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Claudia Lydorf[1]: Aktuelle Rechtsprechung zum Recht der Verwertungsgesellschaften (FORVM, 2018/1., 137-146. o.)

Verlegerbeteiligung

In den letzten Jahren erging eine Vielzahl von Entscheidungen deutscher Gerichte in Verfahren, in denen Verwertungsgesellschaften beteiligt waren. Die für die wirtschaftliche Praxis wichtigsten Entscheidungen befassten sich dabei mit der Verlegerbeteiligung.

Die wichtigsten Entscheidungen in dem zur Verlegerbeteiligung geführten Verfahren sollen im vorliegend Beitrag vorgestellt werden. Kleinster gemeinsamer Nenner von allen hier vorgestellten Entscheidungen ist dabei die Bestimmung des Art. 5 Abs. 2 lit. a und b der Richtlinie 2001/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Mai 2001 zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft. Auf die EU-rechtlichen Implikationen wird ebenfalls kurz eingegangen werden.

I. Was ist eine Verwertungsgesellschaft?

Die wichtigsten Verwertungsgesellschaften sind die Verwertungsgesellschaft Wort (VG Wort) und die GEMA (Gesellschaft für musikalische Aufführungs- und mechanische Vervielfältigungsrechte). Die Verwertungsgesellschaften nehmen die Rechte der Urheber von Werken, die nach § 2 UrhG geschützt sind sowie für die Inhaber von urheberrechtlich geschützten Leistungsschutzrechten für die Inhaber dieser Rechte gegenüber den Werknutzern wahr.

Nach § 2 Abs. 1 VGG ist eine Verwertungsgesellschaft dabei eine Organisation, die gesetzlich oder auf Grundlage einer vertraglichen Vereinbarung berechtigt ist und deren ausschließlicher oder hauptsächlicher Zweck es ist, für Rechnung mehrerer Rechtsinhaber Urheberrechte oder verwandte Schutzrechte zu deren kollektiven Nutzen wahrzunehmen, gleichviel, ob in eigenem oder in fremdem Namen.

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Urheber ist gemäß § 7 UrhG der Schöpfer des Werks. Nutzer/Nutzungsberechtigter ist nach der in § 8 VGG niedergelegten Legaldefinition jede natürliche oder juristische Person, die eine Handlung vornimmt, die der Erlaubnis des Rechtsinhabers bedarf, oder die zur Zahlung einer Vergütung an den Rechtsinhaber verpflichtet ist. Dies bedeutet in der Regel die Einräumung einer Lizenz an den Nutzer durch den Urheber oder das Bestehen eines gesetzlichen Vergütungsanspruchs, z.B. aus § 54 Abs. 1 UrhG wegen Anfertigung einer Privatkopie im Sinne des § 53 Abs. 1 bis 3 UrhG.

In der Praxis stellen die Verwertungsgesellschaften auf ihren Internetauftritten Portale zur Verfügung. Dort kann der Urheber sich mit seinen Daten registrieren, dadurch quasi ein Nutzerkonto einrichten und die Werke, deren Rechte wahrgenommen werden sollen, unter dem Nutzerkonto bei der Verwertungsgesellschaft registrieren. Zudem erhält der Urheber von der Verwertungsgesellschaft die Vertragsunterlagen zum Wahrnehmungsvertrag. Die Verwertungsgesellschaft prüft sodann mit den ihr zur Verfügung stehenden Mitteln, ob die Voraussetzungen für eine Beteiligung des Urhebers an den Nutzungsvergütungen gegeben sind. So müssen z.B. bei wissenschaftlichen Werken zwei Bibliotheken das Werk in ihrem Leihverkehr führen, damit der Urheber des Werks an der Ausschüttung für Bibliothekskopien partizipieren kann. Auch Meldefristen sind zu beachten: Für wissenschaftliche Werke aus dem Jahr 2015 muss die Meldung des Werkes bis zum 31.12.2017 bei der VG Wort eingegangen sein, damit ein Anspruch des Urhebers auf Ausschüttung gegen die VG Wort besteht.

