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Klára Fűrész[1]: Die Reform der Gerichtsorganisation in Ungarn (Annales, 2006., 143-162. o.)

Die Umgestaltung der justiziellen Organisation entsprechend den Anforderungen der bürgerlichen Gewaltenteilung begann im Jahr 1989 mit der Ausarbeitung der neuen Verfassung. Dieser Prozess dauerte unter Aufrechterhaltung der Rechtskontinuität bis 1993, wobei das Gesetz Nr. IV. aus dem Jahr 1972 über die gerichtliche Organisation mehrmals (etwa zehnmal) abgeändert und währenddessen auch zum größten Teil die Anforderungen hinsichtlich der Gewaltenteilung erfüllt wurden. Die weitere Umwandlung der justiziellen Organisation kann mit der Gerichtsreform im Jahr 1997 verbunden werden.

Die Gerichtsreform erreichte eine organisatorische Trennung, die als Folge die Veränderung der Stellung der Gerichte hinsichtlich der Gewaltenverteilung in den kontinentalen Systemen mit sich brachte. Die Zielsetzung dieser Regelung war, die richterliche Unabhängigkeit als komplexe Anforderung im ungarischen Rechtssystem zu sichern. Die komplexe Anforderung hinsichtlich der richterlichen Unabhängigkeit besteht auf drei, mit einander verbundenen Ebenen:

- die Einheit des rechtsprechenden Richters,

- der gerichtlichen Organisation, ferner

- der persönlichen Unabhängigkeit des Richters.

Obwohl die Teilbereiche der Unabhängigkeit eng miteinander verbunden sind, kommen sie gleichzeitig aufgrund der voneinander abweichenden inhaltlichen Anforderungen unter unterschiedlichen Bedingungen zur Geltung.

In der Gewaltenteilung, also im System der gegenseitigen Einschränkung (Bremsen, Gegengewichte), des gegenseitigen Gleichgewichtes der staatlichen Gewalt, haben die Gerichte einen eigentümlichen Platz. Im Sinne der in Europa charakteristischen kontinentalen Rechtsauffassung - zurückgreifend auch auf die Wurzeln von Montesquieu - entstand in der gerichtlichen Organisation und Funktion ein solches System von Abhängigkeiten und Unabhängigkeiten, das im Vergleich zur gesetzgeberischen und exekutiven Gewalt, den Machtcha-

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rakter der Gerichte auf eine spezielle Weise darstellt. Die Gerichte versehen bei der Ausübung ihrer justiziellen (rechtsprechenden) Tätigkeit solche Aufgaben, die auf jegliche Form des politischen Kampfes verzichten:

- Urteile im Sinne der durch die gesetzgeberische und exekutive Gewalt verabschiedeten Gesetze (Verordnungen), gleichzeitig genießen sie aber bei der Anwendung der Gesetze (Verordnungen) die volle Ermessensfreiheit,

- neben dem Verbot der gesetzgeberischen Befugnis werden aber doch Rechtsinstrumente eingesetzt, die die Einheit des Rechtsverständnisses sichern, darunter werden auch obligatorische Interpretierungsnormen errichtet, ferner

- der endgültige Abschluss von Rechtsstreitigkeiten (Rechtsfällen), (Rechtskraft, res iudicata).

Aufgrund des Obigen können wir auch so formulieren, dass die richterliche Gewalt keine "echte" Macht ist, das Gericht verfügt im politischen Sinne über kein eigenständiges Machtinstrument. Differenzieren wir die Anforderungen bezüglich der richterlichen Unabhängigkeit auf die Weise - also die ausschließliche Abhängigkeit von den Rechtsnormen, die Betonung der Akzeptanz der Rechtsnormen -, dass wir für die betonte und uneingeschränkte Sicherung der rechtsprechenden richterlichen Unabhängigkeit (als Gegengewicht) irgendeine Abhängigkeit der gerichtlichen Organisation bzw. des hauptamtlichen Richters in Kauf nehmen, bestimmen wir eigentlich damit die Grenzen der mit den Gerichten verbundenen Macht. Hinsichtlich der Formen der Abhängigkeit und der Unabhängigkeit gibt es dadurch eine allgemein akzeptierte Einschränkung, dass der hauptamtliche Richter traditionell wegen der persönlichen Unabhängigkeit von einer anderen Staatsgewalt (exekutive Macht, Staatsoberhaupt) ernannt, und die Unabhängigkeit des Gerichtes durch die Verwaltungsrechte der exekutiven Macht (Justizminister) geschmälert wird.[1]

