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Dejan Dujic[1]: Die historische Entwicklung und Bedeutung der Mediation Ein Vergleich zwischen Deutschland und Ungarn (JURA, 2023/2., 81-100. o.)

I. Einführung

Die Bedeutung "Mediare" hat ihren Ursprung im lateinischen und bedeutet so viel wie in der Mitte stehen, vermitteln, schlichten, übereinstimmen".[1]

Die Aufgabe des Mediators besteht darin, die Beschwerden der Parteien unvoreingenommen anzuhören und wahrzunehmen, um die wahren Ursachen ihrer Konflikte aufzudecken. Ziel ist es die Kommunikation zwischen den Streitenden wieder herzustellen, indem sie als neutraler dritter Orientierungspunkte darbieten um den Konflikt zu schlichten. Dazu nutzen die Mediatoren die kollektive Kommunikationsstärke der Parteien, die im Idealfall dazu dient, eine Lösung zur Streitbeilegung und zur Einigung herbeizuführen, das heißt, eine Lösung zu finden, die für beide Seiten vertretbar ist.

Die Mediation wird oft als ein modernes, zeitgenössisches Verfahren angesehen, als "Erfindung" der Neuzeit, wobei die Methode der Konfliktbewältigung seit Urzeiten bekannt ist und von verschiedenen kulturellen Gruppen schon in der Antike angewandt wurde.[2]

Beispiele für alternative Streitbeilegungsverfahren gibt es überall auf der Welt. Die erste Erwähnung der Mediation findet sich in der Geschichte der chinesischen Streitbeilegungskultur wieder, wo eine Art der Mediation bereits vor 2500 Jahren als eine der am häufigsten verwendeten Verfahren zur Konfliktlösung benannt wurde.[3]

Die Streitbeilegung in ihrer heutigen Form wurde in den Vereinigten Staaten im 20. Jahrhundert populär. In den 70-er Jahren erlebten die außergerichtlichen Streitbeilegungsverfahren, - so auch die Mediation in Amerika, - ein zunehmendes Wachstum.[4] Diese Zeit gilt als die Geburtsstunde der modernen "strukturierten Mediation", deren Innovation in ihrem strukturierten, wissenschaftlichen und systematischen Aufbau liegt.

II. Die Wurzeln der Mediation in Deutschland und Ungarn

1. Entwicklung der Mediation in Deutschland

Für Deutschland wird als erstes Beispiel für eine Mediation im weitesten Sinne der Westfälische Friede von Münster

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und Osnabrück aus dem Jahre 1648 genannt.[5] Diesem Mediationsverfahren sind jedoch päpstliche Mediationsversuche vorangegangen.[6]

Obwohl auch in Europa die ersten Mediationsverfahren bis ins Mittelalter greifen, war eine enorme Stagnation in der Weiterentwicklung und in der Wahrnehmung von Mediationsverfahren nach Ende des 18. Jahrhunderts, bis in die Mitte des 20. Jahrhunderts zu erkennen. Allgemein ist in Europa, vor allem aber in den deutschsprachigen Ländern in Gegensatz zu den Ländern im angelsächsischen Sprachraum zu erkennen, dass sich die Mediation nach dem 18. Jahrhundert viel langsamer und schleppender entwickelte. Dies hatte mehrere Gründe, hervorheben kann man jedoch, dass im angelsächsischen Rechtssystem der Zugang zu den ordentlichen Gerichten und zur Rechtsprechung sehr beschwerlich und kostspielig ist, sodass sich andere Wege zur Geltendmachung des Rechts leichter etablierten und verbreitet haben als in den deutschsprachigen Gebieten, da in diesen eine, für jeden leicht zugängliche ordentliche Gerichtsbarkeit ausgebaut wurde. Dies ist natürlich einerseits positiv, da jeder rechtliches Gehör bekommt, andererseits negativ, da sich so andere Institutionen zur Streitbeilegung gar nicht oder nur sehr schwer entwickeln und etablieren konnten und können.[7]

Erschwerend kam in Deutschland noch hinzu, dass die Advokatenschicht am Scheidepunkt des 19 - 20. Jahrhunderts auf eine Monopolstellung beharrte, bezüglich außergerichtlicher Rechtsberatung, Rechtsklärung.[8]

Dies wurde durch das Rechtsberatungsmißbrauchsgesetz (RBMißbrG) vom 13.12.1935, das in erster Linie -jedoch nicht ausschließlich- jüdische Juristen aus allen Bereichen des Rechts ausgeschlossen hat[9] geändert, nicht "deutsche und nicht Juristen" wurden aus allen Prozessen ausgeschlossen.

Nach Beendigung des II. Weltkriegs im Jahre 1945 wurde das Gesetz in seiner damaligen Fassung abgeschafft, die offizielle Wiedereinführung erfolgte 1958 unter dem neuen Titel Rechtsberatungsgesetz (RBerG). Ohne jedoch den alten Passagen, also den antijüdischen Passagen. Weiterhin mit starker Begrenzung wer Rechtsberatung, Rechtsbehelf anbieten darf.[10] Dieses mehr als fragwürdige Gesetz ist bis 2008 in Kraft geblieben, (Aufhebung durch das Rechtsdienstleistungsgesetz (RDG) vom 01.06.2008).[11] Dieses ist jedoch nicht weniger in der Kritik und entsprich keinesfalls der EU-Rechtskonformität.

Durch die o.g. Entwicklungsmechanismen begann sich die Mediation in Deutschland erst in den späten 80-er, frühen 90-er Jahren zu entwickeln und an Akzeptanz zu gewinnen.

Vorreiter der Mediation im deutschsprachigen Raum war Österreich. Österreich begann im Jahre 1985 in Zusammenarbeit von Justiz und des Vereines für Bewährungshilfe und soziale Arbeit mit einem Modellversuch der Mediation im Rahmen des Jugendstrafrechts.. Im gleichen Atemzug versucht sich Deutschland 1985 im Bereich des Täter - Opfer - Ausgleichs im Jugendstrafrechtsbereichs. Somit können wir festhalten, dass die ersten Schritte der modernen Mediation im deutsch-

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sprachigen Raum erstmalig im Strafrecht, zentral aber im Jugendstrafrecht Anwendung erfuhren und erst in den neunziger Jahren in den Zivilrechtsraum, näher in die Familienmediation überging.[12]

Die erste tatsächliche rechtliche Regelung bezüglich der Aufgaben der Mediation wurde in Deutschland erst 2012, als Reaktion auf die Richtlinie der Europäischen Union von 2008 (2008/52/EG) durch das Mediationsgesetz vom 26.07.2012 eingeführt. Seine Revision erfuhr das Gesetz 2016, ergänzend kam die "Zertifizierte - Mediatoren - Ausbildungsverordnung (01.09.2017) hinzu.[13]

2. Entwicklung der Mediation in Ungarn

Auch in Ungarn geht die Entwicklungsgeschichte über eine, - im weitestem Sinne als Mediation bekannte außergerichtliche Verfahrensart - weit zurück. Laut Aufzeichnungen hat Stephan der I. (der Heilige) nach seiner Krönung zum ersten ungarischen König, im Jahre 1000 n. Chr. das außergerichtliche Schlichtungsverfahren institutionalisiert. Die erste schriftliche Erwähnung stammt aus Artikel 16 des II. Dekrets des Heiligen Stephan, in dem darauf hingewiesen wird, "dass die Aufgabe der Schiedsrichter zunächst nicht darin bestand, zu richten, sondern zu schlichten".[14]

Im 13. Jahrhundert wird in schriftlichen Aufzeichnungen von sogenannten "genommenen" Richtern gesprochen, womit wahrscheinlich die gewählten Richter gemeint sind. Im 14. Jahrhundert führte die Gründung von Dorfgemeinschaften zur Entwicklung kommunaler Institutionen, wobei der Dorfrichter als Schiedsrichter fungierte, vor allem bei der Beilegung von Streitigkeiten in der Gemeinschaft (allgemeine Unstimmigkeiten in der Dorfgemeinschaft) und in Verwaltungsangelegenheiten.[15]

Geschichtliche Aufzeichnungen legen dar, dass die Entwicklung der Mediation auf den sog. "Schiedsgerichtlichen - Verfahren" fußt. Grundsteine der Mediation wurden durch die sogenannten "selbstgewählten" Schiedsgerichte und deren Arbeit geprägt. Freilich waren und sind Schiedsgerichte keine Mediationsverfahren, jedoch bildeten sie die Basis zur Entwicklung der heutigen Mediationsverfahren. Im Laufe der Geschichte wurde eine Reihe von Gewohnheitsrechten die durch die Mediationen und dem Verhalten der Parteien nach der Mediation, langsam aber sicher Einfluss auf das Rechtssystem nahmen, letztendlich in unser Rechtssystem aufgenommen worden, was zeigt, dass die Mediation von der Gesellschaft positiv wahrgenommen und auch gefordert wird.[16]

Die Einführung der Schiedsgerichtsbarkeit war das erste Rechtsforum, das in erster Linie auf die Entlastung der staatlichen Gerichte abzielte.[17]

In Ungarn wurde die "moderne" Mediation erstmals in arbeitsrechtlichen Fällen eingesetzt, dies wurde im Gesetz XXII aus dem Jahr 1992 geregelt und festgehalten. (Regelung von Arbeitskonflikten und Arbeitsstreitigkeiten in den §§ 194 - 198 und §§ 199 - 202 des Arbeitsgesetzes). Verpflichtende "Arbeitsrechtsmediation ist bis heute - also auch im modernen ungarischen Arbeitsrecht - vorhanden.