Die Verwertungsgesellschaft stellt weiterhin einen Verteilungsplan auf, nach dem sich bestimmt, wie hoch die Ausschüttung an die einzelnen Urheber ausfällt. Diese Ausschüttung wird sodann direkt auf das Konto des Bezugsberechtigten Urhebers überwiesen.

II. Allgemeines zu dem mit den EU-Bestimmungen harmonisierten deutschen Recht der Verwertungsgesellschaften

Mit dem 01.06.2016 trat das Gesetz über die Wahrnehmung von Urheberrechten und verwandten Schutzrechten durch Verwertungsgesellschaften (VGG) in Kraft und löste das bis dahin geltend Gesetz über die Wahrnehmung von Urheberrechten und verwandten Schutzrechten (Urheberrechtswahrnehmungsgesetz; UrhWahrnG) ab. Mit der Neufassung des VGG hat der Gesetzgeber zum einen die Anforderungen der Richtlinie 2014/26/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Februar 2014 über die kollektive Wahrnehmung von Urheber- und verwandten Schutzrechten und die Vergabe von Mehrgebietslizenzen für Rechte an Musikwerken für die Online-Nutzung im Binnenmarkt (VG-RL) in Recht der Verwertungsgesellschaften überführt. Neben den unionsrechtlichen Vorgaben wurden in weiten Teilen die Regelungen des bisherigen Wahrnehmungsrechts übernommen und nur, soweit erforderlich, richtlinienkonform ausgestaltet[1]. Insgesamt wurde das neue VGG in der Praxis begrüßt, kritische Stimmen bemängeln

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jedoch eine einseitige Bevorzugung der Verwertungsgesellschaften zum Nachteil der Öffentlichkeit, der Werknutzer und der Geräteindustrie[2].

Da sich der vorliegende Beitrag mit Gerichtsentscheidungen befasst, fragt sich, welche Normen für die hier behandelten Urteile anwendbar waren. Für das Verfahren vor der Schiedsstelle und die gerichtliche Geltendmachung von Ansprüchen im Zusammenhang mit der Rechtswahrnehmung durch Verwertungsgesellschaften sieht § 139 des neuen VGG eine Übergangsregelung vor. Nach § 139 Abs. 1 und 3 VGG gelten für Verfahren, die am 1. Juni 2016 anhängig sind, die bisher für das Verfahren vor der Schiedsstelle und das gerichtliche Verfahren geltenden Vorschriften des Urheberrechtswahrnehmungsgesetzes in der bis zum 31. Mai 2016 geltenden Fassung weiter. Für die hier vorgestellten Entscheidungen war damit zwar noch die alte Rechtslage maßgeblich, aber von den Gerichten wurde bei ihrer Entscheidungsfindung bereits zusätzlich die neue Rechtslage seit dem Inkrafttreten des VGG am 01.06.2016 erörtert.

III. Verfahrensgang

Durch das Verfahren zur Verlegerbeteiligung hat die Rechtslage für die Verwertungsgesellschaften in Deutschland eine tiefgreifende Veränderung erfahren.

1. Verlegerbeteiligung

Bislang wurden Verlage und Autoren gleichberechtigt an den Ausschüttungen durch die Verwertungsgesellschaften beteiligt. Das gilt insbesondere für die von der VG Wort betreuten Sprach- bzw. Druckwerke. Die gleichberechtigte Beteiligung von Verlag und Autor an den Ausschüttungen der VG Wort beruhte auf der Argumentation, dass Autoren und Verlage durch die Einschränkung ihres Vervielfältigungsrechts gleichermaßen von Vervielfältigungshandlungen betroffen seien und daher auch gleichermaßen von Ausschüttungen durch die VG Wort begünstigt werden sollen. Dementsprechend haben sich die Verlage die von der VG Wort wahrgenommenen Rechte in den Verlagsverträgen regelmäßig zur gemeinsamen Einbringung von den Autoren einräumen lassen, die Erlöse wurden dann nach einem bestimmten, von der VG Wort aufgestellten Schlüssel an Verlage und Autoren aufgeteilt.

Diese insbesondere aus Sicht der Verlage bewährte[3] und vom deutschen Gesetzgeber im Ergebnis auch gewollte Praxis ist mit Urteil des BGH vom 21. April 2016 (I ZR 198/13, BGHZ 210, 77-113) für rechtswidrig erklärt worden.

