Das ungarische Parlament hat am 11-ten Februar 2013 das Gesetz Nr. V. von 2013 über das neue Zivilgesetzbuch (im Folgenden: ZGB) verabschiedet. Dieses Gesetzbuch regelt ab 15-ten März 2014 die Rechtsverhältnisse der Bürger und ihrer Organisationen untereinander.
Das bis 2014 gegoltene frühere Gesetzbuch wurde zwischen 1953 und 1959, zu einer Zeit der beinahe vollständigen Liquidierung des Privateigentums geschaffen.[1] Unter diesen sehr ungünstigen gesellschaftlichen Verhältnissen waren die bedeutenden fachlichen Qualitäten dieses Gesetzbuches seinen Schöpfern und den mehreren Vorentwürfen aus der ersten Hälfte des 20-sten Jahrhunderts zu verdanken. Der allererste vollständige Entwurf stammt aus dem Jahre 1900, dem Jahre also als das deutsche BGB in Kraft trat.[2]
Die gänzlich veränderte Rolle des Privateigentums und die grundlegenden Änderungen nach der Wiedereinführung der Marktwirtschaft in den 1990-er Jahren haben den Kodex in vielerlei Hinsicht reformbedürftig, gar überholt, werden lassen; sie haben eine komplette Neufassung des Gesetzbuches erfordert. Bereits die mehr als hundert Änderungen haben gezeigt, dass Gelegenheitsreformen und die Beseitigung einzelner Schwachstellen nicht mehr ausreichten. Deshalb hat die ungarische Regierung im April
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1998 den Beschluss gefasst, ein neues Zivilgesetzbuch zu schaffen. Die von der Regierung ins Leben gerufene Kodifikationskommission (Kommission) hat zuerst, aufgrund der von den Arbeitsgruppen diskutierten Problemstellungen, eine Konzeption für die Neukodifikation ausgearbeitet. Insgesamt wurden mehr als hundert Abhandlungen dazu geschrieben. Die Kommission hat im Frühjahr 2002 ihren Entwurf zu der Konzeption mit den wichtigsten theoretischen Fragen und Antwortoptionen für eine Fachdiskussion vorgelegt. Nach einer mehrmonatigen Diskussion unter ungarischen Juristen wurde die endgültige Fassung der Konzeption sowie eine ausführliche Regelungsthematik von der Kodifikationskommission angenommen und Anfang 2003 - in mehr als 200 Druckseiten - veröffentlicht. Diese Materialien bildeten die Grundlage für die Ausarbeitung eines Vorentwurfs zu einem neuen Gesetzbuch, welcher (mit ausführlichen Motiven) Ende 2006 für die Fachöffentlichkeit präsentiert wurde. Aufgrund der Vorschläge der Fachöffentlichkeit wurde der Vorentwurf überarbeitet. Der zweite Entwurf ist im März 2008 als "Expertenvorlage eines neuen Zivilgesetzbuches für Ungarn" in Buchform veröffentlicht worden.[3] Wegen politischer Diskussionen, die vor allem um die rechtliche Stellung der außerehelichen Lebenspartnerschaften und die der gleichgeschlechtlichen Paare geführt worden sind, hat sich der weitere Verlauf der Kodifikation verzögert, gar fast gescheitert. So konnte die Fachkommission ihre Arbeit erst nach den Parlamentswahlen in 2010 fortsetzen und ihren endgültigen Entwurf Ende 2011 der Regierung übergeben. Die Regierung hat den Kommissionsentwurf unverändert im Parlament vorgelegt und dieses hat ihn dann mit unwesentlichen Modifizierungen verabschiedet.
Die Kodifikationskommission war im Klaren darüber, dass sich der Hauptstrom der Kodifikationstätigkeit in der jüngsten Zeit auf europäische Ebene verlagert hat. Die EU Richtlinien und EU Verordnungen, die private
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Modelgesetze: die Europäischen Prinzipien des Vertragsrechts (PECL)[4] und die darauf basierenden gründlichen Arbeiten der Study Group on a European Civil Code mit dem Zweck der Schaffung eines "akademischen" Gemeinsamen Referenzrahmen (DCFR[5]) sowie zuletzt der EU Verordnungsvorschlag über ein einheitliches europäisches Kaufrecht (CESL)[6] weisen eindeutig in diese Richtung hin. Heute lässt sich jedoch m. E. die Frage noch nicht beantworten, auf welchem Weg (oder eher: auf welchen Wegen) die Herauskristallisierung des europäischen Privatrechts (vor allem des Vertragsrechts) voranschreiten wird.
Die grundlegenden Änderungen im Privatrecht der mittel- und osteuropäischen Staaten in den 1990-er Jahren haben aber die Frage nach der Neukodifikation auf nationaler Ebene aufgeworfen und eine rasche Antwort verlangt. Diese Rechtsordnungen konnten und wollten deshalb die Entwicklungen in der Europäischen Union nicht abwarten. Insbesondere in den baltischen Staaten war diese Aufgabe unaufschiebbar, weil diese Staaten - als Teil der Rückerlangung ihrer Souveränität - sich von ihrem nach sowjetischem Muster erstellten sozialistischen Kodex schnellstmöglich trennen wollten. In Estland wurde das Privatrecht nach und nach in einzelnen Gesetzen kodifiziert und die entsprechenden Bestimmungen der für die übrigen Materien zunächst weiter geltenden Zivilgesetzbuchs vom 12. Juni 1964 schrittweise außer Kraft gesetzt.[7] In Lettland gilt wieder (mit Änderungen aus den 1990-er und 2000-er Jahren) das Vorkriegsgesetzbuch vom 28. Januar 1937. Mit dem Inkrafttreten der einzelnen Teile des BGB von 1937 traten die entsprechenden Bestimmungen des Gesetz-
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buches der ehemaligen Lettischen Sowjetrepublik außer Kraft.[8] In Litauen wurde am 18. Juli 2000 ein neues, umfangreiches bürgerliches Gesetzbuch verabschiedet.[9] Umfangreiche Kodifikationsarbeiten waren aber auch in den anderen ehemaligen sozialistischen Staaten durchgeführt.[10] In Slowenien wurden - ähnlich wie in Estland - die einzelnen Teile eines Gesetzbuches nach und nach verabschiedet.[11] Auch in Rumänien[12] und in Tschechien[13] wurde ein umfangreiches neues Gesetzbuch verabschiedet. Rege Kodifikationsarbeiten sind auch in Polen[14] und in der Slowakei[15] im Gange. So entstand eine ziemlich bunte Palette an Kodifikationen in der Ost-mitteleuropäischen Region.
Bei der Ausarbeitung des ZGB hat die Kommission davon ausgegangen, dass das neue Gesetzbuch das bestehende Privatrecht (law in action) als
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Ausgangsgrundlage betrachten soll. Der Gesetzgeber erfülle seine Aufgabe dann am besten, wenn er das sich in der Rechtsprechung bildende Zivilrecht nur dort ändert oder ausbessert, wo die oben zusammengefassten Ursachen eine Modifikation zwingend erforderten. Dementsprechend stellt das ZGB kein gänzlich neues Recht dar; das wäre auch absurd. Es ist eher eine Erneuerung und Verbesserung des bisherigen Privatrechts und bringt neben redaktionellen und strukturellen Änderungen nur die nötigen wesentlichen inhaltlichen Änderungen mit sich.
Damit hängt es zusammen, dass die Kodifikationsarbeiten in Ungarn kein einzelnes ausländisches Privatrecht als Modell genommen haben. Die Erfahrungen mit älteren ausländischen Gesetzbüchern, wie die mit dem des Code civil, dem österreichischen ABGB, dem BGB sowie mit dem schweizerischen Zivilgesetzbuch sind bereits in die Vorläufer-Entwürfe bzw. in das bis 2014 geltende Gesetzbuch eingearbeitet worden. Von den ausländischen nationalen Kodizes diente allenfalls das neue niederländische Burgerlijk Wetboek eine gewisse Vorbildrolle, insbesondere was sein struktureller Aufbau und die Integrierung der EU-Richtlinien betrifft.
Auch die "private Rechtschöpfung" spielt in der jüngeren Zeit eine wichtige Rolle. Aus den rechtsvergleichend ausgearbeiteten Modellgesetzen (wie UNIDROIT Principles und den erwähnten PECL und DCFR) kann man viel für eine nationale Kodifikation lernen. Sie wurden auch bei der ungarischen Kodifikation mitberücksichtigt. Ähnliches lässt sich über einige internationale Übereinkommen, vor allem über das Wiener UN- Kaufrecht (CISG) sagen. Es war jedoch eine behutsame organische Einarbeitung derer Ergebnisse in das ZGB und keine bloße Übernahme verlangt.
