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Petra Lea Láncos[1]: Stand der EU-Soft-Law Forschung (GI, 2019/3-4., 73-89. o.)

Aktuelle Forschungsergebnisse, neue Fragen und Herausforderungen

1. Einleitung

Die Soft Law der Union ist eine ständig wachsende Klasse von Normen mit unscharfen Grenzen, die ihrerseits in engem Zusammenhang mit verbindlichen Rechtsakten stehen.[1] Die als Soft Law bezeichnete Kategorie der EU Normen ist vielfältig sowohl in ihrer Erscheinungsform als auch in ihrem Einfluß auf das nationale Gesetzgebungsspielraum und Rechtsprechung. Obwohl Soft Law für die nationale Gesetzgebungsgewalt auf den ersten Blick als "ungefährlich" erscheint, sollten diese Normen nicht unterschätzt werden: sie können sich als "härter" entpuppen, als erwartet. Dementsprechend haben Rechtswissenschaftler das Gebiet der EU Soft-Law-Forschung seit langem für sich entdeckt, wobei insbesondere Rechtsakte bestimmter Politikbereiche wie Kartell- und Beihilferecht, oder innovative neue Steuerungsmechanismen wie die Offene Methode der Koordinierung Aufmerkamkeit fanden.[2] In anderen Bereichen (z. B. Medienrecht, Agrarrecht usw.) ist die Verwendung von Soft Law wissenschaftlich nur unausreichend erfasst. Die Untersuchung von EU-Soft-Law ist nach wie vor ein faszinierendes Thema, das ständig neue Fragen aufwirft.

Im Folgenden versuche ich, aufgrund der einschlägigen wissenschaftlichen Literatur und der EuGH-Rechtsprechung, die Haupttehmen und die wesentlichen

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Herausforderungen der Soft-Law-Forschung kurz zusammenzufassen. Nach einem Überblick der wissenschaftlichen Unternehmungen eine Unterscheidung zwischen verbindlichen und unverbindlichem Recht zu treffen wende ich mich der Kategorisierung der verschiedenen Arten von Soft Law-Quellen im Schrifttum zu. Ich erläutere die gesetzgeberischen Strategien zur Erlassung von Soft-Law, ergründe die "Verbindlichkeit" dieser Akte und ihre Rolle bei der Gestaltung der nationalen Rechtsprechung. Schließlich formuliere ich neue Bereiche für die Erweiterung künftiger Soft-Law-Forschungen.

2. Überwindung der Illusion der großen Kluft: "Hybridität" und der Spektrum-Ansatz

Weder die Gründungsverträge noch die Soft-Law-Maßnahmen selbst oder die relevanten Urteile des EuGH sprechen von "Soft-Law": dieser Begriff wird in EU-Dokumenten kaum verwendet.[3] Nichtsdestotrotz steht fest, dass es eine Gruppe von Normen gibt, die im starken Kontrast zu verbindlichen Maßnahmen des EU-Rechts stehen. Diese haben zum Ziel, legislativen oder rechtsanwenderischen Wandel durch Überzeugung, Kooperation oder der Vermittlung guter Praktiken herbeizuführen. Zwar gilt es, dass es einen Unterschied zwischen Hard Law und Soft Law gibt. Die genauen Marker einer Unterscheidung zwischen verbindlichen und unverbindlichen Recht sind jedoch schwer zu bestimmen. Wie Terpan betont, "liegt die Schwierigkeit von Soft-Law in ihrem unscharfen Begriff. Paradoxerweise ist Soft Law ein häufig verwendetes Konzept, das immer noch sehr unterschiedliche Bedeutungen hat, da die Wissenschaft in dieser Frage noch kein Konsens gefunden hat."[4] In ihrer Bemühung den Begriff der Soft Law zu fassen gingen Trubek u. a. davon aus, dass es sich um einen sehr allgemeinen Begriff handelt, der sich auf eine Vielzahl von Prozessen bezieht. Der einzig gemeinsamer Nenner bei diesen Akten ist, dass obwohl sie alle einen normativen Inhalt haben, sie jedoch nicht formell verbindlich sind.[5] Die vielleicht am weitesten verbreitete und zitierte Definition von Soft Law wurde von Snyder entwickelt. Er beschreibt sie als "Verhaltensregeln, die in Instrumenten festgelegt sind, die als solche nicht rechtsverbindlich sind, aber dennoch gewisse - mittelbare - Rechtswirkungen

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enthalten, die praktische Folgen bewirken können."[6] Doch mit der Verbreitung von EU-Maßnahmen wird die Grenzziehung zwischen verbindlichen und unverbindlichen Normen zu einem immer anspruchsvolleren Unterfangen, da sie auf einer inhärenten Zweiheit von Hard Law und Soft Law beruht.[7]

In der Tat wird dieser binäre Ansatz von Armstrong einsichtig kritisiert: "Wenn sie einfach als Dichotomie ausgedrückt wird, ist es klar, dass die Unterscheidung von Hard- und Soft Law stark reduktiv ist (...). Denn diese stuft jede Abweichung von einem archetypischen verbindlichen Gesetz als ein Merkmal von Soft Law ein. Damit wird Soft Law analytisch allumfassend."[8] Dementsprechend haben mehrere Autoren für eine ganzheitliche Sicht von Normen plädiert, und die traditionelle Bemühung der Trennung von Soft Law und bindendes Recht aufgegeben. Eine Möglichkeit, den problematischen binären Ansatz zu überwinden ist der praktische Ansatz von "Hybridität" wie er vom EuGH verwendet wird. Dieser Ansatz anerkennt die gegenseitige Verbundenheit und Abhängigkeit verbindlicher und unverbindlicher Normen, indem sie auf die Rechtsanwendung konzentriert.[9] Hybridität ist somit ein Ansatz, der den Fokus von der Unterscheidung zwischen verbindlichen und unverbindlichen Recht verschiebt. Es wird von der Erkenntnis geleitet, dass mehrere Politikfelder durch einem Netzwerk von sich gegenseitig ergänzenden Soft Law und Hard Law umgesetzt werden.[10] Zwar beschreibt die Hybriditäts-these die Rechtswirklichkeit. Dennoch trägt sie wenig zur Erschließung des Begriffs von Soft Law bei. Während der Hybridität-Ansatz von dem Problem der Unterscheidung zwischen Soft Law und Hard Law

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ablenken kann, ist diese Frage weiterhin relevant für die Rechtsanwendung.

