Megrendelés

Von Prof. Dr. Dr. h.c. Harro Otto[1]: Diskurs über Gerechtigkeit, Menschenwürde und Menschenrechte (JURA, 2005/2., 111-121. o.)

I. Gerechtigkeit oder Gerechtigkeiten

Gerechtigkeit als Begriff und zugleich Thema erfreut sich nicht nur in der juristischen und rechtsphilosophischen Fachdiskussion, sondern ganz allgemein großer Beliebtheit. Fraglich aber erscheint es, ob diese große Beliebtheit nicht mit einer ebenso großen Beliebigkeit einhergeht. So wird nicht nur allenthalben politische Gerechtigkeit, sondern vor allem soziale Gerechtigkeit[1] eingefordert. Die Problematik der Gestaltung von Arbeitsverhältnissen wird als Problematik der Gerechtigkeit erörtert und die Vorstellung von gerechten Strafen ist allgegenwärtig.[2] - Der Einzelne erlebt Gerechtigkeit im Regelfall als ein Verteilungsproblem von Vor- und Nachteilen in eigener Sache.

Von diesem Verständnis der Gerechtigkeit her leuchtet es ein, dass die Vorstellung von dem, was gerecht ist, jeweils abhängig sein soll von den sozialen, rechtlichen und politischen Verhältnissen. - Diesen Sachverhalt hat Rüthers realitätsnah im Einleitungsstatement zum 18. Deutschen Richter- und Staatsanwaltstag v. 15.-17.9.2003 umrissen, indem er unter Hinweis auf die verschiedenen politischen Systeme in Deutschland seit 1910 darlegte, dass jedes dieser Systeme seine eigene spezifische "Systemgerechtigkeit" hatte, und dass diese "Systemgerechtigkeiten" oft extrem unterschiedlich waren. In der Demokratie sei Gerechtigkeit regelmäßig das Ergebnis von Kompromissen, denn Pluralität, Konkurrenz und Relativität der Gerechtigkeitsvorstellungen sei der Preis der Freiheit in der demokratischen Ordnung.[3]

Dieser Ausgangspunkt führt zwangsläufig zu der Einsicht, dass nicht Gerechtigkeit, sondern eine Vielzahl von Gerechtigkeiten die soziale Auseinandersetzung prägen, die ihrerseits wieder abhängig sind von den jeweils in der Rechtsordnung vorausgesetzten Prämissen. - Problematisch aber ist, ob es hier noch um jene Frage nach der Gerechtigkeit im Sinne der Richtigkeit von Rechtsnormen und Entscheidungen geht, die die rechtswissenschaftliche und rechtsphilosophische Diskussion über mehr als 2000 Jahre beschäftigt hat, oder um die Frage der Akzeptanz rechtlicher Entscheidungen innerhalb einer bestimmten Rechtsordnung. - Beide Fragen sind im Hinblick auf ihren Gegenstand keineswegs identisch.

1. Systemgerechtigkeit und Normenakzeptanz

Unter Systemgerechtigkeit ist die Folgerichtigkeit einer Norm bzw. einer Entscheidung im Hinblick auf andere Normen bzw. Entscheidungen desselben Systems zu verstehen, d.h. die Konsistenz, die innere Widerspruchsfreiheit eines Systems von Normen oder einer Zahl von Entscheidungen, betrachtet unter dem Gesichtspunkt der systematischen Gleichbehandlung der Normadressaten.[4] - Systemgerechtigkeit ist daher notwendig unabhängig von den materiellen Inhalten der Normen und gibt keine Auskunft über die Richtigkeit der Inhalte der Normen oder Entscheidungen. Diese müssen ihre Legitimation nicht in materieller Richtigkeit finden, sie sind vielmehr bereits hinreichend durch die Akzeptanz auf Seiten der Normadressaten legitimiert. Das Entscheidungsverfahren wird zu seiner eigenen Legitimationsgrundlage. Es geht darum, ob Entscheidungen innerhalb gewisser Toleranz von den Betroffenen akzeptiert werden, solange die Entscheidungsregeln in der Entscheidungsfindung eingehalten werden.[5] Für die Legitimation ist allein die tatsächliche Akzeptanz relevant, die keineswegs eine subjektive Überzeugung von der Richtigkeit der Werte, Rechtfertigungsprinzipien, Entscheidungsprämissen oder der Inhalte einer Entscheidung voraussetzt.[6] In diesem Rahmen begründet ein Gerichtsverfahren nicht dadurch Legitimität, dass ihm durch die Verfahrensbedingungen eine richtigkeitsverbürgende Wirkung zukommt, sondern allein dadurch, dass es ein wirksames Sichabfinden mit der Entscheidung zu erreichen vermag.[7] "Es geht nicht um das Begründen der Gerichtsentscheidung als richtig und generell, sondern um das Sichabfinden mit dem Urteil."[8] Die Verfahrensregeln zielen auf Akzeptanz. Ob sie -zufällig - auch zu einer richtigen im Sinne einer gerechten Entscheidung führen, ist ohne Belang. Die Kennzeichnung dieses Sachverhalts als "Verfahren statt Legitimation"[9] oder "Gerechtigkeit ohne Gerechtigkeit"[10] trifft durchaus den Kern der Sache.[11] - Wird gleichwohl nach einem materiellen Kriterium der Richtigkeit als Voraussetzung der Akzeptanz gefragt, so wird dieser Frage mit dem Verweis auf die vielen Gerechtigkeiten begegnet, denn - wie Rüthers meint - "Gerechtigkeit im Singular verwendet steht im Widerspruch zum demokratischen, das heißt zugleich pluralen Verfassungsstaat. In einer freiheitlichen Staats- und Gesellschaftsordnung existiert die Gerechtigkeit nur im Plural, nämlich als

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Abbild der unterschiedlichen Gerechtigkeitsideale in der Gesellschaft und als Wettbewerb um optimale, mehrheitsfähige Lösungen von Gestaltungs- und Regelungsproblemen."[12]

Diese Konsequenz ist nicht zufällig begründet, sondern sie ist in der notwendig innersystematischen Sicht eines systemtheoretisch fundierten, positivistischen Rechtsverständnisses angelegt. Diese beschränkt den Blick, indem der Begriff der Gerechtigkeit mit dem der Rechtlichkeit bzw. der Begriff der Ungerechtigkeit mit dem des Unrechts identifiziert wird. Damit aber wird der Begriff der Gerechtigkeit schlicht überflüssig, weil ihm ein eigenständiger Begriffsinhalt abgesprochen wird.

2. Unrecht und Ungerechtigkeit

Unrecht ist ein Verhalten, das den Rechtsnormen widerspricht, während ein Verhalten, das ihnen entspricht als rechtens angesehen wird. Der Schuldner, der seinen Verpflichtungen nachkommt, handelt rechtens, d.h. den Rechtsnormen gemäß, nicht aber notwendig gerecht. Umgekehrt begeht der Schuldner, der eine vertragsgemäße Leistung vorsätzlich nicht erbringt, ein Unrecht. Er handelt aber nicht zwangsläufig ungerecht. In gleicher Weise begeht derjenige, der einen anderen rechtswidrig verletzt, ein Unrecht, nicht aber unbedingt eine Ungerechtigkeit. Die schlichte Erfüllung von Rechtspflichten ist nicht Gerechtigkeit, die Verletzung von Rechtspflichten nicht Ungerechtigkeit.[13] Gerechtigkeit ist nicht die Übereinstimmung einer Entscheidung mit bestimmten Rechtsnormen, sondern eine Idee, ein Prinzip, an dem Rechtsnormen gemessen werden können, und zwar ein Prinzip, das wesentlich das Gleichheitsmoment zum Inhalt hat. Dieses Verständnis hat eine lange Tradition. Es geht auf Aristoteles zurück und auch dessen Begrifflichkeit ist noch heute gegenwärtig.

