden Vorrangs - das Recht, sich für den gleichen Beruf bei einem Arbeitgeber seiner Wahl auf ein unter normalen Bedingungen unterbreitetes und

bei den Arbeitsämtern dieses Mitgliedstaates eingetragenes anderes Stellenangebot zu bewerben;

- nach vier Jahren ordnungsgemäßer Beschäftigung freien Zugang zu jeder von ihm gewählten Beschäftigung im Lohn- oder Gehaltsverhältnis.

2. Einwanderungspolitik

Die Union entwickelt gemäß Art. 79 Abs. 1 AEUV eine gemeinsame Einwanderungspolitik, die in allen Phasen eine wirksame Steuerung der Migrationsströme, eine angemessene Behandlung von Drittstaatsangehörigen, die sich rechtmäßig in einem Mitgliedstaat aufhalten, sowie die Verhütung und verstärkte Bekämpfung von illegaler Einwanderung und Menschenhandel gewährleisten soll.

Für die Zwecke des Absatzes 1 erlassen gemäß Art. 79 Abs. 2 AEUV das Europäische Parlament und der Rat gemäß dem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren Maßnahmen in folgenden Bereichen:

- Einreise- und Aufenthaltsvoraussetzungen sowie Normen für die Erteilung von Visa und Aufenthaltstiteln für einen langfristigen Aufenthalt, einschließlich solcher zur Familienzusammenführung, durch die Mitgliedstaaten;

- Festlegung der Rechte von Drittstaatsangehörigen, die sich rechtmäßig in einem Mitgliedstaat aufhalten, einschließlich der Bedingungen, unter denen sie sich in den anderen Mitgliedstaaten

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frei bewegen und aufhalten dürfen;

- illegale Einwanderung und illegaler Aufenthalt, einschließlich Abschiebung und Rückführung solcher Personen, die sich illegal in einem Mitgliedstaat aufhalten;

- Bekämpfung des Menschenhandels, insbesondere des Handels mit Frauen und Kindern.

Die Europäische Union kann nach Art. 79 Abs. 3 AEUV mit Drittländern Übereinkünfte über eine Rückübernahme von Drittstaatsangehörigen in ihr Ursprungs- oder Herkunftsland schließen, die die Voraussetzungen für die Einreise in das Hoheitsgebiet eines der Mitgliedstaaten oder die Anwesenheit oder den Aufenthalt in diesem Gebiet nicht oder nicht mehr erfüllen.[73]

D. Abschließende Bemerkungen

Die Asyl- und Flüchtlingspolitik wird regelmäßig von Menschenrechtsorganisationen und Institutionen kritisiert, da nicht der Schutz von, sondern der Schutz vor Flüchtlingen im Mittelpunkt aller gesetzlicher Regelungen stehe. Gesetzestechnisch sind die Bestimmungen völlig missglückt. Sie sind schlecht formuliert, zu umfangreich, unübersichtlich, verwirrend und damit für den für Laien nicht mehr verständlich und für den Juristen insbesondere wegen der zahllosen Verweisungen nur schwer durchschaubar. Obwohl hier nur ein kurzer Überblick über die Normen gegeben wird, ist erkennbar, dass das gesamte deutsche Flüchtlings- und Asylrecht ein Monstrum ist und damit eines Rechtsstaates unwürdig. Anwälte, die Flüchtlinge vertreten, die kein Aufenthaltsrecht mehr genießen, finden eine Fülle von Möglichkeiten, den Aufenthalt zu verlängern und gerechtfertigte Abschiebungen zu verhindern. Der Schutz der öffentlichen Sicherheit und Ordnung tritt regelmäßig hinter den dem Flüchtling eingeräumten Rechten zurück, auch wenn das immer wieder bestritten wird. Einigen wenigen Protesten gegen die Abschiebung von Gewaltverbrechern wird in den Medien mehr Aufmerksamkeit geschenkt als der überwältigenden Mehrheit der Bevölkerung, die diese Abschiebungen gutheißt, aber nicht auf die Straße geht und demonstriert.

Das Völkerrecht sowie das deutsche und europäische Recht versuchen auf der einen Seite, den politischen Flüchtlingen Schutz zu gewähren, auf der anderen Seite aber die Zahl der wirtschaftlichen Flüchtlinge zu begrenzen, da keine Person das Recht hat, in das Land ihrer Wahl einzureisen, das in der Regel dasjenige sein wird, das finanziell am meisten für den einzelnen Flüchtling tut. Auch reichere Länder sind durch eine solche Zuwanderung längst nicht nur finanziell überfordert[74], glaubt man den kritischen Stimmen in den für die Aufnahme der Flüchtlinge zuständigen Gemeinden. Auch ist der wachsenden Gruppe der Bevölkerung entgegenzukommen, die sich darüber beklagt, sich in der eigenen Heimat immer mehr als Fremde zu fühlen, - auch wenn dieses Gefühl nicht in allen Regionen Europas berechtigt sein mag. Das Bestreben muss daher sein, die Länder,

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aus denen die größten Flüchtlingsströme kommen, insoweit zu unterstützen, dass kein Anlass für eine Flucht aus wirtschaftlichen Gründen besteht. Auch die wirtschaftlichen Flüchtlinge würden lieber in ihrer Heimat als in der Fremde leben. Die Aufnahme von Flüchtlingen aus Notstandsgebieten sollte jedoch eine humanitäre Pflicht sein, allerdings müssen auch hier die Lasten gerecht zwischen den Aufnahmeländern verteilt werden. Daran arbeitet die Europäische Union. Die Freizügigkeit und Niederlassungsfreiheit der Unionsbürger ist hingegen eine Errungenschaft, die es zu verteidigen gilt.

Schließlich seien noch einige kritische Anmerkungen zur Asylpolitik der deutschen Bundeskanzlerin erlaubt:[75] Der Rechtsstaat funktioniert nur, wenn auch die Politik die Bindung durch das Recht und die Gesetze anerkennt. Heute, insbesondere in Zusammenhang mit der Flüchtlingskrise, setzt sich die Politik immer häufiger über das Recht, auch über das Völkerrecht, hinweg. Auch die Bundesregierung und die Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel sind an das Völkerrecht, die Verfassung und die Gesetze gebunden.

