Megrendelés

Ferdinand Weber[1]: Rechtsstaatlichkeit als Unionswert und die Legitimation ihres Schutzes* (Annales, 2022., 25-35. o.)

https://doi.org/10.56749/annales.elteajk.2022.lxi.2.25

Abstract

The rule of law is the most important value of the European Union in a practical sense. Nevertheless, the question what exactly it protects and who is called upon to protect it remains contested. This contribution seeks to explore the difficulties in answering these questions. It then addresses the question which standards can be derived from it by the European Court of Justice from a competence and legitimacy perspective. Finally, the attention is directed towards the 'Rule of Law Conditionally'. It may lead to a legitimatory relief of the Court from an institutional perspective, but also contains a problematic vagueness that may call its acceptance into question regarding its dogmatically extractable content.

Keywords: rule of law, values, competences, legitimacy, democracy, European Court of Justice

I. Gegenstand

"Über Grundwerte spricht man nicht - man hat sie."[1] So lautete ein Kommentar aus der (deutschen) Europarechtswissenschaft während der Verhandlungen zum schließlich gescheiterten Europäischen Verfassungsvertrag. Müssen Selbstverständlichkeiten extra normiert werden?, könnte man auch fragen. Der Konvent verhandelte zwischen Februar 2002 und Juli 2003 die heutigen Werte- und Zielklauseln, Artikel 2 und 3 EUV. Das fand inhaltlich gemeinsam statt und es war nicht immer klar, was Wert und was Ziel ist oder werden soll.[2] Der erwähnte Beobachter stieß auf derart viele Änderungs- und

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Ergänzungsvorschläge der Konventsmitglieder, dass er ironisch resümierte: "Aus der Schatztruhe abendländischer Preziosen fehlen - soweit ersichtlich - noch Arbeit, Tierschutz und Sport."[3]

Inzwischen wird in Europa nur noch über Grundwerte, allen voran Rechtsstaatlichkeit, gesprochen. Rechtsstaatlichkeit, Werte und Europäische Union sind regelmäßige Bestandteile in Zeitungen, Fachzeitschriften, Blogs und Nachrichtensendungen, mit anderen Worten feste Elemente europäischer Krisendebatten, von denen es bekanntlich mehrere gibt. Dennoch stellt sich immer noch die Frage, was eigentlich genau gemeint ist, wenn von Rechtsstaatlichkeit als Unionswert gesprochen wird und wer zu ihrem Schutz berufen ist.

Angesichts der Fülle der Entwicklungen soll es im Folgenden nicht um das neueste Urteil des Europäischen Gerichtshofs, Verhandlungen der Mitgliedstaaten oder Tätigkeiten der EU-Organe gehen, sondern ein Schritt zurückgetreten werden, um auf die rechtliche Struktur und Einbettung des Werts der Rechtsstaatlichkeit zu blicken. Das von der Kommission gegen Ungarn eingeleitete, erste Verfahren unter der neuen "Rechtsstaatskonditionalität"[4] wird sicher weitere amtlich-institutionelle Äußerungen seitens der Unionsorgane hervorbringen. Gerade der Umstand, dass die Formulierung von Rechtsstaatlichkeitsvorstellung derzeit vor allem auf der unionalen Ebene stattfindet, gibt jedoch Anlass, einen etwas anderen Zugang zu wählen und so ambivalent an das Thema heranzutreten, wie es sich im Integrationsprozess selbst darstellt.

In einem ersten Abschnitt werde ich Rechtsstaatlichkeit als Verbundnorm betrachten, die, wie andere Bereiche im Unionsrecht, etwa im Grundrechtsschutz oder im europäischen Verwaltungsrecht, aus Rechtserkenntnisquellen um sie herum schöpft, aber im Ergebnis autonom gehandhabt wird.[5] Hierbei sollen die Kategorien Normstruktur, Normadressaten und Normgehalt helfen, zu einem ersten Zwischenfazit zu gelangen.

Im zweiten Schritt wird es um die Legitimation des Schutzes dieses Unionswerts gehen. Gemeint sind nicht legitimationstheoretische Gerechtigkeits- oder Richtigkeitserwägungen, sondern, schlichter, eine unionsverfassungsrechtliche Zuständigkeitsfrage. Es wird dem grundlegenden Gedanken gefolgt, wonach Kompetenzen Legitimation delegieren.[6] Den zweiten Abschnitt begleitet eine These, die ich Ihnen bei dieser Gelegenheit näherbringen möchte. Sie lautet, dass im laufenden europäischen

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"Wertekonstitutionalismus"[7] ein altbekanntes Muster des Integrationsprozesses steckt, aber fraglich ist, wie weit es dieses Mal tragen kann. Das soll zum Schluss ein kurzer Blick auf die Rechtsstaatskonditionalität verdeutlichen, in der sich meines Erachtens Hoffnung und Sorge treffen - zwei Gefühle, ohne die man im Europa der Gegenwart nicht auskommt.