II. Gerechtigkeit als Prinzip

1. Gerechtigkeit im Verständnis von Aristoteles

Aristoteles unterscheidet verschiedene Grundformen des Gerechten nach den sozialen Beziehungen innerhalb der Polisordnung als der umfassenden Gemeinschaftsordnung. Er differenziert zwischen der allgemeinen, der gesetzlichen Gerechtigkeit -iustitia universalis - und der besonderen, der spezifischen Gerechtigkeit - iustitia particularis -, die in der austeilenden Gerechtigkeit - iustitia distributiva - und in der ausgleichenden Gerechtigkeit - iustitia commutativa - Ausdruck findet.[14]

Die allgemeine Gerechtigkeit ist auf die Gesetze bezogen. Sie zu achten und zu befolgen ist gerecht. Der Begriff der allgemeinen Gerechtigkeit entspricht damit dem des Rechts. Die spezifische Gerechtigkeit ist der Gleichheit verpflichtet. Die austeilende Gerechtigkeit sieht vor, dass bei einer Verteilung die im Recht Gleichen proportional Gleiches erhalten. Das Gleichheitsmaß ist das der proportionalen oder geometrischen Gerechtigkeit. Die ausgleichende Gerechtigkeit betrifft die Vertrags-, Verletzungsund Austauschverhältnisse zwischen den Bürgern. Das hier relevante Gleichheitsmaß ist die strenge arithmetische Gleichheit, die Entsprechung von Leistung und Gegenleistung, von Schaden und Wiedergutmachung.

a) Die Bedeutung der ausgleichenden Gerechtigkeit

Die Vorstellung ausgleichender Gerechtigkeit prägt auch heute noch weithin die öffentliche Diskussion um angemessene Leistungen und Entgelte. Regelmäßig, wenn die Summen bekannt werden, die Sport-, Pop- und andere Bühnenstars oder auch Manager für ihre Leistung erhalten, wird die Bekanntgabe der Summe mit der Frage verbunden, ob derartige Entgelte denn gerecht seien. Die Vorstellung eines gerechten, angemessenen Preises beherrscht offenbar das Denken auch in einem marktwirtschaftlichen System in nicht unerheblichem Maß. Jedoch hat das Gefühl, es sei unbefriedigend, wenn der eine für eine Tagesleistung € 200,- erhält, der andere hingegen € 20.000,- mit Gerechtigkeit nichts zu tun. Es zeigt sich in diesem Gefühl nur, dass die von Adam Smith mit Angebot und Nachfrage als Antwort auf den gerechten Preis begründete Eigenständigkeit der Wirtschaft immer noch Akzeptanzprobleme hat. - Unabhängig davon: Verordnete Festpreise haben stets zu groben Ungleichheiten geführt, denn sie hatten zur Folge, dass bestimmte, heiß begehrte Waren knapp und auf "grauen" Nebenmärkten abgesetzt, während andere Waren zu Ladenhütern wurden. Die Tatsache, dass ein Anbieter einer Ware sich seine eigene - von den Vorstellungen anderer abweichende - Vorstellung vom Wert dieser Ware macht und sie seinen Vorstellungen gemäß anbietet, ermöglicht keine Aussage über die "Gerechtigkeit" des Preises. Ist die Nachfrage groß, das Angebot hingegen klein, wird es für den Anbieter möglich sein, seine Preisvorstellungen durchzusetzen. Ist das Angebot hingegen groß, die Nachfrage jedoch gering, wird er sich u.U. gezwungen sehen, seine Preisvorstellungen zu revidieren. Das mag bedauerlich oder erfreulich sein, hat aber mit Gerechtigkeit nichts zu tun. Dass Nachfrage- oder Angebotsmacht den Preis

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bestimmen, ist weder unsittlich noch unrecht oder gar ungerecht. Erst der Machtmissbrauch wird hier relevant. Dieser aber liegt z.B. beim Wucher in der Ausnutzung einer Notlage des Vertragspartners, beim Betrug in der Täuschung über den Wert der Leistung und bei der Erpressung im Einsatz von Drohung und Gewalt. Auch der Machtmissbrauch ist aber nicht notwendig ungerecht, sondern ein Unrecht, das entsprechend den rechtlichen Normen geahndet wird. Es geht dabei um die Verletzung sozialer Schutzpflichten innerhalb der Rechtsgesellschaft, d.h. um Recht und Unrecht, nicht aber um Gerechtigkeit oder Ungerechtigkeit.

Vergleichbar ist dem das viel genannte Problem der "gerechten Strafe". Die Idee, dass die Strafe der Tat entsprechen muss, ist zwar richtig, doch auch hier gibt es nicht den absoluten, wahren Maßstab. Die Strafe orientiert sich an den Strafzwecken. Ändert der Gesetzgeber diese Zielsetzung, so ändert sich auch die Praxis der Strafzumessung. So führte die bewusste Betonung spezialpräventiver Zwecke zur Zurückdrängung kurzfristiger Freiheitsstrafen, die unter generalpräventiven Aspekten durchaus sachgerecht erscheinen. Wird die gesetzlich vorgesehene Zielsetzung missachtet, so ist die Strafzumessung fehlerhaft, d.h. rechtswidrig. Sie stellt dem Betroffenen gegenüber ein Unrecht dar, nicht aber eine Ungerechtigkeit. Sie ist nämlich ein Eingriff in seine Freiheitssphäre, die sich an der Schwere der Tat und den jeweils verfolgten Strafzwecken zu orientieren hat. Die rechtlich nicht mehr angemessene Strafe stellt daher einen rechtswidrigen Eingriff in die grundrechtlich gesicherte Freiheitssphäre des Betroffenen dar und ist treffend als Unrecht zu kennzeichnen, nicht aber als Ungerechtigkeit.[15]

b) Die Bedeutung der austeilenden Gerechtigkeit

Die Situation der austeilenden Gerechtigkeit unterscheidet sich von der der ausgleichenden Gerechtigkeit grundlegend, doch wird das erst evident, wenn man ihre als selbstverständlich vorausgesetzten Prämissen mit in den Blick nimmt. Dass nämlich eine Verteilung von Gütern, Rechten u.A. schlechthin nur dann gerecht sein soll, wenn sie unterschiedlich nach Leistung, Würdigkeit und Bedürftigkeit, jedoch gleich in der Proportionalität erfolgt, ist offensichtlich falsch. Geht etwa ein wohlhabender Mann durch die Stadt und verteilt Gaben an drei an verschiedenen Stellen gleich gut musizierende Straßenmusikanten je nach seiner Laune, indem er einem drei, dem nächsten zwei und dem Dritten einen Euro schenkt, so mag das verwunderlich erscheinen, hat aber mit gerecht oder ungerecht nichts zu tun. Es geht bei der austeilenden Gerechtigkeit daher nicht um irgendwelche Verteilungen, sondern - aus der Sicht von Aristoteles - um die

Verteilung von Gemeingut, d.h. um die Verteilung von Gütern an die Bürger der Polis, die diesen gemeinschaftlich gehören. Die Verteilung findet allein im Beziehungsfeld der Polisgemeinschaft statt, d.h. unter den sie konstituierenden einzelnen Mitgliedern, nämlich ihren Bürgern. Sklaven z.B. sind aus dem Verteilungsprozess nicht etwa ausgegliedert, sie sind vielmehr von vornherein nicht mitumfasst. Gerechtigkeit im Sinne der austeilenden Gerechtigkeit ist daher kein Verteilungsprinzip schlechthin, sondern das Verteilungsprinzip innerhalb der auf Ordnung und Harmonie beruhenden Polisordnung.[16] Sie ist unmittelbar auf die Ordnung der Polis, den Stand der Bürger in der Polisordnung und auf die Verteilung von Gemeingut bezogen.

Weil die einzelnen Bürger nicht isoliert nebeneinander gesehen werden, sondern als Mitglieder einer Gruppe in einem Verhältnis der Verbundenheit zueinander und zu dem zu verteilenden Gemeingut stehen, ist bei der Verteilung auf das Verhältnis der Bürger zueinander Rücksicht zu nehmen. Es soll nicht einer gegenüber dem anderen begünstigt oder benachteiligt werden. Die Verteilung von Gütern, Rechten, Pflichten und Lasten u.A. hat vielmehr proportional nach Leistung, Würdigkeit und Bedürftigkeit zu erfolgen. Die einzelnen Bürger werden als gleich anerkannt, bei der Verteilung aber wird auch das Verhältnis der Einzelnen zueinander und zum Ganzen in den Blick genommen. - Die Arbeiter im Weinberg hingegen, die da klagen: "Diese Letzten haben nur eine Stunde gearbeitet, und du hast sie uns gleich gemacht, die wir des Tages Last und Hitze getragen haben",[17] sind nicht ungerecht behandelt worden. Sie haben den ausgemachten Lohn erhalten, und auch ein Gemeingut ist nicht zu ihren Lasten ungleich verteilt worden.