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2. Vorhergehende einschlägige Rechtsprechung des EuGH

Spätestens seit dem Reprobel-Urteil des EuGH vom 12.11.2015 (C-572/13, K&R 2016, 36) stehen die Verwertungsgesellschaften in der Pflicht, ihre Verteilungsmodi zu überarbeiten.

Denn der EuGH hat in der Sache Reprobel entschieden, dass die Mitgliedstaaten aufgrund der Regelungen in Art. 5 Abs. 2 lit. a und b der Richtlinie 2001/29/EG gehindert sind, Bestimmungen vorzusehen, die es Verwertungsgesellschaften erlauben, den ausschließlich den Inhabern des Vervielfältigungsrechts i.S.v. Art. 2 der Richtlinie 2001/29/EG zustehenden gerechten Ausgleich zu einem Teil den Verlegern zu gewähren, ohne dass diese verpflichtet wären, auch nur indirekt die Urheber an diesem an sie ausgeschütteten Teil, der den Rechteinhabern vorenthalten wird, partizipieren zu lassen. Dies gilt für alle die Fälle, in denen die Gewährung an die Verlage durch die Verwertungsgesellschaft die an die Urheber auszuschüttenden Vergütungen mindert[4].

Allerdings ist zu bedenken, dass in der Reprobel-Entscheidung ausschließlich der gerechte Ausgleich für gesetzliche Schranken zugunsten bestimmter Nutzergruppen Gegenstand des Verfahrens war. Daher betrifft diese Entscheidung nach deutschem Recht vor allem, wenn auch nicht ausschließlich, die Privatkopienvergütung gemäß § 54 UrhG.

3. Vorinstanzliche Entscheidungen zum Urteil des BGH vom 21. April 2016 (I ZR 198/13)

Vor diesem Hintergrund ist die Klage zu sehen, mit der ein einzelner Urheber als Mitglied und Bezugsberechtigter der VG Wort die bisherige Verteilungspraxis der Verwertungsgesellschaften insbesondere was die Berücksichtigung der Verleger angegriffen hat.

a) Teilurteil des LG München I am 24. Mai 2012 (7 O 28640/11)

In Anlehnung an die Reprobel-Entscheidung vertrat der Kläger die Auffassung, dass die von der VG Wort ausgeschütteten Tantiemen den Urhebern alleine zustehen, so dass sich der von der VG Wort an die Verleger ausgeschüttete Anteil als Abzug an den ausschließlich den Urhebern alleine zustehenden Ausschüttungsbeträgen darstellt. Der Kläger begehrte daher mit seiner Klage gegenüber der VG Wort die Feststellung, dass die Verteilung der Einnahmen durch die VG Wort insofern unrechtmäßig erfolgt als dass sie Verlage und Urheber gleichermaßen berücksichtigt. Zudem begehrte er Auskunft, welche Abzüge aufgrund dieser Verteilungspraxis von seinen verlegten Werken gemacht wurden und kündigte auch die Geltendmachung der Zahlung von den ihm letztlich zustehenden Ausschüttungen im Wege der Stufenklage an[5].

Als Vorinstanz zu der oben genannten Entscheidung des BGH hatte das LG München I am 24. Mai 2012 (7 O 28640/11) im gerade beschriebenen Ausgangssachverhalt folgendes Teilurteil gefällt: "Die pauschale Beteiligung der Verleger an den jährlichen Ausschüttungen der VG Wort verstößt gegen das in § 7 UrhG niedergelegte Willkürverbot[6]."

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Das LG München I hat festgestellt, dass die beklagte Verwertungsgesellschaft seit dem Jahr 2008 nicht berechtigt war, bei ihrer jährlichen Ausschüttung den auf verlegte Werke des Klägers entfallenden Vergütungsanteil unter Berücksichtigung der nachfolgend aufgezählten Abzüge zu berechnen:

"a.) Abzug eines Verlegeranteils gemäß § 3 Abs. 1 bis 3 der Verteilungspläne Wissenschaft der Beklagten in der im Zeitpunkt der jeweiligen Ausschüttung jüngsten Fassung, zuletzt i. d. F. vom 21. Mai 2011;

b.) Abzüge, die sich aus § 12 der Verteilungspläne Wissenschaft der Beklagten in der im Zeitpunkt der jeweiligen Ausschüttung jüngsten Fassung, zuletzt i. d. F. vom 21.05.2011 ergeben[7]."

