https://doi.org/10.55194/GI.2024.3-4.9
Nach bisher herrschender Ansicht unterliegen in einem Mitgliedstaat ergangene Entscheidungen, mit denen ausländische Entscheidungen für vollstreckbar erklärt werden, nicht der Anerkennung und Vollstreckung nach der Brüssel Ia-VO 2012 ("exequatur sur exequatur ne vaut"). Damit wird unter anderem verhindert, dass drittstaatliche Entscheidungen unter Umgehung nationaler Anerkennungs- und Vollstreckungsvoraussetzungen unionsweit zirkulieren können. In zwei Urteilen hat der EuGH diese Ansicht jüngst stark relativiert und ein englisches 'confirmation judgment' sowie eine englische Merger-Entscheidung als Entscheidungen qualifiziert, die grundsätzlich nach Art 39 Brüssel Ia-VO in anderen Mitgliedstaaten zu vollstrecken sind. Gleichzeitig hat er als Korrektiv eine recht weitreichende Möglichkeit der Anerkennungs- und Vollstreckungsverweigerung wegen einer Ordre-public-Widrigkeit in den Raum gestellt. Bedauerlicherweise führt die Ansicht des EuGH zu Rechtszersplitterung und Rechtsunsicherheit.
Schlüsselwörter: Anerkennung ausländischer Entscheidungen, Vollstreckung ausländischer Entscheidungen, Brüssel Ia-VO, neueste Rechtsprechung, öffentliche Ordnung (ordre public), Exequaturentscheidungen, Rechtssicherheit, Rechtseinheit
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According to the prevailing view to date, judgements issued in a Member State that declare foreign judgements enforceable are not subject to recognition and enforcement under the Brussels la Regulation 2012 ("exequatur sur exequatur ne vaut"). Among other things, this prevents third-country judgements from circulating throughout the EU by circumventing national recognition and enforcement requirements. In two recent judgements, the ECJ has strongly relativised this view and qualified an English 'confirmation judgment' and an English merger decision as judgements that can, in principle, be enforced in other member states in accordance with Art 39 Brussels la Regulation. At the same time, as a corrective measure, it provided for a rather far-reaching possibility of refusing to recognise and enforce a judgment due to a violation of public policy. Unfortunately, the ECJ's opinion leads to legal fragmentation and legal uncertainty.
Keywords: recognition of foreign judgments, enforcement of foreign judgments, Brussels la Regulation, recent case law, public policy (ordre public), exequatur decisions, legal certainty, legal unity
Der Oberste Gerichtshof hatte sich in der Entscheidung vom 23. 9. 2020, 3 Ob 126/20f[1] unter anderem mit der Frage auseinanderzusetzen, ob ein 'confirmation judgment' eines Gerichts aus dem Vereinigten Königreich eine Entscheidung iSd Art 2 lit a Brüssel la-VO 2012 darstellt und nach den Bestimmungen der Brüssel la-VO 2012 anerkannt und vollstreckt werden kann. Aufgrund der bestehenden Zweifel (s dazu unter Punkt 2.2.) stellte er ein Vorabentscheidungsersuchen an den EuGH.
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Der Entscheidung lag folgender Sachverhalt zugrunde: Der britische High Court of Justice erließ einen Beschluss, mit dem ein Schuldner, eine in Österreich wohnhafte natürliche Person, zur Zahlung von umgerechnet rund 9.2 Mio Euro zuzüglich Zinsen und Kosten an eine Bank verpflichtet wurde. Die Entscheidung beruhte auf der Grundlage zweier Urteile jordanischer Gerichte. Der Beschluss erging in einem 'summarischen kontradiktorischen' Verfahren, ohne dass die den Urteilen zugrundeliegenden Ansprüche umfassend in der Sache überprüft wurden. Der britische High Court of Justice stellte die Bescheinigung gem. Art 53 Brüssel la-VO 2012 aus. Unter Vorlage unter anderem dieser Bescheinigung beantragte die Bank, zu deren Gunsten das englische 'confirmation judgment' ergangen war, die Vollstreckung der Entscheidung in Österreich. Der Schuldner erhob einen Antrag auf Versagung der Anerkennung und Vollstreckung gemäß 46 Brüssel la-VO 2012, weil die jordanischen Urteile in betrügerischer Absicht und unter Berufung auf eine rechtsungültige Vollmacht erwirkt worden wären. Titelgläubiger sei nicht die Bank, zu deren Gunsten das englische 'confirmation judgment' ergangen war. Zudem seien Entscheidungen, die auf Basis eines drittstaatlichen Judikats ergehen, vom Anwendungsbereich der Brüssel la-VO 2012 ausgenommen.
Fraglich war, ob die Entscheidung als Entscheidung iSd Art 2 lit a Brüssel la-VO 2012 qualifiziert und nach den Bestimmungen der Verordnung anerkannt und vollstreckt werden kann.
Art 2 lit a Brüssel la-VO 2012 enthält eine Definition des Begriffs 'Entscheidung'. Die Legaldefinition ist insbesondere für die Bestimmung des Anwendungsbereichs des Kapitels lll von Bedeutung. Nach Art 2 lit a Brüssel la-VO 2012 stellt eine Entscheidung jede von einem Gericht eines Mitgliedstaates erlassene Entscheidung ohne Rücksicht auf ihre Bezeichnung wie Urteil, Beschluss, Zahlungsbefehl oder Vollstreckungsbescheid, einschließlich des Kostenfestsetzungsbeschlusses eines Gerichtsbediensteten dar.
Der Begriff der Entscheidung ist weit auszulegen.[2] Ausgenommen sind -
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zumindest nach bisheriger Auffassung[3] - Beschlüsse und Urteile, mit denen eine Entscheidung aus einem anderen Staat anerkannt oder für vollstreckbar erklärt wird. Es gilt der Grundsatz 'exequatur sur exequatur ne vaut'.[4] Dadurch soll gewährleistet werden, dass die gegenüber dem Zweitstaat bestehenden Anerkennungs- und Vollstreckbarerklärungsvoraussetzungen nicht umgangen werden und eine Entscheidung - quasi durch die Hintertür - innerhalb der gesamten EU zirkulieren kann.[5] Dazu kommt, dass die Vollstreckbarerklärung streng territoriale Wirkung entfaltet, sie ist also entweder schon ihrem Wortlaut zufolge[6] oder aber nach ihrem Willen territorial beschränkt und keiner Vollstreckbarerklärung eines anderen Staates zugänglich.[7]
Zur Begründung dieser Auffassung wurde auch die Entscheidung des EuGH in der Rs C-129/92, Owens Bank Ltd[8] angeführt.[9] Der EuGH führte aus,
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dass das geltende EuGVÜ "nicht auf Verfahren anwendbar" sei "die die Anerkennung und Vollstreckung von Urteilen [...] aus Drittstaaten betreffen".
Bei der Entscheidung des High Court handelte es sich allerdings nicht um eine Vollstreckbarerklärung: Nach traditionellem Common Law besteht - im Unterschied zum Civil Law - keine Möglichkeit, einer ausländischen Entscheidung Vollstreckbarkeit zu verleihen.[10] Der aus einer ausländischen Entscheidung Begünstigte muss auf Grundlage der ausländischen Entscheidung im Vereinigten Königreich eine Klage einbringen (action upon foreign judgment, Part 24 der Civil Procedure Rules 1998). lm - kontradiktorischen -Verfahren wird der Anspruch nicht inhaltlich überprüft, sondern das Gericht nimmt eine summarische Prüfung vor. Der Prüfungsumfang des Gerichts ist dabei auf einige wesentliche, weitgehend mit jenen des Exequaturverfahrens idente, Punkte beschränkt. Zu prüfen ist etwa die Zuständigkeit (jurisdiction) des Ursprungsgerichts, sowie etwaige Verstöße gegen die public policy bzw. breaches of natural justice. Darüber hinaus kann der Beklagte nachträglich entstandene Einwendungen, wie etwa die Erfüllung des Anspruches oder die Verjährung, geltend machen. Bei Vorliegen aller Voraussetzungen erlässt das Gericht ein mit dem Ursprungsjudikat überwiegend identes Leistungsurteil, das im lnland vollstreckt werden kann. Das 'confirmation judgment' stellt damit ein funktionsäquivalentes lnstrument zur Vollstreckbarerklärung dar,[11] das hinsichtlich seiner Zielsetzung und seiner inhaltlichen Ausgestaltung der Vollstreckbarerklärung entspricht.