II. Rechtsstaatlichkeit als Unionswert

Artikel 2 Satz 1 des Vertrags über die Europäische Union spricht aus, dass die Union sich unter anderem auf den Wert der Rechtsstaatlichkeit gründet. Satz 2 formuliert eine Kohäsionserwartung, wenn es heißt, dass "Diese Werte [...] allen Mitgliedstaaten [...] gemeinsam" sind. Das erinnert deutsche Rechtswissenschaftler entfernt an das föderale Homogenitätsgebot in Artikel 28 Abs. 1 Satz 1 des Grundgesetzes. Aber ist Artikel 2 EUV überhaupt mehr als unverbindliche Verfassungsornamentik, wie der Eingangskommentar es nahelegt?

Hier ist meines Erachtens bereits das systematische Argument überzeugend, wonach es dann beim Aufrufen des Werts in der Präambel hätte bleiben können, wo Rechtsstaatlichkeit auch heute weiter anzutreffen ist.[8] Es wird mit anderen Worten nicht mehr nur einleitend "geschöpft". Rechtsstaatlichkeit wurde in operatives Recht umgegossen. Zudem zeigt die bereits erwähnte Entstehungsgeschichte auch, dass die Konventsmitglieder um den heutigen Artikel 2 im Wissen um eine bekannte Methode des Europäischen Gerichtshofs, auf die ich noch zurückkommen werde, verhandelten und auch deshalb so intensiv berieten.

Für den Blick auf die Normstruktur stellt die Homogenitätsklausel des Grundgesetzes einen guten Kontrast dar. Das deutsche Grundgesetz knüpft an von der Ewigkeitsklausel umfasste Staatsstrukturprinzipien und -ziele der Bundesverfassung an und gibt sie den Ländern in einer starken Formulierung vor ("muß [...] entsprechen" statt "sind [...] gemeinsam"). Dazu kann sich über Artikel 31 des Grundgesetzes auf eine klare Kollisionsregel, den Geltungsvorrang, berufen werden. Das Unionsrecht formuliert im Vergleich zurückhaltender und der EuGH muss zugleich stets bemüht sein, den Anwendungsvorrang als ungeschriebene Kollisionsnorm, die seiner Auffassung nach unbedingt ist, hochzuhalten.[9] Man könnte also sagen: Das Unionsverfassungsrecht

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nimmt den Unionsorganen weit weniger Arbeit ab als das Grundgesetz den deutschen Verfassungsorganen.

Zieht man die Beitrittsklausel, Artikel 49 EUV, hinzu, scheint insgesamt die Erwartung ausgedrückt zu werden, eine beim Beitritt einst erreichte Wertekonvergenz werde, wenn sie schon nicht zunimmt, wenigstens nicht abnehmen werde.[10]

Damit lässt sich hinsichtlich der Normstruktur festhalten, dass es sich beim Wert der Rechtsstaatlichkeit nicht um eine bloße symbolische Hülle handelt, sondern mindestens eine objektivrechtliche Strukturerwartung im föderalen Miteinander zwischen den beteiligten Subjekten. Dies sind, wie aus Satz 1 und 2 des Artikel 2 folgt, sowohl die Mitgliedstaaten als auch die Union.

Dass auch die Unionsorgane an die Werte gebunden sind, erscheint angesichts der zahlreichen Urteile gegen Mitgliedstaaten nicht auf der Hand zu liegen. Es fehlt eine Klausel, die so explizit ist wie Artikel 51 Absatz 1 Satz 1 der Grundrechtecharta im Bereich der Grundrechte die Bindung der Unionsorgane ausspricht. Die Wertbindung der Union und ihrer Organe soll deshalb kurz verdeutlicht werden.

Anhaltspunkte im Primärrecht liefern Artikel 3 Absatz 1 und 5 EUV, wonach es unter anderem das Ziel der Union ist, ihre Werte zu fördern, nach Absatz 5 zudem, dieselben als Akteurin in der internationalen Gemeinschaft zu schützen. Diese unionsverfassungsrechtlichen Dauerziele ließen sich schwerlich verfolgen, wenn die Unionsorgane den Werten selbst nicht verpflichtet wären. Schließlich lässt sich die Wertbindung der Unionsorgane mittelbar über ihre ausdrückliche Zielbindung in Artikel 13 Absatz 2 EUV begründen.

Interessant ist in diesem Zusammenhang ein Urteil des Gerichts, die Rechtssache Sped-Pro/Kommission vom Februar 2022.[11] Das EuG urteilte hier erstmals, dass die Kommission als Wettbewerbsbehörde verpflichtet ist zu prüfen, ob nationale Wettbewerbsbehörden rechtsstaatlichen Grundanforderungen genügen, und, falls nicht, gegebenenfalls selbst Rechtsschutz in Beschwerdeverfahren zu gewähren. Damit hat das Gericht das zweistufige Prüfsystem, das der EuGH für Auslieferungsersuchen im Europäischen Haftbefehlsrecht geschaffen hat, erstmals einem Unionsorgan auferlegt, im Ergebnis: eine Werteprüfungspflicht, die ein Unionsinteresse zugunsten unionaler Rechtsschutzgewährung ganz im Sinne des Rechtsstaatsprinzips begründen kann.[12]