Bei der Ausarbeitung der Konzeption zum ZGB ist erneut auch die Diskussion darüber entfacht, ob der Gesetzgeber dem monistischen oder eher dem dualistischen Prinzip der Privatrechtskodifikation folgen sollte; mit anderen Worten, ob das Handelsprivatrecht, vor allem die Handelsverträge, innerhalb, als Teil des Bürgerlichen Gesetzbuches, oder in einem ei-
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genständigen Handelsgesetzbuch (oder wie neulich in Österreich in einem Unternehmensgesetzbuch[16]) geregelt werden sollten.
Ungarn hat im 19. Jahrhundert den damals üblichen letzteren Weg eingeschlagen. Das Handelsgesetzbuch (Kereskedelmi Törvény, im Folgenden: Kt.) von 1875, das sich an das ADHGB angelehnt, dessen Regelungen sogar stellenweise kopiert hat, hat einen Kaufmannsbegriff formuliert und die Handelsgeschäfte sowie die Handelsgesellschaften aus dem Gewohnheitsprivatrecht herausgetrennt und ein eigenständiges Handelsprivatrecht geschaffen. Es ist nicht verwunderlich, dass nach den großen gesellschaftlichen Veränderungen und der Wiedereinführung der Marktwirtschaft nach 1990 einige Juristen reflexartig eine ähnliche Kodifikation verlangten.[17] Diese Meinung hatte natürlich auch nostalgische Gründe. Sie war aber auch nicht frei vom Einfluss des sozialistischen Wirtschaftsrechts und wurde von der ein Jahrhundert andauernden (allerdings Jahrzehnte in einem "Dornröschenschlaf" ruhenden) Wirkung des Kt. von 1875 gestärkt.[18] In diese Richtung deutete auch der Umstand, dass die im Wirtschaftsleben wichtigen Verträge nicht oder nur ungenügend geregelt waren und dass 1988 auch das Gesellschaftsrecht außerhalb des Zivilgesetzbuches kodifiziert worden ist. Nach der Ansicht dieser Autoren sollte das Handelsvertragsrecht nicht in das ZGB mit einbezogen, sondern getrennt kodifiziert werden. Auch die Theorie des "Außenprivatrechts der
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Unternehmen" von Karsten Schmidt[19] beeinflusste die Diskussion. So wurde auch ein "Unternehmensgesetzbuch" vorgeschlagen.[20]
Nach heftiger Diskussion im ungarischen Schrifttum hat sich jedoch die Konzeption einer monistischen Kodifikation, gegen ein separates HGB (mit Regeln über die Handelsgeschäfte) durchgesetzt. Damit ist das gesamte Vertragsrecht mit allgemeinen Regeln und den typischen Handelsverträgen Regelungsgegenstand einer einheitlichen Privatrechtskodifikation geblieben. Für diese Lösung sprachen sowohl die historischen Erfahrungen[21] als auch die Lehren der Rechtsvergleichung.[22]
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Eine der konzeptionellen Schlüsselfragen der ungarischen Privatrechtsreform war die systematische Behandlung des europäischen Verbrauchervertragsrechts.[23] Trotz ihrer Unvollkommenheit haben die vertragsrechtlichen Richtlinien die Rechtsvereinheitlichung innerhalb der Europäischen Union gestärkt. Diese Richtlinien sind in den neuen Mitgliedstaaten, auch in Ungarn, in der Regel bereits vor ihrer EU-Mitgliedschaft in ihr Rechtssystem umgesetzt worden.[24] Die Umsetzung der Richtlinien hat auf den jeweiligen Rechtsgebieten zu einer Vereinheitlichung oder zu einer starken Annäherung innerhalb der ganzen Europäischen Union geführt.
Aus den bisherigen Erfahrungen mit den Umsetzungsmethoden in den Mitgliedstaaten kann man einige Schlussfolgerungen ziehen. Hier wird diese Problematik am Beispiel der Umsetzung der Verbraucherrichtlinien veranschaulicht. Die bisherige Umsetzungspraxis der Mitgliedstaaten zeigt ein ziemlich buntes Bild. Was die strukturellen Lösungsmöglichkeiten betrifft, hat der Gesetzgeber, ähnlich wie in anderen Mitgliedstaaten, auch in Ungarn bei der Umsetzung der Verbraucherrichtlinien drei Methoden angewandt. Die Umsetzung erfolgte
- in Spezialgesetzen,
- in einem Sondergesetz für Verbraucherschutz, bzw.
- durch Integration in das ZGB.
Wo liegen die Vor- bzw. Nachteile der angewandten Umsetzungsmethoden?
a) Bei der in Einzelgesetzen erfolgten Umsetzung ist zwar die europarechtliche Herkunft der Regeln leichter zu erkennen, auch den nötigen daraus
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folgenden Konsequenzen (z.B. der einheitlichen Auslegungspflicht und der Vorabentscheidungspflicht) kann am einfachsten Rechnung getragen werden; diese Methode führt jedoch zu einer Zersplitterung des Privatrechts. Deshalb ist diese Lösung, die lange Zeit die bevorzugte Methode war, für ein kodifiziertes Rechtssystem längerfristig nicht zu empfehlen.
b) Die zweite Methode fügt die privatrechtlichen Verbraucherrichtlinien in einem Sondergesetz für Verbraucherschutz zusammen. Diese Lösung entspricht den Transparenzerfordernissen des Verbraucherschutzes, vermengt jedoch Normen unterschiedlichen Charakters (vertragsrechtliche Normen mit verwaltungsrechtlichen Normen) und nimmt gleichzeitig das heute so wichtige Gebiet des Privatrechts aus dem bürgerlichen Gesetzbuch heraus.
c) Die dritte Methode integriert die Richtlinien thematisch in das bürgerliche Gesetzbuch und hebt damit den grundsätzlich privatrechtlichen Charakter der Richtliniennormen hervor. Sie wird der Einheit des Privatrechts am ehesten gerecht. Man muss aber gleichzeitig sehen, dass bei dieser Methode das Transparenzgebot zu kurz kommen kann. Der gemeinsame Schwachpunkt der zweiten und der dritten Lösung besteht darin, dass der Gesetzgeber die europarechtliche Herkunft der Regelungen in irgendeiner Form eigens klarstellen muss, um damit ihre einheitliche Auslegung zu sichern.
Die Vorteile einer Integration in das bürgerliche Gesetzbuch hat der ungarische Gesetzgeber (ähnlich wie etwa der niederländische und der deutsche) beispielsweise bei der Umsetzung der Klausel- und der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie wahrgenommen. Trotz des privatrechtsfremden Charakters der Unabdingbarkeit der Regelungen für Verbraucherverträge und anderer Schwierigkeiten inhaltlicher und systematischer Art, wollte man derart wichtige Gebiete des Vertragsrechts wie die Kontrolle missbräuchlicher Klauseln in Verbraucherverträgen sowie Gewährleistung und Garantie beim Verbrauchsgüterkauf nicht in einem Sondergesetz belassen, sondern diesen wichtigen Aspekt der sozialen Dimension im Privatrecht in dem Gesetzbuch selbst zum Ausdruck bringen. Anders jedoch als das deutsche Schuldrechtsmodernisierungsgesetz hat der ungarische Gesetzgeber die vorübergehenden Detaillösungen in den anderen Verbraucher-
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richtlinien nicht in das Gesetzbuch aufgenommen, sondern in Sondergesetzen umgesetzt.
Über die allgemein bekannten Vorteile einer Kodifizierung hinaus bringt die Integration in das Gesetzbuch auch jenen zusätzlichen Vorteil, dass sich die ansonsten unvermeidlichen Widersprüche zwischen den Bestimmungen der einzelnen Richtlinien verringern. So werden etwa nicht unterschiedliche Fristen für das Rücktrittsrecht des Verbrauchers festgelegt, wie es gegenwärtig in den Richtlinien und in den umsetzenden nationalen Rechtsnormen immer wieder vorkommt. Ebenfalls können Probleme bei der Rechtsanwendung vermieden werden, die sich aus einer etwaigen Überschneidung der Regelungsbereiche der Richtlinien ergeben.[25]
Auch beim Einbau des Richtlinienrechts in ein nationales bürgerliches Gesetzbuch kann man zwischen zwei Möglichkeiten wählen. Man kann die Umsetzung auf Verbraucherverträge beschränken, dh die Richtlinie nur obligatorisch umsetzen. Diese Lösung verdoppelt gegebenenfalls die Regelung des betroffenen Vertrags (beispielsweise des Kaufvertrags) innerhalb des Gesetzbuches. Eine überobligatorische Integration hat dagegen augenfällige Vorteile. Vor allem können so die aus der Umsetzung der Richtlinie entstehenden Chancen zur Modernisierung des alten Rechts genützt werden. Der ungarische Gesetzgeber hat bei der Umsetzung der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie versucht, aus dieser Möglichkeit Gebrauch zu machen. Der zwingende Charakter der Vorschriften zugunsten des Verbrauchers musste natürlich klar zum Ausdruck gebracht werden. Für das europarechtliche Erfordernis der einheitlichen Auslegung ist freilich auch bei einer überobligatorischen Umsetzung zu sorgen. Die einheitliche Auslegungspflicht obliegt zwar dem nationalen Richter nur bei Anwendung des Richtlinienrechts für Verbraucherverträge; die Einheit des nationalen Privatrechts macht jedoch die einheitliche Auslegung der überobligatorisch umgesetzten Normen auch bei Nichtverbraucherverträgen wünschenswert.
