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JUDr. Mgr. PhD. Jiři Herczeg[1]: Zum Entwurf des allgemeinen Teils des neuen tschechischen Strafgesetzbuches (JURA, 2007/2., 60-67. o.)

Tiefgehende wirtschaftliche, politische und soziale Änderungen, die nach dem Fall des totalitären Regimes Ende 1989 eingetreten sind, haben alle Lebensbereiche der Gesellschaft wesentlich beeinflusst. Es war daher klar, dass die ursprüngliche Form des Strafgesetzes in den neuen Bedingungen des demokratischen Rechtsstaats nicht bestehen bleiben kann und dass die Bedingungen für die Beseitigung von Deformationen und Unzulänglichkeiten in der strafrechtlichen Regelung erfüllt wurden. Aus diesem Grunde wurden unter dem Druck sofortiger Anforderungen der Praxis umfangreichere oder kleinere Novellierungen des Strafgesetzes vorgenommen, in der Regel ohne konkrete Konzeptionsvorgaben, tiefere theoretische Grundlagen und auch ohne ausreichende Koordinierung gesetzgebender Initiativen.

Die Regierung hat daher im Jahr 2004 den Entwurf einer neuen Kodifizierung des materiellen Strafrechts der Tschechischen Republik (Strafgesetz) vorgelegt.[1] Der Entwurf geht von der Beurteilung der Wirksamkeit der bestehenden grundlegenden Vorschriften im strafrechtlichen Bereich aus, er berücksichtigt die Entwicklung der rechtlichen Theorie und Praxis insbesondere in europäischen Ländern mit einem gut entwickelten demokratischen System, reflektiert Änderungen in den übrigen rechtlichen Bereichen und konzentriert sich auf die Gestaltung eines möglichst geeigneten Systems zum Schutz der Gesellschaft und der einzelnen Personen vor der Kriminalität und ihren neuen Formen.[2]

Gleichzeitig stellt der Entwurf auch die Erfüllung sämtlicher Verpflichtungen im strafrechtlichen Bereich sicher, die sich für die Tschechische Republik aus internationalen Abkommen und weiteren Unterlagen ergeben, er bringt den Einklang der innerstaatlichen rechtlichen Regelung mit den Normen des Rechts der Europäischen Union/der Europäischen Gemeinschaften zum Ausdruck und berücksichtigt relevante Empfehlungen und Stellungnahmen des Europarats.

Der Entwurf der Kodifizierung des Strafgesetzbuchs basiert auf folgenden wesentlichen Grundsätzen:

- die subsidiarische Aufgabe des Strafrechts (Prinzip "ultima ratio") als äußerstes Mittel zum Schutz von Einzelpersonen und der Gesellschaft;

- der Täter kann nur auf der Grundlage des Gesetzes für schuldig befunden werden, eine Straftat begangen zu haben, und nur auf der Grundlage des Gesetzes kann gegen ihn eine strafrechtliche Sanktion verhängt werden ("nullum crimen nulla poena sine lege");

- Verbot der Retroaktivität eines strengeren Gesetzes;

- Unzulässigkeit der Analogie zur Ausdehnung der Bedingungen für die strafrechtliche Verantwortlichkeit und bei der Festlegung von Strafen und Schutzmaßnahmen, einschließlich der Bedingungen für deren Verhängung (Analogieverbot in malam partem);

- individuelle strafrechtliche Verantwortlichkeit natürlicher Personen, die lediglich die Verantwortlichkeit für eigene Handlungen zum Ausdruck bringt, wodurch die kollektive Verantwortlichkeit ausgeschlossen wird, was nicht im Widerspruch zur Einführung der strafrechtlichen Verantwortlichkeit juristischer Personen steht, deren strafrechtliche Verantwortlichkeit unter den im Sondergesetz angeführten Bedingungen zugelassen ist;

- die strafrechtliche Verantwortlichkeit ist auf dem Verschulden gegründet;

- die Verhängung und die Umsetzung von Sanktionen bringen die Angemessenheit der Bestrafung im Zusammenhang mit der Schwere der Straftat und der Person des Täters zum Ausdruck.

Die vorgenannten Grundsätze, die sowohl in der Theorie als auch in der Praxis allgemeine Anerkennung finden, sind in dem neu kodifizierten Strafgesetzbuch nicht direkt definiert, sondern in der Gesamtkonzeption des Strafgesetzbuchs und in der Festlegung der Breite des strafrechtlichen Schutzes festgelegt, den das Strafgesetzbuch in seinen einzelnen Bestimmungen gewähren wird.

Die in dem Entwurf der Kodifizierung des neuen Strafgesetzbuchs zum Ausdruck gebrachten Grundsätze respektieren auch die Anknüpfung an die historische Entwicklung, die Traditionen und Erfahrungen der tschechoslowakischen und mitteleuropäischen rechtlichen Kultur und sie beseitigen aus dem Strafrecht der Tschechischen Republik sämtliche Elemente, die den ideologischen und politischen Po-stulaten aus der totalitären Entwicklungsära unseres Staats Rechnung getragen haben. Sie bringen daher die Ideendiskontinuität und inhaltliche Diskontinuität bezüglich der Deformationen der Rechtsordnung zum Ausdruck, die den Prinzipien der demokratischen gesellschaftlichen und staatlichen Anordnung widersprechen.

In diesem Artikel werde ich mich mit den Grundlagen der strafrechtlichen Verantwortlichkeit umfassen.