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Auch in Zivilsachen wollte man Mediationsverfahren fördern, vor allem in Familiensachen, so hat sich im Jahre 2013 das Landesamt für Gerichtswesen (OBH) die Aufgabe gestellt, das Rechtsinstitut der Mediation unter dem Titel "Dialog statt Prozess" zu fördern.[18]

Wichtig zu erwähnen ist auch die Justizminister - Verordnung 63/2009. (XII. 17.) über die Fort - und Weiterbildung der Mediatoren. Durch diese hat die ungarische Regierung die EU -Richtlinie 2008/52 verwirklicht.[19] Sie regelt die Aus - und Weiterbildungsvorschriften der Republik Ungarn in Bezug aller Mediatoren (§§ 1 - 11). Auch wenn sie, wegen der Verwirklichung der EU - Richtlinie damals von großer Bedeutung war, spielt sie seit der Erlassung der zentralen Mediationsgesetze im Jahre 2002 für Zivil - und Verwaltungssachen sowie das Gesetz 2016 für Straf - und Ordnungswidrigkeitenmediationen keine zentrale Rolle mehr.

III. Der Ausbildungsprozess, rechtliche Grundlagen und das Mediationsverfahren in Deutschland und Ungarn

1. Mediation in Deutschland

In diesem Kapitel möchte ich im Allgemeinen über die "Eigenheiten" der deutschen Mediation sprechen, das heißt, über das deutsche Grundverständnis bezüglich Mediation. Dies soll das Verständnis über das Mediationsverfahren und die Arbeit der Mediatoren erleichtern und fördern. Des Weiteren soll es dem Leser einen Überblick über die deutsche Mediation ermöglichen, somit zum Verständnis beitragen. Ohne diese Grundlagen ist es schwer, das "wie und warum" einer Mediation zu verstehen.

1.1. Mediationsverständnis in Deutschland, vom Begriff zur Stellung der Mediation

Um zu verstehen, was nach deutschem (Rechts)verständnis Mediation ist, müssen wir diese erst einordnen. Hierzu haben wir zwei, sich ergänzende und aufeinander bauende Sichtweisen. Einerseits die vom Gesetzgeber sehr knapp gefasste Auffassung über die Mediation und ihrem Wirkungskreis, den das Mediationsgesetz inne hat (§ 1 ff.), andererseits die Lehre bzw. Literatur, die den Rahmen, die der Gesetzgeber mit seiner Gesetzesdefinition gestaltet hat, mit Inhalt füllt.

Die im Mediationsgesetz (MediationsG)[20] gefasste Begrifflichkeit dient eher als Rahmenwerk und zeigt einmal mehr, wie "halbherzig" der deutsche Gesetzgeber über Mediation nachdenkt. Das gesamte neue Mediationsgesetz von 2012, Überarbeitung im Jahre 2015 umfasst insgesamt 9 §§ Den Inhalt dieser "knapp gefassten Rahmengesetzgebung" hat die Lehre, die Literatur erweitert und aufgefüllt. Die Ansicht und Auffassung der Lehre und Literatur sind, - da sie auch den Kern einer Mediation berühren und die Mediation in ihrer Gänze betrachten - für die Ausbildung als auch für die Haltung und tatsächliche Arbeit des Mediators ausschlaggebend.

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Nach dem deutschen Gesetzgeber ist Mediation: "§ 1 MediationsgG: (1) Mediation ist ein vertrauliches und strukturiertes Verfahren, bei dem Parteien mithilfe eines oder mehrerer Mediatoren freiwillig und eigenverantwortlich eine einvernehmliche Beilegung ihres Konflikts anstreben. (2) Ein Mediator ist eine unabhängige und neutrale Person ohne Entscheidungsbefugnis, die die Parteien durch die Mediation führt."

Laut namhaften Vertretern der Mediationswissenschaft wie Reiner Bastine, Claudia Theilmann Dr. jur. Heinz Möhn und Anke Siebel ist Mediation jedoch: "Mediation zielt darauf ab, dass (1) die Konfliktpartner ihre unterschiedlichen Interessen und Bedürfnisse besser verstehen, (2) für alle Beteiligte konkrete, selbstbestimmte und einvernehmliche Lösungen erreicht werden und (3) die Zusammenarbeit und Kompetenz der Partner zur Lösung künftiger Probleme gestärkt wird." Dieser Definition nach ist Mediation ein lösungsorientiertes und kompetenzstärkendes psychologisches Vermittlungsverfahren zur Regelung von Sachproblemen. Das Verfahren hat die Förderung eines besseren Verständnisses für die jeweiligen Bedürfnisse der Konfliktpartner zum Ziel. Durch die Stärkung der Kooperationsfähigkeit beider Partner wird das Treffen konkreter, es werden sachdienliche Entscheidungen ermöglicht und die Kompetenz zur Lösung zukünftiger Probleme erweitert. Mediation stellt demnach eine zielorientierte und strukturierte professionelle Hilfe dar, die die einvernehmliche und eigenverantwortliche Lösung interpersoneller Konflikte begünstigt. Der Mediator fungiert lediglich als neutraler Vermittler und bietet den Konfliktpartnern den Rahmen zur Klärung ihrer Anliegen.[21]

Theoretischer Ansatz der Mediation ist die Erkenntnis, dass Anlage und Entfaltung von Konflikten wie auch die Potenziale zur Lösung denselben Nährboden haben, demzufolge die Konfliktbeteiligten aufgrund ihrer Nähe zum Konflikt und seiner Entscheidung für ihre Probleme auch die interessengerechtesten Lösungsvorräte haben, die gegebenenfalls nur bewusst gemacht werden müssen.[22] (Die Parteien sind dementsprechend sowohl Herd des Konflikts, als auch die Schlüssel des selbigen).

1.2. Mediatorenausbildung in Deutschland, der Zertifizierte Mediator (Zert.Med.)

Die Ausbildung zum - nunmehr - zertifizierten Mediator regelt das Mediationsgesetz (2015) in den §§5-6 MediationsG. i.V.m. der VO. des Bundes - ZMediatAusbV[23], die seit dem 01.09.2017 in Kraft ist.

Nach dem MediationsG.: "§ 5 (1) Der Mediator stellt in eigener Verantwortung durch eine geeignete Ausbildung und eine regelmäßige Fortbildung sicher, dass er über theoretische Kenntnisse sowie praktische Erfahrungen verfügt, um die Parteien in sachkundiger Weise durch die Mediation führen zu können. Eine geeignete Ausbildung soll insbesondere vermitteln: 1. Kenntnisse über Grundlagen der Mediation sowie deren Ablauf und Rahmenbedingungen, 2. Verhandlungs- und Kommunikationstechniken, 3. Konfliktkompetenz, 4. Kenntnisse über das Recht der Mediation sowie über die Rolle des Rechts in der Mediation sowie 5.praktische

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Übungen, Rollenspiele und Supervision. (2) Als zertifizierter Mediator darf sich bezeichnen, wer eine Ausbildung zum Mediator abgeschlossen hat, die den Anforderungen der Rechtsverordnung nach § 6 entspricht. (3) Der zertifizierte Mediator hat sich entsprechend den Anforderungen der Rechtsverordnung nach § 6 fortzubilden."

Entsprechend des § 6 hat der Bundnach langen Streitigkeiten und Diskussionen - seine Ermächtigung wahrnehmend am 21.08.2016 die o.g. VO. erlassen. Dies war ein Meilenstein. Durch diese VO. wurde der einheitliche Ausbildungsrahmen geschaffen, zugleich eine einheitliche Voraussetzung zur Ausbildung und Fortbildung von zertifizierten Mediatoren für das gesamte Bundesgebiet erlassen.

"§ 1 ZMediatAusbV: Diese Verordnung regelt 1.die Ausbildung zum zertifizierten Mediator, 2. die Fortbildung des zertifizierten Mediators sowie 3. Anforderungen an die Einrichtungen zur Aus- und Fortbildung nach den Nummern 1 und 2."

