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Walter Gropp[1]: Die Rolle des Irrtums in einem freiheitlichen Strafrecht (FORVM, 2013/1., 27-38. o.)

(Prof. Dr. Ferenc Nagy zum 65. Geburtstag)

Einleitung

Sehr verehrter, lieber Herr Kollege,

lieber Ferenc,

es ist nicht nur eine Freude, sondern auch eine große Ehre für mich, für meine Frau und für die ganze Gießener Delegation, dass wir zu Deinem Ehrentag eingeladen worden sind und mit Dir und Deiner Familie diesen Tag begehen dürfen. Uns verbindet eine wissenschaftliche Zusammenarbeit und Freundschaft, die mittlerweile auf fast 20 aufregende Jahre zurückblicken kann. Ich danke Dir, Deiner lieben und verehrten Frau Anna und Eurer Tochter Katinka sehr für viele gemeinsame Stunden überwältigender Gastfreundschaft.

Zu Deinem Geburtstag habe ich Dir ein kleines Geschenk mitgebracht, das sich mit einem Phänomen beschäftigt, von dem einer der Kirchenväter, der heilige Hieronymus aus Stridon in Dalmatien, sagt, dass es menschlich sei. Wer kennt nicht das geflügelte Wort "errare humanum est", Irren ist menschlich. Es geht also um den Irrtum.

Die folgenden Überlegungen zur Rolle des Irrtums in einem freiheitlichen Strafrecht wenden sich zunächst der Frage zu, ob und wie das deutsche und das ungarische Strafgesetzbuch (dStGB; uStGB) das menschliche Irren zur Kenntnis nehmen und berücksichtigen (A.). Danach folgen einige Anmerkungen zum Irrtum in der gerichtlichen Alltagspraxis (B.). Schließlich sei auf drei konkret entschiedene Fälle eingegangen, an denen man ablesen kann, wie höchste Gerichte in Deutschland mit der Problematik des Irrtums verfahren und wie dabei die juristische Begründungslehre wahre Kapriolen schlägt (C.).

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A. Die Irrtumsregelungen in den Strafgesetzbüchern Deutschlands und Ungarns

Deutsche Studierende begegnen der Problematik der Irrtümer im Strafrecht mit großem Respekt und lernen wundersame Bezeichnungen auswendig, die man im Gesetz vergeblich sucht:[1] Erlaubnisirrtum, indirekter Verbotsirrtum, Erlaubnistatumstandsirrtum, Doppelirrtum usw.

Diese Bezeichnungen verwirren mehr als sie erklären, denn sie verstellen den Blick auf drei wichtige Elemente, mit denen man jeden Irrtum kennzeichnen kann:[2]

1. Der Gegenstand des Irrtums. Im Strafrecht kann Gegenstand eines Irrtums nur etwas sein, was bei der Beschreibung einer Straftat eine Rolle spielt.

2. Die Form des Irrtums. Wenn man den Gegenstand des Irrtums gefunden hat, so gibt es nur zwei Möglichkeiten, über diesen Gegenstand zu irren. Entweder man kennt den Gegenstand nicht, dann liegt ein Fall der Unkenntnis vor. Oder man stellt sich den Gegenstand irrtümlich vor, dann liegt ein Fall der irrigen Annahme vor.

3. Die Beachtlichkeit eines Irrtums. Ein Strafgesetzbuch, das Irrtümer beachtet, ist ein eher menschliches, wobei Menschlichkeit hier nicht mit Milde verwechselt werden darf. Denn die irrige Annahme eines Sachverhaltes, der strafbar ist, kann zu einer Versuchsstrafbarkeit führen. Dann steht der böse Wille des Menschen, der sich in einer Handlung geoffenbart hat, im Mittelpunkt. Auch seine Berücksichtigung ist dem Menschen zugewandt, eben dem Menschen, der Unrecht begehen will.

Schaut man sich nach dem Raster Gegenstand - Form - Beachtlichkeit die Irrtumsregelung im deutschen und ungarischen StGB an, so zeigt sich sehr schnell, dass die Irrtumsproblematik in beiden Gesetzen nur unvollständig geregelt ist. Dies betrifft in Teilen die Irrtümer über Tatumstände (I.), weniger die Irrtümer über das Verbotensein (II.), vor allem aber die Irrtümer über Tatsachen die Rechtswidrigkeit betreffend (III.).

I. Irrtümer über Tatumstände

Im Mittelpunkt der deutschen Irrtumsregelung steht § 16, der festlegt, dass die Unkenntnis eines Umstandes, der zum gesetzlichen Tatbestand einer Straftat gehört, den Vorsatz des Täters entfallen lässt. Eine Strafbarkeit wegen fahrlässiger Tatbegehung wird dadurch aber nicht ausgeschlossen, wenn eine solche Tatbegehung gesetzlich vorgesehen ist und der Irrtum auf Fahrlässigkeit beruht. Nicht geregelt ist die irrige Annahme von Umständen, die zum gesetzlichen Tatbestand gehören. Jedoch ergibt sich aus den allgemeinen Verbrechenslehren, dass sich in diesen Fällen der Täter einen strafbaren Sachverhalt vorstellt, was zur Strafbarkeit wegen Versuchs führen kann, wenn der Täter zur Verwirklichung dieses strafbaren Sachverhalts nach seiner Vorstellung unmittelbar ansetzt. Nur die irrige Annahme von Umständen, welche den Tatbestand eines milderen Gesetzes verwirklichen würden, ist geregelt (§ 16 Abs. 2). Insoweit legt das Gesetz fest, dass der Täter nach dem irrig vorgestellten milderen Umstand bestraft wird.