Aufgrund der Ähnlichkeit der Entscheidungsform mit einer Vollstreckbarerklärung hatte der OGH erhebliche Zweifel, ob eine solche Zahlungsanordnung als "
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'Entscheidung' im Sinne von Art 2 lit a Brüssel la-VO 2012 qualifiziert werden kann,[12] und ersuchte den EuGH um Vorabentscheidung. Dem Ersuchen lässt sich die Tendenz des OGH entnehmen, dass er solche Entscheidungen als nicht vom Anwendungsbereich der Verordnung erfasste Entscheidungen qualifizieren würde.
Für diese Auffassung des OGH kann die Entscheidung des EuGH in der Rs C-414/92, Solo Kleinmotoren[13] angeführt werden: Der EuGH führte in der Begründung aus, dass ein Prozessvergleich, auch wenn er vom Gericht in einem Beschluss protokolliert werde, keine 'Entscheidung' iSd Verordnung sei, weil das Gericht als Rechtsprechungsorgan nicht selbst über die Streitpunkte entscheiden würde. Dies muss mE auch für ein 'confirmation judgment' gelten, sodass dieses nicht als Entscheidung iSd Verordnung qualifiziert werden kann und daher von der gegenseitigen Anerkennung und Vollstreckung nach den Bestimmungen der Brüssel la-VO 2012 ausgenommen ist.
Der EuGH entschied zu Rs C-568/20, J/H Limited,[14] über die Vorabentscheidungsfrage des OGH. Der Auffassung, wonach ein 'confirmation judgment' nicht nach den Bestimmungen der Brüssel la-VO 2012 anerkannt und vollstreckt werden könne, erteilte er eine deutliche Absage. Er stellte fest, dass unter den Begriff 'Entscheidung' jede von einem Gericht eines Mitgliedstaates erlassene Entscheidung fällt, ohne dass nach ihrem lnhalt unterschieden würde. Nach dem EuGH reicht es aus, dass der Entscheidung, bevor in einem anderen Mitgliedstaat ihre Anerkennung und Vollstreckung beantragt wurde, im Ursprungsmitgliedstaat ein kontradiktorisches Verfahren vorangegangen ist oder vorangehen hätte können. Dass sie aufgrund der Bindung an ein drittstaatliches Urteil ergangen ist, ist unerheblich.
Nach Ansicht des EuGH wird diese Auslegung der Brüssel la-VO 2012 durch deren Erwägungsgründe gestützt. Ziel sei der "freie Verkehr der Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen" und die 'Vereinfachung der Formalitäten' im
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Sinne einer "raschen und unkomplizierten Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen" im Raum der Brüssel Ia-VO 2012. Auch der Grundsatz des gegenseitigen Vertrauens zwischen den Gerichten der Mitgliedstaaten fordere ein weites Verständnis von 'Entscheidung' iSd Art 2 lit a Brüssel Ia-VO 2012. Außerdem sei ein enger Entscheidungsbegriff nicht mit dem System der Brüssel Ia-VO 2012 vereinbar, dass Ausnahmen von der Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen der Gerichte aus den Mitgliedstaaten nur unter den (engen) Voraussetzungen des Art 45 Brüssel Ia-VO 2012 erlaube.
Der EuGH nahm auf das Urteil in der Rs C-129/92, Owens Bank Ltd[15] Bezug, die - wie ausgeführt - bisher, als Begründung dafür angeführt wurde, dass Entscheidungen eines Mitgliedstaates über die Vollstreckung drittstaatlicher Entscheidungen nicht nach den Bestimmungen der Verordnung anerkannt und vollstreckt werden können. Nach dem EuGH ist aus der Entscheidung Owens Bank Ltd für die Frage der Anerkennung und Vollstreckung von 'confirmation judgments' nichts zu gewinnen; diese Entscheidung habe Verfahren und nicht Entscheidungen betroffen. Tatsächlich trifft es zu, dass sich der EuGH im genannten Urteil nicht auf Entscheidungen bezog. Dennoch ist zweifelhaft, dass er in diesem Urteil bewusst zwischen Verfahren und Entscheidungen differenzierte und seine Auffassung nur auf Verfahren verstanden wissen wollte.[16]
Im vorliegenden Fall war der Beschluss des High Court zumindest Gegenstand einer summarischen kontradiktorischen Prüfung, sodass das 'confirmation judgment' nach Ansicht des EUGH als eine Entscheidung iSd Art 2 lit a Brüssel Ia-VO 2012 qualifiziert werden kann.
Allerdings hob der Gerichtshof hervor, dass der Versagungsgrund der Verletzung des ordre public (Art 45 Abs 1 lit a Brüssel Ia-VO 2012) vorliegen könne, wenn der Vollstreckungsschuldner nicht in der Lage war, den Ansprüchen, die den drittstaatlichen Urteilen zugrunde liegen, im Ursprungsmitgliedstaat in der Sache entgegenzutreten. Diese Möglichkeit sollte wohl ein Korrektiv für die weite Auslegung des Begriffs der Entscheidung sein.[17] Im Rahmen eines Versagungsverfahrens kann geltend gemacht werden, dass durch die Entscheidung der Gerichte eines anderen Mitgliedstaates lediglich die Entscheidung eines Drittstaates importiert wird, ohne dass es dem Vollstreckungsschuldner möglich war, den streitgegenständlichen Anspruch im Ursprungsmitgliedstaat in der Sache zu bestreiten.
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Für die Auffassung des EuGH spricht zweifelsohne, dass durch die weite und autonome Auslegung den Zielen der Brüssel la-VO 2012 - nämlich den freien Verkehr der Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen sowie Vereinfachung der Formalitäten im Hinblick auf eine rasche und unkomplizierte Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen aus den durch die VO gebundenen Mitgliedstaaten - Rechnung getragen wird. Den Begriff 'Entscheidung' an deren lnhalt zu knüpfen, widerspräche diesen Zielen. Vorteil der Auffassung ist, dass bei der Prüfung der Frage, ob eine Entscheidung vorliegt, keine einzelfallbezogene Prüfung der Entstehungsweise und die Funktion der jeweiligen nationalen Entscheidung durchgeführt werden muss.[18]
Dennoch überzeugt die Auffassung des EuGH nicht. Sie bewirkt, dass im Ergebnis die Entscheidung des Drittstaates über die Entscheidung eines anderen Mitgliedstaates in allen anderen Mitgliedstaaten anerkannt und vollstreckt werden kann, auch wenn die Ausgangsentscheidung aus dem Drittstaat nicht anzuerkennen und zu vollstrecken wäre.[19] Der Auffassung des EuGH kann auch entgegengehalten werden, dass das Erfordernis einer 'eigenständigen Sachprüfung' nunmehr nicht auf Ebene des Entscheidungsbegriffs, sondern auf jener des nationalen ordre public vorliegen soll, dessen Auslegung nicht dem EuGH, sondern den nationalen Gerichten obliegt,[20] wodurch im Ergebnis ein unterschiedlich weiter Anwendungsbereich der Verordnung in den Mitgliedstaaten entsteht. Das als Korrektiv gedachte lnstrument wird - wie noch zu zeigen ist (s unter Punkt 2.4.) - in aller Regel der Erfolg versagt bleiben.
Der Schuldner ist zudem angehalten, in jedem Staat, in dem eine Vollstreckung droht, ein Vollstreckungsversagungsverfahren einzuleiten. Auch die Wirkungen der im Verfahren nach Art 47 Brüssel la-VO 2012 ergangenen Entscheidung bleiben auf den Bereich des ersuchten Mitgliedstaates beschränkt und können daher nicht Gegenstand einer Anerkennung nach
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Art 36 Brüssel Ia-VO 2012 in einem anderen Mitgliedstaat sein; vielmehr entscheidet jeder Staat selbst, ob ein in Art 45 Brüssel Ia-VO 2012 normierter Versagungsgrund vorliegt und daher die Vollstreckung des ausländischen Titels zu versagen ist; andernfalls würden die gegenüber dem Zweitstaat bestehenden Vollstreckungsvoraussetzungen - wie etwa die Vereinbarkeit mit dem ordre public des Zweitstaates - umgangen werden.
