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Mag. Jan Kazda[1]: Die Intrigen gegen die Tschechoslowakische Republik nach dem Republikschutzgesetz in der Zwischenkriegzeit (JURA, 2015/1., 218-223. o.)

1. Einleitung

Am 23. März 1923 verabschiedete die Nationalversammlung der Tschechoslowakischen Republik das Gesetz Nr. 50/1923 Slg. zum Schutz der Republik (im Weiteren: GSR). Dieses Gesetz wird von vielen als sehr kontrovers betrachtet, bereits aufgrund der Tatsache, dass es die Republik vor Deutschen und Ungarn schützen sollte, denen die neu gegründete Tschechoslowakische Republik ein Dorn im Auge war, und ebenfalls vor dem kommunistischen Putsch.[1]

Nicht nur viele Vertreter der Staatsmacht, sondern auch der Rechtswissenschaft betrachteten die Verabschiedung des Gesetzes als unnötig, da aufgrund des Rezeptionsgesetzes (Gesetz Nr. 11/1918 Slg.) sowie aufgrund des Gesetzes vom 23. Juli 1919 Nr. 449/1919 Slg. über den gesetzlichen Schutz der Tschechoslowakischen Republik, der österreichische Rechtssatz, dessen Bestimmungen natürlich auch die Strafnormen zum Staatsschutz enthielten, übernommen und teilweise angepasst wurde.[2]

Die Lage nach der Gründung der Republik deutete jedoch an, dass die österreichische oder ungarische Gesetzgebung unzureichend sein würde für die komplizierte innenpolitische Lage, die Bestrebungen einiger Minderheiten und vor allem die Änderungen der staatsrechtlichen Regelung. Die Entscheidung die Republik mithilfe des neuen Rechtsatzes (einschließlich einer neuen Justizbehörde) zu schützen, fiel endgültig nach dem Mordanschlag auf den tschechoslowakischen Finanzminister Alois Raąín[3] am 5. Januar 1923.[4] Univ. Prof. August Mirička wurde mit der Leitung der Gesetzgebungsarbeiten beauftragt.[5]

In diesem Beitrag habe ich die Absicht mich mit einer Gruppe der Straftaten zu beschäftigen, die das GSR definiert, und zwar mit den Intrigen gegen Republik sensu largo. Meine Analyse basiert auf historischen kommentierten Gesetzen,[6]

Zeitschriftenartikeln, sowie der Judikatur des Obersten Gerichtshofes der Tschechoslowakischen Republik (im Weiteren: OG ČSR) aus den Jahren 1924-1934.[7]

2. Die Intrige gegen die Republik

Die Straftat der "Intrigen gegen Republik" wurde in Bestimmungen §§ 1-3 GSR geregelt. Die Bestimmung § 1 legte fest, dass eine gewaltsame Änderung der Verfassung, insbesondere im Hinblick auf Autonomie, Integrität oder die demokratisch-republikanische Staatsform, sowie die Blockierung von verfassungsmäßigen Maßnahmen des Präsidenten der Republik, seines Stellvertreters, der Legislative, der Regierung oder des Gouverneur des Karpatenrusslands, mit schwerem Kerker für einen Zeitraum von fünf bis zwanzig Jahren bestraft würden, unter besonders erschwerten Bedingungen mit lebenslangem schweren Kerker.[8] Genauso sollte derjenige bestraft werden, der gewaltsam versucht ein Gebiet der Republik einem Fremdstaat einzuverleiben oder einen Teil abzutrennen.

Wenn das Gesetz vorsieht, dass die Straftat der Intrigen gegen die Republik nur gewaltsam begangen werden kann, halte ich es für erforderlich eine Auslegung des Begriffes "Gewalt" zu finden. Diese Auslegung wird vom GSR selbst in den Bestimmungen § 39 Absatz 1 gegeben. Laut dieser Gesetzgebung versteht man unter Gewalt nicht nur eine tatsächliche Gewalttat, sondern auch die gefährliche Androhung einer unmittelbaren Gewalttat. Trotz der oben angegebenen Definition sollte berücksichtigt werden, dass der Begriff Gewalt im Gesetz auf zwei Arten verwendet wird. Während in den Bestimmungen über die Intrigen Gewalt laut der angeführten Definition nur ein Mittel zum Erreichen des vom Täter erklärten Zieles ist, ist in der Bestimmung § 10, also dem Rechtssatz der Gewalt gegen die Verfassungsrepräsentanten, die Gewalt an sich das Ziel des Täters.

