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ElőfizetésWer mit "Constitutional EUdentity" die Frage nach der konstitutionellen Identität der EU stellt, kann die Frage nach gemeinsamen Werten in Europa nicht vermeiden. Identität ist ein Ausdruck, der die Eigentümlichkeiten und die Wesensmerkmale einer Entität beschreibt, die diese kennzeichnen und eigentlich ausmachen. Was die EU als Wertegemeinschaft ausmacht, sagt Art. 2 EUV: "Die Werte, auf die sich die Union gründet, sind die Achtung der Menschenwürde, Freiheit, Demokratie, Gleichheit, Rechtsstaatlichkeit und die Wahrung der Menschenrechte einschließlich der Rechte der Personen, die Minderheiten angehören. Diese Werte sind allen Mitgliedstaaten in einer Gesellschaft gemeinsam, die sich durch Pluralismus, Nichtdiskriminierung, Toleranz, Gerechtigkeit, Solidarität und die Gleichheit von Frauen und Männern auszeichnet." Damit, so könnte man meinen, ist bereits alles gesagt. Art. 2 EUV erscheint als feierliche Niederlegung des gegenseitig gegebenen europäischen Kernversprechens, als Endpunkt der abgeschlossenen Identitätsfindung, Warum also - dies meine erste von drei Fragen, denen ich im Folgenden nachgehen möchte - müssen wir heute über Werte reden?
In der jüngeren Vergangenheit gibt es Anzeichen, dass in den Mitgliedstaaten der EU unterschiedliche Vorstellungen über den Gehalt dieser Werte bestehen. Das wird besonders deutlich beim Prinzip der Rechtsstaatlichkeit, welches gerade in Zusammenhang mit mitgliedstaatlichen Justizreformen Bezugspunkt kontroverser Diskussionen ist.
Aus mindestens drei Gründen müssen uns meiner Meinung nach diese grundsätzlichen Wertekontroversen beunruhigen. Der erste Grund ist nur vordergründig eher praktischer Natur. Das europäische Rechtssystem basiert in vielen Bereichen auf dem Grundsatz des gegenseitigen Vertrauens, d.h. auf der Anerkennung rechtlicher Akte anderer Mitgliedstaaten ohne vertiefte eigene rechtliche Überprüfung.[1] Wo dieses Vertrauen fehlt, entstehen erhebliche Funktionsdefizite.[2] Vor kurzem legte der irische High Court dem EuGH die Frage vor, unter welchen Voraussetzungen der Vollzug eines europäischen Haftbefehls polnischer Gerichte aufgrund der rechtsstaatlichen Defizite in Polen ausgesetzt werden könne. Mit seinem Urteil vom 25. Juli 2018 hat der EuGH den Ball wieder in das Feld der nationalen Gerichte zurückgespielt.[3] Liegt (noch) kein Beschluss des Europäischen Rats nach Art. 7 Abs. 2 EUV vor, trifft danach das an der Gewährleistung eines fairen Verfahrens im Auslieferungszielstaat zweifelnde Gericht eine mehrstufige Prüfpflicht, ob es den Haftbefehl vollzieht. Was das in der Praxis bedeutet, ist noch unklar.[4] Klar ist aber: Auch Gerichten in Deutschland, Frankreich oder Italien kann vor diesem Hintergrund die Situation in Polen, Rumänien oder Ungarn nicht egal sein.