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Aufgrund dieser Überlegungen ist die 2003 angenommene Konzeption zum ZGB noch davon ausgegangen, dass die privat- und handelsrechtlichen Richtlinien möglichst vollständig in den neuen Kodex integriert werden sollten. Während der weiteren Kodifikationsarbeiten stellte sich jedoch heraus, dass diese Idee aus mehreren Gründen nicht zu verwirklichen ist. Manche Richtlinien sind für eine echte Kodifikation nicht geeignet, weil sie eine sehr kasuistische und schon deshalb oft zu ändernde Regelung geben. Außerdem enthalten die meisten verbraucherrechtlichen Richtlinien nicht nur zivilrechtliche Normen, sondern auch öffentlichrechtliche Regeln und die Letzteren können nicht in ein bürgerliches Gesetzbuch aufgenommen werden. Deshalb hat die ungarische Kodifikationskommission die "totale" Umsetzung im deutschen Schuldrechtsmodernisierungsgesetz nicht als Modell betrachtet. Stattdessen hat sie das Richtlinienrecht nur selektiv und möglichst thematisch in den Entwurf für das Zivilgesetzbuch aufgenommen und das übrige Material dem Verbraucherschutzgesetz belassen. Damit hat die Kommission und dementsprechend auch das ZGB selbst die Bewahrung der Kodifikationsidee auf Kosten des Transparenzgebots bevorzugt. Die Richtigkeit dieser Lösung kann mE durch die neueste Entwicklung im EU Verbraucherprivatrecht: durch die Richtlinie 2011/83 EU des Parlaments und des Rates vom 25 Oktober 2011 über die Rechte der Verbraucher[26] als bestätigt gesehen werden. Diese Richtlinie hat mehrere frühere Verbraucherrichtlinien abgeändert und die Minimalharmonisierung teils mit Vollharmonisierung ersetzt. Das ZGB hat auch diese Richtlinie mitberücksichtigt aber nur einige ihrer Regel integriert.
1. Das ZGB geht davon aus, dass das neue Gesetzbuch inhaltlich über den Regelungsbereich des jetzigen Kodexes hinausgehen und den größtmöglichen Bereich des Zivilrechts abdecken soll. So wurde das Familienrecht (welches im sozialistischen Rechtssystem aus dem Privatrecht herausge-
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nommen und in einem selbstständigen Gesetz geregelt wurde) wieder in das ZGB eingearbeitet. Ebenso wurde auch das materielle Gesellschaftsrecht in das ZGB (im Buch 3 über die juristischen Personen) integriert, andere Gebiete wie das Urheberrecht und das Patentrecht enger an das ZGB angeknüpft. Dieses Konzept verfolgt das Ziel, die Vorteile der Gesetzgebung[27] auf möglichst vielen Gebieten des Zivilrechts zur Geltung kommen zu lassen. Diese Vorteile sind aus der Erfahrung mit klassischen Gesetzbüchern bekannt und etwa wie folgt zusammenzufassen:
- Durchsetzung einheitlicher Grundsätze,
- methodische Homogenität,
- einheitlicher Aufbau von den allgemeinen zu den besonderen -Vorschriften,
- Vermeidung von Normenwiederholungen,
- Abkürzungen mit Verweisungen u. ä.
Die Erweiterung des Regelungsbereichs hatte zur redaktionellen Folge, dass das ZGB aus Büchern besteht, die miteinander inhaltlich abgestimmt und den allgemeinen Prinzipien des ganzen Gesetzbuches untergeordnet sind. Die Unterteilung in einzelne Bücher ermöglichte es, sowohl die integrierende Rolle des einheitlichen Gesetzbuches zu nutzen als auch die Besonderheiten der zu integrierenden Rechtsmaterie zu berücksichtigen. Selbstverständlich musste dafür Sorge getragen werden, dass die früheren eigenständigen Sondergesetze (wie das Familienrechtsgesetz oder das Gesetz über die Handelsgesellschaften) nicht einfach in ein eigenes Buch des ZGB (zusammenhangslos) eingefügt werden. Der Vorteil einer richtigen Kodifikation (und nicht einer bloßen Kompilation) kommt nur dann zum Tragen, wenn jede Rechtsnorm auf demselben Grad der jeweils erforderlichen Abstraktionsstufe erscheint. Zum Beispiel: bei den Vorschriften über die Rechtsgeschäfte diejenige Normen, die sich auf alle Rechtsgeschäfte beziehen; bei den gemeinsamen Vorschriften über Verträge alle Normen, die für sämtliche Verträge gelten; im Rahmen der Regeln zu den einzelnen Vertragstypen die Abweichungen für die jeweiligen Verträge
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usw. Ausnahmevorschriften waren beispielsweise für Rechtsgeschäfte im Kindschaftsrecht oder über Eheverträge im Ehegüterrecht zu schaffen. Ähnlich erfährt das Testament als einseitiges Rechtsgeschäft eine besondere Regelung im Erbrecht.
2. Das ZGB enthält keinen Allgemeinen Teil im Sinne des deutschen BGB. Die Abstraktheit dieser Lösung ist für den Gesetzgeber in Ungarn immer fremd geblieben. Bereits der allererste umfangreiche Entwurf von 1900, der sonst unter dem starken Einfluss des BGB stand, hat einen Allgemeinen Teil mit der Begründung abgelehnt, dieser mache die Struktur des Gesetzbuches unnötig kompliziert. Es wurde beispielsweise betont, dass diejenigen einseitigen Rechtsgeschäfte, die in der Praxis eine wichtige Rolle spielen, wie etwa die letztwilligen Verfügungen, ohnehin mit eigenständigen Normen geregelt werden sollten.[28] Sowohl die späteren Entwürfe als auch das Gesetzbuch von 1959 und das ZGB selbst haben sich diese Meinung zu Eigen gemacht und sind eher der Systematik des schweizerischen Zivilgesetzbuches gefolgt.
Dementsprechend wird der Kodex mit einleitenden Bestimmungen eingeführt (Buch 1), die den Zweck des Gesetzes bestimmen und Prinzipien festlegen wie etwa Treu und Glauben und das Verbot des Rechtsmissbrauchs. Den einleitenden Bestimmungen folgen dann die einzelnen Bücher über die Personen, das Familienrecht, das Sachenrecht, das Schuldrecht und schließlich über das Erbrecht.
3. Die Bücher 2 und 3 regeln das Recht der Personen, und zwar das zweite Buch den Mensch als Rechtssubjekt, das dritte Buch die juristischen Personen. Das letztere enthält allgemeine Bestimmungen über alle juristischen Personen und reguliert den Verein, die Personen- und Kapitalgesellschaften sowie die Stiftung. Die allgemeinen Regeln über die juristischen Personen sind auch auf die in Spezialgesetzen geregelten juristischen Personen als lex generalis anwendbar.
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Die sozialistische Rechtsideologie hat bei den Familienrechtlichen Beziehungen deren persönlichen Charakter überbetont und sie deshalb in einem eigenständigen Familiengesetz geregelt. Das ZGB integriert sie wieder in das Gesetzbuch (Buch 4), wie es in den Entwürfen der Vorkriegszeit immer der Fall war. Das Buch über das Sachenrecht (Buch 5) reguliert das Eigentum und die Sachenrechte im fremden Eigentum, darunter auch die dinglichen Kreditsicherheiten.
In dem umfangreichsten Buch 6 über die Schuldverhältnisse werden allgemeine Bestimmungen über alle Schuldverhältnisse vorangestellt, die sowohl bei vertraglichen als auch bei gesetzlichen Obligationen zum Zuge kommen. Dieser erste Teil des Fünften Buches enthält u. a. die Verjährungsvorschriften (Eigentumsansprüche verjähren sich im ungarischen Recht nicht!), Regelungen über die Mehrparteienverhältnisse und die Erfüllung der Schuldverhältnisse. In diesem Teil findet man einige Vorschriften für die Rechtsgeschäfte. Die Normen des Vertragsrechts selbst sind in zwei Teile aufgegliedert worden. Die allgemeinen vertragsrechtlichen Bestimmungen gelten als lex generalis sowohl für die Vertragstypen im Besonderen Teil des Vertragsrechts als auch für atypische Verträge. Ferner finden sie entsprechende Anwendung für die einseitigen Rechtsgeschäfte sowie - mangels besonderer Regelung - für die familienrechtlichen, sachenrechtlichen und erbrechtlichen Verträge.