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Vergleicht man die Regelung im ungarischen StGB zum Irrtum über Tatumstände mit der soeben geschilderten im deutschen StGB, so erkennt man schnell, dass hier keine wesentlichen Unterschiede bestehen. § 27 Abs. 1 des ungarischen StGB legt fest, dass der Beteiligte wegen eines Umstandes, von dem er bei der Begehung der Tat keine Kenntnis hatte, nicht strafbar ist. In § 27 Abs. 3 uStGB findet sich die Regelung über die Möglichkeit einer Strafbarkeit wegen Fahrlässigkeit bei fahrlässiger Verursachung des Irrtums.

II. Irrtümer über das Verbotensein

Eine große Ähnlichkeit zwischen der Regelung in Ungarn und in Deutschland besteht auch hinsichtlich der Unkenntnis des Verbotenseins bei Kenntnis der Fakten. Dieser sogenannte Verbotsirrtum ist gewissermaßen der Eckstein eines freiheitlichen Strafrechts. Denn ein solches Strafrecht räumt dem Normadressaten die Freiheit ein, über das Recht selbst nachzudenken und zu einer dem Recht entsprechenden Entscheidung zu gelangen. Wer bei Kenntnis aller Umstände und trotz Ausschöpfung aller Erkenntnismöglichkeiten nicht in der Lage ist, das Verbotensein seines Handelns zu erkennen, bleibt straffrei. Dies gilt sowohl für das deutsche als auch für das ungarische Strafrecht (vgl. § 27 Abs. 2 uStGB sowie § 17 Satz 1 dStGB). Das ungarische StGB spricht insoweit davon, dass der Täter nur straffrei bleibt, wenn er triftige Gründe für die Annahme hatte, dass seine Handlung nicht sozialgefährlich sei. Das deutsche StGB verlangt, dass der Irrtum unvermeidbar war. Somit bleibt der Täter dann strafbar, wenn er keine triftigen Gründe für seine falsche Annahme hatte bzw. wenn er den Irrtum hätte vermeiden können. Beide Strafgesetzbücher gehen davon aus, dass eine vermeidbare Unkenntnis des Verbotenseins die Strafbarkeit des Täters wegen Vorsatzes nicht entfallen lässt. Jedoch kann nach deutschem Recht die Strafe dann gemildert werden. Es ist anzunehmen, dass dies im ungarischen Strafrecht ähnlich möglich ist.

In das deutsche Strafrecht hat die Beachtlichkeit des Verbotsirrtums erst spät Einzug gehalten. Während das Reichsgericht noch der Meinung war, dass ein Verbotsirrtum unbeachtlich sei (error iuris non nocet)[3], entschied der Bundesgerichtshof durch den Großen Senat in Strafsachen am 18. März 1952[4], dass das fehlende Unrechtsbewusstsein die Schuld des Täters jedenfalls dann ausschließt, wenn die Unkenntnis des Verbotenseins für den Täter unvermeidbar war. Der BGH begründete seine Entscheidung mit dem Satz "nulla poena sine culpa". "Mit dem Unwerturteil der Schuld wird dem Täter vorgeworfen, dass er sich nicht rechtmäßig verhalten, dass er sich für das Unrecht entschieden hat, obwohl er sich rechtmäßig verhalten, sich für das Recht hätte entscheiden können. Der innere Grund des Schuldvorwurfs liegt darin, dass der Mensch auf freie, verantwortliche, sittliche Selbstbestimmung angelegt und deshalb befähigt ist, sich für das Recht und gegen das Unrecht zu entscheiden, sein Verhalten nach den Normen des rechtlichen Sollens einzurichten und das rechtlich Verbotene zu vermeiden, sobald er die sittliche Reife erlangt hat und solange die Anlage zur freien sittlichen Selbstbestim-

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mung nicht [...] gelähmt oder auf Dauer zerstört ist. [...]. Das Bewusstsein, Unrecht zu tun, kann im einzelnen Falle auch beim zurechnungsfähigen Menschen fehlen, weil der die Verbotsnorm nicht kennt oder verkennt. Auch in diesem Fall des Verbotsirrtums ist der Täter nicht in der Lage, sich gegen das Unrecht zu entscheiden".[5]

III. Die irrige Annahme rechtfertigender Umstände

Bis heute nicht ganz beigelegt ist der Streit über die Beachtlichkeit eines Irrtums, bei dem der Täter die Rechtswidrigkeit seines Tuns nicht kennt, weil er irrig Umstände annimmt, die ihn rechtfertigen würden. Hier ist umstritten, ob man diese irrige Annahme von rechtfertigenden Umständen eher wie einen Tatumstandsirrtum nach § 16 dStGB in Form der Unkenntnis von strafbegründenden Tatumständen beurteilen soll oder wie einen Verbotsirrtum nach § 17 dStGB in Form der Unkenntnis des Verbotenseins.

