Anfang Februar 2003 sind die Beratungen des EU-Reformkonvents mit der Vorstellung von ausformulierten Vorschlägen für einzelne Artikel der angestrebten europäischen Verfassung in eine neue Phase getreten.[1] Der vom Konventspräsidium ausgearbeitete Entwurf umfasst bereits 16 Artikel, die Aufgaben und Kompetenzen der Europäischen Union festlegen.[2] Der Konvent möchte die Ausarbeitung des Verfassungsentwurfs bis zur Jahresmitte abzuschließen.
Obwohl die Arbeiten des Verfassungskonvents schon große Fortschritte erzielt haben und die ersten Ergebnisse schon sichtbar sind, ist die Diskussion der Frage, ob Europa eine "Verfassung" braucht, bis zum heutigen Tage noch nicht verstummt.
Schon seit längerem werden die völkerrechtlichen Verträge, die im Zusammenhang mit dem großen Komplex der Europäischen Union (EU) und der Europäischen Gemeinschaften (EG) geschlossen wurden, als Verfassung der Union bezeichnet.
Dass der Vertrag zur Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (EWG-Vertrag) "gewissermaßen die Verfassung dieser Gemeinschaft" sei, hatte das Bundesverfassungsgericht[3] bereits im Jahr 1967 zum Ausdruck gebracht. Als vor fast 20 Jahren das Europäische Parlament den Entwurf eines Vertrages zur Gründung einer Europäischen Union vorlegte, wurde dieser in Fachkreisen ebenfalls bereits als Verfassungsentwurf verstanden.[4] Es sei auch darauf hingewiesen, dass der Europäische Gerichtshof (EuGH) selbst den EWG-Vertrag im Jahre 1986 erstmals in einer Entscheidung als "Verfassungsurkunde der Gemeinschaft" bezeichnete.[5] In einem Gutachten[6] heißt es, der EWG-Vertrag stelle " obwohl er in der Form einer völkerrechtlichen Übereinkunft geschlossen wurde, nichtsdestoweniger die Verfassungsurkunde einer Rechtsgemeinschaft" dar.
Die Bezeichnung der europäischen Verträge als Verfassung ist übrigens keine Besonderheit.[7] Gründungsverträge internationaler Organisationen werden regelmäßig als Verfassungen bezeichnet.[8]
In der Alltags- und Rechtssprache ist allerdings der Begriff Verfassung ohne näheren Zusatz nur der Staatsverfassung vorbehalten.
Bevor Aussagen darüber getroffen werden, ob die Europäische Union bereits eine Verfassung hat oder einer Verfassung bedarf, muss der Begriff "Verfassung" geklärt werden.[9]
Unter Verfassung versteht man die grundlegenden Vorschriften, die das Zusammenleben einer organisierten Gruppe regeln, also deren Grundordnung. Der Hauptfall der normativen Verfassung[10] ist die Staatsverfassung. Neben dem Staat haben insbesondere sonstige territorial organisierte Einheiten normative Verfassungen.[11]
Die Verfassung enthält normative Aussagen über die Grundprinzipien der Herrschaft und Wertordnung im Staat.[12] Mit ihr wird die staatliche Einheit konstituiert; sie wirkt integrationsfördernd[13] und Einheit stiftend. Die Verfassung ist Bezugsobjekt der gesellschaftlichen Integration, zu der man sich bekennen und mit der man sich unter Umständen identifizieren kann. Die Verfassung hat eine Ordnungs- und Organisationsfunktion. Sie schafft Sicherheit, garantiert dem Staatswesen Stabilität auch im Wandel und entlastet die Politik von ständiger Diskussion über die Ordnung des Staates.[14] Durch sie wird die Ausübung der Staatsgewalt vorhersehbar und verstehbar, aber auch in ihrer Macht begrenzt. Sie regelt ferner das grundlegende Verhältnis des Staates zu seinen Bürgern. Den Bürgern werden regelmäßig individuelle Rechte garantiert. Die Verfassung ist den übrigen Gesetzen des Staates vorrangig, das bedeutet normativer Höchstrang in Verbindung mit uneingeschränkter Rechtsverbindlichkeit. Dieser Vorrang ist Voraussetzung für die Erfüllung ihrer Funktion. Die Verfassung gibt schließlich Zielvorstellungen des Staates vor und etabliert auf diesem Weg ein Kultur- und Wertesystem.
Der Begriff Verfassung ist nicht auf bestimmte Inhalte festgelegt, doch hat eine Verfassung in der Regel typische Bestandteile:
Die Verfassung legt das Legitimationsprinzip politischer Herrschaft und die grundlegenden Legitimi-
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tätsbedingungen ihrer Ausübung fest. Sie verankert die Staatsstruktur und die Staatszielbestimmungen. Sodann enthalten Verfassungen Bestimmungen über die Einrichtung und Ausübung der Staatsgewalt, also Organisations- und Verfahrensregeln, die eine prinzipienkonforme Handhabung der öffentlichen Gewalt garantieren und Missbräuche verhüten sollen. Regelmäßig werden in der Verfassung auch die Grenzen zwischen staatlicher Zwangsgewalt auf der einen Seite und individueller Freiheit auf der anderen Seite gezogen. Dies erfolgt in der Regel durch die Aufstellung eines Grundrechtekatalogs, der nicht nur Programmsätze enthält, sondern subjektive öffentliche Rechte, die als Abwehrrechte dem Staat entgegengehalten werden können. Grundrechte gehören allerdings nur zum üblichen, nicht aber zum unerlässlichen Bestandteil von Verfassungen wie etwa ein Hinweis auf die Deutsche Reichsverfassung vom 16. April 1871 belegt.
Die staatlichen Verfassungen regeln häufig die Voraussetzungen, unter denen die Mitgliedstaaten Hoheitsrechte auf internationale Organisationen übertragen dürfen. Sind Hoheitsrechte übertragen, untersteht ihre Ausübung durch deren Organe nicht mehr nationalem Recht.
Als kennzeichnend für eine Verfassung im formellen Sinne gilt schließlich die Niederlegung der Regeln in einer Verfassungsurkunde.[15] Die üblichen formellen Verfassungseigenschaften sind neben der schriftlichen Beurkundung der Vorrang vor einfachem Recht und die erschwerte Abänderbarkeit.
Damit eine Verfassung im Sinne des staatsrechtlichen Begriffs vorliegt, wird heute verlangt, dass sie auf einen Akt zurückgeht, den das Staatsvolk, der pouvoir constituant, setzt oder der dem Staatsvolk zumindest zugerechnet werden kann.[16] öuelle der Staatsverfassung ist also das souveräne Volk, Geltungsgrund der souveräne Wille des Volkes[17], das sich eine rechtliche Ordnung gibt und somit politische Herrschaft einsetzt. Die eingesetzten Organe, die pouvoirs constitués, leiten dann ihre Befugnisse vom pouvoir constituant ab.[18] Von den älteren rechtlichen Bindungen politischer Herrschaft unterscheidet sich die Staatsverfassung heute dadurch, dass sie nicht herrschaftsmodifizierend, sondern herrschaftsbegründend wirkt.[19]
Die Schaffung einer Verfassung durch einen Volksakt entscheidet aber nicht darüber, ob eine Verfassung vorliegt, sondern nur darüber, ob sie legitim ist.[20] Eine illegitime Verfassung genießt allerdings nicht den Respekt, den sie braucht, um eine dauerhaft akzeptierte Grundordnung darzustellen.
Die Europäische Union (EU) ist kein Staat, aber auch keine internationale Organisation, nur ein Vertrag, der zur Kooperation verpflichtet. Die Europäische Gemeinschaft (EG) ist auch kein Staat, aber eine internationale Organisation, die von den Mitgliedstaaten mit Hoheitsrechten ausgestattet wurde, die sie nun an deren Stelle ausüben kann, und zwar mit unmittelbarer Wirkung auf die Bewohner der Mitgliedstaaten. Die Europäische Gemeinschaft verfügt also immerhin über Herrschaftsbefugnisse, wie sie traditionell nur Staaten besitzen.