b) OLG München vom 17.10.2013 (6 U 2492/12)

Gegen das vorgenannte Teilurteil des LG München I ging sowohl die VG Wort als Beklagte wie auch der Kläger in Berufung. Das OLG München änderte die Entscheidung der Vorgängerinstanz in Ziff. I. und II. zwar ab, bestätigte jedoch:

"Es wird festgestellt, dass die Beklagte seit dem Jahr 2008 in der Vergangenheit nicht berechtigt war und in der Zukunft nicht berechtigt ist, bei der Ausschüttung der auf verlegte Werke des Klägers entfallenden Vergütungsanteile unter Berücksichtigung folgender Abzüge zu berechnen:

a) Abzug eines Verlegeranteils gemäß § 3 Abs. 1 bis 3 der Verteilungspläne Wissenschaft der Beklagten in der im Zeitpunkt der jeweiligen Ausschüttung jüngsten Fassung, zuletzt i.d.F. vom 21. Mai 2011, ab dem Jahr 2013 gemäß § 3 Abs. 2 lit. b des Verteilungsplans ..... i.d.F. vom 2. Juni 2012;

b) Abzüge, die sich aus § 12 der Verteilungspläne Wissenschaft der Beklagten in der im Zeitpunkt der jeweiligen Ausschüttung jüngsten Fassung, zuletzt i.d.F. vom 21. Mai 2011, seit der Ausschüttung 2013 aufgrund §§ 3 Abs. 2 lit b und 46 des Verteilungsplans ..... i.d.F. vom 2. Juni 2012 ergeben, soweit die Ausschüttungen an den D. Hochschulverband (DHV) und die Gesellschaft D. Chemiker vorgenommen wurden[8]."

Der von der Verwertungsgesellschaft vorgetragenen Auffassung, dass ihr sowohl vertraglich eingeräumte Vergütungsansprüche als auch aus § 63a UrhG[9] abgeleitete gesetzliche Vergütungsansprüche zuständen, erteilte das OLG eine Absage. Das OLG vertrat vielmehr die Auffassung, dass die Bestimmung des § 63a S. 2 UrhG keine originären Ansprüche der Verleger auf Beteiligung an den Erlösen aus den gesetzlichen Vergütungsansprüchen fingiert.

Eine pauschalierte Beteiligung der Verleger an von einer Verwertungsgesellschaft vereinnahmten Erlösen in Bezug auf urheberrechtlich geschützte Werke, ist nach der Entscheidung des OLG nur dann gerechtfertigt, wenn die Verleger vom Urheber abge-

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leitete Ansprüche besitzen, die ihnen abgetreten wurden. Mit der Verneinung eines gesetzlichen Beteiligungsanspruchs der Verleger bleibt nur Raum für einen vertraglichen Anspruch, den die Verleger gegenüber der Verwertungsgesellschaft geltend machen könnten. Entsprechende vertragliche Vereinbarungen mit den Urhebern sind denkbar. Dabei entsteht die Gefahr, dass die Verlage die ihnen vom Urheber abgetretenen Rechte in eine Verwertungsgesellschaft einbringen, so dass sie auf diesem Wege die vollständige Ausschüttung der entsprechenden Einnahmen erhalten könnten und die Urheber bei der Ausschüttung zumindest benachteiligt, wenn nicht sogar ganz ausgeschlossen werden könnten[10]. Dem begegnet das Gericht, indem es auch eine Regelung in einem Wahrnehmungsvertrag, die eine pauschale Verteilung der von der Verwertungsgesellschaft vereinnahmten Erlöse aus der Verwertung der ihr übertragenen Nutzungsrechte und gesetzlichen Vergütungsansprüche sowohl an Urheber als auch an Verleger vorsieht, als unangemessene Benachteiligung des Urhebers im Sinne von § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB[11] und als Verstoß gegen wesentliche Grundgedanken urheberrechtlicher Bestimmungen beurteilt wird. Das Gericht verneinte insofern auch die für die Abtretung der Rechte an die Verleger zwingend erforderliche Verfügungsbefugnis der Urheber[12].