Im deutschen StGB ist hierzu nichts festgelegt. Jedoch hat sich eine herrschende Meinung dahin herausgebildet, dass dieser Irrtum wie eine Unkenntnis über strafbegründende Tatsachen behandelt werden soll, das heißt, dass ein solcher Irrtum die Vorsatzstrafbarkeit entfallen lässt.[6] Diese so genannte "eingeschränkte Schuldtheorie" lässt sich damit rechtfertigen, dass die irrige Annahme von rechtfertigenden Tatsachen den Täter ebenso unfähig macht, das Unrecht seiner Tat zu erkennen, wie die Unkenntnis unrechtsbegründender Tatumstände. Die Gegenmeinung will die irrige Annahme rechtfertigender Tatumstände und die darauf beruhende Unkenntnis des Verbotenseins hingegen behandeln wie jeden anderen Verbotsirrtum, mit der Folge, dass die Vorsatzstrafbarkeit nicht entfallen soll.[7] Dies ist dann unproblematisch, wenn man großzügig ist bezüglich der Anerkennung einer Unvermeidbarkeit dieses Verbotsirrtums.

Im ungarischen StGB ist zur irrigen Annahme rechtfertigender Umstände nichts festgeschrieben. Eine Nachfrage am Lehrstuhl von Ferenc Nagy hat ergeben, dass die herrschende Meinung den Erlaubnistatbestandsirrtum im Sinne der Verbotsirrtumslösung behandelt.

Nun will ich aber diese theoretischen Ausführungen zur irrigen Annahme rechtfertigender Tatumstände nicht weiter vertiefen, zumal für die weiteren Überlegungen die Unkenntnis strafbegründender Tatumstände im Mittelpunkt steht und diese Form des Irrtums im ungarischen wie im deutschen Strafrecht ohnehin übereinstimmend in der Weise behandelt wird, dass der Vorsatz des Täters entfällt.

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B. Der Stellenwert von Irrtümern des Angeklagten im gerichtlichen Alltag - ein Eindruck

Interessant ist der Eindruck, dass dem Ringen um die sachgerechte Behandlung von Irrtümern in der strafrechtlichen akademischen Lehre eine gewisse Bedeutungslosigkeit in der forensischen Praxis gegenüber zu stehen scheint. Vielleicht liegt dies daran, dass Irrtümer in der Praxis nur dann überhaupt eine Rolle spielen können, wenn sie erkannt bzw. anerkannt werden. Weil jedoch völlig zu Unrecht Berührungsängste mit der Irrtumslehre bestehen, ist die Befassung mit Irrtümern in der gerichtlichen Praxis eher unbeliebt.

Teils wird die an sich naheliegende Möglichkeit eines Irrtums nicht näher in Betracht gezogen, teils wird ein von der Verteidigung vorgebrachter Irrtum des Angeklagten vom Gericht nicht anerkannt und als "Schutzbehauptung" abgetan. Eine der hier zu nennenden typischen Fallgruppen ist das unerlaubte Entfernen vom Unfallort nach § 142 dStGB. Die Strafbarkeit nach § 142 dStGB setzt voraus, dass der Täter das Geschehen des Unfalls überhaupt bemerkt hat. Bemerkt er den Unfall nicht und fährt er weiter, so handelt er ohne Vorsatz, denn er befindet sich in Unkenntnis über den Tatumstand des Unfalls nach § 16 dStGB. Nicht selten glauben die Gerichte in solch einer Konstellation dem Angeklagten nicht, dass er den Unfall nicht bemerkt habe. Vielmehr wird ein Sachverständiger bestellt, der die entstandenen Schäden in Augenschein nimmt. Er begutachtet dann, ob unter den gegebenen Umständen das Geschehen des Unfalls insbesondere durch eine entsprechende Erschütterung oder einen lauten Knall habe bemerkt werden müssen. Falls der Sachverständige zu diesem Ergebnis kommt, nimmt das Gericht in der Regel an, dass der Vortrag des Angeklagten, den Unfall nicht bemerkt zu haben, eine Schutzbehauptung und somit unbeachtlich ist. Gegen diese Überzeugung des Gerichts, dass der Täter nicht geirrt habe, hilft keine noch so günstige Irrtumsregelung im Gesetz.

Es gibt aber noch eine zweite Möglichkeit, dem Täter die Vorteile streitig zu machen, die ihm eine gesetzliche Irrtumsregelung bietet. Hier glaubt das Gericht dem Angeklagten zwar, dass er geirrt habe. Jedoch legt das Gericht die entscheidungsrelevanten Vorschriften so aus, dass der Irrtum des Angeklagten unbeachtlich ist.

C. Werden Irrtümer rechtlich respektiert? Drei Fälle und drei Gerichte - ein Lehrstück zur scheinbaren Beliebigkeit juristischer Begründungsmuster

Auch in diesem Zusammenhang ist der Tatbestand des unerlaubten Entfernens vom Unfallort berühmt geworden.

Dies sei an Hand dreier Fälle, die Geschichte geschrieben haben, näher erläutert.