Die Herrschaftsbefugnisse, die die Europäische Gemeinschaft in den Mitgliedstaaten ausübt, wurden durch die Verträge, die abzuschließen in der Kompetenz der Mitgliedstaaten lag, auf die Gemeinschaft übertragen. Diese Verträge sind das primäre Gemeinschaftsrecht, das Vorrang vor den von der Gemeinschaft erlassenen Rechtsakten, also dem sekundären Gemeinschaftsrecht, genießt. Das sekundäre Gemeinschaftsrecht hat sich an die Vorgaben des primären Gemeinschaftsrecht zu halten.
Das primäre Gemeinschaftsrecht erhebt umfassenden Geltungsanspruch. Es regelt die Ausübung der öffentlichen Gewalt. Es stellt fest, welche Organe für die Gemeinschaft verbindlich handeln dürfen und welche Voraussetzungen die Organe zu respektieren haben.[21] Allerdings reichen die Kompetenzen der Europäischen Gemeinschaft weniger weit als die Kompetenzen der Organe von Staaten. Während in der Regel die staatlichen Organe in ihrer Gesamtheit allzuständig sind, gilt im Europäischen Gemeinschaftsrecht der Grundsatz der begrenzten Einzelermächtigung.
Die Gemeinschaftsorgane haben nicht die Kompetenz, das Recht, dem sie unterworfen sind, selbst zu ändern. Primäres Gemeinschaftsrecht kann allein von den Mitgliedstaaten im Vertragsweg verändert werden.
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Wie eine nationale Verfassung stellen die Verträge für die Union und die Gemeinschaften eine Art Grundordnung dar, enthalten sie doch teilweise Regelungen, die ähnlich auch in innerstaatlichen Verfassungen zu finden sind. Die Gemeinschaftsverträge formulieren Aufgaben und Ziele der Gemeinschaften. Sie regeln, welche Gemeinschaftsorgane welche hoheitlichen Befugnisse haben, und verpflichten die Europäische Gemeinschaft zur Achtung der Grundrechte.[22]
Wie eine nationale Verfassung beansprucht das primäre Gemeinschaftsrecht Vorrang vor den von der Gemeinschaft erlassenen Rechtsakten, also dem sekundären Gemeinschaftsrecht. Die Gemeinschaften sind für unbegrenzte Zeit gegründet[23] und die Verträge können nur in einem besonderen Verfahren verändert werden. Insbesondere ist es den Gemeinschaftsorganen nicht erlaubt, primäres Gemeinschaftsrecht zu ändern. Dies kann nur durch die Mitgliedstaaten, also auf dem Vertragsweg, geschehen. Dem Primärrecht kommt also eine erhöhte Form einer Bestandskraft zu.
Institutionell folgt die Europäische Union allerdings nicht dem staatlichem Vorbild. Vielmehr hat sie ein eigenes, durch Supranationalität geprägtes System errichtet. Das normsetzende und maßgebliche Organ ist der Rat, der sich aus den Regierungsvertretern der Mitgliedstaaten zusammensetzt. Er erlässt die wichtigsten Gemeinschaftsentscheidungen, so dass das Schicksal der Gemeinschaft letztlich nicht in den Händen derjenigen ist, die allein dem Gemeinschaftsinteresse verpflichtet sind, sondern in den Händen der Vertreter der Mitgliedstaaten. Das Parlament hingegen hat, obwohl es von den Unionsbürgern direkt gewählt wird, bis heute noch nicht die Funktion einer echten Legislative erreicht. Es ist keine europäische Volksvertretung, weil es bislang kein europäisches Volk gibt.
Im Unterschied zu den Nationalstaaten, die auf der Grundlage ihrer Verfassungen potenziell allzuständig sind, reicht die Hoheitsgewalt der Gemeinschaft nur so weit, wie sie die Mitgliedstaaten an die Gemeinschaft übertragen haben. Der Vertrag umfasst damit keineswegs alle denkbaren Kompetenzen, sondern ist auf Ergänzung angelegt. Die Mitgliedstaaten bleiben also Herren der Verträge. Es gilt das Prinzip der begrenzten Einzelermächtigung. Mangels Kompetenz-Kompetenz oder mangels Allzuständigkeit wird daher die Europäische Union als nicht verfassungswürdig üualifiziert.[24]
Auch wird vorgebracht, dass nur ein souveränes Gemeinwesen eine Verfassung im vollen Sinne haben könne[25] und das Gewaltmonopol als Kennzeichen eines Gemeinwesens mit Verfassung[26] der Europäischen Union nicht zustehe.
Ferner enthalten die Verträge zu viele technische Vorschriften und Detailregelungen, die nicht in eine Verfassung gehören.
Es fehlen weiterhin den europäischen Verträgen identitätsstiftende Elemente. Die Ratspräsidentschaft ist nicht personalisiert, die Wahlen zum Parlament sind nicht vereinheitlicht, Kommission und Gerichtshof haben sich nicht als Sympathieträger erwiesen und die Unionsbürgerschaft und die GrundrechteCharta vom 7. Dezember 2000[27] sind zu wenig in das Bewusstsein der Unionsbürger getreten.[28]
Die europäischen Gemeinschaftsverträge kennen schließlich kein Verfassungsdokument. Die Verträge sind zwar vom sogenannten sekundären Gemeinschaftsrecht deutlich unterschieden, die Gründungsverträge sind aber nicht in einer gemeinsamen als solche bezeichneten und verabschiedeten europäischen Verfassungsurkunde enthalten. Zudem gibt es Normen von höchstem Rang unter den ungeschriebenen allgemeinen Rechtsgrundsätzen.
Den Verträgen fehlt ein Grundrechtekatalog, der die Beziehungen zwischen der Gemeinschaft und den ihr unterworfenen natürlichen und juristischen Personen regelt und diesen Personen Freiheit und Gleichheit sichert, allerdings gehört ein Grundrechtekatalog gerade nicht zum zwingenden Bestand einer Verfassung.
Die Ablehnung eines reduzierten funktionell-rechtlichen Verfassungsbegriffs wird insbesondere damit begründet, dass der Begriff der Verfassung auf einer Rückführung auf den Willen des Volkes fuße und er in der Gemeinschaft daher nicht durch den Willen der Mitgliedstaaten ersetzt werden könne.[29] Die Europäische öffentliche Gewalt sei insofern keine vom Volke abgeleitete, sondern eine von den Staaten vermittelte. Die Verträge könnten nicht auf den Willen eines Unionsvolkes oder eines europäischen Volkes, sondern nur auf den Willen der Mitgliedstaaten zurückgeführt werden, die in völkerrechtlichen Verträgen den Organen der Europäischen Gemeinschaften Kompetenzen übertragen haben. Es gebe also keinen Akt, durch den sich ein europäisches Volk eine Verfassung gegeben hätte oder der dem Volk zumindest zugerechnet werden könnte. Während sich also Nationen selbst eine Verfassung geben, werde der Europäischen
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Union und der Europäischen Gemeinschaft eine Rechtsordnung von Dritten gegeben. Der Volksakt entscheidet aber - wie oben vertreten - nicht darüber, ob eine Verfassung vorliegt, sondern nur darüber, ob sie legitim ist.[30] Die fehlende Beteiligung des Volkes ist also bei dieser weiten Auslegung des Begriffs Verfassung nicht relevant.