Zudem ist die Unionsgerichtsbarkeit selbst an die Werte gebunden. Der EuGH erfuhr 2021 harte Kritik für die Zurückweisung von Rechtsschutzersuchen

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der ehemaligen britischen Generalanwältin Sharpston. Sie wehrte sich gegen ihre im Zuge des Brexit-Abkommens erfolgte vorzeitige Abberufung. In der Europarechtswissenschaft wurde der Vorwurf formuliert, in dieser heiklen Angelegenheit lege der Gerichtshof an die eigene Institution geringere Maßstäbe an als sie über Artikel 2 den mitgliedstaatlichen Justizsystemen abverlangt.[13]

Die wichtigste Frage betrifft jedoch das Normgehalt. Was schützt Rechtsstaatlichkeit als Unionswert eigentlich? Kann man auch für die Werte auch von einer Art sachlichem Schutzbereich, statt Grundrechten eben föderaler Verfassungsgrundlagen oder sogar kodifizierter Verfassungsvoraussetzungen sprechen, deren jeweiliger Inhalt durch Auslegung erschlossen werden kann?

Hier schlagen einige Besonderheiten des Unionsrechts durch. Im deutschen Bundesstaat ist das Etikett abweichender Rechtsstaatsverständnisse Teil politischer Auseinandersetzungen, in der Regel aber ohne rechtliche Substanz oder Ernsthaftigkeit. Nimmt man sie einmal an, wie etwa bei der Ankündigung des bayerischen Ministerpräsidenten vom Februar 2022, die bundesgesetzlich vorgeschriebene, einrichtungsbezogene Impfplicht nicht "wirklich" vollziehen zu wollen, steht (unter anderen) das Instrument des Bundeszwangs aus Artikel 37 des Grundgesetzes zur Verfügung. Die Maßstäbe sind hier ebenso klar wie das verfassungsrechtlich zur Verfügung stehende Instrumentarium.

In der Europäischen Union ist die Lage schwieriger. Es ist einerseits unstreitig, dass unter Rechtsstaatlichkeit abstrakte Größen wie die Gewährung von Rechtsschutz, auch gegen die öffentliche Gewalt, die Gewährleistung der Unabhängigkeit der Justiz oder die Gebote der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes fallen. Was das konkret bedeutet, fällt in den 27 politischen Gemeinschaften der Union aber sehr unterschiedlich aus, wie die Taricco-Fälle des EuGH zum italienischen Verjährungsverständnis im Strafrecht zeigen.[14] Mit den Begriffen - Rechtsstaatlichkeit, Etat de droit, rule of law, Stato di diritto, jogállamiság - werden in jeder politischen Gemeinschaft und ihren Wissenschaften vom öffentlichen Recht andere historische, kulturelle und rechtliche Ausprägungen verbunden. Hinzu kommt, dass alle Sprachfassungen gleichermaßen verbindlich sind, Art. 55 Abs. 1 Hs. 1 aE EUV. Werden die unterschiedlichen verfassungsrechtlichen Traditionen damit nicht schon im Primärrecht kodifizert?

Hierzeigt sich eine gewisse Ambivalenz aus der Verbundstruktur. Für Rechtsgrundverweise auf die nicht konturscharfen Maßstäbe von 27 Mitgliedstaaten spricht aber

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nichts. Eine solche Regelungstechnik kommt im Unionsrecht grundsätzlich nicht zum Zug.[15] Sie würde Artikel 2 auch seinen Sinn und Zweck nehmen. Im Gegenteil, grundsätzlich gilt das bekannte Vorgehen, dass Begriffe der Verträge autonom ausgelegt werden. Ich verweise nur auf den Arbeitnehmerbegriff der in Artikel 45 AEUV niedergelegten Arbeitnehmerfreizügigkeit.[16] Für den Normgehalt lässt sich damit feststellen: Nicht anders als der Anwendungsbereich der Grundfreiheiten bestimmt sich auch die Reichweite unionsrechtlicher Homogenitätserwartungen grundsätzlich unionsrechtsautonom.

Das Dilemma der Konkretisierung aber bleibt. Der EuGH geht einen Mittelweg, um den norminhärenten Homogenitätserwartungen einerseits gerecht zu werden, auf der anderen Seite aber nicht 27 mitgliedstaatliche Justizsysteme an Stelle des hier nicht einmal zuständigen Unionsgesetzgebers über den abstrakten Großbegriff Rechtsstaatlichkeit per Richterspruch zu harmonisieren. In der neueren Rechtsprechung findet sich die Vorsichtsformel, Artikel 2 gebe den Mitgliedstaaten "ein konkretes verfassungsrechtliches Modell" nicht vor.[17] Andererseits findet sich die sehr starke Aussage, die Werte bilden den Identitätskern der Union als gemeinsamer Rechtsordnung der Mitgliedstaaten, sind mehr als politische Absichtserklärungen und lösen über sie konkretisierende Prinzipien rechtliche Pflichten aus.[18] Wie der Ausgleich zwischen Verbindlichkeit und Vielfalt ausfallen wird, ist vorerst offen.