Eine weitere Bemühung Soft Law zu erfassen ist der Spektrum-Ansatz, welcher die Normativität von Normen als ein Spektrum beschreibt, das von "nicht rechtlichen Positionen bis hin zu rechtlich verbindlichen und gerichtlich kontrollierten Verpflichtungen" reicht.[11] Terpan versucht, dieses Spektrum zu präzisieren, indem er "weiche" und/oder "harte" Elemente der Normen anhand ihrer Quelle, ihres Inhalts und ihrer Durchsetzung identifiziert.[12] Nach seiner Auffassung ist die Verbindlichkeit einer Norm von dem zwingenden Natur des Inhalts und der Durchsetzung abhängig. Terpan erklärt: der Spektrum-Ansatz soll dazu beitragen, Soft Law zwischen unverbindlichen und durchsetzbaren Verpflichtungen zu verorten. Gleichzeitig soll er die Umwandlung von unverbindlichen ins verbindliche Recht erfassen.[13] Dieser Ansatz fügt sich gut mit Peters Beobachtung, wonach "Rechtsakte eine Vielzahl von rechtlichen Auswirkungen und Wirkungen haben können, welche direkt und indirekt, stärker und schwächer ausfallen. Eine abgestufte Normativität anzunehmen bedeutet die Einsicht, dass das Recht härter oder weicher sein kann und dass es ein Kontinuum zwischen Verbindlichkeit und Unverbindlichkeit (und möglicherweise anderen Eigenschaften des Rechts) gibt."[14] Peters entwickelte diesen Ansatz mit Pagotto weiter, indem sie den Gedanken einer strikten Trennung zwischen verbindliches Recht und Soft Law aufgeben und ausführen, dass Soft Law "im Schattenbereich des Gesetzes liegt. (...) [H]ier gibt es keine klaren Grenzen zwischen verbindlichem und unverbindlichem Recht. Vielmehr können Normen härter oder weicher sein." Die Autorinnen schließen die Möglichkeit der theoretischen Festlegung eines "Soft-Law-Prototyps" aus. Und obwohl die notwendigen und ausreichenden Merkmale "von Soft Law nicht bestimmt werden können, werden Juristen in der Lage sein Soft Law unter der Prämisse 'Ich erkenne es, wenn ich es sehe' zu identifizieren. Dabei gilt es zu akzeptieren, dass die Grenzen zwischen Soft Law und Hard Law stets verschwommen bleiben."[15]

Auf der Grundlage der oben vorgestellten Ansätze kann man festhalten, dass allumfassende Definitionen, die versuchen die Vielzahl von Merkmale, welche

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für das Soft Law charakteristisch sein können, zusammen zu bringen, einen hohlen Begriff ergeben und enttäuschen werden.[16] Aus diesem Erkenntnis sind Bemühungen entsprungen, die verschiedenen Arten von Soft-Law-Maßnahmen zu kategorisieren und zu beschreiben, um den Fokus zu verengen und durch die Erkundung der einzelnen Typen von unverbindlichen Rechtsakte der Soft Law näher zu kommen.

3. Das Problem der Einordnung von EU-Soft-Law-Maßnahmen

Soft Law-Maßnahmen sind ihrer Form und Merkmale nach so vielfältig, dass bereits ihre Einordnung eine Herausforderung darstellt. Tatsächlich können diese Quellen entlang verschiedener Aspekte kategorisiert werden.

3.1. Formale und informelle Soft-Law-Maßnahmen

Vielleicht das offensichtlichste Unterscheidungsmerkmal ist, ob die gegebene Soft-Law-Maßnahme vertragsbasiert ist oder nicht. Die im Gründungsvertrag vorgesehenen Soft-Law-Handlungsformen (Artikel 288 AEUV, ex-Artikel 249 EG) umfassen Stellungnahmen und Empfehlungen (formale Maßnahmen).[17] Darüber hinaus ist ein Aufkeimen von nicht vertragsgestützten unverbindlichen Maßnahmen einschließlich Leitlinien,[18] Mitteilungen, Grün- und Weißbücher usw. (informelle Maßnahmen) zu beobachten. Der Anstieg informeller Maßnahmen wird von Senden und Prechal folgendermaßen erklärt: "Die in Artikel 249 EG aufgeführten Instrumente können sich für den Erlass bestimmter Maßnahmen besonders ungeeignet oder unverhältnismäßig erweisen. ... Es scheint, dass die Praxis schon von Anfang an klargestellt hat, dass Bedarf nach anderen als den in Artikel 249 EG aufgeführten Instrumenten besteht",

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die Palette der Instrumente jedoch, wurde nie der veränderten Umstände und neuen Bedürfnissen angepasst.[19] Dies hat Folgen für die Erlassung solcher Maßnahmen: während der Vertrag das Gesetzgebungsverfahren für formale Soft-Law-Maßnahmen vorsieht (zB: Artikel 292 AEUV), werden informelle Handlungen unter allgemeiner Rechtsgrundlagen gefasst, welche die Institutionen der Union zur Erlassung "geeigneter Maßnahmen" (zB: Artikel 108 AEUV) befähigen, oder bleiben komplett ungeregelt.

3.2. Differenzierung nach Legislativorgan

Soft-Law-Maßnahmen der Europäischen Union können ferner anhand des erlassenden Legislativorgans kategorisiert werden, was zu einer Unterscheidung zwischen Maßnahmen von Institutionen oder Organe führt (diese können sowohl formale, vertragsgestützte Rechtsakte, als auch informelle Maßnahmen von EU-Agenturen, oder mit den Mitgliedstaaten gemeinsam herausgegebene Dokumente, wie z.B. damals die Charta der Grundrechte als feierliche Erklärung[20]), Selbstregulierungs- und Koregulierungsinstrumente von Interessenvertretern (z.B. Maßnahmen der Selbstregulierungsstelle European Advertising Standards Alliance (ESEA)[21]), oder auf Zusammenarbiet gestützte, von den Mitgliedstaaten und den Institutionen gemeinsam betriebene Mechanismen (z.B. offene Methode der Koordinierung[22]).

3.3. Unterscheidung nach Funktion

Im Schrifttum wird zwischen Soft-Law-Instrumente aufgrund ihrer Funktion unterschieden. Maßnahmen können demnach vorbereitenden- und informativen- (vorgesetzlichen), ausglegungs- und entscheidungsbezogene-

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(law-plus), und schließlich Lenkungsfunktionen (para-law) haben.[23]