Da die Gemeinschaftsverträge also grundlegende, wenn auch nicht alle Forderungen des modernen Konstitutionalismus erfüllen, verwundert es nicht, dass bereits jetzt von einer europäischen Verfassung im materiellen Sinn gesprochen wird.[31] Der Verfassungsbegriff beschränke sich nicht auf staatlich verfasste Gemeinwesen[32]. Es wird vorgetragen, dass nicht übersehen werden dürfe, dass die Begriffe "Verfassung" und "Vertrag" inhaltsneutral seien[33]. Insoweit werde das Schicksal der Europäischen Union nicht im Kampf um Begrifflichkeiten, sondern im Kampf um die richtige Ausformung der Institutionen entschieden. Nach dieser Ansicht schadeten grundlegende Unterschiede zwischen der Gemeinschaftsverfassung und nationalen Verfassungen nicht, da diese im Begriff nicht übereinzustimmen brauchten. Der Begriff Verfassung helfe aber, "wesentliche Elemente der Rechtsordnung der Gemeinschaft" zu verdeutlichen.[34] Dies sei insbesondere anhand einer funktionell-rechtlichen Betrachtung einiger übereinstimmenden Aufgaben und Funktionen von staatlichen Verfassungen und europäischen Gemeinschaftsverträgen möglich. Europa verfüge demnach schon heute über eine Verfassung.[35] Da ein starres Festhalten an der Unterscheidung Vertrag und internationale Organisation auf der einen Seite und Verfassung und Staat auf der anderen Seite nicht zwingend ist, die Dichotomie "Vertrag versus Verfassung" mithin als überwunden gilt[36], gibt es auch aus diesen Gründen keine Einwendung[37], die Ansicht ist vertretbar.
Die Verträge zur Schaffung einer Europäischen Union und der Europäischen Gemeinschaft erfüllen allerdings - wie gezeigt - bei weitem nicht alle Anforderungen, die man gemeinhin an eine Verfassung stellt. Die Bezeichnung der jetzigen umfassenden Verträge als Verfassung kann meiner Ansicht nach eher als irreführend beurteilt werden, verbindet doch der Bürger mit dem Begriff Verfassung eine andere Vorstellung. Im Übrigen ginge die allenthalben aufgestellte Forderung nach einer europäischen Verfassung ins Leere, wenn sie längst bestünde. Es könnte also allenfalls über eine Verbesserung der europäischen Verfassung, nicht mehr jedoch über ihre Schaffung diskutiert werden.[38]
aa/ Allgemein
Bei der Forderung, eine Verfassung für Europa zu konstruieren, geht es zum einen darum, das Europäische Primärrecht in der Form einer Verfassungsurkunde zu präsentieren, zum anderen verbirgt sich dahinter die Forderung nach institutionellen Reformen der Union. Eine Verfassung für Europa wird zum Teil auch von denen gefordert, die bereits die Gründungsverträge als Verfassung bezeichnen. Politische Forderungen anlässlich der europäischen Verfassungsdebatte sind aber bislang diffus geblieben.
ab/ Demokratiedefizit
Da der Europäischen Gemeinschaft immer neue Entscheidungskompetenzen zuwachsen, besteht ein wachsender Bedarf an Änderung der Verträge, um das Demokratiedefizit abzubauen. Mit der Forderung nach einer Verfassung wird die Hoffnung verbunden, durch institutionelle Reformen einem Legitimationsdefizit entgegen zu wirken.
Wegen der vertraglichen Gestaltung der Mitgliedstaaten liegt es in der Natur der Sache, dass die maßgeblichen Entscheidungskompetenzen in der Europäischen Union beim Europäischen Rat und in der Europäischen Gemeinschaft beim Rat liegen und damit bei den Vertretern der nationalen Exekutiven und nicht beim Volk. Die Gemeinschaftsorgane mit zentralistischer Ausrichtung haben entweder keine demokratische Legitimation, wie die Kommission, oder wenig Einfluss, wie das Parlament, das nach wie vor kein Organ ist, welches das Volk repräsentiert, die Exekutive einsetzt und sie effektiv kontrolliert. Das Parlament als gewählte Vertretung soll mit solchen Kompetenzen ausgestattet werden, die Parlamenten in freiheitlich-demokratischen Grundordnungen gewöhnlich zustehen. Dazu gehören die Gesetzgebung, die Feststellung des Haushaltsplans, der Beitrag zur Regierungsbildung und die Kontrolle der Regierung. Eine solche Vorgehensweise und Kompetenzausweitung des Parlaments hätte auch Auswirkungen auf die anderen Organe mit der Folge, dass der Rat neben dem Parlament eine
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zweite Kammer darstellen würde, vergleichbar dem Bundesrat der Bundesrepublik Deutschland. Die Kommission würde damit immer mehr in die Rolle einer Regierung aufrücken.[39] Auf diese Weise würde die Organisation der Europäischen Gemeinschaft näher an das Muster eines Staates herangerückt werden, ohne jedoch ein Staat zu werden.
Eine Verfassung für Europa könnte demnach ein Defizit demokratischer Legitimation beseitigen. Mit der Verfassungsgebung und damit einhergehenden institutionellen Reformen könnte auch der Weg zu mehr Bürgernähe beschritten werden.
ac/ Klare Kompetenzabgrenzung
Auch könnte eine Verfassung der klaren und transparenten Abgrenzung der Kompetenzen der Europäischen Gemeinschaft von den Kompetenzen der Mitgliedstaaten dienen. Dadurch könnte der Gefahr begegnet werden, dass Verantwortlichkeiten verschoben werden, Erfolge und Misserfolge nicht demjenigen zugerechnet werden, der dafür verantwortlich ist, und sich die Europäische Gemeinschaft zu weit gehend unter Missachtung des Subsidiaritätsprinzips Kompetenzen anmaßt.
ad/ Grundrechte
Im europäischen Primärrecht findet sich bislang noch immer kein Grundrechtekatalog. Dies erstaunt nicht, bedenkt man, dass diese Verträge ursprünglich der Gründung einer Wirtschaftsgemeinschaft dienten. Inhalte der Grundrechte ergeben sich nur aus der Rechtsprechung des EuGH. Sie gelten als allgemeine Rechtsgrundsätze[40]. Bei der Gewinnung der Grundrechte im Sinne allgemeiner Rechtsgrundsätze wird rechtsvergleichend auf die Grundrechtsgewährleistungen der Mitgliedstaaten sowie auf die Europäische Menschenrechtskonvention abgestellt. Im Ergebnis erhalten diese Rechte damit mittelbar auch den Rang von Primärrecht.[41] Ein dem Grundrechtskatalog nationaler Verfassungen vergleichbarer Bestandteil einer europäischen Verfassung könnte daher den Schutz durch Grundrechte verbessern und auch transparenter machen.
ae/ Mehr Transparenz
Eine Verfassungsurkunde könnte die Transparenz der gemeinschaftlichen Rechtsgrundlagen erhöhen, indem diese vereinheitlicht zusammengefasst und zugleich die Organisationsstrukturen vereinfacht würden. Schon der Prozess der Verfassunggebung könnte zu einer Diskussion über Demokratie und damit mehr Transparenz in den europäischen Institutionen führen.
Das jetzige Vertragswerk enthält zu viele detaillierte Regelungen, die typischerweise nicht in einer Verfassung enthalten sein sollten. Die Symbolwirkung einer Verfassung ist aber umso größer, je stärker sie sich auf das Wesentliche beschränkt und damit für die Bürger verständlich bleibt. Es wird auch der identitätsstiftende Charakter der Verfassung bemüht, wenn es heißt, die Verfassung müsse leicht zugänglich und verständlich sein. Zu den erforderlichen Reformen gehören auch die Festigung und Erweiterung des Wertekonsenses auf der Basis einer europäischen Grundrechte-Charta.