Das Dublin-System der Verteilung des Asylsuchenden funktioniert nicht, weil die deutsche Politik der Willkommenskultur die Staaten Europas veranlasst hat, die Flüchtlinge nach Deutschland weiterzureichen. Viele Menschen in Afrika und in den asiatischen Ländern machen sich gerade wegen der Politik der offenen Tür auf den Weg nach Deutschland. Deutschland nimmt seit langem mehr Asylsuchende auf als es müsste. Nach den von der Bundesrepublik Deutschland angewendeten Standards wären mehr als zwei Drittel der Weltbevölkerung, also etwa 4.88 Milliarden Menschen, in Deutschland "asylberechtigt". Die meisten der ankommenden Flüchtlinge haben aber keinen Anspruch auf Asyl, sie werden gleichwohl ins Land gelassen. Es wird ihnen eine Bleibeperspektive gegeben, die rechtlich nicht besteht, da es sich in den meisten Fällen um Arbeitsmigration, schlimmstenfalls um eine Einwanderung in das deutsche Sozialsystem handelt. Auch stellt sich die Frage, ob die nach Deutschland eingewanderten Flüchtlinge sich rechtmäßig in Deutschland befinden. Das ist zu bezweifeln, da viele Flüchtlinge rechtswidrig ohne Kontrolle hereingelassen wurden und immer noch hereingelassen werden. Sie können also nach Art. 32 Genfer Flüchtlingskonvention ausgewiesen werden. Aber auch ein Asylberechtigter hat zunächst grundsätzlich keinen Anspruch für alle Zeiten im Lande zu bleiben, sondern nur solange die Verfolgungsgründe gegeben sind.[76] Der Hinweis, dass sich Terroristen unter die Flüchtlinge mischen könnten, wurde heftig bestritten; heute vermutet man, dass vielleicht Hunderte diesen Weg genommen haben und nicht nur die unterdessen bekannten menschenverachtenden und getöteten Killer. Die große Zahl der zu Straftaten bereiten Personen, das Bundeskriminalamt[77] zählt 760 islamistische Gefährder, erfordert eine Beobachtung rund um die Uhr; damit werden Polizeikräfte gebunden, die andernorts fehlen. Nun wird von den EU-Partnern verlangt, dass sie eine große Zahl der

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nach Deutschland hereingebetenen Flüchtlinge aufnehmen. Diese weisen ein solches Ansinnen weit von sich, zumal sie es gegenüber der eigenen Bevölkerung, bei der die deutsche Bundeskanzlerin einen massiven Ansehensverlust zu verzeichnen hat, nicht vertreten können. Damit wirklich die Grenze geschlossen bleiben, werden in Nachbarländern rechtsextreme bis rechtsradikale Parteien in die Regierungsverantwortung gewählt oder zumindest gestärkt. Sogar der Brexit-wunsch wurde bei den Briten gestärkt. Auch ein Deutschland gibt es nun eine starke Kraft rechts der CDU/CSU, aber auch eine Vielzahl rechtsextremer Ge-walttäter.[78]

Die Einreise erfolgte 2015 entgegen der weltweit geltenden Regeln ohne sich ausweisen zu können, sogar ohne registriert zu werden. Damit wurde die Souveränität der Bundesrepublik Deutschland gefährdet. Es hieß, das kurze Stück Grenze zwischen Deutschland und Österreich sei nicht zu sichern, gleichzeitig aber fordert man die Sicherung die Grenze zwischen der Türkei und dem Irak sowie Syrien. Als Preis zahlt man Milliarden an die Türkei und verspricht der Türkei, die sich immer weiter von einem rechtsstaatlichen System entfernt, die Mitgliedschaft in der Europäischen Union, übersieht aber, dass dann Millionen von Türken und Kurden in die Bundesrepublik Deutschland im Rahmen der Freizügigkeit umsiedeln können; schon jetzt fliehen viele Kurden vor dem selbstherrlichen Kurdenbekämp-fer Recep Tayyip Erdogan.

Straftaten der Flüchtlinge werden nicht zur Anzeige angenommen, Straftatbestände und Ordnungswidrigkeitentatbestände können ohne rechtliche Konsequenzen verwirklicht werden. Zivilrechtliche Ansprüche gegen Flüchtlinge werden nicht durchgesetzt. Landkreise übernehmen den Schadensersatz. Während deutsche Bürger für Bus und Bahn zahlen müssen, haben Asylbewerber freie Fahrt. Aus Angst vor Übergriffen werden Fahrkarten nicht kontrolliert. In Bäder, Busse, Bahnen verschafft man sich Zutritt ohne zu bezahlen und bei Protest heißt es, man sei Gast von Frau Merkel. Damit wird nicht nur gegen einschlägige Gesetze verstoßen, sondern auch gegen den verfassungsrechtlichen Gleichheitsgrundsatz. Im Übrigen ist es längst erforderlich, dass bei der Täteranalyse neben der Staatsangehörigkeit auch der Migrationshintergrund erfasst wird, da viele Täter bereits die deutsche Staatsangehörigkeit erworben haben.

An den Grenzen, rings um Flüchtlingsunterkünfte, ja manchmal rings um den Flüchtling selbst, entstehen rechtsfreie Räume, die eines Rechtsstaates unwürdig sind. Es ist keine Nachricht mehr wert, dass die Polizei oft täglich viele Male in Flüchtlingsunterkünften einschreiten muss, manchmal mit einer Hundertschaft. Würden sich nicht die Anwohner beschweren, erführe man davon nichts. Es ist also kein Wunder, dass manche Bürger die Bundesrepublik Deutschland unterdessen als failed state betrachten.

Viele Bürger warteten Jahrzehntelang auf verbesserte Infrastruktur, also

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bessere Straßen, besser ausgestattete Kindergärten, Schulen, Universitäten, aber es fehlte an Geld; plötzlich stehen aber Milliarden (2018: 23 Milliarden) zur Verfügung, um die Flüchtlinge zu versorgen. Deutsche Familien, Obdachlose, Arbeitslose, die schon lange auf bessere Verhältnisse und mehr Unterstützung warten, gehen leer aus.[79]

Aber Versagen ist nicht nur der Bundeskanzlerin vorzuwerfen, sondern auch vielen Landesregierungen, die Straftaten von Fremden übersehen, Abzuschiebende nicht abschieben. Auch wenn schnelleres Abschieben versprochen wird, weiß man, dass dies teilweise wegen komplizierter Gesetze und des refoulement-Verbots nicht oder nur schwer möglich sein wird oder weil man das Herkunftsland vieler Flüchtlings nicht ausfindig machen kann. Flüchtlinge durften teilweise unregistriert in die Bundesrepublik Deutschland einreisen und haben unterdessen längst ihre Ausweise vernichtet. Aber auch Heimatländer nehmen die Flüchtlinge nicht zurück, vor allem dann nicht, wenn sie sich in der Fremde strafbar gemacht haben. Das Versagen bei der Abschiebung vermittelt den Eindruck eines schwachen Staa-tes[80]. Der Rechtsstaat wird allenthalben vorgeführt. Die Bürger haben das Vertrauen in rechtsstaatliche Maßnahmen längst verloren und werden zum Teil in die Arme derjenigen getrieben, die einen autoritären Staat fordern.

