Megrendelés

Tilmann Altwicker[1]: Grenzen für verdeckte Überwachungsmaßnahmen von Sicherheitsbehörden im Anti-Terrorkampf aufgrund der EMRK (Annales, 2009., 303-318. o.)

I. Einführung

Staatliche Anti-Terrormaßnahmen sind längst zu einer der entscheidenden Herausforderungen für die europäischen Rechtsstaaten geworden. Diese Herausforderung wird gegenwärtig als neue, staatlich zu leistende Ausmittelung der Werte "Freiheit" und "Sicherheit" diskutiert.[1] Im Zeitalter eines Mehrebenengrundrechtsschutzes wird die Frage nach der Grundrechtskonformität freiheitseinschränkender Maßnahmen im Anti-Terrorkampf allerdings nicht mehr allein im nationalen Rahmen entschieden. Vielmehr gewinnt bei der Frage der Zulässigkeit staatlicher Anti-Terrormaßnahmen ein europäischer Diskurs immer mehr an Bedeutung.

In diesem Zusammenhang erhält auch der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) eine zunehmend wichtigere Rolle. Die EMRK stellt mittlerweile gleichsam eine völkerrechtliche "Teilverfassung" dar, an der sich staatliche Anti-Terrormaßnahmen ultimativ messen lassen müssen.[2] Dabei ist die Überprüfung staatlicher Maßnahmen im Anti-Terrorkampf vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) keineswegs neu. So stand bereits das erste Urteil des EGMR überhaupt im Fall Lawless v. Ireland, in dem

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es um die Inhaftierung eines IRA-Mitglieds ging, im Zeichen der Abwehr terroristischer Gefahren.[3] Später, in den 1970er-Jahren, wurden Maßnahmen der Bundesrepublik Deutschland zur Abwehr des RAF-Terrorismus auf den Straßburger Prüfstand gebracht.[4] Man kann mit Recht behaupten, dass der EGMR im Laufe seiner Rechtsprechungstätigkeit eine gewisse Expertise im Umgang mit staatlichen Reaktionen auf terroristische Gefahren gewonnen hat. Zugleich ist sich der EGMR bewusst, auf welche besonderen Schwierigkeiten eine effektive Gefahrenabwehr des Staates angesichts neuer, globaler terroristischer Strukturen trifft.[5]

Staatliche Maßnahmen, die die Bekämpfung konkreter oder abstrakter terroristischer Gefahren zum Gegenstand haben, sind so vielfältig wie das Phänomen des Terrorismus selbst: Dazu zählen z.B. erleichterte Abschiebungsmaßnahmen, die Einrichtung von Sondergerichten, die umfassende Überwachung des Telekommunikationsverkehrs, Präventivhaft für Terrorverdächtige oder das Verbot der Verbreitung bestimmter sicherheitsrelevanter Informationen. Ein Blick auf die Rechtsprechung des EGMR zeigt, dass staatliche Anti-Terrormaßnahmen so gut wie jedes Konventionsrecht betreffen können.[6] Dennoch betrafen die vom EGMR überprüften Maßnahmen im Anti-Terrorkampf zumeist Fundamentalgarantien, wie z.B. das Recht auf Leben (Art. 2 EMRK)[7] und das Verbot der Folter (Art. 3 EMRK)[8], aber auch Justiz- und Verfahrensrechte, z.B. das Recht, unverzüglich nach der Festnahme einem Richter vorgeführt zu werden (Art. 5 Abs. 3 EMRK)[9] und das Recht auf ein faires Verfahren (Art. 6 EMRK)[10]. In diesen Fällen richteten sich die staatlichen Maßnahmen gegen die Verursacher einer tatsächlichen oder vermeintlichen Gefahr bzw. Störung der öffentlichen Sicherheit, d.h. gegen den Terrorverdächtigen und seine Helfer selbst.

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Anders liegt es im hier betrachteten Fall der verdeckten Überwachungsmaßnahmen, wie z.B. der Telekommunikationsüberwachung. Es ist ein bekanntes Phänomen des gegenwärtigen Anti-Terrorkampfes, in dessen Zentrum die Abwehr von Gefahren durch militante, islamistische Gruppierungen steht, dass der Staat sich in besonderem Maße auf verdeckte Überwachungsmaßnahmen stützt. So hat das deutsche Bundeskriminalamt (BKA) kürzlich die Aufgabe der Abwehr von Gefahren des internationalen Terrorismus und in diesem Zusammenhang neue Eingriffsbefugnisse (u.a. Online-Durchsuchung, Rasterfahndung, Lausch- und Spähangriffe) erhalten.[11] Die gestiegene Bedeutung und der zunehmende Einsatz von technischen Überwachungsmaßnahmen haben dazu geführt, dass nationale Verfassungsgerichte, darunter das deutsche Bundesverfassungsgericht (BVerfG), in den letzten Jahren verstärkt mit der verfassungsrechtlichen Beurteilung derartiger Methoden befasst waren.[12] Dabei hat sich gezeigt, dass das BVerfG bislang gewillt ist, dem Schutz individueller Freiheit einen grundsätzlichen Vorzug gegenüber umfassenden staatlichen Sicherheitskonzeptionen zu geben. Dennoch bleibt das Verhältnis von "Freiheit" und "Sicherheit" in demokratischen Verfassungsstaaten umstritten. Neue Bedrohungspotentiale oder - schlimmer noch - weitere terroristische Anschläge in Europa könnten die staatlich herzustellende Balance von "Freiheit" und "Sicherheit" empfindlich verändern. In dieser Lage ist es nicht ausgeschlossen, dass der subsidiäre Rechtsschutz aufgrund der EMRK in Zukunft verstärkt in Anspruch genommen wird, vor allem dann, falls es zu freiheitsbeschränkenden Verschiebungen in der europäischen Sicherheitsarchitektur käme. Man kann man sich daher die Frage stellen, welche Grenzen die EMRK für verdeckte Überwachungsmaßnahmen von Sicherheitsbehörden setzt. Nachfolgend werden in einem ersten Schritt die vom EGMR bislang konventionsrechtlich beurteilten verdeckten Überwachungsmaßnahmen untersucht. In einem zweiten Schritt geht es allgemein um die Grenzen, die die Konvention für verdeckte Überwachungsmaßnahmen aufstellt. Drittens wird zusammenfassend eine Stellungnahme zum Verhältnis von "Freiheit" und "Sicherheit" aus der Perspektive der EMRK gegeben.