Dieses Dilemma muss hier auf sich beruhen und der erste Teil schließen mit dem Ergebnis: Rechtsstaatlichkeit ist ein im operativen Teil des EUV verankerter Unionswert, gerichtet an die Unionsorgane und die Mitgliedstaaten, dazu Beitrittsvoraussetzung und unmittelbare Richtschnur unionalen und mitgliedstaatlichen Handelns, wie die gezeigten und weitere Normen des Primärrechts verdeutlichen (Art. 4 Abs. 3 UAbs. 3 EUV).

III. Die Legitimation ihres Schutzes

Die bisherigen Ausführungen haben eine zentrale Vorfrage ausgeklammert, um die es nun gehen soll. Wer ist überhaupt zur verbindlichen Werteeinforderung berufen?

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Das ist nicht ohne Weiteres klar. Die erste Spur führt zum bekannten Artikel-7-Verfahren. Liest man die Vorschrift, sieht man im Grunde den Ausweis einer hochintegrierten Gemeinschaft. Die Mitgliedstaaten setzen den Völkerrechtsgrundsatz par in parem non habet iurisdictionem für die Konstellation eines stets hochpolitischen Verfassungsverfalls aus und sitzen übereinander im Europäischen Rat und im Rat "zu Gericht". Nur scheitert das System am Einstimmigkeitserfordernis (Artikel 7 Absatz 2 EUV).

Dieser Ausfall führt zur Suche nach anderen Unionsorganen. Mit Blick auf die Grundgedanken aus Artikel 344 AEUV und Artikel 19 Absatz 1 EUV liegt die Unionsgerichtsbarkeit nahe. Nur folgt aus den Normen keine Vermutung für eine unionsgerichtliche Allzuständigkeit. Artikel 344 AEUV verweist auf andere Vorschriften und Artikel 19 ist offensichtlich eine Aufgabenzuweisungsnorm.[19] Das ist, jedenfalls für jemanden, der im deutschen Verfassungs- und Verwaltungsrecht sozialisiert wurde, etwas anderes als eine Zuweisung von Befugnissen. Für diese Argumentation spricht auch das Unionsrecht, in erster Linie das Prinzip der begrenzten Einzelermächtigung aus Artikel 5 Absatz 2 EUV. Die mehrfache Erwähnung dieses Grundsatzes, besonders in Artikel 3 Absatz 6 EUV, belegt, dass das Unionsrecht selbst zwischen der Zuweisung von Zielen und Aufgaben auf der einen und der Zuweisung von Befugnissen zu ihrer Verfolgung oder Erfüllung auf der anderen Seite unterscheidet.

Zudem kennt das Unionsrecht sogar Jurisdiktionsausschlüsse, unter anderem für das Artikel-7-Verfahren (Artikel 269 AEUV).[20] Das verdeutlicht, dass die Unionsgerichtsbarkeit aus einer allgemeinen Werteaufsicht herausgehalten werden sollte. Damit ist die zentrale Frage erreicht: Macht das Fehlen einer expliziten Zuweisung/eden Werteschutz durch die Unionsgerichtsbarkeit illegitim?

Hier soll nicht die Frage diskutiert werden, ob die sogenannte Rechtsstaatskonditionalität auf einer haltbaren Kompetenznorm basiert, wie der EuGH feststellte.[21] Ich möchte vielmehr ein integrationsgeschichtliches und ein dogmatisches Argument nennen, warum der Vorgang als solcher nicht illegitim ist, und mit einem Blick auf die Rechtsstaatskonditionalität schließen.

Erstens ist schon aus der Zeit der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft bekannt, dass der EuGH bei Politikblockaden kompensatorisch als Motor der Integration

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an- und einspringt. Rechtsstaatsprobleme lösen aus dieser Sicht eben keine wirtschaftspolitischen, sondern institutionelle Blockaden aus. Das Muster bleibt gleich. Diesen Vorgang fasst besonders schön jemand zusammen, der nicht nur am Ersten und Zweiten Senat des Bundesverfassungsgerichts als Richter tätig war, sondern nahtlos von 1970 bis 1980 deutscher Richter am EuGH und in den letzten vier Jahren als bislang einziger deutscher Präsident des Gerichtshofs amtierte: Hans Kutscher. Im Jahr 1976 beantwortete Kutscher - explizit aus richterlicher Sicht - die Frage, nach welchen Kriterien der praktische Nutzen einer Norm im offenen Vertragssystem des Vertrags über die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft zu beurteilen sei. Er führte aus:

Die Antwort kann nur dahin gehen, daß diese Kriterien den Vertragszielen entnommen werden müssen. Nach dem Grundsatz des effet utile ist diejenige Auslegung vorzuziehen, die die Verwirklichung der Vertragsziele am besten fördert. Der Grundsatz ist der teleologischen Interpretation zuzuordnen.[22]