c) Urteil des BGH vom 21.04.2016 (I ZR 198/13)

Auch gegen das Urteil des OLG legte die Beklagte Revision ein, der sich der Kläger anschloss. Zudem trat der Verlag, der die Werke des Klägers veröffentlicht hat, als Streithelferin dem Rechtsstreit bei. Der Verlag legte zwei mit dem Kläger geschlossene Verlagsverträge aus den Jahren 1985 und 1998 vor. In diesen Verträge hatte der Kläger der Streithelferin gesetzliche Vergütungsansprüche zur Wahrnehmung übertragen und sich der Verlag ihm gegenüber verpflichtet, übertragene Rechte, soweit sie durch eine Verwertungsgesellschaft wahrgenommen werden, in diese Gesellschaft zur Wahrnehmung einzubringen[13]. Der BGH führte als Revisionsinstanz im obigen Verfahren aus:

"Eine Verwertungsgesellschaft hat die Einnahmen aus ihrer Tätigkeit nach dem wesentlichen Grundgedanken des § 7 Satz 1 UrhWG[14] zu verteilen. Diese gesetzliche Re-

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gelung beruht auf dem wesentlichen Grundgedanken, dass die Verwertungsgesellschaft als Treuhänderin der Berechtigten die Einnahmen aus ihrer Tätigkeit ausschließlich an die Berechtigten zu verteilen hat, und zwar in dem Verhältnis, in dem diese Einnahmen auf einer Verwertung der Rechte und Geltendmachung von Ansprüchen der jeweiligen Berechtigten beruhen (vgl. BGHZ 192, 285 Rn. 25 - Delcantos Hits; vgl. auch BVerfG, ZUM 1997, 555 f.). Mit diesem Grundgedanken ist es unvereinbar, Nichtberechtigte an diesen Einnahmen zu beteiligen[15]." "Damit ist es unvereinbar, wenn Verlegern nach der Satzung der Verwertungsgesellschaft Wort ein ihrer verlegerischen Leistung entsprechender Anteil am Ertrag zusteht und Verlage nach dem Verteilungsplan dieser Verwertungsgesellschaft einen pauschalen Anteil der Verteilungssumme unabhängig davon erhalten, ob und inwieweit die Einnahmen der Verwertungsgesellschaft auf der Wahrnehmung der ihr von Verlegern eingeräumten Rechte oder übertragenen Ansprüche beruhen[16]."

Diesbezüglich stellt der I. Zivilsenat des BGH heraus, dass die Regelung in § 63a Satz 2 Alt. 2 UrhG weder ein Leistungsschutzrecht der Verleger fingiert noch einen Vergütungsanspruch der Verleger begründen kann. Vielmehr kann der Urheber aufgrund dieser Bestimmung dem Verleger unter bestimmten Voraussetzungen gesetzliche Vergütungsansprüche im Voraus abtreten. Dies geschieht jedoch, ohne dass hierdurch eigene Rechte oder Ansprüche des Verlegers begründet werden. Im Ergebnis kann der Verleger allenfalls über vom Urheber abgeleitete Rechte verfügen. Die in der Begründung des Regierungsentwurfs zu § 63a UrhG geäußerte Auffassung, dass eine pauschale Verlegerbeteiligung durch die Norm gewährleistet sei, kann wegen des Fehlens eines Niederschlags dieser Ansicht im objektiven Wortlaut des Gesetzes keine Berücksichtigung finden[17]. Aber auch wenn man die Regelung im Sinne der Begründung des Regierungsentwurfs auslegen wollte, führte dies in der Sichtweise des BGH unter Berücksichtigung der oben genannten Reprobel-Entscheidung des EuGH nur dazu, dass die Bestimmung § 63a UrhG als unionsrechtswidrig zu betrachten ist.

