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Attila Harmathy: Über die wissenschaftliche Ausbildung und den wissenschaftlichen Nachwuchs (Annales, 2014., 239-250. o.)

Die Doktorschule der Fakultät der Rechtswissenschaften der Eötvös-Lorand-Universität (ELTE) organisierte im Jahre 2014 eine Konferenz anlässlich des zwanzigjährigen Jubiläums der Einführung der Doktorausbildung. Als einer der Organisatoren der Doktorausbildung im Bereich Recht an der Fakultät wurde ich gebeten, kurz an die Anfänge zu erinnern: Das Ergebnis ist die nun vorliegende kurze Zusammenfassung.

I. Die Doktorausbildung und im Zusammenhang damit das derzeitige System der akademischen Grade wird dann verständlich, wenn wir die seit dem Zweiten Weltkrieg eingetretenen Veränderungen untersuchen. Diese kurze Übersicht zeigt aufgrund der Rechtsvorschriften bestimmte Elemente, die aus der Sicht des Themas als bedeutend erachtet werden.

1. Den Ausgangspunkt bildete, dass die akademischen Grade vor und nach dem Zweiten Weltkrieg von der Universität im Falle der Erfüllung bestimmter Anforderungen verliehen worden waren. Eine frühe Konsequenz der 1948 eingetretenen politischen Veränderungen war die Änderung des akademischen und Hochschulsystems sowie - im Zusammenhang damit - der Vorschriften von akademischen Graden und der Verleihung dieser.

Im September 1948 wurde zur Umorganisierung und Leitung des wissenschaftlichen Lebens der sogenannte Wissenschaftliche Rat (Tudományos Tanács) gegründet. Die Befugnis des Rates erstreckte sich auf die Vorgabe von Richtungen unter anderem in personellen Fragen und im Bereich der Unterstützung der wissenschaftlichen Arbeit.[1] Im Anschluss daran begann die Umgestaltung des universitären Organisationssystems und der Ungarischen Akademie der Wissenschaften. All das ging mit de r Überprüfung des Personalstands an Lehrkräften und Forschern einher. Viele Universitätsprofessoren wurden zwangspensioniert, und die

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Mitgliedschaft von 122 der 257 Mitglieder der Ungarischen Akademie der Wissenschaften wurde praktisch aufgelöst.[2] Anstelle der "veralteten, feudal ausgerichteten Universitätsstruktur" wurde ein neues System eingeführt, das auf dem Prinzip der verantwortlichen Ein-Mann-Leitung beruhte und die staatliche Leitung verwirklichte, die die Planmäßigkeit gewährleistete. Sowohl am Universitäts- als auch am Fakultätsrat nahm als Mitglied ein Vertreter der Partei teil.[3] In den folgenden Jahren verfügten zahlreiche Rechtsvorschriften über die Universitäten und Hochschulen. Zu den wesentlichen charakteristischen Zügen der Umgestaltung des Systems gehörte die Schaffung von Organisationen, die sich auf bestimmte Gebiete spezialisierten (Universitäten, Hochschulen), und die Eingliederung dieser spezialisierten Bildungsorganisationen unter die Leitung des Fachministeriums des entsprechenden Gebietes. Dies bedeutete also, dass neben den (anstelle der) Universitäten, die mehrere Wissenschaftsbereiche umfassten und über mehrere Fakultäten verfügten, spezialisierte Bildungsinstitutionen (gegebenenfalls mit nur einer Fakultät) erschienen, die unter der zentralen Leitung unterschiedlicher Ministerien standen.