2. Die Änderung des Beziehungsfeldes bei Thomas von Aquin

Thomas von Aquin knüpft im Hinblick auf die austeilende Gerechtigkeit unmittelbar an Aristoteles an. Er bezieht sich ausdrücklich auf die Verteilung von gemeinschaftlichen Gütern.[18] Die Gemeinschaft der Gleichen ist jetzt aber nicht mehr die Gemeinschaft der Polisbürger, sondern die Gemeinschaft der Menschen als Geschöpfe Gottes: "Denn da der einzelne Mensch Teil einer Vielzahl ist, gehört jeder Mensch als eben das, was er ist, und mit dem, was er hat, zur Gemeinschaft, wie auch jeder Teil als das, was er ist, zum Ganzen gehört."[19],[20]

Unmittelbar auf die Gleichheit in der Gemeinschaft und nicht auf die Einhaltung oder Verletzung einzelner sozialer Normen wird die Gerechtigkeit bezogen: "Insofern der Sohn Sohn ist, ist er etwas,

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was dem Vater gehört, ebenso ist der Knecht, insofern er Knecht ist, etwas, was dem Herrn gehört. Insofern jedoch ein jeder als Mensch betrachtet wird, ist er etwas für sich Bestehendes und von anderen unterschieden. Und deshalb gibt es ihnen gegenüber, insoweit ein jeder der beiden Mensch ist, irgendwie auch Gerechtigkeit.[21]

Gerechtigkeit wird dem Einzelnen geschuldet, weil er Teil eines Ganzen ist, und zwar nach der Bedeutung, die ihm für das Ganze zukommt. Das legitimiert die sog. geometrische Gleichheitsrelation der iustitia distributiva.[22] - Gerechtigkeit ist danach die Wahrung des Gemeinschaftsverhältnisses bei der Verteilung der Güter und Lasten der Gemeinschaft, Ungerechtigkeit die Verletzung dieses Gemeinschaftsverhältnisses.

3. Die Aufklärung: Die in der Würde Gleichen

Der beginnenden Aufklärung genügt der Verweis auf die Gottesebenbildlichkeit des Menschen zur Begründung seiner Gleichheit und Einzigartigkeit nicht mehr. In den Traktaten der italienischen Renaissance des 16. Jahrhunderts tritt der Begriff der Menschenwürde in den Mittelpunkt der Erörterung über das Wesen des Menschen. Pico della Mirandola lässt Gott den ersten Menschen belehren: "Weder haben wir dich himmlisch noch irdisch, weder sterblich noch unsterblich geschaffen, damit du wie dein eigener, in Ehre frei entscheidender, schöpferischer Bildhauer dich selbst zu der Gestalt ausformst, die du bevorzugst. Du kannst zum Niedrigeren, zum Tierischen entarten; du kannst aber auch zum Höheren, zum Göttlichen wiedergeboren werden, wenn deine Seele es beschließt."[23]

Im Original wird die schöpferische Potenz des Menschen durch die rhetorische Figur des Hendiadyoins[24] stärker herausgehoben: "... ut tui ipsius quasi arbitrarius honoriusque plastes et fictor, in quam malueris tute formane effingas." - "Plastes et fictor", Bildner und Gestalter - diese Kennzeichnung enthält bereits die wesentlichen, den heutigen Begriff der Menschenwürde konstituierenden Elemente: Selbstbewusstsein und Fähigkeit zur Gestaltung der Umwelt kraft eigener Vernunft sowie Gleichheit als Träger der Menschenwürde.

Gröschner hat Pico della Mirandolas Bestimmung der Menschenwürde anschaulich als "Entwurfsvermögen" gekennzeichnet[25] und darauf hingewiesen, dass Würde hier als Grundlage eigenständiger Leistung zu verstehen ist. Den Gleichheitsgedanken hatte bereits Pufendorf stärker betont und geltend gemacht, "dass jeder jeden anderen Menschen als jemanden, der ihm von Natur aus gleich ist und in gleicher Weise Mensch ist, ansieht und behandelt"[26], und zwar gleich aufgrund der nur dem Menschen zukommenden Natur, die durch Willensfreiheit und Verstand gekennzeichnet ist, die entia moralia. Damit wird die Person definiert[27], die Kant sodann als dasjenige Subjekt bezeichnet, "dessen Handlungen einer Zurechnung fähig sind. Die moralische Persönlichkeit ist also nichts anderes als die Freiheit eines vernünftigen Wesens unter moralischen Gesetzen."[28] Daraus folgt: "Die Menschheit selbst ist eine Würde; denn der Mensch kann von keinem Menschen (...) bloß als Mittel, sondern muß jederzeit zugleich als Zweck gebraucht werden, und darin besteht eben seine Würde (die Persönlichkeit), dadurch er sich über alle anderen Weltwesen, die nicht Menschen sind, und doch gebraucht werden können, mithin über alle Sachen erhebt."[29]

III. Personenwürde und Menschenrechte

1. Die amerikanische Unabhängigkeitsbewegung

Die Bestimmung des Menschen als Person mit der ihr eigenen, in ihrem sittlich-autonomen Wesen angelegten Würde hatte geradezu revolutionäre Sprengkraft. Pufendorfs Gedanken fanden Eingang in die amerikanische Unabhängigkeitsbewegung. Die Freiheitsrechte wurden zum einen aus der Idee der sittlichen Freiheit und der Menschenwürde legitimiert,[30] zum anderen entfaltete John Lockes Begründung von Leben, Freiheit und Eigentum als angeborenen Rechten des durch Vernunft und göttliches Recht gesteuerten Naturrechts[31] hier ihre Wirkkraft.

Ausdruck fand dieser Geist sodann in der Verfassung von Virginia vom 12. Juni 1776. Deren Bill of Rights statuiert: "Alle Menschen sind von Natur aus in gleicher Weise frei und unabhängig und besitzen angeborene Rechte, welche sie ihrer Nachkommenschaft durch keinen Vertrag rauben oder entziehen können, wenn sie eine staatliche Verbindung eingehen, und zwar den Genuß des Lebens und der Freiheit, die Mittel zum Erwerb und Besitz von Eigentum und das Erstreben und Erlangen von Glück und Sicherheit."[32]

2. Die französische Revolution

Die Ideen der amerikanischen Unabhängigkeitsbewegung fanden in der französischen Revolution unmittelbare Aufnahme und Eingang in die von der Nationalversammlung verabschiedete Erklärung

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der Menschen- und Bürgerrechte vom 26. August 1789. Die Konstituierung vornehmlich der Deputation des Dritten Standes als Nationalversammlung findet gleichsam in der Präambel der Erklärung ihre Rechtfertigung, indem darauf verwiesen wird, dass Unkenntnis, Vergessen oder Verachtung der Menschenrechte die alleinige Ursache des öffentlichen Unglücks und der Verdorbenheit der Regierungen seien und Freiheit, Eigentum sowie Sicherheit als natürliche, unveräußerliche und geheiligte Menschenrechte in Erinnerung gerufen werden.[33]

3. Natur- und Menschenrechte

Der geistige Brückenschlag zum Naturrecht war damit vollzogen, denn Leben, Freiheit und Eigentum als "Naturrechte" fanden bereits in den Systemen des Naturrechts Erweiterungen. Christian Wolff z.B. entwickelte ein System des Naturrechts, in dem neben dem Recht auf körperliche Integrität, das Recht auf Achtung von Ruf und Ehre, auf Nahrung, Medikamente, Wohnung und Kleidung, auf Arbeit, Erziehung und Bildung und schließlich auf Bequemlichkeit des Lebens und auf Glückseligkeit ihren Platz haben.

In dieser Entwicklung findet eine Erweiterung des mit der Achtung der Menschenwürde verbundenen Rechtsstatus der Person Ausdruck. Die Menschenrechte beschreiben nunmehr den einem jeden Menschen im bürgerlich rechtsstaatlich verfassten Gemeinwesen zukommenden Schutzbereich, dessen Kern die Achtung und der Schutz der menschlichen Würde sind, der aber auch Schutz vor gewaltsamen Eingriffen in Leben und Freiheit umfasst und darauf ausgerichtet ist, Verhältnisse der Unterdrückung und Ausbeutung zu beenden.[34] Die Menschenrechte sind in diesem Verständnis "die Rechte, die die Grundvorstellung freier und selbstverantwortlicher Daseinsgestaltung mit den Mitteln der rechtlich-staatlichen Ordnung sichern und ermöglichen sollen."[35] Es geht nicht mehr um die Garantie unveräußerlicher und dem Staat vorgegebener Rechte, sondern um die Ausgestaltung staatlicher Regelungen mit dem Ziel einer freiheitlich verfassten Bürgerordnung. Das betrifft sowohl die freie Daseinsgestaltung vermöge der körperlichen Freiheit und Unversehrtheit als auch vermöge der geistigen Freiheit - Gewissens-, Religions-, Meinungs-, Kunst-, Wissenschafts- und Bildungsfreiheit. Gestaltungsgegenstand sind darüber hinaus die mitmenschlichen Verhältnisse in Ehe und Familie und sonstigen sozialen Beziehungen, der Umgang mit Eigentum, Arbeit und Beruf, vor allem aber auch die Teilhabe an der Gestaltung der politischen Ordnung, die in diesem Verständnis nur die rechtsstaatlich verfasste Demokratie sein kann.