Aufgrund des 'Brexit' ist der derzeit wichtigste Anwendungsfall, nämlich ein 'confirmation judgment' aus dem Vereinigten Königreich, vom Anerkennungsund Vollstreckungsregime der Brüssel Ia-VO nicht mehr erfasst.[21] Dennoch ist die praktische Bedeutung der Entscheidung des EuGH nicht gering. Zum einen sehen Irland und Zypern die Möglichkeit eines 'confirmation judgment' vor.[22] Zum anderen ist es möglich, dass die Mitgliedstaaten das britische Modell des 'confirmation judgment' einführen - insbesondere dann, wenn sie sich dadurch eine Verbesserung des Justizstandorts versprechen.[23] Zudem stellt sich die Folgefrage, ob die Entscheidung nicht auch auf Exequaturentscheidungen übertragen werden muss. Ist das Vollstreckbarerklärungsverfahren zumindest potenziell kontradiktorisch ausgestaltet, entspricht wohl auch eine echte Exequaturentscheidung den Anforderungen des EuGH an den Begriff der Entscheidung iSd Art 2 lit a Brüssel Ia-VO 2012.[24] Allerdings wird die Vollstreckbarerklärung schon ihrem Wortlaut zufolge oder aber nach ihrem Willen territorial beschränkt und keiner Vollstreckbarerklärung eines anderen Staates zugänglich sein.[25]
Nachdem der EuGH die Frage nach der Auslegung des Begriffs der Entscheidung iSd Art 2 lit a Brüssel Ia-VO 2012 mit für den OGH bindender Wirkung entschieden hatte, hatte sich der OGH in der Entscheidung vom 19. 5. 2022, 3 Ob 71/22w[26] mit der Frage befasst, ob diesem Urteil aufgrund Art 45 lit a Brüssel Ia-VO 2012 wegen eines Verstoßes gegen den österreichischen ordre public die Anerkennung zu versagen war.
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Die Versagung der Anerkennung oder Vollstreckung aufgrund eines Verstoßes gegen den ordre public erfolgt nur unter der Voraussetzung, dass die Anerkennung oder Vollstreckung der in einem anderen Mitgliedstaat erlassenen Entscheidung eine offensichtliche Verletzung einer in der Rechtsordnung des ersuchten Staates als wesentlich geltenden Rechtsnorm oder eines dort als grundlegend anerkannten Rechts bewirken würde. Eine solche Verletzung kann insbesondere darin bestehen, dass der Verpflichtete nicht in der Lage war, sich vor dem Ursprungsgericht wirksam zu verteidigen und die Entscheidung, deren Vollstreckung begehrt wird, im Ursprungsmitgliedstaat anzufechten. Sollte der Verpflichtete daher nachweisen können, dass es ihm im Ursprungsmitgliedstaat nicht möglich war, den in Exekution gezogenen Ansprüchen, die Gegenstand der zu vollstreckenden Entscheidung sind, in der Sache entgegenzutreten, so könnte im Vollstreckungsstaat wegen offensichtlicher Unvereinbarkeit mit der nationalen öffentlichen Ordnung die Vollstreckung versagt werden.
Der Verpflichtete brachte im Verfahren vor, dass im englischen Verfahren zur Umsetzung eines ausländischen Titels nur die Voraussetzungen für die Umsetzung (Vollstreckung) geprüft wurden, aber keine inhaltliche Prüfung der zu vollstreckenden Ansprüche erfolgte.
Der OGH führte dazu aus, dass nach den Feststellungen des Erstgerichts der Verpflichtete in dem zu beurteilenden Verfahren im Ursprungsmitgliedstaat, dh im Vereinigten Königreich, tatsächlich die Möglichkeit gehabt habe, die zu vollstreckenden Ansprüche zu bekämpfen. Der High Court hatte sich mit den vom Verpflichteten im englischen Verfahren gegen die zugrunde liegenden (im jordanischen Verfahren zuerkannten) Ansprüche erhobenen Einwände - die sich auf die angeblich fehlende Aktivlegitimation der betreibenden Partei ("Parteienidentität": Zweigniederlassung der betreibenden Partei oder selbständiges Tochterunternehmen), das Erwirken der Urteile in betrügerischer Absicht und das Bestehen eines behaupteten Vollmachtmangels im jordanischen Verfahren bezogen - inhaltlich befasst. Der Schuldner habe den zugrundeliegenden (im jordanischen Verfahren zuerkannten) Ansprüchen im Verfahren im Vereinigten Königreich inhaltlich entgegentreten und sich wirksam verteidigen können.
Diese Ausführungen des OGH stehen in einem gewissen Widerspruch zum Vorabentscheidungsersuchen.[27] ln der Folgeentscheidung scheint der OGH davon auszugehen, dass im englischen Verfahren die jordanischen Sachentscheidungen über die Zahlungsansprüche der Klägerin in der Sache nachgeprüft werden hätten können. Demgegenüber hat er im Vorabentscheidungsersuchen selbst
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darauf hingewiesen, dass sich der Gegenstand des Verfahrens im Vereinigten Königreich darauf beschränkt habe, die Frage zu prüfen, ob die nunmehrige Verpflichtete aufgrund der jordanischen Urteile zur Zahlung an die nunmehrige betreibende Gläubigerin verpflichtet gewesen sei, und, dass dabei nach englischem Recht das Verbot der Nachprüfung in der Sache gegolten habe. In der Folgeentscheidung hat der OGH nur Einwände angeführt, mit denen das Fehlen von Vollstreckungsvoraussetzungen (mangelnde Identität zwischen dem Titelgläubiger der jordanischen Urteile und der nunmehr in England bzw. Österreich die Vollstreckung verlangenden Gesellschaft) und die Versagung der Vollstreckung rechtfertigende Mängel des jordanischen Verfahrens (Prozessbetrug, Vollmachtmangel) geltend gemacht wurden.
Anzunehmen ist, dass der OGH wohl davon ausging, dass das österreichische Verständnis vom ordre public eine derart weite Prüfungsbefugnis, wie sie der EuGH angedeutet hat, gar nicht voraussetzt.[28] Das Recht auf eine 'wirksame Verteidigung' wird nicht verletzt, wenn der Schuldner in einem Verfahren zur Vollstreckbarerklärung bzw. zur Erwirkung eines 'confirmation judgment' die dem Ursprungsjudikat zugrundeliegenden Ansprüche nicht (mehr) in der Sache bekämpfen kann. Die Frage, ob der Anspruch besteht oder nicht, ist nämlich nicht Gegenstand des Verfahrens.[29] Auch der Umstand, dass Ansprüchen, die bereits von einem drittstaatlichen Gericht geprüft wurden, in einem neuerlichen Verfahren aufgrund einer Bindung an die erste Entscheidung nicht mehr inhaltlich entgegengetreten werden kann, sondern das mitgliedstaatliche Gericht diese Entscheidung nach seinem Recht ohne umfassende inhaltliche Prüfung übernehmen musste, wird nämlich für sich allein wohl kaum als ein Verstoß gegen den ordre public aufgrund einer Verletzung der Verteidigungsrechte des Beklagten angesehen werden können.[30] Anderes gilt, wenn das Verfahren, das zur drittstaatlichen Entscheidung geführt hat, von den elementaren Grundsätzen des im Anerkennungs- und Vollstreckungsstaat geltenden Verfahrensrechts in einem Maß abweicht, dass es nicht mehr als ein geordnetes, rechtsstaatlichen Anforderungen genügendes Verfahren angesehen werden kann. Das als Korrektiv gedachte Instrument ist in vielen Fällen zahnlos.[31]
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Knapp drei Monate nach der Entscheidung in der Rs C-568/20, J/H Limited,[32] hatte sich der EuGH in der Rs C-700/20, London Steam-Ship,[33] mit einer ähnlichen Frage zu befassen. Das Vorabentscheidungsersuchen des High Court of Justice (England & Wales), Queen's Bench Division, bezog sich auf eine gerichtliche Entscheidung, die nach der doctrine of merger einen Schiedsspruch im Rahmen eines Verfahrens, in dem eine eingeschränkte Prüfung stattfindet,[34] inkorporiert. Die zu beantwortende Frage ging dahin, ob der Anerkennung und Vollstreckung einer solchen gerichtlichen Entscheidung nach Art 34 Z 3 Brüssel l-VO 2001 (nunmehr Art 45 Abs 1 lit c Brüssel la-VO 2012) entgegensteht, dass die beiden Entscheidungen miteinander unvereinbar sind. Die Entscheidung betraf die Auslegung der Brüssel l-VO 2001. Die Antwort auf die Frage, ob eine Merger-Entscheidung eine Entscheidung iSd Art 34 Z 3 Brüssel l-VO 2001 ist, ist auch für die Auslegung des Art 45 Abs 1 lit c Brüssel la-VO 2012 maßgeblich, weil die betreffenden Bestimmungen inhaltlich ident sind. Dadurch wird die Kontinuität zwischen der Brüssel l-VO 2001 und der Brüssel la-VO 2012 gewahrt.