Kutscher bringt hier etwas Entscheidendes auf den Punkt, die eigentliche "Methode der Methode" effet utile. Der Gerichtshof hält den wechselnden Regierungen im Wege der nutzenmaximierenden Auslegung einzelner Vertragsnormen die Vertragsziele entgegen, auf die sich die (Mitglied)Staaten als beständige Trägersubjekte der Union verbindlich geeinigt haben. Das Vorgehen ist je nach Sachbereich mehr oder weniger gewagt, ausbleibender kollektiver Widerstand wurde und wird aber als stilles Konvenieren aufgefasst. So funktioniert die richterliche "Gemeinschaftsmethode" seit jeher. Gehen wir mit Kutscher einen Schritt weiter und radikalisieren diesen Gedanken etwas, um ihn schließlich in unsere heutige Zeit zu übertragen. Das richterliche Selbstverständnis und die Rolle der Unionsgerichtsbarkeit brachte er wie folgt auf den Punkt:

Der besondere Charakter der Gemeinschaft, die nicht als völkerrechtliche Staatenverbindung, sondern als eine zukunftsorientierte, auf die Veränderung wirtschaftlicher und sozialer Verhältnisse und auf fortschreitende Integration angelegte Gemeinschaft sui generis zu verstehen ist, verbietet eine statische und fordert eine dynamische, evolutive Auslegung des Gemeinschaftsrechts. Es ist dem Gemeinschaftsrichter nicht erlaubt, außer acht zu lassen, daß die Gemeinschaftsverträge die Grundlagen für einen immer engeren Zusammenschluss der europäischen Völker geschaffen haben [...]. Wie anders als durch eine auf die Vertragsziele ausgerichtete, also dynamische und teleologische Interpretation des Gemeinschaftsrechts sollte der Gerichtshof diese ihm übertragene Funktion wahrnehmen?[23]

Wie anders lässt sich das bezeichnen als Vorwegnahme dessen, was heute, Jahrzehnte später, unter dem Konzept des transformativen Konstitutionalismus firmiert? Und wie unhaltbar muss mit Blick auf den Wert der Demokratie die These erscheinen,

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in der Not ließen sich Unklarheiten im inzwischen massiv erweiterten Handlungsspektrum der Union aus einst vereinbarten Vertragszielen, oder eben den Werten, in Verbindung mit dem Transformationsbekenntnis des Artikel 1 Absatz 2 EUV über ein Gericht feststellen?[24] Wir haben es dennoch mit einem weiter aktiven Hintergrundverständnis des Integrationsprozesses zu tun.[25]

Dogmatische Stützen lassen sich, zweitens, aber ebenfalls finden, auch wenn sie nicht von allen geteilt werden. Im mitgliedstaatlichen Dissens über vertragliche Auslegungsfragen scheint sich faktisch jene Auffassung durchzusetzen, hinter der sich die Mehrheit der Mitgliedstaaten neben den Unionsorganen, insbesondere dem Gerichtshof, versammelt. Insoweit agiert die supranationale Integrationsgemeinschaft auch als rechtliche Interpretationsgemeinschaft, in der über materielle Vertragsfortentwicklungen nach einer Art ungeschriebenem Mehrheitsprinzip entschieden wird. Hierfür sind die dogmatischen Stützen klar: Wenn Artikel 2 EUV echte rechtliche Pflichten enthält, lässt sich ihre punktuelle Verletzung über Artikel 258 AEUV, das Vertragsverletzungsverfahren, feststellen und der auf Artikel 7 EUV und Artikel 269 AEUV gestützte Spezialitätseinwand zurückweisen. So konnte der EuGH in den letzten Jahren über Einzelfälle Symptome behandeln (oder wenigstens kenntlich machen), während gemeinsame Lösungen unter den Mitgliedstaaten weiter ausfielen.[26]

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Dennoch kann es angesichts der Vielzahl politischer Akteure und der Anzahl und Unterschiedlichkeit der beteiligten politischen Gemeinschaften kaum überzeugen, wenn ein Gericht allein dafür Sorge tragen soll, mit Mitteln des Rechts für die Einhaltung kodifizierter "Verfassungsvoraussetzungen" zu sorgen, wenn das Grundproblem in einer Erosion des Rechtsvollzugs und der Rechtsbefolgungsbereitschaft selbst liegt. Hört das Recht hier also auf?[27]

Nein. Das führt zur "Verordnung über eine allgemeine Konditionalitätsregelung zum Schutz des Haushalts der Union" vom Dezember 2020, der sogenannten Rechtsstaatskonditionalität.[28] Rechtstechnisch handelt es sich um eine unionale Haushaltsschutzverordnung wegen Rechtsstaatsverletzungen, keinen allgemeinen rechtsstaatlichen Aufsichtsmechanismus. Das Plenum des EuGH hat diese Struktur in den Urteilen vom Februar 2020 klargestellt und geäußert, dass die Einrichtung eines Artikel 7 EUV ähnlichen allgemeinen Werteaufsichtsverfahrens primärrechtswidrig wäre.[29]

