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ElőfizetésIn Art. 2 EUV heißt es: Die Werte, auf die sich die Union gründet, sind die Achtung der Menschenwürde, Freiheit, Demokratie, Gleichheit, Rechtsstaatlichkeit und die Wahrung der Menschenrechte einschließlich der Rechte der Personen, die Minderheiten angehören. Diese Werte sind allen Mitgliedstaaten in einer Gesellschaft gemeinsam, die sich durch Pluralismus, Nichtdiskriminierung, Toleranz, Gerechtigkeit, Solidarität und die Gleichheit von Frauen und Männern auszeichnet.
Was Menschenwürde, Freiheit, Demokratie und Rechtstaatlichkeit im Einzelnen gebieten, ist damit freilich noch nicht gesagt. Es handelt sich insoweit um offene, konkretisierungsbedürftige Begriffe. Hier setzen nun die intellektuellen und juristischen Spin-Doctores der autoritären Regierungen in Mittel- und Osteuropa an und wollen der freiheitlichen Demokratie die illiberale entgegensetzen oder die aus ihrer Sicht zu starke Stellung der Justiz im überkommenen Verständnis des Rechtsstaats beschneiden.
Begriffe sind jedoch nicht nur Schall und Rauch, sondern definieren eine bestimmte Vorstellung von Wirklichkeit. Was nicht auf den Begriff gebracht werden kann, sagt Hegel, existiert nicht. Dass ein Rechtsbegriff unbestimmt ist, bedeutet nicht, dass er inhaltsleer oder sein Inhalt beliebig ausdeutbar wäre.
Es ist Sache der in und für eine Rechtsordnung zuständigen Stellen, die inhaltliche Offenheit von Begriffen zu vermeiden, sie zu reduzieren und sie einem gesicherten Verständnis zuzuführen. Das beginnt mit dem Verfassungsgeber, auf EU-Ebene dem Vertragsgeber, setzt sich über den Gesetzgeber als Erstinterpreten fort und endet bei der Justiz als Letztinterpretin. Diese kann über den Inhalt der Begriffe freilich nicht verfügen, sondern ist - auf EU-Ebene wie im nationalen Kontext - an die vorgegebenen Zuständigkeiten und Verfahren ebenso gebunden wie an das - methodisch zu erschließende - materielle Recht. Sie ist dabei nicht nur in einen Instanzenzug und einen Rechtsprechungs- und Verfassungsgerichtsverbund eingebunden, sondern unterliegt auch der Rationalitätskontrolle der Rechtswissenschaft, die insoweit die "Oberaufsicht des Publikums" ergänzt oder ersetzt. Dieser Konkretisierungsprozess kann - wie das Beispiel des Gefahrenbegriffs in § 10 II 17 ALR 1794 zeigt - mitunter fast ein Jahrhundert dauern,[1] es geht aber auch schneller.
Mit Blick auf die in Art. 2 EUV niedergelegten Werte der Menschenwürde, der Demokratie und des Rechtsstaats etc. ist noch Vieles unklar; insoweit unterscheiden sie sich allenfalls graduell von den Grundsätzen und Prinzipien in den nationalen Verfassungen, etwa in Art. 1 und 20 GG. Völlig konturenlos sind sie dennoch nicht.
Natürlich ist die in Art. 1 GRCh wie in Art. 1 Abs. 1 GG niedergelegte Würde des Menschen ein großer Begriff, über dessen konkrete Heranziehung naturgemäß Streit herrschen wird. In der bald 70jährigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts konnte aber immerhin geklärt werden, dass der Einzelne nicht zum Objekt staatlichen Handelns degradiert werden darf, und dass dies etwa bei einer Inhaftierung aufgrund einer Abwesenheitsverurteilung ohne jede Möglichkeit rechtlichen Gehörs[2] oder bei unerträglichen hygienischen Haftbedingungen der Fall ist.[3]
Auslegungsbedürftig ist auch, was Art. 2 EUV meint, wenn er von Demokratie spricht. Für die EU wird dies immerhin in den Art. 10 ff. EUV konkretisiert. Nach Art. 10 Abs. 1 EUV beruht ihre Arbeitsweise auf der repräsentativen Demokratie, womit bestimmte Anforderungen an das Europäische Parlament (Art. 10 Abs. 2 UAbs. 1 EUV), die demokratische Legitimation des Rates (Art. 10 Abs. 2 UAbs. 2 EUV), die nationalen Parlamente (Art. 12 EUV), die Partizipation der Bürgerinnen und Bürger, der Verbände und der Zivilgesellschaft wie auch für die politischen Parteien (Art. 10 Abs. 4 EUV) hat.