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I. Der Baustellen-Fall[8]

Im Baustellen-Fall hatte der Angeklagte auf einem Parkplatz beim Zurückstoßen mit seinem Lastkraftwagen (LKW) einen geparkten Personenkraftwagen (PKW), der hinter dem LKW stand, nicht unerheblich beschädigt, den Anstoß aber möglicherweise nicht bemerkt. Er fuhr weiter und stellte sein Fahrzeug nach einer Fahrstecke von etwa 300 Metern an einer Baustelle ab, um es beladen zu lassen. An der Baustelle teilte ihm ein Kraftfahrer, der den Unfall gesehen hatte und ihm gefolgt war, mit, dass er einen PKW beschädigt habe. Der Angeklagte nahm das zur Kenntnis und erklärte sinngemäß, er wolle "es sich nachher ansehen". Entgegen seiner Zusage kümmerte sich der Angeklagte jedoch nicht um den von ihm verursachten Schaden, sondern setzte seine Fahrt nach der Beladung seines Lastkraftwagens fort.

Das Amtsgericht verurteilte den Angeklagten wegen unerlaubten Entfernens vom Unfallort (§ 142 Abs. 1 dStGB) zu einer Geldstrafe. Das Urteil wurde vom Landgericht bestätigt. Dagegen legte der Angeklagte vor dem Bayerischen Obersten Landesgericht (BayObLG) Revision ein. Er trug vor, dass er den Unfall nicht bemerkt habe und deswegen nicht wegen unerlaubten Entfernens vom Parkplatz als Unfallort nach § 142 Abs. 1 bestraft werden könne, weil er sich in Unkenntnis über das Vorliegen des Unfalls befunden habe. Dieser Irrtum lasse nach § 16 Abs. 1 dStGB den Vorsatz entfallen und führe zur Straffreiheit. Die Baustelle sei hingegen nicht der Unfallort gewesen. Deshalb habe er sich auch beim Wegfahren von der Baustelle nicht nach § 142 Abs. 1 dStGB strafbar gemacht.

Nun macht sich wegen unerlaubten Entfernens vom Unfallort aber nicht nur derjenige nach § 142 Absatz 1 strafbar, der nach einem Unfall im Straßenverkehr den Unfallort verlässt, bevor er Feststellungen zugelassen hat, sondern nach § 142 Abs. 2 Nr. 2 auch derjenige, der sich vom Unfallort berechtigt oder entschuldigt entfernt hat und die Feststellungen nicht unverzüglich nachträglich ermöglicht. Bei seiner Entscheidung über die Revision im Baustellen-Fall musste sich das BayObLG auch mit § 142 Abs. 2 dStGB befassen.

Denn das Oberlandesgericht Köln[9] hatte in einer 1974 veröffentlichten Entscheidung die Auffassung vertreten, dass solch ein berechtigtes oder entschuldigtes Sich-Entfernen auch dann vorliege, wenn der Unfallbeteiligte den Unfall gar nicht bemerkt habe. Danach hätte man auf den Baustellen-Fall § 142 Abs.2 Nr. 2 anwenden können.

Das BayObLG wollte das hingegen nicht so sehen. Es war der Auffassung, dass eine Verurteilung wegen berechtigten oder entschuldigten Entfernens in Fällen, in denen der Täter sich irrtümlich, das heißt ohne Vorsatz, entfernt habe, gegen das Analogieverbot d.h. gegen den Grundsatz nullum crimen sine lege stricta verstoße. Weil es damit von der Rechtsprechung des Oberlandesgerichts Köln abweichen wollte, musste das Bayerische Oberste Landesgericht nach § 121 Abs. 2 Gerichtsverfassungsgesetz (GVG) die Rechtsfrage dem Bundesgerichtshof vorlegen, um die Rechtseinheit der höchstrichterlichen Rechtsprechung zu wahren.

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Der Bundesgerichtshof (BGH)[10] widersprach der Auffassung des BAyObLG und bestätigte die Rechtsprechung des OLG Köln. Er führte aus, dass das nicht vorsätzliche Entfernen vom Unfallort dem berechtigten oder dem entschuldigten Entfernen nach § 142 Abs. 2 Nr. 2 gleichzusetzen sei und begründete dies mit vier Argumenten:

1. Erstes Argument - der Wortsinn:[11] Die Begriffe "berechtigt und entschuldigt" seien keineswegs formal-dogmatisch auf die allgemein anerkannten strafrechtlichen Recht-fertigungs- oder Entschuldigungsgründe beschränkt. Ihnen komme vielmehr ein darüber hinausgehender Sinn zu. In der Rechtssprache fänden die Worte "berechtigt oder entschuldigt" auch in Bezug auf tatbestandsmäßig nicht vorsätzliche Verhaltensweisen Anwendung.