Es geht also in der Flüchtlingskrise nicht nur um die Bewältigung eines Problems, es geht auch um das Überleben unserer Rechtsstaatlichkeit, um das Überleben unseres Staates und seiner Werteordnung. Es waren die rechtsstaatlichen Spielregeln, die Deutschland erst so lebenswert gemacht haben, dass es für Millionen von Flüchtlingen das Ziel ihrer Träume wurde.[81] Diese Errungenschaften sollten wir nicht leichtfertig verspielen. Es ist also kein Wunder, dass uns ausländische Zeitungen mit Häme überschütten, wenn wir gerade das nun tun. Die Politik der Bundesregierung ist schuld, dass die Menschen verunsichert sind, Angst haben, nachts aus dem Haus zu gehen, sich vor Einbrüchen fürchten, sich mit Selbstschutzsprays und Ähnlichem eindecken, Fußballstadien, Badeanstalten, Bahnhöfe, Fußgängerzonen, Busse, Züge, U-Bahnen, Volksfeste, Weihnachtsmärkte meiden, dass der Schulunterricht und der Sport ausfällt, weil die Hallen und Plätze mit Flüchtlingen belegt sind und dass man fürchtet, der Staat werde privates Eigentum an Wohnungen und Häusern beschlagnahmen, um dort Flüchtlinge unterzubringen. Man erwartet, dass wir unsere Lebensgewohnheiten den Einwanderern anpassen, nicht umgekehrt! Unsere Freiheiten und unsere Werte sind in Gefahr! Der Staat hat sich schützend vor seine Bürger zu stellen, dazu ist er aufgrund der Verfassung, insbesondere der Grundrechte, verpflichtet. Adressat der Schutzpflichten ist in erster Linie der Gesetzgeber, aber auch die Verwaltung und die Gerichte.[82]

Im Übrigen müsste nach der We-sentlichkeitsrechtsprechung des Bun-desverfassungsgerichts[83] der Bundesrepublik Deutschland eine solche Entscheidung, Hundertausende von Flüchtlingen, zum größten Teil ohne

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gesetzliche Grundlage, ins Land zu lassen, vom Parlament getroffen werden.[84] Dieses muss unter Umständen in Zukunft auch Quoten für Migranten bestimmen. Nicht die Bundeskanzlerin allein kann über die Zuwanderung entscheiden und im Alleingang Deutschland eine neue Identität[85] verschaffen und Probleme verursachen, die die Bürger, deren Kinder und Kindeskinder noch viele Jahrzehnte, wenn nicht gar für immer, beschäftigen werden[86]. Es drohen Parallelgesellschaften, in denen die deutsche Leitkultur, Werte des christlichen Abendlandes durch Werte des Islam und patriarchalische Strukturen ersetzt werden, die mit unseren tradierten Werten nicht in Einklang zu bringen sind. Denn immerhin kommen die Flüchtlinge aus einem fremden Kulturkreis mit uns fremden Sitten und Gebräuchen, mit einer Religion, die Frauen als minderwertig und dem Mann untertan betrachtet, die das Töten von Ungläubigen und erst recht ein Weniger wie Körperverletzungen, Diebstahl und Betrug billigt. Es sind Menschen, die keineswegs alle so glänzend ausgebildet sind, wie man uns anfangs weismachen wollte, die unter Umständen in unserem Land keinen Anschluss finden, keine Arbeit bekommen, vor allem dann nicht, wenn sich die Konjunktur abschwächt oder Parteien an die Macht kommen, die die Wirtschaft aus ideologischen Gründen knebeln. Sie werden dann in großer Zahl in die Kriminalität abdriften oder sich fanatischen "Gotteskriegern" anschließen und damit das Land noch unsicherer machen.[87]

Und wieso soll nun die Integration klappen, obwohl sie doch bei Millionen von Fremden bislang nicht geklappt hat, nicht einmal bei allen DDR-Bürgern. Woher nehmen die Bundesregierung und manche Parteienvertreter nur ihren Optimismus, dass wir das schaffen! Glauben sie an das, was sie sagen, oder fehlt einfach der Wille und der Verstand die Realität wahrzunehmen. Oder geht es nur darum, der Kanzlerin zu erlauben ihr Gesicht zu wahren. Aber wegen ihr dürfen wir nicht unsere Identität opfern.

Bei Kritik und Geltendmachung von Bedenken gegenüber der Flüchtlingspolitik werden weite Kreise der Bevölkerung als rechtsradikal, fremdenfeindlich, rassistisch, islamophob oder als Nazis denunziert. Das erinnert an Praktiken in Russland gegenüber Personen, die sich kritisch über Putins Politik in der Ukraine äußern. Den Medien, den Parteien, den Landesregierungen und der Bundesregierung und vor allem der Kanzlerin wird misstraut, vor allem weil Wahrheiten verschwiegen werden. Wie einst in der DDR oder heute in Russland unter Putin und in der Türkei unter Erdogan muss man ausländische Zeitungen und Zeitschriften studieren oder ausländische Rundfunkprogramme einschalten, um wahrheitsgemäß über deutsche Politik und die Flüchtlinge informiert zu werden. Unzweifelhaft verurteilungswürdige Übergriffe auf die Flüchtlinge werden in größter Ausführlichkeit dokumentiert und kommentiert, während entsprechende Übergriffe der Flüchtlinge auf deutsche Bürger totgeschwiegen werden.[88] Die schrecklichen Sexual-

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morde und Terroranschläge verunsicherten die Bevölkerung. Wie noch nie in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland müssen heute Kenntnisse in diesem Zusammenhang privat mündlich oder per Mobiltelefon weitergeleitet werden, was natürlich nicht immer zu korrekten Berichterstattung beiträgt. Meinungsäußerungsfreiheit, soweit sie überhaupt noch in diesem Bereich vorhanden ist, wird in vorauseilender Selbstzensur der Political Correctness geopfert. Dass die Allgemeinheit über die Ausländerkriminalität von der Bundesregierung und den Medien nicht bzw. unrichtig informiert wird, ist schon seit mehr als einem Jahrzehnt bekannt. Hinweise, dass das Problem der Ausländerkriminalität nicht lösbar sei, wenn es ignoriert wird, werden mit dem Vorwurf der Ausländerfeindschaft und des Rassismus beantwortet. Heute lassen sich aber die Menschen davon nicht mehr beeindrucken. Eigentlich müsste man wissen, dass diese Verschleierungspolitik die Bevölkerung noch viel misstrauischer macht.

Zudem haben wir von der erfolgreichen Revolution in der DDR gelernt: "Wir sind das Volk". Die Bundeskanzlerin sei auch in diesem Zusammenhang an ihren Amtseid erinnert, der lautet: "Ich schwöre, dass ich meine Kraft dem Wohle des deutschen Volkes widmen, seinen Nutzen mehren, Schaden von ihm wenden, das Grundgesetz und die Gesetze des Bundes wahren und verteidigen, meine Pflichten gewissenhaft erfüllen und Gerechtigkeit gegen jedermann üben werde. So wahr mir Gott helfe." Es geht also darum, vom "deutschen" Volk Schaden zu wenden und nicht von anderen Völkern zu Lasten der Deutschen. Merkels Kurs der offenen Grenzen war eine Kapitulation des Rechtsstaats, wie sie bislang wohl nur einmal in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland zu verzeichnen war, nämlich im Zusammenhang mit den Ostverträgen und der deutschen Ostpolitik der sozialliberalen Koalition. Die Sicherheit des Zufluchtsstaates oder der in ihm lebenden Menschen genießen Vorrang gegenüber dem Asylrechtsschutz für politisch Verfolgte. Die Sicherheit des Staates als verfasster Friedens- und Ordnungsmacht und die von ihm zu garantierende Sicherheit seiner Bevölkerung sind Verfassungswerte, die mit anderen im gleichen Rang stehen und unverzichtbar sind, weil die Institution Staat von ihnen die eigentliche und letzte Rechtfertigung herleitet.[89] Es wäre nicht zu verantworten, die Sicherheitsinteressen von Staat und Allgemeinheit schlechthin hinter dem Interesse der Asylbewerber an Verfolgungsschutz zurücktreten zu lassen.[90]