Höhepunkte dieser Entwicklung sind die am 10. Dezember 1948 von der UN-Generalversammlung verabschiedete Allgemeine Erklärung der Menschenrechte, die Europäische Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten vom 4. November 1950, der von der Generalversammlung der Vereinten Nationen am 19. Dezember 1966 verabschiedete Internationale Pakt über bürgerliche und politische Rechte sowie der Internationale Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte und die Europäische Grundrechtscharta vom 7. Dezember 2000.

Der Begriff der Menschenrechte hat damit eine gewaltige Ausdehnung erfahren. "Dadurch sind Menschenrechte entstanden, die eines Fundamentalcharakters entbehren, unterschiedlichsten Inhalt angenommen haben und oft genug lediglich politische Ziele oder moralische Postulate sind. Der Idee der "echten" Menschenrechte "sind sie abträglich, weil diese Verwässerung eine gewisse Beliebigkeit nach sich zieht," wie Stern zutreffend feststellt.[36] - Angemessen ist es daher zwischen den auf den Rechtsstatus der Menschenwürde gegründeten unveräußerlichen Menschenrechten und den im bürgerlichen Rechtsstaat erstrebenswerten Bürgerrechten scharf zu trennen.

Die "Bürgerrechte" betreffen die Grundvorstellung freier und selbstverantwortlicher Daseinsgestaltung in der rechtsstaatlich verfassten Bürgergesellschaft. Sie sind konsens-, aber auch kompromissfähig. Die Erörterung ihrer Grundlagen und Grenzen in der Bürgergesellschaft ist notwendig und legitim. Die Optionen für unterschiedliche Entscheidungen, deren Verbindlichkeit gerade zur Debatte steht, eröffnet aber zugleich weite Felder für pathetische Äußerungen in Sonntagsreden und bei vergleichbaren Anlässen. - Menschenrechte, die dem Menschen kraft seines Menschseins unveräußerlich und unentziehbar eigen sind, weil sie in seiner Menschenwürde gründen, sind die so verstandenen Bürgerrechte nicht. Die modernen Menschenrechtskataloge enthalten, wie die Naturrechtskataloge[37] , durchaus beachtliche Zielvorstellungen der Bürgergesellschaft. Als Maßstab zur Beurteilung der Legitimität gesetzlicher Regelungen der Bürgergesellschaft sind sie hingegen nur begrenzt tauglich. - Der auf der Würde der Person gegründete Rechtsstatus hat hier eine andere Qualität. Er verweist auf einen - auf die "echten" Menschenrechte beschränkten - weit engeren Rahmen. Gegenüber den aktuellen Menschenrechtskatalogen mag das als gewaltige Begrenzung erscheinen. Gleichwohl steckt in dem Versuch, dem auf die Menschenwürde gegründeten Rechtsstatus universell Achtung zu verschaffen, noch eine gewaltige Arbeit. Denn das Recht auf Leben

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und körperliche Unversehrtheit, das Recht auf Anerkennung als Rechtssubjekt und der Gedanke der Gleichheit aller Menschen sind keineswegs allgemein anerkannt und geachtet.

IV. Der auf die Menschenwürde gegründete Rechtsstatus

1. Menschenrecht als "Entwurfsvermögen"

Der in der Würde begründete Rechtsstatus verweist auf die einfache Erkenntnis: Der Mensch ist als Mensch Person. Seine Personenwürde ist ihm als Mensch ohne Rücksicht auf seine Eigenschaften, seine Leistungen und seinen sozialen Status eigen und diese Würde kann keinem Menschen abgesprochen werden. Ihm würde zugleich das Menschsein abgesprochen. Verletzbar ist aber der Achtungsanspruch der sich aus ihr ergibt.[38] Das meint Art. 1 Abs. 1 S. 1 GG mit der Feststellung: "Die Würde des Menschen ist unantastbar." Der Mensch wird als ein Wesen verstanden, das sich kraft Menschseins seiner selbst in seiner Eigenart bewusst ist, in Freiheit über sich bestimmen, seine Umwelt gestalten und mit anderen Menschen unvoreingenommen Gemeinschaft bilden kann. Die Eigenart der unverlierbaren, unverzichtbaren und unantastbaren Würde ist dem Menschen als Person zu eigen, unabhängig von den Möglichkeiten der konkreten Verwirklichung dieses Eigenwerts. Der Begriff der Würde in diesem Sinne ist daher nicht mit dem Begriff der "dignitas" der Antike zu identifizieren.[39] Es geht nicht um die Kennzeichnung einer sozialen Position innerhalb der Gesellschaft, nicht um Ansehen und soziale Geltung aufgrund der eigenen gemeinschaftsbezogenen Werke der Person, nicht um die eigene "Entwurfsleistung", sondern um das "potentielle Entwurfsvermögen"[40] , das in der Anlage des Menschen als Person begründet ist.[41] Insofern verweist der Begriff der Würde auf den Konjunktiv, nicht aber auf eine realisierte Leistung.[42] Richtig ist es daher, "dass Würde etwas mit der Chance eigenen Verhaltens, eigener menschlicher Leistung zu tun hat,"[43] aber mit der dem Menschen als Mensch und Person eigenen Chance, nicht aber mit der in der eigenen Leistung bereits realisierten Chance.[44] Die eigene, realisierte Leistung bestimmt den sozialen Geltungsanspruch, der seinerseits auf die Würde gegründet ist. Er ist aber nicht mit ihr identisch.

2. Differenzierung zwischen Menschen- und Personenwürde

Die Verknüpfung der Personenwürde mit dem Menschsein steht auch einer Differenzierung zwischen menschlichem und personalem Leben entgegen.[45] Diese Differenzierung beruht auf der Prämisse, dass nicht jedes menschliche Leben, sondern erst ein durch bestimmte Eigenschaften und Qualitäten gekennzeichnetes Leben ein personales Leben ist und sein Träger erst mit diesem Stadium Person wird.

Die Idee, die Würde eines Menschen in einer vom Menschsein differenzierten Personalität zu gründen mit der Konsequenz, dass nicht jedem menschlichen Lebewesen Menschenwürde zukommt, sondern erst personalem menschlichen Leben, ist keineswegs neu. Sie findet sich bereits bei John Locke. Sie liegt einem Verständnis der Person zugrunde, das nicht den Menschen schlechthin als Person erkennt, sondern nur den Menschen, der aktuelles Selbstbewusstsein besitzt.[46] Damit aber wird die Würde an eine bestimmte realisierte Leistung geknüpft. Mit der Idee einer unantastbaren Menschenwürde sind diese Überlegungen nicht in Einklang zu bringen, denn unantastbar ist die Menschenwürde nur, wenn sie von Anfang an mit dem Beginn des menschlichen Lebens zuerkannt wird.[47] Jede normative Bestimmung von Intervallen, von Leistungsvoraussetzungen u.Ä. kaschiert nur, dass Menschenwürde dann nicht für jeden Menschen gilt, sondern nur für bestimmte Menschen.

