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Nadja El Beheiri: Architektonik und Rechtsordnung (IAS, 2008/4., 21-35. o.[1])

Die Verwendung der Baumetapher bei Theodor Mommsen und Aristoteles

I. Die Baumetapher bei Theodor Mommsen

Ähnlich wie es die Bestimmung von Haus und Wohnung ist, den Menschen einen ihrer Würde entsprechenden Lebensbereich zu sichern, so gehört die Gewährleistung eines gesicherten Lebensraumes zu den Aufgaben von Recht und Rechtsordnung. In diesem Sinne ist auch die Metapher des Bauens von modernen und antiken Autoren immer wieder auf die Schaffung der Rechtsordnung angewandt worden.

Der Göttinger Romanist Okko Behrends hat eine Gegenüberstellung von Texten zur Baumetapher bei Theodor Mommsen und bei Aristoteles vorgenommen. Im Rahmen seiner Ausführungen charakterisiert Behrends Mommsen einerseits und die antiken Autoren andererseits vor dem sie prägenden geistesgeschichtlichen Hintergrund. Das zur Beschreibung herangezogene Mittel entnimmt der Autor dabei jeweils einem verschiedenen Wissenschaftsbereich. Mommsens theoretischen Ansatz analysiert der deutsche Professor vor dem Hintergrund großer zeitgenössischer literarischer Werke. Er weist dabei zunächst auf die Parallele zwischen der Forderung eines genetischen Verständnisses zur Überwindung der Plattheit in der Wissenschaft und einem Gedicht Friedrich Schillers hin. In beiden Fällen ist es der Raum und Zeit verlassende Geist, der den rechten Blickwinkel verleihen soll.[1] Die Auswahl der Schriftsteller und Dichter bleibt dabei nicht auf den deutschen Sprachraum beschränkt. Im Sinne einer Mahnung, die Vergänglichkeit der Bauwerke nicht aus den Augen zu verlieren

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zitiert er ein Gedicht des Literaturnobelpreisträgers des Jahres 1907 und Freimaurers Rudyard Kipling.[2]

Was nun die Verwendung der Baumetapher betrifft so kennzeichnet Behrends Mommsen als "Systembauer". Mit diesem Ausdruck bezeichnet der deutsche Rechtshistoriker die Methode Mommsens, dessen erklärte Zielsetzung eben gerade nicht in der Erforschung der antiken Baupläne bestand. Die Leitlinie für Mommsens Bauplan sieht Behrends in "einem überhistorischem Glauben an die Rechtsidee der Bürgerfreiheit konstituierenden Herrschaft, die als Rechtsbegriff der gesellschaftlichen Wirklichkeit fähig sei".[3] Behrends meint, dass Mommsen durch seinen Glauben an "einen höheren, ewig gültigen Bauplan, der, da in seinem Kernbestand unantastbar, mit Notwendigkeit auch die vorausgegangenen Ordnungen beherrscht haben musste, ebenso wie er dies für alle zukünftige Ordnungen tun würde." Der Romanist fügt dann hinzu, dass genau hier der Punkt liegt, wo Mommsen "die Geschichtlichkeit und das Menschliche verläßt und sich als Gelehrten und politischen Bürger, da sich im Besitz eines höheren ungreifbaren Quellenpunktes seines Wissens fühlend, ins Dämonische steigert".[4] Die literarische Parallele zu der Geringschätzung, die Mommsen - im Gegensatz zu der eigenen Vorgangsweise - denjenigen entgegen bringt, "die nicht zu bauen verstehen" sieht Behrends in der Abhandlung Goethes über den Dilettantismus, und zitiert: "Was dem Dilettanten eigentlich abgeht, ist Architectonik im höchsten Sinne, diejenige ausübende Kraft, welche erschafft, bildet, constituirt; er hat davon nur eine Art von Ahnung, giebt sich aber durchaus dem Stoff dahin, anstatt ihn zu beherrschen."[5] Die Gegenüberstellung von architektonischem Verständnis und den Tätigkeiten des Erschaffens, Bildens und "Constituierens" stellt einen Hinweis darauf dar, dass diese Handlungen auf jeweils verschiedenen Ebenen angesiedelt sind. Auch bei der Formulierung des Urteiles, wonach Mommsen beim Konstruieren die Geschichtlichkeit und das Menschliche verlässt und sich in Dämonische steigert, lässt sich Behrends von der Literatur des deutschen Idealismus inspirieren.[6]

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Architektonik als die Wissenschaft vom Bauen in Hinblick auf die Arbeit der modernen Autoren ist in der Erörterung Behrends auf die Arbeit mit den antiken Quellen bezogen. Was das römische Recht betrifft grenzt Behrends den Systembau von der "destruktiven Forschungsweise" Pernices und der Suche nach "alten Harmonien" bei Contardo Ferrini ab.[7]

Während nun Behrends bei der Untersuchung der Bedeutung der Baumetapher in der Moderne aus literarischen Beispielen schöpft, ordnet er diese, was die Antike begrifft, in einen philosophischen Kontext ein. Auch wenn der Romanist einen anderen Zugang gewählt hat, lässt sich nun ohne Zweifel auch für das 19. Jahrhundert ein philosophischer Hintergrund anführen. In diesem Zusammenhang sind in erster Linie Kant und Hegel anzuführen. Auf den Einfluss der Rechtsphilosophie Hegels auf das System Mommsens ist oft hingewiesen worden.[8] Aber auch die Ansätze Kants werden wohl zumindest eine indirekte Auswirkung auf Mommsens Rechtsdenken gehabt haben. So beschreibt Kant in der Kritik der reinen Vernunft die Architektonik als die Kunst der Systeme: "Ich verstehe unter einer Architektonik die Kunst der Systeme. Weil die systematische Einheit dasjenige ist, was gemeine Erkenntnis allererst zur Wissenschaft, d. i. aus einem bloßen Aggregat derselben ein System macht, so ist Architektonik die Lehre des scientifischen in unserer Erkenntnis überhaupt, und sie gehört also notwendig zur Methodenlehre. Unter der Regierung der Vernunft dürfen unsere Erkenntnisse überhaupt keine Rhapsodie, sondern sie müssen ein System ausmachen, in welchem sie allein die wesentlichen Zwecke derselben unterstützen und befördern können. Ich verstehe aber unter einem Systeme die Einheit der mannigfaltigen Erkenntnisse unter einer Idee."[9]

Für den Vergleich zwischen der modernen Interpretation der Baumetapher in Hinblick auf die inhaltliche Ausgestaltung einer Rechtsordnung und ihrer parallelen Anwendung in der Antike, scheint es besonders interessant auf die unterschiedliche Perspektive hinzuweisen, aus der Kant einerseits und Aristoteles andererseits ihre Konstruktion vornehmen. Die Architektonik des von Kant errichteten Gebäudes ist formaler Natur, sein Aufbau wurde in Anlehnung an die Gesetze der Geometrie vorgenommen und ist auf die Herstellung eines Gleichgewichts zwischen den Freiheitsrechten der Einzelnen im Verhältnis zur Gemeinschaft ausgereichtet. Das Unterscheidungskriterium, das die Ethik Kants von jener des Aristoteles unterscheidet besteht darin, dass der Aufbau des Aristoteles wesentlich ein teleologischer ist - das "gelungene Leben" wird als Ziel formuliert. Im Gegensatz dazu ist Kants Ansatz grundlegend von einer - durch die Verknüpfung von Ursache und Wirkung beherrschten -naturwissenschaftlichen Sicht der Dinge geprägt.[10] Auch was diesen letzten Punkt