2. Folgen des beschriebenen Verfahrensgangs

Als Antwort auf dieses gerade für kleinere Verlage existenzbedrohende Urteil hat der Bundestag im Dezember 2016 ein Gesetz verabschiedet, dass eine gemeinsame Rechtewahrnehmung von Autoren und Verlagen auch in Zukunft gewährleisten soll. Um eine solche Handhabung endgültig abzusichern, bedarf es einer Gesetzesänderung auch auf europäischer Ebene. Ein aktueller Richtlinienvorschlag der EU befürwortet den Erhalt der Verlegerbeteiligung an gesetzlichen Vergütungsansprüchen.

Nach Art. 1 i.V.m. Art. 7 VG-Richtlinie-Umsetzungsgesetz (Rahmengesetz des Bundes, dass in Art. 1 das VGG enthält und in Art. 7 das Inkrafttreten des Gesetzes

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regelt) ist mit Wirkung zum 1. Juni 2016 das Gesetz über die Wahrnehmung von Urheberrechten und verwandten Schutzrechten durch Verwertungsgesellschaften - Verwertungsgesellschaftengesetz (VGG) an die Stelle des Gesetzes über die Wahrnehmung von Urheberrechten und verwandten Schutzrechten-Urheberrechtswahrnehmungsgesetz (UrhWG) getreten. Auf Ansprüche im Verhältnis zwischen Nutzern und Nutzervereinigungen einerseits und Verwertungsgesell-schaften andererseits sind nunmehr grundsätzlich die Vorschriften des VGG anzuwenden.

Die wichtigsten Vorschriften zur Verlegerbeteiligung sind die §§ 23ff. VGG. § 27a VGG ist dabei die direkte Reaktion des Gesetzgebers auf die vorgenannte Entscheidung des BGH:

§ 27a VGG

Einnahmen aus gesetzlichen Vergütungsansprüchen des Urhebers

(1) Nach der Veröffentlichung eines verlegten Werks oder mit der Anmeldung des Werks bei der Verwertungsgesellschaft kann der Urheber gegenüber der Verwertungsgesellschaft zustimmen, dass der Verleger an den Einnahmen aus den in § 63a Satz 1 des Urheberrechtsgesetzes genannten gesetzlichen Vergütungsansprüchen beteiligt wird.

(2) Die Verwertungsgesellschaft legt die Höhe des Verlegeranteils nach Absatz 1 fest.

Korrespondierend wurden Auskunftsansprüche für die Urheber im UrhG eingeführt:

§ 32d UrhG

Anspruch auf Auskunft und Rechenschaft

(1) Bei entgeltlicher Einräumung oder Übertragung eines Nutzungsrechts kann der Urheber von seinem Vertragspartner einmal jährlich Auskunft und Rechenschaft über den Umfang der Werknutzung und die hieraus gezogenen Erträge und Vorteile auf Grundlage der im Rahmen eines ordnungsgemäßen Geschäftsbetriebes üblicherweise vorhandenen Informationen verlangen.

(2) Der Anspruch nach Absatz 1 ist ausgeschlossen, soweit

1. der Urheber einen lediglich nachrangigen Beitrag zu einem Werk, einem Produkt oder einer Dienstleistung erbracht hat; nachrangig ist ein Beitrag insbesondere dann, wenn er den Gesamteindruck eines Werkes oder die Beschaffenheit eines Produktes oder einer Dienstleistung wenig prägt, etwa weil er nicht zum typischen Inhalt eines Werkes, eines Produktes oder einer Dienstleistung gehört, oder

2. die Inanspruchnahme des Vertragspartners aus anderen Gründen unverhältnismäßig ist.

(3) Von den Absätzen 1 und 2 kann zum Nachteil des Urhebers nur durch eine Vereinbarung abgewichen werden, die auf einer gemeinsamen Vergütungsregel (§ 36) oder einem Tarifvertrag beruht.

§ 32e UrhG

Anspruch auf Auskunft und Rechenschaft in der Lizenzkette

(1) Hat der Vertragspartner des Urhebers das Nutzungsrecht übertragen oder weitere Nutzungsrechte eingeräumt, so kann der Urheber Auskunft und Rechenschaft nach § 32d Absatz 1 und 2 auch von denjenigen Dritten verlangen,

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1. die die Nutzungsvorgänge in der Lizenzkette wirtschaftlich wesentlich bestimmen oder

2. aus deren Erträgnissen oder Vorteilen sich das auffällige Missverhältnis gemäß § 32a Absatz 2 ergibt.