Vor dem MediationsG. und der VO. konnte jeder, ohne Ausbildung und ohne qualifizierte Kenntnisse Mediationen ausüben und anbieten. Die, die sich vor dem Erlassen des Gesetzes und der Verordnung Mediatoren genannt haben, mussten eine Weiterbildung und eine entsprechende Anzahl an erfolgreich erbrachten Mediationen nachweisen, um die "neue" Zulassung zu bekommen, oder mussten mit der Tätigkeit aufhören. Richter, die "gerichtsnahe Mediation" erbrachten, wurden nach einer Schonzeit in Güterichter umbenannt, sie dürfen ohne weiteres weiter "mediiren". Saloppe Begründung war, "man müsse sie ja irgendwie weiterbeschäftigen".

"§6 Als zertifizierter Mediator darf sich auch bezeichnen, wer 1. im Ausland eine Ausbildung zum Mediator im Umfang von mindestens 90 Zeitstunden abgeschlossen hat und 2.anschließend als Mediator oder Co-Mediator mindestens vier Mediationen durchgeführt hat.[24]

§7 (1) Als zertifizierter Mediator darf sich bezeichnen, wer vor dem 26. Juli 2012 eine Ausbildung zum Mediator im Umfang von mindestens 90 Zeitstunden abgeschlossen und anschließend als Mediator oder Co-Mediator mindestens vier Mediationen durchgeführt hat. (2) Als zertifizierter Mediator darf sich auch bezeichnen, wer vor dem 1. September 2017 einen den Anforderungen des § 2 Absatz 3 und 4 genügenden Ausbildungslehrgang erfolgreich beendet hat und bis zum 1. Oktober 2018 an einer Einzelsupervision im Anschluss an eine als Mediator oder Co-Mediator durchgeführte Mediation teilgenommen hat. Wird die Einzelsupervision erst nach dem 1. September 2017 durchgeführt, ist entsprechend § 4 Absatz 2 eine Bescheinigung auszustellen. (3) In den Fällen der Absätze 1 und 2 beginnen die Fristen des § 3 Absatz 1 Satz 3 und des § 4 Absatz 1 am 1. September 2017 zu laufen. Im Fall des Absatzes 2 Satz 2 beginnen die Fristen abweichend von Satz 1 mit Ausstellen der Bescheinigung zu laufen."

Die Ausbildung und die Zertifizierung, die entsprechend nach den Vorschriften des MediationsG. und der VO., nach 2017 erlangt und absolviert werden bzw. wurden, sollten bzw. sollen, - zumindest theoretisch, - als Beweis dienen, dass nunmehr qualifizierte, gut ausgebildete Fach-Mediatoren Mediationstätigkeiten ausüben.

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"§ 2 (1) Als zertifizierter Mediator darf sich nur bezeichnen, wer eine Ausbildung zum zertifizierten Mediator abgeschlossen hat."

Jedoch kommt neben der schon o.g. Sonderbehandlung für Richter und Juristen erschwerend hinzu, dass die Qualifikationen, Aus- und Fortbildungen von keiner staatlichen Stelle überwacht werden. Des Weiteren kommt hinzu, dass Rechtsverbände von Richtern und auch Anwälten bis heute gegen die außergerichtliche Mediation "schlecht Wetter machen". Der Staat selbst unterstützt eher die gerichtsnahe Mediation, die Güterichter - "Mediation", die er mit Kostenzuschüssen und Werbung fördert und finanziert, um Richtern (Güterrichter, die keine Mediationsausbildung brauchen, jedoch Mediationstätigkeiten ausüben dürfen) den Markt zu sichern.[25]

1.3. Das deutsche Mediationsverfahren und seine Grenzen

Wie wir erkennen konnten, sind große Diskrepanzen zwischen der gerichtsnahen Mediation - die zumindest in Deutschland - mit der "echten" Mediation so gut wie nichts zu tun hat und der außergerichtlichen. Ich möchte mich hier auf die außergerichtliche Mediation und ihrer Abläufe konzentrieren.

Um das psychologisch-bedürfnis-orientierte außergerichtliche Mediationsverfahren zu verstehen, ist es ratsam, mit den sog. "5 Grundpfeilern", den Grundprinzipien der Mediation anzufangen. Wichtig auch weil sie den Unterschied zu dem ungarischen sehr technisch, juristisch angehauchten Mediationsverständnisses und seinen Grundprinzipien zeigt.

1. Allparteilichkeit: das bezieht sich auf den Mediator, der stets die Parteien in ihrer Eigenartigkeit akzeptiert, nicht verurteilt, nicht urteilt und für beide gleichermaßen verfügbar ist.

2. Informiertheit: das heißt, dass jede Seite, alle, ihr bekannten Informationen (Zahlen, Daten, Fakten), alles, was zum gedeihlichen Auflösen eines Konfliktes beitragen kann den anderen mitteilen muss. Nur wenn sich die Parteien auf einer "Augenhöhe" begegnen, kann die Mediation funktionieren.

3. Freiwilligkeit: keiner kann und wird gezwungen an einer Mediation teilzunehmen. Jeder hat das Recht, die Mediation frühzeitig zu unterbrechen, die Mediation zu verneinen. Wenn jedoch der Mediation zugestimmt wurde, müssen die "Spielregeln" der Mediation eingehalten werden.

4. Eigenverantwortlichkeit: der Mediator gibt keine Vorschläge betreffend einer Konfliktlösung, er ergreift auch nicht Partei. Die Parteien müssen selbst für sich einstehen, ihre Bedürfnisse, Gefühle und Ärgernisse kund tun. Jede Partei muss für sich und seine Interessen einstehen können.

5. Vertraulichkeit: nichts was in der Mediation geschehen ist oder gesprochen wurde verlässt den sog. "Geschützten Raum". Diskre-

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tion, Verschwiegenheit und das Vertrauen in alle Parteien ist das wichtigste. Keiner darf der Mediation ohne Zustimmung aller Parteien beiwohnen, die "Sache geht nur die Beteiligten was an."[26]

Damit ein Mediationsverfahren in die Wege geleitet werden kann, muss sich der Konflikt oder die Verwerfung für eine Mediation eignen. Einfach gesagt ist alles, was Quelle eines Streites sein kann, geeignet für ein Mediationsverfahren. Einziges Ausschlusskriterium ist, Gewalt, Streitigkeiten in denen das Gewaltpotential hoch ist.

Im Lehrbuch von Möhn - Siebel heißt es: "Ein Gesprächsprozess, lebt vom konstruktiven Dialog, dass die Beteiligten miteinander reden und sich verstehen können (Wille zur Kommunikation). Ohne solche Befähigung läuft nichts. Sprachlosigkeit und Verweigerung machen es in allen Lebensbereichen schon im Ansatz chancenlos, gemeinsame Ziele zu stecken und zu erreichen oder auch nur miteinander ins Reine zu kommen..." weiter heißt es "... Konflikte werden durch Kommunikation ausgetragen (nicht durch Gewalt und Handgreiflichkeit). Durch Kommunikation werden Konfliktdynamiken beeinflusst, Konfliktstrukturen gestaltet."[27]

Letztendlich will die Mediation für die Konfliktbeteiligten eine Win-Win-Situation erreichen, die Parteien sollen beide als Gewinner, mit dem, für beide annehmbaren Lösungen bezüglich ihres Streitfalls aus diesem entlassen werden.

Die Eignung zur Mediation hat der Mediator während des ganzen Mediationsverfahrens zu prüfen Jeder Konfliktbeteiligte muss wissen, was er will und seinen Willen und seine Bedürfnisse muss er auch äußern können. Zu der Eignung gehört auch die Fähigkeit, Entscheidungen treffen zu können, d.h. auch die Bereitschaft der Parteien, sich in gemeinsamen Gesprächen mit dem anderen Konfliktbeteiligten konstruktiv auf den Verhandlungsprozess einzulassen. Auch, dass die Ziele, die - die Konfliktparteien erreichen wollen, mit den Grundvoraussetzungen und den Möglichkeiten des Mediationsverfahrens im Einklang sind, d.h. eine gemeinsame gedeihliche Lösung zu finden, die für beide Parteien vertretbar ist.[28]

Die Konfliktparteien sind verhandlungsfähig im Sinne der Mediation, wenn sie nach dem BGB erstens Geschäftsfähig, zweitens Rechtsfähig sind (§§ 1 i.V.m.104 BGB). Jedoch müssen die Parteien für das Mediationsverfahren einiges mehr mitbringen und zwar die Verhandlungsfähigkeit, die Fähigkeit ihre Interessen wahrzunehmen und für diese einzustehen und ihre Interessen und Bedürfnisse selbst unabhängig und eigenverantwortlich zu formulieren.[29]

Da die Mediation auf Emotionen, Gefühlen und Bedürfnisse aufbaut, wird eine Mediation des Weiteren kaum erfolgreich sein, wenn der Konflikt und/oder der Streitgegenstand kein sogenannter Knoten im emotionalen, sozialen und / oder wirtschaftlichen Beziehungsgeflecht ist, ein Lösungsdruck sich noch nicht aufgebaut hat und der Konflikt und / oder Streitgegenstand nicht disponibel ist.[30]

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Auch nicht geeignet ist eine Mediation, wenn die Parteien die Lösungen vom Mediator erwarten.[31]

Der Mehrwert einer Mediation gegenüber anderen Konfliktlösungsverfahren, in dem dritte Außenstehende mit Entscheidungsbefugnissen beteiligt sind, liegt im beherrschbaren Zeitstrahl und in dem, das Verfahren prägenden, Akzeptanz findenden Wertekatalog.