Weder das Völkerrecht noch das Verfassungsrecht gebieten eine umfassende Politik der Willkommenskultur; vielmehr ist diese zu beschränken, da mit ihr die wirklich politisch Verfolgten, die verfassungsrechtlich ein Indi-vidualrecht auf Asyl haben, benachteiligt werden. Und ein Bekenntnis zum Einwanderungsland Bundesrepublik Deutschland bedeutet nicht, dass jeder kommen kann, der will. Einreisekontrolle, Registrierung und gegebenenfalls Abschiebungen gehören ebenfalls zu einem Einwanderungsrecht wie legale

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Zugangswege für Fachkräfte, Familienangehörige und echte Flüchtlinge.[91] Die Migrationspolitik der Bundesrepublik Deutschland hat der Steuerung, Kontrolle und Begrenzung des Zuzugs von Ausländern zu dienen. Die Regierung muss dabei aber auch die Aufnahme- und Integrationsfähigkeit der Gesellschaft sowie wirtschaftliche und arbeitsmarktpolitische Interessen berücksichtigen, zugleich aber auch humanitären Verpflichtungen erfüllen.[92] Die Interessen der deutschen Nation sind dabei nicht aus dem Blickwinkel zu verlieren. ■

NOTEN

[1] Geschätzte Anzahl der im Mittelmeer ertrunkenen Flüchtlinge in den Jahren von 2014 bis 2019 (Stand: 14.05.2019): https://de.statista.com/statistik/daten/studie/892249/umfrage/im-mittelmeer-ert-runkenen-fluechtlinge/. Im Jahr 2018 ertranken rund 2.300 Flüchtlinge im Mittelmeer. Im Jahr 2019 starben bis zum 14.05. 494 Menschen bei der Flucht über das Mittelmeer. - Mehr als 1500 Flüchtlinge sind nach UN-Angaben in den ersten sieben Monaten des Jahres 2018 im Mittelmeer ertrunken. Mehr als die Hälfte von ihnen sei dabei im Juni und Juli gestorben, teilte das UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR in Genf mit. Demnach stieg die Zahl der Todesfälle, obwohl die Gesamtzahl der über das Mittelmeer nach Europa gekommenen Menschen zuletzt deutlich sank. Laut UNHCR gelangten seit Januar 2018 ungefähr 60.000 Flüchtlinge nach Europa. In den ersten sieben Monaten des Vorjahres seien es etwa doppelt so viele gewesen. In Spanien kamen von Januar bis Juli 2018 schon 23.500 Menschen an - so viele wie im gesamten Jahr 2017. Italien verzeichnete 18.500 Ankünfte, in Griechenland waren es 16.000. So n-tv, https://www.n-tv.de/poli-tik/1500-Fluechtlinge-ertranken-im-Mittelmeer-article20558211.html.

[2] Als im Herbst 2013 innerhalb weniger Tage an die 400 Flüchtlinge im Mittelmeer ertranken, organisierte die italienische Regierung die Operation Mare Nostrum. Darunter versteht man eine Operation der italienischen Marine und Küstenwache, Flüchtlinge aus meist afrikanischen Ländern, die versuchen, über das Mittelmeer nach Italien zu fliehen, zu retten. Bis Mitte Mai 2014 erreichten über 36.000 Flüchtlinge die italienische Küste (Arrouas, Michelle: At Least 14 Dead as Boat Bearing Migrants Sinks South of Italy, Time, 13.05.2014), bis Ende August 2014 waren es 80.000. Die Operation Mare Nostrum endete am 31.10.2014. Am folgenden Tag begann die Operation Triton unter Führung der EU-Grenzagentur Frontex.

[3] Triton ist eine Mission der europäischen Agentur Frontex, die im Auftrag der EU die Sicherung der europäischen Grenzen in Italien gewährleisten soll. Sie begann am 01.11.2014 und soll zunächst bis Dezember 2015 durchgeführt werden. Im Gegensatz zu Mare Nostrum beschränkt sich "Triton" in erster Linie auf die Sicherung der Grenzen.

[4] Die Europäische Agentur für die operative Zusammenarbeit an den Außengrenzen der Mitgliedstaaten der Europäischen Union (Frontex)(englisch: European Agency for the Management of Operational Cooperation at the External Borders of the Member States of the European Union) ist eine Gemeinschaftsagentur der EU mit Sitz in Warschau und zuständig für die Zusammenarbeit der Mitgliedstaaten an den Außengrenzen der EU. Frontex wurde durch die Verordnung (EG) 2007/2004 des Rates der Europäischen Union vom 26.10.2004 errichtet und durch die Verordnung (EG) 1168/2011 des Rates der Europäischen Union vom 25.10.2011 geändert. Vgl. Fischer-Lescano, Andreas/Tohidipur, Timo: Europäisches Grenzkontrollregime. Rechtsrahmen der europäischen Grenzschutzagentur FRONTEX. in: ZaöRV, Bd. 67 (2007), S. 1219 ff.

[5] Text: UNTS, Bd. 213, S. 221; BGBl. 1950 II, S. 685 ff.

[6] Schengen ist ein Ort in Luxemburg an den Grenzen zu Deutschland und Frankreich.

[7] Übereinkommen zur Durchführung des Übereinkommens von Schengen vom 14.06.1985 zwischen den Regierungen der Staaten der Benelux-Wirtschafts-union, der Bundesrepublik Deutschland und der Französischen Republik betreffend den schrittweisen Abbau der Kontrollen an den gemeinsamen Grenzen vom 19.06.1990 (Amtsblatt Nr. L 239 vom 22.09.2000. S. 0019 - 0062; BGBl. 1993 II, S. 1013 ff.)