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II. Verdeckte Überwachungsmaßnahmen von Sicherheitsbehörden vor dem EGMR

1. Telekommunikationsüberwachung

1.1. Verdeckte Maßnahmen und Rechtsstaatlichkeit

Die Überwachung der Telekommunikation gehört mittlerweile zum "Alltagsgeschäft" staatlicher Sicherheitsbehörden (Polizei, Nachrichtendienste).[13] Auch der EGMR hat sich bereits früh mit der konventionsrechtlichen Beurteilung von Maßnahmen der Telekommunikationsüberwachung befasst. Das erste Grundsatzurteil hierzu stammt aus dem Jahr 1978 im Fall Klass u.a.[14] Diese Beschwerde richtete sich gegen das deutsche "G 10"-Gesetz, das neben der Briefkontrolle u.a. auch die Möglichkeit technischer Überwachungsmaßnahmen vorsah, ohne eine Verpflichtung seitens der Sicherheitsbehörden aufzustellen, die von der Maßnahme Betroffenen nach der Durchführung davon in Kenntnis zu setzen. Ferner wurde gerügt, dass das Gesetz keine Möglichkeit eröffnete, im Klageweg gegen die Anordnung und Durchführung derartiger Maßnahmen vorzugehen.

Konventionsrechtlicher Prüfungsmaßstab in den Fällen verdeckter Überwachungsmaßnahmen ist Art. 8 EMRK in seiner Ausprägung als Recht auf Achtung des Privatlebens. Der Gerichtshof hält in diesem Fall zunächst fest, dass Telekommunikation im Schwerpunkt unter die Begriffe des "Privatlebens" und der "Korrespondenz" im Sinne des Art. 8 Abs. 1 EMRK zu subsumieren und der Schutzbereich eines Konventionsgrundrechts somit eröffnet sei.[15] Der Gerichtshof sieht die besondere Gefährdung der individuellen Freiheit durch verdeckte Überwachungsmaßnahmen und verortet den Eingriff in das Recht aus Art. 8 Abs. 1 EMRK bereits in der abstrakten Möglichkeit freiheitsbeschränkender Maßnahmen. Ein Problem der verdeckten Überwachungsmaßnahmen im Allgemeinen und der Telekommunikationsüberwachung im Besonderen ist die Geheimhaltung vor und nach ihrer Durchführung. Grundsätzlich darf der Einzelne aus Gründen der Rechtsstaatlichkeit auch bei verdeckten Überwachungsmaßnahmen nicht völlig ohne die Möglichkeit gerichtlichen Schutzes bleiben.[16]

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Im Fall Klass u.a. macht der EGMR deutlich, dass die Kontrolle von verdeckten Überwachungsmaßnahmen in drei Stadien denkbar ist: bei der Anordnung, der Durchführung und der Phase der nachträglichen Überprüfung der Maßnahme.[17] Der Gerichtshof akzeptiert aber die Notwendigkeit der vollständigen Geheimhaltung vor und während der Durchführung der verdeckten Überwachungsmaßnahme; in diesen beiden Stadien ist kein Öffentlichkeit implizierender gerichtlicher Rechtsschutz möglich. In diesen Stadien sei bereits die Eigenkontrolle der Exekutive ausreichend, ergänzt durch parlamentarische Kontrollgremien und speziell eingerichtete, unabhängige Organe, die sich mit der Kontrolle der Durchführung von Überwachungsmaßnahmen befassen.

Besonders problematisch - und von den Beschwerdeführern im Fall Klass u.a. im Schwerpunkt gerügt - ist die fehlende gesetzliche Verpflichtung der Sicherheitsbehörden, die Betroffenen nachträglich von der durchgeführten Maßnahme zu unterrichten, um zumindest eine gerichtliche Überprüfung ex post herbeiführen zu können. Hierfür sprechen nicht unerhebliche Argumente: Nur wenn die Betroffenen eine Möglichkeit haben, selbst eine gerichtliche Kontrolle zu initiieren, ist ein wirksamer Schutz gegen staatliche Willkür und Missbrauch der verdeckten Überwachungsmaßnahmen gewährleistet. Ferner ist der Einwand, dass der Betroffene zum "bloßen Objekt" staatlicher Behandlung gemacht werde, wenn er sich gegen eine ihm widerfahrene Freiheitsbeeinträchtigung nicht zur Wehr setzen kann, nicht von der Hand zu weisen. Der EGMR geht auf diese Erwägungen im Fall Klass u.a. nicht ein, sondern folgt dem Vortrag des Vertragsstaates. Ohne nähere Begründung geht der Gerichtshof davon aus, dass die Gefahren, gegen die sich die Überwachungsmaßnahmen richten, bisweilen auch nach Jahren noch bestehen, so dass eine verpflichtende nachträgliche Unterrichtung den Zweck der Maßnahme untergraben könnte. Die weitere Argumentation des EGMR zielt auf die Effizienz der Überwachungsmaßnahmen ab: Die Methoden der Sicherheitsbehörden bedürften der Geheimhaltung; diese sei gerade das Mittel, das die Wirksamkeit der Überwachungsmaßnahme verbürge. Der EGMR akzeptiert also, dass es im Einzelfall Gründe gibt, den Betroffenen über die gegen ihn gerichteten Überwachungsmaßnahmen auch nachträglich in Unkenntnis zu lassen und ihm dadurch faktisch die Möglichkeit fachgerichtlichen Rechtsschutzes zu nehmen.[18]

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1.2. Die formalen Minimalanforderungen an Gesetze zur Telekommunikationsüberwachung

In der Folgerechtsprechung hatte der EGMR Gelegenheit, die konventionsrechtlichen Anforderungen an staatliche Regelungen der Telekommunikationsüberwachung zu konkretisieren. Bis heute maßgebend ist die Liste der "Minimalanforderungen", die der EGMR erstmals in dem Urteil Huvig (1990)[19] hinsichtlich der konventionsrechtlichen Zulässigkeit geheimer Überwachungsmethoden aufgestellt hat. Danach muss ein nationales Gesetz, das den Einsatz verdeckter Telekommunikationsüberwachung erlaubt, mindestens folgende Angaben enthalten:

- einen Katalog mit Straftaten, die eine Überwachungsanordnung rechtfertigen können,

- eine Bestimmung der Personengruppen, bei denen Telefongespräche abgehört werden können,

- eine Begrenzung der Dauer der Abhörmaßnahme,

- die Darlegung des Verfahrens bei Auswertung, Verwendung und Speicherung der erlangten Daten,

- die bei der Übermittlung der Daten an andere Behörden zu beachtenden Vorsichtsmaßnahmen

- und die Umstände, unter denen die Aufzeichnungen gelöscht und die Bänder vernichtet werden müssen oder dürfen.[20]

Es handelt sich ersichtlich um formale Anforderungen, die der Ausfüllung durch den nationalen Gesetzgeber bedürfen. Schweigt das nationale Gesetz zu einem dieser Punkte, so ist der Eingriff in das Recht auf Achtung des Privatlebens aus Art. 8 Abs. 1 EMRK nicht "gesetzlich vorgesehen" und damit nicht gerechtfertigt. Da diese Anforderungen an die nationale Gesetzgebung "Minimalerfordernisse" aus der Sicht des EGMR und einen entscheidenden Beitrag zur Vermeidung von Missbrauch der Telekommunikationsüberwachung darstellen, legt der Gerichtshof diese eng aus und prüft nationale Gesetzgebung im Detail. Unter diesen Voraussetzungen ist es nachvollziehbar, dass der Gerichtshof im Fall Liberty u.a. (2008) zu einer Verletzung des Art. 8 Abs. 1 EMRK kam, da das fragliche britische Gesetz weder eine Beschränkung hinsichtlich der Art der abzufangenden Kommunikation vorsah noch genaue Vorschriften in Bezug auf die Behandlung der überwachten

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Kommunikation existierten.[21] Der EGMR geht in dem Urteil Liberty u.a. rechtsvergleichend vor, indem er die britische Rechtslage mit den für konventionsrechtlich zulässig gehaltenen deutschen Regeln der Telekommunikationsüberwachung kontrastiert. Aufschlussreich ist, dass die Vorgabe von Minimalanforderungen sowie die rechtsvergleichende Prüfung von Gesetzen zur Telekommunikationsüberwachung letztlich zu einer Rechtsvereinheitlichung in diesem Bereich führen könnten.

1.3. Materielle Anforderungen an Gesetze zur Telekommunikationsüberwachung

Der EGMR hat in seinen Urteilen auch materielle Anforderungen formuliert, die an Gesetze zur Telekommunikationsüberwachung zu stellen sind. Der Gerichtshof betont, dass die richtige Balance zwischen dem staatlichen Interesse an nationaler Sicherheit durch geheime Überwachungsmaßnahmen einerseits und der Schwere des Eingriffs in das Recht auf Achtung des Privatlebens andererseits zu herzustellen sei.[22] Bei dieser Koordinationsleistung zwischen Freiheit und Sicherheit kommt dem Staat nach ständiger Rechtsprechung des EGMR ein "verhältnismäßig weiter" Beurteilungsspielraum zu.[23] Dabei sind die Umstände des Einzelfalls, d.h. Art und Dauer der Maßnahme, die Gründe der Anordnung, die für die Genehmigung, Durchführung und Überwachung zuständigen Behörden und die Art der nach staatlichem Recht vorgesehenen Rechtsbehelfe zu berücksichtigen.[24]

Bezüglich der (abzuwehrenden oder zu verfolgenden) Straftaten, die eine Telekommunikationsüberwachung rechtfertigen können, macht der EGMR den Vertragsstaaten keine Vorgaben, solange es sich nicht einfach um nur eine allgemeine Angabe (etwa "schweres Verbrechen") ohne nähere Eingrenzung handelt.[25] Praktischerweise werden die Vertragsstaaten daher einen (Straftaten-)Ka-talog aufsetzen, der Tatbestände umfasst wie etwa die "Abwehr bewaffneter Angriffe auf den Staat und seine Einrichtungen", die "Abwehr des internationalen Terrorismus" oder die "Bekämpfung des internationalen Drogenhandels".

Der EGMR macht deutlich, dass materielle Erwägungen, wie etwa die Schwere der bekämpften Straftat oder das Ausmaß der Gefahr, in einem Zusammenhang mit Verfahrensaspekten stehen: Je höher die verfahrensbezogenen Hürden für die Anordnung einer technischen Überwachungsmaßnahme, desto eher wird

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der EGMR die Einschätzung des Vertragsstaates, dass eine solche Maßnahme erforderlich sei, akzeptieren. So kann es für die konventionsrechtliche Beurteilung von Bedeutung sein, dass derartige Überwachungsanordnungen nicht von einem Amtsträger allein, sondern im Einvernehmen mit anderen, z.B. parlamentarischen Kontrollgremien getroffen werden; auch die Stellung des antragstellenden und des anordnenden Organs in der Hierarchie der Exekutive findet Berücksichtigung.[26]

2. Der Umgang der Sicherheitsbehörden mit personenbezogenen Daten aus verdeckten Überwachungsmaßnahmen

2.1. Behördliche Datenspeicherung

Gleichsam als Folgeproblem der Datenerhebung durch Telekommunikationsüberwachung und anderer verdeckter Maßnahmen stellt sich die Frage nach der konventionsrechtlichen Zulässigkeit behördlicher Datenspeicherung. Das Problem der behördlichen Datenspeicherung betrifft die Frage, unter welchen Umständen der Staat personenbezogene Daten überhaupt registrieren und archivieren darf. Bislang hat sich der EGMR lediglich mit der anlassbezogenen Datenspeicherung befasst; die gegenwärtig heftig umstrittene Vorratsdatenspeicherung, also die umfassende und anlasslose Bevorratung sensibler, personenbezogener Daten durch staatliche Stellen[27], ist vor dem Gerichtshof noch nicht gerügt worden. Aber auch die anlassbezogene Datenspeicherung wirft konventionsrechtliche Fragen auf.