Jeder Bürger und jede Bürgerin konnte im Grundsatz die Intrigen gegen die Republik begehen, sowohl ein Angehöriger der Tschechoslowakischen Republik, als auch ein Ausländer, auch wenn die Straftat im Ausland begangen wurde.[9]

Die obige Bestimmung sollte die Unabhängigkeit der neu gegründeten Republik gewährleisten und sie vor eventuellen gewaltsamen Versuchen von Föderalisierung oder sogar der Herstellung von Autonomie zu schützen. Ebenso ahndete der Rechtssatz die Putschversuche, die die demokratischrepublikanische Regelung gefährden könnten.[10] Dies betraf nicht nur eine gewaltsame Absetzung der Republik zu Gunsten einer ständischen oder monarchistischen Staatsform, sondern auch die mögliche Errichtung einer Diktatur. Rudolf Wierer

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schreibt hierzu in seinem Aufsatz "Versuche zur gewaltsamen Änderung der untergeordneten Verfassungsbestimmungen, gehören nicht hierher (Minderheitenschutz). Unter der Verfassung versteht sich die Summe aller Verfassungsgesetze im formellen Sinne, nicht nur diejenigen, die in der Verfassungscharta vom 29. Februar 1920 Nr. 121 Slg. enthalten sind, sondern auch deren, die durch qualifizierte Mehrheit verabschiedet und für Verfassungsgesetze erklärt wurden."[11]

Eine interessante Interpretation des Begriffs "Intrigen gegen die Republik" zeigt ein Kommentar zum GSR von Universitätsprofessor A. Milota.[12] Laut Milota erfüllt das Wesen der Straftat der Intrige gegen die Republik jeder gewaltsame Putschversuch mit dem Zweck, die Republik einem anderen Land in jeglicher Form zu unterwerfen, sei es nur der Versuch einen Bund mit einem anderen Staat zu bilden, oder der ähnliche Versuch die Republik auf mehrere Staatsgebilde, wenn im Bündnis, aufzuteilen, oder schließlich der Versuch eines solchen Umsturz, bei dem z.B. ein Herrscher oder statt der Nationalversammlung ein anderes gesetzgebendes Organ, z.B. Sowjete, Soldaten- oder Bauernräte, etabliert wird."[13] Weiter führt Milota an, dass der Tatbestand der Straftat der Intrigen gegen die Republik auch dann erfüllt wäre, wenn der Täter gewaltsam die Umkehrung der oben erwähnten demokratisch-republikanischen Grundlagen auch ohne ein bestimmtes Ziel, ohne konkrete Idee, welche Staatsform stattdessen gebildet werden soll, versuchen würde.

Weiter folgt aus der angeführten Bestimmung, dass die Straftat "Intrigen gegen die Republik" strictu sensu nicht nur durch die gewaltsame Änderung der Verfassung oder deren Grundwerte begangen werden konnte, sondern auch durch die faktische Verhinderung der Verfassungstätigkeit von nur einem einzigen der angeführten Organe.

3. Aus der Judikatur des OG ČSR zu den Intrigen gegen die Republik

Eine der wenigen Entscheidungen des OG ČSR, die die Bestimmung § 1 GSR anwendet, ist die Entscheidung vom 21. März 1924, Aktenzeichen KR II 584/23. In diesem Urteil lehnte das Gericht die Beschwerde der Angeklagten, Pavel H. und Ondrej K. ab und bestätigte die Ansicht des Staatsgerichtes in Brünn, dass die Herstellung von Ekrasit-Bomben und deren Verlegung an bestimmte Orte, den Straftatbestand der Intrigen gegen die Republik gemäß der Bestimmung § 1 GSR erfüllt, falls es Teil der geplanten Aktivität einer irredentistischen Organisationen ist, die durch den Krieg verlorenen ungarischen Gebiete gewalttätig wieder einzuverleiben.

In diesem Fall behandelte das Gericht mehrere konkrete Probleme, die auch aber auch eine grundsätzliche Problematik zeigten, vor allem, ob es möglich ist, das GSR für eine Straftat anzuwenden, die vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes begangen wurde, oder ob die Bestimmungen des damals in der Slowakei geltenden ungarischen Strafgesetzbuches anzuwenden sind.

Diese Rechtsfrage ging das Gericht mithilfe der Bestimmung § 2 des ungarischen Strafgesetzbuches an, was ermöglichte, den Fall nach einem neuen wirksamen Rechtssatz zu beurteilen und eine niedrigere Geldstrafe anzusetzen. Der Gerichtshof kam zu dem Ergebnis, dass das GSR nicht die Strafe unter 5 Jahre zu reduzieren erlaubt, das ungarische Strafgesetzbuch hingegen eine Herabsetzung des Strafmaßes auf drei Jahre Haft ermöglicht. Die Schwere der Tat der Angeklagten erlaubte es dem Gericht allerdings nicht eine Strafe auf einem so niedrigen Niveau zu verhängen.