I. Die ungarische Form des sozialistischen Modells der justiziellen Organisation

In der ungarischen Staatsorganisation fungierten die Gerichte von 1949 bis 1989-90 entsprechend den Anforderungen der einheitlichen Macht. In diesem Machtsystem wurde die gerichtliche Tätigkeit im Sinne der Arbeitsteilung von mehreren (politischen, öffentlich-rechtlichen und staatsorganisatorischen) Beziehungen bestimmt. Auf der staatlichen Ebene erschien die sog. externe Beziehung der gerichtlichen Organisation in der Befugnis des Justizministers die justizielle Verwaltung zu versehen. Die Befugnisse des Justizministers bedeuteten nicht nur einfach die allgemein akzeptierte Trennung der externen und

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internen Verwaltung, sondern es kam dadurch die Regierungskontrolle über die Gerichte zur Geltung. Parallel mit der verfassungsrechtlichen (formellen) Deklaration der richterlichen Unabhängigkeit wurde ein eigenständiges Gesetz über die institutionelle Kontrolle der Gerichte verabschiedet.

Das 1989 während der Wende noch gültige Gesetz Nr. IV. aus dem Jahr 1972 über die gerichtliche Organisation sicherte dem Justizminister zweierlei Befugnisse, die aus Verwaltungs- und Aufsichtsrechten bestanden. Die Befugnisse des Justizministers hinsichtlich der Verwaltung waren:

- Er sicherte den Gerichten die notwendigen personellen und objektiven Voraussetzungen. Die personellen Voraussetzungen bedeuteten eigentlich die Gerichte mit richterlichem Personal zu versehen. In diesem Sinne hatte er das Recht, in einer Person die Richter-Kandidaten zu stellen und die gewählten Richter einzuteilen. Das Recht Richter-Kandidaten zu stellen wurde ausschließlich durch die im Gesetz formulierten Bedingungen eingeschränkt. Im Rahmen der arbeitgeberischen Befugnisse hatte er auch das Recht gegen Richter Disziplinarverfahren einzuleiten, gegen Disziplinarbeschlüsse Einspruch oder Protest zu erheben, ferner den Rückruf oder die Amtsenthebung von Richtern zu initiieren. Über die ex lege Gründe der Amtsenthebung der Richter hinaus traf er auch in einer Person die Entscheidung über die dauerhafte Untauglichkeit des Richters. Während der Sicherung der objektiven Voraussetzungen verfügte er über ein unbeschränktes Budgetrecht, die Gerichte bildeten finanziell ein Unterkapitel des Justizministeriums;

- dem Justizminister stand in jedem Gegenstand der Justiz eine rechtsnormvorbereitende bzw. in eigener Kompetenz auch eine gesetzgeberische (Rechtsnorm schaffende) Tätigkeit zu;

- der Justizminister übte auch das Recht aus die Führungskräfte der Gerichte (Vorsitzende, stellv. Vorsitzende, Gruppenleiter) in einer Person zu ernennen und zurückzurufen, ferner lenkte und kontrollierte er auch die Tätigkeit dieser Führungskräfte.