Demnach ist die Struktur der Mediation wie folgt: sie kennzeichnet zunächst die strikte Aufteilung der Verantwortung für die Konfliktlösung in Ergebnisverantwortung einerseits, die bei den Medianten liegt und der Verantwortung für den Prozessablauf andererseits, die dem Mediator zufällt. Sie wird darüber hinaus von den Grundsätzen der Freiwilligkeit, Allparteilichkeit, Eigenverantwortlichkeit, Informiertheit und Vertraulichkeit geprägt.[32]

Das deutsche Mediationsverfahren Läuft in mehreren Phasen ab, jede Phase bearbeitet eine strukturelle Eigenheit des Verfahrens und dient zum Aufbau der nächsten, durch dieses "Schritt für Schritt Verfahren" ist es dem Mediator möglich alle Nuancen des Streits bzw. Konfliktfalls zu erkennen und zu durchleuchten.

Verschiedene Autoren und Schulen verwenden verschiedene Phasenmodelle. Das meistverbreitete ist jedoch das 6 - Phasenmodell - dieses möchte ich ihnen hier vorstellen, da ich selber mit diesem arbeite:

Das Mediationsverfahren nach dem 6 - Phasenmodellen[33]:

Phase - 0: Obwohl das Mediationsverfahren als 6 - Phasenmodell bezeichnet wird, haben wir noch eine sogenannte Vor - Phase, diese ist nichts anderes als der erste Kontakt zwischen Mediant und Mediator, meistens telefonisch oder via E-Mail.

Phase - 1 ist das tatsächliche Zusammentreffen zwischen Mediator und Medianten, hier werden die allgemeinen Grundlagen der Mediation, die Rollenverteilung zwischen Mediator und den Medianten erläutert, der Mediationsvertrag geschlossen und die wichtigsten Fragen über den Ablauf der Mediation geklärt. Diese Phase ist das sogenannte Arbeitsbündnis.

Phase - 2: Diese Phase, wird als Phase zur Erarbeitung der Konfliktfelder benutzt, d.h. hier werden die zu bearbeitenden, strittigen Themen festgehalten. Daraufhin wird von den Medianten eine Reihenfolge zur Abarbeitung der einzelnen Themen festgehalten. Hier wird auch erneut auf die sogenannten Spielregeln der Mediation hingewiesen, bevor es dann in Phase - 3, zur konkreten Erläuterung der Konfliktfelder geht.

Phase - 3: Sie dient der Bearbeitung der Konfliktfelder und zwar nach Positionen (Sichtweise des Einzelnen, die "ICH-Phase"). Hier wird das Thema oder die Themen aus Phase - 2 in der, von den Medianten festgelegten Reihenfolge besprochen und bearbeitet, jeder Mediant schildert seine Sichtweise zu dem entsprechenden Streitthema abwechselnd, d. h. Zahlen Daten Fakten sammeln. Zum Schluss wird für jedes einzelne Thema, das hier besprochen wird eine sogenannte Arbeitsfrage festgehalten die es zu bearbeiten gilt.

Phase - 4: Phase - 4 bedeutet, dass wir die Arbeitsfragen auf die emotionale Schiene verleiten, wir versuchen ein

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Verständnis aufzubauen, anhand derer Informationen, die wir in Phase - 3 bekommen haben. Das heißt, ein Verständnis für einander und ein Verständnis auch für sich selbst. Hier werden die Wünsche, Bedürfnisse und Gefühle zu den bestimmten Themen erläutert.

Phase - 5: Hier werden die ersten gemeinsamen Lösungsvorschläge festgehalten, jedoch noch nicht konkret, sondern ohne groß nachzudenken, ohne zu überlegen, wie sehr eine bestimmte Lösung überhaupt machbar ist oder warum eine Lösung nicht machbar ist. Jede Lösung wird hier einfach in den Raum geschmissen, die Parteien werden angeregt ein "Brainstorming" durchzuführen.

Die Phase - 6: Sie ist für die Verschriftlichung der besprochenen Lösungen. Sollte ein Formzwang bestehen, wird dieser natürlich eingehalten und der sogenannte Privatvertrag zwischen den Parteien festgehalten.

Nach Phase - 6 wird besprochen, ob nach einer Probezeit noch einmal ein Nachgespräch geführt werden soll oder nicht (Phase 6+). Dieses wird oft eingeführt, um nach einer gewissen Zeit -meistens 4 bis 6 oder selten 8 Wochen -, die im Vertrag festgehaltenen Lösungen noch einmal auf ihre Tauglichkeit zu prüfen.

2. Die Mediation in Ungarn

Auch das ungarische Mediationssystem arbeitet mit dem gerichtsnahem und dem außergerichtlichen Mediationsverfahren. Neben dem deutschen System folgt es auch dem österreichischen. Sowohl in Österreich als auch in Ungarn müssen Mediatoren die gesetzlich vorgeschriebene Schulung / Ausbildung durchlaufen und werden daraufhin, wenn sie den Registrierungsprozess erfolgreich durchliefen, in die Liste der Gerichtsmediatoren eingetragen. Es werden sowohl die sog. Gerichtsmediatoren (diese jedoch nur auf Wunsch, ohne das es Obligatorisch für sie wäre, da sie eh als Anwälte vor Gericht zugelassen sind), als auch die außergerichtlichen Mediatoren eingetragen, die durch die Eintragung in diese Liste (österreichisch)[34], bzw. durch die Eintragung in das Gerichtsverzeichnis für Mediatoren[35] (ungarisch)[36] als Mediatoren arbeiten dürfen.

In Ungarn nennt man diese zwei Mediatorengruppen einerseits Gerichtsmediatoren (mit Grundausbildung Rechtswissenschaften) und die sog. "Frei-Marktmediatoren" ("Piaci" mediätor - ungarisch, alle ausgebildeten Mediatoren, die als Grundstudium nicht Rechtswissenschaften studierten.) Die Aufgaben dieser Mediatorengruppen entsprechen den Aufgaben der deutschen Mediatoren, egal ob gerichtsnah oder außergerichtlich, da die ungarischen "Frei-Marktmediatoren" mit Ausnahme der, vom Gericht selbst vorgegebenen ("zwingenden") Mediationen, alle Mediationsverfahren durchführen dürfen, genau wie ihre Gerichtsmediatoren-Kollegen. strittig ist jedoch die Stellung bei Strafrechtsmediationen, dort werden in erste Linie Gerichtsmediatoren eingesetzt.[37]

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2.1. Mediationsverständnis in Ungarn, vom Begriff zur Stellung der Mediation

Im Gegensatz zum deutschen "außergerichtlichen Mediationsverfahrensverständnis", - wo der Fokus eher auf der psychologischen, Gefühls - und Bedürfnisachse liegt, - legt Ungarn, den Fokus konzentriert - bei jeder Mediation, egal ob außergerichtlich oder gerichtsnah - auf die "mechanisch-, juristische Problemlösungsachse. Hier sind Gefühle, Bedürfnisse, psychologische Aspekte so gut wie von keiner Bedeutung. Es wird sehr Fakten - und problemlösungsbezogen gearbeitet.

Da die ungarische Mediation, in zwei große Rechtsbereiche geteilt wird, gibt es für die Mediation mehrere Definitionen. Eine für die Zivil - und Verwaltungsmediationsgebiete und eine für Straf - und Ordnungswidrigkeitenmediationen. Auch wie in Deutschland, hat jedoch die Mediationslehre ihre eigenen Definitionen festgehalten, da die Mediation natürlich viel mehr ist, als das, was der Gesetzgeber definiert. Jedoch stimmt auch hier, dass es keine einheitliche Definition für Mediation gibt, je nach Mediationsansicht hat die Lehre verschiedene Definitionen.

Nach dem Gesetz LV (Kvtv.) aus dem Jahre 2002 für Mediationsverfahren in Zivil - und Verwaltungssachen ist Mediation: "§ 1 Abs. 1; Zweck dieses Gesetzes ist die Erleichterung der Beilegung zivil- und verwaltungsrechtlicher Streitigkeiten, die sich aus den Persönlichkeits- und Vermögensrechtlichen Streitigkeiten zivilrechtlicher oder verwaltungsrechtlicher Natur ergeben, bei denen die Verfügungsgewalt der Parteien gesetzlich nicht eingeschränkt ist.