Ein weiteres Problem, mit dem das Gericht zu tun hatte war der Beweis des Vorsatzes der Angeklagten, dass sie mit ihren Aktivitäten die in § 1 Absatz 3 GSR beschriebenen Effekte zu bewirken versuchten, also einen Teil der Slowakei und Karpatenrusslands von der ČSR abzutrennen und diesen dem ungarischen Staat einzuverleiben. Hier wies das Gericht auf den Nachweis der Beteiligung der Angeklagter an der irredentistischen Organisation von Major Nový hin und bezog sich auf die Aussagen von Zeugen, die bezeugten, dass die Angeklagten nicht die Wahrheit sagen, wenn sie behaupten, dass Major Novi sie mit seinem Plan nicht vertraut gemacht hatte. Der Plan die Verteidigungsfähigkeit der Republik zu verletzen, und damit die anschließende gewaltsame Abspaltung der oben genannten Gebiete zu ermöglichen, wird durch die Tatsache belegt, dass die Angeklagten Bomben unter anderem auf der Polizeistation in Uzhgorod und in der Wohnung von General C. gelegt hatten.

Die letzte problematische Frage dieses Verfahrens war, ob es sich um eine Straftat der Intrigen gegen die Republik nach den Bestimmungen § 1 Absatz 3 GSR, oder um die Straftat der Vorbereitung von Intrigen nach der Bestimmung § 2 des gleichen Gesetzes handelte, in Hinblick auf die Tatsache, dass die Bomben vor deren Explosion entdeckt und entschärft wurden. Der Gerichtshof entschied wie folgt: "Von einer bloßen Vorbereitungshandlung könnte noch die Rede sein, wenn sich die Tätigkeit des Beschwerdeführers darauf begrenzte hätte, sich das für die Herstellung von Bomben notwendige Material zu beschaffen und bei sich zu verstecken, er auf der Suche nach Helfern gewesen wäre und die für diese Zwecke geeigneten Orte ausgesucht

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hätte. Sobald er aber die hergestellten Bomben an den ausgesuchten Orten deponiert hatte, gelang hiermit seine Absicht der Erreichung der Ziele der irredentistischen Organisation und zeigte sich diese nach außen. In diesem Fall kam es bereits zur "Gewalt", die zur tatsächlichen Erreichung des beabsichtigten Ergebnisses führt (...) es handelt sich um einen Fernversuch. Als Versuch fällt die festgestellte Handlung bereits unter Gesichtspunkt des § 1 Absatz 3 (...)."[14]

4. Vorbereitung der Intrigen

Von einem gewissen rechtlichen Interesse ist die Tatsache, dass allgemein der Straftatversuch keine selbstständige Straftat ist, dies aber im genannten Fall anders ist. Prof. August Mirička führt an, dass "die geltenden Gesetze und Systeme die Vorbereitungshandlungen nur im Ausnahmefall für strafbar erklären aufgrund der Verstärkung des rechtlichen Schutzes insbesondere der wertvollen rechtlichen Güter, also bei besonders schweren Delikten. (Vergleiche in Bezug auf unser Recht § 6 des Gesetzes von Initialsprengstoffen, § 5 des Gesetzes von Geldfälschung)".[15] Die Straftat der Intrigen gegen die Republik wird von der Bestimmung § 2 GSR geregelt. Diese Straftat hat derjenige begangen, der sich mit jemandem zwecks Durchführung einer Intrige gegen die Republik nach den Bestimmungen § 1 GSR verbündete, ebenso derjenige, der für den gleichen Zweck in direkten oder indirekten Kontakt mit einer fremden Macht oder einem fremden Repräsentanten, insbesondere den militärischen oder finanziellen, trat. Des Weiteren begeht derjenige eine Vorbereitung der Intrigen, der zwecks Verwirklichung der Intrigen gegen die Republik die Wehr- oder Hilfskräfte sammelte, sie organisierte, oder exerzierte, oder Waffen und andere Mittel für den gleichen Zweck stellte oder besorgte.

Einer, der obiges beging, sollte für das Verbrechen mit schwerem Kerker von einem bis fünf Jahren bestraft werden, unter besonders erschwerenden Umständen mit schwerem Kerker von fünf bis zehn Jahren.[16] Wie im vorherigen Fall konnte dieses Verbrechen nicht nur von tschechoslowakischen Staatsangehörigen, sondern auch von Ausländern begangen werden, egal ob auf dem Gebiet der ČSR oder im Ausland.