3. Der Mensch als Träger der Würde

Würde als jedem Menschen zukommende Eigenart verbietet Differenzierungen nach Entwicklungs-, Reife- oder Bewusstseinsgraden. Was das einzelne Individuum aus seiner Fähigkeit als "plastes et fictor" macht und wieweit es einen positiven oder negativen sozialen Geltungsanspruch aufgrund seiner Leistungen in der Gesellschaft erringt, ist unter dem Aspekt der Achtung der menschlichen Würde irrelevant.[48] Würde knüpft an das biologische Fundament des Einzelnen an, d.h. an den Beginn des individuellen menschlichen Lebens. Das ist der Moment der Befruchtung. Durch sie wird ein gegenüber Samenzelle und Eizelle, die auch Formen menschlichen Lebens sind, neues, eigenständiges, individuelles Lebewesen gebildet. Durch diese Zusammenfügung wird das genetische Programm der Entwicklung geschaffen. Es bedarf keiner Vervollständigung mehr, es entfaltet sich im Zuge des Lebensprozesses nach Maßgabe eigener Organisation: "Geprägte Form, die lebend sich entwickelt."[49] Auch der Embryo hat Menschenwürde, da ihm bereits die

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Anlage zur sittlich autonomen Entfaltung eigen ist.[50] Angeborene Behinderungen, schwere menschliche Fehlentwicklungen und Beeinträchtigungen stellen diesen Rechtsstatus nicht in Frage. Lebensunwertes menschliches Leben gibt es nach dieser Konzeption nicht. Das BVerfG hat diesen Sachverhalt zutreffend dahin zusammengefasst: "Menschenwürde ist nicht nur die individuelle Würde der jeweiligen Person, sondern die Würde des Menschen als Gattungswesen. Jeder besitzt sie, ohne Rücksicht auf seine Eigenschaften, seine Leistungen und seinen sozialen Status. Sie ist auch dem eigen, der aufgrund seines körperlichen oder geistigen Zustands nicht sinnhaft handeln kann. Selbst durch "unwürdiges" Verhalten geht sie nicht verloren. Sie kann keinem Menschen genommen werden. Verletzbar ist aber der Achtungsanspruch, der sich aus ihr ergibt."[51]

Gleichwohl kann dieser Sachverhalt unabhängig von der Problematik der Differenzierung zwischen Mensch und Person keineswegs mehr als gesichert angesehen werden. So heißt es z.B. im Münchener Kommentar zum BGB: "In ethischer Hinsicht sollte man beherzigen, dass es menschliches Leben gibt, das nicht lebenswert ist. Auf dieser Einsicht beruht immerhin der Tatbestand der embryopathischen Indikation, der schon seit langem und in weiten Kreisen anerkannt ist und selbst vom BVerfG als zur Legitimation einer Abtreibung geeignet angesehen wird."[52] - Das ist mit der Idee der Achtung einer unantastbaren Menschenwürde nicht in Einklang zu bringen.

Die Würde kommt dem Menschen bis zu seinem Tod zu. Das menschliche Leben ist die vitale Basis der Menschenwürde.[53] Der Tod ist das Ende auch jeder potenziellen Entfaltungsmöglichkeit.[54] Nach dem Tod wirken postmortale Persönlichkeitsrechte als Reflexwirkungen aus dem Würdestatus des Lebenden nach, dem Verstorbenen aber kommt keine Menschenwürde mehr zu. Bei der Achtung der Menschenwürde geht es gerade um die Achtung des Rechtsstatus des Menschen als Rechtssubjekt. Sie verbietet, "den Menschen zum bloßen Objekt des Staates zu machen"[55] oder "ihn einer Behandlung auszusetzen, die seine Subjektqualität prinzipiell in Frage stellt".[56] Mit Erlöschen der Subjektqualität endet auch die Menschenwürde.

V. Menschenwürde und Gerechtigkeit

Aus der Achtung der Würde eines jeden Menschen gilt es nunmehr, die Konsequenzen im Hinblick auf eine Rechtsordnung zu ziehen. In der Anerkennung der "gleichen Menschenwürde des Anderen"[57] ist die Verbundenheit, die Gemeinschaft der einzelnen Personen miteinander begründet. Der Andere wird als geistig sittliche Person,[58] als autonome sittliche Persönlichkeit[59] gesehen, die sich in der sozialen Gemeinschaft frei entfaltet.[60]

Die Achtung der Würde des Anderen als gemeinschaftsstiftendes Band zwischen den Menschen ist damit ein tragendes Rechtsprinzip, das vor den positiven Rechtsregeln steht und an dem sich diese Regeln messen lassen müssen. Gerechtigkeit ist von diesem Standpunkt aus die Idee der Gemeinschaft in der Gesellschaft. An der Idee der Achtung der Person als Gleicher unter Gleichen muss sich eine Rechtsordnung messen lassen. Normen, die diesen Anspruch verletzen, sind ungerecht und damit illegitim.

Die ungleiche Behandlung Einzelner in Normen und Entscheidungen kann daher ein Unrecht sein, ungerecht muss sie nicht sein. Erst dann, wenn der Rechtsstatus des in der Würde Gleichen betroffen ist, wird eine Norm oder eine Entscheidung ungerecht. Diffamierungen des Einzelnen aufgrund seines Soseins als Mensch, Beschränkungen seiner Autonomie und der Möglichkeit der Gestaltung seiner Lebensverhältnisse in dem Maße, dass kein eigener wesentlicher Gestaltungsfreiraum verbleibt und die Nutzung des Menschen als Objekt der Wohlfahrt der Anderen kennzeichnen ungerechte soziale Verhältnisse, weil sie die der Menschenwürde angemessene Achtung verletzen.

Die Idee der Gerechtigkeit als Idee der Gemeinschaft zu erfassen, ist nicht neu. Das gemeinschaftsstiftende Element sprengt jedoch den Rechtsrahmen, wenn davon ausgegangen wird: "Die gültige Idee der Gerechtigkeit ist die Idee der Gemeinschaft in Liebe".[61] - Derartige Gerechtigkeitsideen haben unter theologischen und philosophischen Aspekten durchaus ihre Berechtigung. Die rechtliche Betrachtung muss sich mit einem bescheideneren, aber durchaus der Person angemessenen Rahmen begnügen: mit der durch die Würde aller begründeten Gemeinschaft, die in den einzelnen rechtlichen Regelungen und Entscheidungen zu achten ist. Eine Rechtsordnung, die sich an der Idee der Gerechtigkeit messen lassen will, muss diesen Rahmen achten und verteidigen. Sie muss daher den Arbeitern im Weinberg entgegenhalten, dass sie nicht ungerecht behandelt worden sind. - Ob sie im Rahmen einer Gemeinschaft in Liebe alle gerecht behandelt wurden, ist nicht ihr Thema, denn die Liebe fragt nicht nach Gerechtigkeit.

VI. Die Achtung der Menschenwürde im geltenden Rechtssystem

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1. Embryonenschutz und Embryonenforschung

1. Die Würdekonzeption und die Anerkennung der Verbundenheit aller Menschen kraft gleicher Würde des Anderen gründet in der Vernunft. Diese Basis aber ist keine unerschütterliche Grundlage sozialer Gemeinschaft. Vernunft allein ist keine Garantie sozialen Zusammenhalts kraft einer einheitsstiftenden Verbundenheit. Wo immer Interessengegensätze auftreten, bieten sich unterschiedliche - aus der Sicht der Beteiligten - durchaus vernünftige Strategien der Berücksichtigung und Überwindung dieser Gegensätze. Der unverzichtbare Rechtsstatus des Menschen, der in seiner Würde gründet, wird normativ modifiziert, sei es, dass die Zuerkennung der Würde an bestimmte Alters- und Entwicklungsstufen geknüpft wird oder die Unverfügbarkeit des durch die Würde begründeten Rechtsstatus, der staatlichem Zugriff entzogen ist, in Frage gestellt wird, weil der Versuchung nachgegeben wird, bei der Auslegung bestimmter staatlicher Rechtsnormen der Wirklichkeit eines menschenrechtsunfreundlichen "Law in action" den Vorrang vor einem menschenrechtsfreundlichen "Law in the books" einzuräumen.[62]

Die Fragen der Verknüpfung des Menschenwürdekonzepts mit bestimmten Alters- oder Entwicklungsstufen waren und sind Gegenstand eingehender Erörterungen des Embryonenschutzes im Hinblick auf Abtreibung sowie auf verbrauchende Embryonenforschung, Stammzellenimport, Präimplantationsdiagnostik und therapeutisches Klonen.[63] - Die jüngste Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte, die davon ausgeht, dass Art. 2 der Europäischen Menschenrechtskonvention lediglich die Person schütze und sich nicht auf ungeborenes Leben beziehe,[64] unterstreicht geradezu die Beliebigkeit viel gepriesener Menschenrechtskataloge. - Die teils emphatische Verteidigung der Nutzung embryonaler Stammzellen zur Forschung und zur - geplanten - Heilung schwerer Krankheiten wiederum assoziiert das Bild eines postmodernen Kannibalismusses, nicht aber das eines unverbrüchlichen Schutzes menschlicher Würde.

2. Todesschüsse an der Mauer

Die Problematik, wieweit ein Bürger zum bloßen Objekt des Staates gemacht werden kann, indem seine Rechtssubjektsqualität in Frage gestellt wird, stand im Mittelpunkt der Erörterung der Todesschüsse an der innerdeutschen Grenze. Zu entscheiden war, ob die Tötung von Bürgern, die keine Straftat begangen hatten, nicht Träger besonderer Geheimhaltungspflichten o.Ä. waren und auch andere staatsbürgerliche Pflichten nicht verletzt hatten, nach § 27 des Grenzgesetzes der DDR gerechtfertigt war, wenn sie die DDR gegen den Willen der Machthaber verlassen wollten, weil sie sich mit der DDR als Staat nicht mehr identifizieren konnten und wollten.