§ 2 Die Mediation ist ein spezifisches Schlichtungs-, Konfliktmanagement- und Streitbeilegungsverfahren, das im Rahmen dieses Gesetzes zur Erleichterung der Beilegung einer Streitigkeit gemäß § 1 Abs. 1 im gegenseitigen Einvernehmen der Streitparteien unter Hinzuziehung eines an der Streitigkeit unbeteiligten Dritten (im folgenden "Mediator" genannt) mit dem Ziel durchgeführt wird, die Erstellung einer schriftlichen Vereinbarung zwischen den Parteien zur Beilegung der Streitigkeit zu erleichtern.

§ 3 Der Mediator hat die Aufgabe, unparteiisch und gewissenhaft nach bestem Wissen und Gewissen zum Mediationsverfahren beizutragen, um eine Einigung zu erzielen, die den Streit zwischen den Parteien beendet."

Nach dem Gesetz CXXIII aus dem Jahr 2006 für Mediationsverfahren im Straf- und Ordnungswidrigkeiten - Angelegenheiten heißt es: "§ 1 Dieses Gesetz gilt für Verfahren, in denen die Staatsanwaltschaft das Strafverfahren zum Zwecke der Mediation gemäß dem Gesetz XC von 2017 über das Strafverfahren (im Folgenden: Gesetz XC von 2017 über das Strafprozessrecht) ausgesetzt hat".

Definition und Zweck des Mediationsverfahrens nach "§ 2 Abs. 1; Das Mediationsverfahren ist ein Verfahren zur Bewältigung eines Konflikts, der sich aus der Begehung einer Straftat ergibt, mit dem Ziel, unter Beteiligung eines von der das Strafverfahren führenden Ermittlungsbehörde oder Staatsanwaltschaft unabhängigen Mediators eine schriftliche Vereinbarung zu treffen, die die Beilegung des Konflikts zwischen dem Opfer und dem Beschuldig-

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ten einschließt und die Wiedergutmachung der Folgen der Straftat und das künftige gesetzestreue Verhalten des Beschuldigten fördert. Abs. 2 Ziel des Mediationsverfahrens ist es, eine Einigung zwischen Opfer und Beschuldigten zu erzielen.

§ 3 Abs. 1 Das Mediationsverfahren wird von einem Bewährungshelfer durchgeführt dessen Bewährungsstelle den Sitz derer Staatsanwaltschaft teilt, die die Zuständigkeit in der Strafsache innehat oder von einem Rechtsanwalt, der mit der als Bewährungshilfe ernannten Stelle einen Vertrag über die Durchführung des Mediationsverfahrens abgeschlossen hat (im Folgenden gemeinsam "Mediator" genannt), durchgeführt."

Wir sehen, dass der ungarische Gesetzgeber die Mediation sehr juristisch, mechanisch angeht, mit der tatsächlichen Mediation haben diese Definitionen eher wenig zu tun. Während meiner Recherchen über das Thema habe ich mir die Herangehensweise einiger ungarischer Ausbildungsstätten und deren Mediationsverständnis angesehen. Beruhigend konnte ich feststellen, dass die "Frei-Marktmediatoren" den gleichen Grundgedanken verinnerlicht haben wie auch meine Ausbildungsstätte aus Berlin. In der Schule von Dr. Fellegi und Winkler - Virág heißt es sehr zutreffend: "Mediation ist eine einzigartige Methode, bei der ein Konflikt von einem bedrohlichen Übel in eine offene Chance verwandelt wird. Es handelt sich um ein Verfahren, bei dem ein unabhängiger und unparteiischer Mediator versucht, die Positionen, Motivationen und emotionalen Bedürfnisse der Parteien zu erkunden und zu verstehen und sie auf einen Weg zu führen, an dessen Ende es keine Verlierer, sondern nur Gewinner gibt. Der Mediator tut dies alles, ohne Entscheidungen zu treffen, ohne Ratschläge zu erteilen, ohne zu urteilen, sondern indem er die Parteien auf ihrem eigenen Weg zu der für sie besten Entscheidung unterstützt."[38] Hier möchte ich nur darauf hinweisen, dass ich mit diesem Begriff d' accord gehe. Das und nichts anderes ist Mediation.

2.2. Mediatorenausbildung in Ungarn, der ins Gerichtsverzeichnis aufgenommene Mediator

Auch das ungarische Mediationsverständnis teilt die Gruppe der Mediatoren in zwei Bereiche, in die sog. Gerichtsmediatoren und in die "FreiMarktmediatoren", hier muss jedoch festgehalten werden, dass die Zweiteilung dieser Gruppen nicht so stark geprägt ist, wie in Deutschland. Durch die Trennung der gerichtsnahen Mediation und der außergerichtlichen Mediation, wird in Ungarn die Arbeit und die Möglichkeiten der außergerichtlichen, "FreiMarktmediatoren" nicht "künstlich" erschwert oder gar alles unternommen um Gerichtsmediation zu fördern. Ganz im Gegenteil, die ungarische Regierung und Fachliteratur wirbt explizite mit der "günstigeren, schnelleren und freieren" außergerichtlichen Mediation.

Im Gegensatz zu den Gerichtsmediatoren sind die "Frei-Marktmediatoren", im sog. Mediationsregister des Justizministeriums eingetragen. Tatsächlich kann sich jeder Mediator, der eine entsprechende Ausbildung hat, eintragen lassen.

Der tatsächliche Unterschied zwischen den beiden Gruppen ist, dass der

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Gerichtsmediator immer im Zusammenhang eines Verfahrens gewählt, oder ernannt wird, ein "Frei-Marktmediator", kann hingegen immer für jeden Konflikt frei gewählt werden. Die Mediatoren müssen nicht vor Gericht tätig sein. Sie müssen nur studiert haben, jedoch keine Juristen sein, wichtig ist das Beherrschen des "Mediationshandwerkskastens"!

Die für alle Mediatoren geltenden Ausbildung und/ oder Fortbildungsregelungen (allgemein Regelungen), also die Mindestausbildungsvoraussetzung um in das vom Justizministerium geführte, vom Justizminister überwachte Mediatoren-Register zu kommen regelt die Justizminister - VO. 63/2009. Die §§-n 2 - 6 regeln die allgemeine Ausbildung, die Mindestausbildungszeit. Diese beträgt mindestens 60 Lehrstunden á 45 Minuten für die Theorievermittlung, jedoch ohne praktische Übung, diese schließt sich als zweiter Teilt der Ausbildung an, es werden durch Rollenspiele und anderen Maßnahmen Mediationen durchgeführt, geübt und diese anschließend besprochen ( § 4). Die Ausbildung muss die entsprechenden Handwerkszeuge der Mediation in sog. Blockseminaren unterrichten. Dazu gehören u.a. Kommunikationstechniken, Verhandlungs- und Fragetechniken, juristische Grundkenntnisse und auch Psychologie - Grundkenntnisse u.v.m. (§ 3 Abs. 1 a -i Punkte). Bei seriösen Ausbildungsstätten entspricht Theorie und Praxis mindestens 120 Zeitstunden á 45 Minuten.[39]

Neben dem zu vermittelnden Stoff wird auch festgehalten, dass eine Ausbildungsgruppe nicht mehr als 25 Schüler zählen darf und dass bei über 15 Teilnehmern mindestens 2 Ausbilder die Ausbildung frühen müssen, von denen mindestens einer eine aktive Berufserfahrung von mindestens 3 Jahren nachweisen muss, um die bestmögliche Ausbildung zu sichern (§ 5). Die §§ 7 bis 8/a regeln die Fortbildungspflicht der Mediatoren entsprechend Form und First. In der VO. Heißt es der Mediator muss mindesten 50 ECTS (Kredits) nachweisen (§ 7 ff.).

Für die Ausbildung bzw. für die Eintragung in das Register für Mediatoren hat das Gesetz LV. aus dem Jahre 2002 (Kvtv.) weitere Spezialvorschriften, die neben den o.g. allgemeinen Vorschriften für die Zulassung und die Eintragung in das Register verbindlich sind. Diese regelt das Gesetz im Abschnitt II. ab § 4 ff. Kvtv. dementsprechend muss jeder zukünftige Mediator, bevor er die Ausbildung zum Mediator antritt, nachweißen, dass er ein einschlägiges Studium (z.B. Psychologie, Jura, Soziologie usw.) absolviert hatte. Selbst dann darf ein Mediator nicht in das Register aufgenommen werden und darf somit noch nicht als Mediator arbeiten. Jeder Mediator muss vor der Eintragung in das Register nachweisen, dass er in seinem ursprünglichen Beruf, mindestens 5 Jahre Berufserfahrung gesammelt hat (§ 5 Abs. 1 Punkt a ff. Kvtv.) Wenn diese Voraussetzungen erfüllt sind, kann der ausgebildete Mediator das Verfahren zur Eintragung in das Register der Mediatoren anstreben (§ 6 ff. Kvtv.)[40]

Nachdem alle erforderlichen Schulungen und Daten erfasst wurden, die das Gesetz ab § 8 Kvtv. ff. vorschreibt, bekommt der Mediator seine Zulassung. Wir können erkennen, dass, obwohl der

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ungarische Mediator nach seiner Zulassung im Gegensatz zum deutschen außergerichtlichen Mediator, so gut wie alle Mediationsverfahren wahrnehmen darf, ist die tatsächliche Aufnahme der Tätigkeit als Mediator jedoch sehr beschwerlich.