Die vorgesetzliche Funktion wird als eine vorbereitende Rolle der Soft Law-Normen verstanden. Nach dieser Auffassung geht das Soft law dem verbindlichem Recht voraus. Soft Law kann zu einer Annäherung der mitgliedstaatlichen Rechtsvorschriften führen und auch zur Erfassung von Daten über die Auswirkungen nationaler Umsetzungsvorschriften beitragen. Die mangelnde Umsetzung oder Informationen aus der Folgenabschätzung, die durch solche vorbereitenden Normen ermöglicht werden, können die Grundlage (und damit den ersten Schritt) zur Erlassung von verbindlichem Recht in demselben Bereich darstellen (siehe nur die Datenschutz-Grundverordnung, vorbereitet durch eine Reihe von Empfehlungen von Arbeitsgruppen, Stellungnahmen usw.).[24] Peters und Pagotto bezeichnen diese Maßnahmen als ultra vires Soft Law, da sie "den Weg zu einer formalen Erweiterung der Kompetenzen der Organisation ebnen, die durch eine Revision des Gründungsvertrages zur Geltung gebracht wird."[25] Die informative Funktion des Soft Law ist ebenfalls wichtig: solche Maßnahmen stellen den impliziten Konsens von Institutionen (zB: Erklärungen, Gentlemen's Agreements etc.) oder die Auffassung einer einzelnen Institution (zB: Meinung) zu einem bestimmten Thema dar.[26]

Die law-plus-Funktion der Soft Law beruht auf der empirischen Erfahrung der Hybridität: "Soft Law und Hard Law vermischen sich zunehmend und ergeben mehr oder weniger kohärente Regelwerke", wobei Soft Law eine orientierende- und Auslegungsfunktion zur Förderung der Rechtskonformität darstellt (zB: Bekanntmachungen, Richtlinien, Empfehlungen usw.).[27]

Die para-law-Funktion von Soft Law besteht darin, eine sinnvolle Alternative zum verbindlichen Recht zu bieten. Es übt eine Steuerungsfunktion aus in Situationen, wo die Anwendung von Hard-Law-Instrumenten unmöglich oder undenkbar ist.[28] Um zwischen Fällen von Hybridität und der para-law-Funktion des Soft Law zu unterscheiden, können wir als Faustregel die Verbreitung von Soft Law im relevanten Politikfeld betrachten. Wo die Verbreitung von Soft-Law-Normen gering ist (z.B. Verbraucherschutz, Entwicklungspolitik), dient Soft Law eher dazu, den verbindlichen Regelwerk zu ergänzen. Im

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Gegensatz dazu erscheint Soft Law als Alternative zum verbindlichen Recht in Bereichen (z.B. Fiskalpolitik, wirtschaftspolitische Steuerung, Bildung und Kultur usw.), die durch mangelnde supranationale Kompetenz oder politischen Harmonisierungswillen charakterisiert und von neuen Formen der Soft Governance dominiert werden.[29]

Diese Bemühungen um die Aufstellung einer Taxonomie sind zwar ausreichend weit gefasst. Sie tragen jedoch dazu bei, dass der Beobachter den spezifischen Merkmalen und den Zweck der verschiedenen Formen der unverbindlichen Maßnahmen besser versteht. Die Vielfalt die der weichen Normen innewohnt, erschwert jedoch nicht nur die Konzeptualisierung des Soft Law. Sie schließt auch die Formulierung allumfassender Überlegungen zur praktischen Auswirkung und zur Verbindlichkeit solcher Maßnahmen aus.

4. Wie verbindlich sind unverbindliche Maßnahmen der EU?

Wie der EuGH in der Grundsatzentscheidung Grimaldi ausgeführt hat, bedeutet die Tatsache, dass Unions-Soft-Law keine verbindlichen Wirkungen hat, nicht, dass sie absolut keine Wirkung hat.[30] In der Tat können unverbindliche Normen durchaus konkrete Auswirkungen haben, dementsprechend, "wie die Regeln tatsächlich im Mitgliedstaat umgesetzt werden oder befolgt werden".[31] Diese Aussage nimmt nationale Gerichte, Gesetzgeber und Behörden in die Pflicht, die mit der Auslegung, Anwendung oder Umsetzung von EU-Soft-Law befasst sind.[32] Zugleich ist im Sinne des Spektrumansatzes eine Graduierung der Normativität von Soft-Law-Maßnahmen erkennbar. Dies führt zu unterschiedlichen Verpflichtungen der Mitgliedstaaten, die von einer völligen Nichtbeachtung bestimmter unverbindlicher Normen bis hin zur Pflicht der gebührenden Prüfung oder sogar zur verbindlichen Umsetzung der in den Soft-Law-Maßnahmen vorgesehenen Bestimmungen reichen.

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4.1. Harmonisierende Soft Law: Prüfungspflicht des nationalen Gerichts

Formelle Empfehlungen sind Maßnahmen, die verschiedene, von den Mitgliedstaaten zu ergreifende Maßnahmen vorschlagen, um eine unverbindliche Harmonisierung des nationalen Rechts zu erreichen. Auf der Grundlage der Grimaldi-Rechtsprechung des EuGH sind die nationalen Gerichte verpflichtet, Empfehlungen (dh. formelle Soft Law) zu berücksichtigen, um die ihnen vorgelegten Streitigkeiten zu entscheiden.[33] Der Umfang dieser Verpflichtung wurde vom EuGH nicht näher erläutert, doch wurde im Schrifttum vertreten, dass diese nicht zu einer Pflicht zur konformen Auslegung führen könne.[34] An keiner Stelle verpflichtet der EuGH das nationale Gericht (oder Behörde, Einrichtung eines Mitgliedstaats)[35] im vollen Umfang seines Ermessens, das nationale Recht im Einklang mit dem unverbindlichen Unionsrecht auszulegen. Stattdessen ergibt es eine Art "Bemühungspflicht"[36], dh die Berücksichtigung von Empfehlungen zu einem Mindeststandard, wo "nur Nichtprüfung verboten ist".[37]

Der EuGH sieht offenbar eine ähnliche Pflicht bei bestimmte informelle

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Soft-Law-Maßnahmen, wie wettbewerbsrechtliche Kronzeugenregelungen, vor. Diese dienen auch dazu, die nationalen Rechtsvorschriften indirekt zu harmonisieren, ohne dass eine Zustimmung seitens des Mitgliedstaats erfolgt. In diesem Fall verlangen die Grundsätze der loyalen Zusammenarbeit und Effektivität, dass Mitgliedstaaten alle Interessen und Rechte fördern, die durch das Unionsrecht garantiert werden, indem sie die unverbindlichen Akte von Fall zu Fall abwägen. Daraus ergibt sich eine, der Berücksichtigungsplicht der Grimaldi-Rechtsprechung höchts ähnliche Pflicht des nationalen Gerichts oder Behörde: die Pflicht, unterschiedliche, zum Teil im Soft Law vorgesehene Interessen gegeneinander abzuwägen.[38]

4.2. "Echte" Soft Law: Keinerlei Pflicht

Innerhalb der vielfältigen Kategorie des EU-Soft Law gibt es eine Untergruppe von Normen, die tatsächlich unverbindlich sind und keine praktischen Auswirkungen haben: das sind die informative informelle Maßnahmen.[39] Zu dieser Untergruppe zählen De-minimis-Mitteilungen und Mitteilungen, welche die Kommission nur aus Gründen des Vertrauensschutzes binden[40] und "Comfort Letters" die ausschließlich von individueller Anwendung sind und nicht einmal die ausstellende Kommission binden.[41] Aber auch die Kronzeugenerklärungen gehören zur echten Soft Law, welche das Vorherrschen der nationalen Verfahrensautonomie in keinster Weise beschränken.[42]