Für den Gerichtshof steht fest, dass die Speicherung personenbezogener Daten durch staatliche Behörden einen Eingriff in das Recht auf Achtung des Privatlebens aus Art. 8 Abs. 1 EMRK darstellt.[28] Wie bei der Telekommunikationsüberwachung geht es auch bei der Speicherung personenbezogener Daten darum, behördliche Willkür und unkontrollierte Freiräume der Exekutive zu verhindern. Der EGMR legt daher einen Schwerpunkt auf die Überprüfung der staatlichen Ermächtigungsgrundlagen. In dem Urteil Segerstedt-Wiberg u.a. (2006), das u.a. die Speicherung von Informationen über politische Aktivitäten und Überzeugungen der Beschwerdeführer betraf, akzeptierte der EGMR eine äußerst weit gefasste Vorschrift betreffend den Inhalt eines Geheimdienstre-

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gisters.[29] Die extrem offene Formulierung, das Geheimdienstregister dürfe personenbezogene Informationen enthalten unter Berücksichtigung des Zwecks des Registers, sofern es andere "spezielle Gründe" dafür gebe, traf auf keine durchgreifenden Bedenken des Gerichtshofs. In einem anderen Fall, Rotaru (2000), hat die Große Kammer des EGMR allerdings eine Norm für konventionswidrig gehalten, die überhaupt keine Begrenzungen vorsah hinsichtlich der Art der zu speichernden Information, des Personenkreises, demgegenüber eine solche Maßnahme angeordnet werden kann, des dabei zu beachtenden Verfahrens oder der Dauer der Archivierung.[30]

Für den EGMR sind bei der Frage der Verhältnismäßigkeit der Datenspeicherung die Faktoren der Natur und des Alters der personenbezogenen Information entscheidend.[31] Mit zunehmendem Zeitablauf stellt der Gerichtshof zu Recht wachsende Anforderungen an den Zweck der Datenspeicherung. So hat der EGMR die Speicherung von Informationen über Vorgänge, die mehr als 30 Jahre zurücklagen, für nicht mehr als mit dem Recht auf Achtung des Privatlebens aus Art. 8 Abs. 1 EMRK vereinbar angesehen.[32]

2.2. Behördlicher Datenaustausch

Auch der behördliche Austausch von Daten, die durch eine verdeckte Telekommunikationsüberwachung erlangt wurden, stellt nach Ansicht des Gerichtshofs einen eigenständigen Eingriff in das Recht aus Art. 8 Abs. 1 EMRK dar.[33] Der Gerichtshof hält dabei den offenen im Gegensatz zum anonymisierten Datenaustausch unter Behörden im Hinblick auf den effektiven Schutz höchster Güter des Allgemeininteresses im Regelfall für notwendig.[34] Der EGMR sieht aber durchaus, dass der behördliche Datenaustausch insbesondere dann einen empfindlichen Eingriff darstellt, wenn personenbezogene Daten, die ohne einen konkreten Verdacht durch allgemeine Überwachungsmaßnahmen erlangt worden sind, an Strafverfolgungsbehörden zwecks Einleitung eines Strafverfahrens übermittelt werden.[35] Schließlich überwiegen für den EGMR aber auch hier die Gründe für eine Übermittlung solcher, aus anlassloser, allgemeiner Überwachung gewonnenen Daten an Strafverfolgungsbehörden, sofern es sich um schwere Straftaten handelt und weitere, verfahrensbezogene Kontrollmechanismen existieren. Dazu kann gehören, dass hinreichende Verdachtsmomente vorliegen müssen, bevor eine Übermittlung angeordnet werden darf, dass Übermittlungsprotokolle geführt werden und dass nur speziell ausgebildete Beamte der Sicherheitsbehörden über die Weitergabe der Daten entscheiden.[36]

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2.3. Behördliche Datenvernichtung

Die Gesetze zur Telekommunikationsüberwachung müssen, das ergibt sich bereits aus den erwähnten Minimalanforderungen, auch Vorschriften über die Löschung und Vernichtung von erlangten Daten enthalten. Grundsätzlich ist die Datenvernichtung nach Ansicht des EGMR eine Maßnahme, die die Folgen des Eingriffs in das Recht auf Achtung des Privatlebens aus Art. 8 Abs. 1 EMRK mildert. Problematisch ist die Datenvernichtung allerdings dann, wenn der Betroffene ihre Existenz als Beweismittel vor Gericht benötigt; eine willkürliche Datenvernichtung könnte dann unter Umständen negative Folgen für den Betroffenen haben. Für diesen Sonderfall bedarf es gesetzlicher Vorkehrungen, die in diesen Konstellationen die Vernichtung verhindern und einer unabhängige Kontrollinstanz, die den Umgang der Behörden mit den Daten überwacht.[37]

III. Die konventionsrechtlichen Grenzen verdeckter Überwachungsmaßnahmen

1. Prozessuale Grenzen: Erweiterung der Opfereigenschaft ("victim status")

Der EGMR versucht erkennbar, die prozessualen Grenzen der konventionsrechtlichen Nachprüfbarkeit verdeckter Überwachungsmaßnahmen so niedrig wie möglich zu halten. Gemäß Art. 34 EMRK muss der Beschwerdeführer behaupten, in einem der Konventionsrechte verletzt zu sein. Diese sog. Opfereigenschaft ("victim status") besteht dann, wenn der Beschwerdeführer betroffen und beschwert ist.[38] Dafür ist grundsätzlich eine vollzogene (rechtskräftige), an den Beschwerdeführer gerichtete, hoheitliche Maßnahme (z.B. ein Verwaltungsakt oder ein Gerichtsurteil) erforderlich.[39]

Bei verdeckten Überwachungsmaßnahmen wie der Telekommunikationsüberwachung erhält der Einzelne oft zu keinem Zeitpunkt Kenntnis des Eingriffs; ihm ist - wie oben beschrieben - häufig der Rechtsweg gegen die Anordnung und Durchführung der Maßnahmen abgeschnitten. Hier entständen Rechtsschutzlücken, wenn es einem potentiell Betroffenen genommen wäre, sich wenigstens "vorsorglich" - d.h. ohne Nachweis eines staatlichen, individualgerichteten Einzelakts - gegen die gesetzlichen Eingriffsermächtigungen zu wenden. Der Nachweis der direkten Betroffenheit kann vom Beschwerdeführer nicht geführt werden und ist daher unzumutbar. Dies anerkennt der EGMR für

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verdeckte Überwachungsmaßnahmen bereits seit dem frühen Urteil im Fall Klass u.a; er begründet dies mit einer an der Effektivität des konventionsrechtlichen Rechtsschutzes orientierten Auslegung der prozessualen Vorgabe in Art. 34 EMRK.[40] In diesen Fällen reicht ausnahmsweise bereits die Existenz verdeckter Maßnahmen bzw. die Existenz dahingehender gesetzlicher Ermächtigungsgrundlagen für eine Betroffenheit des Beschwerdeführers im Sinne von Art. 34 EMRK.