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1. Auffassung der Straftat

Bei der Vorbereitung des Entwurfs des Strafgesetzbuchs musste insbesondere geklärt werden, ob die Kodifizierung von der formellen oder von der materiellen Auffassung der Straftat auszugehen hat. Diese Frage zählte zu den Eckpunkten der Rekodifizierung und die gewählte Lösung war das Ergebnis einer langen Diskussion.[3]

Gegen die materielle Auffassung der Straftat wendete man insbesondere ein, dass an erster Stelle die gesellschaftliche Gefährlichkeit betont wird, die durch formelle Kriterien festgelegt ist (eine Straftat ist eine für die Gesellschaft gefährliche Tat, deren Merkmale im Strafgesetz angeführt sind - § 3 Abs. 1 des geltenden Strafgesetzes).

Die materielle Auffassung und das dadurch geltend gemachte Korrektiv in Form des Gefährlich-keitsgrades einer Tathandlung für die Gesellschaft verleitete oft den Gesetzgeber dazu, dass er sich darauf verlassend die Bedingungen für die strafrechtliche Verantwortlichkeit viel zu breit festgelegt hat.

Dies hatte jedoch eine unzureichende Bestimmtheit, Klarheit und Genauigkeit der gesetzlichen De-finittionen von Straftaten im Sonderteil des Gesetzes zur Folge, wo bei einigen Tatbeständen unbestimmte Rechtsbegriffe verwendet wurden. Der Grad der Gefährlichkeit für die Gesellschaft wurde gleichzeitig als ein "politischer und ideologischer Begriff" verstanden, der im liberalen Strafrecht und in einem Rechtstaat keinen Platz hat. Zum Aussortieren von Tathandelungen, die nur scheinbar die Merkmale einer Straftat aufweisen, müssen wesentliche konkretere und eindeutigere Kriterien angewendet werden.

Die formelle Auffassung der Straftat wird somit meines Erachtens zu einer genaueren Bestimmung der einzelnen Tatbestände von Straftaten führen (ohne dass diese Tatbestände kasuistisch wären), denn sie ermöglicht nicht, die Regelung von vagen oder breiten gesetzlichen Begriffen der Rechtsprechung der Gerichte zu überlassen.

Zudem erfüllt sie konsequent den Grundsatz keine Straftat ohne Gesetz (vgl. Art. 39 der Charta der Grundrechte und Grundfreiheiten und § 1 des Entwurfs des Strafgesetzbuchs). Die formelle Auffassung der Straftat reflektiert auch besser die Trennung der gesetzgebenden und gerichtlichen Gewalt, denn sie überlässt die Definierung von Straftaten konsequent dem Parlament der Tschechischen Republik und den Gerichten überlässt sie lediglich die Beurteilung, ob durch die Handlungen eines konkreten Täters die Merkmale einer Straftat erfüllt sind, ohne dass das Gericht berechtigt wäre, zu dem Schluss zu kommen, dass es sich bei Erfüllung der gesetzlichen Merkmale um keine Straftat im Hinblick auf die Nichterfüllung deren materieller Bedingung (Absenz der gesellschaftlichen Gefährlichkeit) handelt.

In diesem Zusammenhang ist anzumerken, dass einen solchen Schluss bei Gültigkeit und Wirksamkeit des auf materieller Auffassung gegründeten Strafgesetzes nicht nur ein Gericht, sondern auch ein Staatsanwalt und sogar ein polizeiliches Organ ziehen konnte.

Die formelle Auffassung der Straftat entspricht somit mehr der Logik des Strafrechts, die darin besteht, dass das Verfahren z. B. in Sachen eines weniger schweren Diebstahls eingestellt wird, als dass ein solcher weniger erhebliche Diebstahl von vornherein nicht als Straftat angesehen werden würde.

Aus diesem Grunde wird in letzten Jahren in demokratischen Staaten die prozessuale Lösung vorgezogen, und zwar aus dem Grunde, dass die Interventionsberechtigungen des Staatsanwalts bei der Geltendmachung des Prinzips der Opportunität verschiedene Varianten von Abweichungen (alternativen Lösungen) noch im Vorverfahren bieten (vgl. z. B. § 153 und § 153a der deutschen Strafprozessordnung, § 90a bis § 90m der österreichischen Strafprozessordnung und Art. 41-1 Nr. 4, bzw. 5c und Art. 42-2 der französischen Strafprozessordnung; in der Tschechischen Republik vgl. § 307 bis § 314 der gültigen Strafprozessordnung). Im Einklang damit finden in der Tschechischen Republik in den letzten Jahren bei Aufrechterhaltung des Grundsatzes der Legalität im Rahmen der legislativen Entwicklung immer mehr Opportunitätsmerkmale Anwendung, und zwar auch was die Möglichkeit der Einstellung der Strafverfolgung anbelangt [vgl. § 172 Abs. 2 Lit. c) der gültigen Strafprozessordnung].[4]

Der Entwurf des Strafgesetzbuchs enthielt sogar alternative Lösungen für diese Frage. Die erste Alternative ging davon aus, dass der Begriff der Straftat auf formeller Auffassung gegründet wird. Die zweite Alternative baute auf einer Kombination auf, und zwar auf der Kombination der formellen Auffassung der Straftat mit materiellem Korrektiv in Form der gesellschaftlichen Schädlichkeit.

Der legislative Regierungsrat wählte daher die erste Alternative, das heißt die rein formelle Auffassung der Straftat, und zwar mir der Begründung, dass eine solche Regelung dem Standard der Gesetzgebung im strafrechtlichen Bereich in hoch entwickelten Demokratien entspreche und zur Steigerung der Einheitlichkeit bei der Auslegung und Applikation des Gesetzes und zur Stärkung der Gleichheit aller Menschen vor dem Gesetz führen werde. Die Straftat ist in dem Entwurf als eine "gesetzwidrige Tathandlung, die das Strafgesetz als strafbar bezeichnet und die die in dem betreffenden Gesetz angeführten Merkmale aufweist" definiert.