2. Zweites Argument - der Wille des Gesetzgebers: Dem Gesetzgeber sei bei der Neufassung des § 142 die Rechtsprechung zur alten Fassung der Vorschrift bekannt gewesen. Sie hatte ausdrücklich den Fall einer erst späteren Kenntniserlangung von der eigenen Unfallbeteiligung als Beispiel einer erlaubten oder entschuldigten Weiterfahrt bezeichnet, die die Verpflichtung auslöse, an die Unfallstelle zurück zu kehren. An die Stelle der Rückkehrpflicht sei jetzt die Pflicht zur nachträglichen Ermöglichung der Feststellung getreten. Der erklärte Wille des Gesetzgebers, an den ursprünglichen Ergebnissen festzuhalten, lasse sich deshalb nur so deuten, "dass alle Fälle, für die nach altem Recht eine Rückkehrpflicht bestanden hat, bezüglich ihrer Rechtsfolge gleich behandelt, das heißt der Feststellungspflicht unterworfen werden sollen."[12]

3. Drittes Argument - die ratio legis: aus dem Zweck des § 142 ergebe sich eindeutig, dass der Gesetzgeber möglichst alle Fälle des zunächst erlaubten Entfernens vom Umfallort durch die nachträgliche Meldepflicht erfassen wollte. Für die Gefahr des Beweisverlustes und dementsprechend das Interesse an der Beweissicherung komme es nicht darauf an, ob der Täter sich in Kenntnis aller Tatumstände bei Vorliegen eines Rechtfertigungs- oder Entschuldigungsgrundes oder aber deswegen erlaubt entfernt habe, weil er den Unfall nicht wahrgenommen hat.[13]

4. Viertes Argument - die kriminalpolitische Zielsetzung: Eine unterschiedliche Behandlung des Sich-Entfernens ohne Vorsatz und des sich berechtigt oder entschuldigt Entfernens widerspreche der kriminalpolitischen Zielsetzung der Strafvorschrift. Mit der Einführung der nachträglichen Meldepflicht habe der Gesetzgeber gerade die Fälle erfassen wollen, die auch durch die Rechtsprechung zur alten Fassung nicht zufriedenst-ellend zu lösen waren.[14]

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Die so begründete Auslegung des Tatbestandsmerkmals "berechtigt oder entschuldigt" als "unvorsätzlich" verstoße entgegen der Ansicht des BayObLG auch nicht gegen das Analogieverbot, führte der BGH aus. Denn die Auslegung schaffe keinen neuen Tatbestand, sondern ermittele nur den Willen des Gesetzgebers aus dem Wortlaut der Norm, ihrem Zusammenhang, ihrem Zweck und ihrer Entstehungsgeschichte.[15]

II. Der Gartenzaun-Fall[16]

Im Gartenzaun-Fall musste sich das Bayerische Oberste Landesgericht etwa drei Jahre später wiederum mit der Problematik des unerlaubten Entfernens vom Unfallort befassen.

In diesem Fall hatte sich der Angeklagte am Nachmittag in einer Gastwirtschaft aufgehalten. Dort hatte er einen Bekannten getroffen. Weil sich der Angeklagte nicht wohl fühlte, bat er den Bekannten, von dem er nicht wusste, dass er keine Fahrerlaubnis hatte, ihn in seinem, d.h. des Angeklagten, PKW nach Hause zu fahren. Der Bekannte kam diesem Wunsch nach und fuhr zusammen mit dem Angeklagten weg. Nach einer halben Stunde geriet er auf die linke Fahrbahnseite und streifte den Gartenzaun des Geschädigten W. Dort entstand ein Schaden in Höhe von etwa 950 DM. Der Angeklagte bemerkte den Unfall und forderte den Bekannten zum Anhalten auf. Dieser setzte jedoch seine Fahrt fort. Der Angeklagte begab sich erst am übernächsten Tag zum Geschädigten, der den Unfall allerdings bereits der Polizei gemeldet hatte.

Das Landgericht verurteilte den Angeklagten wegen eines unerlaubten Entfernens vom Unfallort, weil er nicht nachträglich unverzüglich die notwendigen Feststellungen ermöglicht habe. Dagegen legte der Angeklagte beim BayObLG Revision ein.

Das BayObLG erwog zunächst, das Urteil des Landgerichts schon deshalb aufzuheben, weil sich der Angeklagte nicht von der Unfallstelle entfernt habe, sondern gegen seinen Willen von ihr entfernt worden sei. Jedoch griff es schließlich in seiner Argumentation auf die Entscheidung des BGH im Baustellen-Fall zur Gleichsetzung des vorsatzlosen mit dem berechtigten oder entschuldigten Entfernen zurück und führte aus:

Wenn man das Tatbestandsmerkmal "berechtigt oder entschuldigt" nicht dahin auslege, dass es lediglich Rechtfertigungs- und Schuldausschließungsgründe umfasse, sondern auch das vorsatzlose Sich-Entfernen, dann bestehe kein Hindernis, darunter auch den Fall zu verstehen, dass die Entfernung nicht auf einer vom Willen getragenen eigenen Handlung des Täters, sondern auf dem diesen Willen missachtenden Eingreifen eines Dritten beruht.[17]

Dass man hier auch von einem "Entfernt-Werden" des Täters sprechen könnte an-statt von einem sich "Entfernen" wie im Wortlaut von § 142 Abs. 2 dStGB vorausgesetzt, schade nicht. Denn die Formulierung in der Aktivform im Gesetz bedeute nicht, dass das passive Entfernt-Werden ausgenommen werden sollte. Dies anders zu sehen,

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bedeute eine "Überbewertung der vom Gesetzgeber gewählten Ausdrucksweise".[18] Im Übrigen stützte das BayObLG seine Entscheidung auf drei Argumente:

1. Argument: Der Wortsinn des § 142 Abs. 2 Nr. 2 "berechtigt oder entschuldigt Sich-Entfernt-Haben" schließe nicht aus, das unvorsätzliche Sich-Entfernt-Haben und das Entfernt-Worden-Sein als Fall der Vorschrift anzusehen.