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Aus mitgliedstaatlicher Perspektive sehen diese Maßnahmen keine substanziellen Verpflichtungen vor und es fehlt auch das Element der Zustimmung, das der Mitgliedstaat gebunden werden soll. Die fehlende Zustimmung erklärt, dass solche Maßnahmen den Mitgliedstaaten keinerlei Pflichten auferlegen.[43] Darüber hinaus hat der Gerichtshof der Europäischen Union darauf hingewiesen, dass diese Maßnahmen nur zu Informationszwecken in der Reihe "C" des Amtsblatts gedruckt wurden.[44] Der EuGH verstand dies als einen weiteren Hinweis auf die unverbindliche Rechtsnatur dieser Normen.

4.3. Bindendes Recht im Gewand von Soft Law: Vollständige Verbindlichkeit

Soft Law, die im Vertrag als geeignete Maßnahme bezeichnet und in einer Zusammenarbeit zwischen der Kommission und den Mitgliedstaaten entwickelt wird, kann durch die Teilnahme und Zustimmung der Mitgliedstaaten verbindlich werden.

Zum Beispiel werden sogenannte Kommissionsdisziplinen im Bereich der Beihilfepolitik im Einvernehmen mit den Mitgliedstaaten ausgearbeitet[45]

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und werden somit verbindlich.[46] Dementsprechend wurde im CIRFS-Fall eine Disziplin der Kommission, die anderweitig als informelle soft law-Maßnahme eingestuft wäre, sowohl für die erlassende Institution als auch für den Adressatenmitgliedstaat als vollständig verbindlich beurteilt. Im Ergebnis wurde nicht nur die Kommission, sondern auch die Mitgliedstaaten, welche die Disziplin durchführten, für die Verletzung der Grundsätze der Gleichbehandlung und des berechtigten Vertrauens verantwortlich gemacht.

In Ijssel-Vliet[47] vertrat der EuGH die Ansicht, dass geeignete Maßnahmen der Kommission[48], die so genannten Leitlinien für nationale Beihilferegelungen,

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bindend seien. Nach Auffassung des EuGH beinhalte die Ausarbeitung solcher Leitlinien "eine Verpflichtung der Kommission und der Mitgliedstaaten zu regelmässiger und laufender Zusammenarbeit"[49] wobei nationale Stellungnahmen berücksichtigt wurden. Diese regelmäßige Zusammenarbeit scheint nach dem Verständnis des EuGHs der Zustimmung der Mitgliedstaaten zu entsprechen, was zur Verbindlichkeit dieser sonst unverbindlichen Maßnahme führt.[50]

In diesem Zusammenhang ist anzumerken, dass die allgemeine Verpflichtung zur loyalen Zusammenarbeit in Artikel 4 Absatz 3 EUV keine ausreichende Grundlage für die Anerkennung der Rechtsverbindlichkeit von vereinbarten Handlungen bietet.[51] Die Mitgliedstaaten sind nicht verpflichtet, einer solchen Vereinbarung zuzustimmen. Nur wenn sie sich dafür entscheiden, werden sie an diese Maßnahmen der Kommission gebunden.[52] Wenn dies jedoch der Fall ist, hat der Inhalt der Maßnahme und die Zustimmung der Mitgliedstaaten eine transformative Wirkung auf informelle Maßnahmen, die anderweitig als unverbindlich Akte einzustufen wären. In solchen Fällen kann man also von einem Missverhältnis zwischen der Wahl einer nicht bindenden Maßnahme und der tatsächlichen Absicht des Gesetzgebers, verbindliche Wirkungen hervorzubringen, sprechen.

5. Richtlinienähnliche Empfehlungen: Ein Spektrum zwischen Empfehlungen und Richtlinien?[53]

Wie bereits erwähnt, können Soft-Law-Normen tatsächlich "trotz ihrer nicht bindenden äußeren Erscheinung" verbindlich sein, zum Beispiel "auf der Grundlage ihrer Substanz oder als Ergebnis einer Vereinbarung zwischen dem Urheber einer Handlung und ihren Adressaten"[54]. In solchen Fällen besteht "die Absicht der verbindlichen Kraft und es geht dann nicht um echtes Soft Law sondern um verbindliches Recht in Gewand eines Soft-Law-Rechtsaktes."[55] Der EuGH hat einen Test entwickelt, um festzustellen, ob die zu prüfende Maßnahme

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tatsächlich verbindliches Recht darstellt. Der Test sieht eine Beurteilung des Inhalts, des Kontexts, des Wortlauts und der Absicht der Maßnahme vor, um festzustellen, ob sie Rechtswirkungen erzeugen soll.[56]

In dem jüngsten Versuch, zu entlarven, ob eine Empfehlung tatsächlich eine versteckte Richtlinie sei, beantragte Belgien die Nichtigerklärung der Empfehlung der Kommission zur Organisation des Glücksspiels.[57] Die Maßnahme habe ich als richtlinienähnliche Empfehlung (RE) bezeichnet. Sie stellt eine besondere Variante der Kommissionempfehlungen dar, denn sie beinhaltet eine Klausel über Umsetzung, Fristen und Berichterstattung, die sehr an Richtlinien erinnert.[58] Zwar wurde die Glückspielempfehlung in der scheinbar unbedrohlichen Form einer Soft-Law-Maßnahme erlassen. Jedoch verstand die belgische Regierung diese als eine Umgehung des Rates, wo die Kommission einen gewissen Widerstand zu erwarten hätte. Belgien befürchtete auch, dass die Empfehlung den ersten Schritt der Harmonisierung von Glücksspielregulierung darstellen würde (siehe ultra vires Soft Law, oben).

