Als im Herbst 1989 der eiserne Vorhang fiel und unter dem Druck der öffentlichen Protestbewegungen in den meisten der bis dahin mit der UdSSR verbündeten osteuropäischen Staaten - allen voran in Ungarn - die reformorientierten politischen Kräfte die Macht errangen, begann eine historisch einzigartige Transformation der politischen Systeme. In den mehr oder weniger totalitär organisierten Staaten des sogenannten >Ostblocks< wurden in geregelten Verfahren durch gewählte Konstituanten parlamentarisch-demokratische Verfassungen nach westlichem Vorbild eingeführt, bildeten sich Mehrparteien-Systeme und flankierende Institutionen wie etwa Verfassungsgerichte. Die Zeit der >Wende< um 1990 war die Zeit eines europäischen Demokratie-Schubs, wie ihn die europäische Geschichte bis dahin noch nicht erlebt hatte. Die politische Form der parlamentarischen, auf liberalen Prinzipien gegründeten Demokratie schien sich in Europa problem- und alternativlos durchzusetzen und es gab nicht wenige Beobachter, die - wie etwa der amerikanische Historiker Fukuyama - , darin die Vorstufe eines universellen Sieges der Demokratie als Regie-rungs- und Lebensform weltweit sahen und mangels einer relevanten Alternative auch das Ende der Geschichte - als einer Geschichte der ständigen alternativen Fortentwicklung von politischen Regierungsformen - für gekommen hielten.[1]
Gestützt wurde die hochfliegende Stimmung durch Entwicklungen, die sich während der letzten dreißig Jahre vollzogen hatten. So hatte sich die Zahl der Demokratien in dieser Zeit nahezu verdoppelt. Während man 1972 weltweit 52 Demokratien zählen konnte, hatten zu Beginn des Jahres 2005 87 Staaten eine demokratische Verfassung - das entsprach 46% aller unabhängigen Staaten.[2] Demokratische Verfassung, das hieß: Staaten, in denen die Menschenrechte, das allgemeine Wahlrecht, Gewaltenteilung, Mehrparteiensysteme und die
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Existenz von Interessenverbänden, Abwahlmöglichkeit der politischen Führung, institutionalisierte Opposition, Meinungs- und Pressefreiheit galten.[3] Geht man im Zeitvergleich noch weiter in die Geschichte zurück, wird die Erfolgsbilanz der Demokratie noch besser: um 1945 gab es mit den USA, Kanada, Großbritannien, Australien, Neuseeland, Finnland, Island, Schweden, Costa Rica und der Schweiz lediglich 10 Staaten auf der Welt, die dem aufgezählten Kriterienkatalog einer liberalen Demokratie wirklich entsprachen, während die nahezu überwältigende Fülle der meisten Staaten in der Welt entweder autoritär oder totalitär regiert wurden. Historisch - so schien es jedenfalls in den neunziger Jahren - war der demokratische Verfassungsstaat unaufhaltsam auf dem Vormarsch, und es mag nicht zuletzt diese Erfahrung gewesen sein, die die gegenwärtige politische Führung in Washington auf die Idee hat verfallen lassen, man könne der offenbar >natürlichen< Entwicklung der Welt hin zur Demokratie - to make the world save for democracy, wie Truman schon gemeint hat - mit militärischen Mitteln ein wenig nachhelfen.
Gleichwohl sind der Bestand und die Zukunft der Demokratien nicht unangefochten. Der Blick auf die Staaten der Welt zeigt, daß trotz des kontinuierlichen Anwachsens der Zahl der Demokratien weltweit die Staaten mit demokratischer Verfassung noch immer eine Minderheit darstellen. Von den insgesamt 192 selbständigen Staaten waren im Jahr 2005, wie schon erwähnt, nur 87 demokratisch verfaßt. Beunruhigend ist auch die Tatsache, daß zu den halbdemokratischen oder nichtdemokratischen Staaten so wichtige Länder wie Rußland und China oder die Erdöl fördernden arabischen Länder bzw. der Iran gehören, alles Länder, von denen die westlichen Demokratien wirtschaftlich abhängen. Hinzu kommt seit einigen Jahren für die westlichen Demokratien eine äußere wie innere Bedrohung durch fundamentalistische Bewegungen, in Europa vor allem durch den Islamismus, in den USA aber auch durch fundamentalistisch-evangelikale Bewegungen. Und schließlich kämpfen viele europäische Demokratien mit massiven internen Problemen, für die schnelle und überzeugende Lösungen nicht in Sicht sind. Zu erinnern ist hier an die sich verschärfenden Problemen, die sich aus dem Zustrom von Immigranten aus nichteuropäischen Kulturen, aus der Bildung von abgeschotteten Parallel- und Gegengesellschaften ergeben, in denen die Menschenrechte wie die Verfassungswerte der westlichen Demokratie nicht gelten, ebenso an die internen materiellen wie strukturellen Probleme des parlamentarisch-politischen Systems, die seit langem bekannt, deren Lösung indessen an widersprüchlichen gesellschaftlichen wie politischen Interessen bisher gescheitert sind.
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Ich möchte im folgenden auf einige ausgewählte Strukturprobleme des parlamentarisch-demokratischen Systems eingehen, die sich primär aus der Beobachtung der entsprechenden Entwicklungen in der Bundesrepublik Deutschland ergeben, die aber, wie vergleichende Untersuchungen zeigen, zumindest ihrer Tendenz nach auch für andere europäische Länder gelten.
Demokratische Systeme leben - jedenfalls nach den sie fundierenden, klassischen Theorien, deren Substrat in die heute geltenden liberalen Verfassungen der westlichen Industriegesellschaften eingegangen sind - davon, daß das Volks als Souverän über die eigenen Angelegenheiten befinden kann. Alle demokratischen Theorien seit dem 18. Jahrhundert gingen davon aus, daß der aufgeklärte Bürger die öffentlichen Angelegenheiten einigermaßen sachgerecht verstehen, sich daher am öffentlichen Diskurs beteiligen, die vorgebrachten Argumente nachvollziehen und beurteilen und zu seinen eigenen Interessen in Beziehung setzen kann. Ob diese grundlegende und für die Legitimität eines demokratischen Systems unabdingbare Voraussetzung heute noch vollständig gegeben ist, darf bezweifelt werden. Ein erster Blick mag zeigen, weshalb solche Zweifel angebracht sind.
In den heutigen fortgeschrittenen Gesellschaften des Westens haben wir es mit einem hoch ausdifferenzierten Bestand an Sachproblemen und Handlungsfeldern zu tun. Die Verknüpfung der verschiedenen Ebenen des politischen Systems - von der kommunalen Ebene über die regionale, nationale bis hin zur transnationalen europäischen Ebene - schafft eine "neue Unübersichtlichkeit" (Jürgen Habermas) sowohl hinsichtlich der zu regulierenden Sachverhalte wie in Bezug auf die jeweils verantwortlichen Akteure und Entscheidungsebenen. Der Prozeß der politischen, ökonomischen und kulturellen Globalisierung führt zur Vernetzung nationaler Lebensräume und Handlungssysteme auf der internationalen Ebene, in internationalen Organisationen, deren Debatten und Entscheidungen sich sowohl der Kontrolle nationaler demokratischer Systeme wie dem kenntnisreichen Nachvollzug des einzelnen Bürgers weitgehend entziehen. Hinzu kommt die strukturell eingeschriebene "Gegenwartsfixierung" von demokratischen Systemen[4], durch die Lösungen mit engen Zeiträumen bevorzugt werden und die demokratische Systeme unfähig machen, langfristige, über die Generationen hinausreichende Strategien der Lebenssicherung zu entwickeln. Und es kommt hinzu, daß der >demographische Faktor<, d.h. die zunehmende
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Überalterung der europäischen Gesellschaften die dadurch Jüngeren benachteiligt, daß die >Alten< im wesentlichen auf Besitzstandswahrung aus sind und -da sie mehr und mehr die wahlentscheidende Gruppe stellen - den demokratischen Institutionen die Fähigkeit beschneiden, Zukunftsanpassung zu betreiben. Fehlerkorrektur, die Alexis de Tocqueville noch für einen zentralen Vorzug der Demokratie hielt,[5] ist inzwischen gerade in demokratischen Systemen zur politischen Ausnahmeerscheinung geworden. All diese Befunde betreffen sowohl die Bevölkerung wie die Politiker in allerdings unterschiedlicher Weise.