2. Neben der Umgestaltung der Universitätsorganisation und der Entlassung des Großteils des Lehrerkollegiums und der Forscher erfolgte auch die Änderung des Systems der wissenschaftlichen Beurteilung. Zuvor waren die Beurteilung der wissenschaftlichen Leistung und die Verleihung des akademischen Grades Aufgabe der Universitäten. Das im Jahre 1950 eingeführte neue System entzog den Universitäten die wissenschaftliche Beurteilung und führte eine zentrale Leitung und Organisation ein, wobei es auch die inhaltlichen Aspekte der Beurteilung änderte. Die Leitung und Organisation des neuen wissenschaftlichen Beurteilungssystems wurde von dem im Jahre 1950 neu geschaffenen Nationalen Komitee für Wissenschaftliche Beurteilungen (Országos Tudományos Képesítő Bizottság) versehen (dessen Name sich später im Zuge der Umorganisierungen in Komitee für Wissenschaftliche Beurteilungen (Tudományos Minősítő Bizottság) änderte). Das Komitee stand im Laufe der Zeit unter unterschiedlicher Leitung, war jedoch

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stets mit der Ungarischen Akademie der Wissenschaften und den Ministerien verbunden, die die Leitung der verschiedenen Universitäten versahen. (In den Jahren vor der Wende in Ungarn war das Komitee für Wissenschaftliche Beurteilungen unter der Aufsicht des Vorstandes der Ungarischen Akademie der Wissenschaften tätig).

Der neue akademische Grad war nach sowjetischem Vorbild der Grad 'Kandidat der Wissenschaften'. Im Wortlaut der einschlägigen Gesetzesverordnung:

"Deshalb führt die Volksrepublik Ungarn zur Ausbildung einer großen Zahl an hervorragenden Vertretern der voranschreitenden Wissenschaft, zur Sicherstellung des planmäßigen wissenschaftlichen und fachlichen Nachwuchses, nach dem Vorbild der führenden wissenschaftlichen Kaderausbildung der Sowjetunion den akademischen Grad 'Kandidat der Wissenschaften' ein".[4]

Im Jahre 1951 erfolgte ein weiterer Schritt im System der wissenschaftlichen Beurteilungen: es wurde der Grad 'Kandidat der Wissenschaften' eingeführt. Im Wortlaut der einschlägigen Gesetzesverordnung "unterstützen die bisherigen Grade (Doktorgrad gemäß dem alten System, Privatdozent) die Erhöhung des allgemeinen Niveaus unseres wissenschaftlichen Lebens nicht auf entsprechende Weise".[5]

3. Dem neu eingeführten wissenschaftlichen Ausbildungssystem entsprechend war zur Erlangung des Grades 'Kandidat der Wissenschaften' die Teilnahme an einer wissenschaftlichen Ausbildung notwendig. Aufgrund einer zentral organisierten Aufnahmeprüfung wurde darüber entschieden, wer als Aspirant ins Ausbildungssystem aufgenommen wird. Der Aspirant wurde dann für die Dauer der Ausbildung in einem wissenschaftlichen Institut untergebracht und erhielt ein Stipendium. Der Aspirant legte am Ende der festgelegten Ausbildungszeit vor der zentral zusammengestellten Prüfungskommission eine Prüfung in den Bereichen Fachwissen, Marxismus-Leninismus und Fremdsprache ab. Im Falle der erfolgreichen Prüfung konnte die Verteidigung der Dissertation

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erfolgen. Aufgrund einer gesonderten Genehmigung war es möglich, ohne Kandidatenausbildung eine Prüfung abzulegen und die Dissertation zu verteidigen.[6] Es war jedoch auch möglich, den Grad ,Kandidat der Wissenschaften' ohne Kandidatenausbildung und ohne Verfassung und Verteidigung der Dissertation zu verleihen, und zwar "aufgrund früher erworbener, den Interessen des Volkes dienender wissenschaftlicher Verdienste".[7]

Neben der Einführung des neuen Grades und des neuen Ausbildungssystems zur Erlangung dieses schrieb die Gesetzesverordnung aus dem Jahre 1951 auch die Überprüfung der früher erworbenen Grade vor. Universitätsund Hochschullehrer, Leiter von Forschungsinstituten und Krankenhaus-Chefärzte konnten um die Überprüfung ihres früher erworbenen Grades ersuchen. Im Falle derjenigen, deren Arbeit für akzeptabel befunden wurde, wurde der Grad 'Kandidat der Wissenschaften' oder der Doktorgrad ohne Verfassung einer Dissertation anerkannt.[8]