Der Forderung nach institutionellen Reformen ist also die Berechtigung nicht abzusprechen. Institutionelle Reformen sind nötig, weil Organisationsstrukturen und Entscheidungsverfahren nach der abermaligen Erweiterung der Europäischen Union an die Grenzen ihrer Leistungsfähigkeit zu stoßen drohen. Der Prozess der Entwicklung einer neuen Ordnung und insbesondere die dabei erforderliche öffentliche Diskussion über diese könnte der Öffentlichkeit nahe bringen, dass Europa eine Angelegenheit aller Bürger ist.[42]
Die Verwendung des Begriffs Verfassung für so veränderte Verträge ist zwar nicht wünschenswert, aber nicht ausgeschlossen. Die Kompetenzhoheit und die Allzuständigkeit des Staates sind heute durch internationale Zusammenschlüsse weitgehend relativiert, so dass diese Begriffe nicht mehr als obligatorische Merkmale eines verfassten Gemeinwesens gelten. Auch das Gewaltmonopol ist keine Voraussetzung einer Verfassung. Die Fähigkeit zur Anwendung von physischem Zwang ist eine, nicht aber die definitorische Eigenschaft eines Staates[43], zumal Befehl und Zwang nicht mehr die bevorzugten Mittel staatlicher Steuerung sind. Schließlich ist bei Verwendung des weiten Begriffs Verfassung nicht erforderlich, dass diese ihren Ursprung im Willen des Volkes findet.[44] Unter Verfassung ist also nicht zwingend die volkserzeugte Verfassung zu verstehen, zumal dann nicht, wenn man wie hier davon ausgeht, dass das Plebiszit eine Frage der Legitimität, nicht aber des Vorliegens einer Verfassung ist. Sollte es zu einer "Europäischen Verfassung", die keinen Staat schafft, kommen, stellt sich die Frage, ob die Bevölkerung einer solchen durch Plebiszit zustimmen und sie dadurch legitimieren muss[45], also gar nicht. Die Notwendigkeit einer Volksabstimmung kann unter Hinweis auf die Struktur der Europäischen Union als Staatenverbund, wie das Bundesverfassungsgericht in seiner Maastricht-Entscheidung[46] ausführte, verneint werden. Die Mitgliedstaaten der Europäischen Union behalten ihre eigene staatliche Souveränität und verfügen weiterhin über ihre
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eigenen Verfassungen, die durch eine europäische Verfassung nicht abgelöst werden und außer Kraft treten. Die Europäische Union besitzt weiterhin keine Kompetenz-Kompetenz, sondern muss nach wie vor ihre Zuständigkeit aus dem Prinzip der begrenzten Einzelermächtigung ableiten.
Institutionelle Reformen lassen sich jedoch auch durch eine Änderung der Verträge verwirklichen. Das dem Staatenverbund[47] gemäße rechtliche Fundament ist nämlich der völkerrechtliche Vertrag. Er besitzt alle Eigenschaften, die die rechtliche Bindung der Gemeinschaftsgewalt erlaubt, lässt aber die Grundentscheidungen über die Gemeinschaft bei den Mitgliedstaaten, bei denen sie demokratisch kontrolliert und verantwortet werden können. Soweit es bei der Forderung nach einer europäischen Verfassung lediglich um die Verfassungsförmlichkeit der bestehenden Rechtsgrundlagen der Europäischen Union geht, damit ihre Ziele und Strukturen für die Unionsbürger durchsichtiger werden, lässt sich dies durch eine Trennung derjenigen Vertragsbestandteile, die im Nationalstaat typischerweise in der Verfassung stehen, von den zahlreichen Detailregelungen erreichen[48], die daneben Eingang in die Verträge gefunden haben. Der so entstehende Kernvertrag würde dadurch im äußeren Erscheinungsbild einer Verfassung ähneln[49], doch wird damit keine innere Veränderung seines Vertragscharakters verbunden, und ebenso wenig würden die übrigen Vertragsbestandteile ihre Zugehörigkeit zum primären Gemeinschaftsrecht verlieren. Bedenken an der Verwendung des Begriffs Verfassung bestehen ferner, weil der Begriff zu Unrecht eine Staatlichkeit der Europäischen Union suggerieren könnte.[50]
Soweit die Forderung nach einer Verfassung darauf abzielt, den Verträgen diejenigen Elemente zuzufügen, welche sie bislang noch von einer Verfassung im vollen Sinn des Begriffs trennt, würde dies auf eine Verstaatlichung der Europäischen Union hinauslaufen. Denkbar wäre ein Bundesstaat nach dem Vorbild der Bundesrepublik Deutschland oder der Vereinigten Staaten von Amerika.
Eine bundesstaatliche Verfassung könnte die Volkswahl eines Präsidenten vorsehen und müsste nach demokratischem Verständnis das Europäische Parlament als Vertretung des europäischen Volkes in die Rolle des Hauptrechtsetzungsorgans befördern. Die Souveränität der Mitgliedstaaten und ihrer Völker würde dann unwiderruflich an die Unionsgewalt übergehen.
Die Union hätte die Kompetenz-Kompetenz.[51] Das Prinzip der begrenzten Einzelermächtigung wäre durchbrochen. Der Vorrang des Gemeinschaftsrechts vor dem nationalen Recht würde nicht mehr Folge des im Vertrag erteilten Anwendungsbefehls der Mitgliedstaaten, sondern des Vorrangs der Gemeinschaftsverfassung sein. Die Gemeinschaft hätte es dann grundsätzlich in der Hand, in der Verfassung über ihre Mittelausstattung einschließlich der Besteuerung selbst zu bestimmen, statt von den Mittelzuweisungen der Mitgliedstaaten zu leben. Dem Staatenverbund sind derartige Eigenschaften fremd, sie kennzeichnen den Staat.
Bei einem Staat im heutigen Sinne, der freiheitlich demokratisch verfasst sein soll, bedarf es ferner einer Legitimation durch das Volk und nicht durch die Mitgliedstaaten. Nur das Unionsvolk kann Verfassunggeber der Union sein. Mit der Verfassungsgebung würden die europäischen Völker die Union erneut legitimieren, also die Legitimationsgrundlage der Europäischen Union auswechseln. Die Hoheitsgewalt würde dann nicht mehr durch Verträge zwischen den Mitgliedstaaten begründet, sondern durch das "europäische Volk" als Verfassunggeber, das damit auch die Grundentscheidungen über die Entwicklung der Union treffen würde. Die Mitgliedstaaten wären nicht mehr Herren der Verträge. Es erfolgte eine Fusion, die zu einem Untergang der souveränen europäischen Staaten führte. Sie existierten unter Umständen nur als partielle Völkerrechtssubjekte fort.
Die Zeit für einen europäischen Bundesstaat ist aber noch lange nicht reif. Die Voraussetzungen für eine Demokratie werden nicht von einer Bevölkerung, sondern von der Gesellschaft entwickelt, die sich als politische Einheit konstituieren will. Dazu bedarf es einer kollektiven Identität. Die Identität muss keineswegs in ethnischer Abstammung wurzeln, sondern kann auch andere Grundlagen haben. Nötig ist nur, dass die Gesellschaft ein Bewusstsein der Zusammengehörigkeit ausgebildet hat, welche Mehrheitsentscheidungen und Solidarleistungen zu tragen vermag. Die schwach ausgebildete kollektive Identität der Bevölkerung und deren geringe übernationale Diskursfähigkeit und nicht die fehlende ethnische Verbundenheit der Unionsbürger ist also der Grund, warum eine staatliche Demokratie zur Zeit nicht realisierbar ist. Die Errungenschaft des
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demokratischen Verfassungsstaats lässt sich demnach auf absehbare Zeit nur im nationalen Rahmen verwirklichen.