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betrifft, lässt sich eine Parallele zum mommsenschen theoretischen Ansatz aufzeigen. So spricht er etwa bei der Beschreibung der Geschichtswissenschaft als pragmatischer Geschichtsschreibung von einer Ursache und Wirkung darlegender Erzählung.[11]

II. Die Baumetapher bei Aristoteles

In einem weiteren Schritt stellt Behrends einen Zusammenhang zwischen der Baumetapher der Modernen und des Architekturbildes bei Aristoteles her. Zunächst weist der Professor für römisches Recht auf den Unterschied zwischen dem statischen Charakter eines Hauses und der Dynamik des menschlichen Organismus hin. Eine Entsprechung für letzteres sieht er in der Gleichstellung, die Platon in der Politeia zwischen der Verfassung eines Staates und der menschlichen Seele vornimmt. Die Statik der Architektenkunst sieht Behrends in den zu Beginn der Nikomachischen Ethik dargestellten Ausführungen verwirklicht, wobei er die Auffassung vertritt, dass Aristoteles diese unabhängig von jedem platonischen Einfluss formuliert hat. Behrends ist der Ansicht, dass die Anwendung der Baumetapher auf Staat und Recht nicht in das Gesamtgefüge des aristotelischen Werkes einzuordnen ist, was ihn dazu veranlasst, nach anderen Einflüssen zu forschen, die bei der Formulierung der zur Untersuchung stehenden Aussagen eine Rolle gespielt haben könnten. Im Mittelpunkt der Untersuchung des deutschen Professors steht sodann folgende Aussage des Stagiriten:

Der griechische Text lautet:

Behrends übersetzt: "Esscheint dies Bestreben zu dem mächtigsten und am meisten baumeisterlichen zu gehören. Solcher Art erscheint die das Gemeinwesen schaffende Kunst."

Die von Behrends vorgenommene Fassung des deutschen Textes vermittelt zunächst die - durch die deutschsprachigen Übersetzungen ein wenig verdeckte -Erkenntnis, dass die Verwendung der Baumetapher bereits in der Antike Eingang in das staatstheoretische Denken gefunden hat. Die Übersetzung des deutschen Rechtshistorikers enthält jedoch auch über diese Feststellung hinaus Elemente, die bereits eine Interpretation des Textes darstellen.[12]

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Zum Vergleich lauten die gebräuchlichen Übersetzungen folgendermaßen: Franz Dirlmeier schreibt "Man wird zugeben: es gehört in den Bereich der Kunst, welche dies im eigentlichsten und souveränsten Sinne ist. Als solche erweist sich die Staatskunst."[13] Eugen Rolfes gibt den Text folgendermaßen wieder: "Allem Anschein nach gehört es der maßgebendsten und im höchsten Sinn leitenden Wissenschaft an, und das ist offenbar die Staatskunst."[14] Olof Gigon übersetzt: "Man wird wohl an die wichtigste und leitendste Wissenschaft denken wollen. Dies die politische Wissenschaft zu sein."[15] Die Unterschiede in der Übersetzung betreffen einerseits den Bedeutungsinhalt von

und

anderseits finden sich Abweichungen bei der Übertragung ins Deutsche des Begriffes

Die Verbindung der Ausdrücke in den verschiedenen Übersetzungsvarianten ist dabei durchaus konsequent. Dirlmeier kombiniert "eigentlich" und souverän", was auf den hoheitlichen Charakter der Staatskunst hinweist. Die Verbindung von "maßgebend" und "leitend" zielt auf normierende Aspekte ab. In ähnlicher Weise tut dies auch das Wortpaar "wichtig" und "leitend", wobei Gigon der einzige Autor ist der

mit politischer Wissenschaft wiedergibt und damit den Zusammenhang

zwischen

und

hervorhebt. Die Besonderheit der Übersetzung von

Behrends liegt abgesehen von der Unterstreichung der architektonischen Funktion in der Konzeption der

als eine das Gemeinwesen schaffende Kunst.

Interessant dabei ist, dass gerade die Verbindung dieser beiden Aspekte mit dem Begriff der Macht in Zusammenhang gebracht wird, wenn Behrends den im Genetiv superlativus stehenden Begriff

mit "mächtigstem" übersetzt.

[16]

Die ersten Absätze der Nikomachischen Ethik, in denen sich die Verbindung von

und Architektonik findet, auf die Behrends hingewiesen hat, enthalten eine Reihe weitere für das Verständnis der aristotelischen Ethik grundlegender Kategorien. Diese stellen gleichsam die Voraussetzung und den Hintergrund für die Auslegung des Architektonik-Bildes dar. Zu diesen Begriffen gehören die unmittelbar vor der Übertragung der Baumetapher auf die Staatskunst gebrauchten Ausdrücke

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Auch hier weicht die Übersetzung, die Behrends vornimmt, von anderen Übertragungen ins Deutsche ab. So gibt er den die Baumetapher einführenden Gedankengang des Aristoteles folgendermaßen wieder: "Aristoteles nennt am Anfang der Nikomachischen Ethik, wo er herausstellt, welche Dinge der Bürger erstreben und daher im Verstehen

und Verwirklichen

um ihrer selbst willen zum Ziel aller Tätigkeiten machen sollte, die

... (an dieser

Stelle folgt der bereits erörterte Satz von der mächtigen und baumeisterlichen Kunst).[17]

Behrends ersetzt den Terminus Wissenschaft - durch den die meisten Übersetzer den griechischen Ausdruck wiedergeben - durch "Verstehen". Dieser Begriff hat seine spezifische Bedeutung im 19. Jahrhundert erhalten. So hat Kant eine enge Verbindung zwischen "Verstehen" und "Machen" hergestellt: "Nur durch das was der Verstand selbst macht versteht das Subject als seinen Gegenstand, so daß "wir nichts einsehen als was wir selbst machen können."[18]

Der deutsche Romanist ordnet das Architekturbild sodann in den Zusammenhang des fünften Buches der Nikomachischen Ethik ein. An dieser Stelle unterscheidet Aristoteles - so legt Behrends dar - zwischen Rechtsverhältnissen, auf die sich einfache generelle Regeln anwenden lassen - und auf die sich somit das Bild des übertragen lässt und jenen, deren Beurteilung einen angepassten Maßstab erforderlich machen. Das auf die auf der beruhenden Rechtsverhältnisse angepasste

Maß ist "das bleierne Richtmaß der Baukunst von Lesbos".[19]

Die Verwendung des Ausdruckes "Maß" und "die grundsätzlich humanistisch-kulturanthropologische Perspektive des Bildes" machen für Behrends einen Zusammenhang zwischen den angeführten Überlegungen des Aristoteles und der homo-mensura-Lehre des Protagoras wahrscheinlich. Behrends vertritt an zahlreichen Stellen konsequent die Auffassung, dass für die Rechtstheorie der ausgehenden Republik die Lehre der so genannten skeptischen Akademie ausschlaggebend war. Diese vorwiegend durch Karneades und Philon von Larissa vertretene Lehre ging von einer strengen Trennung zwischen der Rechtsordnung, im Sinne eines Produkts der menschlichen Zivilisation, und der Natur, als individueller Trieb eigennütziger Selbstbehauptung, aus.[20]