Belgien hat seine Klage auf Nichtigerklärung der Empfehlung im Oktober 2014 beim EuGH eingereicht. Belgien vertrat, dass die Empfehlung in Wirklichkeit eine verbindliche Maßnahme ist und Verpflichtungen für die Mitgliedstaaten nach sich zieht. Die Kommission hat währenddessen stets behauptet, dass die Empfehlung keine bindende Wirkung habe und als Maßnahme ohne rechtliche Wirkung nicht angefochten werden könne. Das Gericht hat zwar bestätigt, dass die bloße Tatsache, dass die angefochtene Empfehlung förmlich als Empfehlung bezeichnet wird, nicht automatisch die Einstufung als anfechtbare Handlung ausschließen kann.[59] Jedoch betonte das Gericht, dass die Empfehlung "im Wesentlichen nicht verbindlich formuliert sei"[60]. Nach einem Vergleich der französischen, dänischen, deutschen, estnischen, spanischen, italienischen, niederländischen, polnischen, schwedischen und englischen Sprachfassungen der Empfehlung kam es zu dem Schluss, dass die Maßnahme eindeutig nicht bindend sei.[61]

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Was den Inhalt, den Kontext und die Absicht der Empfehlung anbelangt, hat das Gericht darauf hingewiesen, dass dem Sinn und Zweck der Regelung[62] Rechnung zu tragen ist. In der Tat wird in mehreren Bestimmungen der Empfehlung klargestellt, dass die Maßnahme nicht in die Rechte der Mitgliedstaaten zur Regulierung des Glücksspiels eingreifen darf. Es wird daran erinnert, dass die Mitgliedstaaten in Ermangelung einer Harmonisierung ihre eigenen Strategien für die Organisation von Glücksspielen entwerfen können zum Schutz der Verbraucher.[63] Das Gericht hat insbesondere den richtlinienähnlichen Teil der Maßnahme geprüft und festgestellt, dass obwohl die relevanten Absätze der Empfehlung in bestimmten Sprachfassungen teilweise verbindlichere Formulierungen enthielten, diese den Mitgliedstaaten keine Verpflichtung auferlegen.[64] Das Gericht ist daher zu dem Ergebnis gelangt, dass die Empfehlung keine verbindlichen Rechtswirkungen erzeugen soll, so dass sie in einer Nichtigkeitsklage nicht angefochten werden kann. Das Gericht wies die Klage als unzulässig ab.[65] Belgien hat daraufhin beim Gerichtshof Berufung eingelegt, welche wiederum die Entscheidung des Gerichts mit fast wortgleicher Begründung bestätigte.

Da RE als unverbindlich gelten und anderen Empfehlung gleichgestellt sind, gibt es kein Spektrum zwischen Empfehlungen und Richtlinien. Da der EuGH sie als einfache Empfehlungen ansieht, scheinen sie keinen Mehrwert zu haben. Es stellt sich die Frage, warum die Kommission in bestimmten Politikbereichen regelmäßig auf diese spezifische Art von Maßnahmen zurückgreift. Ist es eine Strategie, um richtlinienähnliche Wirkungen durch die Förderung der Umsetzung zu erreichen, während gleichzeitig die Mitgesetzgeber entkoppelt werden?

6. Soft Law Strategien, oder der Erlassung unverbindlicher Normen zugrundeliegende Überlegungen

Wie Guzman und Meyer bemerken, "ist das zentrale Mysterium von Soft Law die Tatsache, dass sich Staaten für mehr als ein völliges Fehlen der Selbstverpflichtung, aber etwas weniger als voll wirksames Gesetz entscheiden." Aber aus welchen Gründen entscheidet sich die Kommission oder der Unionsgesetzgeber für die regulatorische Form von Soft Law? Im Schrifttum werden mehrere Gründe für die Wahl von unverbindlichen Handlungsformen

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vorgeschlagen: Anpassung an die politischen Realitäten, institutionelle Zwänge und die Notwendigkeit einer umfassenden, schnellen und flexiblen Entscheidungsfindung. Die Anwendung von Soft Law kann wiederum eine schon im Voraus getroffene, vertraglich verankerte Entscheidung, dh. durch die anwendbare Rechtsgrundlage vorgeschrieben sein. So zB. bei bildungspolitischen Maßnahmen, die gemäß Artikel 165 Absatz 4 AEUV erlassen werden. Solche Rechtsgrundlagen, die unverbindliche Handlungsformen vorgeben widerspiegeln konstitutionelle Entscheidungen der Meister der Verträge. In einer Union, "die (noch) durch Vielfalt der Bedürfnisse und nationale Präferenzen sowie der (weiterhin) geringen Mobilität von Familien gekennzeichnet ist", wird verbindliches Recht eher die Ausnahme sein, "angewandt auf Offensichtlich supranationale' Politiken"[66]. Nur in Bereichen mit eindeutigem supranationalen Charakter, bei denen eine starke Konvergenz zu erwarten ist, wird die Union über ausschließliche Zuständigkeiten und/oder Befugnisse zur Verabschiedung von verbindlichen Recht zur Harmonisierung oder Vereinheitlichung nationaler Rechtsvorschriften verfügen.

Vor diesem Hintergrund könnte die Zunahme und Verbreitung von Soft-Law-Maßnahmen in Politikbereichen, die der ausschließlichen Zuständigkeit der EU zugehören, überraschen. Die hohe Anzahl von unverbindlichen Normen in der Zollpolitik erklärt sich aus dem Bestreben für mehr Flexibilität: der erforderliche Detaillierungsgrad, die Notwendigkeit rascher Änderungen und der Bedarf, "die neuesten Entwicklungen in den Bereichen Technologie und Sicherheit" zu berücksichtigen, erklären den Einsatz von Soft law. Der Wunsch, strukturelle Zwänge, wie z.B. langwierige und komplizierte Gesetzgebungsverfahren, die verbindliches Recht ergeben, zu umgehen, wird die Entscheidungsträger auch dazu veranlassen, mit Hilfe unverbindlicher Maßnahmen flexiblere Lösungen zu finden.

Schließlich wird die Kommission auf nicht bindende Instrumente zurückgreifen, wenn sie nicht über legislative Befugnisse verfügt oder weil es dem Unionsgesetzgeber aufgrund der Anwendbarkeit von Rechtsvorschriften nicht oder nur (begrenzt) möglich ist, Rechtsvorschriften zu erlassen wegen dem Einstimmigkeitserfordernis und Einwände aufgrund nationale Souveränität. Ein Beispiel wäre die oben diskutierte Richtlinienähnliche Empfehlung: die Empfehlung der Kommission zur Organisation des Glücksspiels wurde in der

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Form von Soft Law erlassen, um sowohl dem Drängen des Europäischen Parlaments für ensprechende Rechtsetzungsvorhaben vorzulegen und die fehlende Unterstützung des Rates in dieser Frage Rechnung zu tragen. Oft erweist sich die Unverbindlichkeit dieser Handlungsformen als der einzige Weg, um bestimmte transnationale sozioökonomische Ziele zu verwirklichen, die anders nicht angegangen werden können.[67]

7. Zusammenfassung und Anregung weiterer Forschungsrichtungen

Dieser kurze Überblick über den Begriff, die Klassifikation und die Normativität von Soft-Law-Maßnahmen im Allgemeinen und dem EU-Soft-Law im Besonderen unterstreicht die relative Unschärfe von einschlägigen Rechtskonzepten. Soft Law kann und wird vom Unionsgesetzgeber aus einer Vielzahl von Gründen angewandt, und die verschiedenen unverbindlichen Normen und Mechanismen führen zu sehr unterschiedlichen Verpflichtungen der mitgliedstaatlichen Gerichte, Behörden und Gesetzgeber. Dieses komplexe System nicht bindender Normen, welches das verbindliche Regelwerk ergänzt, ersetzt und auslegt, ist so vielfältig, dass man sogar sagen könnte, dass jeder Politikbereich der Union seine eigene Auswahl an bevorzugte Soft-Law-Akte hat.