Zur Bevölkerung: Empirische Umfragen und vergleichende Analysen der entsprechenden Statistiken zur Erforschung der rückläufigen wirtschaftlichen Entwicklung in Deutschland haben in den letzten 10 Jahren in der öffentlichen Debatte zunehmend Druck zugunsten grundlegender Reformen erzeugt. In der Folge wurden deshalb alle policies - also alle Politikfelder - auf den Prüfstand gestellt, wurden Reformen - parteiübergreifend - unter anderem gefordert für das Gesundheitssystem, das Rentensystem, das Bildungssystem, das Steuersystem, den Arbeitsmarkt und den deutschen Föderalismus. Um den konkreten Reformbedarf abschätzen zu können, gab es zu all diesen policies umfangreiche vorbereitende Maßnahmen unter anderem durch ministerielle und interministerielle Ausschüsse, in Parlamentsdebatten, in parlamentarischen Ausschüssen und Kommissionen, in Bund-Länder-Kommissionen, in Arbeitskreisen der Parteien und durch Expertenanhörungen auf allen Ebenen und in den verschiedenen Gremien. Darüber hinaus waren die Reformthemen dauerhaft in den öffentlichen Medien, in Zeitungen, im Fernsehen, in Veranstaltungen betroffener Interessensgruppen usw. präsent. Wer als Bürger diese Debatten verfolgt hat, um sich am Ende ein sachlich begründetes Urteil bilden zu können, konnte sich schließlich nur seine eigene Hilflosigkeit eingestehen. Denn niemand, auch der informierteste Zeitgenosse nicht, war und ist in der Lage, die Fülle sich widerstreitender >Fakten< und >Positionen<, die im öffentlichen Diskurs auftauchen, auch nur in einem einzigen dieser Politikfelder objektiv einschätzen und ihre >Richtigkeit< d.h. Sachangemessenheit beurteilen zu können. Niemand verfügt über so viel Zeit, daß er sich wirklich kundig machen könnte, und niemand kann sich alle diejenigen Detailkenntnisse beschaffen, die notwendig wären, um eine zutreffende Beurteilung unter Abwägung aller Gesichtspunkte, der individuellen wie kollektiven Interessen vornehmen zu können. Und schließlich mangelt es in der Bevölkerung an jenen Kenntnissen der institutionellen Bedingungen, unter denen die Problemdefinition, die Problem-
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behandlung und Problementscheidung für komplexe Zusammenhänge gefaßt werden und die für eine Folgenabschätzung unverzichtbar sind.[6]
Aus alledem ergibt sich aber für das Beurteilungs- und Entscheidungsverhalten der Bürger in heutigen Demokratien eine grundlegende Einsicht: er ist aufgrund der Struktur des diskursiven Prozesses und seiner inhaltlichen wie formellen Voraussetzungen überfordert und daher unfähig, die Politikinhalte sachangemessen beurteilen zu können und in analytisch untermauerte Wahlentscheidungen umzusetzen. Er ist den Argumentationen der Politiker und Experten hilflos ausgeliefert, was zur Folge hat, daß die sich scheinbar ausschließenden Positionen von Politikern, die für Reformen eintreten, auf den bloßen teilnehmenden Beobachter in sich jeweils deshalb überzeugend wirken, weil dieser die Argumente in ihrem sachlichen Gehalt nicht wirklich beurteilen kann -gleich, ob es sich dabei um die Argumente von Politikern, Lobbyisten, Journalisten oder Experten handelt. Wie immer inhaltliche Positionen und Optionen der verschiedenen Parteien oder Interessensgruppen aussehen mögen, sobald sich ihre Vertreter in den öffentlichen Diskurs begeben, gewinnen ihre Argumente wie auch die jeweiligen Gegenargumente für den Beobachter - und das ist in der Regel der Wahlbürger - immer einen hohen Grad an Plausibilität, sofern dieser sich auf die Ausgangsprämissen der Politiker einläßt. Problembeschreibungen wie Problemlösungen können daher auch in ihrer Widersprüchlichkeit nebeneinander bestehen. So ergibt sich die paradoxe Situation, daß je nach Standpunkt, den der Beobachter einnimmt, in der Sache sich ausschließende politische Positionen jeweils als stimmige erscheinen. Was auch bedeutet, daß eine Entscheidung, die aus der Sache heraus begründet wäre - wobei hier offenbleiben kann, was die >Sache< denn ist und worin sie besteht - , vom Bürger nicht getroffen werden kann. Anders und zugespitzt formuliert: Der Wahlbürger wird durch die Komplexität des Systems und der zu entscheidenden Sachverhalte entscheidungsunfähig gemacht.
Nun ist es ein bekannter Vorgang: Wer in der Sache nicht zu urteilen vermag, hält sich an Personen. Die einfachste und ständig praktizierte Lösung, politische Hilflosigkeit zu überspielen, besteht in der Personalisierung von Sachproblemen. Wer als Bürger an Politik interessiert ist, sich aber in der Sache überfordert fühlt, debattiert über das politische Personal, über einzelne Politiker, die er aus den Medien oder auch durch persönliche Auftritte kennt. >Ver-
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trauen< spielt da eine zentrale Rolle, weil über Vertrauen Komplexität reduziert werden kann - und deshalb sind auch die wöchentlich veröffentlichten Rankings über das Ansehen der Politiker für die Bevölkerung von so entscheidender Bedeutung.[7]
Solches Vertrauen wird aber von den politischen Akteuren kaum durch die Arbeit in den durch die Verfassung vorgesehenen höchsten politischen Institutionen - Parlament und Regierung - erworben, sondern primär durch die Massenkommunikationsmedien.[8] Denn die Parlamente - hier: der Deutsche Bundestag - "verfügen nicht mehr souverän über den Zugang zur Öffentlichkeit", sondern sie sind, wie alle politischen Akteure von der Vermittlungsleistung der Medien abhängig.[9] Worüber und wie das Parlament debattiert, was es an Gesetzen verabschiedet, welche gesellschaftliche Bedeutung die im Parlament thematisierten Politikfelder haben, welche Politiker die entscheidenden Reden halten und zu welchen Zeiten diese Reden im Fernsehen übertragen werden, wie politische Führung sich visuell vollzieht - dies alles und einiges mehr wird über die Medien, vor allem übers Fernsehen, in die politische Öffentlichkeit hinein und damit zum Bürger transportiert. Das Bild des Parlaments ist das Bild, das die Massenmedien von ihm zeichnen.