Die Erweiterung der Kompetenzen des Europäischen Parlaments würde noch nicht die Voraussetzungen für die Schaffung einer demokratischen Staatlichkeit erfüllen. Zwar ist Demokratie ohne ein frei gewähltes Parlament schwer vorstellbar. Der parlamentarische Betrieb allein gewährleistet jedoch noch keine demokratischen Strukturen, wie die Parlamente in China und der ehemaligen Sowjetunion zeigen. Der Einzelne ist vielmehr zur Geltendmachung seiner Meinungen und Interessen auf zusätzliche Organisationen angewiesen. Der parlamentarische Prozess baut nämlich auf einem gesellschaftlichen Prozess der Interessenvermittlung und Konfliktsteuerung auf, der die parlamentarische Entscheidungstätigkeit teils entlastet, teils vorstruk-turiert.[52]
Demokratie ist also mehr als die Wahl von Vertretern für das Parlament. Dazu gehört auch die Debatte, die dem eigentlichen Wahlvorgang vorausgeht und die Politik des Parlaments begleitet. Nur sie kann erreichen, dass sich letztlich die Minderheit dem Willen der Mehrheit beugt. Demokratie setzt einen ständigen Austausch von Argumenten, Ideen und Erfahrungen voraus, eine unablässige Konfrontation mit den Partikularinteressen der gesellschaftlichen Gruppen und den Wettbewerb der politischen Parteien. Demokratie funktioniert nicht ohne diese Diskussion, in der jeder, sei es als einzelner oder als Gruppe, seine Überzeugungen, Bestrebungen und Interessen zum Ausdruck bringt.[53] Ein großes Problem ist die Vielfalt der in Europa gesprochenen Sprachen. Eine europäische politische Öffentlichkeit gibt es daher noch nicht. Einen europäischen Präsidenten könnte, selbst wenn er Englisch spräche, jedenfalls die Mehrheit der Bürger nicht verstehen. Nur die sprachgewandten Eliten verstünden alles auf Anhieb, die sonstigen Bürger wären von Übersetzungen abhängig.
Es gibt kein europäisiertes Parteiensystem, sondern nur europäische Fraktionen im Europäischen Parlament und eine lockere Kooperation programmatisch verwandter Parteien, die nicht einmal anlässlich der Europawahl geschlossen auftreten. Allerdings kann damit gerechnet werden, dass eine fortschreitende Parlamentarisierung der Europäischen Union auch auf die Europäisierung des Parteiensystems einen positiven Einfluss ausüben würde. Das würde aber wohl zunächst nur zu einer Europäisierung auf der Ebene der Funktionäre führen, während die Mitgliederebene wegen ihrer geringeren Kommunikationskompetenz weiterhin allein national ausgerichtet bliebe. Der Abstand bei Parteien, die eher Unterschichteninteressen vertreten, würde größer sein, als der Abstand der Parteien, die tendenziell Oberschichteninteressen repräsentieren. Die Rückkopplung der europäischen Mandatsträger ist zudem nur schwach ausgebildet. Die nationalen Politiker orientieren sich am jeweiligen nationalen Publikum, weil nur von diesem wirksame Sanktionen zu befürchten sind.
Europäische Verbände und europäische Bürgerbewegungen sind bislang ebenfalls nicht entstanden, wenngleich die Kooperation der internationalen Verbände Fortschritte macht. Auch hier ist aber eher eine Kooperation auf der Ebene der Funktionäre zu erwarten als auf der Ebene der einfachen Mitglieder.
Es gibt schließlich Defizite im Kommunikationssystem, das sich vielfach weniger am Ziel der Meinungsbildung als an ökonomischen Interessen ausrichtet. Intermediäre Strukturen haben sich bisher noch nicht gebildet. Europäische Medien sucht man im Print- wie im Funkbereich nahezu vergeblich. Europäisierung im Kommunikationssektor hieße, dass es Zeitungen, Zeitschriften, Hörfunk und Fernsehprogramme gäbe, die auf einem europäischen Markt angeboten und nachgefragt werden und so einen nationenübergreifenden Kommunikationszusammenhang herstellten. Ein solcher Markt setzt aber wiederum voraus, dass das Publikum über Sprachkompetenzen verfügt, die ihm erlauben, europäische Medien zu nutzen. In der fehlenden gemeinsamen Sprache ist ein Hemmnis für eine Europäisierung der politischen Substruktur, von der das Funktionieren eines demokratischen Systems und das Leistungsvermögen eines Parlaments abhängt, zu sehen.[54] Sollten wir unsere Kultursprache aber nach und nach zu Gunsten etwa der englischen Sprache aufgeben, so würden auf längere Sicht nicht nur Kultursprachen verschwinden, sondern jede nationale europäische Kultur, die immer auch eine Sprachkultur ist. Hinweise auf Mehrsprachenstaaten wie Schweiz, Belgien und Finnland würden das nicht widerlegen. In den genannten europäischen Ländern leben zwischen fünf und zehn Millionen Einwohner mit zwei oder drei Sprachen, in der Europäischen Union von heute 270 Millionen Einwohner mit elf Sprachen. Darin liegt nicht nur ein üuantitativer Unterschied. Das durch die Sprachenvielfalt bedingte Fehlen eines europäischen Kommunikationssystems hat zur Folge, dass es auf längere Sicht weder eine europäische Öffentlichkeit noch einen europäischen politischen Diskurs geben wird. Der öffentliche Diskurs findet nach wie vor innerhalb der nationalen Grenzen statt. Europäische Entscheidungsprozesse stehen deswegen nicht in derselben Weise unter der Beobachtung der Öffentlichkeit wie nationale.
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Viele Europäer sind auch weiterhin sehr stark mit den identitätsstiftenden Nationalstaaten verbunden. Wenn man aber die Direktwahl eines Präsidenten der Föderation, der die Außen- und Sicherheitspolitik unter der Kontrolle des Parlaments der Föderation umzusetzen hätte, in Erwägung zieht, dann stellt sich die Frage, welche Zuständigkeiten dem Nationalstaat in diesem Bereich noch verbleiben könnten. Welche Rolle würden die Staats- und Regierungschefs der Länder, die sich dieser Föderation anschließen, noch spielen? Wie lange gäbe es dann noch einen Präsidenten Frankreichs, einen Premierminister Großbritanniens, einen Ministerpräsidenten Ungarns oder einen Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland? Welche Rolle sollen die Staatsoberhäupter, Könige und Staatspräsidenten, noch spielen? Die Völker Europas sind für eine so weitgehende Einheitsschaffung noch nicht vorbereitet und nicht bereit.
Es stellt sich nun die Frage, ob unser Denken durch eine Staatstheorie gehemmt ist, die auf den souveränen Nationalstaat hin entwickelt wurde, so dass wir uns außer dem zentralistischen und dem föderativen Staat keine andere Art von Gemeinwesen vorstellen können. Der moderne Staat hat sich nach einer gewissen Folgerichtigkeit zum offenen Staat entwickelt, die Europäische Union hat diese Entwicklung gefördert. Jetzt gilt es, diesen offenen Staat in die Richtung zu lenken, dass individuelle Freiheit und Demokratie nicht nur gewährleistet bleiben, sondern auch ausgebaut werden. Es wäre an der Zeit, die Vorteile einer Mehrebenen-Demokratie[55], die in Deutschland von den Gemeinden über die Länder bis hin zur Europäischen Union reicht, deutlicher hervorzuheben.[56] Das System offener Staaten verhindert wirkungsvoll eine territoriale Abschließung und - wegen gegenseitiger Abhängigkeit - politische Aggressionen nach außen und nach innen. Probleme bei der Bekämpfung von Kriminalität und bei der Erhaltung sozialer Standards sind trotz fehlender Grenzkontrollen ohne weiteres zu lösen, wenn nur der politische Wille dafür da ist.