Die aktuelle Soft-Law-Forschung scheint die Frage nach der nationalen Umsetzung von unverbindlichen EU Normen außer Acht zu lassen. Selbst die Kommission scheint sich nur auf die nationale Umsetzung bestimmter Normen, z.B. Richtlinienähnlichen Empfehlungen zu konzentrieren. Die Erhebung von Daten zur nationalen Umsetzung von Soft Law durch die Kommission ist folglich unsystematisch und beschränkt in ihrem Fokus. Es fehlt eine umfassende Bestandaufnahme derjenigen Systeme und Verfahren auf nationaler Ebene, welche die Umsetzung von Soft Law regeln. Ferner fehlt es an einer eingehenden Analyse der Überlegungen nationaler Gesetzgeber zur Umsetzung oder Außerachtlassung von Unions-Soft-Law. Solche Daten könnten als Ausgangspunkt für die Festlegung von Indikatoren der Wirksamkeit des Soft Law der Union und ihrem Beitrag zur Rechtsangleichung dienen und würden damit die EU Soft-Law-Forschung erheblich bereichern und weiterentwickeln. ■

ANMERKUNGEN

[1] Trubek, David M. - Cottrell, Patrick - Nance Mark: "Soft Law," "Hard Law," and European Integration: Toward a Theory of Hybridity. Jean Monnet Working Paper, 2005/ 2, 4.

[2] Siehe insbesondere: Borchardt, Gustaaf M. - Wellens, Karel C.: Soft Law in European Community Law. European Law Review, 1989/5; Senden, Linda: Soft Law in European Community Law. Oxford, Hart, 2004; Senden, Linda: Soft Law and its Implications for Institutional Balance in the EC. Utrecht Law Review, 2005/1; Schwarze, Jürgen: Soft Law im Recht der Europäischen Union. Europarecht 2011/1; Peters, Anne: Soft Law as a New Mode of Governance. In: Diedrichs, Udo - Wulf Reiners - Wessels, Wolfgang (Hrsg.): The Dynamics of Change in EU Governance. Cheltenham, Edward Elgar, 2011, 21-51; Terpan, Fabien: Soft Law in the European Union - The Changing Nature of EU Law. Sciences Po Grenoble WP, 2013; Ştefan, Oana Andreea: Soft Law and the Enforcement of EU Law. In: Jakab András - Dimitry Kochenov: The Enforcement of EU Law and Values: Ensuring Member States' Compliance. Oxford, Oxford University Press, 2017, 200-2017.

[3] Christianos, Vassilios: Effectiveness and efficiency through the Court of Justice of the EU. In: Iliopoulos-Strangas, Julia - Flauss, Jean-François (Hrsg.): Das soft law der europäischen Organisationen. Baden-Baden, Nomos, 2012, 327.

[4] Terpan op. cit. 5.

[5] Trubek - Cottrell - Nance op. cit. 1.

[6] Snyder, Francis: The Effectiveness of European Community Law: Institutions, Processes, Tools and Techniques. The Modern Law Review, 1993/1, 32; siehe ferner: Senden, Linda: Soft Law, self-regulation and co-regulation in European Law: Where Do They Meet? Electronic Journal of Comparative Law, 2005/1, 22; Senden (2004) op. cit. 112.

[7] Möllers, Thomas M.J.: Sources of Law in European Securities Regulation - Effective Regulation, Soft Law and Legal Taxonomy from Lamfalussy to de Larosiere. European Business Organization Law Review 2010/3, 388.

[8] Armstrong, Kenneth A.: The Character of EU law and Governance: From 'Community Method' to New Modes of Governance. Current Legal Problems, 2011/1, 206.

[9] Hervey, Tamara: Adjudicating in the Shadow of the Informal Settlement?: The Court of Justice of the European Union, 'New Governance' and Social Welfare. Current Legal Problems, 2010/1, 146.

[10] Trubek - Cottrell - Nance op. cit. 33; Shaffer, Gregory C. - Pollack, Mark A.: How Hard and Soft Law Interact in International Regulatory Governance: Alternatives, Complements and Antagonists. Society of International Economic Law Working Paper, 2008/45, 8 ff.; Korkea-aho, Emilia: EU Soft Law in Domestic Legal Systems: Flexibility and Diversity Guaranteed? Maastricht Journal of Law, 2009/3.

[11] Terpan op. cit. 2.

[12] Ebenda, 9. Diese Unterscheidungsmermale sind laut Peters und Pagotto die "Absicht rechtlich gebunden zu werden" und das "Sanktionspotenzial" von Normen; siehe: Peters, Anne -Pagotto, Isabella: Soft Law as a New Mode of Governance: A Legal Perspective. New Modes of Governance Project. Project no. CIT1-CT-2004-506392, 2006, 10.

[13] Terpan op. cit. 2.

[14] Peters (2011) op. cit. 410, Übersetzung von mir. Peters-Pagotto op. cit. 12.

[15] Ebenda.

[16] Peters und Pagotto erkennen die Probleme der binären und Spektrumansätze. Sie betonen: "Zunächst stellt sich die Gefahr der schwarz-weißen Darstellung, der Dichotomiebildung, kurz: die Gefahr der zu starken Vereinfachung. Andererseits ergibt sich die Gefahr, dass man sich in endlosen, feinen Unterscheidungen verliert, in substanzlosen Nuancen und Einteilungen untertaucht." Ebenda, 7.

[17] Artikel 288 AEUV: Für die Ausübung der Zuständigkeiten der Union nehmen die Organe Verordnungen, Richtlinien, Beschlüsse, Empfehlungen und Stellungnahmen an.

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Die Empfehlungen und Stellungnahmen sind nicht verbindlich.

[18] 'Akte sui generis', Pampel, Gunnar: Europäisches Wettbewerbsrecht. Rechtsnatur und Rechtswirkungen von Mitteilungen der Kommission im europäischen Wettbewerbsrecht. EuZW, 2005/1, 12.

[19] Senden, Linda - Prechal, Sacha: Differentiation in and Through Community Soft Law. In: de Witte, Bruno - Hanf, Dominik -Vos, Ellen: The Many Faces of Differentiation in EU Law. Intersentia, 2001, 186, Übersetzung von mir. Siehe ferner: Terpan op. cit. 19-26.; Cosma, Håkon A. - Whish, Richard: Soft Law in the Field of EU Competition Policy. European Business Law Review, 2013/1, 46.