Nun besteht neben dem Problem der medialen Vermittlung der politischen Meinungsbildung und des politischen Profils der zentralen politischen Institutionen ein weiteres darin, daß diese Institutionen - vor allem Parlament und Regierung - durch die Aufmerksamkeitskonzentration der Bürger auf die Massenkommunikationsmedien ihre zentrale Position im politischen System verlieren, und zwar sowohl als Dikussions- wie als Dezisionsorgan, ein Prozeß, der bereits seit Jahrzehnten abläuft. Die Dezentrierung der von der Verfassung vorgesehenen höchsten politischen Organe hat mittlerweile dazu geführt, daß sich die öffentlichen Diskurse verlagert haben: vornehmlich ins Fernsehen, das für die politische Meinungsbildung der Mehrheit der Bevölkerung inzwischen viel entscheidender ist als die Debatten etwa im Parlament.[10] Als Folge dieser
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Verlagerung zeigt sich, daß Parlament und Regierung in der Meinung vieler Wahlberechtigter nur noch symbolisch für Politik und politisches Handeln stehen, weil - und dies ist empirisch meßbar - Vertrauens- und Ansehensverluste, schwindender Glaube an deren Problemlösungsfähigkeit und Flucht in Ersatzinstitutionen wie das Fernsehen die zentralen politischen Verfassungsorgane schleichend delegitimiert haben.[11]
Zu beobachten und empirisch zu erhärten ist deshalb das Auseinanderfallen von Legitimation und Kommunikation.[12] In modernen westlichen Demokratien gewinnt das Visuelle, die bildhaft aufbereitete Meldung, gegenüber der Sachrationalität der Politik an Übergewicht. In den Bilderwelten der Massenkommunikation müssen komplexe Sachverhalte so stark vereinfacht werden, daß sie hohe Einschaltquoten ermöglichen. Die auftretenden Politiker sind deshalb gezwungen, sich einem medial geforderten Erscheinungsbild - in Aussehen und Rhetorik - anzugleichen, das mit dem eines rational argumentierenden und rational handelnden politischen Akteur, wie ihn die klassischen Demokratietheorien als Akteur in den zentralen politischen Institutionen voraussetzte, nur noch am Rande zu tun hat. Daß einer gut aussieht, eine expressive und eindringliche Körpersprache praktiziert, sich als Könner der Beherrschung medialer Vermittlung seiner Person erweist, was unter anderem heißt, die Trennung zwischen öffentlicher Person und Privatsphäre gelegentlich aufzuheben - etwa durch die Erwähnung privater Vorlieben, Schwächen und Stärken sich als Mensch zu erkennen zu geben, der dieselben Befindlichkeiten und Wünsche wie der Zuschauer hat[13] - , das alles ist wichtiger als Sachkompetenz. Der ehemalige Bundeskanzler Schröder war in dieser Beziehung ein Meister der Szene. Insgesamt ergibt das eine Konzentration der die Politik beobachtenden Bürger auf Persönlichkeitsmerkmale von Politikern, die - gemessen an den Kriterien des liberal-demokratischen Paradigmas - nicht unbedingt Ausdruck politischer Tugenden sind.[14] In drei Punkten sind die substantiellen Defizite dieses >Theatralisierungsprozesses der Politik<[15] zusammengefaßt worden: erstens verliert Politik, die sich auf die Logik massenmedialer Visualisierung einläßt, an Seriosität und wird von vielen im Kontext von Unterhaltung wahrgenom-
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men[16]; zweitens reduziert die mediale Darstellung die Komplexität der diskutierten Sachverhalte, ignoriert die politischen Willensbildungs- und Entscheidungsprozesse und führt dramaturgische Regeln anstelle von sachrationalen in die öffentliche Debatte ein. Und drittens führt die politische Auseinandersetzung zwischen den Politikern im Fernsehen zum Kampf um Anteile an der Fernsehkommunikation, um die Interpretation der Realität zwischen Politikern, Fernsehmoderatoren und Prominenten.[17] So wird Politik nach ihr fremden Gesichtspunkten verformt, denen das politische System, das Parlament und die Regierung mit ihrer Administration zwar in Teilen zu widerstehen versuchten, in Teilen aber auch kaum etwas gleich Wirksames entgegenzusetzen haben -mit entsprechenden Auswirkungen auf die Beurteilung und Bewertung des demokratischen Systems durch die Mehrheit der Wahlbürger. Deren Meinung wird allerdings auch durch das berufliche wie private Umfeld mitgeprägt: wer etwa in einem Stadtteil wohnt, wo man mittelschichtenspezifisch aufgeklärt und tolerant, weltoffen und multikulturell zu sein hat, und wer ein solches Umfeld auch in seinem Beruf findet, der selektiert die politischen Probleme nach den im Alltag vorstrukturierten Normen, weniger nach gesellschaftsgenerellen Gesichtspunkten.
Die überragende Bedeutung, ja Dominanz der Massenkommunikationsmedien für die politische Meinungsbildung in westlichen Demokratien hat in Deutschland inzwischen dazu geführt, daß der Bundestag bei der Mehrheit der Bevölkerung ein eher geringeres Ansehen hat als etwa das Bundesverfassungsgericht, das die am höchsten geschätzte Institution ist. Umfragen belegen, daß die meisten Deutschen mit der Leistungsbilanz des Parlaments unzufrieden sind, daß sie glauben, der Bundestag diskutiere zu viel, sei fachlich inkompetent, kümmere sich nicht ums Gemeinwohl, gebe den wirtschaftlichen Interessen vornehmlich der Konzerne nach, beschäftige sich überwiegend mit sich selbst und der materiellen Absicherung seiner Abgeordneten, sei zu teuer und zu ineffektiv - Urteile bzw. Vorurteile, die unter anderem damit zusammenhängen, daß keine Kenntnisse über die Prozeduren politischer Willensbildung- und Entscheidungsprozesse vorhanden sind.[18] Unter anderem wegen dieses Mangels an Kenntnissen von der Struktur und Funktionsweise der zentralen politischen Institutionen - was etwa der Bundesrat ist, wie er sich zusammensetzt und welche Aufgaben er hat, wissen maximal 5% der Bevölkerung - ist das
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Ansehen öffentlicher Institutionen in Deutschland umso höher, je weniger diese Institutionen mit den politischen Parteien zu tun haben. Eine im Jahr 2004 erhobene Umfrage ermittelte folgende Reihenfolge: an der Spitze des Vertrauens steht die Polizei, dann folgen: das Bundesverfassungsgericht, der Bundespräsident, die Justiz, das Fernsehen, Zeitungen, der Bundesrat, die staatliche Verwaltung, Verbände und Interessensgruppen - und erst auf den letzten drei Plätzen der Skala erscheinen Bundestag, Bundesregierung und Parteien.[19] Daß die wichtigsten politischen Institutionen und Organisationen des Landes, die das Zentrum des politischen Systems bilden, das geringste öffentliche Ansehen genießen, hängt - neben der Unkenntnis, die über sie herrscht - vor allem mit dem durch die Massenmedien vermittelten Bild der Politik zusammen. Günstiger fallen die Urteile der Bürger sporadisch und zeitbegrenzt nur dann aus, wenn die Regierung, das Parlament oder die Parteien im Zusammenhang mit positiven Tagesmeldungen in den Massenmedien erwähnt werden.
Die verfügbaren empirischen Daten deuten alle darauf hin, daß eine zentrale Prämisse der klassischen Demokratietheorien, wonach ein lebendiges, demokratisches Gemeinwesen den >mündigen, d.h. informierten Bürger< voraussetzt, unter den gegenwärtigen Bedingungen längst entfallen ist und selbst als normative Orientierung kaum noch taugt. Und es kommt ein weiteres, für den Bestand des westlichen Demokratiemodells entscheidendes Faktum hinzu: das der Immigration von Menschen aus Kulturen, deren normative Orientierungen mit den europäischen Wertetraditionen und dem liberalen Politikparadigma kaum vereinbar sind und die sich nicht zwanglos in eine in ihren Grundlagen und Traditionen christlich geprägte, in der europäischen Aufklärung säkular geläuterte kulturelle Tradition einfügen. Sondern die vielmehr in Parallel- und Gegengesellschaften sui generis eigene Werte-Welten errichtet haben, die zwar, solange sie im Status der Minderheit verharren, für die Mehrheit keine Gefahr bedeuten, sobald sie aber zu Mehrheiten heranwachsen - was in Stadtteilen beginnen kann und in einigen deutschen Großstädten sich in absehbarer Zeit vollziehen wird - , das westliche Modell der Demokratie infragestellen können. Denn in diesen Minoritäten entschwindet in verschärfter Form die europäische Idee der Demokratie als einer Herrschafts- und Lebensform[20] mit gemeinsamem normativem Lebenshintergrund aller Bürger - Grundnormen wie die Trennung von Staat und Gesellschaft, Religion als Privatangelegenheit, Gleichstellung von Mann und Frau, Geltung des Rechtsstaatsprinzips haben da keine Bedeutung. Gewiß, es gibt seit Jahrhunderten das Prinzip der Repräsentation und die mit ihr verbundenen Mediatisierungen demokratischer Strukturen, wodurch der direkte Zugriff zwischen Bürger und politischem System ge-
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stuft vermittelt, politisch abgefedert und inhaltlich synthetisiert wird. Aber auch die für das westliche Verständnis dominanten Theorien der repräsentativen Demokratie haben selbst in ihren schärfsten konkurrenzdemokratischen Ausprägungen, wie sie etwa Joseph Schumpeter paradigmatisch formuliert hat,[21] im Kern nie darauf verzichtet, ihre zentrale Legitimation durch Berufung auf eine Wahlbevölkerung abzusichern, die im Konsens über die Gesellschaft und Politik fundierende gemeinsame Grundwerte lebt. Und eben dieser Konsens fehlt bei großen Teilen der immigrierten Bevölkerung.