Die Befugnisse des Justizministers hinsichtlich der Aufsicht waren:

- Er übte Aufsicht über die allgemeine Funktion der Gerichte aus, beurteilte die gesellschaftliche Wirkung der gerichtlichen Rechtsprechung, analysierte die gesellschaftlichen Ursachen der Rechtsverletzung und traf Maßnahmen oder Initiativen um diese vermeiden zu können;

- um die gerichtliche Praxis zu vereinheitlichen, informierte er sich aufgrund der rechtskräftigen Urteile über die Praxis an den Gerichten, initiierte in prinzipiellen Fragen am Obersten Gericht Richtlinien und gegen rechtskräftige Urteile gesetzlichen Protest, über seine Feststellungen informierte er die Gerichte.

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Die Verwaltungs- und Aufsichtsbefugnis des Justizministers erstreckte sich aber nicht auf das Oberste Gericht, wo diese Rechte vom eigenen Vorsitzenden ausgeübt wurden. Die privilegierte Rolle des Obersten Gerichts blieb jedoch nicht ohne Folgen, die Wirkung der Machtausübung des Systems, die daraus abgeleitete Beeinflussung führte zu einer eigenartigen und "verzerrten" Rechtsstellung des Vorsitzenden. Die Rechtsstellung des Vorsitzenden verfolgte zum Teil die historisch entstandenen Standards, zum Anderen weitete sie sie im Vergleich dazu auch aus. Der Vorsitzende konnte nicht nur typische Rechte im Bereich der Verwaltung ausüben, sondern auch solche Rechte, die im Verfahrensrecht versteckt waren (Befugniserweiterung, gesetzlichen Protest erheben), womit er die Tätigkeit der Richter beeinflussen konnte. Um dies auszugleichen wurde in die Rechtsstellung des Vorsitzenden - besonders durch die Novelle der Verfassung im Jahr 1972 - eine solche schwerwiegende Verantwortung eingebaut, die in den ost-europäischen Volksdemokratien unbekannt war. Der von der Nationalversammlung (Parlament) ohne jegliche Anstellungsbedingung auf bestimmte Zeit gewählte Vorsitzende hatte die Pflicht, dem Parlament über die Tätigkeit des Obersten Gerichts zu berichten, die Parlamentsabgeordneten hatten ferner das Recht gegen den Bericht zu interpellieren.

II. Die Phasen der Wiederherstellung des bürgerlichen justiziellen Systems

Die Verfassung im Jahr 1989 bzw. die danach erfolgte gesetzgeberische Tätigkeit kann als ein Prozess der sukzessiven Wiederherstellung der bürgerlichen Justiz betrachtet werden. Die zentrale Frage der Gewaltenteilung war von frühester Zeit bis heute, welche Beziehung die gerichtliche Organisation zur Regierung hat, denn die Forderung der richterlichen Unabhängigkeit wurde gerade gegenüber der exekutiven Macht formuliert. Sogar schon in der frühen Phase der Entstehung dieser Theorie tauchte die Idee auf, Garantien selbst in der gerichtlichen Organisation auszubauen, um die Unabhängigkeit der Rechtsprechung gegenüber der exekutiven Macht (die Rahmen für die Rechtsprechung) sichern zu können. Organisatorische Garantien sind für diese Beziehung notwendig, welche infolge der Gewaltenteilung im Zusammenhang mit den Gerichten die Rechtsstellung der Regierung bestimmen. Es ist die Aufgabe der Regierung einerseits die Justizpolitik zu gestalten und die Durchführung dieser zu organisieren, andererseits die zur Funktion der richterlichen Organisation notwendigen (persönlichen und objektiven) Voraussetzungen zu sichern. Im System der Gewaltenteilung wurde diese Regierungspflicht im Rahmen der justiziellen Verwaltung erfüllt, und zwar so, dass meistens die Justizminister das Recht der justiziellen Verwaltung, das sog. externe Verwaltungsrecht bekamen. Die theoretische Begründung, warum die externe Verwaltung in die

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Organisation der exekutiven Macht eingeordnet wurde, kann sein, dass die justizielle Verwaltung keine Rechtsprechung ist, dazu braucht man keine Unabhängigkeitsgarantie und die Ausübung dieser ist durch die Anerkennung der richterlichen Unabhängigkeit realisierbar.