[20] Peters-Pagotto op. cit. 18.

[21] Senden sieht den Ursprung der Selbst- und Ko-Regulierung auf Gemeinschaftsebene im Weißbuch zur Vollendung des Binnenmarkts und der Einheitlichen Europäische Akte, wo aus dem Gemeinschaftsrecht entspringenden Verwaltungslast der nationalen Behörden und Gesellschaften Tendenzen zur Selbst- und Ko-Regulierungsansätze hervorrief. Senden (2005) op. cit. 4.

[22] Peters-Pagotto op. cit. 17-23.

[23] Siehe im Detail: Senden (2004) op. cit. 457.; Peters-Pagotto op. cit. 23.

[24] Mörth, Ulrika: Soft Law and New Modes of EU Governance - A Democratic Problem? Vortrag in Darmstadt, November 2005, 16 ff.

[25] Peters-Pagotto op. cit. 23.

[26] Ebenda.

[27] Ebenda.

[28] Ebenda, 23 f.

[29] Terpan op. cit. 31.

[30] Rs. C-322/88, Grimaldi, Slg. 1989, 4407, Rn 16, 18.

[31] Abbott, Kenneth W. - Keohane, Robert O. - Moravcsik, Andrew - Slaughter, Anne-Marie - Snidal, Duncan: The Concept of Legalization. International Organization, 2003/3, 18

[32] Láncos, Petra Lea: A Hard Core Under the Soft Shell: How Binding Is Union Soft Law for Member States? European Public Law, 2018/4, 755-784.

[33] Grimaldi, Rn. 18, Hervorhebung von mir.

[34] Senden (2004) op. cit. 473. "Es wurde vertreten, das Urteil sollte man nicht so eng auslegen und die nationalen Gerichte müssten die Soft Law nur dann berücksichtigen, wenn es hiflt die Bedeutung des Gemeinschaftsrechts oder des nationalen Rechts klarzustellen." Ştefan, Oana Andreea: Soft Law and the Enforcement of EU Law. In: Jakab András - Kochenov, Dimitry: The Enforcement of EU Law and Values: Ensuring Member States' Compliance. Oxford, Oxford University Press, 2017, 210; siehe ferner: von Graevenitz, Albrecht: Mitteilungen, Leitlinien, Stellungnahmen - Soft Law der EU mit Lenkungswirkung. EuZW, 2013/5, 169, 173. Im Gegensatz dazu meint Christianos die Empfelhungen ergeben eine Pflicht der konformen Auslegung: Christianos (2012) op. cit. 327.

[35] Was die Adressaten angeht zeigt Sarmiento darauf hin, dass obwohl der EuGh auf die Verpflichtungen der mitgliedstaatlichen Gerichte solche Normen in betracht zu ziehen, verwiesen hat, "spricht nichts dagegen, diese Pflichten auf die nationale Verwaltungen auszudehnen". Ein guter Grund dafür wäre die Tatsache, dass während Mitgliedstaaten denselben Verpflichtungen unterliegen, werden nach dem nationalen Recht der unterschiedlichen Mitgliedstaaten die Kompetenzen zwischen den Gerichten und den Verwaltungen auf vielfältiger Weise verteilt. Das Loyalitätsprinzip verlangt, dass nationale Organe denselben Verpflichtungen im Bereich der Auslegung und der Anwendung des europäischen Rechts unterliegen, unabhängig davon, ob sie nach nationalem Recht der Gerichtsbarkeit oder der Verwaltung angehören. Sarmiento, Daniel: European Soft Law and National Authorities: Incorporation, Enforcement and Interference. In: Iliopoulos-Strangas - Flauss op. cit. 267. Vgl. Rs. C-428/14, DHL Slg. EU:C:2016:27, Rn. 41.

[36] Senden (2004) op. cit. 474.

[37] Krieger, Kai: Die gemeinschaftsrechtskonforme Auslegung des deutschen Rechts. Lit Verlag, 2005, 97.

[38] Rs. C-360/09 Pfleiderer, Slg. 2011, I-5161.

[39] Senden-Prechal op. cit. 188; Cosma-Whish op. cit. 47-48.

[40] Rs. C-226/11 Expedia, noch nicht in der Slg., EuZW 2013. Senden und Prechal ordnen De minimis Mitteilungen als Entscheidungsinstrumente ein, welche "vorgeben, wie eine Gemeinschaftsinstitution eine Regel des Gemeinschaftsrechts in einem konkreten Fall anwenden wird, wo die Institution Ermessen hat." Senden-Prechal, 190. Rs. C-526/14 Kotnik, Slg. EU:C:2016:570.

[41] Rs. 36/79 Anne Marty/Estée Lauder, Slg. 1980, 2481, Rs. 256/78 & 1-3/79 Giry und Guerlain, Slg. 1980, 2327.

[42] C-428/14, DHL Slg. EU:C:2016:27. DHL hatte bei der Europäischen Kommission einen Antrag auf Kronzeugenbehandlung und Erlassen der Geldbußen wegen Kartellverstößen im internationalen Güterverkehr eingereicht. DHL hat auch einige Informationen zu Verstößen im italienischen Speditionsgeschäft vorgelegt. Die Kommission aber entschied sich nur gegen Verstöße im Bereich der Luftfrachtspedition vorzugehen und überließ den Bereich der Speditionsdienste im See- und Straßengüterverkehr den nationalen Kartellämtern (DHL, Randnr. 17). Obwohl DHL einen umfassenden Antrag auf Kronzeugenbehandlung in Italien gestellt hat, wurde Schenker als erte Gesellschaft erachtet welche das Erlassen von Geldbußen in Italien für das Kartell im Straßengüterverkehr beantragt hat (DHL, Rn. 18-20, 23-24). DHL beantragte die Nichtigerklärung der Entscheidung der italiänischen Kartellbehörde und der Consiglio di Stato (Staatsrat) wandte sich an den EuGH mit einem Vorabentscheidungsersuchen, wobei er unter anderem die Frage stellate, ob im Rahmen der Europäischen Wettbewerbsnetz gefaßte Maßnahmen die nationale Kartellbehörden binden.

[43] Geiger vertritt die Ansicht, dass solche Kommissionsmitteilungen und Leitlinien "faktisch verbindlich" sind, denn das Loyalitätsprinzip würde nationale Gerichte und Behörden Davon abhalten von diesen Normen abzuweichen, um die Einleitung eines Vertragsverletzungsverfahrens zu vermeiden. Diesen Ansatz hat der EuGh nicht bestätigt. Geiger, Andreas: Die neuen Leitlinien der EG-Kommission zur Anwendbarkeit von Art. 81 EG auf Vereinbarungen über horizontale Zusammenarbeit. EuZW 2000/11, 325, 325.