2. Argument: Dies entspreche auch der ratio legis, im Interesse des Verkehrsopfers eine Pflicht des Unfallbeteiligten zur Ermöglichung nachträglicher Feststellungen aufzustellen. Diese Pflicht könne man nicht ausschließen in Fällen, in denen die Entfernung des Täters von der Unfallstelle nicht auf dessen eigenem willensgetragenen Handeln beruht.[19]

3. Argument: Schließlich mache es auch keinen Unterschied, ob der Unfallbeteiligte durch vis absoluta (Entfernt-Werden) oder durch vis compulsiva (Sich-Entfernen aufgrund von Nötigung mit Gewalt) zum Sich-Entfernen genötigt worden sei.

Mit seiner Entscheidung von 1981 ging das BayObLG über die Rechtsprechung des BGH im Baustellen-Fall hinaus, obwohl es im Baustellen-Fall zunächst der Meinung war, dass ein Verstoß gegen den Grundsatz nullum crimen sine lege vorliegt.

Allerdings widersprach das BayObLG mit der Gleichsetzung von entfernt Werden mit einem berechtigten oder entschuldigten Sich-Entfernt-Haben einer Entscheidung des OLG in Hamm von 1978.[20] Dort war ein berechtigtes oder entschuldigtes Sich-Entfernen abgelehnt worden, weil der Angeklagte von der Polizei vom Unfallort abtransportiert worden war. Wegen des Widerspruchs zur Entscheidung des OLG Hamm musste das BayObLG den Gartenzaun-Fall vor seiner Entscheidung dem BGH nach § 121 GVG zur Entscheidung vorlegen.[21] Der BGH hatte die Sache jedoch mit Beschluss vom 11.6.1981[22] an das BayObLG zurückgegeben, weil das Urteil des OLG Hamm im Ergebnis nicht darauf beruhe, dass das Entfernt-Werden kein berechtigtes oder entschuldigtes Sich-Entfernen sei.

Mit der Auslegung der Tatbestandsmerkmale "sich berechtigt oder entschuldigt Entfernen" in § 142 Abs. 2 Nr. 2 dStGB als sich unvorsätzlich Entfernen und gegen seinen Willen mit Gewalt entfernt Werden war ein Stillstand eingetreten, den man auch als Ruhe vor dem Sturm bezeichnen könnte. Erstaunlich ist aber, dass dieser Zustand in der Strafrechtspraxis fast 30 Jahre Bestand haben sollte. Kritik gab es allenfalls auf Seiten der Strafrechtslehrer.[23] Auch ich selbst habe den Studenten den Baustellen-Fall und den Gartenzaun-Fall gerne als Beispiele dafür vor Augen geführt, wie der Grundsatz nullum crimen sine lege stricta in der deutschen Rechtspraxis mit Füßen getreten wird. Zu einer Zeit, zu der im Kreis der Strafrechtswissenschaft die Hoffnung auf eine Korrektur dieser Fehlleistungen schon fast aufgegeben worden war, kam jedoch aus Nordrhein-Westfalen ein Zeichen der Hoffnung.

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III. Der Rollsplitt-Fall[24]

2006 war ein Autofahrer vom Amtsgericht Herford wegen eines Verstoßes gegen § 142 Abs. 2 Nr. 2 verurteilt worden.[25] Der Verurteilung lag folgender Sachverhalt zugrunde:[26]

Der Angeklagte hatte mit seinem PKW beim verbotswidrigen Überholen auf einem Baustellenabschnitt Rollsplitt aufgewirbelt. Dadurch entstand an dem Fahrzeug des überholten Geschädigten ein Schaden in Höhe von knapp 1.900 Euro. Der Geschädigte folgte dem Angeklagten, bis dieser auf das Gelände einer ca. 500 Meter entfernten Tankstelle einbog, wo er ihn auf den Unfall aufmerksam machte. Der Angeklagte bestritt den Überholvorgang und entfernte sich, ohne dem Geschädigten die Feststellung der in § 142 Abs. 1 Nr. 1 StGB vorgesehenen Angaben zu ermöglichen. Dem Angeklagten konnte nicht nachgewiesen werden, dass er das schadensverursachende Ereignis bemerkt hatte. Insofern hatte das Amtsgericht den Irrtum des Angeklagten in Form der Unkenntnis vom Geschehen des Unfalls ernst genommen und rechtlich berücksichtigt.

Jedoch entschied das Amtsgericht ganz im Sinne des Baustellen-Falls, dass dieses unvorsätzliche Sich-Entfernen vom Unfallort dem berechtigten oder entschuldigten Sich-Entfernen in § 142 Abs. 2 Nr. 2 gleichzusetzen sei. Damit hebelte das Amtsgericht die Vorteile des Irrtums für den Angeklagten dadurch aus, dass es das Tatbestandsmerkmal "berechtigt oder entschuldigt sich entfernt Haben" in § 142 dStGB sehr weit auslegte. Das Amtsgericht sah daher die Tatbestandsalternative des § 142 Abs. 2 Nr. 2 dStGB als erfüllt an und verurteilte den Angeklagten.