Die Einführung des Systems der neuen akademischen Grade trug dazu bei, die alten Lehrkräfte zu entlassen und einen neuen Lehrkörper herauszubilden. Daraufverweist auch die Tatsache, dass bei der Einführung der Aspirantur der Aspirant seine Tätigkeit nicht an seinem ursprünglichen Arbeitsplatz versah, im Falle der Regelung des Jahres 1953 jedoch die an den Universitäten tätigen Aspiranten in der Mehrzahl sein durften. In Anbetracht der obigen Ausführungen verfügte die Rechtsvorschrift über die Lehrtätigkeit der Aspiranten.[9]

Im Jahre 1953 gelang es dem Minister für Bildungswesen, im Jahre 1954 dann dem Minister für Gesundheitswesen zu erreichen, dass die Aspirantenausbildung in den unter ihrer Leitung stehenden Institutionen von den zuständigen Ministern organisiert wird. Die Organisierung der marxistisch-leninistischen Ausbildung der Aspiranten war Aufgabe des Bildungsministers.[10] Auch die effektive Kontrolle der Aspiranten, die

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entweder an der Universität oder an einem anderen Ort tätig waren, und ihr Gehalt nicht vom entsprechenden Arbeitsplatz erhielten, wurde von der Rechtsvorschrift vorgeschrieben. Der zuständige Minister, der für die Aufsicht über die Institution verantwortlich war, bei der der Aspirant tätig war, konnte ein Disziplinarverfahren abwickeln, wenn der Aspirant aus eigenem Verschulden seine Ausbildung vernachlässigte, oder wenn sein Verhalten oder seine Handlungen politisch oder moralisch verwerflich waren.[11]

Eine Nebenwirkung der Einführung der neuen akademischen Grade war die Aufhebung von Doktortiteln, die nicht den erfolgreichen Abschluss einer wissenschaftlichen Arbeit darstellten, sondern den erfolgreichen Abschluss der Universitätsstudien. Solch ein Doktortitel war auch der Doktortitel der Juristen. Diese Verordnung wurde im Dezember 1956 für ungültig erklärt, und die Benutzung des Doktortitels, die Fortsetzung der früheren Praxis wurde wieder hergestellt.[12]

Ein weiterer Schritt der rechtlichen Regelung des wissenschaftlichen Beurteilungssystems war eine Gesetzesverordnung aus dem Jahre 1958. § 1 Absatz 1 der Rechtsvorschrift ist charakteristisch für die Atmosphäre, die nach der Revolution vom Oktober 1956 vorherrschend war: "Einen akademischen Grad dürfen nur Fachleute erwerben, die fachliche Verdienste erworben haben, unser volksdemokratisches System unterstützen und aktiv am Aufbau unserer sozialistischen Gesellschaft mitwirken".

Die Kontrolle der Tätigkeit der Personen, die den Grad ,Kandidat der Wissenschaften' erworben haben, wurde durch eine Vorschrift der Gesetzesverordnung vorgeschrieben: Alle fünf Jahre ab der Erlangung des Grades wurde die wissenschaftliche Tätigkeit der Kandidaten zentral überprüft und darüber entschieden, ob die Gehaltszuschläge für Personen mit einem akademischen Grad auch weiterhin ausbezahlt werden.[13]

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Ein wichtiger Zug der Regelung des Jahres 1958 war im Übrigen, dass sie neben der Aspirantenausbildung die Rolle der Forschungsinstitute und Universitäten beim Versehen der Aufgaben des wissenschaftlichen Nachwuchses und der Beurteilung der erreichten Ergebnisse stärken wollte, obgleich die Verleihung des Grades auch weiterhin zentral erfolgte (mit dem Beschluss des Komitees für Wissenschaftliche Beurteilungen).[14]