Um ein Bündnis handelt es sich in diesem Fall dann, wenn mindestens zwei Personen einen gemeinsamen Plan ausmachen, der zu Intrigen führen soll, also einem Komplott. Wie bereits Milota anführt, "es ist egal, ob sie sich zur Mitarbeit verbünden (Mittäterschaft), oder ob eine Person der anderen helfen soll.[17]" Ein wichtiger Aspekt ist, dass dem Tätern klar sein muss, für welchen Zweck sie sich verbünden. Sollte es unklar sein, würde es sich um ein Vergehen der staatsfeindlichen Versammlung nach den Bestimmungen § 17 GSR, aber nicht um Vorbereitung der Intrigen nach der Bestimmung § 2 handeln. Die Straftat wird also dann vollzogen, wenn sich verbündete Personen auf ein gemeinsames Ziel einigen, oder auch im Falle, wenn sich eine Person dem bereits beschlossenen Ziel anderer Personen anschließt. Ein Verbindungsversuch ist aufgrund seiner Natur selbstverständlich möglich, und zwar aus dem Grunde, weil es sich im Fall der Vorbereitung von Intrigen um einen selbständigen Tatbestand handelt, ist auch eine Beteiligung, also Anleitung und Hilfe möglich.

Wie aus dem Wortlaut der Bestimmungen über die Vorbereitung von Intrigen hervorgeht, wird direkter wie indirekter Kontakt mit einem fremden Staat für strafbar gehalten z.B. mittels unterschiedlicher Agenten.[18] Nach Wierers Auslegung betrifft der Rechtssatz der Vorbereitung von Intrigen ebenfalls "den Kontakt mit illegalen militärischen und politischen Organisationen, die in den Staaten der ehemaligen Mittelmächte entstanden und die sich die Aufgabe der Wiederherstellung der Staatsgebilden der Vorkriegszeit stellten."[19] In seinem Kommentar baut Milota die Auslegung dieser Bestimmung weiter aus in dem Sinne, dass auch fremde politische Parteien, oder auch fremde Journalisten, die zu Gunsten von der Vorbereitung von Intrigen wirken könnten, für fremde Repräsentanten zu halten sind.

Wie aus dem Wortlaut der Bestimmung § 2 hervorgeht, ist die Tat der Vorbereitung von Intrigen in dem Moment vollzogen, wenn der Kontakt aufgenommen wurde. Es ist jedoch gar nicht nötig, dass der fremde Repräsentant mit der Vorbereitung der Intrigen einverstanden ist. Es könnte sich also um eine Situation handeln, bei der das Angebot eines Vorbereitenden an einen fremden Repräsentanten erfolglos blieb. Wenn z.B. ein Brief von einem fremden Repräsentanten noch vor dessen Zustellung abgefangen würde, dann hätte es sich bloß um einen Versuch gehandelt. Dieser ist nach den Bestimmung § 8 StGB gleich strafbar wie eine vollzogene Tat.

Im Hinblick auf die Bestimmungen des Absatzes 3 derselben Vorschrift, also Sammeln und Organisation der Wehr- und Hilfskräfte, handelte es sich vor allem um die Rekrutierung der Wehrkräfte (entweder entgeltlicher oder freiwilliger), also solcher Kräfte, die bei der Durchführung der Intrigen Waffen benutzen sollen, aber auch der Hilfskräfte, die andere als die oben genannten Aufgaben (es konnte sich um Logistik, Sicherung der Verbindung, Behandlung der Verwundeten die Versorgung etc. handeln[20]) und

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deren Organisation durchführen, so dass unter diesen Kräften Ordnung herrscht und Aufgaben aufgeteilt werden.

5. Aus der Judikatur OG ČSR zur Vorbereitung der Intrigen

Ein sehr interessantes, auch direkt musterhaftes Beispiel der Vorbereitung von Intrigen finden wir in der bereits zitierten Entscheidung des OG ČSR vom 17. Februar 1926, ZM I 585/25. In diesem Fall handelte es sich um die Vorbereitung eines Umsturzes, der in Wiederherstellung der österreichischen Monarchie münden sollte, und zwar mit absolut verheerenden Auswirkungen für die Tschechoslowakische Republik. Der Angeklagte beging die Straftat der Intrigen gegen die Republik mit der Sendung mehrerer Briefe, deren Inhalt folgender war: "sein (des Angeklagten) geheimes Ziel ist: (...) die Restaurierung des absolutistischen Österreichischen Kaisertums, (...) 4. Dass er, der Angeklagte, als Absolutist (...) b) für die Auflösung aller politischen Parteien, c) für die Vorherrschaft des österreichischen Militärs in ganz Österreich (...) ist."[21]