Die Verfassung des Jahres 1989 bzw. die darauf folgende gesetzgeberische Tätigkeit hatte zweierlei Aufgaben:

- Einerseits musste jenes System der sozialistischen Machtausübung beseitigt werden, das durch die Erweiterung der Rechte des Justizministers die Möglichkeit der Beeinflussung der Rechtsprechung geschaffen hat (z.B. die allgemeine Aufsicht, die Prüfung der Anwendung der rechtspolitischen Prinzipien, Erhebung des gesetzlichen Protests usw.),

- andererseits mussten im Sinne der klassischen Trends der europäischen Gewaltenteilung die Befugnisse des Ministers, der zur justiziellen Verwaltung gehört, neu geregelt werden.

Darüber hinaus erbrachte die Gesetzgebung der damaligen Periode eine viel umfassendere Leistung, denn in fast allen Elementen der komplexen Garantien der richterlichen Unabhängigkeit kam es zu entsprechenden rechtsstaatlichen Veränderungen. Während der Verfassungsnovelle im Jahr 1989 werden (mit der Ernennung durch den Staatspräsidenten auf unbeschränkte Zeit, mit der Sicherung des Verbotes der politischen Beeinflussung) die persönlichen Garantien der richterlichen Unabhängigkeit noch stärker zur Geltung gebracht. In den Jahren nach dem Systemwechsel ist es dann charakteristisch geworden, dass die Gesetzgebung (Gesetzesnovelle) immer mehr in Richtung Ausbau der organisatorischen Unabhängigkeit der Gerichte gegangen ist, im Zuge dessen die Befugnisse des Justizministers erneut geprüft und parallel damit auch wesentlich eingeschränkt wurden. Die wesentlichste Station des Prozesses, der mit der Verfassung begann, bedeutete die Abänderung des Gesetzes über die gerichtliche Organisation im Jahr 1991. Mit dem Gesetz Nr. 67 (LXVII) aus dem Jahr 1991 entstanden richterliche Gremien mit breiten Kompetenzen (gesamtrichterliche Versammlung, Komitatsrat der Richter, Landesrat der Richter), in denen neben den Vorsitzenden der Komitatsgerichte bzw. als Partner des Justizministers auch die Richter selbst an der Verwaltung teilnehmen konnten. Die Gremien hatten ein vorheriges Einverständnis- und Meinungsäußerungsrecht in allen wesentlichen, die Verwaltung betreffenden Fragen (Budget, Personalstärke, Lohn- und bestimmte Personalfragen).

Die gerichtlichen Aufsichtsrechte des Justizministers wurden abgeschafft und seine Verwaltungsrechte wie folgt abgeändert (eingeschränkt):

- Von den Verwaltungsrechten des Justizministers ist das Recht der Ernennung (Kandidierung) der Richter als Einzelrecht im Personalwesen her-

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ausgefallen, denn dies ist ein durch das Einverständnisrecht der richterlichen Gremien eingeschränktes Recht geworden. Die Ernennung (der Rückruf) der Vorsitzenden der Komitatsgerichte ist aber als Einzelrecht des Justizministers erhalten geblieben,

- im Bereich der Sicherung der objektiven Voraussetzung für die Gerichte, ist die Aufstellung und (gesonderte) Behandlung des Budgets der Gerichte als Recht erhalten geblieben, aber die Vorlage des Budgetplans und die Verteilung des Geldes unter den Komitatsgerichten durfte nur im Einvernehmen mit dem Landesrat der Richter geschehen,

- durch das Einverständnisrecht der Komitatsräte der Richter entstand eine tatsächliche Arbeitsteilung zwischen Justizminister und den Komitatsgerichten. Die Verwaltung innerhalb der Gerichte wurde ferner durch die Erweiterung der Rechte der Kollegien gestärkt und das Einverständnisrecht der Kollegien (bei Ernennungen in einzelne Führungspositionen) kann als erster Schritt in Richtung der gewünschten Trennung von allgemeiner und fachlicher Verwaltung bewertet werden.