Der vom EuGH entschiedene Fall betrifft die Havarie des Öltankers Prestige vor der spanischen Küste im Jahr 2002. Der spanische Staat begehrte vor einem spanischen Gericht Schadenersatz gegen den Schiffsversicherer. Er stütze sich dabei auf einen aus dem spanischen Recht folgenden Direktanspruch. Der Versicherer, der sich an dem Verfahren nicht beteiligte, leitete nach Anrufung des spanischen Gerichts ein Schiedsverfahren in London ein, in dem er unter anderem die Feststellung begehrte, dass zivilrechtliche Ansprüche gegen ihn ausschließlich in diesem Schiedsverfahren geltend gemacht werden können und der Versicherer aufgrund einer Klausel im Versicherungsvertrag (noch)
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nicht hafte. Nach einer im Versicherungsvertrag enthaltenen Klausel habe der Versicherte zunächst dem Geschädigten die geschuldeten Entschädigungen zu zahlen, bevor er sich den entsprechenden Betrag von dem Versicherer erstatten lassen könne ("pay to be paid"). Das Schiedsgericht war der Auffassung, dass die vom spanischen Staat vor den spanischen Gerichten geltend gemachten Schadenersatzansprüche ausschließlich im Rahmen des Schiedsverfahrens in London geltend gemacht werden hätten müssen und dass der Versicherer in Ermangelung einer vorherigen Begleichung der Schäden durch die Eigentümer des Schiffes gegenüber dem Königreich Spanien nicht haftbar gemacht werden könne. Auf der Grundlage des Schiedsspruchs beantragte der Versicherer den Erlass einer Merger-Entscheidung. In dem in Spanien anhängigen Verfahren wurde dem spanischen Staat Schadenersatz gegen den Versicherer zugesprochen und ein Vollstreckungsbeschluss erlassen. Die Entscheidung, die nach Erlassung der Merger-Entscheidung erging, sollte im Vereinigten Königreich nach den Bestimmungen der Brüssel I-VO 2001 anerkannt und vollstreckt werden. Der Versicherer machte geltend, dass der Anerkennung und Vollstreckung der spanischen Entscheidung der Versagungsgrund des Art 34 Z 3 Brüssel I-VO 2001 (nunmehr Art 45 Abs 1 lit c Brüssel Ia-VO 2012) entgegenstehe, weil sie mit der Merger-Entscheidung unvereinbar sei. Der High Court of Justice (England & Wales), Queen's Bench Division, ersuchte den EuGH um Vorabentscheidung dieser Frage.
Der EuGH sprach zunächst aus, dass Schiedsverfahren (einschließlich der bei staatlichen Gerichten eingeleiteten Verfahren) vom Anwendungsbereich der Brüssel I-VO 2001 bzw. der Brüssel Ia-VO 2012 ausgenommen seien. Dem ist zuzustimmen.[35] Der in Art 1 Abs 2 lit d Brüssel I-VO 2001 (entspricht Art 1 Abs 2 lit d Brüssel Ia-VO 2012) enthaltene Ausschluss der Schiedsgerichtsbarkeit betrifft die Schiedsgerichtsbarkeit als Gesamtbereich, einschließlich der bei staatlichen Gerichten im Zusammenhang damit eingeleiteten Verfahren. Daraus schloss der EuGH, dass eine Merger-Entscheidung, die aufgrund eines Schiedsspruches erging, dem Ausschluss des Art 1 Abs 2 Brüssel Ia-VO 2012 unterfällt und damit nicht an der europäischen Urteilsfreizügigkeit teilnimmt.[36]
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Der EuGH scheint damit seine Auffassung in der Rs C-568/20, J/H Limited[37] zu relativieren.[38] lm Unterschied zur Rs C-568/20, J/H Limited[39] stellte der EuGH nämlich nicht ausschließlich auf die von den mitgliedstaatlichen Gerichten erlassene Leistungsentscheidung ab, sondern hielt die dahinterstehende Entscheidung für die Frage, ob die Regeln über die Anerkennung und Vollstreckung zur Anwendung gelangen oder nicht, für maßgeblich. ln Übereinstimmung mit der Rs C-568/20, J/H Limited[40] sprach der EuGH allerdings aus, dass unter dem Begriff der Entscheidung iSd Art 32 Brüssel l-VO 2001 (nunmehr Art 2 lit a Brüssel la-VO 2012) jede von einem Gericht eines Mitgliedstaates erlassene Entscheidung erfasst sei, ohne dass nach dem lnhalt der betreffenden Entscheidung zu unterscheiden sei, sofern ihr im Ursprungsmitgliedstaat nach unterschiedlichen Modalitäten ein kontradiktorisches Verfahren vorangegangen sei oder vorangehen hätte können. Diese Definition gelte auch für den in Art 34 Nr. 3 Brüssel l-VO 2001 (nunmehr Art 45 Abs 1 lit c Brüssel la-VO 2012) normierten Versagungsgrund der Unvereinbarkeit zweier Entscheidungen. Die Aussage des EuGH muss mE auch für Art 34 Nr. 4 Brüssel l-VO 2001 (nunmehr Art 45 Abs 1 lit d Brüssel la-VO 2012) gelten und erfasst demnach auch die Unvereinbarkeit zwischen einer anzuerkennenden Entscheidung mit einer in einem anderen Staat früher ergangenen Entscheidungen.
Dass die Versagungsgründe der Unvereinbarkeit zweier Entscheidungen auch dann zur Anwendung gelangen, wenn die anzuerkennende Entscheidung mit einer Entscheidung, die nicht vom Anwendungsbereich der Verordnung erfasst ist, unvereinbar ist, ist mE sinnvoll, weil auch Entscheidungen, die nicht vom Anwendungsbereich erfasst sind, im Zweitstaat Wirkungen zukommen und daher nicht unbeachtlich sind; insofern bedarf es einer Regelung. Die Auslegung trägt der Rechtssicherheit Rechnung, wodurch die Parteien vor unerträglichen Prozessrechtslagen geschützt werden. Der Anwendungsbereich des Art 34 Nr. 3 und 4 Brüssel l-VO 2001 und des Art 45 Abs 1 lit c und d Brüssel la-VO 2012 erfasst demnach auch Merger-Entscheidungen, wenngleich die Entscheidung selbst nicht nach den Bestimmungen der Verordnung anerkannt und vollstreckt werden kann. Art 34 Nr. 3 und 4 Brüssel l-VO 2001 und Art 45 Abs 1 lit c und d Brüssel la-VO 2012 sind bei einer Unvereinbar-
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keit der anzuerkennenden Entscheidung mit einem inländischen oder einem im Zweitstaat anzuerkennenden ausländischen Schiedsspruch - zumindest analog - anzuwenden.[41]
Allerdings hat der EuGH dieses Ergebnis - im Unterschied zu den Schlussanträgen des GA[42] - nicht uneingeschränkt bestätigt; vielmehr sei der Entscheidungsbegriff der Brüssel Ia-VO dann einzuschränken, "wenn der Schiedsspruch, entsprechend dem [Merger-Urteil] ergangen ist, unter Umständen erlassen wurde, die es nicht erlaubt hätten, unter Beachtung der Bestimmungen und der grundlegenden Ziele dieser Verordnung eine in ihren Anwendungsbereich fallende judizielle Entscheidung zu erlassen". Die Einschränkung ergibt sich nicht aus dem Wortlaut der Verordnung selbst; der EuGH hat in der Rs C-533/08, TNT Express Nederland B/AXA Versicherung AG[43] ähnliche Kriterien für das Verhältnis der Brüssel I-VO 2001 zu Spezialübereinkommen, die nach dem Wortlaut des Art 71 Brüssel I-VO 2001 bzw. Art 71 Brüssel Ia-VO 2012 vorrangig anzuwenden sind, entwickelt. Die Anwendung des Spezialübereinkommens dürfe - so der EuGH - nicht die Grundsätze beeinträchtigen, auf denen die justizielle Zusammenarbeit in Zivil- und Handelssachen in der Union beruht. Zu diesen Grundsätzen zählen die Vorhersehbarkeit der zuständigen Gerichte im hohen Maße, die Förderung der geordneten Rechtspflege, die Vermeidung der Gefahr von Parallelverfahren, die Rechtssicherheit für die Bürger, der freie Verkehr von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen sowie das gegenseitige Vertrauen in die Justiz.