2. Formale Grenzen: Bestimmtheit der gesetzlichen Eingriffsermächtigungen

In den Fällen verdeckter Überwachungsmaßnahmen besteht ein grundsätzliches Rechtsschutzdefizit wegen der Notwendigkeit der Geheimhaltung gegenüber dem Betroffenen. Damit wächst, wie der EGMR zu Recht wiederholt hat, die Gefahr eines Missbrauchs der Eingriffsbefugnisse seitens der Exekutive. Um dieses Defizit etwas abzumildern, bedarf es einer umfassenden "Programmierung" des Exekutivhandelns durch den Gesetzgeber. Dies geschieht durch möglichst klar gefasste Tatbestände der Eingriffsermächtigungen. In der Vergangenheit hat der EGMR größte Sorgfalt auf die Prüfung dieser Ermächtigungsgrundlagen gelegt; der Eingriff in das Recht auf Achtung des Privatlebens ist nur dann "gesetzlich vorgesehen" im Sinne von Art. 8 Abs. 2 EMRK, wenn die Ermächtigungsgrundlage den vom Gerichtshof aufgestellten und im Einzelfall geprüften Voraussetzungen der "Zugänglichkeit" und "Vorhersehbarkeit" genügt.[41] So stellt der Gerichtshof - wie oben gesehen - im Fall der Telekommunikationsüberwachung klare formale "Minimalanforderungen" an die betreffenden staatlichen Eingriffsermächtigungen.[42]

Diese Anforderungen wird man auf weitere verdeckte Überwachungsmaßnahmen, die bislang vom EGMR nicht behandelt wurden, wie z.B. Rasterfahndungen, Lausch- und Spähangriffe übertragen können. Es ist zu begrüßen, dass der EGMR den Vertragsstaaten hier eindeutige Rechtsstaatlichkeitsgrenzen hinsichtlich der Ausgestaltung von Eingriffsermächtigungen setzt.

3. Inhaltliche Grenzen?

3.1. Die nicht-derogierbaren Rechte der EMRK

Fraglich ist, ob die EMRK auch inhaltliche Grenzen der Ausgestaltung von Eingriffsermächtigungen für verdeckte Überwachungsmaßnahmen aufstellt. Zu denken wäre in erster Line an die nicht-derogierbaren Rechte des Art. 15 Abs.

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2 EMRK. Der EGMR hat wiederholt ausdrücklich festgehalten, dass es EMRK-Rechte gibt, von denen auch unter den "schwierigsten Umständen, wie dem Kampf gegen den Terrorismus", nicht abgewichen werden darf; es handelt sich um die sog. notstandsfesten Konventionsrechte.[43] Hier sind ausweislich des Art. 15 Abs. 2 EMRK, der die nicht-derogierbaren Rechte abschließend aufzählt, in erster Linie Art. 3 EMRK (Verbot der Folter), aber auch Art. 4 Abs. 1 EMRK (Verbot der Sklaverei oder Leibeigenschaft), Art. 7 EMRK (nulla poena sine lege), sowie - mit Einschränkung - auch Art. 2 Abs. 1 EMRK (Recht auf Leben) zu nennen.

Im Hinblick auf die hier betrachteten Maßnahmen erscheint es jedoch äußerst unwahrscheinlich, dass eine mit technischen Mitteln bewirkte Überwachung jemals die hohe Schwelle der "erniedrigenden Behandlung" im Sinne des Art. 3 EMRK überschreitet. Ein Konflikt technischer Überwachungsmaßnahmen mit anderen nicht-derogierbaren Rechten des Art. 15 Abs. 2 EMRK scheint ausgeschlossen.

3.2. Das Gebot der Abwägung

So selbstverständlich es zunächst klingen mag, so bedeutsam ist es gleichwohl, dass es eine völkerrechtliche Rechtsprechungsinstanz nicht bloß bei formalen Anforderungen an staatliche Eingriffsgrundlagen belässt, sondern im besonders sensiblen Bereich der staatlichen Sicherheit eine materielle Abwägung zwischen den Belangen der "öffentlichen Sicherheit" und dem "Freiheitsinteresse" des Einzelnen vornimmt. Maßgebend ist insofern immer noch die Entscheidung des Gerichtshofs im Fall Weber und Saravia (2006).[44] In diesem Fall setzte sich der EGMR nicht nur formal, sondern materiell mit den nationalen Eingriffsermächtigungen auseinander. Auch wenn er im Ergebnis zu keiner Verletzung des Rechts auf Achtung des Privatlebens aus Art. 8 Abs. 1 EMRK gelangte, sondern die Beschwerde gem. Art. 35 Abs. 3 EMRK als "offensichtlich unbegründet" abwies, ist der Wille des Gerichtshofs, das individuelle Freiheitsinteresse auch bei wichtigsten Belangen des Allgemeinwohls einer einzelfallbezogenen Gewichtung zuzuführen, unübersehbar.