Der Angeklagte legte daraufhin Revision vor dem Oberlandesgericht Hamm ein, jenes Gericht, das einst entschieden hatte, dass ein Entfernt-Werden kein sich berechtigt oder entschuldigt Entfernen sei.[27] Damit hätte das Oberlandesgericht Hamm die Möglichkeit gehabt, gegen die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs im Baustellen-Fall zu argumentieren, indem es den Fall dem Bundesgerichtshof vorlegte. Dies tat das Oberlandesgericht Hamm jedoch nicht. Vielmehr schloss es sich der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs an, nach der ein berechtigtes oder entschuldigtes Sich-Entfernen auch dann vorliegen sollte, wenn sich der Angeklagte in Unkenntnis über das Vorliegen des Unfalls befindet.[28]

Der Angeklagte hatte aber einen mutigen Rechtsanwalt, der die Sache nicht auf sich beruhen lassen wollte. Er legte deshalb im Namen seines Mandanten vor dem Bundesverfassungsgericht Verfassungsbeschwerde ein und trug vor, dass die Anwendung des § 142 Abs. 2 Nr. 2 dStGB auf Fälle, in denen der Unfallbeteiligte über das Vorliegen eines Unfalls in Unkenntnis ist, gegen das strafrechtliche Analogieverbot in Art. 103 Abs. 2 des Grundgesetzes verstößt. Die Beschwerde des Angeklagten war erfolgreich, und es ist aus der Sicht eines rechtsstaatlichen Strafrechts erfreulich, mit welcher Klarheit das Bundesverfassungsgericht eine Verletzung der Grundrechte aus Art. 2 Abs. 1

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Grundgesetz und Art. 103 Abs. 2 Grundgesetz annimmt. Im Grunde bedeutet die Begründung des Bundesverfassungsgerichts eine schallende Ohrfeige für die Rechtsprechung des BGH und des Bayerischen Obersten Landesgerichts in diesen Fällen.

Dabei ist aus Sicht des Bayerischen Obersten Landesgerichts tragisch, dass jene Argumente, mit denen es den Baustellen-Fall dem BGH wegen eines Verstoßes gegen den Grundsatz nullum crimen sine lege stricta vorgelegt hatte, nun vom Bundesverfassungsgericht aufgegriffen werden.

1. Argument - der Wortsinn: Zunächst geht das Bundesverfassungsgericht auf das Argument ein, dass die Begriffe "berechtigt oder entschuldigt" über ihre formal-dogmatische Bedeutung als Kennzeichnung strafrechtlicher Rechtfertigungs- oder Entschuldigungsgründe in der Rechtssprache auch auf nicht vorsätzliche Verhaltensweisen Anwendung finden könnten. Schon die Umgangssprache, so das Bundesverfassungsgericht, unterscheide zwischen unvorsätzlichen im Sinne nicht absichtlicher und berechtigten oder entschuldigten Verhaltensweisen. Aufgrund ihres normativen Gehalts könnten die Begriffe "berechtigt oder entschuldigt" aber gar nicht in einem nicht-normativen Sinne ausgelegt werden. Wer sich "berechtigt oder entschuldigt" vom Unfallort entfernt habe, handele objektiv und subjektiv unter ganz anderen Voraussetzungen als derjenige, der das mangels Kenntnis des Unfallgeschehens tue.[29]

2. Argument - "historische, systematische und teleologische Auslegungsgesichtspunkte": Ebenso wie der BGH sein Auslegungsergebnis durch historische, teleologische und kriminalpolitische Auslegungspunkte begründet sah, sieht nun auch das Bundesverfassungsgericht sein Auslegungsergebnis auf "historische, systematische und teleologische Auslegungsgesichtspunkte gestützt:[30]

- "Den Gesetzgebungsmaterialien lassen sich keine klaren Anhaltspunkte dafür entnehmen, dass der Gesetzgeber darauf bedacht gewesen sei, möglichst alle Fälle des "aus welchen Gründen auch immer" (...) straflosen Sich-Entfernt-Habens vom Unfallort durch die nachträgliche Meldepflicht zu erfassen."

- In systematischer Hinsicht ist nach dem Bundesverfassungsgericht zu berücksichtigen, dass die Pflichten nach dem berechtigten oder entschuldigten Sich-Entfernt-Haben weiter reichen als die Pflichten nach dem Unfallgeschehen nach § 142 Abs. 1 dStGB. Denn das nachträgliche Ermöglichen nach § 142 Abs. 2 dStGB verpflichte zu selbstbelastenden Handlungen, deren Gebotenheit und Reichweite derjenige nicht überblicken könne, der erst nachträglich von dem Geschehen des Unfalls erfährt. § 142 Abs. 2 dStGB habe Ausnahmecharakter, weil die Vorschrift demjenigen, der sich berechtigt oder entschuldigt vom Unfallort entfernt habe, besondere Pflichten auferlege. Diese besonderen Pflichten könne man aber demjenigen nicht auferlegen, der von dem Unfallgeschehen nichts gewusst habe.