[8] Deutschland, Belgien, Dänemark, Estland, Finnland, Frankreich, Griechenland, Island, Italien, Lettland, Liechtenstein, Litauen, Luxemburg, Malta, Niederlande, Norwegen, Österreich, Polen, Portugal, Schweden, Schweiz, Slowakei, Slowenien, Spanien, Tschechische Republik und Ungarn sind dem Schengener Abkommen beigetreten. Wie man der Aufzählung entnehmen kann, besteht der Schengen-Raum aus sechsundzwanzig Mitgliedsstaaten, von denen zweiundzwanzig den Schengen-Acquis vollstänig und vier von ihnen, Mitglieder des Europäische Freihandelsassoziation (EFTA; vier Staaten, nämlich Island, Liechtenstein, Norwegen und Schweiz; Island, Liechtenstein und Norwegen sind Mitglieder des Europäischen Wirtschaftsraums [EWR]), den Schengen-Acquis durch spezifische Übereinkommen in Bezug auf das Schengener Abkommen umsetzen. Drei der folgenden europäischen Länder sind assoziierte Mitglieder des Schengen-Raums, aber keine Mitglieder der Europäischen Union: Island, Norwegen und die Schweiz. Drei der folgenden Gebiete sind außerordentliche Mitglieder der Europäischen Union und Teil des Schengen-Raums, auch wenn sie sich außerhalb des europäischen Kontinents befinden: die Azoren, Madeira und die Kanarischen Inseln. Andererseits haben drei andere Staaten offene Grenzen, sind aber keine Mitglieder des Schengen-Raums: Monaco, San Marino und Vatikanstadt. Es gibt sechs weitere Mitglieder der Europäischen Union, die dem Schengen-Raum noch nicht beigetreten sind: Irland und das Vereinigte Königreich, das sich noch Austrittsoptionen vorbehält und Rumänien, Bulgarien, Kroatien und Zypern, die in Kürze beitreten sollen und dies auch befürworten.

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[9] Aachenmann, Alberto: Schengen und Asyl. in: Achermann, Alberto/Bieber, Roland/Epiney, Astrid/ Wehner, Ruth (Hrsg.), Schengen und die Folgen. Der Abbau der Grenzkontrollen in Europa, 1995. S. 75 ff.

[10] Übereinkommen über die Bestimmung des zuständigen Staates für die Prüfung eines in einem Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaften gestellten Asylantrags - Dubliner Übereinkommen, Text: Amtsblatt Nr. C 254 vom 19/08/1997 S. 0001 -0012; BGBl. 1994 II, S. 792 ff.

[11] Filzwieser, Christian - Sprung, Andrea: Dublin III-Verordnung. Das europäische Asylzuständigkeitssystem. 2014. S. 22.

[12] Filzwieser - Sprung (Anm. 11). S. 22.

[13] Dazu siehe unten B.II.4.b)bb).

[14] Aufgrund der begrenzten Regelungsbefugnisse befassten sich lediglich intergouvernementale Gremien mit den Fragen der europäischen Asylpolitik. Im Rahmen der intergouvernementale Zusammenarbeit der Mitgliedstaaten wurden das Übereinkommen von Dublin von 1990 und der Schengen-Durchführungsabkommen von 1991 beschlossen. Vgl. dazu oben B.II.2.

[15] Text des Vertrags von Amsterdam http:// www.europarl.europa.eu/brussels/website/media/Basis/Vertraege/Pdf/Vertrag_Amsterdam_konsol.pdf.

[16] Tampere Europäischer Rat, 15. und 16.10.1999, Schlussfolgerungen des Vorsitzes, http:// www.europarl.europa.eu/summits/tam_de.htm.

[17] Der Vertrag von Lissabon reformierte den Vertrag über die Europäische Union (EU-Vertrag) und den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft (EG-Vertrag), der nun den NamenVertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Uni-on(AEU-Vertrag) erhielt.

[18] Text: Amtsblatt der Europäischen Union C 115/13. http://www.europarl.de/resource/static/files/vertrag_lissabon/EU-Vertrag.pdf.

[19] Heute gilt die konsolidierte Fassung des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union; Text: Amtsblatt Nr. C 326 vom 26/10/2012 S. 0001 - 0390.

[20] Richtlinie 2011/95/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13.12.2011 über Normen für die Anerkennung von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Personen mit Anspruch auf internationalen Schutz, für einen einheitlichen Status für Flüchtlinge oder für Personen mit Anrecht auf subsidiären Schutz und für den Inhalt des zu gewährenden Schutzes (Neufassung), ABl. L 337/9; http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?u-ri=OJ:L:2011:337:0009:0026:DE:PDF.

[21] Richtlinie 2001/55/EG des Rates vom 20.07.2001 über Mindestnormen für die Gewährung vorübergehenden Schutzes im Falle eines Massenzustroms von Vertriebenen und Maßnahmen zur Förderung einer ausgewogenen Verteilung der Belastungen, die mit der Aufnahme dieser Personen und den Folgen dieser Aufnahme verbunden sind, auf die Mitgliedstaaten, in: Amtsblatt Nr. L 212 vom 7.8.2001, S. 0012 - 0023; http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=CELEX:32001L0055:DE:HTML.

[22] Vgl. Bundesamt für Migration und Flüchtlinge: http://www.bamf.de/DE/DasBAMF/Aufgaben/EuropaZusammenarbeit/Voruebergehender-Schutz/voruebergehenderschutz-node.html.

[23] Richtlinie 2005/85/EG des Rates vom 01.12.2005 über Mindestnormen für Verfahren in den Mitgliedstaaten zur Zuerkennung und Aberkennung der Flüchtlingseigenschaft, 326:0013:0034:DE:PDF. ABl. L 326/13; http://eur-lex.europa.eu/LexUri-Serv/LexUriServ.do?uri=OJ:L:2005. - Die Richtlinie 2005/85/EG legte Mindestnormen für Asylverfahren fest. Ein Grundprinzip war in Artikel 18 Abs. 1 der Richtlinie 2005/85/EG festgehalten, dem zufolge Personen nicht allein deshalb inhaftiert werden durften, weil sie internationalen Schutz beantragt hatten. Von Bedeutung war auch Artikel 36, der das Konzept der sicheren Drittstaaten, in die Asylsuchende zurückgeschickt werden können, einführte. Die Richtlinie definierte in Artikeln 29 bis 31 auch das Konzept des sicheren Herkunftsstaats: Der Rat erstellte auf Vorschlag der Kommission und nach Anhörung des Europäischen Parlaments mit qualifizierter Mehrheit eine gemeinsame Minimalliste der Drittstaaten, die von den Mitgliedstaaten als sichere Herkunftsstaaten gemäß Anhang II zu betrachten waren. Der Rat konnte die gemeinsame Minimalliste im Einklang mit Anhang II mit qualifizierter Mehrheit auf Vorschlag der Kommission und nach Anhörung des Europäischen Parlaments ändern, indem er Drittstaaten hinzufügte oder strich. Die Kommission prüfte alle Ersuchen des Rates oder eines Mitgliedstaats, einen Vorschlag zur Änderung der gemeinsamen Minimalliste vorzulegen. Mitgliedsstaaten konnten nach Artikel 30 unter bestimmten Umständen weitere Staaten als sichere Herkunftsstaaten behandeln.

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[24] Richtlinie 2013/32/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26.06.2013 zu gemeinsamen Verfahren für die Zuerkennung und Aberkennung des internationalen Schutzes (Neufassung, ABl. L 180/60; http://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/?uri=CELEX:32013L0032.

[25] Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates vom 18.02.2003 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen in einem Mitgliedstaat gestellten Asylantrags zuständig ist, ABl. Nr. L 050 vom 25.02.2003, S. 0001 - 0010; http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=CELEX:32003R0343:DE:HTML.