Das Buch 7 reguliert das Erbrecht und das Buch 8 enthält die Schlussbestimmungen. Die Übergangsbestimmungen sind in einem gesonderten Gesetz festgelegt.
Das ZGB schafft mithilfe einer Generalklausel ein allgemeines Persönlichkeitsrecht. Vom ungarischen Verfassungsgericht wurde 1990 der wesentliche Inhalt des allgemeinen Persönlichkeitsrechts wie folgt definiert: "Das allgemeine Persönlichkeitsrecht ist ein subsidiäres Grundrecht, auf das sich sowohl das Verfassungsgericht als auch die ordentlichen Gerichte zum Schutz der Autonomie des Einzelnen stützen können, wenn für den
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entsprechenden Tatbestand keines der konkreten (gesetzlich benannten) Grundrechte anwendbar ist."[29] Auf der Grundlage der Generalklausel des allgemeinen Persönlichkeitsrechts im ZGB kann von den Gerichten jegliche Art von Persönlichkeitsrechten (seien sie gesetzlich eigens benannt oder nicht) gleichermaßen geschützt werden. Der Schutz lässt sich auch auf die in der Zukunft entstehenden neue Arten von Persönlichkeitsrechten automatisch, ohne besondere Regelung erweitern. Das allgemeine Persönlichkeitsrecht stützt sich auf die Würde des Menschen und wird durch die gerichtliche Praxis mit Inhalt erfüllt und daher wohl kontinuierlich in seinem Wesen bereichert.
Die das allgemeine Persönlichkeitsrecht verletzenden Handlungen können je nach ihrem Motiv, ihrer Absicht, ihrem Gewicht bzw. ihrer Folge vielfältig geartet und bewertet sein. Die Regelungen hinsichtlich einzelner Persönlichkeitsrechte stellen im ZGB lediglich eine exemplifikatorische Aufzählung dar: Recht auf Schutz des Lebens, der Gesundheit und der körperlichen Unversehrtheit; Schutz gegen Diskriminierung; Recht auf Schutz des guten Rufs und der Ehre; Respektierung der Privatsphäre; Recht auf Namenstragung; Recht auf Schutz vor Bild- und Tonaufnahmen sowie Recht auf Privatgeheimnisse und persönlicher Daten. Diese Vorschriften haben die Funktion, die in der Praxis herauskristallisierten und am häufigsten in Erscheinung tretenden Persönlichkeitsrechte bewusst zu machen. Mit dieser Struktur der Normen will das ZGB betonen, dass die Sanktionierung der Persönlichkeitsverletzungen grundsätzlich durch die Generalklausel über das allgemeine Persönlichkeitsrecht gewährleistet wird.
Das ungarische Verfassungsgericht hat das Recht auf die Würde des Menschen als das Mutterrecht sämtlicher anderer verfassungsrechtlicher Grundrechte qualifiziert. Sie ist also schlechthin die Quelle selbst auch für alle benannten oder nicht benannten privatrechtlichen Persönlichkeitsrechte des Menschen. Auch das ZGB leitet den Schutz der menschlichen Persönlichkeit aus dem Recht auf die Würde des Menschen ab. Die Würde des Menschen kann sinngemäß nur einer natürlichen Person nicht jedoch einer juristischen Person zustehen. Nicht zuletzt deshalb regelt das ZGB
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den Schutz der Persönlichkeit im Buch 2 über den Mensch als Rechtssubjekt und erstreckt diesen Schutz mit einer Verweisungsnorm im Buch 3 entsprechend auf die juristischen Personen.
Das alte Zivilgesetzbuch von 1959 hat versucht, das vertragliche und das außervertragliche Schadensersatzrecht auf der gleichen prinzipiellen Grundlage aufzubauen.[30] Ausgangsregel war eine Generalklausel, die dem Beispiel des Art. 1382 des Code civil folgte. Danach war eine rechtswidrige Handlung, sei es eine Vertragsverletzung oder eine unerlaubte Handlung, die Grundvoraussetzung für die Haftung. In beiden Fällen konnte Schadensersatz nur bei Verschulden des Schädigers zugesprochen werden. Hinsichtlich des Verschuldens galt eine Beweislastumkehr auf beiden Gebieten. Das grundsätzlich einheitliche Haftungsregime wurde mit einer Verweisungsnorm im Leistungsstörungsrecht auf die Generalklausel im Deliktsrecht und die sämtlichen deliktischen Schadensersatzregel hergestellt. Diese Lösung war mit einer einheitlichen Verjährungsfrist kombiniert und hat den Vorteil gehabt, dass der vertraglichen oder deliktischen Qualifikation der rechtswidrigen Handlungen keine praktische Bedeutung beigemessen werden musste.
Gleichwohl konnte unter marktwirtschaftlichen Bedingungen, wie auch in Ungarn nach 1990, dieses einheitliche System nicht mehr aufrechterhalten werden. Es darf nämlich ein wichtiger Unterschied auf den beiden Haftungsgebieten nicht außer Acht gelassen werden. Bei einer Vertragsverletzung besteht zwischen den Parteien schon im Vorhinein ein von ihnen beabsichtigtes Rechtsverhältnis, während ein solches beim Delikt fehlt. Wer mit jemandem einen Vertrag abschließt, tritt damit aus dem rein negativen Pflichtenkreis des außervertraglichen Verkehrs (neminem laedere) in den positiven der Vertragssphäre. Die Wurzeln der Schadensersatzhaftung sind also unterschiedlich, je nachdem, ob es sich um eine Vertragsverletzung oder eine außervertragliche rechtswidrige Handlung
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handelt. Im Falle der Deliktshaftung entsteht die Schuldrechtsbeziehung zwischen dem Schädiger und dem Geschädigtem lediglich durch die schädigende Handlung selbst, d.h. durch die Verletzung einer das Zufügen von Schaden verbietenden Norm. Im Falle der vertraglichen Haftung dagegen besteht bereits vor der Schadensverursachung ein Schuldrechtsverhältnis zwischen den Parteien: nämlich durch den Vertrag, welcher die Rechte und Pflichten der Parteien gegeneinander festlegt. Hier stellt also die Leistungsstörung das rechtswidrige Verhalten dar, d.h. die Verletzung des Vertrages, einer freiwilligen, bewusst und in überdachter Art und Weise übernommenen Verpflichtung. Die Schadenshaftung für Vertragsverletzung hat also auf alle Fälle eine vertragliche Verpflichtungsübernahme zur Voraussetzung, die fehlt jedoch im Falle der Deliktshaftung. Hinsichtlich der übrigen Voraussetzungen (Eintritt des Schadens, kausaler Zusammenhang) sind diese beiden Haftungsformen im Grunde genommen als identisch oder sehr ähnlich zu betrachten
Das ZGB berücksichtigt den hier exponierten Unterschied in der Grundlage zwischen der vertraglichen und deliktischen Haftung in zweierlei Hinsicht. Einerseits wird bei der vertraglichen Schadensersatzhaftung die Exkulpationsmöglichkeit der vertragsverletzenden Partei vom Verschuldensprinzip losgelöst und dadurch verschärft. Andererseits wird die Höhe der zu ersetzenden Folgeschäden und des entgangenen Gewinns (lucrum cessans) auf den von der vertragsverletzenden Partei bei Vertragsabschluss vorhersehbaren Schaden begrenzt. Diese beiden Änderungen hängen eng miteinander zusammen. Die objektivierte Exkulpationsmöglichkeit und die Beschränkung der Schadensersatzhaftung auf die vorhersehbaren Schäden schafft eine gesunde Gleichgewichtslage innerhalb der Risikoverteilung zwischen den Vertragsparteien. Über diese beiden wesentlichen Punkte hinaus behält das ZGB die Einheit von deliktischem und vertraglichem Schadensersatzhaftungsrecht auch für die Zukunft bei.
Das vorgeschlagene Schadenshaftungsregime im Leistungsstörungsrecht will bei der Regelung der Exkulpation eine gerechte Verteilung der Risiken zwischen den Parteien gewährleisten. Hierzu ist das Verschuldensprinzip nicht geeignet. Insbesondere in geschäftlichen Beziehungen ist
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die Anknüpfung an subjektive Gesichtspunkte für die Beurteilung von Haftungsfragen (genauer: von der Risikoverteilung) höchstens fraglich. Die traditionelle Bewertung aufgrund des Verschuldensprinzips stellt das Vertretenmüssen in den Mittelpunkt und setzt dadurch ein individuelles menschliches Fehlverhalten (eine Ordnungswidrigkeit im Verhalten) voraus. Jedoch wirken bei geschäftlichen Beziehungen in der Regel zahlreiche miteinander in komplizierter Wechselwirkung verwobene Faktoren zusammen und dadurch wird es sehr erschwert, die schadensrelevanten Handlungen auszuwählen. Es ist zudem problematisch, Bedeutung und Gewicht der etwaigen menschlichen Fehler zu beurteilen. Stattdessen soll davon ausgegangen werden, dass eine geschäftsmäßige Ausübung einer Tätigkeit notwendigerweise eine Übernahme von Risiken bedeutet. Deshalb soll die Lösung von eventuellen Haftungsfragen sinnvoller Weise nicht durch die nachträgliche Würdigung des jeweiligen Verhaltens erfolgen, sondern durch die (bereits vorher per Gesetz festgelegte) Allokation der mit der Tätigkeit einhergehenden Risiken geschehen. Die Allokation von Schadensfolgen einer Vertragsverletzung bedeutet also Risikoverteilung und nicht die Sanktionierung von individuellen Fehlern. Diese Auffassung ist auch bei nicht-professionellen Verträgen vertretbar, so dass es im Allgemeinen auch hier richtig ist, die Möglichkeit der Exkulpation vom Verschuldensprinzip zu lösen. Daher wird in dem ZGB die Exkulpationsmöglichkeit des Schädigers mit allgemeinem Charakter, d.h. auch für die nicht-professionellen vertraglichen Beziehungen, verschärft. Ausnahmen bilden nur die unentgeltlichen Rechtsgeschäfte.