[44] DHL, paras 32-35, 42; Polska Telefonia (C-99/09) [2010] ECR I-06617, para 35, Expedia, paras 24, 29-30.

[45] CIRFS, paras 1, 3.

Der Internationale Kunstseiden- und Kunstfaserausschuss (CIRFS) beantragte die Aufhebung der Entscheidung der Kommission, wonach keine Verpflichtung besteht, staatliche Beihilfen, die Allied Signal von der französischen Regierung gewährt wurden, im Voraus anzumelden. In seiner Klage bezog sich CIRFS auf ein Schreiben, das die Kommission am 19. Juli 1977 an die Mitgliedstaaten mit der Überschrift "Beihilfen an die Kunstfaserindustrie" sandte, in denen darauf hingewiesen wurde, dass die Mitgliedstaaten aufgrund der Überkapazität der Kunstfaserindustrie in der EWG aufhören sollten der Branche Beihilfen zu gewähren. Die Kommission sollte vorab über jede Beihilfe informiert werden, die die Mitgliedstaaten für die Branche vorgesehen haben. Die im Schreiben festgelegte Disziplin wurde von allen Mitgliedstaaten zugestimmt.

In ihrem Memorandum von 1978 definierte die Kommission den Geltungsbereich der Disziplin als eine, die "Acryl-, Polyester- und Polyamidfasern für textile oder industrielle Zwecke" umfasste; den zeitlichen Geltungsbereich der Disziplin hat die Kommission alle zwei Jahre wieder verlängert. Als CIRFS und AKZO (letztere Partei zog sich später vom Verfahren zurück) erfuhren, dass die französische Regierung beschlossen hatte, dem Hersteller Allied Signal einen Regionalplanungszuschuss für die Errichtung einer Fabrik zur Herstellung von Polyesterfasern für die industrielle Anwendung zur Verfügung zu stellen, schrieben sie an die Kommission und den Vizepräsidenten der Kommission, Sir Leon Brittan, um ihr Eingreifen zu verlangen und um Stellungnahme zu bitten. Sowohl die Kommission als auch der Vizepräsident der Kommission übermittelten ihre Antworten. Sie erklärten einerseits, dass die Beihilfe gewährt worden ist, bevor die Disziplin auf Industriefasern ausgedehnt wurde, und dass daher keine Verpflichtung bestand, der Kommission die Beihilfe vorher zu melden. Sir Leon Brittan wies darauf hin, dass die Disziplin zwar allgemein formuliert sei, die Kommission sie jedoch eng auslegte, als galt sie nur für Textilfasern.

[46] CIRFS (C-313/90) [1993] ECR I -1125. Urteilszusammenfassung, Absatz 4.

[47] Das Urteil wurde aufgrund eines Vorabentscheidungsersuchens des niederländischen Staatsrates in Bezug auf eine Klage des niederländischen Unternehmens Ijssel-Vliet erhoben. Ijssel-Vliet klagte wegen der Ablehnung ihres Antrags durch den niederländischen Wirtschaftsminister auf Gewährung einer Beihilfe für den Bau eines Fischereifahrzeugs. Der Wirtschaftsminister lehnte den Antrag ab, da dieser von der Kommission genehmigte niederländische Beihilferegelung abwich. Dabei stüzte sich der Wirtschaftsminister auf die Leitlinien der Kommission zur Anwendung der Beihilferegelungen und das mehrjährige Ausrichtungsprogramm von 1987 für die Fischereiflotte, welche die Genehmigung nationaler Beihilfen für den Bau von Fischereifahrzeugen für die Gemeinschaftsflotte nicht erlaubten. Rs. C-311/94, IJssel-Vliet, Slg. 1996 I, S.5023,5058, Rn. 1-2, 13-15, 17, 20.

[48] "Der Gerichtshof ist offensichtlich der Ansicht, dass die von der Kommission auf der Grundlage dieser Bestimmungen erlassenen Beihilfekodizes, Beihilfedisziplinen und Ähnliches solche geeignete Maßnahmen darstellen. Insbesondere müssen diese Vorschriften auf der Grundlage von Artikel 93 Absatz 1 erlassen worden sein, der eine besondere Pflicht der Zusammenarbeit zwischen Kommission und Mitgliedstaaten vorsieht." Senden (2004), 279.

[49] Ijssel-Vliet, Rn. 36, Hervorhebung von mir. Siehe ferner: Ştefan op. cit. 11. Vgl. jedoch: Rs. T-330/94, Salt Union Slg. 1996, II-1475.

[50] Ijssel-Vliet, Rn. 37-39.

[51] Senden (2004) op. cit. 465.

[52] Ebenda, 279.

[53] Im Detail siehe: Láncos, Petra Lea: Richtlinienähnliche Empfehlungen: Erfahrungen aus der ungarischen Praxis. Wirtschaft und Recht in Osteuropa, 2018/8, 229-234.

[54] Senden (2004) op. cit. 289. Für die Gegenauffassung, vgl. Peters (2007) op. cit. 411-12.

[55] Senden (2004) op. cit. 462-463.; siehe Fälle CIRFS, Ijssel-Vliet und Deutschland/Kommission unten.

[56] Grimaldi, Rn. 14-16.

[57] 2014/478/EU: Empfehlung der Kommission vom 14. Juli 2014 mit Grundsätzen für den Schutz von Verbrauchern und Nutzern von Online-Glücksspieldienstleistungen und für den Ausschluss Minderjähriger von Online-Glücksspielen. OJ L 214, 19.7.2014; Rs. T-721/14, Belgien/Kommission EU:T:2015:829; C-16/16 P, Belgien/Kommission, noch nicht in der Slg.

[58] Kommissionsempfehlung 2014/478/EU, Kapitel XII.

[59] T-721/14, Rn. 20.

[60] T-721/14, Rn. 34.

[61] T-721/14, Rn. 72.

[62] T-721/14, Rn. 49.

[63] T-721/14, Rn. 29-31.

[64] T-721/14, Rn. 33-35.

[65] T-721/14, Rn. 37.

[66] Alves, Rui Henrique - Afonso, Oscar: Fiscal Federalism in the European Union: How Far Are We? In: Ferreiro, Jesus - Fontana, Giuseppe - Serrano, Felipe (Hrsg.): Fiscal Policy in the EU. Basingstoke, Palgrave Macmillan, 2008, 9.

[67] Senden, Linda - Brink, Ton van den: Checks and Balances of Rule-Making. European Parliament Policy Department C - Citizens' Rights and Constitutional Affairs, 2012, 13-14.

Lábjegyzetek:

[1] Der Autor ist Dozentin, PPKE JÁK.

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