Die Rechte des Justizministers betrafen das Oberste Gericht auch in dieser Periode nicht, die Verwaltung des Obersten Gerichts blieb kompetenzmäßig voll und ganz innerhalb der Organisation beim Vorsitzenden, die interne, verwaltungsmäßige Trennung der gerichtlichen Organisation hat sich nicht geändert. Die prinzipielle Lenkung des Obersten Gerichts auf jeder richterlichen Ebene wurde dadurch stärker, dass über die Praxis der Rechtsprechung von da an nicht nur mit dem Justizminister abgestimmt, sondern auch direkt Informationen eingeholt werden konnten.

Als Ergebnis der - etwa zehnmaligen - Novelle des Gesetzes über die Gerichte aus dem Jahr 1972 ist extern ein solches Verwaltungssystem entstanden, das vom Verfassungsgericht mehrmals als eine adäquate Lösung hinsichtlich der Gewaltenteilung und des Rechtsstaates bewertet wurde. In dieser Serie sind die Beschlüsse Nr. 53/1991. (X. 31.) und Nr. 38/1993. (VI. 11.) besonders wichtig, in denen das Verfassungsgericht den Verfassungstest entsprechend der kontinentalen Rechtsauffassung aufstellte. Die Beschlüsse beschäftigten sich mit der Notwendigkeit der Trennung der Rechtsprechung und der justiziellen Verwaltung (sowohl in der Organisation, als auch hinsichtlich der Befugnisse und Personen), ferner auch mit den Trennungsmöglichkeiten. Die Trennung der Rechtsprechung und der Verwaltung hat aufgrund der Meinung des Verfassungsgerichtes zur Folge:

- dass die Sicherung der (persönlichen und objektiven) Voraussetzungen nicht unbedingt ein Teil der richterlichen Gewalt ist;

- dass die sog. externe Verwaltung auch nicht unbedingt verfassungswidrig ist;

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- dass gegenüber der Verwaltung die Rechtsprechung unter absolutem Schutz stehen muss, d.h. die komplexe Garantie der richterlichen Unabhängigkeit für die Rechtsprechung als Tätigkeit soll gesichert werden.[2]

Der weitere Prozess der sukzessiven Umgestaltung wurde durch den Regierungswechsel unterbrochen. Das 1994 gewählte neue Parlament wollte die noch zu regelnden Fragen (bei einem Verfassungsmoratorium) im Rahmen einer neuen Verfassung bzw. eines neuen Organisationsgesetzes lösen.

III. Die Gerichtsreform des Jahres 1997: die Veränderung der Position des Gerichts in der Gewaltenteilung durch die Trennung der Organisation

Die eingeführten Lösungen der justiziellen Reform im Jahr 1997 erschienen hinsichtlich des Inhalts der Regelungen ohne vorherige verfassungsrechtliche (öffentliche) Geschehnisse. Das zentrale Ziel, nämlich die Trennung der gerichtlichen Organisation von der exekutiven Macht, wurde insofern erfüllt, dass weder die in der neuen Verfassung formulierten Regelungen noch die in der mittel-osteuropäischen Region eingeführten Lösungen oder die charakteristischen ungarischen bürgerlichen Traditionen in Betracht gezogen wurden. Der Gesetzgeber errichtete unter dem Namen Landesjustizrat eine organisatorisch und kompetenzmäßig neue Institution, die ein Zentralorgan für die gesamte justizielle Verwaltung wurde.