4. In den 1960er-Jahren kam es auch auf dem entsprechenden Gebiet zu langsamen Veränderungen. Im Jahre 1963 wurden die wissenschaftliche Beurteilung und die akademischen Grade neu geregelt.[15] Bei der wissenschaftlichen Beurteilung stand auch weiterhin eine politische Anforderung an erster Stelle: eine marxistische Weltanschauung. Bei den Aspiranten wurde großer Wert auf die Teilnahme an einer organisierten philosophischen Ausbildung gelegt: Voraussetzung für die Erlangung des Grades 'Kandidat der Wissenschaften' war eine Prüfung in (marxistischer) Philosophie. Abgesehen davon kann jedoch aus mehreren Aspekten beobachtet werden, dass die fachlichen Elemente in den Vordergrund rückten. Die Vorbereitung als Aspirant auf die Erlangung des Grades 'Kandidat der Wissenschaften' war nur eine Möglichkeit. Spürbar gleichwertig damit war jedoch die an einer Forschungsstätte versehene Arbeit. Die Rolle der Universitäten wurde betont. Bei der Erlangung der akademischen Grade sowie beim Funktionieren des Aspirantensystems wurden die Organisationsaufgaben vom Komitee für Wissenschaftliche Beurteilungen versehen, wobei die eigentliche Beurteilung jedoch von den fachlichen Kommissionen durchgeführt wurde, die aus den Vertretern der einzelnen Wissenschaftsbereiche bestanden.

In der im Jahre 1970 erschienenen weiteren Rechtsvorschrift finden wir eine stärkere Akzentuierung der fachlichen Aspekte und eine Mäßigung der politischen (marxistischen) Anforderungen. Eine Veränderung wird spürbar, wenn wir die früheren Formulierungen zum Vergleich heranziehen: Die neue Vorschrift legte als Grundvoraussetzung der Verleihung des akademischen Grades das Erreichen eines zeitgemäßen, bedeutenden, neuen wissenschaftlichen Ergebnisses fest, eines

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Ergebnisses, das aus der regelmäßigen wissenschaftlichen Tätigkeit im Interesse des gesellschaftlichen Fortschritts, des Aufbaus der sozialistischen Gesellschaft rührt. Der Leser, der an das Lesen zwischen den Zeilen gewohnt ist, mag erkennen, dass im Vergleich zu dieser Grundvoraussetzung die folgende, im Vergleich zu früher weniger strenge Anforderung nur an zweiter Stelle steht: "Es darf kein akademischer Grad aufgrund einer Dissertation verliehen werden, deren Thema nicht bedeutend ist, kein neues wissenschaftliches Ergebnis beinhaltet bzw. deren Thesen der Ideologie des Marxismus-Leninismus zuwiderlaufen".[16]

5. Die im Jahre 1983 ausgearbeitete neue Regelung enthielt im Vergleich zu den früheren mehr wesentliche neue Elemente. Charakteristisch für die Richtung der Veränderungen war, dass die Rolle der Universitäten nicht nur in der wissenschaftlichen Arbeit und der Beurteilung der Ergebnisse anerkannt wurde. Die neue Vorschrift besagte, dass an den Universitäten "als universitärer akademischer Grad ein universitärer Doktorgrad erworben werden kann".[17] Die akademischen Grade 'Kandidat der Wissenschaften' und 'Doktor der Wissenschaften', die nicht von den Universitäten verliehen wurden, blieben zwar unverändert erhalten, trotzdem kam es im Vergleich zu dem im Jahre 1950 eingeführten System zu einer wesentlichen Änderung. Ein Element dieser war, dass die Universitäten - zwar in kleinem Kreis, aber doch - ihre Befugnis zur wissenschaftlichen Beurteilung zurückerhielten. Auch eine andere wichtige Änderung der Anschauung wurde in dieser Verordnung formuliert: Diejenige Auffassung vom Beginn der 1950er-Jahre, die die Rolle der Universitäten auf die Bildung reduzieren wollte, verschwand. In den immer wieder veröffentlichten neuen Regelungen wurde die im Bereich der wissenschaftlichen Forschung versehene Rolle der Universitäten immer mehr gewürdigt. Die im Jahre 1983 geschaffene Gesetzesverordnung stellte jedoch mit der Anerkennung des von der Universität verliehenen Grades eine prinzipielle Änderung, einen Fortschritt dar. Die Rechtsvorschrift aus dem Jahre 1983 war auch aus politischer Sicht ein wichtiger Schritt. Unter den Aspekten der Beurteilung der wissenschaftlichen Arbeit wurde nicht mehr als Anforderung formuliert,