Damit nimmt das Bundesverfassungsgericht die Unkenntnis vom Unfallgeschehen ernst und spricht diesem Irrtum auch strafrechtsdogmatische Beachtlichkeit zu. Der Irrende sei in besonderer Weise schutzwürdig. Deswegen dürfe man von ihm selbstbelastende Verpflichtungen nicht abverlangen, die auf einem Sachverhalt beruhen, von dem er nichts wisse.

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- Auch mit dem Schutzzweck des § 142, die Durchsetzbarkeit zivilrechtlicher Ansprüche der Unfallbeteiligten untereinander zu sichern, lasse sich die Umdeutung von "berechtigt oder entschuldigt" in "unvorsätzlich" nicht begründen. Die Schwierigkeit des Nachweises der Kenntnis vom Unfallgeschehen dürfe nicht durch den Hinweis auf die kriminalpolitische Bedeutsamkeit eines Verbots umgangen werden.[31]

Man kann die Ausführung des Bundesverfassungsgerichts auch anders formulieren: Die Kenntnis von den tatsächlichen Voraussetzungen einer Strafnorm ist unabdingbare Voraussetzung für eine Strafbarkeit entsprechend dieser Norm. Schwierigkeiten des Nachweises dieser Kenntnis der tatsächlichen Voraussetzungen, das heißt Lücken in der Nachweisbarkeit dieser Kenntnis, können nicht dadurch ausgefüllt werden, dass man auf die kriminalpolitische Bedeutsamkeit der Verbotsnorm hinweist. Es kann ein Verbot somit noch so gewichtig sein - wer die tatsächlichen Voraussetzungen, auf denen jenes Verbot beruht, nicht kennt, darf nicht bestraft werden.

Damit unterstreicht das Bundesverfassungsgericht die Beachtlichkeit und Tragweite insbesondere des Irrtums über Tatsachen in Form der Unkenntnis. Es ist erfreulich, dass das Bundesverfassungsgericht nach immerhin fast 30 Jahren am Beispiel des unerlaubten Entfernens vom Unfallort auf die Bedeutung von Irrtümern in Form der Nichtkennt-nis strafbarkeitsbegründender Tatsachen hingewiesen und so zum Erhalt eines freiheitlichen Strafrechts beigetragen hat. ■

ANMERKUNGEN

[1] Vgl. Wessels/Beulke: Strafrecht Allgemeiner Teil 42. Aufl. 2012, RN 458, 482 ff., 485.

[2] Vgl. Gropp: Strafrecht Allgemeiner Teil (AT) 3. Aufl. 2005, § 13 Tabelle 7 S. 522.

[3] Vgl. Gropp AT § 13 Rn. 22 ff. mwN.

[4] BGH, Entscheidung vom 18. März 1952, GSSt 2/51 BGHSt 2, 194, näher dazu Gropp AT § 13 Rn. 29 ff.

[5] BGHSt 2, 200 f.

[6] Vgl. Gropp AT § 13 Rn. 110 ff..

[7] So genannte strenge Schuldtheorie, vgl. Gropp AT § 13 Rn. 106 ff.

[8] BGH Entscheidung vom 30.8.1978 - 4 StR 682/77 - BGHSt 28, 129.

[9] Vgl. OLG Köln Verkehrsrechtssammlung (VRS) 53 (1974), 181.

[10] BGHSt 28, 129.

[11] Vgl. BGHSt 28, 132.

[12] BGHSt 28, 133.

[13] BGHSt 28, 133 f.

[14] BGHSt 28, 134.

[15] BGHSt 28, 134 f.

[16] BayObLG Beschluss vom 23.12.1981 - RReg. 1 St 295/81 - NJW 1982, 1059.

[17] NJW 1982, 1060 links.

[18] BayObLG NJW 1982, 1060.

[19] BayObLG aaO.

[20] OLG Hamm Entscheidung vom 20.9.1978 - 4 Ss 942/78 - NJW 1979, 438 = VRS 56 (1979), 340.

[21] Beschluss vom 25.4.1980 VRS 59 (1980), 27.

[22] NJW 1981, 2366.

[23] Vgl. Cramer/Sternberg-Lieben, in Schönke/Schröder StGB Kommentar, 27. Aufl. 2006, § 142 Rn. 47 mwN.

[24] BVerfG v. 19.3.2007 - 2 BvR 2273/06 - NJW 2007, 1666.

[25] AG Herford, Urteil v. 29.3.2006 - 3 Cs 13 Js 1891/05 - 173/06.

[26] Sinngemäß nach BVerfG NJW 2007, 1666.

[27] Vgl. OLG Hamm NJW 1979, 438.

[28] Beschluss des OLG Hamm vom 12.09.2006 - 3 Ss 297/06.

[29] Vgl. BVerfG v. 19.3.2007 - 2 BvR 2273/06 - NJW 2007, 1667.

[30] BVerfG NJW 2007, 1667 f.

[31] Vgl. BVerfG NJW 2007, 1668.

Lábjegyzetek:

[1] Gießen

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