Die Union könnte eine neue, dauerhafte Form der verschränkten öffentlichen Gewalt sein, kooperativ weit mehr verdichtet als ein lockerer Staatenbund, aber ohne staatliche Souveränität und zur substantiellen Kooperation mit den Mitgliedstaaten auf Dauer genötigt. Allerdings verlangt vielschichtige Kooperation eine klare Abgrenzung der Kompetenzbereiche, damit die politischen Verantwortungsträger wieder besser sichtbar werden und eine Kompetenzanmaßung ausgeschlossen ist. Die Mitgliedstaaten bleiben die Herren der Verträge. Die Gewichtungen können aber mehr zum Europäischen Parlament hin verschoben werden. So entsteht eine europäische Architektur, eine politische Macht jenseits einfacher Beherrschungsmöglichkeiten seitens der Mitgliedstaaten, aber auch jenseits eigener souveräner Willensbildung.[57]
Verfassungen bilden die Rechtsgrundlage von Staaten, internationale Organisationen hingegen finden ihre Rechtsgrundlage in völkerrechtlichen Verträgen. Diese Ansicht, die Generationen von Jurastudenten in ihren Vorlesungen gehört haben, scheint heute nicht mehr zu gelten.
Der Vertrag von Maastricht und der Vertrag von Amsterdam hat die Europäischen Gemeinschaft nicht in ein Gebilde verwandelt, das Staatsuualität beanspruchen könnte und damit nicht die Mitgliedstaaten zu Bundesländern herabgestuft. Vielmehr bleibt die Europäischen Gemeinschaft ungeachtet gewisser Integrationsfortschritte eine supranationale Einrichtung und damit eine internationale Organisation.
Die Europäische Union hingegen ist weder ein Staat noch eine internationale Organisation, sondern lediglich die vertragliche Verpflichtung zur Kooperation, insbesondere in den Bereichen der Außen- und Sicherheitspolitik sowie in den Bereichen der Justiz und des Inneren. Es handelt sich hierbei um eine bloße intergouvernementale Zusammenarbeit, um eine Einrichtung sui generis, die zwar mit dem Europäischen Rat ein Organ hat, aber aufgrund des Wunsches der Staaten keine Völkerrechtssubjektivität besitzt.
Obwohl also die Europäische Union von niemanden für einen Staat gehalten wird, wird für sie eine Verfassung gefordert. Dahinter kann sich die Forderung nach institutionellen Reformen verbergen, eine Forderung, die in Anbetracht des Demokratiedefizits, der unklaren Kompetenzverteilung zwischen Europäischer Gemeinschaft und Mitgliedstaaten und des fehlenden Grundrechtekatalogs durchaus gerechtfertigt ist. Hinter der Forderung nach einer Verfassung kann sich aber auch der Wunsch nach Verstaatlichung der Europäischen Union verbergen.
Soweit es bei der Forderung nach einer europäischen Verfassung lediglich darum geht, die Ziele und Strukturen der Europäischen Union für die Unionsbürger durchsichtiger zu machen, lässt sich dies auch durch eine Trennung derjenigen Vertragsbestandteile, die im Nationalstaat typischerweise in der Verfassung stehen, von den zahlreichen Detailregelungen erreichen, die daneben Eingang in die Verträge gefunden haben. Der so entstehende
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Kernvertrag würde dadurch im äußeren Erscheinungsbild einer Verfassung ähneln, doch wird damit keine innere Veränderung seines Vertragscharakters verbunden, und ebenso wenig würden die übrigen Vertragsbestandteile ihre Zugehörigkeit zum primären Gemeinschaftsrecht verlieren. Die Verwendung des Begriffs Verfassung für eine derartige vertragliche Rechtsgrundlage wäre irreführend, jedenfalls aber ungewöhnlich. Institutionelle Reformen können auch ohne diesen Akt der Verfassunggebung vorgenommen werden. Auch eine Stärkung des Parlaments ist ohne weiteres möglich. Schließlich lässt sich auch die Verbesserung des subjektiven Rechtsschutzes ohne eine Verfassung erreichen. Die Forderung nach Etablierung einer gemeinsamen Wertordnung als Identifikationsgegenstand zur Integrationsförderung kann ebenso wie mehr Transparenz ohne Abkehr von Vertragscharakter erreicht werden. Auf europäischer Ebene bedürfen diese Punkte nicht notwendig einer Verfassung, diese könnte Europa mehr schaden als nützen. Die Europäische Union sollte sich statt dessen ihrem supranationalen Charakter entsprechend weiter entwickeln.
Wenn Europa aber wirklich ein Bundesstaat werden wollte, dann bedürfte es dazu einer Verfassung, die vergleichbar der Verfassung der Bundesrepublik Deutschland oder der Verfassung der Vereinigten Staaten von Amerika ist. Damit aber eine europäische Föderation entstehen kann, brauchen wir zunächst eine gemeinsame Identität und einen gemeinsamen Raum für Diskussionen. Die Schwierigkeit bei der Schaffung einer gemeinsamen Identität liegt aber darin, dass nationale Identitäten existieren, die in der Geschichte verwurzelt sind, während die europäische Identität eine Abstraktion bleibt, da sie nicht einem vitalen Bedürfnis der Völker entspricht. Die Erfindung einer europäischen Identität ist die dringendste Aufgabe beim Aufbau Europas.
Die Umwandlung der Europäischen Union in einen europäischen Bundesstaat ist daher derzeit kein erstrebenswertes Ziel, schon gar nicht unter den heutigen Umständen. Die Existenzberechtigung politischer Einheiten lässt sich nicht ohne Rücksicht auf die Aufgaben beurteilen, deren Lösung von ihnen erwartet wird. Zwar können viele Probleme, die der politischen Bearbeitung bedürfen, im engen staatlichen Rahmen nicht mehr effektiv gelöst werden, so dass sich der supranationale Zusammenschluss und die internationale Kooperation aufdrängen.[58] Wenn dieser supranationale Zusammenschluss gleichwohl nicht zu einem europäischen Staat vorangetrieben werden soll, so deswegen, weil ein solcher den demokratischen Anforderungen nicht genügen würde und seine Problemlösungskapazität weit unter der der nationalen Staaten läge. Es genügt nicht, der europäischen Staatengemeinschaft eine Verfassung überzustülpen, die auf dem Papier allen Anforderungen an eine rechtstaatliche demokratische Grundordnung genügt, wenn die Voraussetzungen für das Funktionieren eines solchen Systems noch nicht gegeben sind und vielleicht niemals gegeben sein werden. Wir können Amerika und Europa nicht vergleichen. Während es sich in Europa um tausend Jahre alte Staaten mit bedeutenden Kulturen handelt, entwickelte sich in Nordamerika ein Schmelztiegel, der einfacher unter das Dach einer Verfassung gebracht werden konnte.
Die Union könnte ein Gemeinwesen mit verschränkter öffentlicher Gewalt werden, kooperativ weit mehr verdichtet als ein Staatenbund, aber ohne staatliche Souveränität und zur substantiellen Kooperation mit den Mitgliedstaaten auf Dauer genötigt. ■
NOTEN
[1] Im Mittelpunkt des von Konventspräsident Giscard d'Estaing erläuterten Entwurfs steht eine Dreiteilung in Zuständigkeiten, nämlich solcher, die die Europäische Union künftig ausschließlich, gemeinsam mit den Mitgliedstaaten und nur unterstützend ausüben darf. Der vom Europäischen Parlament vorgelegte Verfassungsentwurf fand dagegen in der Politik und in der Öffentlichkeit keinerlei Interesse. Es galten die völkerrechtlichen Verträge als ausreichende Legitimationsgrundlage für hoheitlichen Befugnisse der Gemeinschaft. Es herrschte die Ansicht vor, dass die Rechtsform einer Verfassung einem Staat vorbehalten bleiben müsse.