Aus dem obigen ist die Absicht klar ersichtlich, die Verfassung gewaltsam zu ändern, insbesondere in Bezug auf die Unabhängigkeit, Einheit und demokratisch-republikanische Staatsform. Aufgrund der Tatsache, dass das Ereignis früh erkannt wurde, wurde somit eine der Bedingungen der Straftat der Vorbereitung von Intrigen erfüllt, und zwar die klare Ausrichtung auf das konkrete Ziel gewaltsam die Verfassung zu ändern im Sinne der Vernichtung der Selbstständigkeit und der demokratisch-republikanischen Staatsform. Darüber hinaus hat der Angeklagte mit Einladungsbriefen ein geheimes Treffen für den 22. Juni 1924 im "Repräsentationshaus" einberufen. Nach dem vom Angeklagten unterzeichneten Programm sollten beim erwähnten Treffen vornehmlich folgende Fragen besprochen werden: "e) Wahl der Kommissionen, i) Beratung mit ausländischen Gästen, (...) g) militärische Angelegenheiten (...)". Auf dem Programm des Treffens stand es auch "mit Nationalsozialisten in der Tschechoslowakei, mit der Organisation der Soldaten der Front in Wien, einer Zahl von 250.000 Männer, mit dem Regiment der Deutschböhmen in Dresden und mit dem Regiment der Slowaken in Budapest Kontakt aufzunehmen (...). Darüber hinaus wurden Treuhänder für einzelne Länder der Tschechoslowakischen Republik ernannt (...) und es sollten unterschiedliche Kommissionen - eine militärische, organisatorische und Pressekommission, eine Auswärtige Kommission, eine Finanzkommission, (...) gegründet werden.

Die militärische Kommission hatte die Pflicht Treuhänder in allen Militärbesatzungen der Republik zu ernennen, mit ihnen Kontakt zu pflegen, alte aktive Offiziere auszusuchen, sie in der Opposition zu organisieren, Kontakt mit der Organisation der ausgedienten Frontsoldaten in Wien aufzunehmen und diesen zu halten. Außerdem sollte die Auswärtige Kommission im Kontakt mit Vertretern der Opposition im Ausland bleiben."[22]

Darüber hinaus ist in den Gerichtsakten ersichtlich, dass der Angeklagte einflussreiche ungarische Adelige kontaktierte, damit sich diese dem eigenen Plan anschließen. Hiermit erfüllte der Angeklagte die objektive Seite des Tatbestandes der Vorbereitung von Intrigen gegen die Republik. Die Gerichtsbehörde befand es als erwiesen, dass der Angeklagte mit der Veranstaltung eines Treffens, dessen erklärter Inhalt einer Umsturzvorbereitung entsprach, die Verbindung nach den Bestimmungen § 2 GSR beging. Mit Bezug auf seine Kontakte in Deutschland, Österreich und Ungarn und ebenfalls unter Berücksichtigung der Briefe, die er an Vertreter des ungarischen Adels verschickte, hat der Angeklagte zweifellos die objektive Seite der obigen Straftat in dem Sinne begangen, dass er in Kontakt mit einer fremden Macht oder einem fremden Repräsentanten trat, nämlich mit den militärischen (z.B. 250.000 Soldaten in Wien), und mit den finanziellen (ungarischer Adel). Ebenfalls ist die Bildung einer Organisationsstruktur der Bewegung des Angeklagten als Vorbereitung und Organisation von anderen Verbindungen als der Wehrkräften zu qualifizieren.

Aus dem obigen ist es klar ersichtlich, dass die objektive Seite der Straftat erfüllt wurde. Dem Angeklagten blieb lediglich übrig die Erfüllung der subjektiven Seite zu leugnen. Der Angeklagte gründete seine Verteidigung auf der Behauptung, dass es sich nicht um die Vorbereitung eines Putsches mit dem Ziel der Wiederherstellung des österreichischen Kaisertums handelte, sondern um eine missverstandene Äußerung umfangreicher Überlegungen über die Unzufriedenheit des Angeklagten mit den damaligen wirtschaftlichen und politischen Verhältnissen, also um einen politischen Oppositionskampf.

Das Gericht jedoch akzeptierte die Argumente des Angeklagten nicht. Nach Ansicht des Gerichts ist es kaum zu glauben, dass sich jemand zwecks Wiederherstellung des österreichischen Kaisertums mit fremden militärischen Repräsentanten verbindet, Verbündete unter inländischen Militärrepräsentanten zu finden versucht, unterschiedliche Kommissionen zu diesem Zweck gründet und die Finanzierung für den eigenen

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Betrieb suchen würde, sollte er nicht die Absicht haben die Verfassung gewaltsam ändern wollen.