IV. Schluss: Das Gleichgewicht von "Freiheit" und "Sicherheit" aus konventionsrechtlicher Perspektive

Die Rechtsprechung des EGMR zu verdeckte Überwachungsmaßnahmen der Vertragsstaaten steht noch am Anfang. Bislang finden sich allein Entscheidungen zur konventionsrechtlichen Zulässigkeit der Telekommunikationsüberwachung und zum Umgang von Sicherheitsbehörden mit durch verdeckte Maß-

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nahmen gewonnenen Daten. Dabei wird deutlich, dass der Gerichtshof den Wert der individuellen Freiheit, wie er sich in den Konventionsrechten manifestiert, gegen eine übermäßige Ausdehnung staatlicher Überwachung in Stellung bringt: Der EGMR nennt beispielsweise das Gegenbild des "Polizeistaates", wenn er eine enge Interpretation der Schranken des Rechts auf Achtung des Privatlebens in Art. 8 Abs. 2 EMRK verlangt.[45] Ein Verfassungsstaat, der die Freiheit seiner Bürger schützen will, darf nicht zu einem Überwachungsstaat verkommen, indem das Verhältnis von Zweck und Mittel der Kontrolle außer Balance gerät. Von Bedeutung ist, dass der Gerichtshof in verdeckten Überwachungsmaßnahmen wie der Telekommunikationsüberwachung nicht nur eine der Rechtfertigung bedürftige Gefährdung individueller Freiheit erblickt, sondern potentiell auch die Bedrohung eines anderen Fundamentalwertes des modernen Verfassungsstaates, nämlich dem der Demokratie: "The Court [is, Verf.] aware of the danger such a law poses of undermining or even destroying democracy on the ground of defending it."[46] Ein Staat, der seinen Bürgern misstraut, verliert ultimativ das Vertrauen, von dem das Funktionieren seiner Institutionen elementar abhängt.

Wie auch immer man die beiden Fundamentalbedürfnisse "Freiheit" und "Sicherheit" in einer politischen Gemeinschaft gewichtet, eines dürfte klar sein: Der Bezugsrahmen, innerhalb dessen eine Antwort auf die Herausforderung des Terrorismus zu suchen ist, muss eine "Kultur der Grundrechte" sein, wie sie sich in den Verfassungen der europäischen Rechtsstaaten, aber auch in Rechtsverbürgungen auf internationaler Ebene, etwa der EMRK, manifestiert. Diese Kultur der Grundrechte und ihre tragenden Ideen der Freiheit, Gleichheit und Solidarität machen ein prinzipienangeleitetes, abgewogenes Vorgehen der Vertragsstaaten im Umgang mit verdeckten Überwachungsmaßnahmen zur Pflicht. Nicht vergessen werden sollte, dass gerade in Zeiten, in denen allzu häufig der Schleier der Geheimhaltung über eingriffsintensives Staatshandeln gelegt wird, ein internationales Gericht wie der EGMR noch einen weiteren bedeutsamen Wert befördern kann: Öffentlichkeit.

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Resümee - Grenzen für verdeckte Überwachungsmaßnahmen von Sicherheitsbehörden im Anti-Terrorkampf aufgrund der EMRK

Die meisten Vertragsstaaten des Europarats haben als Reaktion auf eine veränderte Sicherheitsarchitektur in Europa sog. Anti-Terrormaßnahmen eingeführt. Diese Maßnahmen sind äußerst vielgestaltig: Kfz-Datenerfassung, OnlineDurchsuchungen, "Lauschangriffe" auf Wohnungen, Einrichtung von Ausnahmegerichten, vorbeugender Gewahrsam, Verbot von Vereinigungen etc. Diese Maßnahmen stellen rechtsdogmatisch "Eingriffe" in die von der EMRK gewährleisteten Menschenrechte dar und unterliegen von daher einer Rechtfertigungsbedürftigkeit. Der folgende Beitrag befasst sich mit zwei Fragen: Erstens ist zu klären, welche materiellen Vorgaben die Europäische Menschenrechtskonvention für die Beschränkung von EMRK-Rechten macht. Zweitens ist -auf einer etwas grundsätzlicheren Ebene - zu erörtern, welche Rolle dem internationalen Richter (am EGMR) bei der Überprüfung dieser staatlichen Anti-Terrorgesetzgebung zukommt.

Die erste Frage nach den materiellen Anforderungen an die nationale Anti-Terrorgesetzgebung soll anhand einer Analyse der jüngeren Rechtsprechung des EGMR geleistet werden.[47] In der Vergangenheit wurden vor dem EGMR vor allem Probleme der Abhörung (von Telefongesprächen, z.B. Weber und Saravia, s.u.), Fragen der Erstellung von DNA-Profilen (z.B. in S. und Marper, s.u.) oder der sonstige Umgang mit personenbezogenen Daten (z.B. in Segerstedt-Wiberg u.a., s.u.) untersucht. Bei der Justierung von "Freiheit" und "Sicherheit" stehen dem EGMR verschiedene Instrumente zur Verfügung, die insgesamt einen "flexiblen Ansatz"[48] bei der Bewertung staatlicher Anti-Terrormaßnahmen erlauben: Hier sind insbesondere die Prüfung der Verhältnismäßigkeit sowie die Rechtsfigur des Beurteilungsspielraums zu nennen.

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Bei der zweiten, grundsätzlichen Frage nach der Rolle des internationalen Richters bei der staatlichen Terrorbekämpfung wird hier besonderer Wert darauf gelegt, dass der völkerrechtliche Menschenrechtsschutz zwar nur ein Subsidiärrecht gewährt, aber internationale Rechtsprechungsorgane einen bedeutsamen Anteil an der Herstellung überstaatlicher Öffentlichkeit haben, die gerade angesichts der oft anzutreffenden Geheimhaltung bei solchen Maßnahmen wichtig erscheint. Die Hauptaufgaben des internationalen Richters in der Terrorbekämpfung sind die Ermöglichung von regionaler Öffentlichkeit und die Sicherstellung eines gerechten, nationalen Verfahrens.

Summary - Limits to Covered Surveillance Measures of Security Agencies in the Anti-Terror Fight on grounds of the European Convention on Human Rights

The majority of Member States of the Council of Europe have adopted so-called Anti-Terrorism Measures as a reaction to a changed security context in Europe. These measures include: Data capturing of vehicles, online searches, electronic eavesdropping operations, extraordinary tribunals, preventive detention, prohibition of associations etc. These measures count as "limitations" of rights of the European Convention on Human Rights (ECHR) and require justification. The planned contribution deals with two questions: First, it is to be established what the ECHR requires in terms of justification of Anti-Terrorism Measures. Secondly, somewhat more fundamental, it must be considered which role may be attributed to the international judge (at the ECtHR) when examining national Anti-Terrorism Measures.