Die Entwicklung der Rechtsordnung kann so als schrittweise Überwindung des Urzustandes durch die Produkte der Vernunft dargestellt werden. Letztlich geht es bei der hier angesprochenen Problematik um eine Frage des Menschenbildes.[21]

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Im Sinne einer Schlussfolgerung aus den vorigen Überlegungen schließt Behrends ein Zitat aus der Politeia des Aristoteles an, in dem er den Menschen als Erzeuger des Gemeinwesens sieht. Der griechische Originaltext lautet: "

"[22] Diese Überlegungen wendet der Romanist in weiterer Folge auf die römische Rechtsordnung an. Die Rechtsordnung des römischen Gemeinwesens ist demnach als eine in Privat- und Öffentliches Recht gegliederte "von Menschen geschaffene Wohnstätte" zu verstehen. Behrends schreibt wörtlich: "Die Baumetapher ist hier Ausdruck der ausschließlich menschlichen Herkunft des Rechts, das es zu etwas macht, dessen magistratisch gewährleistete Strukturen und Verhaltensanforderungen dem Menschen als etwas Objektiviertes und als Spiegelung seiner eignen Vernunft gegenübertritt, nicht als etwas, was ihn und seine Rechtsgemeinschaft vermöge eines höheren, nicht menschlichen Prinzips "erbaut".[23] Bei diesem Ansatz werden die Baupläne von der menschlichen Vernunft geschaffen, der Schutz der so erzeugten Rechtsordnung wird durch die Mittel des öffentlichen Rechts gewährleistet. Das klassische römische Recht wird primär "als eine gedankliche institutionelle Ordnung gedacht, die als Ganze und in ihren Institutionen nach Art unkörperlicher oder quasikörperlicher Relationen in der Körperwelt zwischen den Dingen und Menschen fest geortet sind und als solche alle formalen Recht begründen, vom Bürgerrecht im Bürgerverband bis zum Forderungsrecht eines Vertrages oder Delikts. Diese stets in der Dingwelt lokalisierten Relationen sind zwar rein gedanklich, besitzen aber durch ihre notwendige Verortung zwischen den körperlichen Gegenständen der empirisch gegebenen Erfahrung eine gedankliche Wahrnehmbarkeit".[24] Behrends schreibt weiter: "Das Bild einer Architektonik dieser vom menschlichen Denken geschaffenen Verhältnisse wird dabei noch dadurch verstärkt, daß sie in ihrer Statik von dem in und um sie sich vollziehenden stattfindenden Leben klar unterschieden wurden, in besonders anschaulicher Weise durch die Befehle, denen die Menschen nach Maßgabe der Staatszwecke zu gehorchen haben, da diese zwar verbindlich sind, aber nicht unter der Kategorie "ius".[25]

Architektonik in dem Sinne wie Behrends den Begriff konzipiert hat seinen Sitz ausschließlich in der menschlichen Vernunft, erzeugt wird die Ordnung - das System -der als Relationen gedachten Rechte, die damit verbundene Objektivierung ist

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Ausdruck der sozialen Struktur der Gesellschaft. Die Erkenntnis durch Erfahrung ist durch die Verortung dieser Ordnung zwischen den körperlichen Gegenständen möglich. Das so erzeugte System weist einen statischen Charakter auf. Die Durchsetzung im Wege der außerhalb der Ordnung angesiedelten Befehlsgewalt, die durch das Kriterium der Zweckmäßigkeit bestimmt wird. Interessant ist es hier die fortschreitende Konkretisierung zu beobachten, die sich bei diesem Verständnis der Rechtsordnung feststellen lässt und die von der zunächst außerhalb der sinnlichen Wirklichkeit liegenden zu der ganz materiellen Durchsetzbarkeit im Wege der Staatsgewalt führt.

Im Gegensatz zu dem System Mommsens, das durch eine allgemein gültige Rechtsidee getragen wurde, hat die Rechtsordnung, wie sie von Behrends verstanden wird - ihren Sitz im ganz konkreten, historischen Menschen und der Gesellschaft, in die dieser eingebettet ist, was sie jedoch notwendigerweise subjektiv und vergänglich werden lässt.[26]

III. Das Spannungsfeld zwischen Nominalismus und Realismus

Okko Behrends hat die enge Beziehung zwischen Philosophie und Rechtsgeschichte für die Rechtswissenschaft und für die Erkenntnis des Normativen in der Welt an zahlreichen Stellen betont. Philosophisches Denken im Allgemeinen und rechtsphilosophisches im Besonderen ist nun durch einen Gegensatz zwischen der klassisch-realistischen Tradition und der nachmittelalterlichen letztlich durch den Nominalismus beeinflussten Zugangsweise geprägt.[27] Auch Behrends spricht ausdrücklich von einer "Wendung zum Nominalismus". Die Rechtsinstitute sind dabei erkenntnistheoretisch die "in das Historisch-Meinungsmäßige herabgezogenen Ideen Platons".[28] Dies wird auch in zahlreichen wissenschaftlichen Diskussionen, so etwa auch im Zusammenhang mit dem Gedankenaustausch zwischen Behrends und Wolfgang Waldstein deutlich. Waldstein zitiert eine Äußerung, die Behrends ihm

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gegenüber abgegeben hat, wonach "seit Kant kein Mensch mehr glauben [kann], daß eines Menschen die Welt ordnendes Denken nur deswegen, weil es kohärent gedacht ist, etwas Wirkliches schafft. Das, was man kohärent, großartig und dem Menschen wohltätig denken kann, wird darum nicht in einem ontologischen Sinne existent. Die entsprechenden Beweise Kants sind endgültig".[29] Der Salzburger Romanist entgegnet auf diese Feststellung seinerseits mit einem Hinweis auf erkenntnistheoretische Erkenntnisse, die in der Antike formuliert und durch die mittelalterliche Scholastik weiterentwickelt wurden. So schreibt Waldstein wörtlich: "Was aber mit der gesamten Tradition der vera philosophia seit Platon, Aristoteles und den Stoikern bezeugt, ist, daß der Mensch auch im geistigen Bereich fähig ist, ihm vorgegebene Realitäten zu erkennen. Die communis intellegentia befähigt den Menschen objektiv zwischen Recht und Unrecht, Gut und Böse zu unterscheiden."[30] Die grundsätzliche Verschiedenheit zwischen dem realistischen und nominalistischen Denken führt dazu, dass an die Stelle der Bemühung um die Erkenntnis der Wirklichkeit, und zwar auch der sinnlich nicht greifbaren, das denkende Subjekt und seine Willensäußerungen tritt. Waldstein hat auch darauf hingewiesen, dass es zwischen den beiden extremen Ansätzen des wissenschaftlichen Positivismus und der Überzeugung, dass es eine für den menschlichen Verstand erkennbare, objektive Wirklichkeiten gibt, noch eine weitere Position gibt, die in den letzten Jahrzehnten immer mehr zur herrschenden Wissenschaftstheorie wurde, nämlich den kritischen Rationalismus von Karl R. Popper. Popper hat seine Methode nach dem Vorbild der durch die Evolutionstheorien beherrschten Naturwissenschaften entwickelt, die im Ergebnis von der Annahme geprägt sind, dass auch die Beantwortung der den Menschen betreffenden Letztfragen innerhalb des Bereiches des rein naturwissenschaftlich Erforschbaren zu erfolgen hat. Waldstein spricht sich gegen die Anwendbarkeit dieser Theorie auf die Rechtswissenschaften im Allgemeinen und auf das römische Recht und die Rechtsgeschichte im Besonderen aus. Er tut dies unter gleichzeitiger Widerlegung der dem kritischen Rationalismus entsprechenden antiken Theorie, der skeptischen Akademie. Der Einfluss der neuen Akademie auf das Denken Ciceros steht im Mittelpunkt der wissenschaftlichen Kontroverse zwischen Waldstein und Behrends. Während Behrends sich für einen Zusammenhang zwischen dem skeptischen Denken der Akademie und der Rechtstheorie Ciceros ausspricht, und so in weiterer Folge eine Verbindung zu neuzeitlichen Ansätzen, insbesondere den Aussagen Kants herstellen kann, lehnt Waldstein einen solchen Zusammenhang entschieden ab. Der Unterschied in der Quellenbehandlung durch die beiden Wissenschaftler besteht in der verwendetet Methode. Eine grundsätzliche hermeneutische Entscheidung besteht dabei wohl auch darin, dass Waldstein bei der Auslegung der Quellen, bzw. der Herstellungen von Querverbindungen zwischen den einzelnen Autoren den Bereich der Antike nicht verlässt, während Behrends - wie auch der vorliegende Zusammenhang belegt -seine Interpretation im Licht der neuzeitlichen Entwicklung vornimmt und so ganz bewusst einen "nominalistischen" Ausgangspunkt wählt.