Armin von Bogdandy hat die Verordnung als "bislang wichtigsten Gesetzgebungsakt zur Verwirklichung des europäischen Verfassungskerns" bezeichnet.[30] Ich würde der Bedeutsamkeit beitreten, zeigt der Rechtsakt doch - insoweit meine Hoffnung - dass die Mitgliedstaaten sich der Thematik endlich annehmen. Jedoch: Das Europäische Parlament spielt weder im Verfahren der Stoffsammlung und Kommunikation mit betroffenen Mitgliedstaaten, noch im Entscheidungsprozess jenseits des bloßen Informiertwerdens eine Rolle. Damit ist ein demokratisches Unionsorgan von vornherein ausgeklammert, weshalb der Rechtsakt kaum von allen als großes Werk des Unionsverfassungsrechts beschrieben werden wird. Die Kommission wird zwar als tüchtige Ermittlungsbehörde tätig. Die Entscheidung über das Ob und Wie von Sanktionen liegt indes, unter unbeschränkter Abweichungsmöglichkeit von den Kommissionsvorschlägen, beim Rat. Das ist kein Lichtblick für Organe, die nach ihrem Selbstverständnis supranationale Interessen gegenüber Partikularinteressen vertreten, aber immerhin die Chance, dass der EuGH (ein Stück) legitimatorisch entlastet wird. Es sind, um auf die Einordnung der Zitate Hans Kutschers zurückzukommen, letztlich die im Rat vereinigten "Clubmitglieder", die über eine monetäre Ent-Wertung der Unionsmitgliedschaft gegenüber wechselnden Regierungen entscheiden.

Sorge bereitet dagegen der Aspekt des Normgehalts. Was ist nun, von Fall zu Fall, Bestandteil der Rechtsstaatlichkeit als Unionswert? Artikel 2 Satz 1 EUV macht unmissverständlich deutlich, dass es keinen "Primärwert" gibt, in dem die anderen aufgehen, sondern verschiedene Werte nebeneinanderstehen. Die Konditionalität möchte

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dagegen offenbar definitorisch weit ausgreifen[31] und könnte in der Praxis, unter dem Eindruck des effet utile und im Wunsch, jede problematische Entwicklung zu erfassen, vielleicht doch zu einer allgemeinen Haushaltswertekonditionalität umgewidmet werden.[32]

Diese Möglichkeit ist nicht nur aufgrund des allgemeinen Sprachgebrauchs ("Rechtsstaatskonditionalität") problematisch, sondern für die Akzeptanz des Instruments. Theoretisch lässt sich diskutieren, wieviel Demokratie ohne rechtsstaatliche Strukturen denkbar ist und welche Werte sich inwieweit mit anderen überschneiden. Steuerungskraft und Akzeptanz in diesem hochpolitischen Verfahren setzen aber voraus, Rechtsstaatlichkeit von anderen Grundentscheidungen abzugrenzen, um Adressaten hieran festhalten zu können.[33] Eine Überladung oder (weitere) definitorische Ausfransung könnte dazu führen, dass, wenn alles Rechtstaatlichkeit ist, Rechtsstaatlichkeit vielleicht einmal nichts mehr ist. Neben dem effet utile gehört zu einer Rechtsordnung wie jener der Union, die den Wert der Rechtsstaatlichkeit hochhält, auch der Ausschluss des Satzes ius ad finem dat ius ad media - ein Recht auf das Ergebnis kann kein Recht auf die Mittel geben.

Im Ergebnis lässt sich leicht skeptisch, aber mit optimistischer Tendenz gegen das vorgetragene Eingangszitat schließen mit: Über die verschiedenen Grundwerte sprechen hilft hoffentlich, sie zu formen.

Nagyon szépen köszönöm! ■

ANMERKUNGEN

* Mit Nachweisen versehene und für die Verschriftlichung leicht überarbeitete Fassung eines Vortragsbeim Symposium zum zwanzigjährigen Jubiläum der Deutschen Rechtsschule am 25. Mai 2022 an der Eötvös Lorand-Universität, Budapest.

[1] F. Reimer, Wertegemeinschaft durch Wertenormierung? Die Grundwerteklausel im europäischen Verfassungsvertrag, (2003) Zeitschrift für Gesetzgebung, 208-217.

[2] Exemplarisch die Aussprache über den Bericht der Gruppe XI "Soziales Europa" vom 6./7.2.2003, CONV 548/03, S. 2; im Rahmen einer Aussprache im Plenum äußerte der stellvertretende Vorsitzende des Präsidiums Jean-Luc Dehaene zu einer Vorfassung von Art. 2 Satz 2, sie beschreibe mehr Ziele als Werte und müsse inhaltlich entweder in die Präambel oder Art. 3 überführt werden (CONV 674/03, 5), was zu einer Änderung führte, CONV 724/03, Anlage 2, 50.

[3] Reimer, Wertegemeinschaft durch Wertenormierung? 213.

[4] Verordnung (EU, Euratom) 2020/2092 des Europäischen Parlaments und des Rates v. 16. Dezember 2020 über eine allgemeine Konditionalitätsregelung zum Schutz des Haushalts der Union, ABlEU L 433 v. 22.12.2020, 1.

[5] Zu dieser Methode zuletzt etwa EuGH, Urt. v. 1.8.2022, verb. Rs. C-273/20 und C-255/20, Rn. 34, 57 - Bundesrepublik Deutschland/SW u.a.