Zum Zeitpunkt der Gründung dieser Institution wussten sowohl die Gründer als auch die wissenschaftliche Öffentlichkeit viel zu wenig. Die Einführung wurde so kommuniziert, dass ein zentrales Verwaltungsorgan dieser Art in dieser Zusammensetzung und mit dieser Rechtsstellung in einigen Ländern Europas tätig sei, dort nämlich, wo die Entwicklung des justiziellen Systems die sog. lateinische ist (Italien, Frankreich, Spanien, Portugal). Seitdem haben die wissenschaftlichen Analysen die Wurzeln dieser Institution auch in den Vereinigten Staaten nachgewiesen.[3] Die Stimulierung kam also aus den Vereinigten Staaten, im Zeichen der Expansion der dortigen Demokratie, nach dem 2. Weltkrieg wurde dann in Italien und Frankreich bzw. in der zweiten Hälfte der 70er Jahre nach der Diktatur in Spanien und Portugal das System der justiziellen Verwaltung auf diese Weise verändert. Die Wurzeln in den Vereinigten Staaten und die Motivation (die Verbreitung der Demokratie) wirkten nach der Wende auch auf die ost-europäischen ehemaligen sozialistischen Länder (z.B. Polen, Litauen, die Slowakei), aber am aufnahmefähigsten zeigte sich die ungarische Regelung.[4] In der Parlamentsdebatte der Reformgesetze hörte man Argumente, die dafür und welche, die dagegensprachen, die neue Organisation der justiziellen Verwaltung einzuführen.[5] Die Diskussion beschäftigte sich aber nicht mit den prinzipiellen und theoretischen Folgen der Einführung.

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Von verfassungsrechtlichen Aspekten ausgehend kann man im Allgemeinen feststellen, dass die Folgen der justiziellen Reform des Jahres 1997 auch die prinzipiellen und theoretischen Anforderungen der Gewaltenteilung betreffen. Die richterliche Rechtsprechung und die im Allgemeinen akzeptierte Beurteilung der Verwaltung in der kontinentalen Rechtsordnung verändert sich infolge dieser Regelung, im Vergleich zur früheren Funktion der Verwaltung wird sie sogar aufgewertet. All das kann die Folge haben, dass die Verwaltung, als Teil der richterlichen Macht, in ihrer Funktion solche vollständigen Garantien der richterlichen Unabhängigkeit fordern kann, die ausschließlich die Rechtsprechung bieten mag. Aufgrund der politologischen Analyse des Modells tragen die organisatorische Selbständigkeit, die Folgen der Sicherung der rechtlichen Rahmen der Trennung (aufgrund der Erfahrungen in den USA, ferner in Italien) auch die Möglichkeit (Gefahr) der Verselbständigung, der selbständig funktionierenden Macht in sich. Es ist bezeichnend, dass vor der Verabschiedung der Reformgesetze die Analyse der Erfahrungen ähnlicher Organe nicht durchgeführt wurde, besonders jene, ob bei diesem Modell der richterlichen Gewalt auch das Gericht Teilhaber der Ausübung der politischen Macht werden könnte.[6]

Die Reform setzte sich zum Ziel die gerichtlichen Instanzen zu verändern, mit der Einfügung einer weiteren Instanz wurde aus der gerichtlichen Organisation mit drei Instanzen, eine mit vier Instanzen. Die Begründung dafür war die aktuelle richterliche Überlastung, die Notwendigkeit der Verarbeitung der Restanzfälle, die in der damaligen Zeit (1997) zum Teil die Lage der örtlichen, aber besonders die des Obersten Gerichts erschwert hatten. Auf der Ebene der örtlichen Gerichte mangelte es an der Zeit, auf der Ebene des Obersten Gerichts an der Ausübung der prinzipiellen Lenkungsfunktion. Die Lösung hätte die neue gerichtliche Instanz zwischen Komitatsgerichten und dem Obersten Gericht bedeutet. Das Gesetz Nr. LXIX. aus dem Jahr 1997 verordnete fünf Tafelgerichte (Oberlandesgerichte), die etappenweise - vom 1. Januar 1999 und vom 1. Januar 2003 die gerichtliche Tätigkeit aufgenommen hätten.[7]