Der Zugang zu einem "realistischen" erkenntnistheoretischen Ansatz in der Nikomachischen Ethik, auf den Waldstein bei zahlreichen Gelegenheiten hingewiesen hat, wird sicherlich auch durch eine Bemühung um das Verständnis und die Übertragung der verwendeten Begriffe gefördert, die sich auch in anderen Schriften Aristoteles, so auch in der Metaphysik findet.[31] Dies gilt umso mehr als die einführenden Sätze zur Nikomachischen Ethik reich an Ausdrücken sind, deren Bedeutungsinhalt grundsätzlich durch den Starigiten geprägten ist.

Unmittelbar vor der Beschreibung der

als architektonischer

Wissenschaft, die im Zentrum der vorliegenden Überlegungen steht, spricht Aristoteles von dem Ziel des Handelns, "das wir seiner selbst wegen wollen, und das andere nur um seinetwillen", [...] und er sagt: "ein solches Ziel muss offenbar das Gute und das Beste sein". Wenige Zeilen später formuliert er die Aufgabe: "So gilt es denn, es wenigstens im Umriß darzustellen und zu ermitteln, was es ist und zu welcher Wissenschaft oder zu welchem Vermögen es gehört".[32] Die Staatskunst beschreibt er dann folgendermaßen: "Sie bestimmt, welche Wissenschaften oder Künste und Gewerbe in den Staaten vorhanden sein, und welche und wie weit sie von den einzelnen erlernt werden sollen. Auch sehen wir, daß die geschätztesten Vermögen: die Strategik, die Ökonomik, die Rhetorik, ihr untergeordnet sind. "Da sie also die übrigen praktischen Wissenschaften in den Dienst ihrer Zwecke nimmt, auch autoritativ vorschreibt, was man zu tun und zu lassen hat, so dürfte ihr Ziel die Ziele der anderen als das höhere umfassen, und dieses ihr Ziel wäre demnach das höchste menschliche Gut".[33]

den Begriff des

erfolgt. Die Antwort auf die Frage nach dem wozu, soll, ist sie

an einen Menschen gerichtet, zu einem Verstehen "nachvollziehbarer intentionaler Strukturen des Handels, einer Wollensstruktur" führen und in weiterer Folge zu einem Nicht-mehr-Weiterfragen, weil das Stadium des Vertrauens hergestellt ist.[34]

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Behrends geht bei seinen Ausführungen von einer gänzlichen Trennung von Natur und Verstand aus. Es stellt die Frage nicht, ob nicht gerade die Kategorie des

eine wichtige Rolle bei der Verbindung der beiden Aspekte darstellen kann.

An dieser Stelle gilt es zunächst ausdrücklich hervorzuheben, dass Aristoteles seine Ausführungen in der Nikomachischen Ethik dem Bereich der

der moralischen Handlung und der

des grundsätzlichen Entschlusses

des Menschen zuordnet, die für die Beurteilung einer moralischen Handlung ausschlaggebend ist. Es geht um den Zusammenhang zwischen Handlung und Ziel. Das Ziel ist - wie Aristoteles im darauf folgenden Satz betont - das Gute. Im ersten, das gesamte Werk einleitenden, Gedankengang verwendet Aristoteles die Formulierung: "jede Kunst und jede Lehre, desgleichen jede Handlung und jeder Entschluss scheint ein Gut zu erstreben." An der Formulierung

fällt zunächst auf, dass

der Satz in den Bereich der Doxa gestellt wird. Mit dieser Formulierung wird die Tatsache angesprochen, dass die ethische Handlung des Menschen durch vielfältige Faktoren - vor allem auch den Leidenschaften - beeinflusst ist, und daher das Erreichen des Zieles nicht immer sicher ist. Aber auch bei der Bestimmung des Guten kann es zu Fehlem kommen. Das Gute, wonach gestrebt wird

steht

im Genetiv und entspricht dem Lateinischen finis cuius mit dem ein Ziel "von etwas" ausgedrückt wird. In diesem Sinne sind auch die wenige Zeilen später angeführten Beispiele zu verstehen - das Ziel der Heilkunst ist die Gesundheit, der Schiffsbaukunst das Schiff, der Strategik der Sieg, der Wirtschaftskunst der Reichtum. Es handelt sich um Dinge, Sachen auf die das Streben gerichtet ist. Ein anderer Aspekt desselben Sachverhaltes besteht in der Untersuchung aus der Perspektive der Handlung des Strebens - diesen Aspekt hat Aristoteles

genannt - und Thomas von Aquin hat ihn mit finis cui wiedergegeben. Diese Unterscheidung hat Aristoteles in De anima in Anschluss an die Untersuchung des Prinzips der Selbsterhaltung eingeführt. In Hinblick auf das

der Selbsterhaltung unterscheidet Aristoteles zwei Aspekte, die Ernährung und die Zeugung, denn "die natürlichste Leistung ist bei den lebenden Wesen, die ausgewachsen und nicht verstümmelt sind oder durch Urzeugung entstehen, die, dass sie ein anderes gleichartiges erzeugen... damit sie, soweit sie es vermögen, am Ewigen und Göttlichen teilhaben können,... so hat jedes, wie es ihm möglich ist, daran teil, das eine mehr, das andere weniger, und es dauert nicht als es selbst, sondern wie es selbst, der Zahl nach nicht eines, der Art nach aber

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eines".[35] Durch den Begriff der

beantwortet Aristoteles die Frage nach dem

subjektiven Motiv der Handlungen.[36] Dieses Motiv ist nun bei den meisten Handlungen der Handelnde selbst, in dem Fall der Selbsterhaltung führt die Frage nach dem finis cui zu der Frage nach Ziel des Seins schlechthin und diese Frage beantwortet Aristoteles dadurch, dass er festhält, dass der Sinn des Seins die Teilhabe am Ewigen und Göttlichen ist. In diesem Argument kommt zum Ausdruck, dass der Mensch von Natur aus nicht in sich selbst geschlossenen ist. Neben dem Begriff

verwendet Aristoteles auch

, worunter

das sittlich "Schöne" zu verstehen ist, "das sich nicht selbst noch einmal durch seine Zuträglichkeit oder Nützlichkeit für anderes zu rechtfertigen braucht".[37] Schön ist, was an sich selbst in seiner Existenz gut ist. Das Schöne ist absolut und alle anderen Wesen streben an einer Teilhabe an ihm.[38] Und in diesem Sinne stellt Aristoteles dann fest, das unter

jenes Gute zu verstehen sei, "wonach alles strebt".