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Die Anwendung dürfe nicht "zu weniger günstigen Ergebnissen im Hinblick auf das Ziel des reibungslosen Funktionierens des Binnenmarkts führen (...) als die Bestimmungen der (...) Verordnung". Im Rahmen der Prüfung, ob einem Spezialübereinkommen Vorrang zukommt, ist daher eine Prüfung der 'Europakompatibilität' bzw. der 'Europareife' bzw. ein 'Binnenmarkttest' bzw. 'Günstigkeitsvergleich' durchzuführen; die anzuwendenden Vorschriften des in Betracht kommenden Übereinkommens sind mit den Bestimmungen der Brüssel l-VO 2001/Brüssel la-VO 2012 zu vergleichen.[44] Diese - im Schrifttum[45] kritisierte - Prüfung der 'Europakompatibilität' wird nun auf den Versagungsgrund nach Art 34 Nr. 3 Brüssel l-VO 2001 und des Art 45 Abs 1 lit c Brüssel la-VO 2012 (und wohl auch auf Art 34 Nr. 4 Brüssel l-VO 2001 und Art 45 Abs 1 lit d Brüssel la-VO 2012) übertragen. Im Ergebnis muss, das mit einem Schiedsspruch befasste, staatliche Gericht die hypothetische Prüfung vornehmen, ob ein staatliches Urteil mit dem Inhalt des Schiedsspruchs den 'Bestimmungen und grundlegenden Zielen' der Brüssel-Verordnungen entspräche. Sofern ein solcher Schiedsspruch gegen nicht näher definierte 'Grundregeln' der Brüssel l-VO 2001 (bzw. der Brüssel la-VO 2012) verstößt, haben die Gerichte der Mitgliedstaaten den Schiedsspruch und die Merger-Entscheidung unbeachtet zu lassen.[46] Aus diesem Grund werden bereits die Schiedsgerichte selbst eine solche Prüfung vornehmen, um zu verhindern, dass ihr Schiedsspruch später wirkungslos ist.[47] lhnen wird durch das anzuwendende Verfahrensrecht allerdings Grenzen gesetzt. lst nach dem anzuwendenden Verfahrensrecht das Verfahren durchzuführen, hat dies selbst dann zu erfolgen, wenn den Bestimmungen und den grundlegenden Zielen dieser Verordnung nicht entsprochen wird.
Die Rechtsprechung bewirkt ein hohes Maß an Rechtsunsicherheit, weil sich die Frage stellt, welche Bestimmungen und Ziele maßgeblich sind, damit Art 45 Brüssel la-VO 2012 zur Anwendung gelangen kann.[48]
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Im konkreten Fall verneinte der EuGH die Voraussetzungen. Der der englischen Entscheidung zugrundeliegende Schiedsspruch hätte nicht Gegenstand einer gerichtlichen Entscheidung sein können, ohne gegen die Grundregeln der Verordnung zu verstoßen. Als Begründung führt er die Relativität der Schiedsklausel im Versicherungsvertrag zwischen Versicherer und Eigentümern des Schiffes (Rz. 60 bis 63) und die Missachtung der Rechtshängigkeit des zuvor initiierten spanischen Verfahrens (Rz. 64 bis 70) an.
Zum einen meinte der EuGH, dass ein staatliches englisches Gericht die Schiedsklausel aus dem Versicherungsvertrag für gegenüber dem spanischen Staat als nicht anwendbar ansehen hätte müssen.[49] Eine Gerichtsstandsvereinbarung zwischen einem Versicherer und einem Versicherungsnehmer kann einem Geschädigten, der einen versicherten Schaden erlitten hat, nicht entgegengehalten werden, wenn er, soweit es nach nationalem Recht möglich ist, eine auf deliktische oder quasideliktische Haftung gestützte Klage unmittelbar gegen den Versicherer vor dem Gericht des Ortes, an dem das schädigende Ereignis eingetreten ist, oder vor dem Gericht des Ortes, an dem er seinen Wohnsitz hat, erheben möchte.[50] lm Ergebnis verlangt er, dass die dem Schiedsverfahren zugrunde liegende Schiedsklausel den für Gerichtsstandsvereinbarungen nach der Brüssel l-VO 2001 bzw. Brüssel la-VO 2012 geltenden Maßstäben entsprechen müsse. Dies überzeugt nicht, weil die konkrete Schiedsvereinbarung nach dem auf sie anwendbaren englischen Recht wirksam war.
Zum anderen hätte sich, so der EuGH, ein staatliches Gericht an die Rechtshängigkeitsregeln halten müssen. Gem. Art 27 Brüssel l-VO 2001 hätte ein staatliches englisches Gericht das Verfahren aufgrund des dort normierten Prioritätsprinzips aussetzen müssen, weil die spanischen Gerichte zum Zeitpunkt der Einleitung des Schiedsverfahrens bereits angerufen gewesen waren. Die Ansicht des EuGH überzeugt aus mehreren Gründen nicht:
• Ein Verstoß gegen die Rechtshängigkeitsregeln bildet keinen Versagungsgrund. Nach Art 34 Nr. 3 und 4 Brüssel l-VO 2001 und Art 45 Abs 1 lit c und d Brüssel la-VO 2012 ist nämlich nicht gerade der Zeitpunkt der Rechtshängigkeit maßgeblich, sondern der Zeitpunkt des Ergehens bzw. Wirksamwerdens der Entscheidung.[51]
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• Nach Art 27 Brüssel I-VO 2001 gilt zwar das Prioritätsprinzip; die Neufassung sieht die Durchbrechung des Prioritätsprinzips vor, wenn sich das angerufene Gericht auf eine ausschließliche Gerichtsstandsvereinbarung stützt.[52] Der Versicherer hat sich in England auf die Schiedsklausel, die in einem staatlichen Verfahren einer Gerichtsstandsklausel entsprechen würde, gestützt; nach der Neufassung hätten die englischen Gerichte - und nicht die spanischen - zuerst über die Zuständigkeit bzw. die Rechtssache entscheiden müssen. Wenngleich der vom EuGH zu entscheidende Sachverhalt Art 27 Brüssel I-VO 2001 betrifft, hätte man die Neufassung berücksichtigen können und müssen, weil Gegenstand der Prüfung der 'Europakompatibilität' die Grundprinzipien des europäischen Zuständigkeitsrechts darstellen.[53]
Auch die vom EuGH angeführte Begründung, wonach die Annahme, dass die (Merger-)Entscheidung der Anerkennung einer Entscheidung, die in einem Mitgliedstaat aufgrund der direkten Inanspruchnahme seitens der Geschädigten ergangen ist, entgegenstehen würde, bewirken würde, dass dem Geschädigten der tatsächliche Ersatz des ihm entstandenen Schadens vorenthalten werden würde,[54] überzeugt nicht. Im Rahmen der Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen sind nämlich materiellrechtliche Fragen nicht mehr zu prüfen.
Friktionen bereitet die Auffassung zudem dann, wenn der Schiedsspruch, der gegen die Grundprinzipien der Verordnung verstößt, bzw. die darauf beruhende Merger-Entscheidung im Anerkennungsstaat Wirkungen entfaltet. Eine nachträglich erlassene Entscheidung, die mit dem Schiedsspruch oder der Merger-Entscheidung unvereinbar ist, hätte stets Vorrang, wodurch Schiedssprüche und Merger-Entscheidung zu Titeln zweiter Klasse werden würden.[55]
Das Vorabentscheidungsersuchen des OGH vom 23. 9. 2020, 3 Ob 126/20f[56] enthielt zwei weitere Fragen,[57] die vom EuGH mangels Erheblichkeit nicht
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beantwortet werden mussten. Hätte der EuGH die Anerkennung und Vollstreckung des 'confirmation judgments' nach der Brüssel Ia-VO 2012 verneint, hätte sich die Frage gestellt, (1) ob der Zweitstaat - im vorliegenden Fall Österreich - im Verfahren über den Antrag auf Versagung der Vollstreckung an die Angaben des Ursprungsgerichts, dh des britischen Gerichts, in der Bescheinigung nach Art 53 Brüssel Ia-VO 2012 gebunden ist und er demnach zwingend davon auszugehen hat, dass eine in den Anwendungsbereich der Verordnung fallende und zu vollstreckende Entscheidung vorliegt, oder (2) ob die Angaben in der Bescheinigung überprüft werden dürfen.
Der genaue Umfang der Bindungswirkung ist unklar und wird in der Verordnung nicht ausdrücklich geregelt.[58]
Der EuGH hat in der Rs C-619/10, Trade Agency[59] zur vergleichbaren Rechtslage nach der Brüssel I-VO 2001 ausgesprochen, dass die Angaben der dort in Art 54 Brüssel I-VO 2001 vorgesehenen Bescheinigung (zumindest hinsichtlich der rechtzeitigen Zustellung des verfahrenseinleitenden Schriftstücks vom Gericht des Vollstreckungsmitgliedstaats) eigenständig und ohne Bindung an die Bescheinigung überprüft werden können. Im Anwendungsbereich der Brüssel I-VO 2001 sind die tatsächlichen Angaben in der Bescheinigung daher nicht bindend und dürfen überprüft werden. Dadurch wird ein 'System der doppelten Kontrolle' geschaffen. Demgegenüber ist der EuGH in der Entscheidung in der Rs C-361/18, Weil/Gulácsi,[60] davon ausgegangen, dass aufgrund der Bescheinigung im Rahmen des Versagungsverfahrens die Frage, ob eine in den Anwendungsbereich der Brüssel I-VO 2001 fallende und in einem anderen Mitgliedstaat zu vollstreckende Entscheidung vorliegt, im Zweitstaat nicht mehr geprüft werden dürfe.