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Die im Entwurf des Strafgesetzbuchs enthaltene formelle Auffassung der Straftat bedeutet dabei nicht, dass der Charakter und die Erheblichkeit der Tathandlung keine Bedeutung mehr hätten. Diese materiellen Kriterien werden im legislativen Prozess bei der Festlegung, welche Typhandlungen Straftaten sind, und im Verfahren vor Gericht bei der Festlegung der Art der Strafe und des Strafmaßes angewendet.

Zur Erreichung der maximalen Legalität der Bedingungen der strafrechtlichen Verantwortlichkeit wurde somit der Regierungsentwurf des Strafgesetzbuchs auf der formellen Auffassung mit Aufrechterhaltung der materiellen Ausgangspunkte bei legislativer Bestimmung, was eine Straftat sein soll und, und bei Begrenzung der typmäßigen Schwere der einzelnen Straftaten gegründet.[5] Diese Lösung bedeutet, die bisherige materielle Auffassung der Straftat zu verlassen, und sie stellt die grundlegendste konzeptionelle Änderung dar, die den Charakter der neuen Kodifizierung des Strafrechts bestimmt.

Bei der Erörterung in der Abgeordnetenkammer wurden Befürchtungen laut, dass die formelle Auffassung zu einer Überlastung der im Strafverfahren tätigen Organe mit Bagatellangelegenheiten führen könnte, die heute noch vor Beginn der Strafverfolgung ad Acta gelegt werden.

Die formelle Auffassung der Straftat wurde durch eine Auslegungsregel korrigiert, derzufolge die "Merkmale einer Straftat so auszulegen sind, damit im Einklang mit dem Zweck des Strafgesetzes als Straftat nur eine gesellschaftlich schädliche Tat angesehen wird" (§ 394 Abs.2). Diese Bestimmung ist keine Rückkehr zur materiellen Auffassung der Straftat, es handelt sich lediglich um eine Interpretationsregel, die helfen soll, Straftaten von den Taten zu unterscheiden, die nicht als Straftaten angesehen werden sollten, obwohl sie scheinbar die Merkmale eines Tatbestands erfüllen; insbesondere sollte diese Bestimmung bei der Auslegung der Merkmale von Straftaten helfen, bei denen die untere Grenze nicht klar definiert ist (z. B. "grober Unfug" oder "Ausschreitung" bei der Straftat der Ausschreitung und deren Abgrenzung von den Handlungen, die insbesondere als Verstöße gegen die öffentliche Ordnung anzusehen sind)".[6] Dies hat die Reaktion hervorgerufen, dass es sich um nichts anderes als um ein verstecktes materielles Korrektiv handelt, das falsch den Auslegungsbestimmungen zugeordnet wurde.

Die slowakische Regelung erscheint mir geeigneter zu sein. Gemäß dem slowakischen Strafgesetz ist die Tathandlung gesetzwidrig, deren Merkmale im Strafgesetz angeführt sind, sofern dieses Gesetz nichts anderes festlegt (formelle Auffassung). Etwas anderes legt das Strafgesetz bei Vergehen (fahrlässige Straftaten und vorsätzliche Straftaten, deren obere Grenze 5 Jahre nicht überschreitet) fest, denn es handelt sich um kein Vergehen, wenn im Hinblick auf die Art und Weise des Begehens der Straftat und deren Folgen, die Umstände, unter denen die Tat begangen wurde, das Maß des Verschuldens und den Beweggrund des Täters die Erheblichkeit gering ist.

Meines Erachtens ist das materielle Korrektiv eben bei typenmäßig weniger schweren Straftaten angebracht, denn es eliminiert die strafrechtliche Verfolgung von Bagatelldelikten. Eine ähnliche Regelung enthält z. B. das österreichische Strafgesetz (§ 42 StGB).

Ich bin davon überzeugt, dass bei typenmäßig erheblicheren Straftaten (Verbrechen) das materielle Korrektiv keine Begründung hat. Die gesellschaftliche Gefährlichkeit (Schädlichkeit, Erheblichkeit) dieser Taten ist so hoch, dass eine Korrektur in Richtung des Ausschlusses der Strafbarkeit das Ersetzen des Willens des Gesetzgebers, diese Tathandlungen zu ahnden, bedeuten könnte.

Auch in diesen Fällen wird das Kriterium der Schädlichkeit oder Erheblichkeit eine Rolle spielen. Jedoch nicht bei Entscheidungen, ob es sich um eine Straftat handelt oder nicht, aber bei der Festlegung der Art und der Höhe der Sanktion, ggf. für die Applikation des Instituts des Verzichts auf Bestrafung oder einer außerordentlichen Herabsetzung der Strafe unter die untere Grenze des Strafsatzes.

2. Kategorisierung der Straftaten

Die Kategorisierung der gerichtlich strafbaren Handlungen wird auf die Teilung - Verbrechen und Vergehen - gegründet sein. Die bisherige Auffassung des einheitlichen Delikts wird man daher verlassen. Der Begriff der Straftat wird als ein übergeordneter Begriff beibehalten. Die Bipartition wird von der gestaffelten typenmäßigen Schwere gerichtlich strafbarer Handlungen (Straftaten), ausgedrückt durch den Strafsatz, ausgehen. Diese Kategorisierung von Straftaten wird den Raum für die Geltendmachung von Alternativen und Abweichungen und für die Differenzierung von Strafsanktionen erweitern.