Nach dem ZGB hat die Partei einen Anspruch auf Ersatz ihres Schadens, da ihre berechtigten geschäftlichen Erwartungen durch die Leistungsstörung nicht erfüllt worden sind. Dies hat die ungarische richterliche Praxis schon im Rahmen des alten Zivilgesetzbuches erkannt, und daher wurde das Verschuldensprinzip - insbesondere bei Vertragsverletzungen durch professionelle Firmen - streng, auf objektivierte Art und Weise interpretiert. Dies bedeutete, dass praktisch gesehen lediglich im Falle eines unabwendbaren Ereignisses das Fehlen des Vertretenmüssens anerkannt wurde. Das ZGB möchte in gesetzlich geregelter Form die Schadensersatzhaftung im Leistungsstörungsrecht vom Verschuldensprinzip lösen. Selbstverständlich kann auch im Falle einer Leistungsstörung die Scha-
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denshaftung nicht absolut sein, folglich ist der vertragsverletzenden Partei die Möglichkeit der Exkulpation weiterhin zuzusichern.
Das ZGB folgt bei der Verschärfung der vertraglichen Schadensersatzhaftung den internationalen Tendenzen. In diese Richtung weist vor allem der Artikel 79 des Wiener UN-Kaufrechtsübereinkommens (CISG).[31] Das ZGB formuliert unter Zugrundelegung dieses internationalen Vorbildes die Exkulpationsklausel und benennt drei kumulative Voraussetzungen, wobei die Beweislast für sämtliche drei Voraussetzungen der vertragsverletzenden Partei obliegt.
Als erstes wird für die Befreiung von der Haftung für durch Leistungsstörung entstandene Schäden verlangt, dass der schädigende Umstand außerhalb des Kontrollbereichs des Schuldners gelegen hat. Außerhalb des Kontrollbereichs liegt ein Umstand, auf welchen die Vertragspartei keinen Einfluss ausüben kann. Diese Umstände können natürlich nicht enumerativ aufgezählt werden, es können jedoch einzelne Fallgruppen benannt werden. Als außerhalb des Kontrollbereichs gelten etwa Naturkatastrophen: Erdbeben, Feuersbrunst, Seuche, Flut, Frost, Hochwasser, Windsturm, Blitzeinschlag etc., sowie bestimmte politisch-gesellschaftliche Ereignisse wie etwa Krieg, Revolution, Aufstand, Sabotage, Sperre eines Verkehrsweges oder des Flughafens. Hierzu können auch folgende staatliche Maßnahmen gezählt werden: Einfuhr- und Ausfuhrverbote, Devisenbeschränkungen, Embargo, Boykott oder ähnliches. Zu diesem Kreis zählen unter Umständen auch schwerwiegende Betriebsstörungen und radikale Marktänderungen, die die vertragsgemäße Erfüllung unmöglich machen: drastische Preisexplosionen, außerordentliche Schwächung der Zahlungswährung etc. Auf der anderen Seite gelten Organisations- oder sonstige Störungen im eigenen Betrieb, Verhalten des Angestellten der Vertragspartei, Beschaffungsschwierigkeiten am Markt etc. als nicht außerhalb des Kontrollbereichs der verletzenden Partei liegend. Die Gerichte müssen in Abwägung sämtlicher Umstände des jeweiligen Einzelfalles
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entscheiden, ob das Hindernis der vertragsgemäßen Erfüllung ein Grund war, welcher außerhalb des Kontrollbereichs der Vertragspartei gelegen hat oder nicht.
Die zweite Voraussetzung ist, dass mit dem außerhalb des Kontrollbereichs liegenden Umstand zur Zeit des Vertragsschlusses - objektiv -nicht gerechnet werden konnte. Eine Befreiung aus der Schadensersatzhaftung wird also trotz eines außerhalb des Kontrollbereichs liegenden Erfüllungshindernisses nicht bewirkt, wenn die zur Leistung verpflichtende Vertragspartei zur Zeit des Vertragsschlusses in objektiver Weise - also aus der Sicht eines verständigen Dritten an der Stelle des Schädigers - mit dem Hindernis (z.B. mit der Absperrung des Verkehrsweges oder mit der jeweiligen staatlichen Maßnahme) rechnen musste.
Die dritte Voraussetzung für die Befreiung ist, dass nicht erwartet werden kann, dass die Partei den die vertragsgemäße Erfüllung verhindernden Umstand oder wenigstens den daraus resultierenden Schaden hätte abwenden können. Auch dieser Erwartungsmaßstab ist objektiver Natur; er formuliert eine Voraussetzung, die aus der Sicht eines verständigen Dritten gilt, der sich in der Situation des Betroffenen befindet. Während die zweite Voraussetzung, nämlich die Vorhersehbarkeit des Hindernisses, laut ZGB zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses (ex ante) beurteilt werden muss, ist diese dritte Voraussetzung zum Zeitpunkt der Vertragsverletzung zu bewerten.
Das ZGB geht auch im Bereich der vertraglichen Schadenshaftung vom Prinzip der Vollreparation aus. Dies bedeutet, dass der zu ersetzende Schaden im Grunde sowohl die in der Leistung selbst entstandenen Schäden (sog. unmittelbare Schäden) als auch die im sonstigen Vermögen des Berechtigten entstandenen Schäden (sog. Folgeschäden) sowie den entgangenen Gewinn umfasst. Mit dem im Zuge der Vertragsverletzung tatsächlich entstandenen Schaden (damnum emergens) hat die vertragsverletzende Partei stets zu rechnen. In diesem Bereich kommt deshalb das Prinzip der Vollreparation ohne Beschränkungen zur Geltung. Dazu gehören die zur Abwendung der Folgen der Vertragsverletzung erforderlichen
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Kosten, die Kosten des Deckungskaufs infolge Nichterfüllung, Verzug oder Leistungsmangel und die bei mangelhafter Leistung mit den Fehlern zusammenhängenden Schäden.