2.3. Das ungarische Mediationsverfahren und seine Grenzen

Nach der ungarischen Fachliteratur kann man folgende - eher technische, als psychologisch-bedürfnisorientierte Grundsätze zusammenfassen: Die wichtigsten Grundsätze, die für die Teilnehmer des Verfahrens gelten, sind die Prinzipien der Freiwilligkeit, der Gleichheit, der persönlichen Anwesenheit, der Vertraulichkeit und der Zukunftsorientiertheit. Weitere spezifische Grundsätze, die für den Mediator gelten, sind die Grundsätze der Unabhängigkeit, Unparteilichkeit und Neutralität.[41]

1. Freiwilligkeit: sie garantiert in erster Linie das Recht auf einen freien Willen. Die Parteien übernehmen die volle Verantwortung für ihre Entscheidungen. Zweitens bedeutet Freiwilligkeit, dass jede Partei in jedem Stadium des Verfahrens beantragen kann, die Mediation abzubrechen und falls gewünscht, ein Gerichtsverfahren einzuleiten.

2. Gleichheit: die Gleichheit leitet hier die Lehre vom Grundgesetz ab, geht jedoch davon aus, dass der Mediator es sehr schwer hat, die Gleichheit und Augenhöhe zwischen den Parteien schaffen zu können, da die Parteien hier auch als ober und untergeordnete "Gerichtsparteien angesehen werden".

3. Vertraulichkeit: die Verpflichtung zur Verschwiegenheit ist von besonderer Bedeutung, da sie es den Parteien erleichtert, während der Mediation, sich dem Mediator gegenüber zu öffnen. Die Verschwiegenheitspflicht des Mediators hat eine doppelte Bedeutung: Zum einen hat er eine Verantwortung gegenüber den Parteien, zum anderen ist er dafür verantwortlich, dass das Vertrauen in das Mediationsverfahren gewahrt bleibt.

4. Zukunftsorientiertheit: der Ansatz bietet den Parteien die Möglichkeit, eine langfristige Zusammenarbeit für die Zukunft aufzubauen, indem sie die Vergangenheit aufarbeiten

5. Persönlichen Anwesenheit: Die gemeinsame und persönliche Anwesenheit der Parteien ist für das Verfahren unabdingbar, das Gesetz sieht auch die Möglichkeit vor, einen Rechtsvertreter einzusetzen, der jedoch nur als Beobachter an der Sitzung teilnehmen kann. Im Rahmen der Mediation hat der Mediator die Möglichkeit, sogenannte Einzelgespräche zu führen. Dieses Verfahren, das oft als Pendelmediation bezeichnet wird, ist besonders wichtig, wenn die Gleichberechtigung einer der Parteien nicht anders gewährleistet werden kann. Nach den ge-

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trennten Gesprächen informiert der Mediator die Parteien sachlich und objektiv über die sie betreffenden Entwicklungen, wobei er ihre Vertraulichkeit wahrt.

6. Unabhängigkeit, Unparteilichkeit und Neutralität: Diese sind sich gegenseitig ergänzende Grundsätze, damit der Mediator eine effektive Diskussion führen kann. Die Unabhängigkeit garantiert die Autonomie sowohl gegenüber den Parteien als auch gegenüber den Behörden und ermöglicht es dem Mediator, diese frei von Einfluss und Voreingenommenheit zu vertreten. Unparteilichkeit ist nichts anderes als eine unparteiische Haltung gegenüber den Parteien, die unerlässlich ist, um das Vertrauen der Parteien zu gewinnen. Neutralität setzt die Fähigkeit voraus, eine gleiche Distanz zu den Parteien aufrechtzuerhalten, gleiche Unterstützung zu leisten und ihre Interessen zu vertreten.

Auch das ungarische Mediationsverfahren arbeitet vorwiegend nach den 6 Phasenprinzip: Phase 1: Einleitung, Phase 2: Ununterbrochene Zeit, Phase 3: Austausch von Ideen, Phase 4: Ausarbeitung einer Vereinbarung, Phase 5: Verschriftlichung der Vereinbarung, Phase 6: Abschluss des Prozesses. Wobei auch hier zu erwähnen ist, dass es auch in Ungarn eine Phase 0 gibt, wo mindestens einer der Parteien den ersten Kontakt zum Mediator sucht um zu prüfen, ob der Sachverhalt überhaupt mediabel ist.

Phase 1 Einleitung: Die Parteien nehmen gemeinsam an der Mediationssitzung teil, in der der Mediator sie über seine Rolle, das Verfahren, den Zweck, den Zeitrahmen, die Zeitbegrenzungen für die Sitzungen und des Verfahrens und die Bedingungen für eine schriftliche Vereinbarung im Falle einer erfolgreichen Einigung informiert. Es werden die o.g. Prinzipien erörtert. Falls weitere Personen bei der Sitzung anwesend sind, wird deren Rolle in diesem Stadium geklärt.

Phase 2 "ununterbrochene Zeit": In dieser Phase werden die Personen ohne Unterbrechung angehört, um ihnen die Möglichkeit zu geben, ihre Ansichten ohne Einmischung der anderen Partei darzulegen. (Unterbrechungsfreie Zeit) Die Aufgabe des Mediators besteht darin, zu entscheiden, wer mit seiner Darlegung des Konfliktes das Verfahren einleitet, also beginnt. Für welche Partei der Mediator sich auch entscheidet, er muss seine Entscheidung begründen um damit die Unparteilichkeit gegenüber den Parteien aufrecht erhalten zu können. Nachdem er den Parteien zugehört hat, fasst er das Gesagte zusammen und stellt dar, in welchen Punkten die Parteien eine Übereinstimmung haben und in welcher sie keine besitzen, um dann die strittigen Bestandteile des Konflikts zu ermitteln. Anschließend werden gemeinsame Punkte hervorgehoben, um die Möglichkeit einer Lösung zu stärken.

Phase 3 Austausch von Ideen: ist die zeitaufwändigste und bedeutendste Phase des Mediationsverfahrens. In dieser Phase des Gesprächs entwickeln die Parteien eine immer direktere Kom-

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munikation miteinander und erreichen eine Ebene, auf der sie in der Lage und offen sind, die Gefühle des anderen zu hören und zu verstehen. Der Mediator mischt sich nicht in die effektive und konstruktive Aushandlung emotionaler Bedürfnisse ein, sondern greift nur ein, wenn diese ins Stocken gerät oder eine ungünstige Wendung nimmt. Sobald die emotionalen Fragen geklärt sind, können die inhaltlichen Aspekte erörtert werden, deren Lösung die Grundlage für die künftige Vereinbarung bilden wird.

Phase 4 Ausarbeitung einer Vereinbarung: In dieser Phase hält der Mediator die möglichen Lösungen zur Überwindung der Hindernisse für eine spätere Lösung schriftlich fest, wobei er auf den bereits mündlich besprochenen Themen aufbaut. Je mehr mögliche Lösungen die Parteien vorbringen, desto größer ist die Chance, eine erfolgreiche Vereinbarung zu erzielen. Die Gliederung der Mediationsvereinbarung muss - REMEK, (Ungarisch: Részletesnek, Elvégezhetőnek, Mérhetőnek, Elfogadott határidősnek, Konkrétnak) sein, d. h. die "SMART" - Technik wird benutzt: Spezifisch, Messbar, Ausführbar, Realisierbar, Terminierbar.

Phase 5 Verschriftlichung der Vereinbarung: Die endgültige Vereinbarung muss spezifisch, inhaltlich eindeutig, nicht emotional und durchsetzbar sein. Sie muss formal gut strukturiert, klar, und transparent sein. Für inhaltliche Vereinbarungen sollte sie Bestimmungen über Fristen, Zuständigkeiten und Überprüfbarkeit enthalten.