(2) Für die Geltendmachung der Ansprüche nach Absatz 1 genügt es, dass aufgrund nachprüfbarer Tatsachen klare Anhaltspunkte für deren Voraussetzungen vorliegen.

(3) Von den Absätzen 1 und 2 kann zum Nachteil des Urhebers nur durch eine Vereinbarung abgewichen werden, die auf einer gemeinsamen Vergütungsregel (§ 36) oder einem Tarifvertrag beruht.

Weiterführende Literatur zu diesen Vorschriften ist noch kaum zu finden und Rechtsprechung zu den vorgenannten Paragraphen ist noch nicht ergangen[18].

Ausblick

Die weitere Entwicklung in dieser Rechtsfrage bleibt weiter spannend. Zum einen ist das Urheberrechtspaket der EU-Legislative abzuwarten, das eine Regelung enthalten soll, nach der Mitgliedsstaaten zukünftig Regelungen einführen dürfen sollen, die Verlegern einen Anspruch auf einen Teil der Ausschüttungen an die Autoren zubilligen ("claim a share of the compensation for the uses of the work made under an exception")[19]. Zum anderen hat der Verlag für (juristische) Fachbücher Beck mittlerweile Verfassungsbeschwerde eingereicht und beruft sich auf eine Verletzung seiner Eigentumsrechte aus Art. 14 GG durch die oben vorgestellte BGH-Entscheidung. Der Verlag argumentiert dabei, dass Verleger vom Vervielfältiger ihrer Werke ebenso betroffen seien wie die Urheber, denn ein kopiertes Werk wird in der Regel nicht nochmal zusätzlich an den Vervielfältigenden verkauft werden. Dies habe - so der Verlag weiter - besondere Brisanz angesichts der voranschreitenden Digitalisierung, so dass ein Eingriff in die dem Verlag zustehenden Rechte durch die in der Entscheidung des BGH vertretene Rechtsaufassung zu bejahen sei[20].

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Összefoglalás: Lydorf Claudia: A német jogkezelő szervezetek jogalkalmazási gyakorlata

A tanulmány a német jogkezelő szervezeteket, az azokra vonatkozó normatív szabályozást, különösen az Európai Parlament és a Tanács szerzői és szomszédos jogokra vonatkozó közös jogkezelésről és a zeneművek belső piacon történő online felhasználásának több területre kiterjedő hatályú engedélyezéséről szóló 2014/26/EU irányelvet átültető, 2016. június 1. napján hatályba lépett törvényi rendelkezéseket, valamint jogalkalmazási gyakorlatot állítja középpontjába figyelemmel többek között arra, hogy az elmúlt években számos olyan német bírósági ítélet került meghozatalra, amelyben jogkezelő szervezetek is érdekeltek. A tanulmány részletesen elemzi a BGH vom 21. April 2016 (I ZR 198/13) ítéletet, a korábbi, jogorvoslatokkal érintett ítéleteket, valamint a Bundesgerichtshof ítélete okán a Bundestag által 2016 decemberében elfogadott törvényt, amely a szerzők és a kiadók számára a jövőben is egységes közös jogot biztosít. ■

ANMERKUNGEN

[1] Einen Überblick über die Regelungen dess neuen VGG bietet: Josef Limper, Neuer Rechtsrahmen für die kollektive Wahrnehmung von Urheber- und urheberrechtlichen Leistungsschutzrechten durch Verwertungs-gesellschaften, in: IPRB 2016, 163-168, hier: S. 168.

[2] Alexander R. Klett, Kathrin Schlüter, Das neue Verwertungsgesellschaftsgesetz - Was kommt? Was geht? Was bleibt?, in: K&R 2016, 567-572.

[3] Für die Ansicht der Verwertungsgesellschaften, dass ihre Verteilungspraxis rechtmäßig sei: Stefan Müller, Die Beteiligung von Print- und Musikverlegern an den Ausschüttungen von VG WORT und GEMA, in: ZUM 2014, 781-792.

[4] Detailliert für die GEMA: Michael Weller, Unzulässigkeit der pauschalen Verlegerbeteiligung an Ausschüttungen der GEMA, in: jurisPR-ITR 3/2017 Anm. 3.