Das Erstgericht in dem vom OGH zu beurteilender Sachverhalt ist davon ausgegangen, dass es ihm aufgrund der neueren Entscheidung des EuGH wegen der Bescheinigung verwehrt sei, im Rahmen des Versagungsverfahrens die Frage zu prüfen, ob eine in den Anwendungsbereich der Brüssel Ia-VO 2012 fallende und in einem anderen Mitgliedstaat zu vollstreckende Entscheidung vorliegt. Der OGH hält diese Ansicht für vertretbar, wenngleich sich aus der Begründung entnehmen lässt, dass er der gegenteiligen Auffassung zuneigt: Nach seiner Auffassung soll nämlich die Entscheidung des EuGH in der Rs C-619/10, Trade Agency[61] zur Brüssel I-VO 2001 auch auf die Bescheinigung nach Art 53
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Brüssel la-VO 2012 entsprechend anzuwenden sein, sodass der Schuldner im ersuchten Mitgliedstaat - ungeachtet der insoweit nicht bindenden Angaben in der Bescheinigung - bestreiten könne, dass die Voraussetzungen der Vollstreckung nicht vorliegen würden, etwa weil keine Entscheidung iSd Art 2 lit a Brüssel la-VO 2012 vorliege oder die Brüssel la-VO 2012 nicht anwendbar sei.[62] Der EuGH musste - wie ausgeführt - die Frage nicht beantworten.
In der Entscheidung des OGH vom 19. 5. 2022, 3 Ob 69/22a[63] konnte der OGH die Frage, ob die Bescheinigung Bindungswirkung entfaltet, offenlassen. Er führte aber in der Begründung an, dass sich deshalb "die Stellung eines (neuerlichen) Vorabentscheidungsantrags zu dieser (vom EuGH [...] nicht mehr zu beantwortenden) Frage erübrigt". Aus der Formulierung kann mE geschlossen werden, dass wenn die Frage maßgeblich wäre, sie neuerlich dem EuGH vorgelegt worden wäre.
Als Begründung für die Auffassung, dass der Bescheinigung keine bindende Wirkung zukomme, führt der EuGH in der Rs C-619/10, Trade Agency[64] an, dass die Bescheinigung nicht notwendigerweise vom Ursprungsstaat selbst ausgestellt werden müsse. Die Generalanwältin Kokott führte in ihren Schlussanträgen als weiteres Argument an, dass die nach Ansicht des EuGH verbindlichen Bescheinigungen nach der Brüssel Ila-VO aufgrund der Abschaffung des Volltreckbarerklärungsverfahrens richtigerweise nur im Ursprungsstaat überprüft werden könnten, während in der Brüssel l-VO 2001 das Exequaturverfahren beibehalten worden sei.[65] Da in der Brüssel la-VO 2012 das Vollstreckbarerklärungsverfahren entfallen ist und die Ursprungsgerichte für die Ausstellung der Bescheinigung zuständig sind, sind diese Argumente nicht auf die Brüssel la-VO 2012 übertragbar. Dennoch sprechen mE die besseren Argumente gegen eine Bindungswirkung.[66] lm Unterschied
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zu Art 21 Abs 2 EuVTVO wird in der Brüssel Ia-VO 2012 nicht angeordnet, dass eine Überprüfung der Bescheinigung im Vollstreckungsmitgliedstaat ausgeschlossen ist. Aus dem abweichenden Wortlaut kann geschlossen werden, dass die Bescheinigung im Anwendungsbereich der Brüssel Ia-VO 2012 vor allem Auskunfts- und Nachweisfunktion hat.[67] Es sind daher weder die mit der Anerkennung oder Vollstreckung der Entscheidung befassten Gerichte und Behörden an die Angaben in der Bescheinigung gebunden, noch jene Gerichte, die über einen Antrag auf Versagung der Anerkennung und Vollstreckung nach Art 46 bzw. Art 45 Abs 4 Brüssel Ia-VO 2012 entscheiden. Wenngleich der Bescheinigung keine bindende Wirkung zukommt, spricht gerade ihr Zweck dafür, dass das Vollstreckungsorgan bzw. das mit der Anerkennung befasste Gericht zunächst auf ihrer Grundlage entscheidet, sofern nicht die Unrichtigkeit der Angaben offenkundig zu Tage tritt. Dies entspricht auch dem Zweck der Bescheinigung, das Verfahren zu beschleunigen. Der Sicherstellung des Schutzes des Schuldners - insbesondere durch Gewährung rechtlichen Gehörs - muss allerdings Vorrang vor der noch weitergehenden Beschleunigung grenzüberschreitender Vollstreckungsmaßnahmen eingeräumt werden, sodass es gerechtfertigt ist, keine Bindungswirkung anzunehmen.[68]
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Zweifellos waren die beiden vom EuGH entschiedenen Fälle durch Spezifika des common law geprägt und die Thematik hat durch den Brexit etwas an Relevanz verloren. Ganz allgemein stellt sich aber nun die Frage, ob auch 'echte' auf drittstaatliche Urteile bezogene Exequaturentscheidungen unter den weiten Entscheidungsbegriff des EuGH fallen, sofern das vorangegangene Verfahren kontradiktorisch ausgestaltet ist. Der vom EuGH angebotene weitreichende Ordre public-Einwand ist wenig geeignet, zu Rechtssicherheit und Rechtseinheit beizutragen. So beendet Niehoff seine Anmerkung zur Entscheidung in der Rs London Steam-Ship resignierend mit "Im Ergebnis wirft der EuGH mehr Fragen auf als er beantwortet."[69] Wünschenswert wäre, dass sich der Unionsgesetzgeber im Rahmen der Reform der EuGVVO einer expliziten Lösung der Problematik widmet. ■
ANMERKUNGEN
[1] OGH 23.09.2020, 3 Ob 126/20f.
[2] Garber, Thomas in Fasching, Andreas/Konecny, Hans (Hrsg.): Zivilprozessgesetze[3] (Band V/1), Österreich, MANZ'sche Verlags- und Universitätsbuchhandlung GmbH, 2022, Vor Art. 1: Einleitung zur Brüssel la-VO Rz. 9 ff.; sowie Otti, Michael in Garber, Thomas (Hrsg.): Festschrift Neumayr (Band l), Österreich, MANZ'sche Verlags- und Universitätsbuchhandlung GmbH, 2023, 1613 (1616 mwN).
[3] Burgstaller, Alfred/Neumayr, Matthias in Burgstaller, Alfred/Neumayr, Matthias/Geroldinger, Andreas/Schmaranzer, Gerhard (Hrsg.): Internationales Zivilverfahrensrecht, Loseblattslg, 2. Lfg, 2002, Art 32 EuGVO, Rz. 12; Gebauer, Martin/Berner, Felix in Gebauer, Martin/Wiedmann, Thomas: Europäisches Zivilrecht[3] Art 31 Brüssel Ia-VO, Rz. 2 mwN; Geimer, Reinhold in Fitz Hanns/Kalss, Susanne/Kautz, Reinhard/Kucsko, Guido/Meinhard, Lukas/Torggler, Ulrich (Hrsg.): Festschrift für Hellwig Torggler, Österreich, Verlag Österreich, 2013, 311 (330); teilweise Kall, Holger: Doppelexequatur: "ne vaut" oder "no worries"? Internationales Handelsrecht, 2018, 137 (139 ff).
[4] Otti in Garber: Festschrift Neumayr op. cit. Rz. 1613 (1617).
[5] Garber in Fasching/Konecny op. cit. Zivilprozessgesetze[3] (Band V/1) Rz. 54; Garber, Thomas in Mayr, Peter (Hrsg.) Handbuch des europäischen Zivilverfahrensrecht[2] (2023) Rz. 3.948; Kodek, Georg in Czernich, Dietmar/Kodek, Georg/Mayr, Peter (Hrsg.): Europäisches Gerichtsstands- und Vollstreckungsrecht[4], Österreich, LexisNexis Verlag, 2015, Art. 36 Brüssel Ia-VO Rz. 24; Loyal, Florian in Wieczorek, Bernhard/Schütze, Rolf (Hrsg.): Zivilprozessordnung[5] (Band XIV) Art 36 Brüssel Ia-VO Rz. 4; Schack, Heimo, Internationales Zivilverfahrensrecht[8] Rz. 1094; Sujecki, Bartosz in Garber, Thomas (Hrsg.): Festschrift Neumayr (Band 1), Österreich, MANZ'sche Verlags- und Universitätsbuchhandlung GmbH, 2023, 1659 (1665 f).
[6] Weller, Marc-Philippe in Kronke, Herbert (Hrsg.): Festschrift für Bernd von Hoffmann, Deutschland, Gieseking Verlag, (2011) 1087 (1090).