Die Verschärfung der Voraussetzungen der Exkulpation (die adäquate normative Schadensallokation) rechtfertigt die sachgerechte normative Risikoverteilung, d. h. die Einschränkung der Höhe der Folgeschäden und des entgangenen Gewinns. In diesen Bereichen hat die richterliche Praxis bereits in der Judikatur des geltenden ZGB Schranken aufgestellt und so Ausnahmen aus dem Prinzip der Vollreparation gemacht. Hierzu haben die richterlichen Urteile verschiedene Methoden angewandt. Bisweilen haben sie den Anspruch auf Schadensersatz wegen Mangel an Beweisen (teilweise) abgewiesen; in anderen Fällen war das Fehlen des kausalen Zusammenhangs die Begründung. Insbesondere der Riss in der kausalen Kette diente häufig als einschränkender Gesichtspunkt hinsichtlich der Höhe des Schadensersatzes. Dies kann als natürlich betrachtet werden, da schließlich die Kette der Schadensfolgen theoretisch unendlich lang ist und das Gericht mit der Unterbrechung der Kausalkette den tatsächlich zu ersetzenden Schaden limitieren kann, ohne das Prinzip der vollständigen Schadensersatzhaftung aufgeben zu müssen. Die Haftungsbeschränkung mittels der Unterbrechung der Kausalität geschieht in erster Linie unter Anwendung der Adäquanztheorie. Die Urteile beschränken aber den Kausalzusammenhang zwischen der Vertragsverletzung und den Folgeschäden bzw. dem entgangenen Gewinn nicht selten mit sonstiger, dogmatisch aber unscharfer Begründung (z.B. mit allzu lockerer oder ferner Beziehung zwischen schädigender Handlung und Schaden u. ä.).[32]
Das ZGB will die Höhe der durch die Vertragsverletzung entstandenen Folgeschäden und des entgangenen Gewinns (lucrum cessans) durch die Aufstellung einer Vorhersehbarkeitsklausel betragsmäßig in Schranken weisen.[33] Das unmittelbare Vorbild für die Klausel findet sich im Artikel 74 des Wiener UN-Kaufrechtsübereinkommens (CISG), für den gleichwohl ein in den nationalen Rechten, in erster Linie im common law, eingebür-
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gerter Rechtsgedanke Pate stand.[34] Die Vorhersehbarkeitsklausel ist ein bewährtes rechtliches Mittel zur Verteilung der aus dem Vertrag entstehenden Markt- und sonstigen Risiken zwischen den Vertragsparteien. Es motiviert die jeweilige Partei dazu, bei Abschluss des Vertrages den Partner über die durch eine Vertragsverletzung zu erwartenden Schadensfolgen zu informieren, insbesondere über den möglichen lucrum cessans und die Folgeschäden. Falls nämlich eine Vertragspartei die andere Partei nicht über die von ihr vorhergesehenen, jedoch nicht bekannten Risiken informiert, muss der eintretende Schaden von der geschädigten Partei selbst getragen werden. Die Vorhersehbarkeitsschranke hat als hauptsächliches Ziel den Ausschluss von unüblichen, außerordentlichen, nicht vorhersehbaren und daher nicht kalkulierbaren Schäden. Die Risiken von Schäden, die die üblichen Folgen eines Vertrages wesentlich übersteigen, können der Regel nach ausschließlich durch gesonderte Hinweise bekannt gemacht werden. In Kenntnis der Schadensrisiken kann eine realistische Entscheidung über den Vertragsabschluss bzw. deren Konditionen gefällt werden: nämlich über die Gegenleistung, über etwaige Haftungsbeschränkungen bzw. über den Abschluss von Zusatzversicherungen etc. Die Vorhersehbarkeitsklausel ist gleichzeitig ein flexibles Hilfsmittel für den Richter bei der Verteilung des durch die Vertragsverletzung entstandenen entgangenen Gewinns und der Folgeschäden. Daneben passt diese Klausel besser zur vertragsrechtlichen Betrachtungsweise und zur marktorientieren geschäftlichen Denkweise. Es muss aber erkannt werden, dass das Risiko hinsichtlich von keiner Partei vorhersehbarer Schäden auch mit der Lösung in dem ZGB bei der geschädigten Partei verbleibt. Diese Folge ist jedoch nicht ein Fehler der Vorhersehbarkeitsklausel, sondern folgt vielmehr aus dem allgemeinen Prinzip der Tragung der Schadensgefahr (casus sentit dominus).
Die Vorhersehbarkeitsklausel bedeutet, dass der zu ersetzende Teil der Folgeschäden und des entgangenen Gewinns nicht denjenigen Verlust übersteigen kann, den der Schuldner - aufgrund der Tatsachen und Umständen, die sie als mögliche Folgen einer Vertragsverletzung zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses kannte oder hätte kennen müssen - vor-
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hergesehen hat bzw. vorhersehen musste. Diese Regelung limitiert also das Risiko des Schuldners auf die zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses erkennbaren und kalkulierbaren Schäden. Bei der Bezifferung des zu ersetzenden Schadens bezieht sich das Erfordernis der Vorhersehbarkeit ausschließlich auf den beim Vertragspartner etwaig entstandenen Schaden bzw. dessen Größenordnung und selbstverständlich nicht auf die Vertragsverletzung selbst und die sonstigen Voraussetzungen der Haftung (auf den ursächlichen Zusammenhang und die drei Bedingungen der Exkulpation). Eine auf diese Weise ausgeweitete Vorhersehbarkeit würde nämlich nicht nur die Höhe des zu ersetzenden Schadens, sondern auch die Haftungsgrundlage beeinflussen. Die Vorhersehbarkeit ist ausschließlich auf diejenigen Schadensfolgen bezogen, aus der sich die vertragsverletzende Partei nicht befreien kann.
Das ZGB verwendet den Begriff der Vorhersehbarkeit auch hier im objektiven Sinne. Demgemäß ist das Erfordernis der Vorhersehbarkeit nicht auf den konkreten Schädiger, sondern auf eine verständige dritte Person in der Situation des Schädigers anzuwenden. Die Haftung der vertragsverletzenden Partei erstreckt sich daher nicht nur auf die tatsächlich von ihm vorhergesehenen Schäden, sondern auf all diejenigen Schäden, welche eine in seiner Situation befindliche, rational und gewissenhaft agierende Person hätte vorhersehen können. Die antizipierte Kenntnis geht aber nur soweit, als sie sich auf solche Tatsachen und Umstände gründet, welche die Partei bei Vertragsabschluss gekannt hat oder hätte kennen müssen. Von der vertragsverletzenden Partei müssen sämtliche im jeweiligen Geschäftszweig üblich anzusehenden Schadenfolgen sowieso ersetzt werden. Hierzu gehört außerdem all das, worüber der Gläubiger den Schuldner vor Vertragsabschluss in Kenntnis gesetzt hat. Die unüblichen Risiken bezüglich des konkreten Vertrages müssen also vom Schuldner dann und nur dann getragen werden, wenn sie diese Risiken zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses tatsächlich gekannt hat oder hätte kennen müssen. Die Informationspflicht des Gläubigers bezieht sich insbesondere auf ihre in den Vertrag gesteckten Erwartungen, den Zweck der Leistung, eine besondere Geschäftssituation etc. Das Erfordernis der Vorhersehbarkeit geht nicht soweit, dass die Vertragspartei die zu erwartenden Risiken in ihrer Detailliertheit, auf die Höhe der Schadensfolgen genau berechnet, kennen müsste. Es ist hinreichend, jedoch gleichzeitig auch erforderlich, dass die
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Partei hätte erkennen können, dass ihre etwaige Vertragsverletzung diesen oder jenen Schaden in ungefähr dieser oder solcher Höhe verursachen würde.
Das ZGB stellt - um die in der internationalen Rechtspraxis entstandene Unsicherheit im Zusammenhang mit Artikel 74 des Wiener UN-Kaufrechtsübereinkommens (CISG) zu vermeiden - eindeutig klar, dass die geschädigte Partei die Beweislast dahingehend trägt, dass der Schuldner die Schadensfolge und deren Maß ihrer Vertragsverletzung erkannt hat (bzw. hätte voraussehen müssen). Die Vorhersehbarkeitsklausel gebiert nämlich keine zusätzliche Exkulpationspflicht für den Schädiger, wo er die Beweislast tragen müsste. Da der zu ersetzende Schaden (und dessen Höhe) eine grundlegende Voraussetzung für die Haftung des Schuldners ist, ruht die Beweislast des Schadens ausschließlich auf den geschädigten Gläubiger. Auch die Erreichung des Ziels der Vorhersehbarkeitsklausel macht diese Lösung erforderlich: Damit nämlich der Schuldner zum Zeitpunkt des Abschlusses des Vertrages in begründeter und bewusster Weise über die Risikoübernahme aufgrund Vertragsschluss Stellung beziehen kann, muss sie allen voran von ihrem Vertragspartner (d.h. von dem Gläubiger, der später geschädigten Partei) in eine entsprechende Sachkenntnislage gebracht worden sein. Der Gläubiger muss in Form von Hinweisen dafür Sorge tragen, dass der Schuldner - in möglichst detaillierter Kenntnis der Schadensrisiken - über die Übernahme von Risiken, über die geforderte Gegenleistung für diese Risikoübernahme bzw. über die Abwälzung dieser Risiken auf einen Versicherer entscheiden kann.
Hinsichtlich der Vorhersehbarkeit der Schadensfolgen und der Risiken ist der Zeitpunkt des Vertragsabschlusses maßgeblich. Zu diesem Zeitpunkt kann die Partei über den Abschluss des Vertrages bzw. die daraus resultierenden konkreten Pflichten entscheiden. Die nach Vertragsabschluss gewonnenen Informationen können die Haftung des Schuldners - im Grunde - nur dann beeinflussen, wenn die Parteien den Vertrag dementsprechend modifizieren. Als Hauptregel haftet also der Schuldner nur in dem Maße, in welchem die Folgen der Vertragsverletzung bereits zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses vorhersehbar waren. Anders verhält es sich jedoch, wenn die Vertragsverletzung vorsätzlich oder grob fahrläs-
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sig getätigt wurde.[35] In einem solchen Falle musste der Schuldner auch mit den nach Vertragsabschluss erlangten Informationen und Umständen rechnen, da er für den Schaden in einem solchen Maße einstehen muss, in dem die wahrscheinlichen Folgen zum Zeitpunkt der Vertragsverletzung vorhersehbar waren.
Bei einer verspäteten Kodifikation sollte man versuchen, aus Not Tugend zu machen. Das bedeutet vor allem, dass man die Herausforderungen der modernen Entwicklungen Rechnung trägt und die Erfahrungen anderer Rechtsordnungen mitberücksichtigt. Ob dies in Ungarn mit dem ZGB gelungen ist, bleibt noch abzuwarten.