The first question concerning the material requirements by the ECHR shall be answered in an analysis of the recent jurisprudence of the ECtHR.[49] In the past, the ECtHR has mainly dealt with problems of interception of telephone calls (e.g. in Weber and Saravia, see under footnote no. 1), questions concerning DNA-profiling (e.g. in S. and Marper, also footnote no. 1) or rules

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concerning personal data (e.g. in Segerstedt-Wiberg, footnote no. f). In balancing "liberty" and "security" the ECtHR can rely on different legal instruments which - on the whole - facilitate a "flexible approach"[50] towards national Anti-Terrorism Measures, primarily the proportionality test and the margin of appreciation doctrine.

Regarding the second, more fundamental question concerning the role of the international judge in the combat of terrorism, this article emphasizes that the international human rights framework is subsidiary to the national protection. On the other hand, international legal organs such as the ECtHR contribute to the creation of an international public which is important regarding the often witnessed secrecy in dealing with national Anti-Terrorism Measures. The main tasks of the international judge in the fight against terrorism are the facilitation of an international or regional public and the ensuring fair national procedures. ■

ANMERKUNGEN

[1] Vgl. die deutsche Diskussion: Udo di Fabio, Sicherheit in Freiheit, NJW 2008, 421; Christoph Gusy, Gewährleistung von Freiheit und Sicherheit im Lichte unterschiedlicher Staatsund Verfassungsverständnisse, VVDStRL 63 (2003), 151; Oliver Lepsisus, Freiheit, Sicherheit und Terror: Die Rechtslage in Deutschland, Leviathan 2004, 64; Hans Peter Bull, Freiheitspathos und Sicherheitspolitik, RuP 2008, 16; Christoph Enders, Der Staat in Not: Terrorismusbekämpfung an den Grenzen des Rechtsstaats, DÖV 2007, 1039.

[2] Vgl. zur Frage eines internationalen Verfassungsrechts die überblicksartige Darstellung bei Oliver Diggelmann/Tilmann Altwicker, Is There Something Like a Constitution Of International Law? A Critical Analysis of the Debate on World Constitutionalism, ZaöRV 2008, 623, 627 f. (zum Problem völkerrechtlicher Teilverfassungen).

[3] EGMR, Urt. v. 1.7.1961, Lawless (Nr. 3), Serie A 3: Der Beschwerdeführer (Bf.) Lawless rügte, dass seine Inhaftierung entgegen Art. 5 Abs. 1 lit. c) EMRK nicht erfolgte "zur Vorführung vor die zuständige Gerichtsbehörde". Entscheidend war in diesem Fall, dass der EGMR die irische Suspendierung gem. Art. 15 EMRK ("Notstandsfall") als Rechtfertigung akzeptierte.

[4] Vgl. EGMR, Urt. v. 6.9.1978, Klass u.a., Serie A 28 = EuGRZ 1979, 278.

[5] Vgl. zuletzt EGMR, Urt. v. 19.2.2009, A. u.a../. Vereinigtes Königreich, Nr. 3455/05, § 126.

[6] Für einen Überblick vgl. Colin Warbrick, The Principles of the European Convention on Human Rights and the Response of States to Terrorism, EHRLR 2002, 287, 290-314.

[7] Vgl. z.B. EGMR, Urt. v. 27.9.1995, McCann u.a., Serie A 324, §§ 145 ff.

[8] Vgl. z.B. EGMR, Urt. v. 15.11.1996, Chalal, Reports of Judgments and Decisions (RJD) 1996-V = NVwZ 1997, 1093, §§ 72 ff.; EGMR, Urt. v. 18.12.1996, Aksoy, RJD 1996-VI, §§ 58 ff.

[9] Vgl. z.B. EGMR, Urt. v. 23.9.1998, Demir u.a., RJD 1998-VI, §§ 31 ff.

[10] Vgl. z.B. EGMR, Urt. v. 9.6.1996, Incal, RJD 1998-IV, §§ 61 ff.

[11] Gesetz zur Abwehr von Gefahren des internationalen Terrorismus durch das Bundeskriminalamt v. 25.12.2008, BGBl. I, 3038; vgl. dazu Fredrik Roggan, Das neue BKA-Gesetz - Zur weiteren Zentralisierung der deutschen Sicherheitsarchitektur, NJW 2009, 257.

[12] BVerfGE 115, 320 = NJW 2006, 1939 (zur Rasterfahndung); BVerfG, NJW 2008, 1505 (zur automatischen Kfz-Kennzeichenerfassung); BVerfG (K), NVwZ 2007, 688 (zur Videoüberwachung öffentlicher Plätze); BVerfGE 113, 304 = NJW 2005, 1338 (zur GPS-Ortung); BVerfG, NJW 2008, 822 (zur Online-Durchsuchung); vgl. dazu umfassend Martin Kutscha, Überwachungsmaßnahmen von Sicherheitsbehörden im Fokus der Grundrechte, LKV 2008, 481, 483 ff.

[13] So Kutscha (Fn. 12), 485.

[14] EGMR, Urt. v. 6.9.1978, Klass u.a., Serie A 28 = EuGRZ 1979, 278 = NJW 1979, 1755.

[15] St. Rspr.: EGMR, Urt. v. 6.9.1978, Klass u.a., Serie A 28 = EuGRZ 1979, 278 = NJW 1979, 1755, § 41; EGMR, Urt. v. 2.8.1984, Malone, Serie A 82, § 64; EGMR, Urt. v. 24.8.1998, Lambert, RJD 1998-V, § 21.

[16] EGMR, Urt. v. 4.5.2000, Rotaru, RJD 2000-V, § 59: "In order for systems of secret surveillance to be compatible with Article 8 of the Convention, they must contain safeguards established by law which apply to the supervision of the relevant services' activities. Supervision procedures must follow the values of a democratic society as faithfully as possible, in particular the rule of law, which is expressly referred to in the Preamble to the Convention. The rule of law implies, inter alia, that interference by the executive authorities with an individual's rights should be subject to effective supervision, which should normally be carried out by the judiciary, at least in the last resort, since judicial control affords the best guarantees of independence, impartiality and a proper procedure (Hervorhebungen im Original, Verf.)."