[7] Mankowski, Peter in Rauscher, Thomas (Hrsg.) Europäisches Zivilprozess- und Kollisionsrecht, Brüssel Ia-VO[5] (Band I), Deutschland, Dr. Otto Schmid-Verlag, 2020, vor Art 36-41 Brüssel Ia-VO Rz. 20; BGH 02. 07. 2009, IX ZR 152/06 NJW 2009, 2826; Schlosser, Peter: Doppelexequatur zu Schiedssprüchen und ausländischen Gerichtsentscheidungen? [P]raxis des Internationalen Privat- und Verfahrensrecht 1985, 141 (143); aA Schütze, Rolf in Bernreuther, Jörn (Hrsg.): Festschrift für Ulrich Spellenberg, Otto Schmidt Verlagskontor, Deutschland, 2010, Rz. 511 (517 f).
[8] EuGH 20. 1. 1994, C-129/92, Owens Bank Ltd, ECLI:EU:C:1994:13.
[9] Siehe etwa HESS, Burkhard: Exequatur sur exequatur (ne) vaut? Der EuGH erweitert die Freizügigkeit von Drittstaatenurteilen nach Art. 39 ff EuGVVO, [P]raxis des Internationalen Privat- und Verfahrensrecht, 2022, Rz. 350; Scholz-Berger, Florian: Anerkennung und Vollstreckung drittstaatlicher Entscheidungen im System der Europäischen Urteilsfreizügigkeit - Bemerkungen aus Anlass von OGH 3 Ob 71/22w, Juristische Blätter 2023, 7 (8); Sujecki in Garber: Festschrift Neumayr op. cit. 1659 (1663 f mwN).
[10] Oppolzer, Laurenz: Das Doppelexequatur im Anwendungsbereich der EuGVVO und dessen Begrenzung durch den ordre public, Europäische Zeitschrift für Wirtschaftsrecht, 2022, 516 (517).
[11] Lutschounig, Martin: Anerkennungsversagung für ein ausländisches Vollstreckungsurteil nach der EUGVVO wegen Unvereinbarkeit mit einer inländischen Vollstreckbarkeitsentscheidung: Ein Beitrag zur Europäischen Urteilsfreizügigkeit aus Anlass von OGH 3 Ob 69/22a, Zeitschrift für Europarecht, internationales Privatrecht und Rechtsvergleich, 2023, 133 (136); Schack, Heimo: lnternationales Zivilverfahrensrecht[8] Rz. 1094; Scholz-Berger, JBl 2023, op.cit. 7 (8).
[12] Geimer in Fitz/Kalss/Kautz/Kucsko/Meinhard/Torggler: Festschrift Torggler, 311 (330).
[13] EuGH 2. 6. 1994, C-414/92, Solo Kleinmotoren, ECLl:EU:C:1994:221.
[14] EuGH 7. 4. 2022, C-568/20, J/H Limited, ECLl:EU:C:2022:264; Oppolzer, EuZW 2022, op. cit. 516 = Praxis des lnternationalen Privat- und Verfahrensrechts, 2022, 380 (< 349) = lWR 2022,187 (Krümmel) = Zeitschrift für lnternationales Wirtschaftsrecht, 2022, 235 (Deshayes/Fritscher) = LMK 2022, 807507 (Trenker); Scholz-Berger, JBl 2023, op.cit. 7; Otti in Garber: Festschrift Neumayr op. cit. Rz. 1613.
[15] EuGH 20. 01. 1994, C-129/92, Owens Bank Ltd, ECLI:EU:C:1994:13.
[16] Oppolzer, EuZW 2022, op. cit., 516 (518); Otti in Garber: Festschrift Neumayr op. cit. Rz. 1613 (1619 f) sowie Scholz-Berger, JBl 2023, op.cit. 7 (9).
[17] Scholz-Berger, JBl 2023, op.cit. 7 (11).
[18] Trenker, Martin, LMK 2022, 807507 (Entscheidungsanm); Bernhard, Lino: Anerkennungsversagung aufgrund von Schiedssprüchen unter der EuGVVO, Recht der lnternationales Wirtschaft 2013, 16 (20).
[19] Vgl auch den vorliegenden Fall: die ursprünglichen jordanischen Urteile wären in Österreich mangels Gegenseitigkeit nicht vollstreckbar gewesen; Bachner, Thomas/Wer-Deritsch, Lena: Doppelexequatur: Schafft der EuGH neue Umgehungsmöglichkeiten? Zivilrecht aktuell, 2022, 264 (266); sowie Sujecki in Garber: Festschrift Neumayr op. cit. 1659 (1670). Vgl auch Garber, Thomas in Anzenberger, Phillip/Mayr, Peter/Trenker, Martin (Hrsg.): Europäisches Zivilverfahrensrecht[4] (in Druck); Ott in Garber: Festschrift Neumayr op. cit. 1613 (1622).
[20] Oppolzer, EuZW 2022, op. cit., 516 (519 f).
[21] Trenker, LMK 2022 op. cit. 807507 (Entscheidungsanm).
[22] Otti in Garber: Festschrift Neumayr op. cit. 1613 (1622).
[23] Scholz-Berger, JBl 2023, op.cit. 7 (14).
[24] Scholz-Berger, JBl 2023, op.cit. 7 (14).
[25] Trenker, LMK 2022, op. cit. 807507 (Entscheidungsanm).
[26] OGH 19.5.2022, 3 Ob 71/22w.
[27] Scholz-Berger, JBl 2023, op.cit. 7 (13).
[28] Scholz-Berger, JBl 2023, op.cit. 7 (13); Cranshaw, Friedrich: Anm 1 (Entscheidungsanm), jurisPR-HaGesR 6/2022.
[29] Oppolzer, EuZW 2022, op. cit. 516 (519).
[30] Garber in Anzenberger/Mayr/Trenker op. cit. Europäisches Zivilverfahrensrecht[4] (in Druck); Scholz-Berger, JBl 2023, op.cit. 7 (12).
[31] Cranshaw, jurisPR-HaGesR op. cit. 6/2022, Anm 1 (Entscheidungsanm); Oppolzer, EuZW 2022, op. cit. 516 (520).
[32] EuGH 7. 4. 2022, C-568/20, J/H Limited, ECLl:EU:C:2022:264.
[33] EuGH 20. 6. 2022, C-700/20, London Steam-Ship, ECLl:EU:C:2022:488, lPRax 2023, 280 (Pika 238); Niehoff, Gerrit: Entscheidungsanmerkung OLG Frankfurt, Zeitschrift für lnternationales Wirtschaftsrecht, 2022, 281.
So bereits EuGH 25. 7. 1991, C190/89, Rich/Società ltaliana lmpianti, ECLl:EU:C:1991:319; zur Auslegung s auch Hartenstein, Olaf, Recht zur Transportwirtschaft, 2022, 458 (459 f).
[34] Zu prüfen ist etwa die Zuständigkeit des Schiedsgerichts, die Frage, ob der Erlass des Urteils iSd Rechtspflege sei, über die Frage der öffentlichen Ordnung und die Rechte Dritte (s dazu auch SA des GA Pikamäe, EuGH 16. 12. 2021, C-568/20, J/H Limited, ECLl:EU:C:2021:1026).
[35] Garber in Anzenberger/Mayr/Trenker op. cit. Europäisches Zivilverfahrensrecht[4] (in Druck).
[36] Garber in Fasching/Konecny op. cit. Zivilprozessgesetze[3] (Band #), Art 2 EuGVVO 2012 Rz. 56.
[37] EuGH 7. 4. 2022, C-568/20, J/H Limited, ECLl:EU:C:2022:264.
[38] Garber in Anzenberger/Mayr/Trenker op. cit. Europäisches Zivilverfahrensrecht[4] (in Druck); Scholz-Berger, JBl 2023, op.cit. 7 (10).
[39] EuGH 7. 4. 2022, C-568/20, J/H Limited, ECLl:EU:C:2022:264.
[40] EuGH 7. 4. 2022, C-568/20, J/H Limited, ECLl:EU:C:2022:264.
[41] Garber, Thomas in ANGST, Peter/Oberhammer, Paul (Hrsg.): Kommentar zur Exekutionsordnung EO[3], Vor § 79 Rz. 61; Mankowski, Peter: Kann ein Schiedsspruch ein Hindernis für die Anerkennung einer ausländischen Entscheidung sein? Zeitschriften für Schiedsverfahren 2014, 209 (212 f); für eine analoge Anwendung des Art 45 Abs 1 lit d EUGVVO 2012, nicht aber Art 45 Abs 1 lit c EuGVVO 2012 Hartenstein, RdTW op. cit. 458 (462); Illmer, Martin: West Tankers reloaded - Vollstreckung eines feststellenden Schiedsspruchs zur Abwehr der Vollstreckung einer zukünftigen ausländischen Gerichtsentscheidung, [P]raxis des Internationalen Privat- und Verfahrensrecht, 2012, 264 (271).