Das bisher Vorgetragene, dem sich eine Reihe weiterer demokratieabträglicher Beobachtungen anfügen ließe, muß freilich noch in einem wichtigen Punkt ergänzt werden, der das politische Personal betrifft. Da in manchen Theorien der repräsentativen Demokratie unterstellt wird, daß die Qualität der politischen Eliten in einer Demokratie für deren Bestand und Zukunftsaussichten sehr viel entscheidender ist als die Rückkoppelung der demokratischen Institutionen an die Bevölkerung[22], stellt sich die Frage, von welcher Beschaffenheit die politische Führung hinsichtlich ihrer >Professionalisierung< in demokratisch verfaßten Regierungssystemen gegenwärtig ist. Professionalisierung soll dabei verstanden werden als Prägung durch jene sozialen und informellen Strukturen, die neben den in der Verfassung und den einschlägigen Gesetzen festgeschriebenen Kriterien und Verfahrensweisen entscheidend dafür sind, daß Politiker durch Wahlen auf die unterschiedlichen Ebenen des politischen Systems gelangen, daß sie dort als Insider akzeptiert und in ihrem Status als Politiker auch über längere Zeit bestätigt werden.[23]
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Zunächst eine Vorbemerkung: der Anteil hauptberuflicher Politiker, vor allem von Partei- und Verbandsfunktionären, lag - man kann da weit in die deutsche Geschichte zurückgehen - bereits im deutschen kaiserlichen Reichstag ab 1912 etwa bei 15%, in der SPD-Reichstagsfraktion bei 36%.[24] Gegen Ende der Weimarer Republik betrug dieser Wert 40%, er war so hoch, wie seitdem nie mehr, aber die in ihm zum Ausdruck kommenden Tendenzen zu einem Parlament von Berufspolitikern gelten seither prinzipiell auch für alle demokratischen Parlamente in Europa, natürlich auch für die deutschen Bundestage bzw. Landtage nach 1949. Mit dem berühmt gewordenen "Diätenurteil" des Bundesverfassungsgerichts von 1975, wonach Abgeordnete einen Anspruch auf Bezahlung haben, weil sie mit ihrem Mandat einer beruflichen Tätigkeit nachgehen, ist diese Tendenz - Politik als Beruf, wie Max Weber formuliert hat[25] -auch rechtlich bestätigt worden.[26]
Um diesen >Beruf< ergreifen zu können, beginnt die Professionalisierung der Nachwuchspolitiker heute relativ früh - wobei sich in den letzten Jahren auf den unteren Ebenen des politischen Systems in Deutschland ein immer stärker werdender Mangel an Bereitschaft, in die Politik zu gehen, bemerkbar macht.[27] Wer sich aber entschließt, in die Politik zu gehen, beginnt mit der Vorbereitung auf seine Karriere spätestens in der Zeit des Studiums - etwa 78% aller Abgeordneten haben einen akademischen Abschluß.[28] In dieser Zeit führt der Weg in eine politische Partei, dort in die interne Parteiarbeit, die mit Intensität auch während der anschließenden Ausübung eines Berufes weiterläuft. In der Parallelität von beruflicher und politischer Arbeit gewinnt die letztere zunehmend an Gewicht, so daß etwa nach dem 40. Lebensjahr der Übergang in den politischen "Vollberuf" möglich wird. Gelingt dieser Übergang - im Durchschnitt nach 17 Jahren Parteimitgliedschaft und erfolgreicher Parteiarbeit auf den unteren lokalen Ebenen des politischen Systems -, dann betrachten 84% ihr Mandat als Beruf, sehen sich als "Vollzeitpolitiker", die auch für weitere Legislaturperioden kandidieren wollen und sicher sind, wieder aufgestellt zu werden. Damit stimmt überein, daß etwa 63% der Politiker mit ihrer Tätigkeit zufrieden sind,
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daß so viele glauben, nur Berufspolitiker könnten professionell Politik betreiben, auch wenn der Zeitaufwand dafür wesentlich über dem des bürgerlichen Berufs, die Zeit für Privatleben wesentlich darunter, der Verdienst allerdings im Durchschnitt darüber liegen. In der Selbsteinschätzung der Parlamentarier ist - quer durch alle Parteien hindurch und übrigens auch gültig für die meisten europäischen Parlamente, für die entsprechende empirische Erhebungen vorliegen[29] - die Professionalisierung Grundvoraussetzung dafür, über längere Zeit einigermaßen erfolgreich Politik betreiben zu können.
Zu dieser Selbsteinschätzung steht in krassem Gegensatz, daß die Mehrheit der Bevölkerung den Beruf des Politikers nicht als Beruf akzeptiert, vor allem nicht als "ehrlichen" und vollwertigen Beruf, weil er in der Wahrnehmung des Durchschnittwählers einer ungeregelten Tätigkeit entspricht, die zu einer juristisch selten verfolgbaren "Selbstbedienung" bzw. Selbstbereicherung einlädt. Verdächtig erscheint den Bürgern auch, daß der Aufstieg eines zukünftigen Berufspolitikers an die erfolgreiche Binnenkommunikation in seiner Partei, mit seinem parteipolitisch sympathisierenden Umfeld und mit den anderen, in der Parteihierarchie höher stehenden Politikern gebunden ist, der Kontakt zu den Wählern also sekundär bleibt. Denn dies führt in der Tendenz zur sozialen Selbstabschließung professionalisierter Politiker, die umso stärker wird, je höher die eingenommene Position ist. An der Spitze der politischen Klasse[30] wird diese Selbstabschließung zirkulär, das heißt, für das Überleben der Politiker in ihren Positionen sind die Informationen über Tendenzen und Entwicklungen in der eigenen Partei, über Meinungsbildung und Personalauswahl auf deren verschiedenen Gliederungen, über Entwicklungen innerhalb der politischen Institutionen, in denen man arbeitet und ähnliches mehr wichtiger als die Informationen über reale politische, gesellschaftliche, ökonomische oder kulturelle Entwicklungen in der Bevölkerung. Dabei können Parteigrenzen von einiger Bedeutung sein, aber sie sind nicht unüberwindlich, sondern es ist von Nutzen, über sie hinweg zwischenparteilich zu kommunizieren und - gleichsam nebenbei - auch noch die eigene Wähler- und Interessensklientel zu pflegen. Die politische Klasse wird an dieser Stelle in einem negativen Sinne selbstreflexiv, d.h. sie kommuniziert primär mit sich selbst und erst sekundär nach draußen. Dieser Befund steht in einem eigenartig paradoxen Spannungsverhältnis zu dem demokratisch geforderten Postulat der Transparenz aller Kommunikations-, Beratungs- und Entscheidungsprozesse, und er ist einer der wichtigsten Gründe dafür, daß das Ansehen der Politiker und der Politik generell so gering ist. Die Einsicht, daß Politik eine hochkomplexe Angelegenheit geworden ist,
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deren Bearbeitung in sich immer weiter ausdifferenzierenden Institutionen zugleich eine Tendenz zur Abschleifung von Persönlichkeitsmerkmalen der politischen Mandatsträger mit sich mitbringt, hat sich bei den Wählern noch kaum durchgesetzt. Die Wähler orientieren ihr Urteil eher noch an jenem Politiker-Typus, der - wie etwa Adenauer, Strauss, Dehler, Wehner oder Brandt, durch Kriegs- und Exilerfahrungen geprägt - die frühen Jahre der Bundesrepublik beherrscht und Politik in einem existentiellen Sinne verstanden hat, ohne zu bedenken, daß dieser Typus heute in den europäisierten und globalisierten Akteursfeldern eher scheitern würde, weil er mit den Strukturen, die sich inzwischen herausgebildet und für die politische Willensbildungs- und Entscheidungsfindung maßgeblich geworden sind, kollidieren müßte.