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den Thesen des Marxismus-Leninismus zu entsprechen. Stattdessen waren als Erfordernis der Dienst im Interesse der Gesellschaft und der Entwicklung der Wissenschaft, der Einklang mit der zeitgemäßen wissenschaftlichen Anschauung und das Erreichen neuer wissenschaftlicher Ergebnisse formuliert.[18] Ein Überbleibsel der früheren Regelung war jedoch als Anforderung an die Erlangung des Grades 'Kandidat der Wissenschaften' eine erfolgreiche Prüfung im Fach Marxismus-Leninismus.

Anzumerken ist, dass auch in der Rolle und Tätigkeit des Komitees für Wissenschaftliche Beurteilungen eine Änderung eintrat. Hinsichtlich der Ernennung des Vorsitzenden, des Sekretärs und der Mitglieder des Komitees wurde von der Ungarischen Akademie der Wissenschaften ein Vorschlag unterbreitet; Mitglied des Komitees durfte nur derjenige werden, der über einen akademischen Grad verfügte, und die Aufsicht über die Tätigkeit des Komitees wurde vom Vorstand der Akademie versehen.[19] Eine bedeutende Rolle in der veränderten Tätigkeit des Komitees für Wissenschaftliche Beurteilungen spielte der Sekretär, dessen Posten ab 1980 bis zur Auflösung des Komitees für Wissenschaftliche Beurteilungen (1993) von jeweils einem Professor der Fakultät für Rechtswissenschaften der ELTE bekleidet wurde.[20]

II.1. Die politische Wende in Ungarn brachte auch hinsichtlich der Situation der Universitäten bedeutende Veränderungen mit sich. Es wurde ein gesondertes Gesetz über das Hochschulwesen geschaffen, das die Rolle der Universitäten im wissenschaftlichen Leben und in der wissenschaftlichen Ausbildung wieder herstellte.[21] Die Begründung des Gesetzes hebt das Prinzip der Freiheit der Ausbildung und Forschung sowie das Prinzip der Autonomie der Hochschulinstitutionen hervor. Die Universitäten erhielten das Recht der wissenschaftlichen Ausbildung und der Verleihung von akademischen Graden zurück. Das Gesetz besagte, dass an den Hochschulinstitutionen eine Grund-, Fach- und Doktorausbildung

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erfolgen kann, und dass die Universitäten denjenigen, die die festgelegten Anforderungen erfüllen, einen Doktorgrad (PhD) verleihen können.[22] Dieser akademische Grad löste den Grad 'Kandidat der Wissenschaften' ab. An die Stelle des Grades 'Doktor der Wissenschaften' trat der akademische Titel 'Doktor der Ungarischen Akademie der Wissenschaften', der von der Akademie verliehen werden kann. Das Gesetz über die Ungarische Akademie der Wissenschaften besagte, dass die Aufgaben des Komitees für Wissenschaftliche Beurteilungen hinsichtlich der anhängigen Sachen vom Doktorrat der Akademie übernommen werden; mit der Gründung der Rates wurde das Komitee für Wissenschaftliche Beurteilungen aufgelöst.[23]