Der Text der Nikomachischen Ethik unterscheidet im Anschluss daran zwischen

und

, dabei ist unter

die Tätigkeit und unter

die dem Menschen als Menschen und im Unterschied zu anderen Lebewesen eigentümliche "Verrichtung" zu verstehen.[39] Das spezifische Element von

besteht darin, dass eine solche Verrichtung immer durch die Vernunft geleitet ist. Zwischen den Begriffen

und

besteht ein enger Zusammenhang. Jede

ist Vollzug eines der

gemäßen und sie vollendenden

.[40] Dynamis wiederum ist mit dem lateinischen Begriff Potenz oder dem deutschen Möglichkeit gleichzusetzen. Der Begriff

hängt nun seinerseits wiederum von Wesen einer Sache ab. Das Wesen bestimmt den Radius der Möglichkeiten. Praxis bedeutet Vollzug eines Aktes -

- Handlung.[41] Aristoteles gebraucht den Begriff der Dynamis in engem Zusammenhang mit jenem der leitenden (= architektonischen Wissenschaft). So sagt er im Anschluss an die Aufzählung der einzelnen "Künste": "Wo solche Verrichtungen unter einem Vermögen stehen, [...] da sind jedes Mal die Ziele der architektonischen, d.h. der leitenden Verrichtungen

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vorzüglicher als die Ziele der untergeordneten, da letztere um der ersteren willen verfolgt werden.[42] In dieser Formulierung kommt zum Ausdruck, dass auch die architektonischen Verrichtungen von der

abhängig sind.

Wesentlich für die Bestimmung des Guten ist auch der Blickwinkel unter dem die Fragestellung stattfindet. Eine Gegenüberstellung des Systems Mommsens und des skeptischen Ansatzes von Behrends lässt zunächst einen Unterschied in Hinblick auf den erhobenen Geltungsanspruch hervortreten. Während Behrends auf die Vergänglichkeit und Relativität von menschlichen "Bauwerken" hinweist, ist dem Ansatz Mommsens ein Anspruch auf absolute Geltung inhärent. Gemeinsam ist beiden Ansätzen der Objektivitätsanspruch, den sie beinhalten. Bei Mommsen wird dieser durch den "ewig waltenden Geist" begründet. Bei Behrends sind es die magistratisch gewährleisteten Strukturen des Rechts, das seine Entstehung der Kommunikation zwischen den Rechtssubjekten verdankt, die zur Objektivierung führen. Beiden Zugangsweisen ist es eigen, dass sie den handelnden Menschen von außen betrachten. Mommsen nimmt von der Betrachtung des Menschen gänzlich Abstand, indem er die Rechtsinstitution in den Mittelpunkt stellt, Behrends sieht ein intersubjektives auf Konsens abzielendes kommunikatives Handeln für konstitutiv für die Begründung formaler Recht an.[43] Die Ausführungen des Aristoteles betreffen hingegen das Handlungssubjekt, was dazu führt, dass er seine Überlegungen aus der Perspektive der "Ersten Person" anstellt.[44]

Behrends weist darauf hin, dass das klassische Römische Recht spezifisch als ius humanum auftritt, das seinerseits wiederum in ius publicum und ius privatum gegliedert ist.[45] Die Unterscheidung zwischen öffentlichem und privatem Recht wird auch zu Beginn der Digesten vorgenommen. Wenige Zeilen vor dieser Einteilung beschreibt der Jurist Ulpian das Wesen des Rechts und Hauptmerkmale der Arbeit der römischen Juristen und formuliert folgendermaßen:

Ulp. D. 1-1-1- pr. - 1 (inst): Iuris operam daturum prius nosse oportet, unde nomen iuris descendat. est autem a iustitia appelatum: nam, ut eleganter Celsus definit, ius est ars boni et aequi. 1. Cuius merito quis nos sacerdotes appellet: iustitiam namque colimus et boni et aequi notitiam profitemur, aequum ab iniquo separantes, licitum ab

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illicito discernentes, bonos non sulum metu poenarum, verum etiam praemiorum quoque exhortatione efficere cupientes, veram nisi fallor philosophiam, non simulatam affectantes.

Die Überlegungen zu den Einführungsgedanken der Nikomachischen Ethik können auch zur Interpretation der ersten Sätze der Digesten beitragen. Der Jurist Ulpian stellt dort bekanntlich fest, dass wer das Recht studieren will zunächst wissen muss, woher das Wort Recht, ius, stammt.[46] Der Jurist bezieht sich mit nomen iuris auf das "Wort" Recht. Behrends hat die Ansicht vertreten, dass durch diese Wendung, die in den Digesten an verschiedenen Stellen gebraucht wird, eine "Wendung zum Nominalismus" durchgeführt wurde, wobei Nominalismus hier "historisch" und nicht "voluntaristisch" zu verstehen sei.[47] Bereits bei der Auslegung des nomen iuris kommt die grundsätzliche hermeneutische Frage in Zusammenhang mit der Interpretation dieser Stelle deutlich zum Ausdruck. Es geht darum, ob den Gebilden, die durch die - das ius betreffende - Kunst geschaffen wurden, eine tatsächliche Gegebenheit zu Grunde liegt. Liest man nun die Einführungstexte zur Nikomachischen Ethik und zu den Digesten nebeneinander, so ergibt sich, dass die berühmte Definition des ius als ars boni et aequi des Juristen Celsus bereits einen Hinweis auf eine nach einem Telos strebende Vernunft beinhaltet. Zunächst wird ius von iustitia abgeleitet. Die Feststellung, dass diese Ableitung etymologisch nicht haltbar ist, kann wohl als Allgemeingut der neuzeitlichen juristischen Literatur bezeichnet werden. Die Tatsache, dass die Tugend der Gerechtigkeit das Ergebnis von einzelnen gerechten Handlungen ist - nämlich mit dem Inhalt "jedem sein Recht zu gewähren"[48] , legt aber auf der anderen Seite den Schluss nahe, dass der Jurist auf die Perspektive, jene des handelnden Subjekts, hinweisen will. Die Kunst entsteht so aus der beständigen Wiederholung von Akten.[49] In Anschluss an den Hinweis, dass die Juristen Priester der Gerechtigkeit genannt werden können, wiederholt sich der Gedankengang des ersten Satzes, Gerechtigkeit wird vor das Recht gestellt. Die Lehre des Rechts erfolgt nun dadurch, dass Recht und Unrecht, Erlaubtes von Unerlaubtem geschieden wird [...]. Aus dem Streben nach dem Guten ergibt sich logisch die Trennung zwischen

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Gut und Schlecht. [...] Die Menschen sollen dann nicht nur durch Furcht vor Strafe, sondern durch Verheißung von Belohnung zum Guten geführt werden. Es folgt der Schlusssatz, wo Ulpian festhält, dass wir (die Juristen), wenn ich mich nicht täusche, nach wahrer Philosophie streben. Der Satz veram [...] philosophiam [...] affectantes kann als Zeugnis für das Streben nach dem Schönen

gesehen werden.