[26] Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26.06.2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (Neufassung), ABl. L 180/31; http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/Le-xUriServ.do?uri=OJ:L:2013:180:0031:0059:DE:PDF. Dazu ferner unten B.Iv.2.b)bb)(2).

[27] Migration & Bevölkerung. Das Online-Portal zur Migrationsgesellschaft; http://www.migra-tion-info.de/artikel/1999-07-05/eu-eurodac-da-tei-zum-vergleich-fingerabdruecken-asylsuchender.

[28] Dazu Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament und den Rat. Zweiter Jahresbericht über die Fazilität für Flüchtlinge in der Türkei, Brüssel, den 14.03.2018 COM(2018) 91 final, https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/PDF/?u-ri=CELEX:52018DC0091&from=EN. Vgl. Hofmann, Rainer/Schmidt, Adela: Die Erklärung EU-Türkei vom 18.3.2016 aus rechtlicher Perspektive. in: NVwZ 2016. S. 1 ff.

[29] Richtlinie 2011/95/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13.12.2011 über Normen für die Anerkennung von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Personen mit Anspruch auf internationalen Schutz, für einen einheitlichen Status für Flüchtlinge oder für Personen mit Anrecht auf subsidiären Schutz und für den Inhalt des zu gewährenden Schutzes (Neufassung), ABl. L 337/9.

[30] Verbundene Rechtssachen C-391/16, C-77/17 und C-78/17 (M / Ministerstvo vnitra, X und X / Commissaire général aux réfugiés et aux apatrides), https://curia.europa.eu/jcms/upload/docs/application/pdf/2019-05/cp190062de.pdf.; https://www.migrationsrecht.net/nachrichten-auslaender-recht-europa-und-eu/.

[31] Richtlinie 2013/32/EU des Europäischen Parlaments und des Rats vom 26.06.2013 zu gemeinsamen Verfahren für die Zuerkennung und Aberkennung des internationalen Schutzes (Neufassung), ABl. L 180/60.

[32] ABl. EU Nr. L vom 06.02.2003, S. 18-25.

[33] Richtlinie 2013/32/EU des Europäischen Parlaments und des Rats vom 26.06.2013 zur Festlegung von Normen für die Aufnahme von Personen, die internationalen Schutz beantragen, ABl. EU Nr. L 180 vom 29.06.2013, S. 96-116.

[34] Dazu auch oben B.II.3.

[35] Filzwieser/Sprung (Anm. 11), S. 23.

[36] Filzwieser/Sprung (Anm. 11), S. 23.

[37] Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26.06.2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (Neufassung), ABl. L 180/31.

[38] Huber, Bertold: Umsetzung ausländer- und flüchtlingsrechtlicher Richtlinien der EU und die neue Dublin III-VO. in: NVwZ, 2014. S. 548 ff.

[39] Text: BGBl. 2008 I, S. 162; Sartorius I, Nr. 565. Das Aufenthaltsgesetz wird durch eine umfangreiche Aufenthaltsverordnung vom 25.11.2004 ergänzt (BGBl. 2004 I, S. 2956 ff.).

[40] Vgl. Hailbronner, Kay: Asyl- und Ausländerrecht. 3. Aufl., 2013; Schott, Tilmann, Einschleusen von Ausländern. Eine Einführung in die rechtlichen Grundlagen der §§ 96, 97 AufenthaltsG mit Hinweisen zu den Sachgebieten Schengen/EU-Recht, Menschenhandel und Betäubungsmitteleinfuhr, 2. Aufl., 2011; Thym, Daniel, Migrationsverwaltungsrecht, 2010; Weiße, André: Ausländerrecht. 2013; ders., Asylrecht, 2013; Weiße, Andre/Weißenberger, Sebastian: Praxisorientiertes Ausländerrecht. 2. Aufl., 2009.-

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[41] BGBl. 1964 II, S. 509 ff. (Assoziationsabkommen EWG/Türkei).

[42] Verordnung (EG) Nr. 810/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13.07.2009 über einen Visakodex der Gemeinschaft (Visakodex); Text: https://beck-online.beck.de/default.aspx?bcid=Y-100-G-EWG_VO_810_2009.

[43] Nach der Richtlinie (EU) 2016/801 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11.05.2016 über die Bedingungen für die Einreise und den Aufenthalt von Drittstaatsangehörigen zu Forschungsoder Studienzwecken, zur Absolvierung eines Praktikums, zur Teilnahme an einem Freiwilligendienst, Schüleraustauschprogrammen oder Bildungsvorhaben und zur Ausübung einer Au-pair-Tätigkeit (ABl. L 132 vom 21.05.2016, S. 21).

[44] Dazu § 16 Abs. 1 Satz 3 AufenthaltsG.

[45] Zum Beispiel der Aufenthaltserlaubnis für qualifizierte Geduldete zum Zweck der Beschäftigung (§ 18 a AufenthaltsG), der Niederlassungserlaubnis für Absolventen deutscher Hochschulen (§ 18 b Auf-enthaltsG), dem Aufenthaltstitel zur Arbeitsplatzsuche für qualifizierte Fachkräfte (§ 18 c AufenthaltsG), der Niederlassungserlaubnis für Hochqualifizierte (§ 19 AufenthaltsG), die sogenannte blaue Karte (§ 19 a AufenthaltsG), die Aufenthaltserlaubnis zum Zwecke der Forschung (§§ 20, 20a, 20b AufenthaltsG), die Aufenthaltserlaubnis zur Ausübung einer selbständigen Tätigkeit (§ 21 AufenthaltsG) usw.

[46] ABl. L 155 vom 18.06.2009, S. 17.

[47] Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales kann durch Rechtsverordnung Folgendes bestimmen: die Höhe des Gehalts nach Absatz 1 Nummer 3, Berufe, in denen die einem Hochschulabschluss vergleichbare Qualifikation durch mindestens fünfjährige Berufserfahrung nachgewiesen werden kann, und Berufe, in denen für Angehörige bestimmter Staaten die Erteilung einer Blauen Karte EU zu versagen ist, weil im Herkunftsland ein Mangel an qualifizierten Arbeitnehmern in diesen Berufsgruppen besteht.

[48] Text: ABl. L 157 vom 27.05.2014, S. 1.

[49] Feste und regelmäßige Einkünfte im Sinne des § 9 a Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 liegen in der Regel nach 9 c AufenthaltsG vor, wenn der Ausländer seine steuerlichen Verpflichtungen erfüllt hat, der Ausländer oder sein mit ihm in familiärer Gemeinschaft lebender Ehegatte im In- oder Ausland Beiträge oder Aufwendungen für eine angemessene Altersversorgung geleistet hat, soweit er hieran nicht durch eine körperliche, geistige oder seelische Krankheit oder Behinderung gehindert war, der Ausländer und seine mit ihm in familiärer Gemeinschaft lebenden Angehörigen gegen das Risiko der Krankheit und der Pflegebedürftigkeit durch die gesetzliche Krankenversicherung oder einen im Wesentlichen gleichwertigen, unbefristeten oder sich automatisch verlängernden Versicherungsschutz abgesichert sind und der Ausländer, der seine regelmäßigen Einkünfte aus einer Erwerbstätigkeit bezieht, zu der Erwerbstätigkeit berechtigt ist und auch über die anderen dafür erforderlichen Erlaubnisse verfügt.