Die Professionalisierung der politischen Klasse hat noch eine weitere folgenschwere Konsequenz: die Rezeption der allgemeinen politischen, sozialen, wirtschaftlichen und kulturellen Probleme in demokratisch verfaßten Gesellschaften ist bei professionellen Politiker meist höher entwickelt als in ihrer Wählerklientel. So wenig, wie die Wähler die Leistungen des Bundestages aus Unkenntnis seiner Organisations-, Funktions- und Zuständigkeitsstruktur angemessen und gerecht einzuschätzen vermögen,[31] so wenig erlaubt ihnen ihr geringes Wissen, über die zur Debatte stehende policies zutreffend zu urteilen. Das hat entscheidende Auswirkungen auf die Reformfähigkeit demokratischer Systeme. Denn um es verkürzt und pointiert zu sagen: die Politiker sind weiter als die Wähler, sie sind klüger, weil in der Sache informierter, aber ihr Wissensvorsprung nutzt ihnen wenig, da sie in ihrem Handeln von der Wählermehrheit blockiert werden. Ein schlagendes Beispiel für diesen Sachverhalt war im Bundestagswahlkampf von 2005 die unvorhergesehene Berufung des Steuerexperten Prof. Paul Kirchhof, Universität Heidelberg, in das Wahlkampfteam von Angela Merkel. Kirchhof, der ein von nahezu allen Fachleuten zustimmend aufgenommenes, radikal vereinfachtes Einkommensteuermodell entwickelt hatte, das einen Basissatz von 25% Einkommensteuer für alle Einkommensklassen - allerdings mit sozialen Abfederungen - vorsah, konnte den Bürgern nicht verdeutlichen, daß dieser generelle Prozentsatz >gerecht< ist und gerade die unteren Einkommensschichten von seinem Modell profitierten, mußte sich deshalb vom amtierenden Kanzler Schröder diffamierende Beleidigungen anhören, wurde von der CDU, die ihn zunächst als Hoffnungsträger in die vorderste Reihe gestellt hatte, gegen Ende des Wahlkampfes immer mehr der öffentlichen Aufmerksamkeit entzogen. Dem Unvermögen der Wähler, seine Modellrechnungen nachzuvollziehen, die in Zeitschriften wie dem >Stern< und >Spiegel< veröffentlicht worden waren, hat die CDU die gegen alle demoskopischen Voraussagen eingetretenen starken Verluste in der Wahl
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zu verdanken. Konsequenz aus dieser Erfahrung ist: obwohl Politiker aller Parteien sich über die Reform des deutschen Steuerrechts völlig einig sind, hat nach der Wahl die große Koalition das Thema beiseitegelegt. Denn der Wähler ist unfähig, systemtranszendierende Reformen in ihren Folgen abzuschätzen, selbst wenn diese für ihn positiv wären.
Das Auseinanderfallen des Problembewußtseins von Partei-Politikern und Wählern hat einen wichtigen Grund auch in der generell zu beobachtenden Ablösung der politischen Parteien von ihren ursprünglichen Trägerschichten. Neuere Untersuchungen der deutschen Situation ergeben hier einen eindeutigen Befund: die ursprünglichen >Stammwähler< der politischen Parteien - also: die Arbeiterschaft für die SPD, das christlich, vor allem katholisch geprägte Klein-und mittelständige Bürgertum für die CDU/CSU, der freiberufliche Mittelstand und die einkommensstarken Großverdiener für die FDP und eine akademisch gebildete, alternative Lebensformen bevorzugende Mittelschicht für die Grünen - gibt es in dieser Form nicht mehr. Statt dessen hat sich das Mitgliederprofil der politischen Parteien nivelliert, denn sie alle rekrutieren ihre Mitglieder inzwischen aus den vergleichsweise homogenen, akademisch gebildeten Mittelschichten. In diesen Mittelschichten, die sich selbst ein aufgeklärtes Politikverständnis zuschreiben, ist der Grad der Information über gesellschaftliche, wirtschaftliche und politische Probleme vergleichsweise hoch - und dies korrespondiert mit dem Problembewußtsein der Politiker. Doch bilden diese Mittelschichten numerisch eine Minderheit der Wähler, was unter anderem dazu führt, daß sie ein advokatorisches Politikverständnis entwickelt haben, mit dem sie sich zu selbsternannten Vertretern aller Bürger machen.[32] Wenn sich also in allen Parteien Mitglieder mit ähnlichen, akademisch grundierten Bildungs- und Berufsprofilen finden, die aus ihren Milieus heraus in den politischen Institutionen agieren, so ergibt sich aus der Perspektive der übrigen Wahlbürger eine Differenz zwischen diesem die Parteipolitik und damit die Politik bestimmenden Sozialmilieu und den eigenen, davon entfernten Sozialmilieus, die mit dafür verantwortlich ist, daß es zum Glaubwürdigkeitsverlust von Politik kommt.[33]
Alles in allem: Demokratien erweisen sich als >paradoxe< Regierungsformen. Sie tun sich schwer, auf die sich beschleunigenden Veränderungen ihrer Kon-
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textbedingungen - Transnationalisierung und Globalisierung - zeitschnell und problemadäquat zu reagieren. Der Zwang, Politik-Inhalte und bestehende Strukturen permanent zu überprüfen und gegebenenfalls zu reformieren - ein Zwang, dem nachzukommen inzwischen zur selbstverständlichen Einsicht nahezu aller Politiker, und zwar parteiübergreifend, gehört -, wird in der Praxis ständig durch die erwähnten Widerstände unterlaufen. Notwendige Reformen finden daher erst dann statt, wenn die Kosten dafür bereits extrem hoch sind, oder sie werden nicht gründlich und radikal genug betrieben, weil die Wähler deren Notwendigkeit leugnen und die Folgen nicht beurteilen können, den Reformprozeß folglich auch nicht mittragen wollen. Dabei sind sich große Teile der Wähler durchaus darüber im Klaren, daß Reformen immer wieder notwendig sind, aber sie bleiben - gegen die eigene Einsicht - in ihrem politischen Votum am Status quo, an der Besitzstandswahrung orientiert. Und sie können in diesem Wunsch auf die sozialen Interessenvertretungen - von den Gewerkschaften bis zu den Unternehmerverbänden - vertrauen, die Reformopfer stets von den >anderen< verlangen, für die eigene Klientel dieses Ansinnen von sich weisen. Dieses weithin übliche Verhalten verhindert, daß Politiker, die für intern für Reformen eintreten, ihre Überzeugungen öffentlich konkret machen, weil sie damit ihre eigene Existenz aufs Spiel setzen. In der politischen Klasse hat sich daher seit längerem ein >double speech<, eine doppelte Sprache herausgebildet: die der internen Kommunikation und Verständigung, in der offen die politischen Probleme besprochen werden, und die des öffentlichen Auftritts, in der Rücksicht auf die vermeintlichen Befindlichkeiten der Wähler, der eigenen Klientel genommen wird. Beide Seiten, Politiker wie Wähler, sind durch diese Situation moralisch überfordert. Eine Folge ist die Selbstparalyse der Kommunikation zwischen Politik und Wähler, eine zunehmend substantielle Entleerung des demokratischen Prozesses, ein Hang der Akteure zu schnellen Entscheidungen, die allenfalls zeitlich begrenzt wirken.