Eine Gegenüberstellung der einzelnen Elemente der beiden Texte in einer Tabelle mag den parallelen Gedankengang noch einmal deutlich werden lassen.

Im Sinne der Gedankengänge von Aristoteles und Ulpian kann nun ius inhaltlich als Ergebnis des Strebens nach dem Guten beschrieben werden. Die spezifische Tätigkeit des Juristen besteht - wie Ulpian schreibt - in der Scheidung von Recht und Unrecht und in der Verteilung von Lob und Strafe. Die Schlussfolgerung, die nun aus den Überlegungen zu den ersten Gedanken der Nikomachischen Ethik gezogen werden kann, dient auch als Antwort auf die nahe liegende Frage, wie das Gute ermittelt werden kann. Die Antwort auf diese Fragestellung, die hier nicht aus der Metaphysik, sondern aus der praktischen Erfahrung abgeleitet wird, lautet, dass das Gute durch vernunftgeleitetes Streben ermittelt wird.

Diese Überlegungen haben - angeregt durch die tiefgreifende Studie von Okko Behrends - zunächst von einer reinen Analyse der "Bautätigkeit" Mommsens weggeführt. Sie sind jedoch auch als Schritt zu einem besseren Verständnis des gigantischen Bauwerks gedacht, das der große Romanist dem Römischen Staatsrecht errichtet hat. Gemeinsam ist beiden Ausgangspunkten das Vertrauen auf die menschliche Vernunft als Baumeisterin, eine deutlichere Identifikation der Pläne - jener Mommsens und jener der antiken Quellen, aber auch jener der modernen Bearbeiter - sollen dazu beitragen, die Pläne besser nutzbar machen zu können.■

JEGYZETEK

[1] Die für die Entdeckung des gleichlaufenden Gedankenganges von Behrends zitierte Strophe lautet: Größeres mag sich anderswo begeben,

Als bei uns in unserm kleinen Leben,

Neues - hat die Sonne nie gesehen.

Sehn wir doch das Große aller Zeiten Auf den Brettern, die die Welt bedeuten,

Sinnvoll, still an uns vorübergehen Alles wiederholt sich nur im Leben,

Ewig jung ist nur die Phantasie,

Was sich nie und nirgends hat begeben,

Das allein veraltet nie!

Mommsen warnt seinerseits vor "der Plattheit derjenigen historischen Forschung, welche das was sich nie

und nirgend begeben hat, bei Seite lassen zu dürfen meint" und stellt fest, dass davor den Juristen "seine

genetisches Verständnis fordernde Wissenschaft" schützt, XVII (Vorwort zur ersten Auflage). Theodor

Mommsen: Abriss des roemischen Staatsrechts (2. Auflage). Leipzig, 1907 (ND Darmstadt 1974).

[2] Das zitierte Gedicht trägt den Titel "The Palace".

[3] Okko Behrends: Mommsens Glaube: zur Genealogie von Recht und Staat in der Histrischen Rechtsschule. Nachrichten der Akademie der Wissenschaften in Göttingen, I. Philologisch-Historische Klasse, 2005 (Nr.4). S. 375 [53].

[4] Behrends (2005) op. cit. S. 375 [53].

[5] Wolfgang Goethe: Zur Abhandlung über den Dilettantismus (Weimarer Ausgabe, Abth. 1, 47, 326) zitiert nach Behrends. S. 378 [56].

[6] Heine schreibt: "Jakob Grimm hat vielleicht dem Teufel seine Seele verschrieben, damit er ihm die Materialien lieferte und ihm als Handlanger diente bei diesem ungeheuren Sprachwerk". Die hier angeführten Gedanken wurden unter der Überschrift "Elementargeister und Dämonen" formuliert.

Während das deutsche Wort Teufel eine Übersetzung des griechischen

Verleumder ist, ist das Bedeutungsfeld etwa von

viel weiter. Auch Sokrates spielt auf eine "göttliche Erfahrung" an, die ihm zuteil geworden war und die rein menschliches Erleben übersteigt (vgl. Platon, Die Apologie des Sokrates, 31 c-d).

[7] Behrends (2005) op. cit. S. 377 [55].

[8] Vgl. etwa Stefan Rebenich: Theodor Mommsen. Eine Biographie. München: Beck, 2007. S. 35-36.

[9] Immanuel Kant: Kritik der Reinen Vernunft.(Bd 2. hg. Von Wilhelm Weischedel) Frankfurt am Main: im insel-Verlag, 1995, S. 695.

[10] Ana Marta Gonzales: Ley Natural. S. 30-31. Zum Begriff der Teleologie bei Kant vgl. auch Robert Spaemann/Heinrich Löw, Natürliche Ziel, S. 105-121.

[11] Theodor Mommsen: Rektoratsrede 1874. In Theodor Mommsen: Reden und Aufsätze. Berlin: Weidmannsche Buchhandlung, 1912. S. 10.

[12] Die Frage, inwiefern es berechtigt ist, Interpretationsmöglichkeiten bereits in der Übersetzung vorwegzunehmen, hat etwa auch Mayer-Maly in Hinblick auf die Übersetzung der Digesten gestellt, wobei er sich vorsichtig dafür ausspricht, Interpretationen von der Übersetzung nach Möglichkeit fernzuhalten (vgl. Theo Mayer-Maly: Corpus Iuris Civilis, Text und Übersetzungen, Bd. II, Digesten 1-10 (Besprechung). Zeitschrift der Savigny-Stiftung für Rechtsgeschichte, Romanistische Abteilung 113 (1996), S. 454). Argumente für eine methodische Zulässigkeit der Antizipation der Auslegung im Wege der Übersetzung finden sich bei Kant. Darauf weist die Arbeit von Ulrike Santozki unter dem Kapitel Kants Umgang mit der Philosophiegeschichte hin. Dort liest man wörtlich: "Kants Methode besteht also darin, auf dem Weg der bewussten philologischen Ungenauigkeit ("keine literarische Ungenauigkeit") Gedanken fremder Autoren daraufhin zu untersuchen, was der Philosoph des kritischen Standpunktes denkt. Unter der Hand des kritischen Interpreten verwandeln sich die fremden Gedanken zu einem "Begriff', einer "Idee" bzw. einer "Hauptidee". Auch das, was sich auf den ersten Blick dieser Methode widersetzt, wird einer "milderen und der Natur der Dinge angemessenen Auslegung" [hier zitiert die Autorin aus der Kritik der reinen Vernunft (Anmerkung zu A 314/B 371) zugeführt. Ulrike Santozki: Die Bedeutung antiker Theorien für die Genese und Systematik von Kants Philosophie. Berlin: de Gruyter, 2006. S. 28.