[42] SA des GA Pikamäe, EuGH 16. 12. 2021, C-568/20, J/H Limited, ECLI:EU:C:2021:1026. Die Gerichte des Vereinigten Königreichs hätten die Vollstreckung des spanischen Urteils verweigern müssen, wenn der englische Schiedsspruch in England anerkennungsfähig gewesen wäre. Letzteres ist eine Frage des englischen Rechts (nicht des New Yorker UN-Übereinkommens), die das englische staatliche Gericht mit seinem "Urteil entsprechend dem Schiedsspruch" allerdings schon beantwortet hatte.
[43] EuGH 4. 5. 2010, C-533/08, TNT Express Nederland B/AXA Versicherung AG, EC-LI:EU:C:2010:243; bestätigt in EuGH 19. 12. 2013, C-452/12, Nipponkoa Insurance Co (Europe) Ltd/Inter-Zuid Transport BV, ECLI:EU:C:2013:858; 4. 9. 2014, C-157/13, Nickel & Goeldner Spedition GmbH/"Kintra" UAB, ECLI:EU:C:2014:2145.
[44] Garber, Thomas/Neumayr Matthias in Wieczorek, Bernhard/Schütze, Rudolf (Hrsg.), Zivilprozessordnung: ZPO[5] (Band XIV) Deutschland, De Gruyter-Verlag, 2021, Art 71 Brüssel la-VO Rz. 16 mwN.
[45] Garber/Neumayr in Wieczorek/Schütze, ZPO[5] (Band XIV) op. cit. Art 71 Brüssel la-VO Rz. 17 mwN.
[46] Bernhard, Lino, Anerkennungsversagung aufgrund von Schiedssprüchen unter der EuGVVO, Recht der internationalen Wirtschaft, 2013, 16 (22).
[47] Niehoff, IWRZ op. cit. 281
[48] Niehoff, IWRZ op. cit. 281; Scholz-Berger, JBl 2023, op.cit. 7 (11); Garber/Neumayr in Wieczorek/Schütze ZPO[5] (Band XIV) op. cit. Art 71 Brüssel la-VO Rz. 17.
[49] Hartenstein, RdTW op. cit. 458 (464).
[50] Hatenstein, RdTW op. cit. 458 (464).
[51] Garber in Angst/Oberhammer, Kommentar zur Exekutionsordnung[3] op. cit. Vor § 79 Rz. 63; Garber in Mayr, Handbuch des europäischen Zivilverfahrensrecht [2] op. cit. Rz. 3.748; Garber in Anzemberger/Mayr/Trenker op. cit. Europäisches Zivilverfahrensrecht[4] (in Druck).
[52] Garber in Mayr, Handbuch des europäischen Zivilverfahrensrecht[2] op. cit. Rz. 3.799 ff.
[53] Garber in Anzenberger/Mayr/Trenker op. cit. Europäisches Zivilverfahrensrecht[4] (in Druck); Hartenstein, RdTW op. cit. 458 (464)., 458 (464).
[54] EuGH 7. 4. 2022, C-568/20, J/H Limited, ECLI:EU:C:2022:264, Rz. 63.
[55] Bernhard, RIW 2013, op. cit. 16 (23).
[56] OGH 3 Ob 126/20f. Diese Frage stellt sich auch im Verfahren zu OGH 3 Ob 92/20f.
[57] Zur Frage 2 s unter Punkt.
[58] Otti in Garber: Festschrift Neumayr op. cit. Rz. 1613 (1621 FN 50).
[59] EuGH 6. 9. 2012, C-619/10, Trade Agency, ECLI:EU:C:2012:531.
[60] EuGH 6. 6. 2019, C361/18, Weil/Gulácsi, ECLI:EU:C:2019:473.
[61] EuGH 6. 9. 2012, C-619/10, Trade Agency, ECLI:EU:C:2012:531.
[62] Kodek in Czernich/Kodek/Mayr op. cit. Europäisches Gerichtsstands- und Vollstreckungsrecht[44], Art 46 Brüssel la-VO Rz. 6 f; Peiffer, Evgenia/Peiffer, Max in Geimer, Reinhold/Schütze, Rolf /Hau, Wolfgang (Hrsg.): lnternationaler Rechtsverkehr, Deutschland, C.H. Beck Verlag, 2023, 538 Art 45 VO (EU) Nr. 1215/2012 Rz. 136 und Art 53 VO (EU) Nr. 1215/2012 Rz. 12.
[63] OGH 30.6.2010, 3 Ob 69/22a.
[64] EuGH 6. 9. 2012, C-619/10, Trade Agency, ECLl:EU:C:2012:531.
[65] SA der GA Kokott, EuGH 26. 4. 2012, C-619/10, Trade Agency, ECLl:EU:C:2012:247.
[66] Garber, Thomas in Burstaller/Neumayr/Geroldinger/Schmaranzer (Hrsg.): lnternationales Zivilverfahrensrecht (Loseblattslg, 18. Lfg, Stand: 2015) op. cit. Art 53 EuGVVO Rz. 12; Geimer, Gregor in Geimer, Reinhold/Schütze, Rolf (Hrsg.): Europäisches Zivilverfahrensrecht[4], Deutschland, C.H. Beck Verlag, 2020, Art 53 EuGVVO Rz. 3 ff Kodek in Czernich/Kodek/Mayr op. cit. Europäisches Gerichtsstands- und Vollstreckungsrecht[44] Art 53 Brüssel la-VO Rz. 3; Koller, Christian in Stein, Friedrich/Jonas, Martin, Kommentar zur Zivilprozessordnung[23], Band Xll, Mohr Siebeck Verlag, 2014, Art 53 EuGVVO, Rz. 21; Mankowski in Rauscher, EUZPR/EUIPR[5] (Band I) op. cit. Art 46 Brüssel Ia-VO Rz. 43; Peiffer/Peiffer in Geimer/Schütze/Hau op. cit. Art. 55 VO (EU) Nr. 1215/2012 op. cit. Rz. 12; Ulrici, Bernhard: Inländische Anerkennungs- und Vollstreckungsbescheinigung nach der Brüssel Ia-VO, Zeitschrift für das Privatrecht der Europäischen Union, 2015, 295 (296 f); Ulrici, Bernhard: Anerkennung und Vollstreckung nach Brüssel la, Juristenzeitung, 2016, 127 (132); Wiedemann, Denise: Vollstreckbarkeit: Entwicklung, Wirkungserstreckung und Qualifikation im System Brüssel Ia (2016) 80 ff; OLG Düsseldorf 16. 2. 2016, 3 W 157/15 Beck- Rechtsprechung 2016, 131671; OLG Frankfurt 30. 3. 2020, 26 W 9/20, Beck- Rechtsprechung, 2020, 8908; BGH 26. 4. 2018, IX ZB 15/16 FamRZ 2018, 1253 = Praxis der internationales Privat- und Verfahrensrecht 2020, 43 (s dazu H. Roth, Zur Beweiskraft der Bescheinigungen nach Art. 54 EuGVVO 2001 und nach Art. 53 EuGVVO 2015, IPRax 2020, 21); Meller-Hannich, Caroline: Schnittstellen und Wechselwirkungen zwischen dem europäischen Zivilprozessrecht und dem nationalen Vollstreckungsrecht, Zeitschrift für Vergleichende Rechtswissenschaft ist eine juristische Fachzeitschrift, 2020, 254 (270); auch die SA des GA Bobek, EuGH 7. 5. 2019, C-347/18, Salvoni/Fiermonte, ECLI:EU:C:2019:370, nach dem die Bescheinigung sogar den Zweck einer "verbindlichen Erklärung" der Vollstreckbarkeit der Entscheidung verfolge.
[67] Mankowski in Rauscher, EUZPR/EUIPR[5] (Band I) op. cit. Art 46 Brüssel Ia-VO Rz. 43; Ulrici, GPR 2015 op. cit. 295 (296 f), Ulrici, JZ 2016 op. cit. 127 (132); Wiedemann, Vollstreckbarkeit op. cit. 80 ff.
[68] Siehe auch Haubold, Alexander in Wieczorek, Bernhard/Schütze, Rudolf (Hrsg.), Zivilprozessordnung: ZPO[5] (Band XIV) Deutschland, De Gruyter-Verlag, 2021, Vor Art 53 Brüssel Ia-VO Rz. 81.
[69] IMPING, Andreas, Zeitschrift für internationales Wirtschaftsrecht. 2022, 277 (281).
Lábjegyzetek:
[1] Der Autor ist Universitätsprofessor (Institut für Zivilrecht, Universität Linz).
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