Phase 6 Abschluss: Nach der Unterzeichnung der Vereinbarung hat der Mediator am Ende des Mediationsverfahrens keine andere Aufgabe, als den beteiligten Parteien für ihre Zusammenarbeit zu danken und ihnen viel Glück bei der Einhaltung der Vereinbarung zu wünschen. Für den Fall, dass die Einigung - aus welchen Gründen auch immer - nicht oder nur teilweise zustande gekommen ist, ist es dennoch wichtig, die erzielten Ergebnisse zusammenzufassen und die Parteien zu ermutigen, weitere Lösungen zu erarbeiten. (Tatsächlich würde es sinnvoll sein, ein Nachgespräch anzubieten und nicht den "Fall einfach abzuhacken".)

Die Grenzen der außergerichtlichen ungarischen Mediation entsprechen derer der deutschen außergerichtlichen Mediation. Mit der Ausnahme, dass die T - O - A Mediation in Ungarn aktiver gefördert wird als in Deutschland.

Maßgeblich für das ungarische Mediationsverfahren sind (auch wenn viele andere Gesetze, - UBGB, ArbG. - usw. Vorschriften in Bezug auf Mediation berühren) folgende:

1. Das Gesetz LV aus dem Jahr 2002 sieht vor, dass die Mediation gefördert wird, um die außergerichtliche Beilegung zivilrechtlicher Streitigkeiten bei Personen- und eigentumsrechtlichen Streitigkeiten, Delikten zu erleichtern. Die Mediation ist ein spezielles Verfahren zur Streitvermeidung, Konfliktbewältigung und Streitbeilegung im Sinne dieses Gesetzes.[42]

2. Seit dem 1. Januar 2007 ist die Mediation in Strafsachen gemäß dem Gesetz CXXIII von 2006 möglich, wenn beide Parteien diesem Verfahren zugestimmt haben. Dies bedeutet, dass bei geringfügigen Straftaten (die mit einer

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Strafe von weniger als 3 bzw.5 Jahren) belangt werden) der Täter von der Strafe befreit, die Strafe erlassen wird oder seine Strafe gemildert wird, wenn er in einer entsprechenden Wiedergutmachung und/ oder Schadensregulierung leistet.[43]

Wie man erkennen kann, hat sich der ungarische Gesetzgeber sehr viel Mühe gemacht und eine sehr fundierte und weitreichende gesetzliche Grundlage für das Mediationsverfahren gesichert, von der wir als deutsche außergerichtliche Mediatoren nur träumen können.

IV. Richtlinie 2008/52/EG zur Durchführung von Mediationsverfahren

Die Richtlinie 2008/52/EG über bestimmte Aspekte der Mediation in Zivil- und Handelssachen wurde am 21. Mai 2008 vom Europäischen Parlament und Rat mit dem Ziel erlassen, den Zugang zur alternativen Streitbeilegung zu erleichtern, und die gütliche Beilegung von Streitigkeiten zu fördern.

Mit dieser kurzen, bündigen, aus nur 13 Artikeln bestehenden, jedoch sehr gut zusammengefassten und auf den Punkt gebrachten Richtlinie soll dazu angehalten werden, Mediation als Streitschlichtungsinstrument zu nutzen. Die Richtlinie bzw. deren Ratifizierung soll des Weiteren für ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Mediation und Gerichtsverfahren gesorgt werden.

Anwendung findet die Richtlinie in allen grenzüberschreitenden Streitigkeiten in Zivil- und Handelssachen.

Vom Anwendungsbereich ausgeschlossen sind alle Rechte und Pflichten, über die - die Parteien selbst nicht verfügen können (nach den jeweils einschlägigen Rechtsvorschriften), sowie Steuer- und Zollsachen, verwaltungsrechtliche Angelegenheiten, und die Haftung des Staates im Rahmen der Ausübung hoheitlicher Rechte.

Mediation wird in der Richtlinie definiert als "ein strukturiertes Verfahren unabhängig von seiner Bezeichnung, in dem zwei oder mehr Streitparteien mit Hilfe eines Mediators auf freiwilliger Basis selbst versuchen, eine Vereinbarung über die Beilegung ihrer Streitigkeiten zu erzielen. Dieses Verfahren kann von den Parteien eingeleitet oder von einem Gericht vorgeschlagen oder angeordnet werden oder nach dem Recht eines Mitgliedstaats vorgeschrieben sein." Es werden auch Mediationen erfasst, die von Richtern durchgeführt werden, sofern dieser nicht für ein Gerichtsverfahren in der betreffenden Streitigkeit zuständig ist. Nicht unter den Begriff fallen etwaige Streitbeilegungsbemühungen des Richters während eines Gerichtsverfahrens.

Die Richtlinie legt den Mitgliedstaaten nahe, die Sicherstellung der Qualität der Mediation zu fördern, in dem freiwillige Verhaltenskodizes und andere Qualitätskontrollverfahren entwickelt und eingehalten werden. Außerdem sollte die Aus- und Fortbildung gefördert werden, um die Unparteilichkeit, Wirksamkeit und Sachkunde der Mediation sicherzustellen. Die Inanspruchnahme der Mediation soll auch dadurch gefördert werden, dass die Richter im Rahmen eines Verfahrens gegebenen-

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falls zur Mediation auffordern bzw. darüber informieren.

In der Richtlinie heißt es wie folgt: "Ziel ist es, europaweit einheitliche Vorgaben bzw. Mindeststandards für die Mediation zu schaffen. Es werden keine Einzelheiten vorgegeben, sondern nur bestimmte Grundfragen geregelt."[44]

Entsprechend den Schlussabstimmungen der Richtlinie (Art. 12 "Umsetzung"), mussten die Mitgliedstaaten - mit Ausnahme Dänemarks, welches diese Richtlinie nicht annahm - alle erforderlichen Schritte zur Gewährleistung eines adäquaten Mediationsverfahrens einleiten und mit Bezug auf diese Richtlinie entsprechende Gesetze verabschieden. Hierfür wurde den Mitgliedstaaten eine Frist eingeräumt. Spätestens bis zum 21. Mai 2011 muss die Richtlinie ratifiziert sein. Wie wir oben sehen können hat sowohl Ungarn als auch Deutschland seinen Pflichten Genüge getan, wenn auch, das muss man sagen, Ungarn ein viel ausgereifteres System und konkretere, weitreichendere Gesetzesgrundlagen für das Mediationsverfahren erarbeitet hat als Deutschland.

V. Fazit

Man kann allgemein festhalten, dass sich eine große Entwicklung im Bereich der Mediation vollzogen hat, jedoch muss man auch festhalten, die Mediation hat noch einen sehr - sehr weiten Weg vor sich, bis ihre Vielfalt und die Möglichkeiten, die sie mit sich bring, erkennt werden.

Beide von mir behandelten Länder haben in ihrer Regelung bezüglich der Mediation einiges erreicht, das eine Land mehr, das andere weniger. Jedoch haben beide Systeme Vor- und Nachteile.

Es muss jedoch erstaunlich und neidlos anerkannt werden, dass Ungarn ein viel durchdachteres, ausgeklügelteres und gerechteres Mediationssystem ausgebaut hat als Deutschland.

Auch wenn das Registersystem und die damit verbundenen Auflagen sehr komplex sind, sind sie dennoch ein guter Garant, dass Mediatoren eine gute Ausbildung genossen haben, man sie ohne Bedenken aufsuchen kann, in der Gewissheit man ist bei einem geprüften Fachmann.

Leider hat das deutsche System neben der sehr schwachen rechtlichen Regelung, die sogar eher gegen außergerichtliche Mediation ausgelegt ist auch solch ein staatlich überwachtes und geprüftes Registersystem nicht. Nach der Ausbildung, die fast jeder belegen darf, wird der zertifizierte Mediator tatsächlich so gut wie gar nicht mehr geprüft.

Der Wahrheit an nächsten kommt die Aussage, dass die Stärken des einen Systems die Schwächen des anderen Systems sind und umgekehrt.