Der zweite Grund der Beunruhigung ist grundsätzlicher Natur. Wenn die Erkenntnis richtig ist, dass es keine formelle Integration ohne eine sachliche Wertegemeinschaft geben kann und die Festlegung grundlegender gemeinsamer Werte in Art. 2 EUV mehr ist als ein Lippenbekenntnis, sondern normative Grundlage der Europäischen Union, dann sind strukturelle Eingriffe in die Unabhängigkeit der Justiz[5] in einem Mitgliedstaat nicht hinnehmbar, weil sie das Fundament der Rechtsstaatlichkeit betreffen.[6] Besteht aber - wie im Fall von Polen und Ungarn - kein Einvernehmen unter den Mitgliedstaaten über die Einschätzung der konkreten Lage, geraten die traditionellen Konsens- und Kompromissmechanismen der Europäischen Union schnell an ihr Ende, zumal die Möglichkeit des Stimmentzugs im Rat der Europäischen Union nach Art. 7 Abs. 2 EUV Einstimmigkeit voraussetzt.[7] Ob der EuGH zur langfristigen Lösung des Konflikts beitragen kann, erscheint zumindest nicht sicher.[8]
Das führt mich zu meinem dritten Grund der Sorge. Was steckt hinter diesem Grunddissens über die Minimalia der Rechtsstaatsidee? Geht es allein innenpoli-
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tisch um mittelfristige Herrschaftssicherung[9] oder sind wir vielleicht sogar Zeugen der Anfänge eines allgemeinen Kulturkampfes um die Rolle der Justiz in postmodernen Demokratien? Eine Erklärung des polnischen Botschafters in Deutschland aus dem Jahre 2017 lässt hier aufhorchen:
"Rechtsstaatlichkeit, Unabhängigkeit der Justiz, Demokratie, Wahrung der Menschenrechte und Pressefreiheit (...), alle diese Werte werden in Polen gepflegt. Das Problem ist die Interpretation. Brüssel ist zu sehr ideologisch geprägt. Und zwar durch linksliberale Ideologie."[10]
Dieses Begründungsmuster trägt ein erhebliches Infektionsrisiko in sich, denn es leuchtet jedem Populisten[11] sofort ein und kann ohne weiteres auf die gesamte Justiz übertragen werden.[12] Danach sind die jüngsten "konstitutionellen Krisen" in Ungarn und Polen, aber auch in Rumänien[13] oder der Türkei[14], nicht als Angriffe auf Rechtsstaatlichkeit und Demokratie zu sehen, sondern als demokratisch legitimierte "Gegenbewegung" aus dem Volke gegen die zuvor erlebte "Justizialisierung" der Gesellschaft und die Politisierung und Instrumentalisierung der Justiz.[15] Diese wird damit unter den Generalverdacht gestellt, Eigeninteressen zu verfolgen und in ihrer Rechtsprechung den Mehrheitswillen nicht hinreichend zu respektieren.[16] Letztlich gerät so der Rechtsstaat selbst unter Ideologieverdacht. Das Hand-in-Hand von Demokratie und Rechtsstaat wird aufgebrochen, die Demokratie gegen den Rechtsstaat in Stellung gebracht.
Ich halte also fest: Der Dissens über den Bedeutungsgehalt von Werten erzeugt Dysfunktionalitäten - im Alltäglichen, aber auch im Grundsätzlichen.
Damit komme ich zu meiner zweiten Frage: Wieso ist angesichts der Bedeutung der gemeinsamen Werte der Europäischen Union ihre Durchsetzung dennoch so schwierig? Oder allgemeiner gesprochen: Welche Grundprobleme sind mit der Orientierung an Werten verbunden? Wiederum drei Gründe scheinen mir auf der Hand zu liegen.
Zunächst ist bis heute nicht abschließend geklärt, was Werte sind. Wenig andere politische Begriffe sind derart trügerisch. Was sich genau hinter so alltäglichen Worten wie Wert, valeur oder value verbirgt, wissen wir nicht. Aus geistesgeschichtlicher Sicht dient das Postulat von Werten als Surrogat für den verlorenen alten Naturbegriff, womöglich sogar den Vernunftbegriff:[17] Werte nehmen den Platz von metaphysischen Orientierungspunkten ein, über die früher Gewissheit bestand. Von kritischer Seite ist angemerkt worden, jede Idee einer Werteordnung leide in ihrer Begründung an einem Rationalitätsdefizit. Zugleich trage sie einen Begründungs-Anschein vor sich her: Die Berufung auf Werte gebe sich als Begründung für etwas aus, das damit in der Sache nicht begründet, jedoch jeder weiteren Begründung gleichsam enthoben werde.[18]
Zweitens ist die Konkretisierung von Werten außerordentlich schwierig. Was bedeutet der Wert "Demokratie" oder "Rechtsstaat" in concreto? Darüber lässt sich angesichts der unterscheidlichen kulturellen Einbettung der Werte in einem Europa der Vielfalt trefflich streiten.
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