Ein Vergehen wird eine Tat sein, für die das Gesetz eine Freiheitsstrafe von bis zu 3 Jahren festlegt. Bei Straftaten aus Fahrlässigkeit wird es sich immer um Delikte handeln. Die übrigen, im Sonderteil des Strafgesetzes angeführten Tathandlungen werden als Verbrechen bezeichnet. Als besonders schwerwiegende Verbrechen werden Straftaten mit oberer Grenze des Strafsatzes der Freiheitsstrafe von mindestens 8 Jahren und die im derzeit gültigen § 62 des Strafgesetzes

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angeführten Straftaten angesehen.

Die vorgeschlagene Kategorisierung wird sich auch im Strafprozess widerspiegeln und sie wird die Grundlage für die Gestaltung verschiedener Verfahrenstypen, Zuständigkeit der Gerichte, Begrenzung des Verfahrens vor dem Einzelrichter, Anwendung von Abweichungen und weiteren Instituten im Strafverfahren bilden. Die grundsätzlich standardmäßigen Strafverfahren werden wegen Verbrechen geführt, bei Delikten werden vereinfachte Verfahrensformen, Abweichungen und alternative Lösungen einschließlich der breiteren Anwendung der Prüfungs- und Mediationsmittel überwiegen.

3. Verschulden

Der Regierungsentwurf des Strafgesetzbuchs lässt die bisherige Auffassung des Verschuldens als Voraussetzung für die Ableitung der subjektiven Verantwortlichkeit für die begangene Straftat bestehen. Das Prinzip der Verantwortlichkeit für das Verschulden stellt somit eines der grundlegenden Merkmale der Definition der Straftat dar. Dieser Grundsatz ist in der Bestimmung von § 13 Abs. 2 enthalten, derzufolge "zur Strafbarkeit einer Tathandlung das vorsätzliche Verschulden erforderlich ist, sofern dieses Gesetz nicht ausdrücklich festlegt, dass ein fahrlässiges Verschulden ausreicht". Dem Täter kann grundsätzlich keine Tatsache zur Last gelegt werden, auf die sich das Verschulden nicht beziehen würde. Für eine strafrechtliche Verantwortlichkeit für eine Folge reicht nämlich nicht aus, dass der Täter die Folge lediglich verursacht (objektive Bedingung für die Strafbarkeit), es muss ein Verschulden vorliegen (subjektive Bedingung für die Strafbarkeit). Die nicht verschuldeten Folgen werden nicht angerechnet und ohne Verschulden gibt es weder eine Straftat noch eine Strafe (nullum crimen sine dolus vel culpa).

Das Verschulden wird daher auch weiterhin zwei Formen haben - Vorsatz und Fahrlässigkeit. Je nach Verhältnis des Willens des Täters zur Verletzung oder Gefährdung eines durch das Strafgesetz geschützten Interesses unterscheidet der Entwurf den direkten Vorsatz und den eventuellen Vorsatz. In beiden Fällen ist sich der Täter dessen bewusst, dass er mit seiner Tat gesetzwidrige Folgen verursachen kann. Eine Straftat wurde gemäß dem Entwurf dann vorsätzlich begangen, wenn der Täter:

a) in der im Strafgesetz festgelegten Art das durch ein solches Gesetz geschütztes Interesse verletzen oder gefährden wollte (direkter Vorsatz), oder

b) gewusst hat, dass er mit seiner Handlung eine solche Verletzung oder Gefährdung verursachen kann, und der T'äter für den Fall, dass er dies verursacht, damit einverstanden war (indirekter Vorsatz).

Der Begriff des eventuellen Vorsatzes wurde im Entwurf des Strafgesetzbuchs um die Einverständnisdefinition ergänzt. Als Einverständnis ist auch zu verstehen, wenn der Täter sich damit abfindet, dass er in der im Strafgesetz angeführten Art und Weise das durch solches Gesetz geschütztes Interesse verletzen oder gefährden kann. Die Einverständnisdefinition beim eventuellen Vorsatz ist auf den Bedarf in der Praxis zurückzuführen, wo der Begriff "Einverständnis" in derzeitiger Auffassung bei der Beurteilung der Gleichgültigkeit versagt. Aus diesem Grunde wird vorgeschlagen, die Auslegungsdefinition des Einverständnisses auf der Grundlage der so genannten Theorie der Abfindung mit Erfüllung der Merkmale des Tatbestands neu zu regeln.[7]

Diese Definition bringt den Unterschied zum direkten Vorsatz zum Ausdruck, bei dem die Verursachung der relevanten strafrechtlichen Folge direkt der eigentliche Zweck der Handlung des Täters oder die notwendige Auswirkung einer solchen, auf ein anderes Ziel ausgerichteten Handlung ist (z. B. ein Fahrer leistet gemäß dem bisherigen § 207 Abs. 1 des gültigen Strafgesetzes keine Hilfe, um die Sitzbezüge im Auto nicht mit Blut zu verschmutzen).

Beim eventuellen Vorsatz konzentrierte sich der Täter grundsätzlich auf einen anderen Zweck oder er verfolgte ein anderes Ziel, ihm war allerdings klar, dass er das Ziel nicht anders erreicht, als dass es - in eventum - zu einer Verletzung eines bestimmten, gesetzlich geschützten Rechtsguts kommt.

Zu der Annahme, dass der Täter im Falle des indirekten Vorsatzes einverstanden war, führt der Umstand, dass der Täter mit keinem konkreten Umstand gerechnet hat, der die Folge verhindern konnte, die dem Täter als möglich vorschwebte, und zwar ungeachtet dessen, ob es sich um seinen eigenen Eingriff oder um den Eingriff eines Dritten gehandelt hat.

Im Gegensatz zum Verschulden in Form eines Vorsatzes will der Täter beim Verschulden aus Fährlässigkeit keine für die Gesellschaft gefährliche Folge verursachen und er ist mit der Verursachung einer solchen Folge nicht einverstanden (er hat sich damit nicht abgefunden).