BezeichnungUngarnDeutschland
Rechtliche VorschriftenSehr gute, überdachte Gesetz-
gebung, es ermöglicht der
außergerichtlichen Mediation
eine gute Arbeitsbasis.
Rechtliche Vorschriften eher
sehr sporadisch, jedoch sehr
"feindlich" den außergericht-
lichen Mediatoren gegenüber,
alle Maßnahmen werden so
ausgerichtet, dass die Güte-
richter in den Vordergrund
kommen
Spaltung der zwei Mediati-
onsgruppen (außergerichtlich/gerichtsnah
Sehr kleine Spaltung, Gleich-
stellung der zwei Mediatoren-
gruppen
Starke Spaltung der zwei
Mediatorengruppen, aktive
Stärkung der gerichtsnahen
Güte-Mediation. Absolute
Missachtung der EU-Richtli-
nien
Staatliche RegulierungStarke Regulierung, gute Qua-
litätssicherung
So gut wie keine staatliche
Qualitätssicherung
Schulische AusbildungSchwere, sehr theoretische
Ausbildung
Eine sehr Praxisbezogene, ty-
pisch das "Learning by Doing
System".
ArbeitsmöglichkeitenSehr gute Arbeitsmöglichkei-
ten, große Gebiete für außer-
gerichtliche Mediatoren
Extrem eingeschränkte Mög-
lichkeiten für Außergericht-
liche Mediatoren
MediationsverständnisSehr technisch, juristisch, zu
reguliert
Ein gutes psychologisches be-
dürfnisorientiertes Verständ-
nis. Das Recht spielt nur eine
marginale Rolle
Rolle des MediatorMediator steht stark im Vor-
dergrund
Mediator hält sich zurück,
Medianten bestimmen

Wünschenswert wäre (meiner Meinung nach) eine Mischung der zwei Systeme. Eine etwas weniger schwere Ausbildung, mit großen Arbeitsmöglichkeiten und der Förderung der außergerichtlichen Mediation mit jedoch staatlichem Registersystem als Qualitätsschutz. Jedoch mit dem Grundsatz, dass in der Mediation die Bedürfnisse und Gefühle in den Vordergrund ste-

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hen, das juristisch - technische sollte in den Hintergrund gestellt werden. Dann hätte man ein einigermaßen akzeptables Gerüst, um das Mediationsverfahren gedeihlich wachsen zu lassen.[45] ■

ANMERKUNGEN

[1] Nagy Márta: Bírósági mediáció Szeged, Bába, 2011, 13. o.

[2] Nagy: i.m. 17. o.

[3] Decastello Alice: Mediáció az egészségügyben. HVG - ORAC Lap -és Könyvkiadó Kft, Budapest, 2010, 14.o.

[4] Horn Claus-Henrik: Monographie - Anwaltliche Werbung mit Mediator und Mediation. Peter Lang Verlag, Frankfurt, 2006, 3 - 6. o.

[5] Horn: i.m. 3 - 6. o.

[6] Möhn Heinz-Josef: Geschichte der Mediation (Handout für die Ausbildung zum Zert Med., Mediationsagentur Berlin, 2015, 8 - 9. o.

[7] Trenczek, T. - Berning, D. - Lenz, C. - Will, D.: Mediation und Konfliktmanagement, 2. Auflage, Nomos Verlag, Baden Baden, 2017, 65. o.

[8] Kilian Kilian, Mathias - Sabel, Oliver - v. Stein, Jürgen: Das neue Dienstleistungsgesetz, Deutscher Anwaltverlag & Institut der Anwaltschaft GmbH, 2008, Rn. 2

[9] Krenzler, Michael: Rechtsanwaltsdienstleistungsgesetz 2. Auflage, Nomos Verlag, München 2017, § 1 Rn. 1

[10] BVerwG, Urteil vom 29.10.1964 - II C 160.62, BVerwGE, 19, 339.

[11] Auch das RDG ist mehr als kritisch zu betrachten und ist bis heute nicht der Prüfung der Verfassungsrechtstauglichkeit bzw. der Richtlinienkonformität unterzogen worden. Kritische Stimmen behauten, dass dieses Gesetz nicht Europarechtskonform ist und eher als ein Orientierungspunkt zu betrachten sei.

[12] Trenczek - Berning - Lenz - Will: i.m. 66 - 67. o.

[13] Trenczek - Berning - Lenz - Will: i.m. 66 - 67. o.

[14] Fabinyi, Tihamér: A választottbíráskodás. A Váczi Kir. Országos Fegyintézet Könyvnyomdája, Budapest, l920, 23. o.

[15] Decastello:18 - 19. o.

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[16] Bomb, Rita: Diplomarbeit - A közvetítői eljárás mint a polgári per alternatívája, Universität Miskolc, Fakultät für Staats-und Rechtswissenschaften, 2015, 10 - 12. o.

[17] Bomb: i.m. 10 - 12. o.

[18] http://www.birosag.hu/allampolgaroknak/mediacio/birosagi-kozvetitoi-eljaras

[19] Justizminister - Verordnung 63/2009. (XII. 17.) über die Fort - und Weiterbildung der Mediatoren

[20] Das Mediationsgesetz, das nach seiner Überarbeitung im Jahre 2015, am 31.08 in seiner jetzigen Form in Kraft ist, basiert auf dem Gesetz; "Gesetz zur Förderung der Mediation und anderen Verfahren der außergerichtlichen Konfliktbeteiligung" vom 21.07.20012, näher ist das Mediationsgesetz Artikel 1 des besagten Gesetzes. Dies war ein Meilenstein, denn vor diesem Gesetz, gab es keine Vorschrift über Mediation, Mediationsausbildung.

[21] Bastine Reiner - Theilmann Claudia: Mediation mit Familien. In: Das Handbuch der Beratung., Band 2: Ansätze, Methoden und Felder., 2 Bde. 2. Aufl., Nestmann, Frank (Hrsg.): Tübingen 2007, 1029 - 1040. o.

[22] Möhn, Heinz-Josef - Siebel, Anke: Mediation. Lehrbuch für praxisorientierte Ausbildung. Arbeitsunterlagen, Hrsg., Radius-IKK Institut für Kommunikation und Konfliktmanagement, Lübeck, 2014, 12 o. e.a.k.o..

[23] Verordnung über die Aus- und Fortbildung von zertifizierten Mediatoren (Zertifizierte-Mediatoren-Ausbildungsverordnung - ZmediatAusbV). Eine Verordnung des Bundes in seiner Fassung vom 01.09.2017

[24] § 6 dieser Verordnung dient der Umsetzung der Richtlinie 2005/36/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. September 2005 über die Anerkennung von Berufsqualifikationen, die zuletzt durch die Richtlinie 2013/55/EU geändert worden ist, sowie der Richtlinie 2013/55/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. November 2013 zur Änderung der Richtlinie 2005/36/EG über die Anerkennung von Berufsqualifikationen und der Verordnung (EU) Nr. 1024/2012 über die Verwaltungszusammenarbeit mit Hilfe des Binnenmarkt-Informationssystems ("IMI-Verordnung")

[25] Jung Friderike - Kill Hans - Peter: Ein Jahr Mediationsgesetz. Vom Nutzen und Nachteil für Anbieter und Verbraucher, In: Konflikt Dynamik, Heft 4/2013, 312 - 318. o. Siehe auch: Onlineredaktion Haufe, Mediationsgesetz: Bald mehr Streitkultur statt langer Rechtsstreitigkeiten, 2012

[26] Möhn - Siebel: i.m.15 - 25. o.

[27] Möhn - Siebel: i.m. 46 - 47. o.

[28] Möhn - Siebel: i.m. 22. o.

[29] Möhn - Siebel: i.m. 23. o.

[30] Möhn - Siebel: i.m. 14. o.

[31] Möhn - Siebel: i.m. 22 - 23. o.

[32] Möhn - Siebel:i.m. 12 - 13. o.

[33] Möhn - Siebel: i.m. 27 - 38

[34] Bundesgesetz über Mediation in Zivil- und Verwaltungsangelegenheiten III. Abschnitt § 8 ff. Siehe auch: Österreichs digitales Amt (oestereich.gov.at) https://www.oesterreich.gv.at/themen/familie_und_partnerschaft/scheidung/Seite.100800.html

[35] Verordnung 3/2003 (III.13) des Justizministeriums der Republik Ungarn über die Führung des Registers der Mediatoren und die Bedingungen für die Aufnahme und Streichung aus dem Register. Das Recht zur Ernennung liegt beim Justizminister. Außer Kraft.

[36] Gesetz LV aus dem Jahre 2002 über die Tätigkeiten des Gerichtsmediators, 2. Abschnitt § 4 ff. (Kvtv.)

[37] Orcsik, Bírósági közvetítés kontra piaci mediáció, jogászvilág.hu, (Online Ausgabe) 2016

[38] https://www.mediatoroktatas.hu/a-mediaciorol

[39] https://ajk.pte.hu/hu/szakiranyu-tovabbkepzesek/mediator-szakiranyu-tovabbkepzes-pecs

[40] Gesetz LV, 2. Abschnitt §§ 4 - 16 Kvtv.)

[41] Kertész Tibor Mediáció a gyakorlatban Bíbor Kiadó, Miskolc, 2010, 68. o. továbbá: Nagypál Szabolcs: A családjogi közvetítés (mediáció) alapelvei és sajátosságai. In: Családi Jog, 2011, (IX. évf.) 1. sz. 19. o.

[42] https://net.jogtar.hu/jogszabaly?docid=a0200055.tv

[43] https://net.jogtar.hu/jogszabaly?docid=A0600123.TV

[44] EU - RL 2008/52, https://eurlex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=OJ:L:2008:136:0003:0008:DE:PDF

[45] Meinung des Autors

Lábjegyzetek:

[1] The Author is a doctoral student, Doctoral School of the Law, University of Pees Zertifizierter Mediator - Familienmediator, Darmstadt.

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