[5] Teilurteil des LG München I am 24. Mai 2012 (7 O 28640/11, zitiert nach juris), Sachverhalt, Rn 1.

[6] Ebd., Rn. 182.

[7] Ebd., Tenor.

[8] OLG München vom 17.10.2013 (6 U 2492/12, zitiert nach juris), Tenor.

[9] § 63a UrhG lautet:

Auf gesetzliche Vergütungsansprüche nach diesem Abschnitt kann der Urheber im Voraus nicht verzichten. Sie können im Voraus nur an eine Verwertungsgesellschaft oder zusammen mit der Einräumung des Verlagsrechts dem Verleger abgetreten werden, wenn dieser sie durch eine Verwertungsgesellschaft wahrnehmen lässt, die Rechte von Verlegern und Urhebern gemeinsam wahrnimmt.

[10] Elena Kirchberg, OLG München: Erlösbeteiligung der Verlage nur bei prioritärer Anspruchsübertragung, in: juris Literaturnachweis zu Kirchberg, GRURPrax 2013, 521; Gerhard Pfennig, Anmerkung zu einer Ent-scheidung des OLG München, Urt. v. 17.10.2013 (6 U 2492/12; ZUM 2014, 69) - Zur Frage der urheber-rechtlichen Grundlage für eine Beteiligung von Verlagen an Ausschüttungen der Verwertungsgesellschaften aus eingenommener Bibliothekstantieme sowie Geräte- und Leermedienvergütung, in: ZUM 2014, 65-67.

[11] § 307 Abs. 2 BGB lautet:

Eine unangemessene Benachteiligung ist im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung

1. mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist oder

2. wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, so einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist.

[12] Siehe vertiefend: Norbert P. Flechsig, Entstehung und Abtretung gesetzlicher Vergütungsansprüche. Zugleich ein Betrag zur Frage der Verlegerbeteiligung, in: GRUR 2016, 1103-1112.

[13] BGH-Urteil vom 21. April 2016 (I ZR 198/13), Rn. 3 (zitiert nach juris, aber auch in die amtliche Sammlung aufgenommen: BGHZ 210, 77-113).

[14] § 7 Verteilung der Einnahmen

Die Verwertungsgesellschaft hat die Einnahmen aus ihrer Tätigkeit nach festen Regeln (Verteilungsplan) aufzuteilen, die ein willkürliches Vorgehen bei der Verteilung ausschließen. Der Verteilungsplan soll dem Grundsatz entsprechen, dass kulturell bedeutende Werke und Leistungen zu fördern sind. Die Grundsätze des Verteilungsplans sind in die Satzung der Verwertungsgesellschaft aufzunehmen.

[15] BGH-Urteil vom 21. April 2016 (I ZR 198/13, zitiert nach juris), Rn. 29f.

[16] Ebd., Rn. 30.

[17] Ebd., Rn. 68 f. m.w.N.

[18] Vgl. Alexander R. Klett, Kathrin Schlüter, Die Entwicklung des Urheberrechts seit Mitte 2016, in: K&R 2017, 447-453; Karl-Nikolaus Peifer, Die Urhebervertragsrechtsreform 2016, in: GRURPrax 2017, 1-3; Stephan Ory, Entwicklung des europäischen Urheberrechts. Zu den Vorschlägen der EU-Kommission für ein Urheberrechtspaket im digitalen Binnenmarkt, in: AfP 2017, 14-20; Ders., Neues Recht für Verträge mit Kreativen, in: NJW 2017, 753-757; Karl-Nikolaus Peifer, Urhebervertragsrecht in der Reform - Mehr Geld für Kreative oder nur mehr Arbeit für alle?, in: K&R Beilage 1 2017, 17-21.

[19] https://ec.europa.eu/transparency/regdoc/rep/1/2016/EN/1-2016-593-EN-F1-1.PDF.

[20] https://www.boersenblatt.net/artikel-reaktion_auf_das_vg-wort-urteil.1174198.html; http://www.urheberrecht.org/news/5670/.

Lábjegyzetek:

[1] Der Autor ist PhD-student, advocate.

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