Der Bundesgerichtshof sah in der Regelung des § 27 des Grenzgesetzes der DDR einen Rechtfertigungsgrund formuliert, der aber als unrichtiges, der Gerechtigkeit widersprechendes Recht der Gerechtigkeit zu weichen hatte, da er als schwerwiegender Menschenrechtsverstoß eine nichtige Regel zum Inhalt hatte.

BGHSt 41 S. 101, 105: "Ein Rechtfertigungsgrund, der einer Durchsetzung des Verbots, die DDR zu verlassen, Vorrang vor dem Lebensrecht von Menschen gab, indem er die vorsätzliche Tötung unbewaffneter Flüchtlinge gestattete, ist wegen offensichtlichen unerträglichen Verstoßes gegen elementare Gebote der Gerechtigkeit und gegen völkerrechtlich geschützte Menschenrechte unwirksam. Der Verstoß wiegt hier so schwer, daß er die allen Völkern gemeinsamen, auf Wert und Würde des Menschen bezogenen Rechtsüberzeugungen verletzt: in einem solchen Fall muß das positive Recht der Gerechtigkeit weichen (sogenannte "Radbruch'sche Formel"). Diese Grundsätze werden durch Dokumente des internationalen Menschenrechtsschutzes konkretisiert ...

... Würde ein gesetzlicher Rechtfertigungsgrund unter Mißachtung dieser Grundsätze ausdrücklich die (bedingt oder unbedingt) vorsätzliche Tötung von Menschen gestatten, die nichts weiter wollen, als unbewaffnet und ohne Gefährdung anerkannter Rechtsgüter die innerdeutsche Grenze zu überschreiten, so müßte er bei der Rechtsanwendung unbeachtet bleiben. Der Bestrafung stände dann Art. 103 II GG nicht entgegen. Denn der Rechtfertigungsgrund hätte wegen der Offensichtlichkeit des in ihm verkörperten Unrechts niemals Wirksamkeit erlangt."

Das BVerfG[65], der EGMR[66] und auch der Menschenrechtsausschuss der Vereinigten Nationen[67],[68] bestätigten diese Auffassung, doch fand sie keineswegs ungeteilte Zustimmung. So machte z.B. Dreier geltend, dass die menschenrechtsfreundliche Auslegung des § 27 des Grenzgesetzes der DDR eine "Rechtsstaatschimäre" sei, weil das instrumentelle von politischen Vorgaben abhängige Rechtsverständnis in totalitären Staaten verkannt werde.[69] Damit wird, wie Starck geltend gemacht hat,[70] der Rechtsbegriff ohne Not totalitärer Manipulation anheim gegeben. Die Diskussion um Kriterien, an denen sich die Legitimität staatlichen Rechts messen lassen muss, kann von diesem Standpunkt vergessen werden. Die Diskussion wäre sinnlos. Es geht hier nämlich nicht um menschenrechtsfreundliche oder menschenrechtsunfreundliche Interpretation von Normen in verschiedenen Rechtssystemen, sondern um die Frage der Existenz und Achtung der Menschenwürde unabhängig von staatlicher Zuweisung. - Die Gewährung von Freizügigkeit innerhalb eines Staates mag als Bürgerrecht Aner-

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kennung finden. Dieses Bürgerrecht wird vom Staat gewährt oder begrenzt. Ein vom Staat unabhängiges, unveräußerliches Recht ist es nicht. Dieses setzt gerade die Unabhängigkeit vom Staat voraus. Freiheit als Menschenrecht hat daher genuin die Gewähr von Freiheit gegenüber dem Staat zum Inhalt. Wird das Leben des Einzelnen als vitale Basis der Menschenwürde zerstört, nur weil dieser Einzelne sich einer bestimmten staatlichen Macht entziehen will, so wird der Einzelne nicht mehr als Rechtssubjekt, sondern nur noch als Objekt rechtlichen Zugriffs verstanden. Damit stellt seine Tötung aber zugleich eine Verletzung seiner Menschenwürde dar. Normen, die das ermöglichen, sind daher ungerecht, weil menschenrechtswidrig und damit nichtig.

3. Das Tabu der Folter

Im Gegensatz zu der Erörterung der Tötungen an der innerdeutschen Grenze, in der z.T. durch die Wahl des Begriffspaars "menschenrechtsfreundliche" und "menschenrechtsunfreundliche" Auslegung die Menschenrechtsverletzung lediglich kaschiert wird, scheint die Diskussion über die Grenzen des Folterverbots, anlässlich der Androhung von schmerzvollen Maßnahmen durch einen Polizeibeamten in einem Fall von Geiselnahme, das menschenrechtlich begründete Tabu der Folter eindrucksvoll zu bestätigen.

Nach der Entführung eines Bankierssohns konnte die Polizei den Täter fassen. Dieser gab aber den Aufenthaltsort des Opfers nicht preis und verschwieg auch, dass das Opfer nicht mehr lebte. Die Polizei ging davon aus, dass das Opfer noch lebte, aber aufgrund der Umstände seiner Gefangenschaft in Lebensgefahr sei. In dieser Situation drohte der Polizeivizepräsident von Frankfurt/Main dem Täter die Zufügung von Schmerzen an, falls er sich weiter weigere, den Aufenthaltsort preiszugeben. Gerüchten zufolge ging es um das Überdehnen des Handgelenks und die Ausübung massiven Drucks auf die Ohrläppchen.[71] - In der Hauptverhandlung wurden unterschiedliche Sachverhalte vorgetragen.

Die unterschiedlichen Aspekte und möglichen Modifizierungen des Falls interessieren hier nicht.[72] Lediglich ein Gesichtspunkt soll ins Auge gefasst werden, nämlich der, ob die Tabuisierung der Folter nicht an der menschenwürderelevanten Dimension des Falls vorbeiführt.[73]

Ausgangspunkt der Erörterung sei die Situation, dass der Geiselnehmer G die Geisel zu töten droht und unmittelbar zur Ausführung der Tat ansetzt. In dieser Situation ist Nothilfe zulässig, und zwar unabhängig von den polizeirechtlichen Regelungen des finalen Rettungsschusses auch ein tödlicher Schuss, soweit dieser zur Rettung der Geisel erforderlich ist. Erforderlich ist der Schuss, wenn keine milderen aber gleichwirksamen Mittel zur Verfügung stehen. Ein solches Mittel wäre ein nicht tödlicher, aber so schmerzhafter Schuss, dass der Täter aufgrund seiner Schmerzen nicht mehr dazu käme, das Opfer zu töten. Vielleicht wäre sogar die Androhung einer derart schmerzlichen Behandlung genug. - Soll der Nothelfer, z.B. ein Polizist, in dieser Situation verpflichtet sein, vom Todesschuss Gebrauch zu machen, da das Folterverbot der Schmerzzufügung, um die Geisel zu retten, entgegensteht? - Davon gehen offenbar die Verteidiger des Foltertabus aus. Der Rückgriff auf den finalen Rettungsschuss[74] wird zum Einen für illegitim gehalten, weil beim finalen Todesschuss eine eindeutige Tätersituation vorliege, bei der Folter gegenüber bloß Tatverdächtigen nicht.[75] Diese Flucht in Sachverhaltsvarianten führt jedoch am Problem vorbei, denn nur dort ist in der Tat die Vergleichbarkeit gegeben, wo die Situation identisch ist, d.h. wo die Verdachtssituation gleich ist. Zum anderen aber soll es gerade der Unterschied in der Verletzung der menschlichen Würde sein, der hier eine Differenzierung fordert, denn: "Bei der Folter wird die Würde des Betroffenen verletzt, beim finalen Todesschuss gerade nicht."[76] - Ein eigenartiges Argument angesichts der Tatsache, dass das Leben die vitale Basis der Menschenwürde ist. Schließlich soll der Wertungsunterschied darin begründet liegen, dass der finale Rettungsschuss unmittelbar zur Rettung führt, die Schmerzzufügung aber nur mittelbar.[77] Diese Differenzierung erscheint im Hinblick auf die Alternative Leben oder Schmerzzufügung jedoch unangemessen.