Von Interesse ist auch eine weitere Entscheidung des OG ČSR vom 3. November 1927 Zm II 309/27 über die Tätigkeit der kommunistischen Jugend. "Die Angeklagten wurden für ein Verbrechen der Vorbereitung von Intrigen im Sinne § 2 Nr. 1 und 2 GSR angeklagt, das sie begingen indem sie als Mitglieder der Organisation der kommunistischen Jugend in der Tschechoslowakei im Gegenzug dafür, dass die russische kommunistische Partei der tschechoslowakischen kommunistischen Partei die Ehrenkommandantur über die 5. Division der russischen Armee verlieh, beschlossen, eine Fahne der russischen militärischen Truppe von General Bud'onnyj zu widmen. Des Weiteren wurden sie dafür angeklagt, dass der Angeklagte Josef M. die Fahne infolge dieses Beschlusses nach Č.B. lieferte mit der Absicht sie von dort nach Prag für den weiteren Transport nach Russland mitzunehmen, dass die Fahne jedoch beschlagnahmt wurde und dass sie sich mit dieser Handlung zu Intrigen gegen die Republik (der erste Absatz § 2 des Gesetzes) verbündeten und dass sie zu diesem Zweck in Kontakt mit fremder Macht und fremden Militärvertretern traten, insbesondere den militärischen (der zweite Absatz § 2 des Gesetzes)."[23]

Das Landesgericht in Brünn hat die Angeklagten freigesprochen in dem Sinne, dass es undenkbar wäre, dass Mitglieder einer kommunistischen Zelle den Tatbestand der Bestimmung § 2 erfüllen würden, also Vorbereitung der Intrigen, indem sie eine Fahne der russischen Division widmen würden. Die Widmung einer Fahne qualifiziert das Erkenntnisgericht als Versuch zur Erneuerung einer früheren Tradition und als solcher ist er völlig harmlos. Darüber hinaus war das Landesgericht der Annahme, dass der Widmungsakt einer Fahne nicht die Intrigen als unmittelbare Folge Intrigen haben kann, auch nicht in der Vorbereitungsphase. Das Landesgericht wies den Vorschlag der Staatsanwaltschaft im Rahmen des Prozesses nicht bloße Fahnenwidmung, sondern auch tiefere Hintergründe zu prüfen, zurück. Vornehmlich hätte nach Ansicht des Staatsanwalts der Charakter der kommunistischen Partei, deren Ziele und Erklärungen, die Kontakte dieser Partei mit der Sowjetarmee, aber auch offizielle Kontakte der Tschechoslowakischen Republik mit der Sowjetunion, geprüft werden sollen. In diesem Hinblick identifizierte sich das Oberste Gerichtshof mit der Ansicht des Staatsanwaltes und hob die Entscheidung des Landesgerichtes auf.

Der Oberste Gerichtshof kam zu dem Schluss, dass das Erkenntnisgericht eine allgemein bekannte Tatsache übersah, und zwar, dass eine Gewährung der Kommandantur der militärischen Truppen an Einzelpersonen oder Organisationen immer als zwischenstaatlicher Akt, also auf einer diplomatischen Ebene durchgeführt wurde. In diesem Fall handelte es sich definitiv nicht um einen Akt zwischenstaatlicher Natur, sondern um einen Akt der kommunistischen Internationale (beziehungsweise der Roten Armee) und der tschechoslowakischen kommunistischen Organisation. Eine ähnliche Kontaktknüpfung wäre nur dann zulässig, wenn sie mittels Staatsbehörden geschah, denen die militärischen Angelegenheiten anvertraut sind. Darüber hinaus sollte angemerkt werden, dass zur Zeit des Prozesses die Tschechoslowakische Republik die Sowjetunion de iure noch nicht anerkannte und so gab es keine üblichen diplomatischen Kontakte zwischen diesen Staaten.

Obwohl das Erkenntnisgericht während seiner Tätigkeit selbst feststellte, dass die Aufgabe der kommunistischen Internationale, also auch der Roten Armee, nicht nur die Verteidigung des eigenen Staates und die Erhaltung der Sowjetregimes, sondern auch die Unterstützung der revolutionären Aktionen in anderen Staaten ist, also potenziell auch in der Tschechoslowakei, zog es von seinen Erkenntnissen keine Schlussfolgerungen. Der Oberste Gerichtshof wies in diesem Fall darauf hin, dass wenn zur Aufgabe der Roten Armee auch die Unterstützung der kommunistischen Revolutionen im Ausland gehört, dann kann die Widmung einer Fahne nicht als Versuch zur Erneuerung einer Tradition qualifiziert werden, sondern als Bestrebung eine engeren Zusammenarbeit zwischen der lokalen kommunistischen Zelle und einer fremden militärischen Macht.

Der Oberste Gerichtshof konstatierte weiter, dass das Erkennungsgericht es völlig ausließ, Ziele der kommunistischen Partei in Betracht zu ziehen, nämlich die Errichtung der Regierung der Arbeiter und Bauern durch Revolution. Ziel der kommunistischen Organisation in der Tschechoslowakei war also eine volle Machtübernahme und Wechsel des Staatssystems nach dem Vorbild der Sowjetunion. Für diese Absicht der Angeklagten zeugen auch ihre Äußerungen, in denen sie den Glauben ausdrücken, dass die der Sowjetarmee geschenkte Fahne nach Brünn zurückkehren werde, und zwar wenn Brünn bereits rot werde.