Die Voraussetzung für das Verschulden aus Fahrlässigkeit ist entweder der Umstand, dass der Täter von der Möglichkeit gewusst hat, dass er eine strafrechtlich relevante Folge verursacht, oder der Täter hat zwar kein solches Wissen, er hätte beim erforderlichen Maß an Vorsichtigkeit dieses Wissen haben müssen und können.

Eine Straftat wurde gemäß dem Entwurf dann fahrlässig begangen, wenn der Täter:

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a) gewusst hat, dass er in der im Strafgesetz festgelegten Art und Weise ein durch solches Gesetz geschütztes Interesse verletzen oder gefährden kann, er sich jedoch ohne angemessene Gründe darauf verlassen hat, dass er keine solche Verletzung oder Gefährdung verursacht (bewusste Fahrlässigkeit), oder

b) nicht gewusst hat, dass er mit seiner Handlung eine solche Verletzung oder Gefährdung verursachen kann, obwohl er dies im Hinblick auf die Umstände und auf seine persönlichen Verhältnisse hätte wissen müssen und können (unbewusste Fahrlässigkeit).

Einige Straftaten (z. B. wirtschaftliche oder gegen die Umwelt gerichtete Straftaten) werden nach wie vor nur bei so genannter grober Fahrlässigkeit (§ 16 Abs. 2) geahndet, die das gültige Strafgesetz nicht kennt.

Gemäß der vorgeschlagenen Regelung ist die grobe Fahrlässigkeit keine Art der Fahrlässigkeit neben der bewussten und unbewussten Fahrlässigkeit, sondern lediglich die Bestimmung des vor Strafgesetz geforderten Maßes an Fahrlässigkeit. Eine Straftat wurde dann grob fahrlässig begangen, wenn das Verhalten des Täters bezüglich der Anforderung an die erforderliche Vorsicht davon zeugt, dass der Täter hinsichtlich der durch das Strafgesetz geschützten Interessen offensichtlich rücksichtslos war.

4. Tatirrtum und Rechtsirrtum

Das Gesetz regelt im Einklang mit den Anforderungen der Praxis neu den Tatirrtum (§ 18), der bislang von den Bestimmungen abgeleitet wurde, die die subjektive Seite der Straftat regeln.[8] Die neue Regelung enthält die Festlegung sowohl des positiven als auch des negativen Tatirrtums.

Gemäß dem Entwurf handelt derjenige nicht vorsätzlich, der beim Begehen einer Straftat den tatbestandlichen Umstand als möglich kennt oder voraussetzt, der ein Merkmal der Straftat ist. Dadurch wird die Verantwortlichkeit für eine fahrlässig begangene Straftat nicht berührt (negativer Tatirrtum).

Die Person, die irrtümlich Tatsachen voraussetzt, die die Merkmale einer weniger schwerwiegenden vorsätzlichen Straftat erfüllen würden, darf nur für diese weniger schwerwiegendere Straftat bestraft werden (sofern es sich um keine fahrlässig begangene Straftat handelt). Hingegen die Person, die falsch solche tatbestandlichen Umstände voraussetzt, die die Merkmale einer schwerwiegenderen vorsätzlichen Straftat erfüllen würden, wird für den Versuch dieser schwerwiegenderen Straftat bestraft (positiver Tatirrtum).

In dem Entwurf ist auch der Tatirrtum über die die Gesetzwidrigkeit ausschließenden Umstände geregelt. Die Person, die beim Begehen einer Tat irrtümlich von einem Tatumstand ausgeht, der die Gesetzwidrigkeit ausschließt, handelt nicht vorsätzlich, dadurch wird die Verantwortlichkeit für eine fahrlässig begangene Straftat nicht berührt.

Der Regierungsentwurf des Strafgesetzbuchs führt auch den Rechtsirrtum als einen Umstand ein, der die Strafbarkeit herabsetzt oder ausschließt (§ 19). Der Rechtsirrtum ist insbesondere im Verhältnis zu Blankettatbeständen von Bedeutung, wenn die Anforderung bezüglich konkreter Kenntnisse der gesetzlichen Regelung (z. B. bei Wirtschafts- oder Zolldelikten usw.) zum Beispiel für Ausländer unangemessen streng sein kann, und es ist nicht immer möglich, vom Maß an Verschulden der Tat auszugehen.

Die Person, die beim Begehen einer Straftat nicht weiß, dass ihre Tat gesetzwidrig ist, handelt nicht verschuldet, sofern sie den Irrtum nicht vermeiden konnte. Die Vermeidung des Irrtums war dann möglich, wenn die Pflicht, sich mit der einschlägigen rechtlichen Regelung vertraut zu machen, sich für den Täter aus dem Gesetz oder einer anderen Rechtsvorschrift, einer amtlichen Entscheidung oder aus einem Vertrag, aus seiner Beschäftigung, seinem Beruf, seiner Stellung oder Funktion ergeben hat oder sofern der Täter ohne offensichtliche Schwierigkeiten die Gesetzwidrigkeit der Tat erkennen konnte. Die vorgeschlagene Regelung unterscheidet:

a) einen entschuldbaren Rechtsirrtum (einen Irrtum, den der Täter nicht vermeiden konnte), der die strafrechtliche Verantwortlichkeit ausschließt;

b) einen nicht entschuldbaren Rechtsirrtum (einen Irrtum, den der Täter vermeiden konnte), der die strafrechtliche Verantwortlichkeit mit der Möglichkeit einer Strafmilderung zulässt.