[13] Aristoteles: Nikomachische Ethik, Übersetzung und Nachwort von Franz Dirlmeier, Anmerkungen von Ernst A. Schmidt. Printed in Germany: Reclam, Ditzingen, 1999. Aristoteles: Nikomachische Ethik, neu übersetzt mit einer Einleitung und erklärenden Anmerkungen versehen von Olof Gigon. Artemis Verlag Zürich und Stuttgart, 1967.

[14] Aristoteles: Nikomachische Ethik, Auf der Grundlage d. Übers. von Eugen Rolfes hrsg. Von Günther Bien. Hamburg: Meiner, 1985.

[15] Aristoteles: Nikomachische Ethik, neu übersetzt mit einer Einleitung und erklärenden Anmerkungen versehen von Olof Gigon, Artemis Verlag: Zürich und Stuttgart. 1967.

[16] Eine solcher Zusammenhang kommt auch bei keiner Übersetzung in andere Sprachen zum Ausdruck. Die englische Übersetzung lautet: "It would seem to belong to the most authoritative art and that which is most truly the master art. And politics appears to be of this nature." In der französischen Übersetzung liest man: "On sera d'avis qu'il dépend de la science supreme et architectonique par excellence. Or, une telle science est manifestement la politique... " In italienische Sprache wurde die Stelle folgendermaßen übertragen: "Si ammettera che appartiene alla scienza piu importante, cioe a quella che e architettonica in massimo grado. Tale e, manifestamente, la politica".

[17] Behrends (2005) op. cit. S. 379 [57]. Der Satz lautet in der Übersetzung von Rolfes: So gilt es denn, es wenigstens im Umriß darzustellen und zu ermitteln, was es ist und zu welcher Wissenschaft oder zu welchem Vermögen es gehört.

[18] Joachim Ritter-Karlfried Gründer-Gabriel Gottfried: Historisches Wörterbuch der Philosophie. Band 11. Basel: Schwabe, 1971-2007. S. 920.

[19] Behrends (2005) op. cit. S. 380 [58].

[20] Dies vertritt Behrends etwa auch in seiner Antrittsvorlesung in Göttingen. Okko Behrends: Institutionelles und prinzipielles Denken im römischen Privatrecht. Zeitschrift der Savigny-Stiftung für Rechtsgeschichte, Romanistische Abteilung SZ 95 (1978), S. 223.

[21] Behrends analysiert diese Fragestellung anhand des Verhältnisses zwischen Tausch und Kauf und dem diesbezüglichen Schulstreit zwischen Sabinianern und Prokulianern. Den Sabinianern wurde es zugeschrieben, den durch blossen Konsens (natürliche?) Pflichten begründenden Tausch im Kauf weiterleben lassen zu wollen, während die skeptische Theorie den Kaufvertrag, wie auch die diesen begründenden Einführung des Geldes als zivilisatorische Erfindung zu interpretieren (Behrends SZ 95 (1978), S. 225-226). Ausdruck dieses Gegensatzes war auch - so Behrends - die Ersetzung der "naturrechlichen bona-fides-Theorie" durch "ein System präzis umschriebener und durchgeplanter Rechtsinstitute (SZ 95 (1978), S. 224). Im Ergebnis musste dabei die Verbindlichkeit der Tauschabrede geopfert werden. An dieser Stelle schreibt Behrends dann: "Es ging aber eben damals auch gar nicht in erster Linie um die Verbindlichkeit des Tausches, sondern viel grundsätzlicher um die radikale Beseitigung einer in einem Menschheitsmythos auftretenden Naturrechtsidee, welche die bona fides zu einem großartigen, aber nach Ansicht der Gegner nicht mehr voll beherrschbaren Interpretationsinstrument erhoben hatte (SZ 95 (1978), S. 226). Der Ausdruck "Menschheitsmythos" bringt dabei deutlich zum Ausdruck, dass die Naturrechtsidee hier außerhalb des Bereiches der Vernunft angesetzt wird.

[22] Zitiert nach Behrends (2005) op. cit. S. 380 [58].

[23] Behrends (2005) op. cit. S. 381 [59].

[24] Behrends (2005) op. cit. S 381 [59].

[25] Behrends (2005) op. cit. S. 382 [60].

[26] Behrends gliedert die römische Rechtsordnung nach ihrer inneren Entwicklung in vier Phasen, von der Siedlungsphase bis zur Zwölftafelrepublik, die zweite Phase bezeichnet er als jene des expandierenden römischen Imperium, das er vom dritten vorchristlichen Jahrhundert bis zum Tod des Mucius im Jahre 82 ansetzt. Es folgt die humanistisch-klassische Rechtswissenschaft, "deren reine Form weithin mit der Lebenszeit Ciceros zusammenfällt, sodann die Kaiserzeit, wobei er hier die Epoche des Prinzipats von der ab Constantin christlich beeinflussten Zeitspanne unterscheidet. Die Zeit des Prinzipats war dabei dem Versuch gewidmet, die beiden an erster Stelle genannten rechtswissenschaftlichen Traditionen zu einem Ausgleich zu bringen. Was die Kodifikation des Justinian betrifft, so stellt er einen Vergleich zwischen der christlichen Inspiration, auf die sich Justinian beruft und dem "schaffenden Gedanken bei Mommsen" an. In dieser Einteilung finden sich zunächst die Elemente, die - laut Behrends -zur Ausgestaltung einer Rechtsordnung beitragen angeführt, der humanistische Gedanke und der gesellschaftliche Ausgleich. Die Parallele zwischen dem christlichen und dem Mommsens System tragenden Gedanken bedeutet, dass Behrends das Christentum in der Welt des Geistes anordnet. vgl. dazu auch die Schlussbetrachtung zu der vorliegenden Studie, S. 384 [62] - S. 389 [67].

[27] Zur Rolle des Nominalismus in der Vorgeschichte des modernen Vernunftrechts vgl. Franz Wieacker: Privatrechtsgeschichte der Neuzeit. Göttingen: Vandenhoeck und Ruprecht, 2. neubearb. Aufl. Von 1967, unveränd. Nachdr., 1996, S. 253-258.

[28] Behrends op. cit. SZ 95 (1978), S. 226.

[29] Wolfgang Waldstein: Cicero, Servius und die neue Jurisprudenz. IURA 44 (1993/1996), S. 97.

[30] Waldstein Iura, 44 op. cit. S. 97.

[31] Einen solchen Zusammenhang scheint Behrends abzulehnen, wenn er schreibt, dass zwischen der

Verwendung der Baumetapher und dem "was Aristoteles zur Wissenschaftstheorie beigetragen hat" keine Verbindung gibt. Dies führt dann in weiterer Folge dazu, dass Berhends den Ursprung der Baumetapher außerhalb des spezifisch aristotelischen Denkschemas zu orten versucht (Behrends (2005) op. cit. S. 379 [58]). Tatsächlich wird man zugeben müssen, dass die Ausführungen in der Ethik nicht das Sein als solches betrachten

sondern - wie dies gerade auch im Einführungssatz der Nikomachischen Ethik zum Ausdruck kommt - das Handeln bzw. das Streben der Menschen. Eine der häufigsten Kritikpunkte, die gegenüber "neoaristotelischen Projekten" geäußert werden, lautet, dass diese aus starken metaphysischen Prämissen abgeleitet werden. Demgegenüber ist die Bedeutung der Selbsterfahrung von den Akten der praktischen Vernunft in den Vordergrund gestellt worden, die auf die Erlangung des Guten ausgerichtet sind. Eine solche Zugangsweise konzepiert Ethik "als substantielle Theorie des Guten mit allgemeinverbindlichem Anspruch". Dazu Martin Rhonheimer: Die Perspektive der Moral, Philosophische Grundlagen der Tugendethik. Berlin: Akademie Verlag, 2001. S. 235-236.