Bestehen konnte auch das Argument des Erkenntnisgerichtes nicht, das in diesem Fall keine Verbrechensabsicht der Angeklagten auf solche Art kundgab, die die Möglichkeit der Folge einer Handlung und damit die durch die GSR geschützen Werte gefährden würde. Das Erkenntnisgericht glaubte, dass für die Erfüllung des Tatbestandes § 2 GSR die Folge der Aktion

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unmittelbar nach einer Aktion eintreten müsste. Der Oberste Gerichtshof meinte allerdings, dass es zur Erfüllung des Tatbestands § 2 Absatz 1 reicht, wenn Handlungen der Angeklagten eine Folge auch allmählich und in Zukunft herbeiführen.

Aus dem obigen ist daher offensichtlich, dass die Angeklagten eine Straftat der Verbindung zwecks Intrigen gegen die Republik begingen, und darüber hinaus einen Versuch der Straftat der Kontaktaufnahme mit fremden militärischen Repräsentanten zwecks Intrigen begangen. ■

NOTEN

[1] Diese Seite der Anwendung vom Gesetz zum Schutz der Republik wurde natürlich nicht einmal während des kommunistischen Regimes vergessen. Dies wird nachgewiesen z.B. durch Soukup, L., Zákon na ochranu republiky a svoboda tisku v ČSR, in Právnehistorické studie, Praha: Československá akademie vëd, 1984, Seiten 127-140; Hauser, J., K dejinám teroristického zákona na ochranu republiky, in Právník, roč. 92, Praha: Právnický ústav ministerstva spravedlnosti, 1953, Seiten 499-512. Hierzu erlaube ich mir auf eine später analysierte Entscheidung des Obersten Gerichtshofes der Tschechoslowakischen Republik vom 3. November 1927 zu verweisen, Zm II 309/27, veröffentlicht in VÁ®NÝ, F., Rozhodnutí nejvyąąího soudu československé republiky ve vecech trestních, Praha: Právnické nakladatelství v Praze, 1927, Seiten 781-785, unter dem Nummer 2952.

[2] Mehr zum österreichischen Rechtssatz des Staatsschutzes unter Holub, M., Ochrana státu za absolutismu, konstitutionalismu a republiky, In Vąehrd - list československých právníku, roč. 7, Praha: Vąehrd, 1926, Seiten 7-17 oder Slavíček, J., Úvod ve studium trestního hmotného práva vubec a ve studium rakouského zákonníka trestního ze dne 27. kvetna 1852 zvláąte, Praha: nákladem spisovatelovým, 1866.

[3] Mehr zu Alos Raąín, seinem Leben und Tod z.B. in Valenta, L., Za Drem Al. Raąínem, in Česká advokacie, roč. IX, č. 3, Praha: Spolek českých advokátu v Praze, 1923, Seiten 25-26; Stompfe, A., Dr. Alois Raąín, in Česká advokacie, roč. IX, č. 3, Praha: Spolek českých advokátu v Praze, 1923 Seiten 26-31 und 56-57; Mehr zu den Gründen der Verabschiedung vom GSR z. B. in Klimek, A., Velké dejiny zemí koruny české, svazek XIII., Praha: Paseka, 2000, Seite 371.

[4] Mehr zu den Gründen der Verabschiedung vom GSR z. B. in Klimek, A., Velké dejiny zemí koruny české, svazek XIII., Praha: Paseka, 2000, Seite 383.

[5] Mehr zur Person des Prof. Miŕička z.B. in Soukup, L., August Mirička, in Skrejpová, P., Antologie československé právní vedy v letech 1918-1939, Praha: LINDE Praha, 2009, Seiten 376-383.

[6] Z. B. Černý, J., Zákon na ochranu republiky, Pardubice: nákladem "Soudcovských listu", 1926; Lepąík, J., Zákon na ochranu republiky s duvodovou zprávou, Praha: Fr. Borový, 1923; Milota, A., Zákon na ochranu republiky, Kromeríľ: J. Gusek, 1923; Drlík, F., Zákon na ochranu republiky s vysvetlivkami a príklady, Praha: Melantrich, 1937; ©lapák, F., Gesetz vom 19. März 1923 Nr. 50 Sb. und Verfügung zum Schutz der Republik, Praha: Československý kompas, 1937.

[7] In diesem Artikel verwende ich die Sammlung der Gerichtsentscheidungen Váľný, F., Rozhodnutí nejvyąąího soudu československé republiky ve vecech trestních, Praha: Právnické nakladatelství v Praze, 1924-1934.