Am 15. März 2014 trat das neue Bürgerliche Gesetzbuch Ungarns in Kraft: das Gesetz Nr. V./2013. Dieses Ereignis ist ein Meilenstein in der Geschichte des ungarischen Privatrechts. Die in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts (1900, 1913/15, 1928) entstandenen Kodexentwürfe erklommen nicht den Rang verabschiedeter Gesetze. Der im Jahr 1959 geschaffene erste ungarische privatrechtliche Kodex jedoch entstand in einer Zeit, als die natürliche wirtschaftliche Grundlage des Privatrechts, das Privateigentum, nur in einem äußerst engen Kreis anerkannt war.
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Die Studie würdigt den neuen Kodex seiner Bedeutung entsprechend. Sie fasst die historische Vorgeschichte zusammen, stellt die Phasen der Ausarbeitung vor und zeigt, wo der Platz dieses ungarischen Gesetzes in den Strömungen der europäischen Rechtsentwicklung ist. Der Verfasser weist darauf hin, dass die Kodifizierungskommission vom lebendigen ungarischen Recht ausging, aber auch aus den ausländischen Beispielen, den wichtigsten nationalen Kodizes und internationalen Übereinkommen (z.B. dem CISG) lernte und die dauerhaften Verordnungen der EU-Richtlinien auf durchdachte Weise integrierte.
Die Studie beleuchtet die interne Struktur des neuen ungarischen Gesetzbuches und analysiert anschließend zwei wichtige Institutionen des Privatrechts, hinsichtlich derer der neue Kodex wesentliche Veränderungen brachte. Im neuen Gesetzbuch ruht die Regelung in Bezug auf den privatrechtlichen Schutz der menschlichen Persönlichkeit teilweise auf neuen Grundlagen, deshalb wird dies vom Verfasser detaillierter behandelt. Noch wichtigere Veränderungen führte das neue Gesetz bei der Regelung der Schadenersatzhaftung bei Vertragsbrüchen ein, sodass auch dies gründlich in der Studie analysiert wird.
Act V of 2013, the new Civil Code of Hungary took effect on March 15, 2014, which was a milestone in the history of the Hungarian private law. The draft codes prepared in the first part of the 20[th] century (1900, 1913/15, 1928) were never adopted. However, the first Hungarian code of private law was created in 1959, in an era when the natural economic basis of private law, i.e. private property was accepted only in a very narrow circle. This study gives the new Code the credit it deserves by summarizing its historical antecedents, presenting the phases of its formation and placing
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it in the European trends of development of law. The author points out that the Codification Committee relied on the Hungarian law in effect, but learnt from foreign examples, such as the more important national codes and the international treaties (e.g. CISG) as well and integrated the lasting provisions of EU Directives in a deliberate manner. After highlighting the internal structure of the new Hungarian code, the study analyses two important private law institutions in detail in respect of which significant changes were brought about by the new Code. The regulation of the protection of the human personality by the private law relies on partially new bases in the new Code, therefore it is discussed in more detail by the author. The changes enacted by the new Act with regard to the liability for damages caused by breach of contract are even more important, therefore this issue is also analysed thoroughly in the study. ■
ANMERKUNGEN
[1] Eine deutsche Übersetzung des alten ungarischen Zivilgesetzbuches von Peter Lamberg ist in Budapest 1960 erschienen. Siehe dazu Gyula Eörsi (Hrsg.): Das ungarische Zivilgesetzbuch in fünf Studien. Budapest 1963; Stefan Szaszy: Das neue Zivilgesetzbuch der ungarischen Volksrepublik. RabelsZ 26 (1961) 553-573.
[2] Die weiteren Entwürfe wurden in den Jahren 1913/ 1915 und 1928 veröffentlicht. Vgl. dazu Ernst Heymann: Das ungarische Privatrecht und der Rechtsausgleich mit Ungarn. Mohr: Tübingen, 1917; Ferenc Komin: Der heutige Stand der ungarischen privatrechtlichen Kodifikation (Der Entwurf vom Jahre 1928). RabelsZ 7 (1933) 443-449, Ferenc Ronai: Die Privatrechtsgesetzgebung Ungarns seit 1925. RabelsZ 14 (1940/41) 536-572.
[3] Siehe dazu Lajos Vékás: Über die Expertenvorlage eines neuen Zivilgesetzbuches für Ungarn. ZeuP 17(2009) 536-563.
[4] Principles of European Contract Law. Kluwer Law International: The Hague (Part I-II. 2000: 561 p., Part III. 2003: 291 p.). Deutsche Ausgabe der Teile I-II, Text samt Motiven, in: Christian von Bar/Reinhard Zimmermann (Hg.): Die Grundregeln des Europäischen Vertragsrechts, München, 2002; den Text siehe auch in: Schulze/Zimmermann (Hg.): Basistexte zum Europäischen Privatrecht, Baden-Baden, 2002.
[5] Christian von Bar/Eric M. Clive (eds.): Principles, Definitions and Model Rules of European Private Law - Draft Common Frame of Reference (DCFR), in 6 volumes. Sellier: München 2009.
[6] Siehe dazu Reiner Schulze (Hrsg.): Common European Sales Law (CESL),Commentary. Beck-Hart-Nomos: Baden-Baden 2012, 780 p.; sowie die Aufsätze in: ZEuP 20(2012) 687939.
[7] Vgl. dazu Harri Mikk: Zur Reform des Zivilrechts in Estland, Jahrbuch für Ostrecht 42(2001), 31-52.
[8] Off. J. 1937, Nr. 5, Pos. 29. Die Wiedereinsetzung der Geltung ist durch das Gesetz vom 14. Januar 1992 "Über das Bürgerliche Gesetzbuch der Lettischen Republik" (Vedemosti Nr. 4-5, Pos. 50 von 1992) beschlossen worden. Der Zeitpunkt des Inkrafttretens der einzelnen Teile dieses BGB wurde in Spezialgesetzen bestimmt, in denen auch die Übergangsbestimmungen enthalten sind. So wurde das Sachen- und das Erbrecht mit Wirkung vom 1. September 1992 (Gesetz vom 7. Juli 1992), das Schuldrecht mit Wirkung vom 1. März 1993 (Gesetz vom 1. März 1993) und das Familienrecht mit Wirkung vom 1. September 1993 (Gesetz vom 25. Mai 1993) in Kraft gesetzt. Siehe dazu Lammich/Usacka: Entwicklung des Rechtsystems Lettlands seit der Unabhängigkeitserklärung von 1990. ROW 39(1995), 65-71 (67).
[9] In Kraft seit dem 1-sten Juli 2001. Siehe dazu Valentinas Mikelenas: Unification and Harmonisation of Law and the Turn of Millennium: the Lithuanian Experience, Uniform Law Review/Revue de Droit Uniforme V(2000), 243-261.
[10] Siehe dazu Ginsburgs/Barry/Simons (eds.): The Revival of Private Law in Central and Eastern Europe, The Hague, 1996; Attila Harmathy: Zivilgesetzgebung in mittel- und osteuropäischen Staaten, ZEuP 6(1998), 553-563.; Norbert Horn (Hrsg.): Die Neugestaltung des Privatrechts in Mittelosteuropa und Osteuropa (Polen, Russland, Tschechien, Ungarn), München, 2002
[11] Siehe dazu Verica Trstenjak: Zivilrecht in Slowenien. ZEuP 8(2000), 77-90.
[12] Gesetz Nr. 287/2009, Gesetzblatt Nr. 511 vom 24. Juli 2009
[13] Nr. 89/2012 SIG; in Kraft seit 1.1.2014; vgl. zur Vorgeschichte: Arsène Verny: Die Entwicklung des Zivilrechts in der Tschechischen Republik, in: Norbert Horn (Hrsg.): Die Neugestaltung des Privatrechts in Mittelosteuropa und Osteuropa (Polen, Russland, Tschechien, Ungarn), München, 2002, 89-110.
[14] Sihe dazu Jerzy Poczubut: Zur Reform des polnischen Zivilrechts, ZEuP 7(1999), 75-90.
[15] Siehe dazu Ján Lazar: Kodifikation und Europäisierung des slowakischen Privatrechts, in: Fischer-Czermak/Hopf/Schauer (Hg.): Das ABGB auf dem Weg in das 3. Jahrtausend. Manz: Wien. 2003, 229-231.
[16] Handelsrechts-Änderungsgesetz (NR: GP XXII RV 1058 AB 1078 S. 122. BR: AB 7388 S. 725.), BGBl., Teil I. - 27. Oktober 2005 - Nr. 120. Siehe dazu Martin Schauer: Zur Reform des österreichischen Handelsrechts - Kastners Vorschläge und die heutige Perspektive. GesRZ 2003, 3-8; derselbe: Grundzüge der geplanten Handelsrechtsreform. ecolex 2004, 4-8; derselbe: Das Sondervertragsrecht der Unternehmer im UGB. JBl 126(2004), 23-31; derselbe: Handelsrechtsreform: Die Neuerungen im Vierten und Fünften Buch. ÖJZ 2006, 64-79.