Ein entschuldbarer Irrtum schließt somit die Verschuldung des Täters und somit auch seine strafrechtliche Verantwortlichkeit aus. Grundsätzlich sollte die Person, die im entschuldbaren Rechtsirrtum gehandelt hat, nicht strafbar sein, wobei die Grundlage die Beurteilung sein sollte, ob der Täter den Rechtsirrtum hätte vermeiden können. Im Gegensatz zum negativen Tatirrtum, der die unbewusste Fahrlässigkeit nicht ausschließt, hat der negative entschuldbare Rechtsirrtum in dieser Hinsicht absolute Auswirkungen, das heißt, dass er beide Verschuldungsformen ausschließt.

Wenn es hingegen um einen nicht entschuldbaren Irrtum handeln wird, wird der Täter für die betreffende vorsätzliche Straftat oder für die fahrlässige Straftat und nicht nur für die Fahrlässigkeit strafrechtlich verantwortlich sein wie es beim negativen Tatirrtum der Fall ist. Der Entwurf ermöglicht, für solche Fälle die Strafe im Wege der allgemeinen ent-

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lastenden Umstands zu mildern, bei dem es sich um das Begehen der Straftat im Rechtsirrtum handeln wird, der vermieden werden konnte. Ein solcher Irrtum ist auch ein Umstand, der ermöglicht, dass die Freiheitsstrafe außerordentlich herabgesetzt wird, und zwar unter die untere Grenze des Strafsatzes.

5. Entwicklungsstadien einer Straftat

Die bestehende Regelung der Vorbereitung einer Straftat und der versuchten Straftat hat sich grundsätzlich bewährt, denn sie ermöglicht die Unterscheidung zwischen der Vorbereitung einer Straftat und dem Versuch, eine Straftat zu begehen. Als Versuch wird in der Praxis nur solche Handlung angesehen, die - im Gegensatz zur Vorbereitung -unmittelbar auf die Vollendung abzielt, und daher wird sie zusammen mit der sich aus der Einführung der formellen Auffassung der Straftat ergebenden Regelung in den Entwurf des neuen Strafgesetzbuchs übernommen.

Gemäß dem Entwurf des neuen Strafgesetzbuchs wird die Strafbarkeit des Versuchs (§ 21) bei allen Kategorien von Straftaten beibehalten. Bei der Regelung der versuchten Straftat wird auch weiterhin die Strafbarkeit des untauglichen Versuchs bestehen bleiben, ohne dass man zwischen dem absolut und relativ untauglichen Versuch unterscheiden würde, denn für diese Differenzierung würde man im Gesetz wahrscheinlich keine zufrieden stellende Form finden.

Die Fälle, bei denen der Täter die Untauglichkeit des Versuchs wegen der erheblich unvernünftigen Vorgehensweise und Torheit nicht erkennt, sollten unbestraft bleiben (siehe ähnlich § 23 Abs. 3 deutsches Strafgesetzbuch), wie es sich aus der vorgeschlagenen Bestimmung von § 46 Abs. 2 über den Verzicht auf Bestrafung ergibt, ggf. sollte die Strafbarkeit in diesen Fällen gemäß dem vorgeschlagenen § 58 Abs. 4 über die außerordentliche Herabsetzung der Freiheitsstrafe deutlich milder ausfallen.

Die allgemeine Strafbarkeit der Vorbereitung wird bei besonders schwerwiegenden Straftaten durch eine Regelung ersetzt, die die Strafbarkeit dieses Stadiums der Strafhandlungen nur in den Fällen zulassen, die im Sonderteil des Strafgesetzbuchs oder in anderen die Straftaten festlegenden Gesetzen angeführt sind (§ 20).

Man geht von dem Grundsatz aus, dass gesellschaftlich schwerwiegendere Straftaten auch einer breiteren Skala von Entwicklungsstadien der Strafbarkeit unterliegen sollten. Diese Einschränkung der

Strafbarkeit der Vorbereitung, die die Beurteilung der Schuld und die Verhängung der anschließenden Sanktionen betrifft, entspricht auch den Regelungen in anderen Ländern.

6. Täter, Mittäter und Beteiligte an einer Straftat

Der Täter kann bei einer Straftat auch weiterhin nur eine natürliche Person sein, die im Zeitpunkt des Begehens der Straftat zurechnungsfähig war und die das durch das Strafgesetzbuch festgelegte Alter erreicht hat.

Im Entwurf des neuen Strafgesetzbuchs wird eine erhöhte Aufmerksamkeit der Definition des Täters geschenkt. Der Täter einer Straftat ist die Person, die mit ihren Handlungen die Merkmale des Tatbestands der Straftat oder deren Versuchs oder der Vorbereitung erfüllt hat, sofern diese strafbar ist. Der Täter muss daher selbst die Tätigkeit vornehmen, die in der einschlägigen Bestimmung des Sonderteils beschreiben ist (Täter bei einer vollendeten Straftat) oder er muss die Handlungen zumindest vorbereiten oder es versuchen (Täter der Vorbereitung oder des Versuchs).

Was den Begriff der Mittäterschaft anbelangt, wurde im Rahmen der Arbeiten an der Rekodifizierung des materiellen Strafrechts auch dem Begriff "Begehen einer Straftat durch gemeinschaftliche Handlung" eine angemessene Aufmerksamkeit gewidmet.

Die gerichtliche Praxis legt den Begriff der "gemeinschaftlichen Handlung" aus praktischen Gründen relativ breit aus und hierzu wird auch gezählt, sofern der Geschädigte zum Tatort gelockt wird oder wenn die betreffende Person am Tatort aufpasst, dass die Täter nicht gestört werden.