2. Das neue System der Beurteilungen stellte keine Überraschung dar, da die Diskussion über die Überprüfung des Systems bereits Jahre zuvor begonnen hatte. Auch in der Zeitschrift Magyar Tudomány wurden zahlreiche Artikel über diese Frage veröffentlicht. Im Bereich der juristischen Ausbildung entstand bereits vor der Wende eine Vorstellung, die den Mangel an einem fachlichen Ausbildungssystem für junge Forscher beheben wollte (eine regelmäßige Ausbildung gab es nur im Bereich Marxismus). Die Vorstellung dieses Systems, das unter Mitwirkung sämtlicher Fakultäten für Rechtswissenschaften verwirklicht werden sollte, wurde bei der Besprechung des Direktors des Instituts für Juristische Weiterbildung der ELTE und der Dekane der Fakultäten für Rechtswissenschaften auch verabschiedet, eine Umsetzung jedoch erfolgte nicht.

Seit Beginn der Wende beschäftigten sich Kommissionen mit den Prinzipien der Wissenschaftspolitik sowie der Vorbereitung der Gesetze über die Ungarische Akademie der Wissenschaften. Vor der Verabschiedung des neuen Gesetzes über das Hochschulwesen (13. Juli 1993) veröffentlichte das Ministerium für Kultur und Bildung eine Ausschreibung zur Unterstützung der Einführung des neuen wissenschaftlichen Ausbildungssystems an den Universitäten und zur Schaffung der finanziellen Deckung hierfür. Auch die Fakultät für Rechtswissenschaften der ELTE reichte eine Bewerbung ein, die die Ausbildungsidee heranzog, die auf der früheren Zusammenarbeit mit den anderen Fakultäten für Rechtswissenschaften

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und auch auf den sich abzeichnenden internationalen Kooperationen aufbaute. Diese Bewerbung wurde die Grundlage für das System der späteren akkreditierten Doktorausbildung der Fakultät.

3. Die Herausbildung der Doktorausbildung ergab sich nicht als isolierte Aufgabe, unabhängig von den sonstigen Voraussetzungen der Universitätsausbildung. Die politische Wende in Ungarn betraf die gesamte Juristenausbildung, und die gesamte Universitätsarbeit musste neu durchdacht werden. Der gesamte Lehrstoff musste überprüft werden, da das gesamte Rechtssystem im Wandel begriffen war. Fraglich war auch, ob die juristische Ausbildung weiterhin eher theoretisch ausgelegt sein oder die praktischen Aspekte in den Vordergrund rücken sollten. An der Besprechung, die auf die Einladung der Fakultätsleitung zur Erörterung der Fragen der juristischen Ausbildung organisiert wurde, nahmen der Justizminister, der Innenminister, der Vorsitzende des Obersten Gerichtshofs, der Generalstaatsanwalt und der Vorsitzende der Nationalen Rechtsanwaltskammer teil, die jeweils ihre Meinung über die Richtung der Juristenausbildung kundtaten.

Eine bedeutende Frage der juristischen Universitätsausbildung war auch, in wie weit man sich angesichts des sich rasant verändernden Lehrstoffs auf die früheren Lehrbücher und Aufzeichnungen und wie sehr man sich auf die Eigenständigkeit und Bibliotheksarbeit der Studierenden stützen konnte. Dies warf die Frage der Umgestaltung der Fakultätsbibliothek auf. Aus dem von der Weltbank erhaltenen Kredit ermöglichte die Unterstützung seitens der Regierung den Beginn des Umbaus der Bibliothek (aufgrund der technischen Probleme infolge des Zustands des Gebäudes konnte diese Arbeit nur viele Jahre später beendet werden). Die Modernisierung machte auch die Beschaffung von Büchern und Computern notwendig.