Auch wenn damit angesichts der unterschiedlichen Verfassungstraditionen der Mitgliedstaaten keine konturenscharfen Anforderungen einhergehen, so gibt es doch einen Kern einer gemeineuropäischen und insoweit auch unionsrechtlichen Demokratiekonzeption,[4] die auch durch die Straßburger Rechtsprechung untermauert wird. Dazu gehören jedenfalls die Periodizität von Wahlen, die Einhaltung allgemeiner Wahlrechtsgrundsätze und ein Mindestmaß an Responsivität zwischen der politischen Willensbildung und den gewählten Repräsentanten.[5] In diesem Sinne hat auch das Lissabon-Urteil des Bundesverfassungsgerichts festgestellt, dass sich die
Selbstbestimmung eines Volkes hauptsächlich in der Wahl der Organe eines Herrschaftsverbandes ver-
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wirklicht, die die öffentliche Gewalt ausüben. Diese müssen durch Mehrheitsentscheidung der Bürger gebildet werden, die wiederkehrend Einfluss auf die politische Grundausrichtung - personell und sachlich - nehmen können. Eine freie öffentliche Meinung und eine politische Opposition müssen fähig sein, den Entscheidungsprozess in seinen wesentlichen Zügen kritisch zu beobachten und Verantwortlichen - das heißt in der Regel einer Regierung - sinnvoll zuzurechnen".[6]
Wie ihre Mitglieder, so gründet auch die EU ausweislich des Artikels 2 EUV u. a. auch auf die Rechtsstaatlichkeit. Bald 70 Jahre nach dem Beginn der europäischen Integration und einer umfangreichen Spruchtätigkeit von Europäischem Gerichtshof[7] wie Europäischem Menschenrechtsgerichtshof ergeben sich freilich auch im Hinblick auf diesen Wert durchaus Konturen eines europäischen Verständnisses von Rechtsstaatlichkeit, die sich auch im konkreten Fall operationalisieren lassen, etwa in dem im Jargon nicht zufällig "Rechtsstaatsverfahren" genannte Verfahrens nach Artikel 7 EUV bedeutsam.[8]
In der Sache wird man jedenfalls das Legalitätsprinzip, die Grundsätze der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes, der Verhältnismäßigkeit, den Gleichheitssatz sowie die Gewährleistung effektiven Rechtsschutzes zu dieser gemeineuropäischen Verbürgung von Rechtsstaatlichkeit zählen können.[9] Dazu gehört ferner der Zugang zu einem unabhängigen, auf Gesetz beruhenden Gericht, der nicht in seinem Wesensgehalt angetastet werden darf. Eine Beschränkung ist auch unzulässig, wenn sie kein berechtigtes Ziel verfolgt oder kein angemessenes Verhältnis zwischen den angewandten Mitteln und dem verfolgten Ziel besteht.[10]
Mit Blick auf diesen - zugegebenermaßen erratischen, aber ausbaufähigen - Befund kann davon ausgegangen werden, dass die "Herren der Verträge" jedenfalls eine ungefähre Vorstellung davon hatten, was den in Art. 2 EUV aufgeführten Werten ausdrücken und worauf sie ihre Nationen verpflichten wollten. Andernfalls machte auch das Verfahren nach Art. 7 EUV, wie defizitär es auch sein mag, von vornherein keinen Sinn. Wenn dies so ist, dann steht der spezifische Gehalt der einzelnen Werte nicht zur Disposition. Sieht man einmal von der schillernden Figur des Verfassungswandels ab, der zumindest einen über längere Zeit bestehenden Konsens über eine veränderte Interpretation voraussetzte, an dem es im Europa des Jahres 2019 offenkundig mangelt, dann sind auch noch so intelligent gemeinte oder aggressive Versuche, zu einer Relativierung oder Reinterpretation dieser Inhalte zu gelangen, unzulässig.
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