Eine solche Auslegung ist problematisch und sie überschreitet die Grenzen der ansonsten im Strafrecht zulässigen ausdehnenden Auslegung. Es handelt sich um Handlungen, die die Tätigkeit des Täters, ggf. der Mittäter, lediglich vereinfachen und ermöglichen. Als richtiger wird angesehen, solche Handlungen lediglich als Hilfe bei der jeweiligen Straftat und nicht als Mittäterschaft zu beurteilen. In dem Regierungsentwurf des Strafgesetzbuchs wird daher vorgeschlagen, den Begriff "Hilfe" so zu präzisieren, dass als "Hilfe" auch anzusehen ist, sofern der "Geschädigte zum Tatort gelockt wird" oder das "Aufpassen während der Tat".

Der Organisator, Anstifter oder Helfer kann auch weiterhin für die Beteiligung an einer Straftat nur dann strafrechtlich geahndet werden, wenn es zumindest zu einer versuchten Straftat gekommen ist (Prinzip der Akzessorität der Beteiligung). Im Falle

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einer Schmälerung der Strafbarkeit der Vorbereitung lediglich auf die im Sonderteil des Strafgesetzes genannten Fälle kommt es faktisch auch zu einer Schmälerung der Akzessorität in eine wirklich "reine" Akzessorität.

7. Alter, Zurechnungsfähigkeit und verminderte Zurechnungsfähigkeit

Eine der wichtigsten Änderungen, die der Entwurf des Strafgesetzbuchs bringt, ist die Herabsetzung der Grenze der Strafmündigkeit auf 14 Jahre. Der ursprüngliche Regierungsentwurf beließ die Grenze der Strafmündigkeit bei 15 Jahren, die Herabsetzung wurde erst bei der Verhandlung des verfassungsrechtlichen Ausschusses des Parlaments vorgeschlagen. Es handelt sich um eine Rückkehr zu der bei der ersten Tschechoslowakischen Republik existierenden rechtlichen Regelung[9] und eine ähnliche Regelung verabschiedete auch die Slowakei.[10] Der Grund für diese Änderung ist insbesondere die steigende Anzahl schwerwiegender und brutaler Straftaten, die von Kindern begangen wurden, die das Alter von 15 Jahren noch nicht erreicht haben. Die Herabsetzung der Altersgrenze der Strafmündigkeit auf 14 Jahre ist natürlich keine Lösung mit einem einzigen Zweck. Es ist klar, dass eine solche Maßnahme an sich das Problem der Kinderkriminalität nicht lösen wird. Es handelt sich aber um eine adäquate Reaktion der Gesellschaft auf die Beschleunigung der physischen und mentalen Entwicklung von Kindern und auf den Bedarf, die Gesellschaft vor aggressiven Handlungen von Kindern zu schützen.

Der Entwurf des Strafgesetzbuchs regelt ausdrücklich die Zurechnungsfähigkeit (§ 26) und nunmehr auch die verminderte Zurechnungsfähigkeit (§ 27).

Die Person, die im Zeitpunkt des Begehens einer Straftat die Gesetzwidrigkeit der Straftat nicht erkennen konnte oder ihre Handlungen nicht beherrschen konnte, ist nicht zurechnungsfähig und sie kann für diese Tat zur Rechenschaft gezogen werden.

Vermindert Zurechnungsfähig ist dann die Person, die wegen einer Geistesstörung im Zeitpunkt des Begehens der Straftat eine wesentlich verminderte Fähigkeit hatte, die Gesetzwidrigkeit ihrer Handlung zu erkennen, oder ihre Handlung zu beherrschen.

Unter dem Begriff "Geistesstörung" ist dann nicht nur eine Geistesstörung, sondern auch eine kurzfristige Störung der psychischen Funktionen, eine tiefe Bewusstseinsstörung, Schwachsinnigkeit und jede andere schwere geistige Abweichung zu verstehen, sofern sie den Verlust oder die Verminderung von Erkennungs- oder Beherrschungsfähigkeiten zur Folge hatte.

Der Entwurf des Strafgesetzbuchs verfolgt nur solche gesellschaftlich schädliche Handlungen, die für den Täter erkennbar sein müssen, und der Täter kann sich grundsätzlich nicht damit herausreden, dass er das Gesetz nicht kenne oder dass er das Gesetz falsch ausgelegt habe (Ausnahmen legt lediglich § 19 über den Rechtsirrtum fest).

Geistig gestörte Menschen haben jedoch in der Regel keine Vorstellung über die Gesetzwidrigkeit der Tat. Sofern sie nicht in der Lage waren, die Gesetzwidrigkeit ihrer Handlungen zu erkennen oder ihre Handlungen zu beherrschen, können sie nicht bestraft werden.

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8. Strafrechtliche Verantwortlichkeit juristischer Personen

Der Regierungsentwurf des Strafgesetzbuchs hat neben der klassischen strafrechtlichen Verantwortung natürlicher Personen auch die strafrechtliche Verantwortlichkeit juristischer Personen eingeführt, und zwar als Ausdruck der Tatsache, dass die Rechtsordnung eine wirksame Sanktionierung der gesetzwidrigen Handlungen von Korporationen, das heißt von solchen Subjekten ermöglichen muss, die die meisten Lebensbereiche der Gesellschaft beeinflussen und kontrollieren.

Es handelt sich um einen bedeutenden Durchbruch beim bestehenden theoretischen Konzept der individuellen Verantwortlichkeit der natürlichen Person für Verschuldungen, der bei der Fachöffentlichkeit auf Ablehnung gestoßen ist.