[17] EGMR, Urt. v. 6.9.1978, Klass u.a., Serie A 28 = EuGRZ 1979, 278 = NJW 1979, 1755, § 55.

[18] Im Fall Klass u.a. hat es EGMR ausreichen lassen, dass der Beschwerdeführer sich gleichsam im Wege einer "vorsorglichen" Verfassungsbeschwerde gegen Überwachungsmaßnahmen wehren könne, vgl. EGMR, Urt. v. 6.9.1978, Klass u.a., Serie A 28 = EuGRZ 1979, 278 = NJW 1979, 1755, § 56.

[19] EGMR, Urt. v. 24.4.1990, Huvig, Serie A 176-B, § 34; EGMR, Entsch. v. 29.6.2006, Weber u. Saravia, Nr. 54934/00 = NJW 2007, 1433, § 95; EGMR, Urt. v. .7.2008, Liberty u.a., Nr. 58243/00, § 62.

[20] EGMR, Entsch. v. 29.6.2006, Weber u. Saravia, Nr. 54934/00, § 95.

[21] EGMR, Urt. v. .7.2008, Liberty u.a., Nr. 58243/00, §§ 56 ff.

[22] EGMR, Entsch. v. 29.6.2006, Weber u. Saravia, Nr. 54934/00, § 106.

[23] EGMR, Entsch. v. 29.6.2006, Weber u. Saravia, Nr. 54934/00, § 106; EGMR, Urt. v. 26.3.1987, Leander, Serie A 116, § 59; EGMR, Urt. v. 2.8.1984, Malone, Serie A 82, § 81.

[24] EGMR, Entsch. v. 29.6.2006, Weber u. Saravia, Nr. 54934/00, § 106.

[25] Vgl. EGMR, Urt. v. .7.2008, Liberty u.a., Nr. 58243/00, § 115.

[26] Vgl. EGMR, Urt. v. .7.2008, Liberty u.a., Nr. 58243/00, § 115.

[27] Vgl. die Diskussion zum deutschen "Gesetz zur Neuregelung der Telekommunikationsüberwachung und anderer Ermittlungsmaßnahmen sowie zur Umsetzung der Richtline 2006/24/EG vom 21.12.2008" (BGBl. I 2007, 3198) bei Jens Puschke/Tobias Singelnstein, Telekommunikationsüberwachung, Vorratsdatenspeicherung und (sonstige) heimliche Ermittlungsmaßnahmen der StPO nach der Neuregelung zum 1.1.2008, NJW 2008, 113; Kurt Graulich, Telekommunikationsgesetz und Vorratsdatenspeicherung, NVwZ 2008, 485.

[28] St.Rspr., vgl. EGMR, Urt. v. 6.6.2006, Segerstedt-Wiberg u.a., Nr. 62332/00, § 73; EGMR, Urt. v. 4.5.2000, Rotaru, RJD 2000-V, § 46.

[29] EGMR, Urt. v. 6.6.2006, Segerstedt-Wiberg u.a., Nr. 62332/00, §§ 79 f.

[30] EGMR, Urt. v. 4.5.2000, Rotaru, RJD 2000-V, §§ 57 ff.

[31] EGMR, Urt. v. 6.6.2006, Segerstedt-Wiberg u.a., Nr. 62332/00, §§ 90 ff.

[32] EGMR, Urt. v. 6.6.2006, Segerstedt-Wiberg u.a., Nr. 62332/00, § 90.

[33] EGMR, Entsch. v. 29.6.2006, Weber u. Saravia, Nr. 54934/00, § 79.

[34] EGMR, Entsch. v. 29.6.2006, Weber u. Saravia, Nr. 54934/00, § 122.

[35] EGMR, Entsch. v. 29.6.2006, Weber u. Saravia, Nr. 54934/00, § 125.

[36] EGMR, Entsch. v. 29.6.2006, Weber u. Saravia, Nr. 54934/00, § 127 f.

[37] EGMR, Entsch. v. 29.6.2006, Weber u. Saravia, Nr. 54934/00, § 132.

[38] Christoph Grabenwarter, Europäische Menschenrechtskonvention, 3. Aufl., München 2008, S. 56 m.w.N.

[39] Vgl. Grabenwarter (Fn. 38), S. 57.

[40] EGMR, Urt. v. 6.9.1978, Klass u.a., Serie A 28 = EuGRZ 1979, 278 = NJW 1979, 1755, § 34.

[41] EGMR, Urt. v. .7.2008, Liberty u.a., Nr. 58243/00, §§ 59 ff.; EGMR, Urt. v. 4.5.2000, Rotaru, RJD 2000-V, § 52.

[42] Dazu s. oben S. 304.

[43] Vgl. EGMR, Urt. v. 19.2.2009, A. u.a. ./. Vereinigtes Königreich, Nr. 3455/05, § 126.

[44] EGMR, Entsch. v. 29.6.2006, Weber u. Saravia, Nr. 54934/00, §§ 103 ff.

[45] EGMR, Urt. v. 6.9.1978, Klass u.a., Serie A 28 = EuGRZ 1979, 278 = NJW 1979, 1755, § 42.

[46] EGMR, Urt. v. 6.9.1978, Klass u.a., Serie A 28 = EuGRZ 1979, 278 = NJW 1979, 1755, § 49.

[47] Z.B. EGMR, 06.06.2006, Segerstedt-Wiberg u.a., Nr. 62332/00; EGMR, 29.06.2006, Weber und Saravia, Nr. 54934/00; EGMR, 04.12.2008, S. und Marper, Nr. 20562/04 und Nr. 30566/04.

[48] Dazu s. auch Stefan Sottiaux, Terrorism and the Limitation of Rights: The ECHR and the US Constitution, Oxford: Hart Publishing, 2008.

[49] E.g. ECtHR, 6 June 2006, Segerstedt-Wiberg and others, no. 62332/00; ECtHR, 29 June 2006, Weber and Saravia, no. 54934/00; ECtHR, S. and Marper, nos. 20562/04 and 30566/04.

[50] See Stefan Sottiaux, Terrorism and the Limitation of Rights: The ECHR and the US Constitution, Oxford: Hart Publishing, 2008.

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[1] Fremdsprachenlektorat, Telefonnummer: (36-1) 411-6530, E-mail: altwicker@ajk.elte.hu

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