[2] Die vorgelegten Grundsätze zur Kompetenzgrundordnung sollen zu einem späteren Zeitpunkt im zweiten Teil des Verfassungsentwurfs mit konkreten Rechtsgrundlagen verknüpft werden. Die ausschließlichen EU-Zuständigkeiten sollen wie bisher im Kern die Sicherung der vier Grundfreiheiten für Bürger, Waren, Kapital und Dienstleistungen im schrankenlosen Binnenmarkt umfassen. Hinzu kommen insbesondere Zuständigkeiten wie die Zollunion und die Währungspolitik für Mitglieder des Euroraums. Zusätzliche ausschließliche
Befugnisse soll die EU bei der Handelspolitik erhalten, die künftig auch sämtliche Dienstleistungen umfassen soll. Zu den gemeinsam ausgeübten Zuständigkeiten zählen Umwelt- und Verbraucherschutz, öffentliche Gesundheit sowie Teile der Innen- und Rechtsverkehrssozial- und Landwirtschaftspolitik. Einen Zuwachs von Befugnissen für die EU sieht der Entwurf des Konventpräsidiums für die Energiepolitik vor. Keinerlei Gesetzgebungsbefugnis soll die EU bei den sogenannten unterstützenden Maßnahmen ausüben, zu denen Beschäftigungsindustrie, Bildungs- und Kulturpolitik sowie zusätzlich zur bisherigen Praxis auch Sport und Katastrophenschutz gehören sollen.
[3] BVerfGE 22, S. 293 ff. (296).
[4] Entwurf eines Vertrags zur Gründung der Europäischen Union vom 14.02.1984, Amtsblatt (ABl.) C 77/33. Vgl. dazu Capotorti, Francesco/Hilf, Meinhard/Jacobs, Francis G./Jacüue, Jean-Paul, Der Vertrag zur Gründung der Europäischen Union: Kommentar zu dem vom Europäischen Parlament am 14. Februar 1984 verabschiedeten Entwurf, 1986; Schwarze, Jürgen/Bieber, Roland (Hrsg.), Eine Verfassung für Europa, 1984; Pernice, Ingolf, Verfassungsentwurf für eine Europäische Union, in: Europarecht (EuR) 1984, S. 126 ff.; Rengeling, Hans-Werner/Jakobs Michael C., Europäische Verfassung, in: Deutsches Verwaltungsblatt (DVBl.) 1984, S. 773 ff.; Ipsen, Hans Peter, Utopisches im Parlaments-Entwurf einer Europäischen Union, in: Börner, Bodo (Herausgeber [Hrsg.]), Einigkeit und Recht und Freiheit, Festschrift für Karl Carstens, 1984, S. 155 ff.; ders., Zum Parlaments-Entwurf einer Europäischen Union, in: Der Staat, Bd. 24 (1985), S. 325 ff.; Weidenfeld, Werner/Wessels, Wolfgang (Hrsg.), Wege zur Europäischen Union: vom Vertrag zur Verfassung?, 1986.
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[5] EuGH, Rs. 294/83 (Les Verts), Sammlung (Slg.) 1986, S. 1339 ff. (1365, Rz. 23).
[6] Vgl. Gutachten 1/91, Entwurf eines Abkommens zwischen der Gemeinschaft einerseits und den Ländern der Europäischen Freihandelsassoziation andererseits über die Schaffung des Europäischen Wirtschaftsraums, Slg. 1991, I-6079 ff. (6102, Rz. 21).
[7] Vgl. dazu schon 1945 Jenks, Wilfred, Some Constitutional Problems of International Organizations, in: The British Year Book of International Law, Bd. 22 (1945), S. 11 ff.
[8] So haben in den authentischen Vertragssprachen Englisch und Französisch beispielsweise die Organisation der Vereinten Nationen für Erziehung, Wissenschaft und Kultur (UNESCO), die Weltgesundheitsorganisation (WHO), die Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) eine "Constitution". Im Jahre 1991 nannte die Kommission des Europarates die Europäische Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten ein "instrument constitutionnel de l'ordre public européen dans le domaine des droits de l'homme", Loizidou v. Türkei, Entscheidung vom 04.03.1991, in: Revue universelle des droits de l'homme, Bd. 3 (1991), S. 193 ff. (201, Rdnr. 22).
[9] Vgl. dazu Peters, Anne, Elemente einer Theorie der Verfassung Europas, 2001, S. 38 ff., 44 ff.
[10] Daneben gibt es auch noch eine faktische Bedeutung von Verfassung. Darunter versteht man den Zustand, die Beschaffenheit eines Gemeinwesens, der Seinszustand. Vgl. Peters (Anm. 9), S. 42 ff.
[11] So gibt es Bundesverfassungen und Landesverfassungen in Bundesstaaten, ferner kennen wir Gemeindeverfassungen. Daneben sprechen wir beispielsweise auch von Vereinsverfassung, Betriebsverfassung, Gerichtsverfassung.
[12] Vgl. auch Peters (Anm. 9), S. 76 ff.
[13] Mit dem Begriff "Verfassungspatriotismus" wird eine solche integrierende Kraft der Verfassung unterstellt. Der Begriff der Integration durch Verfassung geht auf Rudolf Smend zurück, vgl. Smend, Rudolf, Verfassung und Verfassungsrecht, in: Smend, Rudolf, Staatsrechtliche Abhandlungen, 3. Aufl. 1994, S. 119 ff. Diese Lehre war eine Antwort auf die Krisensituation in der "Weimarer Republik" nach 1919.
[14] So Grimm, Dieter, Braucht Europa eine Verfassung?, in: Juristenzeitung (JZ) 1995, S. 581 ff. (584).
[15] In Staaten, die wie das Vereinigte Königreich keine Verfassungsurkunde kennen, sind formelle Verfassungseigenschaften nicht anerkannt. Verfassungsrecht wird dann ausschließlich materiell definiert. Vgl. zur formellen und materiellen Verfassung Peters (Anm. 9), S. 51 ff.
[16] Vgl. Böckenförde, Ernst-Wolfgang, Die verfassunggebende Gewalt des Volkes - ein Grenzbegriff des Verfassungsrechts, 1986, S. 13; ders., Demokratie als Verfassungsprinzip, in: Isensee, Josef/Kirchhof, Paul (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts, Bd. 1 (1987), § 22, S. 887 ff. (890 f., Rdnr. 5-7); Steinberger, Helmut, Der Verfassungsstaat als Glied einer europäischen Gemeinschaft, in: Veröffentlichung der Vereinigung der Deutschen Staatsrechtslehrer (VVDStRL), Bd. 50 (1991), S. 9 ff.; Schneider, Hans-Peter, Die verfassunggebende Gewalt, in: Isensee, Josef/Kirchhof, Paul (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts, Bd. 7 (1992), § 158, S. 3 ff. (16 f., Rdnr. 26).
[17] Vgl. Isensee, Josef, Staat und Verfassung, in: Isensee, Josef/Kirchhof, Paul (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts, Bd. 1 (1987), § 13, S. 591 ff. (638, Rdnr. 122).
[18] So bestimmt das Volk in periodischer Wahl eine Volksvertretung, in der sich die unterschiedlichen gesellschaftlichen Positionen wiederfinden. Die Volksvertretung ist die legislative Gewalt, die die Gesetze erlässt, an die wiederum die staatliche Exekutive gebunden ist. Die vom Volk ausgehende Staatsgewalt wird in seinem Auftrag von besonderen Organen ausgeübt, die sich für die Ausübung wiederum vor dem Volk verantworten müssen.
[19] So Grimm, Dieter, Entstehungs- und Wirkungsbedingungen des modernen Konstitutionalismus, in: Simon, Dieter (Hrsg.), Akten des 26. Deutschen Rechtshistorikertages, 1987, S. 45 ff.; ders., Deutsche Verfassungsgeschichte 1776-1866, 3. Aufl. 1995, S. 12.