Aus all dem resultiert aber auch eine Politikerverdrossenheit bei den Bürgern, die diese, ohne daß sie sich dessen bewußt sind, selbst mitverschuldet haben. Deren allmähliche Ausbreitung und soziale Verfestigung droht, die demokratischen Fundamente des politischen Systems langfristig in Mitleidenschaft zu ziehen. Sollte sich diese Tendenz verstärken, könnte sich die Gefahr einer wachsenden Radikalisierung von den Rändern der Gesellschaft her für das Zentrum des politischen Systems selbst ergeben; es ist dies ein strukturelles Problem, das modernen paradoxalen Demokratien gleichsam eingeschrieben ist.
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Seit einigen Jahren taucht in der Debatte über die >Regierbarkeit< moderner demokratischer Systeme[34] der Begriff der >governance< auf, der ursprünglich in den Wirtschaftswissenschaften angesiedelt war.[35] Mit ihm wird eine tiefgreifende gesellschaftliche Veränderung des politischen Entscheidungsfeldes charakterisiert, die sich dadurch auszeichnet, daß prozessuale, strukturelle, funktionale und instrumentale Aspekte des Regierens, des Koordinierens, der Entscheidungsfindung und Entscheidungsdurchsetzung sowie der Steuerung von allgemeinen gesellschaftlich-politischen Entwicklungen sich nicht mehr nur innerhalb der politischen Institutionen vollziehen, die die Verfassung dafür vorsieht, sondern im Zusammenwirken quer durch alle Bereiche einer Gesellschaft und unter Einbeziehung unterschiedlichster Ebenen und Institutionen wie Organisationen zustande kommen. Vor allem die policy-Forschung hat gezeigt, daß die Abarbeitung komplexer gesellschaftlicher Probleme nicht alleine von den politischen Institutionen geleistet werden kann, sondern in aller Regel das Ergebnis des Zusammenwirkens sehr unterschiedlicher Partner ist. Neben den politischen Institutionen, den Parteien und der Verwaltung wirken regelhaft auch private Akteure an Konfliktlösungen mit, Interessensgruppen oder Non Governmental Organisations, von Bürgerintiativen bis hin zu national und international organisierten Verbänden, die sich bestimmter Themen annehmen und diese auf den verschiedenen Ebenen des politischen Systems mit Politikern, die voneinander abweichende, auch durchaus widerstreitende Interessen vertreten, zu verhandeln und zu einer Lösung zu bringen suchen. >Governance< - so heißt es in einer weitverbreiteten Definition der Commission on Global Governance - "ist die Gesamtheit der zahlreichen Wege, auf denen Individuen sowie öffentliche und private Institutionen ihre gemeinsamen Angelegenheiten regeln. Es handelt sich um einen kontinuierlichen Prozeß, durch den kontroverse oder unterschiedliche Interessen ausgeglichen und kooperatives Handeln initiiert werden kann. Der Begriff umfaßt sowohl formelle Institutionen und mit Durchsetzungsmacht versehene Herrschaftssysteme als auch
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informelle Regelungen, die von Menschen und Institutionen vereinbart oder als im eigenen Interesse liegend angesehen werden."[36]
Der zentrale Punkt dieses analytischen Konzeptes ist die Einsicht, daß es in den heutigen demokratisch organisierten Gesellschaften ein autoritatives, und das heißt: ein zentrales Steuerungszentrum nicht mehr gibt. Während dem alten Konzept politischer Steuerung noch ein dezisionistisches Entscheidungsmodell zu Grunde lag, in dem durch die Verfassung dafür vorgesehene letzte Instanz -das Parlament - die souveräne Beratungs- und Entscheidungskompetenz hatte, geht das Governance-Konzept von unterschiedlichen Akteuren und unterschiedlichen Systemebenen aus und läßt sich als horizontal und vertikal angeordnete Kommunikation innerhalb von Netzwerkstrukturen verstehen und beschreiben. Damit verbunden sind Formen korporativer Politikverflechtungen. An die Stelle von Dezision und Hierarchie ist das konsensuelle Aushandeln von Entscheidungen getreten, die sich in Verhandlungssysteme von der lokalen bis zur globalen Ebene diskursiv allmählich herausbilden und im Parlament dann gleichsam nur noch abgestimmt und bestätigt werden.[37]
Dieses hier nur kurz skizzierte Konzept der >governance<, das sich in der Politikwissenschaft inzwischen allgemein durchgesetzt hat, ist die analytische Verdeutlichung einer für den Normalbürger nicht mehr durchschaubaren -eingangs bereits geschilderten - komplexen und komplizierten Realität, die sich mit den normativen Vorgaben des liberal-repräsentativen Demokratiemodells nur schwer, wenn überhaupt vereinbaren läßt. Während das deutsche Grundgesetz in seinen institutionellen Vorschriften sich noch ganz am klassisch-repräsentativen Demokratiemodell orientiert und dessen Normen und Institutionen festschreibt, ist die politische Realität längst über diese verfassungsrechtlichen Vorgaben hinausgegangen, die durch die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts nur mühsam und in juristischen Umwegkonstruktionen aktualisiert werden. Vor allem die sich zumeist ad hoc zu anstehenden politischen Fragen herausbildenden informellen Netzwerke der an Entscheidungen interessierten Diskurspartner, die nicht formalisiert und schon gar nicht verfassungsrechtlich fixiert sind, führen dazu, daß sich "Arenen der Governance"[38] von den zentralen politischen Institutionen - der Regierung und dem Parlament
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- abkoppeln. Dieser Prozeß ist für die Öffentlichkeit kaum nachvollziehbar und dementsprechend intransparent. Und das umso stärker, je mehr sich solche >Arenen< über den nationalen Rahmen hinaus in transnationale und internationale Bereiche erweitern. Schon die Europäische Union ist hierfür ein schlagendes Beispiel, weil selbst die politisch interessierten Bürger deren institutionelle Ausstattung nicht kennen und die sich daran anlagernden, policy-bezogenen Verhandlungssysteme sich jeder Kenntnis entziehen. Aber auch auf nationaler Ebene vollzieht sich die Bildung von Politik-Arenen nahezu unter Ausschluß der Öffentlichkeit. Das zeigt sich an dem undurchschaubaren Geflecht von Ausschüssen, Kommissionen, Expertenrunden, runden Tischen und ähnlichem mehr, in denen Regierungsvertreter, Abgeordnete, Lobbyisten und Experten aus Wirtschaft, Gesellschaft, Wissenschaft, gelegentlich Prominente vom Fernsehen und der Presse zusammensitzen, um Politik auszuhandeln.
Nun ist sicher, daß die Komplexität heutiger politischer Sachfragen diesen Prozeß des deliberativen Aushandelns von politischen Entscheidungen erzwingt, daß solches Aushandeln zugleich ein hohes Maß an politischer Verteilungsgerechtigkeit hervorbringen kann, wie sie etwa das Mehrheitsverfahren im Parlament nicht notwendig produzieren muß. Die Tatsache, daß Netzwerkstrukturen sich mehr und mehr herausgebildet haben und heute effektiv arbeiten, weist ja auf die reale Notwendigkeit solcher Verfahren selbst hin.