[6] M. Nettesheim, Kompetenzdenken als Legitimationsdenken, (2014) 69 Juristen Zeitung, 585-592., https://doi.org/10.1628/002268814X13996306717728

[7] F. Schorkopf, Der Wertekonstitutionalismus der Europäischen Union, (2020) 75 Juristen Zeitung, 477 ff.; engl. F. Schorkopf, Value Constitutionalism in the European Union, (2020) 21 (5) German Law Journal, 956 ff., https://doi.org/10.1017/glj.2020.51

[8] Dritter Präambelabsatz des EUV, ABlEU C 326 v. 26.10.2012, 15, konsolidierte Fassung.

[9] Zur (weiter) nicht überzeugenden Begründung der Unbedingtheit des unionalen Anwendungsvorrangs unter Berücksichtigung der neueren Rechtsprechung F. Weber, Die Identität des Unionsrechts im Vorrang, (2022) 77JZ, 292 ff., https://doi.org/10.1628/jz-2022-0091; engl. F. Weber, The Identity of Union Law in Primacy: Piercing through Euro Box Promotion et Others, (2022) 7 (2) European Papers, http://doi.org/10.15166/2499-8249/597

[10] In diesem Sinne etwa EuGH (Große Kammer), Urt. v. 20.4.2021, Rs. C-896/19, Rn. 63 - Repubblika/Il-Prim Ministru: Achtung der Werte als "Voraussetzung für den Genuss aller Rechte, die sich aus der Anwendung der Verträge auf einen Mitgliedstaat ergeben."

[11] EuG, Urt. v. 9.2.2022, Rs. T-791/19 - Sped-Pro/Kommission.

[12] EuG, Sped-Pro/Kommission, Rn. 103-106.

[13] Unter anderem EuGH, Beschl. v. 16.6.2021, Rs. C-685/20 P, Rn. 45-50 - Sharpston/Rat und Konferenz der Vertreter der Regierungen der Mitgliedstaaten; D. Kochenov, De Facto Power Grab in Context: Upgrading Rule of Law in Europe in Populist Times, (2021) 40 The Polish Yearbook of International Law, 197-208., Zitat, SSRN-Fassung, https://papers.ssrn.com/sol3/papers.cfm?abstract_id=3840178, Abruf: 1.8.2022, 1 (14): "the naked Emperor is above the law".

[14] EuGH (GK), Urt. v. 8.9.2015, Rs. C-105/14 - TariccoI; GK, Urt. v. 5.12.2017, Rs. C-42/17 - Taricco II; M. Lochmann, Taricco I - ein Ultra-vires-Akt? Zur Rechtsfortbildung durch den EuGH, (2019) Europarecht, 61 ff., https://doi.org/10.5771/0531-2485-2019-1-61

[15] Eine Ausnahme stellt der Verweis auf den Status Staatsangehörigkeit in Art. 9 S. 2 EUV und Art. 20 Abs. 1 S. 2 AEUV dar, der einer autonomen Auslegung aus verschiedenen Gründen nicht unterliegt; zu problematischen Entwicklungen in diesem Kontext F. Weber, Kompetenzfusion durch Bürgerschaft, die föderale Logik in der Rechtsprechung des EuGH zur Unionsbürgerschaft, (2022) 61 Der Staat, 297-320., https://doi.org/10.3790/staa.612.297

[16] EuGH, Urt. v. 23.3.1982, Rs. 53/81, Rn. 11 - Levin, stRspr; für neuere Rechtsprechung EuGH, Bundesrepublik Deutschland/SW u.a.

[17] EuGH (Große Kammer), Urt. v. 21.12.2021, Rs. C-357/19 u.a., Rn. 229 - Euro Box Promotion u.a.

[18] EuGH (Plenum), Urt. v. 16.2.2022, Rs. C-156/21, Rn. 127, 232 (engl. Fassung) - Ungarn/Parlament und Rat; für eine ausführliche Analyse F. Weber, The Pluralism of Values in an identity-framed Verbund: Federal Belonging in the European Union after the Court's Judgments of 16 February 2022, (2022) (4) European Law Review, 514-533., 524-533.

[19] Vgl. auch P. M. Huber, Art. 2 EUV als Grundlage des Staaten- und Verfassungsverbundes der EU, Alkotmánybírósági Szemle 2020. évi különszám, Constitutional EUdentity 2019, Unity in Diversity - Common and Particular Values, International Conference organized by the Constitutional Court of Hungary, March 2019, 20 (21 Fn. 13): "Der Umweg über Art. 19 Abs. 1 Satz 2 EUV wirkt dabei allerdings wie ein technokratischer Trick, um den Vorwurf einer Selbstermächtigung und einer Umgehung der verfahrensrechtlichen Anforderungen von Art. 7 EUV zu umgehen."

[20] Weiter Art. 24 Abs. 1 UAbs. 2 S. 5 EUV, Art. 275 Abs. 1 und Art. 276 AEUV.