[8] Die Festlegung des Strafmaßes wurde durch die Bestimmung § 1 des Dekrets des Präsidenten vom 19. Juni 1945 Nr. 16, über die Bestrafung der verbrecherischen Nazis, Verräter und deren Helfershelfer, und von außerordentlichen Volksgerichten so erneuert, dass Intrigen gegen die Republik mit der Todesstrafe verurteilt wurden.

[9] Dazu die Bestimmung § 38 GSR.

[10] Eine interessante Polemik darüber, was eigentlich mit der demokratisch-republikanischen Staatsform gemeint ist, finden wir z.B. in VAVRINEK, F., Zákony na ochranu státu a státní forma, in RIEGER, B., Pocta k sedmdesátým narozeninám univ. Prof. Dra Augusta Miričky, Praha: Bursík a Kohout, 1933, Seiten 605-615.

[11] MIRIČKA, A., Poznámky k zákonu na ochranu republiky, in Právník, Praha: Právnická jednota, 1923, Seiten 161-169.

[12] Nähere Informationen zur Person Prof. Albert Milota z.B. in SOUKUP, L., Albert Milota, in SKREJPOVÁ, P., Antologie československé právní vedy v letech 1918-1939, Praha: LINDE Praha, 2009, Seiten 368-375 oder RÁLI©, A., Albert Milota, in Pocta k ąedesátým narozeninám Prof. Dr. Alberta Miloty, Bratislava: Právnická fakulta Univerzity Komenského, 1937, Seiten 5-9.

[13] MILOTA, A., Zákon na ochranu republiky, Kromeríľ: nakl J. Gusek, 1923, Seite 8.

[14] Entscheidung des Obersten Gerichtshofes der Tschechoslowakischen Republik vom 21. März 1924, Aktenzeichen KR II 584/23, veröffentlicht in VÁ®NÝ, F., Rozhodnutí nejvyąąího soudu československé republiky ve vecech trestních, Praha: Právnické nakladatelství v Praze, 1924, Seiten 241-245, unter der Nummer 1561.

[15] MIRIČKA, A., K problému volního práva trestního, in Pocta k ąedesátým narozeninám Prof. Dr. Alberta Miloty, Bratislava: Právnická fakulta Univerzity Komenského, 1937, Seiten 222228.

[16] Die Festlegung des Strafmaßes wurde durch die Bestimmung § 1 des Dekrets des Präsidenten vom 19. Juni 1945 Nr. 16, über die Bestrafung der verbrecherischen Nazis, Verräter und deren Helfershelfer, und von außerordentlichen Volksgerichten so erneuert, dass Intrigen gegen die Republik mit der Todesstrafe verurteilt wurden.

[17] MILOTA, A., Zákon na ochranu republiky, Kromeríľ: nakl J. Gusek, 1923, Seite 10.

[18] Dazu erwähne ich die Auslegung dieser Bestimmung von OG ČSR in der Entscheidung vom 17. Februar 1926, ZM I 585/25, veröffentlicht in VÁ®NÝ, F., Rozhodnutí nejvyąąího soudu československé republiky ve vecech trestních, Praha: Právnické nakladatelství v Praze, 1926, s. 135-141, pod číslem 2294.

[19] WIERER, R., Úklady o republiku, in Vąehrd, ročník 9, číslo 5, Praha: Vąehrd, 1928, Seite 133.

[20] Mehr dazu z.B. im Gründungsbericht zum GSR, veröffentlicht in LEP©IK, J., Zákon na ochranu republiky s duvodovou zprávou, Praha: Fr. Borový, 1923.

[21] Entscheidung des Obersten Gerichtshofes der Tschechoslowakischen Republik vom 17. Februar 1926, ZM I 585/25, veröffentlicht in VÁ®NÝ, F., Rozhodnutí nejvyąąího soudu československé republiky ve vecech trestních, Praha: Právnické nakladatelství v Praze, 1926, Seiten 135-141, unter der Nummer 2294.

[22] Entscheidung des Obersten Gerichtshofes der Tschechoslowakischen Republik vom 17. Februar 1926, ZM I 585/25, veröffentlicht in VÁ®NÝ, F., Rozhodnutí nejvyąąího soudu československé republiky ve vecech trestních, Praha: Právnické nakladatelství v Praze, 1926, Seiten 135-141, unter der Nummer 2294.

[23] Entscheidung des Obersten Gerichtshofes der Tschechoslowakischen Republik vom 3. November 1927, Zm II 309/27, veröffentlicht in VÁ®NÝ, F., Rozhodnutí nejvyąąího soudu československé republiky ve vecech trestních, Praha: Právnické nakladatelství v Praze, 1927, Seiten 781-785, unter der Nummer 2952.

Lábjegyzetek:

[1] Der Autor ist Masaryk-Universität, Brno.

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