Doch >Governance< hat auch eine Kehrseite. Es läßt sich, wie schon gesagt, mit dem klassischen Demokratiemodell nicht umstandslos vereinbaren. Es setzt auf Kompromiß, auf Lösungen, die stets unterhalb der von den politischen Parteien propagierten liegen und erweckt damit bei den Bürgern den Anschein, daß die Politik aus lauter schlechten Kompromissen besteht - die sogenannte "Politikverflechtungsfalle"[39], die Blockierung von Entscheidungen in Mehrebenensystemen, ist der Extremfall, in den >Governance< geraten kann.[40] Es verwischt klare Verantwortlichkeiten, weil alle am Verhandlungsprozeß Beteiligten - und damit niemand - verantwortlich sind. Es vernetzt Verhandlungspartner, die sich kennen und miteinander Vertrauen aufbauen können, was den Wählern grundsätzlich verwehrt ist. Es schwächt Regierung, Parlamente und politische Parteien - wie Untersuchungen aus Deutschland, Japan, den USA
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und der Schweiz belegen[41] - und hebelt infolge der Europäisierung und Globalisierung die nationale Souveränität aus. Das wiederum mindert die Identifikationsmöglichkeiten des Bürgers mit seinem Gemeinwesen. Und >Governance< benachteiligt die nichtorganisierbaren Interessen, die allenfalls advokatorisch von den Verhandlungspartnern wahrgenommen werden.
Welche Folgerungen sind aus solchen Befunden zu ziehen? Sehr viele, aber ich will nur auf eine einzige hier abschließend hinweisen: auf die Tatsache nämlich - wie hoffentlich aus meinen Überlegungen deutlich geworden ist -, daß das klassische Modell der liberalen Demokratie einen tiefen strukturellen Wandlungsprozeß durchmacht und in seiner überkommenen Form kaum überleben wird, weil die für dieses Modell konstitutive Verbindung mit dem souveränen Nationalstaat durch die geschilderten Entwicklungen sich mehr und mehr aufgelöst hat. In den Verfassungen der westlichen Staaten sind die Prinzipien der liberalen Demokratie zwar noch immer festgehalten und sie verbinden sich dort in aller Regel mit der Idee des in nationalen Grenzen organisierten Staates. Doch diese Verbindung hat sich mittlerweile durch Transnationalisierung und Globalisierung der Akteure und Entscheidungssysteme zunehmend gelockert, ohne daß die durch sie und in ihr entwickelten Legitimitätsprinzipien, die seit Rousseau oder auch Kant alle unter der Annahme einer starken Fiktion der >Identität der Regierenden mit den Regierten< standen und daraus ihre bindende Kraft bezogen, durch neue, ebenso starke Bindungen ersetzt worden wären. In den skizzierten Schwierigkeiten der heutigen Demokratie zeigt sich, wie schwer der Verlust des Nationalstaates wiegt und wie nahezu unmöglich es ist, an seiner Stelle jene für die Gesellschaft und Politik nötige Solidarität zu entwickeln, ohne die Demokratien nicht auskommen. Es könnte freilich sein, daß angesichts der gegenwärtigen Entwicklungen die Bedeutung der nationalen Basis demokratischer Verfassungssysteme ebenso wie die Steuerungsfähigkeit, die der klassische Nationalstaat besessen hat, erneut ins Bewußtsein rücken und zum Nachdenken darüber führen, ob sich nicht neue Formen der Kooperation finden lassen, die besser mit Demokratie und Nationalstaat zu vereinbaren sind als die gegenwärtigen Tendenzen. Anzeichen dafür gibt es bereits. Doch dies ist ein anderes, ein neues Thema. ■
ANMERKUNGEN
[1] Francis Fukuyama, The End of History and the Last Man, London 1992; deutsch: Das Ende der Geschichte: wo stehen wir?, München 1992. Vgl. auch Timothy Burns, After History? Francis Fukuyama and his critics, London 1994; Christoph Bertram, Has History ended? Fukuyama, Marx and modernity, Avesbury 1994.
[2] Freedom House, Freedom in the World. The Annual Survey of Political Rights and Civil Liberties 1971-1972, New York 1972; Arch Puddington and Aili Piano, The 2004 Freedom House Survey, in: Journal of Democracy, 2005, S. 103 ff.
[3] Zur >Messung< von Demokratien vgl. Manfred G. Schmidt, Demokratietheorien, Opladen 2000, S. 289 ff.
[4] Dazu Peter Graf Kielmansegg, Können Demokratien zukunftsverantwortlich handeln? in: Schräder-Stiftung (Hg), Schraderpreis 2001 an Peter Graf Kielmansegg, Darmstadt, SchraderStiftung 2002.
[5] Alexis de Tocqueville, Über die Demokratie in Amerika, Stuttgart 1976, S. 268 ff.
[6] Vgl. Oskar Niedermayer, Bürger und Politik. Politische Orientierungen und Verhaltensweisen der Deutschen. Eine Einführung, Wiesbaden 2001. Bertelsmann-Stiftung (Hg), Politische Partizipation in Deutschland, Gütersloh 2004.
[7] Dazu grundlegend Niklas Luhmann, Vertrauen. Ein Mechanismus der Reduktion sozialer Komplexität, Stuttgart 1968.
[8] Vgl. dazu Stefan Marschall, Das Parlament in der Mediengesellschaft. Verschränkungen zwischen parlamentarischer und massenmedialer Arena, in: Politische Vierteljahresschrift, 42. Jg, 2001, S. 388 ff; ebenso Ulrich Scarcinelle, Demokratie unter Kommunikationsstress. Das parlamentarische Regierungssystem in der Mediengesellschaft, in. Aus Politik und Zeitgeschichte, B 43, 2005, S. 39 ff.
[9] Heinrich Oberreuter, Parlamentarismus in der Talkshow-Gesellschaft: Wichtigtuer und Wichtiges tun, in: Zeitschrift für Parlamentsfragen, Heft 3/2005, S. 508 ff; das Zitat S. 511.
[10] Das betrifft im wesentlichen die in der ARD die am Sonntagabend stattfindende Diskussionrunde unter Leitung von >Sabine Christiansen<, sowie die im ZDF am Donnerstagabend unter Leitung von Maybritt Illner stehende Sendung >Berlin Mitte<. Daneben gibt es natürlich zahllose ähnliche Talkshows bei verschiedenen privaten Sendern.
[11] Zu den empirischen Daten vgl. Bernhard Kornelius/Dieter Roth, Politische Partizipation in Deutschland. Ergebnisse einer repräsentativen Umfrage, Bonn 2004.
[12] Heinrich Oberreuter, Parlamentarismus in der Talkshow-Gesellschaft, S. 513.
[13] So hat etwa Gerhard Schröder in der zweiten Fernseh-Diskussion mit Angela Merkel gegen Ende der Sendung davon gesprochen, daß er seine Frau liebe - was seine Sympathiekurve am folgenden Tag sofort steil nach oben getrieben hat.
[14] Vgl. dazu Karl-Rudolf Korte/Gerhard Hirscher (Hg), Darstellungspolitik oder Entscheidungspolitik? Über den Wandel von Politikstilen in westlichen Demokratien, München 2000.
[15] Thomas Mayer, Politik als Theater. Die neue Macht der Darstellungskunst, Berlin 1998.
[16] Vgl. Joshua Meyrowitz, Die Fernsehgesellschaft. Wirklichkeit und Identität im Medienzeitalter, Weinheim 1987.
[17] Heinrich Oberreuter, Parlamentarismus in der Talkshow-Gesellschaft, S. 514.