[32] Übersetzung nach Rolfes.

[33] Aristoteles 1094 a-b (Übersetzung Rolfes).

[34] Robert Spaemann-Reinhard Löw: Natürliche Ziele: Geschichte und Wiederentdekcung des teleologischen Denkens. Stuttgart: Klett-Cotta, 2005. S. 15-17. Ein Beispiel für ein teleologisches Frageschema könnte etwa folgendermaßen formuliert werden. Anlässlich des durch die lex Oppia verhängten

Verbotes für Frauen, eine bestimmten Menge an Gold und Schmuck zu besitzen, kann die Frage gestellt werden, wozu ein solches Verbot denn dienen soll. Auf eine solche Frage kann die Antwort gegeben werden, weil das Gemeinwesen, diese Wertgegenstände benötigt. Worauf weiter gefragt werden kann, wozu das Gemeinwesen diese Gegenstände benötigt, die Antwort lautet, weil dies zum Erwerb von Kriegsmaterial notwendig ist. Auch hier kann eventuell weiter gefragt werden, wozu man Kriegsmaterial benötige, worauf der Satz, weil man den Krieg, der eben im Gange ist, gewinnen will, eine befriedigende Anwort darstellt und zu einem Ende der Fragereihe führen wird. Nach einem erfolgreichen Abschluss des Krieges wird sich die Frage nach dem Wozu erneut stellen und einer anderen Antwortsequenz bedürfen. Die lex Oppia gilt als eines der ersten römischen Luxusgesetze und wurde im Jahre 215 v. Chr. während des 2. Punischen Krieges erlassen, nach Ende des Krieges wurde das Gesetz im Jahre 195 nach einer heftigen Diskussion in der Volksversammlung zwischen dem Volkstribun L. Valerius und Cato aufgehoben.

[35] Aristoteles: De anima. 2. zitiert nach Spaemann op. cit. S. 63.

[36] Spaemann-Löw op. cit. S. 62. Aus einer anderen Perspektive stellt Rhonheimer fest, dass das finis cui, der Akt oder die Tätigkeit ist, die sich auf die "Sache" erstreckt, was soviel heisst, wie der Schweizer Philosoph weiter feststellt, wie das Streben und das Erlangen (Rhonheimer (2001) op. cit. S. 66).

[37] Rhonheimer op. cit. S. 61.

[38] Der Gedanken der Partizipation findet sich auf bei Cicero, so etwa wenn er schreibt: "Homo autem, quod rationis est particeps, per quam consequentia cernit..." (De off. 1,11). Vgl. auch Waldstein Wolfgang: Zur juristischen Relevanz der Gerechtigkeit bei Aristoteles, Cicero und Ulpian. In: M. Beck-Mannagetta-H. Böhm-G. Graf (Hrsg.): Der Gerechtigkeitsanspruch des Rechts. Festschrift für Theo Mayer-Maly zum 65. Geburtstag. Wien/New York: Springer, 1996. S. 55.

[39] Rhonheimer (2001) op. cit. S. 87, Giovanni Reale übersetzt den Ausdruck ins Italienische mit operazione - womit er den dynamischen Charakter des Ausdruckes hervorstreichen will. Giovanni Reale: Commentario alla Metafisica. Note a C 8 (1050 a 21-23). Aristoteles: Metafisica, III. Sommari e commentario. Milano: Vita e Pensiero, 1993.

[40] Martin Rhonheimer: Praktische Vernunft und Vernünftigkeit der Praxis. Handlungstheorie bei Thomas von Aquin in ihrer Entstehung aus dem Problemkontext der aristotelischen Ethik. Berlin: Akademie -Verlag, 1994. S. 39.

[41] Rhonheimer (1994) op. cit. S. 41.

[42] Aristototles: Nikomachische Ethik, 1094 a, 10-15. Übersetzung nach Rolfes.

[43] In diesem Sinn versteht er das klassische römische Recht primär als eine gedankliche institutionelle Ordnung, "die als Ganze und in ihren Instituten nach Art unkörperlicher oder quasikörperlicher Relationen in der Körperwelt zwischen den Dingen und Menschen fest geortet sind und als solche alle formalen Rechte begründen, vom Bürgerecht im Bürgenverband bis zum Forderungsrecht eines Vertrages oder Delikts. Diese stets in der Dingwelt lokalisierten Relationen sind zwar rein gedanklich, besitzen aber durch ihre notwendige Verortung zwischen körperlichen Gegenständen der empirisch gegebenen Erfahrung eine gedankliche Wahrnehmbarkeit (Behrends (2005) op. cit. S. 381 [59]). Das intersubjektive Element - die Ansiedelung des rechtsbegründenden Vorganges außerhalb der Handelnden Personen - betrifft hier einmal die Beziehung zwischen Personen untereinander, anderseits die Beziehung zwische Personen und Dingen.

[44] Vgl. Rhonheimer (2001) op. cit. S. 50-56.

[45] Er zititert dabei Cicero, Partitiones oratoriae 37, 129, "wo das ius publicum und ius privatum unterscheidende ius humanum als aequitas in aller Schärfe vom ius divinum als der religio getrennt ist. Behrends (2005) op. cit. S. 381 [59].

[46] Die Übersetzung hält sich an den Text der "Neuen Digestübersetzung" hrsg. von O. Behrends-R. Knütel-B. Kupisch-H. Seiler: Corpus Iuris Civilis, Text und Übersetzung II, Digesten 1-10. Heidelberg: C. F. Müller, 1995.

[47] Behrends SZ 95 (1978) S. 226-227. Behrends führt unter anderem aus, dass der Übergang "von einem körperlich denkenden Begriffsrealismus" zu einem "institutionell-künstlich-regelhaften Nominalismus" seine größte praktische Bedeutung im Bereich des Forderungsrechts hatte, das "von der klassischen Jurisprudenz als res incorporalis und bloßes nomen iuris aufgefaßt wird". (Behrends SZ 95 (1978) S. 226 Anm. 91).

[48] So heisst es in der ebenfalls von Ulpian stammenden Gerechtigkeitsdefinition der Digesten: "Iustitia est constans et perpetua voluntas ius suum cuique tribuendi"D. 1.1.10 pr.).

[49] Hat sich jemand eine Fertigkeit in einem Grade angeeignet, dass dies als Kunst bezeichnet werden kann, so ist ist die Ausübung der Kunst mit einem geringeren Aufwand an Willensanstrengung verbunden, was aber wohl nicht bedeutet, dass der Wille als unwandelbar zu bezeichnen ist. Daher scheint die Übersetzung der "Neuen Digestenübersetzung": "Gerechtigkeit ist der unwandelbare und dauerhafte Wille, jedem sein Recht zu gewähren" zu definitiv.

Lábjegyzetek:

[1] A szerző Universitätsdozentin (PPKE JÁK)

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