Die strafrechtliche Verantwortlichkeit juristischer Personen, Sanktionen (Strafen und Schutzmaßnahmen) und die anschließenden prozessualen Vorgehensweisen sollten in einem Sondergesetz geregelt werden.[11] Das Parlament hat bereits am 02.11.2004 in der ersten Lesung das betreffende Gesetz über die strafrechtliche Verantwortlichkeit juristischer Person abgelehnt und die Bestimmungen über die strafrechtliche Verantwortlichkeit wurden daher aus dem Entwurf des Strafgesetzbuchs ausgelassen.

Fazit

Das Strafgesetzbuch ist ein außergewöhnlicher Kodex, und zwar nicht nur aus Sicht des Umfangs der Materie. Keine andere Vorschrift wurde so lange vorbereitet. Die Arbeiten an der Rekodifizierung des Strafrechts wurden bereits im Jahr 1992 aufgenommen.

An der Bearbeitung des Entwurfs des Strafgesetzbuchs war eine Vielzahl von Spezialisten aus verschiedenen Ressorten, juristischen Fakultäten und anderen wissenschaftlichen Arbeitsstätten, Staatsanwaltschaften und Gerichten beteiligt. Bei vielen Problemen waren viele Personen nicht derselben Meinung. Das ist auch nicht möglich. In der parlamentarischen Demokratie stellt jedes Gesetz einen Kompromiss dar. Wichtig ist aber, dass nach jahrelangen Diskussionen die Mehrheitsmeinung formuliert wurde und das Ergebnis der Regierungsentwurf des Strafgesetzbuchs ist. Das neue Strafgesetzbuch stellt einen modernen und ausgewogenen Kompromiss dar, mit dem das tschechische Strafrecht nach vorne kommt.

Die Abgeordnetenkammer hat den Regierungsentwurf des Strafgesetzbuchs vor den Wahlen im Frühjahr 2006 nicht angenommen. Vor der Ablehnung fand eine stürmische Diskussion statt, wobei die Gründe für die Ablehnung marginal, zweckdienlich und politisch motiviert waren.

Im Hinblick auf den Umfang des Strafkodexes kann jeder darin eine Bestimmung finden, die ihm missfällt. Wie jede ideologische Blockierung wäre es jedoch töricht, das Strafgesetzbuch pauschal wegen einiger Bestimmungen abzulehnen. Die positiven Seiten, die das Strafgesetzbuch bringt, überwiegen, und die vorgeschlagenen Änderungen sind erforderlich und dringlich. Die Arbeiten an der Rekodi-fizierung des Strafrechts werden daher fortgesetzt, wobei der abgelehnte Entwurf die Grundlage für weitere legislative Arbeiten bilden wird. Der Justizminister hat sich verpflichtet, das neue Strafgesetzbuch im Sommer 2007 vorzulegen. ■

NOTEN

[1] Regierungsentwurf des Strafgesetzbuchs, Druck 744, www.psp.cz.

[2] Zu dem Entwurf nahmen auch ausländische Spezialisten Stellung - z. B. Jescheck, H.H. Zum Entwurf des allgemeinen Teils des neuen Strafgesetzes der Tschechischen Republik. Trestni prävo (Strafrecht), Nr. 11/2003, Seite 14, Nr. 12/2003, Seite 2

[3] Zur Auffassung der Straftat z. B. Novotny, O. Randanmerkungen zur Rekodifizierung des materiellen Strafrechts, Trestni prävo 10/2004, Seite 8 ff., Pipek, J. Formelle Auffassung einer Straftat und Opportunitätsprinzip. Testniprävni revue Nr.11/2004, Seite 309 ff., Sämal, P., Karabec, Z. Zur Konzeption der Rekodifizierung des materiellen Strafrechts. Prävnik Nr. 4/2000, Seite 321 ff., Teryngel, J. Zur Frage der materiellen und formellen Auffassung der Straftat. Trestni prävo Nr. 10/1996, Seite 11 ff.

[4] Sämal, P. Der Entwurf des Strafgesetzbuchs 2004 - 2006. Prag: C.H.Beck 2006, Seite 33

[5] Stellungnahme der Legislativen Regierung zum Entwurf des Strafgesetzbuchs vom 25.03.2004

[6] Sämal, P.: Gliederung des Strafgesetzbuchs 2004-2006. Erste Auflage. Prag: C.H.Beck, 2006, Seite 37

[7] Vgl. § 5 Abs.1 des österreichischen Strafgesetzes: Vorsätzlich handelt, wer einen Sachverhalt verwirklichen will, der einem gesetzlichen Tatbild entspricht; dazu genügt, dass der Täter diese Verwirklichung ernstlich für möglich hält und sich mit ihr abfindet. Dieselbe Definition war in der Gliederung des deutschen Strafgesetzes aus dem Jahr 1962 und aus dem Jahr 1964 enthalten. Für die Einführung dieser Formulierung haben sich z. B. ausgesprochen: Jescheck, H.H. Zur Reform des allgemeinen Teils des tschechoslowakischen Strafrechts aus rechtlich-vergleichbarer Sicht. Prävnik, 1992, Nr. 1, Seite 16

[8] Zur Problematik des Irrtums z. B. Eervenka, L., Hasch, K. Zur Klärung einiger Sonderfälle des positiven Tatirrtums. Trestni prävo, Nr.6/1998, Kratochvil, V. Einige Fragen bei Sonderfällen des Tatirrtums, Bulletin advokacie, Nr. 2/1990

[9] Gesetz Nr. 48/1931 Slg. vom 11.03.1931 über die Strafjustiz bei Jugendlichen.

[10] Gesetz Nr. 300/2005 Slg., Strafgesetz.

[11] Regierungsentwurf des Gesetzes über die strafrechtliche Verantwortlichkeit juristischer Personen, Druck 745

Lábjegyzetek:

[1] Der Autor ist von der Karlsuniversität Prag.

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