[18] Werner Patzelt, Warum verachten die Deutschen ihr Parlament und lieben ihr Verfassungsgericht? Ergebnisse einer vergleichenden demoskopischen Studie, in: Zeitschrift für Parlamentsfragen Heft 3/2005, S. 517 ff. und S. 527. Vgl. auch derselbe, Ein latenter Verfassungskonflikt? Die Deutschen und ihr parlamentarisches Regierungssystem, in: PVS, 39. Jg., 1998, S. 725 ff.
[19] Tabelle aus Werner Patzelt, Warum verachten die Deutschen ihr Parlament und lieben ihr Verfassungsgericht?, S. 519.
[20] Carl Joachim Friedrich, Demokratie als Herrschafts- und Lebensform, Heidelberg 1966.
[21] Joseph A. Schumpeter, Kapitalismus, Sozialismus und Demokratie (1942), Bern 1950. Vgl. auch Bernd Guggenberger / Claus Offe (Hg), An den Grenzen der Mehrheitsregel, Opladen 1984; Giovanni Sartori, Demokratietheorie, Darmstadt 1992
[22] So sehr früh schon Seymour Martin Lipset, Political Man, London 1961; erweitert: Political Man. The social Base of Politics, Baltimore 1981. Ähnlich auch Giovanni Sartori, Demokratietheorie und die meisten deutschen Theoretiker des Pluralismus wie Ernst Fraenkel, Winfried Steffani, Kurt Sontheimer.
[23] Diese Definition variiert die von Heinrich Best, Der lange Wandel der politischen Eliten in Europa 1867-2000. Auf dem Weg der Konvergenz? in: Stefan Hradil/Peter Imbusch (Hg), Oberschichten - Eliten - herrschende Klassen. Sozialstrukturanalyse Bd. 17, Opladen 2003, S. 370, die lautet: Professionalisierung wird verstanden als "Ensemble von sozialen Prozessen und informellen Strukturen, das neben den in Verfassungen und Gesetzen formal festgeschriebenen Kriterien und Verfahrensweisen die Übernahme von politischen Wahlämtern steuert, ein Insider-Outsider-Gefälle erzeugt und das Aggregat der Personen stabilisiert, die den Zugang einmal geschafft haben."
[24] Zum folgenden Heinrich Best et.al., Challenges, Failures, and Final Success: The Winding Path of German Parliamentary Leadership Groups towards a Structurally Integrated Elites 1848-1999, in: derselbe/ Maurizio Cotta (Hg), Parliamentary Representatives in Europe 1848200. Oxford 2000, S. 166 ff.
[25] Max Weber, Gesammelte politische Schriften, Tübingen (1921) 1988, S. 505 ff.
[26] Vgl. dazu Hans Herbert von Arnim, Die Partei, der Abgeordnete und das Geld. Parteifinanzierung in Deutschland, München 1996, S. 202.
[27] Wulf Schmiese, Gibt es bald keine Politiker mehr? Den Parteien fehlt das Personal für Stadträte und Kreistage. Politik ist für Junge nicht mehr attraktiv, in: Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung, Nr. 11, 19. März 2006, S. 7.
[28] Zu diesen und den folgenden Zahlen vgl. Heinrich Best/Stefan Jahr, Politik als prekäres Beschäftigungsverhältnis: Mythos und Realität der Sozialfigur des Berufspolitikers im wiedervereinten Deutschland, unpubliziertes Manuskript, S. 10.
[29] Ebenda, Anmerkung 26 - Verweis auf die Datenbank DATACube des von Heinrich Best und Maurizio Cotta geleitete Forschungsprojektes EURELITE an den der Universitäten Halle und Jena, die auch das ungarische Parlament berücksichtigt.
[30] Klaus von Beyme, Die politische Klasse im Parteienstaat, Frankfurt/M. 1993.
[31] Zusammenfassend Werner J. Patzelt, Warum verachten die Deutschen ihr Parlament und lieben ihr Verfassungsgericht?, S. 532.
[32] Grundlegend dafür Peter Gluchowski/Hans-Joachim Veen, Nivellierungstendenzen in den Wähler- und Mitgliedschaften von CDU/CSU und SPD 1959-1979, in: Zeitschrift für Parlamentsfragen, Nr. 3, 10. Jg., 1979, S. 312 ff; Oscar W. Gabriel/Oskar Niedermayer, Parteimitgliedschaften: Entwicklung und Sozialstruktur, in: dieselben/ Richard Stöß (Hg), Parteiendemokratie in Deutschland, Bonn 2001, S. 274 ff. Ebenso: Hartmut Esser (Hg), Der Wandel nach der Wende. Gesellschaft, Wirtschaft, Politik in Ostdeutschland, Opladen 2000.
[33] Vgl. dazu Heiko Biehl, Parteimitglieder neuen Typs? Sozialprofil und Bindungsmotive im Wandel, in: Zeitschrift für Parlamentsfragen, Nr. 4, 35. Jg., 2004, S. 681 ff.
[34] Dazu sehr früh Wilhelm Hennis, Aufgaben einer modernen Regierungslehre, in: Politische Vierteljahresschrift, Jg. 6, 1965, S. 422 ff.
[35] Zur Begriffsgeschichte und Begriffsverwendung vgl. Arthur Benz (Hg), Governance -Regieren in komplexen Regelsystemen. Eine Einführung, Wiesbaden 2004, S. 15 ff. Allgemein dazu: Jan Kooiman (Hg), Modern Governance, New Government, Society Interaction, London 1993; John Pierre (Hg), Debating Governance. Authority, Steering and Democracy, Oxford 2000; derselbe/B. Guy Peters, Governance., Politics and the State, London 2000; James Rosenau, Governance and Democracy in a Globalizing World, in: David Held/Anthony McGrew (Hg), The Transformations Reader. An Introduction to the Globalization Debate, Cambridge, 2000, S. 181 ff.; Jürgen R. Grote/Bernhard Gbikpi (Hg), Participatory Governance. Political and Societal Implications, Opladen 2002;
[36] Commission on Global Governance, zitiert nach Volker Schneider/ Patrick Kenis, Organisation und Netzwerk. Institutionelle Steuerung in Wirtschaft und Politik, Frankfurt/M. 1996, S. 9 ff; das Zitat S. 39.
[37] Dazu unter anderem Arthur Benz/Fritz Scharpf/Reinhard Zintl, Horizontale Politikverflechtung. Zur Theorie von Verhandlungssystemen, Frankfurt/M. 1992; Jan Kooiman (Hg), Modern Governance: New Government-Society Interactions, London 1993; Renate Mayntz/Fritz Scharpf (Hg), Gesellshaftliche Selbstregelung politischer Steuerung, Frankfurt/M. 1995.
[38] Yannis Papadopoulos, Governance und Demokratie, in: Arthur Benz (Hg), Governance -Regieren in komplexen Regelsystemen, S. 217. Vgl. auch Goran Hyden/Julius Court and Kenneth Mease, Making Sense of Government, London 2004.
[39] Fritz Scharpf/ Bernd Reissert/ Fritz Schnabel, Politikverflechtung. Theorie und Empirie des kooperativen Föderalismus in der Bundesrepublik, Kronberg/Ts. 1976; Fritz Scharpf, Die Politikverflechtungs-Falle. Europäische Integration und deutscher Föderalismus im Vergleich, in: Politische Vierteljahreshefte 1985, S. 323 ff.
[40] Dazu Katharina Holzinger/ Christoph Knill/ Dirk Peters/ Berthold Rittberger/ Frank Schimmelpfeng, Wolfgang Wagner, Die Europäische Union. Theorien und Konzepte, Paderborn u.a. 2005, S. 137 ff.
[41] Volker Schneider, Organisationsstaat und Verhandlungsdemokratie, in: Raymond Werle/ Uwe Schimank (Hg), Gesellschaftliche Komplexität und kollektive Handlungsfähigkeit, Frankfurt/M. 2000, S. 253 ff.
Lábjegyzetek:
[1] Universität Hamburg, Fakultät Wirtschafts- und Sozialwissenschaften
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