[21] EuGH (Plenum), Urt. v. 16.2.2022, Rs. C-156/21 - Ungarn/Parlament und Rat; das lässt sich mit guten - unionsverfassungsrechtlichen - Gründen aufgrund der verordnungsinternen Organermächtigungen anders sehen, dazu Weber, The Pluralism of Values in an identity-framed Verbund..., 514 (521 f.).

[22] H. Kutscher, Thesen zu den Methoden der Auslegung des Gemeinschaftsrechts aus der Sicht eines Richters, in Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften, Begegnung von Justiz und Hochschule am 27. und 28. September 1976, (Berichte, 1976) I-44.

[23] Ibid., I-41 f.

[24] Für Anfragen an das Konzept siehe F. Schorkopf, Menschenrechte und Mehrheiten, (2022) 82 Zeitschrift für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht, 19-46., 38-43., https://doi.org/10.17104/0044-2348-2022-1-19; vgl. auch A. Paulus, Die Zukunft der Verfassungsgerichtsbarkeit in herausfordernden Zeiten, (2022) EuGRZ, 357., 358 f.

[25] Etwa Publikationen des amtierenden Präsidenten, alle aus dem Amtszeitraum als EuG- und EuGH-Richter: K. Lenaerts, Constitutionalism and the many Faces of Federalism, (1990) 38 (2) American Journal of Comparative Law, 205-263., 220., https://doi.org/10.2307/840100: "The Community may indeed excercise its specific, implied or non-specific powers in the fullest way possible, without running into any inherent limitation set to these powers as a result of the sovereignty which the Member States retain as subjects of international law. There simply is no nucleus of sovereignty that the Member States can invoke, as such, against the Community."; K. Lenaerts, Some Thoughts about the Interaction between Judges and Politicians, (1992) (1) University of Chicago Legal Forum, 93-133., 95.: "[...] judicial moves to safeguard the core of the European integration agenda set out in the Treaties, when the political actions that should have been taken were not pursued, and the legislation that should have been adopted, was, in fact, not passed."; K. Lenaerts und K. Gutman, "Federal Common Law" in the European Union: A Comparative Perspective from the United States, (2006) 54 (1) American Journal of Comparative Law, 1-121., 7., https://doi.org/10.1093/ajcl/54.1.1; K. Lenaerts, Federalism and the Rule of Law: Perspectives from the European Court of Justice, (2011) 33 (5) Fordham International Law Review, 1338., (1386).

[26] Treffend J. Bast und A. Thiruvengadam, Origins and pathways of constitutionalism, in Dann/Thiruvengadam (Hrsg.), Democratic Constitutionalism in the European Union and India: Comparing the Law of Democracy in Continental Polities, (2021) https://dx.doi.org/10.2139/ssrn.3642530, 102.: "It is difficult to predict in which direction the Rule of Law Crisis in the EU will develop; a short-term solution is not in sight. As of now, it has not caused an institutional crisis at the EU level but it demonstrates the extent to which the supranational project relies on constitutional preconditions at the national level which the EU itself, let alone its Court, cannot ensure." (Hervorhebung hinzugefügt.)

[27] In Anlehnung an G. Meyer und G. Meyer, Lehrbuch des deutschen Staatsrechts, (7. Aufl. 1919) 906 (zum preußischen Verfassungskonflikt 1862).

[28] Verordnung (EU, Euratom) 2020/2092.

[29] EuGH, Ungarn/Parlament und Rat, Rn. 167.

[30] A. v. Bogdandy, Strukturwandel des öffentlichen Rechts, Entstehung und Demokratisierung der europäischen Gesellschaft, (Suhrkamp, Berlin, 2022), 161., Zitat.

[31] Art. 2 lit. a) Verordnung (EU, Euratom) 2020/2092, letzter Satz: "Die Rechtsstaatlichkeit ist so zu verstehen, dass auch die anderen in Artikel 2 EUV verankerten Werte und Grundsätze der Union berücksichtigt werden."

[32] Zu Anhaltspunkten in der EuGH-Rspr. und weiteren Möglichkeiten Weber, The Pluralism of Values in an identity-framed Verbund..., 514 (530 ff.).

[33] Siehe auch P. M. Huber, Rechtsstaat, in Herdegen/Masing/Poscher/Gärditz (Hrsg.), Handbuch des Verfassungsrechts, (C. H. Beck, München, 2021) § 6 Rn. 55: "Der Begriff des Rechtsstaats und erst recht seine verfassungskräftige Verbürgung fallen allerdings umso gehaltvoller, seine Steuerungskraft umso größer aus, je klarer er sich von anderen Grundentscheidungen und Werten abgrenzen lässt. Nicht überholtes Trennungsdenken, sondern das Gebot, die Wirkkraft seiner Verbürgung bestmöglich zu entfalten, erfordert es daher, den Begriff des Rechtsstaats ungeachtet aller Interdependenzen und Überschneidungen mit anderen Verfassungsgrundsätzen auf seinen spezifischen Kern zurückzuführen und ihn entsprechend ein- und zuzuordnen."

Lábjegyzetek:

[1] Der Autor ist Akademischer Rat a.Z., Institut für Völkerrecht und Europarecht, Universität Göttingen.

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