Unabhängig davon ergeben sich durch die ausnahmslose Aufrechterhaltung des Foltertabus kaum auflösbare Wertungswidersprüche: Das am 18. Juni 2004 vom Bundestag beschlossene Gesetz zur Neuregelung von Flugsicherheitsaufgaben,[78] ermöglicht den Abschuss von Flugzeugen mit Geiseln, die terroristisch zur Tötung von Menschen eingesetzt werden. Foltertabu und Abschuss von Flugzeugen mit unschuldigen Geiseln sind aber nicht in einer einheitlichen Wertung unterzubringen. Das hat ein Leser der FAZ in einem Leserbrief verdeutlicht:

"Konstituieren wir ein Zusammentreffen beider Normen: Die Elektronik eines Flugzeugs sei von Terroristen so manipuliert worden, dass sie das Flugzeug samt allen Passagieren auf ein beliebiges Ziel lenken könnten. Der Eingriff in die Steuerung könnte aber durch einen kodierten Funkbefehl aufgehoben werden. Nehmen wir weiter an, es wäre ein Terrorist gefasst worden, der sich brüstet, den Code zu kennen, ihn aber nicht freiwillig zu nennen. Den einen Mittäter zu foltern wäre nach korrekter Auslegung des Folterverbotes auch in dieser Situation als letztes Mittel unzulässig. Der Abschuss des Flugzeuges und seiner Passagiere bliebe das einzige Mittel zur Gefahrenabwehr. Als solches wäre er nach dem künftigen Recht zulässig. Einheitlichkeit der Rechtsordnung?"[79]

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Hier gerät der Rechtsstaat an seine Grenzen, doch sind diese nicht mit der Begründung von Tabus zu konstituieren, sondern zunächst zu analysieren. -Nicht jede Schmerzzufügung, um einen bestimmten Zweck zu erreichen, ist Folter im Sinn einer Menschenrechtsverletzung. Die Schmerzzufügung, um schwere rechtswidrige und u.U. die Menschenwürde gravierend beeinträchtigende Angriffe auf andere Menschen zu unterbinden, ist durchaus eine zulässige Notwehr- bzw. Nothilfemaßnahme. Ihre Grenzen steckt das Notwehrrecht inklusive seiner Möglichkeiten sozialethischer Eingrenzung durchaus sachgerecht ab, nicht aber ein wie auch immer umrissenes "Foltertabu". Das betrifft andere Sachverhalte. Der rechtswidrig einen anderen Angreifende setzt seine eigenen Güter und Rechte erheblichen Gefahren in der Notwehrsituation aus. Einen Anspruch darauf, dass ihm zur Unterbindung des Angriffs keinerlei Schmerz zugefügt wird, hat er nicht, er wird aufgrund seines Verhaltens aber auch nicht rechtlos.[80] - Auch hier bewährt sich durchaus die Idee der Gemeinschaft in der Gesellschaft. Mit ihrer unverbrüchlichen Achtung könnte ein Rahmen gesteckt werden für einen Rechtsstatus des Einzelnen, der ihm die Menschenwürde garantiert. Auf diesem Fundament ist sodann hinreichend Raum, in Kompromissen und Konsensen den bürgerlichen Rechtsstaat mit durchaus akzeptablen Unterschieden weiter auszubauen. ■

NOTEN

[1] Krit. zum Begriff der "sozialen" Gerechtigkeit Roellecke, ZRph 2004, 20 ff.

[2] Dazu eingehend und kritisch Jung, JZ 2004, 1155 ff.

[3] Vgl. Rüthers, DRiZ 2004, 40 f.

[4] Vgl. dazu Battis, H.P. Ipsen-FS, 1977, S. 13 ff; Kirchhoff, in: Handbuch des Staatsrechts, Bd. II, 1992, § 124 Rdn. 231 ff; Tschentscher, Prozedurale Theorien der Gerechtigkeit, 2000, S. 62.

[5] Dazu Luhmann, Legitimation durch Verfahren, 1969, S. 28.

[6] Dazu Luhmann, Legitimation, S. 30 ff, 120; ders., Rechtstheorie 4 (1973), S. 131, 153.

[7] Luhmann, Legitimation, S. 109.

[8] Tschentscher, Theorien, S. 149.

[9] Heidorn, Legitimität und Regierbarkeit, 1982, S. 118.

[10] Höffe, Politische Gerechtigkeit, 1987, S. 183.

[11] Kritisch dazu: Esser, Vorverständnis und Methodenwahl, 1970, S. 201 ff; Tschentscher, Theorien, S. 149 f; Zippelius, Legitimation im demokratischen Verfassungsstaat, in: Achterberg/Krawietz (Hrsg), Legitimation des modernen Staates 1981, S. 87 ff: ders., Recht und Gerechtigkeit in der offenen Gesellschaft, 1996, S. 87 ff.

[12] Rüthers, DRiZ 2004, 41.

[13] Dazu Hardwig, Rechtsphilosophie, 1979, S. 270 f.

[14] Nikomachische Ethik, V 5 (1130 b, 5 ff). - Werke in deutscher Übersetzung, übersetzt von Olof Gigon, hrsg. u.a. von C. Anderson, Bd. 3, 2. Aufl. 1967. - Dazu vgl. auch Böckenförde, Geschichte der Rechts- und Staatsphilosophie, 2002, S. 112 ff; Dreier, Recht und Gerechtigkeit, 1991, S. 102 ff; Tschentscher, Theorien, S. 56 ff; Trude, Der Begriff der Gerechtigkeit in der aristotelischen Rechts- und Staatsphilosophie, 1935, S. 97 ff.

[15] Dazu auch Hardwig, Rechtsphilosophie, S. 273 f.

[16] Insoweit knüpfen die Gerechtigkeitsüberlegungen von Aristoteles an Platon an; vgl. dazu Böckenförde, Geschichte der Rechts- und Staatsphilosophie, 2002, S. 112 ff.

[17] Matthäus 20, 1-16 (12); zur juristischen Diskussion der Gerechtigkeit in diesem Fall vgl. Roellecke, ZRph 2004, 17 ff m.N.

[18] Thomas v. Aquin, Summa Theologica, Dt. Ausgabe hrsg. von der Albertus-Magnus-Akademie Walberberg bei Köln, Bd. 18, 1953, II - III, 61, 2 (resp.).

[19] Summa Theologica, II - III, 96, 4 (resp.).

[20] Vgl. auch Genesis 1, 26: "Darauf sprach Gott: Laßt uns den Menschen machen nach unserem Bild und Gleichnis."

[21] Thomas v. Aquin, Summa Theologica, Dt. Ausgabe, Bd. 18, II - III, 57, 4, (resp. ad 2).

[22] Dazu auch Böckenförde, Geschichte, S. 247 f.

[23] Giovanni Pico della Mirandola, De hominis dignitate. - Über die Würde des Menschen, Lt. - dt. Angabe hrsg. von Back, 1990, S. 7.

[24] Dazu Gröschner, Menschenwürde und Sepulkralkultur in der grundgesetzlichen Ordnung, 1995, S. 31.

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[25] Gröschner, Menschenwürde, S. 32.

[26] Samuel Pufendorf, De officiis hominis et civis iuxta legem naturalem, liber I, caput 7 § 1, dt. Übersetzung von Luig, 1. Aufl. 1994.

[27] Dazu auch Starck, Badura-FS, 2004, S. 558.

[28] Kant, Metaphysik der Sitten, Einleitung IV, - Kant, Werke in sechs Bänden, hrsg. von W. Weischedel, Bd. 4, Schriften zur Ethik und zur Tugendlehre, 1963, S. 329. - Zum Bezug der Menschenwürde zur kulturellen Entwicklung vgl. Häberle, Ress-FS, 2005, S. 1166 f.

[29] Kant, Metaphysik der Sitten, Tugendlehre, Werke, Bd. 6, § 38, S. 600 f.

[30] Dazu eingehender Welzel, Naturrecht und materiale Gerechtigkeit, 2. Aufl. 1955, S. 156 ff; vgl. auch Starck, Badura-FS, S. 556 ff.

[31] John Locke, Zwei Abhandlungen über die Regierung (hrsg. von Walter Euchner), 4. Aufl. 1989, Bd. II, § 6.

[32] Abgedruckt bei Franz, Staatsverfassungen, 2. Aufl. 1975, S. 6 ff. - Dazu und zu weiteren Verfassungen ehemaliger Kolonien sowie zur Verfassung der Vereinigten Staaten von 1787 vgl. Starck, Badura-FS, S. 554 ff, Stern, in: Handbuch der Grundrechte in Deutschland und Europa, hrsg. von Mertens/Papier, Bd. I, 2004, § 1 Rdn. 25.

[33] Dazu Starck, Badura-FS, S. 555 ff. - Zu den Vorläufern der Menschenrechtskataloge in der spanischen Spätscholastik: Starck, Badura-FS, S. 559 ff.

[34] Dazu Folkers, ARSP 70 (1984), 423.

[35] Ryffel, ARSP 70 (1984), 403.