[20] Vgl. Peters (Anm. 9), S. 63 ff., 70, 220.
[21] Grimm (Anm. 14), JZ 1995, S. 581 ff. (586).
[22] Es gibt in der Gemeinschaft bisher aber keinen Grundrechtekatalog, wie er heute in Verfassungen üblich ist.
[23] Vgl. Art. 312 EGV.
[24] Koenig, Christian, Ist die Europäische Union verfassungsfähig?, in: Die Öffentliche Verwaltung (DÖV) 1998, S. 268 ff. (272 f.); Kaufmann, Marcel, Europäische Integration und Demokratieprinzip, 1997, S. 149; Díez-Picazo, Luis Maria, Reflexiones sobre la idéa de Constitución Europea, in: Revista de Instituciones Europeas, Bd. 20 (1993), S. 533 ff. (552).
[25] Koenig (Anm. 24), DÖV 1998, S. 268 ff. (269 f.).
[26] Vgl. etwa zum Gewaltmonopol des Staates: Weber, Max, Wirtschaft und Gesellschaft, 1922 (5. Aufl. 1976), S. 822; ferner: Merten, Detlef, Rechtsstaat und Gewaltmonopol, 1975, S. 33.
[27] Text: ABl. 2000 C 364/1 ff.
[28] Gerade die Grundrechte-Charta sollte als Symbol Bezugspunkt der Integration Europas sein, vgl. Schwarze, Jürgen, Auf dem Wege zu einer europäischen Verfassung, in: DVBl. 1999, S. 1677 ff. (1685 ff.); Hirsch, Günter, EG: Kein Staat, aber eine Verfassung?, in: Neue Juristische Wochenschrift (NJW) 2000, S. 46 ff. (47).
[29] Grimm (Anm. 14), JZ 1995, S. 581 ff. (586).
[30] Vgl. Peters (Anm. 9), S. 63 ff., 70, 220.
[31] Vgl. auch Peters (Anm. 9), S. 92.
[32] Nicolaysen, Gert, in: Nowak, Carsten, Welche Verfassung für Europa?, Bericht über das 1. interdisziplinäre "Schwarzkopf-Kolloüuium" zur Verfassungsdebatte in der Europäischen Union, in: DVBl. 2000, S. 326 ff. (328); Peters (Anm. 9), S. 40 ff.
[33] Oeter, Stefan, in: Nowak, Carsten, Welche Verfassung für Europa?, Bericht über das 1. interdisziplinäre "Schwarzkopf-Kolloüuium" zur Verfassungsdebatte in der Europäischen Union, in: DVBl. 2000, S. 326 ff. (330).
[34] Vgl. Iglesias, Gil Carlos Rodríguez, Zur "Verfassung" der Europäischen Gemeinschaft, in: Europäische Grundrechte Zeitschrift (EuGRZ) 1996, S. 125 ff. (131); vgl. auch Friese, Arne, Notwendigkeit einer Verfassung für Europa?, in: Zeitschrift für Sozialhilfe und Sozialgesetzbuch (ZFSH/SGB) 2000, S. 76 ff. (79).
[35] Vgl. Badura, Peter, Der Bundesstaat Deutschland im Prozess der europäischen Integration, 1993, S. 14, 24.
[36] Dazu vgl. Peters (Anm. 9), S. 220 ff., 234 ff.
[37] Vgl. Gutachten 1/91, Entwurf eines Abkommens zwischen der Gemeinschaft einerseits und den Ländern der Europäischen Freihandelsassoziation andererseits über die Schaffung des Europäischen Wirtschaftsraums, Slg. 1991, I-6079 ff. (6102, Rz. 21), wörtliches Zitat bei Fußnote 5.
[38] Grimm (Anm. 14), JZ 1995, S. 581 ff. (582).
[39] Vgl. zu solchen Vorschlägen auch Weidenfeld, Werner (Hrsg.), Wie Europa verfasst sein soll - Materialien zur politischen Union (1991), S. 11 ff.; ders., Europa '96. Reformprogramm für die Europäische Union (1994), S. 32 ff.
[40] EuGH, Rs. 11/ 70 (Internationale Handelsgesellschaft), Slg. 1970, S. 1125 ff. (1135, Rz. 3); EuGH, Rs. 4/73 (Nold), Slg. 1974, S. 491 ff. (507, Rz. 12, 13).
[41] Vgl. auch Lenz, Otto, Ein Grundrechtskatalog für die Europäische Gemeinschaft, in: NJW 1997, S. 3289 f.
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[42] So Brok Elmar, Die europäische Verfassung und die Regierungskonferenz 1996, in: Mouton, Jean-Denis/Stein, Torsten (Hrsg.), Eine neue Verfassung für die Europäische Union?, 1997, S. 15 ff. (17).
[43] Peters (Anm. 9), S. 164.
[44] Vgl. Peters (Anm. 9); S. 106; anders: Grimm, Dieter, Vertrag oder Verfassung, in: Staatswissenschaften und Staatspraxis, Bd.6 (1995), S. 509 ff. (527); ders. (Anm. 14), JZ 1995, S. 581 ff. (590); Isensee, Josef, Integrationsziel Europastaat?, in: Due, Ole/Lutter, Marcus/Schwarze, Jürgen (Hrsg.), Festschrift für Ulrich Everling, Bd. 1, 1995, S. 567 ff. [(581).]
[45] Vgl. auch Pofalla, Ronald, Kein Volksentscheid über die Europäische Verfassung, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ) vom 15.02.2003, S. 10.
[46] BVerfGE 89, S. 155 ff. (188).
[47] BVerfGE 89, S. 155 ff. (188). Zum Staatenverbund vgl. Peters (Anm. 9), S. 199 ff.
[48] So finden sich in den Gemeinschaftsverträgen zahlreiche technische und administrative Vorschriften, die nicht materiell verfassungswürdig sind.
[49] Vgl. auch Grimm (Anm. 14), JZ 1995, S. 581 ff. (590).
[50] Kirchhof, Paul, Reifeprüfung fürs Geburtstagskind, in: Rheinischer Merkur vom 07.05.1999, S. 6.
[51] Grimm (Anm. 14), JZ 1995, S. 581 ff. (590).
[52] Vgl. etwa Abromeit, Heidrun, Interessenvermittlung zwischen Konkurrenz und Konkordanz, 1993.
[53] Chevnement, Jean-Pierre, In den Nationen liegt die Zukunft Europas, in: FAZ vom 15.05.1998, S. 14.
[54] Vgl. Grimm (Anm. 14), JZ 1995, S. 581 ff. (588).
[55] Das Bild der Ebenen verdeutlicht einen Schichtenaufbau von Hoheitsträgern. Die Ebenen liegen also übereinander und nicht nebeneinander; vgl. Peters (Anm. 9), S. 187 ff.
[56] So richtig Di Fabio, Udo, Was der Staatenverbund leisten kann, in: FAZ vom 06.04.1999, S. 11. Kritisch zum Mehrebenenmodell: Peters (Anm. 9), S. 189 ff.
[57] Di Fabio (Anm. 56), FAZ vom 06.04.1999, S. 11.
[58] Man spricht auch von "Entstaatlichung", das heißt, dass die klassischen Staatsaufgaben zunehmend nicht mehr vom Staat allein erfüllt werden können, sondern über- und unterstaatliche Akteure helfen müssen. Vgl. Zürn, Michael, Regieren jenseits des Nationalstaats, 1998, S. 329 ff.; vgl. auch Bogdandy, Armin von, Die Verfassung der europäischen Integrationsgemeinschaft als supranationale Union, in: ders., (Hrsg.), Die europäische Option, 1993, S. 97 ff. (215).
Lábjegyzetek:
[1] Der Autor kommt aus Marburg.
Visszaugrás