[17] So etwa Péter Bárdos: A kereskedelmi jog alapjairól, Gazdaság és Jog 4 (1996), 13-17.Der Streit um ein eigenständiges Handelsrecht (Unternehmensrecht) ist auch im Zusammenhang mit anderen Themen geführt worden, siehe dazu László Kecskés: A civilisztikai és gazdasági jogalkotás irányairól (Über die verschiedenen Richtungen der zivil-und wirtschaftrechtlichen Kodifikation). Magyar Jog XXXVIII (1991), 199-204 (202ff); Tamás Sárközy: A társasági törvény felülvizsgálatáról (Über die Novellierung des Gesetzes über Handelsgesellschaften). Magyar Jog XXXVIII (1991) 416-418 (417f) Den entgegengesetzten Standpunkt, mit Beispielen aus dem Ausland, siehe: Éva Domján: A polgári jog és a kereskedelmi jog szerkezetéről (Über die Struktur des Privat- und des Handelrechts). Magyar Jog XXXVIII (1991), 751-755, sowie Lajos Vékás: Szükség van-e kereskedelmi magánjogra? (Ist ein Handelsprivatrecht separat zu kodifizieren?) Magyar Jog XLV(1998) 705-714.
[18] Viele Teile des HGB von 1875 waren - allerdings größtenteils nur formell - auch während der sozialistischen Periode in Kraft.
[19] Karsten Schmidt: Das HGB und die Gegenwartsaufgaben des Handelsrechts, Heidelberg 1993; derselbe: Handelsrecht.[5] Köln: 1999, § 3, 47ff. Zur Gegenmeinungen in der deutschen Literatur und zur Reaktion des Gesetzgebers in der Reform des HGB (HRefG: Gesetz zur Neuregelung des Kaufmanns- und Firmenrechts und zur Änderung anderer handels- und gesellschaftsrechtlicher Vorschriften v. 22.6.1998, BGBl. I, 1474-1484.) siehe Jürgen Treber: Der Kaufmann als Rechtsbegriff im Handels- und Verbraucherrecht. AcP 199(1999), S. 525-590.
[20] Zur Konzeption eines "Unternehmensprivatrecht" in Ungarn siehe Tamás Sárközy: A Kereskedelmi Törvény esetleges koncepciója (Eine mögliche Konzeption zu einem Handelsgesetzbuch). Gazdaság és Jog 7(1999), S. 3-6; den gegenteiligen Standpunkt, mit Beispielen aus dem Ausland, siehe Domján: in Fn. 17. und Vékás: in Fn 17.
[21] Der monistischen Lösung folgen das schweizerische Obligationenrecht von 1881, das italienische Codice civile von 1940/42 und zuletzt auch das niederländische Burgerlijk Wetboek vom Jahre 1992. Eine rechtshistorische Analyse des eigenständigen Handelsrechts siehe bei Peter Raisch: Die Abgrenzung des Handelsrechts vom Bürgerlichen Recht als Kodifikationsproblem des 19 Jahrhunderts. Encke Verlag: Stuttgart 1962; derselbe: Geschichtliche Voraussetzungen, dogmatische Grundlagen und Sinnwandlung des Handelsrechts. Karlsruhe 1965; Wolfram Müller-Freienfells: Zur "Selbstständigkeit" des Handelsrechts. Festschrift für Ernst von Caemmerer. München 1978, 583-621. Es ist hier zu erwähnen, dass es auch im "Hochkonjunktur" der selbständigen Handelsgesetze Ausnahmen gab: der Codice civile des Herzogtums von Parma, Piacenza und Guastalla vom Jahre 1820 und genauso der Codice civile von Modena vom Jahre 1851 dem monistischen Konzept gefolgt sind. Vgl. dazu Gábor Hamza: Die Entwicklung des Privatrechts auf römischrechtlicher Grundlage unter besonderer Berücksichtigung der Rechtsentwicklung in Deutschland, Österreich, der Schweiz und Ungarn. Budapest 2003, 192.
[22] Vgl. dazu Lajos Vékás: Integration des östlichen Mitteleuropas im Wege rechtsvergleichender Zivilrechtserneuerung. ZeuP 12(2004) 454-476 (462ff.); derselbe: Ist eine Konvergenz der nationalen Vertragssysteme erkennbar? Betrachtungen aus der Perspektive der neuen Mitgliedstaaten Mittel-und Osteuropas, in: 4. Europäischer Juristentag (Wien, 3.-5. Mai 2007). Manz: Wien, 2008, S 67-83 (76 ff.); derselbe: Schuldrechtsmodernisierung und Gemeinschaftsprivatrecht aus ungarischer Sicht, in: Peter-Christian Müller-Graff/Lajos Vékás (Hrsg.): Privatrechtsreform in Deutschland und Ungarn. Nomos: Baden-Baden, 2009, S. 9-28 (17 ff.).
[23] Siehe zu den theoretischen Kernfragen der Umsetzung von EU-Vertragsrecht: Peter-Christian Müller-Graff: Kodifikationsgewinn durch Inkorporation des Inhalts von Schuldrechtsrichtlinien der EG in das BGB? In: Peter- Christian Müller-Graff/Lajos Vékás (Hrsg.): Privatrechtsreform in Deutschland und Ungarn. Nomos: Baden-Baden, 2009, S. 29-60.
[24] Siehe dazu Norbert Reich: Wandlungen des Rechts der vertraglichen Schuldverhältnisse in neuen Mitgliedstaaten unter dem Einfluss des EG-Rechts, in: Gert Brüggemeier (Hrsg.): Liber Amicorum Eike Schmidt. Heidelberg, 2005, 239-262; Lajos Vékás/Marian Paschke: Europäisches Recht im ungarischen Privat- und Wirtschaftsrecht. LIT Verlag: Münster 2004, 544 p.
[25] Dieses Problem wird treffend durch die im Urteil des EuGH 22.4.1999, Rs. C-423/97, Slg. 1999, I-2195 aufgetauchte Frage illustriert. In diesem Fall kollidieren die sachlichen Anwendungsbereiche der Haustürwiderrufs-Richtlinie und der Fernabsatzrichtlinie.
[26] Zu der Entwicklungsgeschichte dieser Richtlinie siehe Hans-W. Micklitz/Norbert Reich: Europäisches Verbraucherrecht - quo vadis? VuR 22(2007) 121-130; Norbert Reich: Von der Minimal- zur Voll- zur "Halbharmomsierung". ZEuP 18(2010) 7-39. Zu der Richtlinie selbst siehe einen ausführlichen Aufsatz in: ZEuP 20(2012) 270-304.
[27] Über die Vorteile eines kodifizierten Privatrechts heute siehe Karsten Schmidt: Die Zukunft der Kodifikationsidee: Rechtsprechung, Wissenschaft und Gesetzgebung vor den Gesetzeswerken des geltenden Rechts. Heidelberg 1985, 79 p.; Reinhard Zimmermann: Codification: history and present significance of an idea (A propos the re-codification of private law in the Czech Republic). European Review of Private Law 3(1995) 95-120.
[28] Szászy-Schwarz Gusztáv: Az általános rész elhagyásának indokolása (Warum enthält der Entwurf keinen Allgemeinen Teil?), in: A magyar általános Polgári Törvénykönyv tervezetét előkészítő állandó bizottság jegyzőkönyvei. Franklin-társulat, Budapest 1897, 38-40. o.
[29] Beschluss des Verfassungsgerichts Nr. 8/1990. (IV. 23.), ABH 1990, 42 (44-45).
[30] Siehe dazu Gyula Eörsi: Die zivilrechtliche Verantwortlichkeit im Ungarischen Zivilgesetzbuch, in: derselbe (Hrsg.): Das ungarische Zivilgesetzbuch in fünf Studien. Budapest, 1963, S. 261-318.
[31] Vgl. auch die PECL [Artikel 8:108 (1)], den DCFR [Art. III.-3:104] und die UNIDROIT-Principles [Artikel 7.1.7 (1)].
[32] Siehe dazu Ádám Fuglinszky: Mangelfolgeschäden im deutschen und ungarischen Recht. Mohr Siebeck: Tübingen 2007, insb. S. 78ff., 295ff., 307ff.
[33] Siehe dazu Fuglinszky, vorige Fn., S. 492ff.
[34] Vgl. auch Artikel 9:503 PECL, Art. III.-3:703 DCFR und Artikel 7.4.4 der UNIDROIT-Principles.
[35] Eine ähnliche Lösung ist auch in Artikel 9:503 PECL, Art. III.-3:703 DCFR, nicht jedoch in Artikel 7.4.4 der UNIDROIT-Principles.
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