[50] Gesetz zur Umsetzung Aufenthalts- und asylrechtlicher Richtlinien der Europäischen Union vom 19.08.2007, BGBl. 2007 I, S. 1970.

[51] Vgl. Erwägungsgrund Nr. 4 zur Richtlinie 2003/109/EG; vgl. ferner Hailbronner, Kay: Langfristig aufenthaltsberechtigte Drittstaatsangehörige. in: ZAR 2004. S. 163 ff.; sowie Hailbronner (Anm. 40), Rn. 289.

[52] § 9 a AufenthaltsG wird jedoch nicht angewendet, wenn speziellere unionsrechtliche Regelungen bestehen. Darunter fallen insbesondere Regelungen des Assoziationsabkommens EWG/Türkei.

[53] Hailbronner (Anm. 40), Rn. 248.

[54] Hailbronner (Anm. 40), Rn. 256.

[55] VGH Kassel, NVWZ-RR 2006, S. 147.

[56] Beschluss 1/80 des Assoziationsrates EWG-Türkei über die Entwicklung der Assoziation vom 19.09.1980 (ARB 1/80, Text: http://www.lex-soft.de/normensammlung/327094,2; https://www.migrationsrecht.net/arb-1/80-nur-deutsche-fassung/dokument-ansehen.html. Durch den Beschluss ist das Aufenthaltsrecht der türkischen Arbeitnehmer und ihrer Familienangehörigen in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union auf eine europarechtliche Grundlage gestellt worden.

[57] Vgl. auch Podolski, Tanja: Neues Asyl- und Migrationspaket der Regierung. Gute Ausländer, schlechte Ausländer. in: Legal Tribune Online, https://www.lto.de/recht/hintergruende/h/bundes-regierung-migration-asyl-paket-geordnete-rueck-kehr-duldung-fachkraefte/.

[58] Bundeszentrale für politische Bildung, Wenn das Aufenthaltsrecht endet: Abschiebung - Ausweisung - Dublin-Überstellung, 30.01.2019, https:// www.bpb.de/gesellschaft/migration/kurzdos-siers/283569/abschiebung-ausweisung-dublin-ue-berstellung.

[59] Bundeszentrale für politische Bildung, Wenn das Aufenthaltsrecht endet: Abschiebung - Ausweisung - Dublin-Überstellung, 30.01.2019, https://www.bpb.de/gesellschaft/migration/kurzdos-siers/283569/abschiebung-ausweisung-dublin-ue-berstellung.

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[60] Vgl. BT-Drucks. 12/4152, S. 4.

[61] ABl. L 337 vom 20.12.2011, S. 9.

[62] BGBl. 1953 II, S. 559 (560 ff.).

[63] BGBl. 1953 II S. 559 (560 ff.).

[64] BVerfGE 80, S. 315 ff. (316, 345).

[65] Bei der Prüfung der Frage, ob ein Teil des Herkunftslandes die Voraussetzungen nach Absatz 1 erfüllt, sind gemäß § 3e AsylG die dortigen allgemeinen Gegebenheiten und die persönlichen Umstände des Ausländers gemäß Artikel 4 der Richtlinie 2011/95/EU zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Antrag zu berücksichtigen. Zu diesem Zweck sind genaue und aktuelle Informationen aus relevanten Quellen, wie etwa Informationen des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge oder des Europäischen Unterstützungsbüros für Asylfragen, einzuholen. Die inländische Fluchtalternative Westanatolien spielte stets eine große Rolle, als die Kurden politische Verfolgung in der Ostanatolien als Asylgrund angaben.

[66] BGBl. 1973 II S. 430 (431 ff.).

[67] Vgl. BVerfGE 80, S. 315 ff. (344); 74, S. 51 ff. (65).

[68] Vgl. BVerfGE 74, S. 51 ff. (65 f.); 9, S. 174 (181).

[69] Vgl. BVerfGE 81, S. 347 ff. (362).

[70] Das Bundesministerium des Innern bestellt nach § 5 Abs. 2 AsylG den Leiter des Bundesamtes. Dieser sorgt für die ordnungsgemäße Organisation der Asylverfahren.

[71] Dazu: Bundesministerium des Innern: https://www.bmi.bund.de/SharedDocs/gesetzge-ungsverfahren/DE/fachkraefteeinwanderungsge-setz.html.

[72] Text: BGBl. 2004 I, S. 1950.

[73] Dieser Artikel berührt nach Art. 79 Abs. 5 AEUV nicht das Recht der Mitgliedstaaten, festzulegen, wie viele Drittstaatsangehörige aus Drittländern in ihr Hoheitsgebiet einreisen dürfen, um dort als Arbeitnehmer oder als Selbstständige Arbeit zu suchen.

[74] Im Bundeshaushalt der Bundesrepublik Deutschland 2018 sind "flüchtlingsbezogene Leistungen" mit 21,4 Milliarden Euro verbucht, ohne die gewaltigen Ausgaben von Ländern und Kommunen. Augustin, Birgit, Die Kosten der Integration, Deutschlandfunk, 04.06.2019, https://www.deutschland-funk.de/fluechtlingspolitik-die-kosten-der-integrati-on.724.de.html?dram:article_id=432001. Die Kosten für die Flüchtlinge in Deutschland im Jahr 2017 lagen bei 20,8 Milliarden Euro. Seit dem Beginn der Flüchtlingskrise im Jahr 2015 habe die Bundesregierung damit mindestens 43,25 Milliarden Euro für Asylzwecke ausgegeben. Voraussichtlich sollen in den nächsten vier Jahren weitere 80 Milliarden Euro hinzukommen. Vgl. Focus Online, 18.05.2018, Bericht: Die bisherigen Kosten der Flüchtlingskrise in Deutschland, https://www.focus.de/politik/deutschland/auf-nahme-und-integration-bericht-die-bisherigen-kos-ten-der-fluechtlingskrise-in-deutschland_id_8949358. html. Bundesfinanzminister Olaf Scholz rechnet bis zum Jahr 2022 mit Kosten für die Flüchtlingspolitik in Höhe von rund 70 Milliarden Euro für den Bund. Noch nicht eingerechnet sind demnach acht Milliarden Euro, die laut dem Koalitionsvertrag bis 2021 vom Bund an Länder und Kommunen als Entlastung für deren Kosten überwiesen werden sollen, vgl. Scholz rechnet Kosten für Flüchtlingspolitik vor, Zeit Online, 14.05.2018, https://www.zeit.de/politik/deutschland/2018-05/bundesfinanzminis-terium-olaf-scholz-fluechtlingspolitik-kosten-flucht. Ferner: Bund gab 23 Milliarden Euro für Flüchtlingsthemen aus, 20.05.2019, Welt, https://www.welt.de/politik/deutschland/article193787817/Regierungsdokument-Bund-gab-23-Milliarden-Euro-fu-er-Fluechtlingsthemen-aus.html.