Die Überprüfung des Lehrstoffs musste sich auch darauf erstrecken, was zur Grundausbildung notwendig ist und was die Grundlage der beginnenden Doktorausbildung sein soll. Hier war also die Überprüfung der Ausbildung auf einer anderen Grundlage notwendig. Obwohl diese Aufgabe von den einzelnen Lehrstühlen versehen werden musste, mussten diejenigen Themen ausgearbeitet werden, mit denen im Zusammenhang die theoretischen Grundlagen der verschiedenen

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Rechtszweige den Teilnehmern der Ausbildung vermittelt werden konnten. Es wurde akzeptiert, dass auch die Vermittlung von grundlegenden sozialwissenschaftlichen Zusammenhängen in die Doktorausbildung eingebaut wird. Neben der Ausbildung, die sich mit den theoretischen Grundlagen beschäftigte, sowie der Notwendigkeit der Vermittlung des sich stark entwickelnden europäischen Gemeinschaftsrechtsmaterials wurde ein besonderer Akzent auf die vergleichende Rechtswissenschaft gelegt. Die erhaltenen Zuwendungen ermöglichten es der Fakultät, zahlreiche hervorragende ausländische Professoren für Vorträge einzuladen. Im Bereich des Zivilrechts kam eine mehr als ein Jahrzehnt währende Zusammenarbeit mit englischen Juristen zustande (hierbei spielte einer der bekanntesten Vertreter der europäischen Annäherung der nationalen Rechtsordnungen, Professor Hugh Beale, eine herausragende Rolle). Als Ergebnis der Suche nach neuen Kontakten konnte Jahre später unter Mitwirkung der Dozenten der Universität Pantheon-Assas (Paris II) eine Teilausbildung in französischer Sprache etabliert wurden. Eine ähnliche Teilausbildung konnte einige Jahre später mit Hilfe der Dozenten der Universität Göttingen in deutscher Sprache aufgestellt werden.

Bei der Einführung der Doktorausbildung war die Vorstellung, dass die Fakultäten für Rechtswissenschaften ihr System auf einer gemeinsamen Vorstellung aufbauen und zusammenarbeiten. Die ausländischen Dozenten reisten im Allgemeinen nach Budapest, sodass die Teilnehmer der Doktorausbildung der anderen Fakultäten ebenfalls nach Budapest reisen mussten. Aufgrund der technischen und finanziellen Schwierigkeiten ebbte diese Zusammenarbeit nach kurzer Zeit ab, aber die Möglichkeit des Übergangs von einer Doktorschule in die andere war hin und wieder auch Jahre später ein praktisches Bedürfnis der Studierenden.

Neben den gemeinsamen Beschäftigungen mit den theoretischen Grundlagen im Rahmen der Doktorausbildung wurde auch das Netzwerk der Beschäftigungen ausgebaut, die die speziellen Themen der einzelnen Rechtszweige behandelten. Diese Beschäftigungen können von den Teilnehmern der Ausbildung je nach Interesse frei gewählt werden. Ein wesentliches Element der Doktorausbildung sind die Förderung der Publikationstätigkeit der Teilnehmer und die Schaffung von Publikationsmöglichkeiten. Abhängig von den finanziellen Möglichkeiten

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veröffentlicht die Fakultät von Anfang an Bände mit den Studien der an der Ausbildung Teilnehmenden. Darüber hinaus werden die Arbeiten der Teilnehmer auch regelmäßig elektronisch in der Zeitschrift Thémis der Fakultät publiziert.

Von Anfang an ist es neben der Vorbereitung auf die theoretische Arbeit auch Aufgabe der Doktorausbildung, die Teilnehmer nach Möglichkeit schrittweise in die Unterrichtstätigkeit einzubinden. Dieses Element ist aus Sicht der Förderung des Lehrkräfte-Nachwuchses äußerst bedeutend.