[36] Stern, Handbuch, § 1 Rdn. 37.

[37] Dazu Klippel, Politische Freiheit und Freiheitsrecht im deutschen Naturrecht des 18. Jahrhunderts, 1976, S. 120 ff.

[38] Dazu auch B VerfG 87, 209, 228; 96, 375, 399; 131, 275, 287.

[39] Dazu Häberle, in: Handbuch des Staatsrechts, Bd. II, 3. Aufl. 2004, § 22 Rdn.34.

[40] Gröschner, Menschenwürde, S. 34.

[41] Vgl. auch Wintrich, Apelt-FS, 1958, S. 2.

[42] Dazu bereits Otto, Recht auf den eigenen Tod?, Gutachten D zum 56. Dt. Juristentag 1986, D 25.

[43] Podlech, in: Alternativ-Kommentar zum Grundgesetz, 2. Aufl. 1989, Art. 1 Rdn. 11.

[44] Dazu m.N. Häberle, Handbuch II, § 22 Rdn. 39.

[45] Dazu Böckenförde, JZ 2003, 811 m.N.

[46] Vgl. Singer, Praktische Ethik, 1984, S. 117 ff. - Dazu auch Hoerster, Abtreibung im säkularen Staat, 1991, S. 74 ff.

[47] Vgl. auch B VerfGE 39, 1, 41; 88, 203, 251; Böckenförde, JZ 2003, 812 m.w.N.; Dürig, in: Maunz/Dürig, Grundgesetz (Stand: Vor Febr. 2003), Art. 1 Abs. 1 Rdn. 24; Laufs, NJW 2000, 2/716 ff; Lorenz, ZfL 2001, 38 ff. - A.A. Dreier, in: Dreier (Hrsg.), Grundgesetz, Art. 1 I Rdn. 47, 50; Hoffmann, AöR 118 (1993), 361 f, 375 f; Podeck, Alternativ Kommentar, Art. 1 Rdn. 57 f.

[48] Dazu auch Gröschner, Menschenwürde, S. 34; Stern, Badura-FS, S. 586.

[49] Böckenförde, JZ 2003, 812. - Dazu auch Stern, Badura-FS, S. 587 mit eingehenden Nachweisen in Fn. 82.

[50] Dazu auch BVerfGE 88, 203, 251; Gössel, Androulakis-FS, 2004, S. 197 ff; Gröschner, Menschenwürde, S. 34; Tröndle, GA 1995, 249; Viefhues, GA 1993, 359. - A.A. Hoerster, GA 1992, 246; ders. GA 1993, 364.

[51] BVerfGE 87, 209, 228.

[52] Wagner, Münchener Kommentar zum BGB, Bd. 5, 4. Aufl. 2004, § 823 Rdn. 90.

[53] BVerfGE 39, 1, 42.

[54] Dazu auch Gröschner, Menschenwürde, S. 34.

[55] BVerfGE 27, 1, 6; 28, 386, 391; 50, 166, 175; 96, 375, 398; 101, 275, 287.

[56] BVerfGE 30, 1, 26; 50, 166, 175.

[57] Kirchhof, Der Allgemeine Gleichheitssatz, in: Handbuch des Staatsrechts, Bd. V, 2. Aufl. 2000, § 124 Rdn. 46.

[58] BVerfGE 6, 32, 36; 45, 187, 227.

[59] Dazu BVerfGE 12, 45, 53 f.

[60] Dazu BVerfGE 30, 173, 193.

[61] Häberlin, SchwZStR 66 (1947), 402; dazu auch Hardwig, Rechtsphilosophie, S. 279 ff.

[62] Gropp, Triffterer-FS, 1996, S. 110; dazu auch Isensee, in: Isensee (Hrsg.), Vergangenheitsbewältigung durch Recht, 1992, S. 105 f; Miehe, Gitter-FS, 1995, S. 657.

[63] Zum Diskussionsstand Böckenförde, JZ 2003, 813 ff.

[64] Case of Vo v. France, Application no. 53924/00 = NJW 2005, 727 ff.

[65] BVerfGE 95, 96, 130 ff mit Anm. Ambos, StV 1997, 39 ff, Arnold, JuS 1997, 400 ff, Classen, GA 1998, 215 ff, Krajewski, JZ 1997, 1054 f, Starck, JZ 1997, 147 ff.

[66] Vgl. NJW 2001, 3035 und NJW 2001, 3042 mit Anm. Werle, S. 3001 ff, Rau, S. 3008 ff.

[67] Vgl. NJW 2004, 2005.

[68] Zur Auseinandersetzung in der Literatur vgl. die Nachw. bei Lackner/Kühl, StGB, 25. Aufl. 2004, § 2 Rdn. 16; Otto, Grundkurs Strafrecht, A.T., 7. Aufl. 2004, § 2 Fn. 10; Werle, NJW 2001, 3004, Fn. 20.

[69] Dreier, JZ 1997, 427; ähnlich Rau, NJW 2001, 3009 ff. - Für einen Ausschluss der Strafbarkeit der Mauerschützen auch Dannecker/Stoffers, JZ 1996, 492 f, Herdegen, VVDStRL 51 (1992), 139 f; Isensee, VVDStRL 51 (1992), 135; ders., in: Isensee (Hrsg.), Vergangenheitsbewältigung durch Recht, 1992, 105 ff; Jakobs, in: Isensee (Hrsg.), Vergangenheitsbewältigung, S. 52 ff; Grünwald, StV 1991, 33; Pieroth, VVDStRL 51 (1992), S. 102 ff.

[70] JZ 2001, 1106.

[71] Dazu Fahl, JR 2004, 183 - Im Urteil - LG Frankfurt/Main NJW 2005, 692, 693 - wird auf erhebliche Schmerzzufügung verwiesen.

[72] Zur Auseinandersetzung vgl. Düx, ZRP 2003, 180; Brugger, JZ 2000, 165 ff; ders., Der Staat, 1996, 67 ff; Burgner, Kriminalistik 2004, 334 ff; Erb, Jura 2005, 24 ff; Fahl, JR 2004, 182 ff; Hamm, NJW 2003, 946 ff; Haurand/Vahle, NVwZ 2003, 513 ff; Hecker, KJ 2003, 210 ff; Jerouscheck/Kölbel, JZ 2003, 613 ff; Kinzig, ZStW 2003, 791 ff; Kretschmer, RuP 2003, 102 ff; Miehe, NJW 2003, 1219 ff; Neuhaus, GA 2004, 521 ff; Otto, Grundkurs Strafrecht, A.T., § 8 Rdn. 59; Perron, Weber-FS, 2004, S. 143 ff, 150, 154; Poscher, JZ 2004, 757 ff, Roxin, in: Eser-FS, 2005, S. 461 ff; Saliger, ZStW 116 (2004), 35 ff; Schaefer, NJW 2003, 947 ff; Schild, in: Gehl (Hrsg.), Folter - Zulässiges Instrument im Strafrecht?, 2005, S. 68 ff; Schroeder, ZRP 2003, 180; Steinke Kriminalistik 2004, 325 ff; Welsch, BayVBl 2003, 481 ff; Wittreck, BÖV 2003, 873 ff. - Eingehend zu den grundsätzlichen Aspekten der Problematik: Jahn, Das Strafrecht des Staatsnotstandes, 2004, S. 209 ff.

[73] Eingehend dazu auch Erb, Jura 2005, 25 ff; Götz NJW 2005, 594 ff, 957; Jeruschek JuS 2005, 301.

[74] Dazu Brugger, JZ 2000, 168 f.

[75] Vgl. Saliger, ZStW 116 (2004), 47.

[76] Saliger, ZStW 116 (2004), 47.

[77] Vgl. Neuhaus, GA 2004, 534 f im Anschluss Lisken, Tondorf-FS, 2004, S. 217 und Lüderssen, Rudolphi-FS, 2004, S. 702.

[78] BT-Drucks. 15/2361, S. 10. - Dazu auch Lindner FAZ v. 15.10.2004, Nr. 241, S. 8.

[79] Dr. Thomas Bauer, FAZ v. 20.8.2004, Nr. 193, S. 9. Die Regelung des Flugsicherungsaufgaben G wird das BVerfG überprüfen, vgl. FAZ v. 13.1.2005, Nr. 10, S. 1; v. 14.1.2005, Nr. 11, S. 4.

[80] Dazu auch Erb, Jura 2005, 28 f; Hilgendorf, JZ 2004, 331 ff; Otto, Grundkurs Strafrecht, A.T., § 8 Rdn. 59.

Lábjegyzetek:

[1] The Author is from Bayreuth.

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