[75] Vgl. auch Gornig, Gilbert: Einreise, Aufenthalt und Ausreise von Fremden, unter besondere Berücksichtigung von Flüchtlingen. in: Gornig, Gilbert/Horn, Hans-Detlef (Hrsg.): Migration, Asyl, Flüchtlinge und Fremdenrecht. Deutschland und seine Nachbarn in Europa vor neuen Herausforderungen. Staats- und völkerrechtliche Abhandlungen der Studiengruppe für Politik und Völkerrecht. Band 31, 2017. S. 21 ff. (59 ff).

[76] Die Anerkennung als Asylberechtigter und die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft sind unverzüglich zu widerrufen, wenn die Voraussetzungen für sie nicht mehr vorliegen, heißt es in § 73 Abs. 1 Satz 1 AsylG. Die Schutzgewährung führt in Deutschland gemäß § 73 Abs. 2a AsylG zu einem Anspruch auf einen dreijährigen Aufenthaltstitel. Nach drei Jahren ist von der Ausländerbehörde eine Niederlassungserlaubnis zu erteilen, wenn die Gründe für die Zuerkennung bzw. Anerkennung nicht weggefallen sind. Dies wird im Rahmen eines Widerrufverfahrens im Bundesamt geprüft. Vgl. hierzu insgesamt § 73 AsylG.

[77] Bundeskriminalamt zählt 760 islamistische Gefährder, Deutsche Welle, 31.03.2018, https://www.dw.com/de/bundeskriminalamt-z%C3%A4hlt-760-islamistische-gef%C3%A4hrder/a-43203952. Dazu Goertz, Stefan, Islamistische Gefährder. Institutionelle Antworten der deutschen Terrorismusabwehr, veko-online, https://www.veko-online.de/archiv-ausgabe-02-2018/1099-terrorismus-islamisti-sche-gefaehrder.html.

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[78] Bericht: Deutlich mehr rechtsextreme Gewalt, Deutsche Welle, 23.06.2019, https://www.dw.com/de/bericht-deutlich-mehr-rechtsextre-me-gewalt/a-49320691; ferner: Bundesamt für Verfassungsschutz, https://www.verfassungsschutz.de/de/arbeitsfelder/af-rechtsextremismus/zah-len-und-fakten-rechtsextremismus.

[79] Migranten und Flüchtlinge in Deutschland überweisen jedes Jahr Milliarden an ihre Familien zu Hause. 2016 flossen mehr als 20 Milliarden Dollar (17,7 Milliarden Euro) aus Deutschland zurück in die Herkunftsländer. Ehrenstein, Claudia, Migranten überweisen fast 18 Milliarden Euro in Herkunftsländer, in: Welt, veröffentlicht am 30.06.2018.

[80] Thym, Daniel: Humanität und Härte. in: FAZ vom 17.06.2019, S. 6

[81] So Martens, Michael, Heilige Schrift. In Deutschland steht das Grundgesetz über der Bibel und dem Koran. Das sollten wir den Flüchtlingen von Anfang an klarmachen, in: FAS vom 15.09.2015, S. 8.

[82] Dazu Isensee, Josef: Das Grundrecht als Abwehrrecht und als staatliche Schutzpflicht. in: Isensee, Josef/Kirchhof, Paul (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts der Bundesrepublik Deutschland, Band IX, 3. Aufl. 2011, S. 413 ff. (479 ff. Rn. 146 ff. [493 Rn. 170]).

[83] Vgl. z. B. BVerfGE 49, 89 (126); 48, 210 (221); 47, 46 (78 ff.); 45, 400 (417 f.); 41, 251 (260); 40, 237 (249); 34, 165 (192 f.). Ferner: Degenhart, Christoph, Staatsrecht I. Staatsorganisationsrecht, 30. Aufl. 2014, Rn. 330.

[84] So völlig zu Recht Michael Kloepfer, vgl. dazu: Müller, Reinhard, Den Bund notfalls zwingen, in: FAZ vom 14.10.2015, S. 8.

[85] Deutschland ist auf dem Weg zum Vielvölkerstaat, dazu trägt auch das liberale Staatsangehörigkeitsgesetz bei. - "Der Grundsatz der nationalen Identität basiert auf den Grundsätzen der deutschen Kulturnation und ihrer ebenso integralen wie einheitsstiftenden Kraft. Das Prinzip der nationalen Identität und ihrer Bewahrung ist dem Verfassungsstaat vorgegeben und bei entsprechender Gefährdung kraft wehrhafter Verfassungsstaatlichkeit auch aktiv zu schützen", so Scholz, Rupert, Asylrecht kennt Obergrenze. in: Focus Nr. 43/15, 17.10.2015, S. 36.

[86] "Einwanderer bringen nicht bloß ihre Kochrezepte mit, sondern auch ihre Weltanschauungen und Konflikte. Auch aus Kriegsgebieten fliehen nicht nur Pazifisten nach Deutschland. Und selbst Akademiker sind nicht gefeit gegen religiösen Fanatismus". So Kohler, Berthold: Der verspätete Vielvölkerstaat. in: FAZ vom 03.09.2015, S. 1.

[87] Welt, In Deutschland leben 26.560 Islamisten, 27.06.2019, https://www.welt.de/poli-tik/deutschland/article195963003/Verfassungs-schutz-In-Deutschland-leben-26-560-Islamisten.html.

[88] Nach den Ereignissen auf der Domplatte in Köln in der Silvesternacht 2015 wurde bekannt, dass die Polizei nach klaren Leitlinien zum Sprachgebrauch handele, die von der Innenministerkonferenz verabschiedet worden seien, um nationale Minderheiten zu schützen. Vgl. Leitlinien für die Polizei des Landes Nordrhein-Westfalen zum Schutz nationaler Minderheiten vor Diskriminierungen, Runderlass des Innenministeriums v. 15.12.2008, Text: Ministerialblatt NRW 2009, S. 20, ferner: https://recht.nrw.de/. Dort heißt es unter Nummer 3: 3: "Auf die Zugehörigkeit zu einer Minderheit wird in der internen und externen Berichterstattung nur hingewiesen, wenn sie für das Verständnis eines Sachverhaltes oder für die Herstellung eines sachlichen Bezuges zwingend erforderlich ist."

[89] BVerwGE 49, S. 202 ff. (209).

[90] Vgl. BVerwGE 49, S. 202 ff. (209).

[91] So richtig Thym, Daniel: Humanität und Härte. in: FAZ vom17.06.2019, S. 6.

[92] Bundesministerium des Innern für Bau und Heimat, https://www.bmi.bund.de/DE/themen/migration/migration-node.html.

Lábjegyzetek:

[1] A szerző Professor Dr. Dr. h.c. mult.

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