Vom Beginn der Doktorausbildung an musste man damit rechnen, dass von den Teilnehmern nicht alle Teil dieses Lehrkräfte-Nachwuchses werden. Bei der Zusammenstellung des Lehrstoffs der Doktorausbildung war es also auch ein wichtiger Aspekt, dass dieses auch für diejenigen attraktiv ist, die später keine Universitätsdozenten werden. Die Erfahrung zeigt, dass sich in den zwanzig Jahren, die seit Einführung der Doktorausbildung verstrichen sind, ein Kreis von praktizierenden Juristen herausgebildet hat, der nach der Teilnahme an der Doktorausbildung auch weiterhin regelmäßig Kontakt zu den einzelnen Lehrstühlen hält und auf diese Weise den Kontakt zwischen der Universität und der Praxis gewährleistet.

Seit 1993 wurden neue Vorschriften über das Hochschulwesen und die Doktorausbildung erlassen. Auch die Rechtsvorschriften, die für die Teilnehmer der Doktorausbildung gelten, haben sich geändert, aber die Grundkonzeption dieser Ausbildung ist im Wesentlichen unverändert geblieben.

Die Zusammenfassung über die Anfänge der Doktorausbildung muss zwangsläufig damit enden, einige Dozenten der Fakultät zu erwähnen, ohne deren mühevolle Arbeit die Doktorausbildung der Fakultät nicht zustande gekommen wäre und nicht bestehen würde. An erster Stelle ist der leider viel zu früh verstorbene Gábor Földes zu erwähnen, aber eine wichtige Rolle bei der Herausbildung des Systems und seiner Aufrechterhaltung spielten auch Csilla Kollonay, später Márta Dezső und Marianna Nagy, die die Doktorausbildung auch zurzeit unterstützt. In Wirklichkeit kann die Doktorausbildung jedoch nur dann funktionieren, wenn die gesamte Fakultät zusammenarbeitet. ■

ANMERKUNGEN

[1] Gesetzesartikel Nr. XXXVIII/1948, § 2.

[2] S. Kónya, '"Magyar Akadémia Állíttassék Fel...'" (1994) 32 A Magyar Tudományos Akadémia Könyvtárának Közleményei 24.

[3] Verordnung Nr. 274/1950 (XI. 23.) MT des Ministerrates.

[4] Präambel der Gesetzesverordnung Nr. 44/1950, Abs. 2 Satz 1.

[5] Präambel der Gesetzesverordnung Nr. 26/1951, Abs. 2.

[6] Gesetzesverordnung Nr. 44/1950, §§ 2-9.

[7] Gesetzesverordnung Nr. 44/1950, § 9 Buchst. b).

[8] Gesetzesverordnung Nr. 26/1951, § 7.

[9] Verordnung Nr. 8/1952 (I. 27.) MT des Ministerrates; Gesetzesverordnung Nr. 20/1953.

[10] Gesetzesverordnung Nr. 20/1953, § 2 bzw. Gesetzesverordnung Nr. 25/1954, § 1.

[11] Gesetzesverordnung Nr. 20/1953, § 10.

[12] Gesetzesverordnung Nr. 26/1956, § 1 Abs. 1.

[13] Gesetzesverordnung Nr. 29/1958, § 5 Abs. 1 und 3.

[14] Gesetzesverordnung Nr. 29/1958, §§ 2 und 3.

[15] Gesetzesverordnung Nr. 19/1963.

[16] Gesetzesverordnung Nr. 9/1970, § 9 Abs. 1 und § 1.

[17] Gesetzesverordnung Nr. 24/1983, § 1 Abs. 2.

[18] Gesetzesverordnung Nr. 24/1983, § 4 Abs. 1.

[19] Gesetzesverordnung Nr. 24/1983, § 10.

[20] Zwischen 1980 und 1984 Tibor Király, zwischen 1984 und 1990 Ferenc Mádl und zwischen 1990 und der Auflösung des Komitees für Wissenschaftliche Beurteilungen im Jahre 1993 der Verfasser des vorliegenden Artikels.

[21] Gesetz Nr. LXXX/1993.

[22] Gesetz Nr. LXXX/1993, § 84.

[23] Gesetz Nr. XL/1994, § 3 Abs. 2 Buchst. f) und § 29.

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