Die Durchführung des Gesetzes kam wegen dem Regierungswechsel in Verzug, bzw. drohte die ursprüngliche Konzeption gar nicht verwirklicht zu werden. Die Nationalversammlung setzte mit dem Gesetz Nr. LXXI. des Jahres 1998 das Gesetz Nr. LXIX. des Jahres 1997 ausser Kraft und, um die nicht vorgenommenen Realisierungsstudien nachzuholen, stellte sie eine Kommission auf, um die Notwendigkeit der Errichtung der Tafelgerichte (Oberlandesgerichte), ferner die dazu notwendigen persönlichen und objektiven Bedingungen zu prüfen [80/1998 (XII. 16.) Beschluss der Nationalversammlung]. Die Arbeitsergebnisse der Kommission wurden in Betracht gezogen und so wurde das Gesetz Nr. CX. des Jahres 1999 verabschiedet, das die Aufstellung eines einzigen Tafelgerichtes mit Sitz in Budapest und Kompetenz für ganz Ungarn an-

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ordnete. Das Landestafelgericht (Oberlandesgericht auf nationaler Ebene) hätte seine Tätigkeit mit dem 1. Januar 2003 begonnen. Das Verfassungsgericht erklärte mit dem Beschluss Nr. 42/2001 (XI. 22.) die Regelung des einzigen Tafelgerichts für nichtig und danach wurde die gerichtliche Organisation mit den vier Instanzen mit dem Gesetz Nr. XXII. des Jahres 2002 verabschiedet. Das Gesetz trat etappenweise in Kraft und zwar mit dem 1. Juli 2003, dann mit dem 1. Juli 2005 und dies bedeutet letztendlich eine Rückkehr zur ersten Regelung.

Wir wiesen schon darauf hin, dass die gerichtliche Organisation mit den vier Instanzen aus pragmatischen Gründen, um die Arbeitsbelastung der Richter zu verringern, eingeführt wurde. Der Bezug auf die Überlastung ist aber ein periodischer Umstand und dieser Grund fällt weg, sobald die Restanzfälle abgeschlossen werden. Die Begründung hätte - unseres Erachtens - auf einer prinzipiellen Grundlage erfolgen müssen, im Zusammenhang mit der verfassungsrechtlichen Forderung des Rechts hinsichtlich des Rechtsbehelfs. Eine grundlegende Forderung des Rechts auf Rechtsbehelf ist, das es als Menschenrecht formuliert wurde, dass die richterlichen Ebenen der verschiedenen Verfahrensinstanzen (erste und zweite) auch in diesem Sinne (instanzmäßig) von einander getrennt werden müssen. Die gerichtlichen Ebenen müssen also auch entsprechend des Rechtsbehelfsystems aufgebaut werden. Im früheren System wurden diese Anforderungen beim Obersten Gericht nicht erfüllt, denn das Oberste Gericht war sowohl für die Berufung als auch für die Revision zuständig. Die Abstimmung zwischen der gerichtlichen Instanz und der Rechtsbehelfsebene wird etappenweise erreicht. Im Zivilverfahren wurde das Rechtsbehelfssystem um eine Instanz, im Strafverfahren - mit dem 1. Juli 2006 in eingeschränktem Maße - um zwei Berufungsinstanzen erweitert.[8]

IV. Der Landesjustizrat

Die zentrale und gleichzeitig konzeptionell grundlegende Institution der Verwaltungsreform ist der Landesjustizrat. Den Landesjustizrat können wir aus mehreren Aspekten analysieren. Wir können den Charakter dieser Organisation untersuchen oder ihre Beziehungen innerhalb des Gerichts, die Beziehung durch den Vorsitzenden zum Obersten Gericht, die Funktion des Rates und seines Amtes oder aber die Veränderungen hinsichtlich der richterlichen Selbstverwaltungen und der Verwaltung der örtlichen Gerichte.

1) Der Charakter des Landesjustizrates

Der Landesjustizrat ist ein Körperschaftsorgan der zentralen Verwaltung der Gerichte, der weder in die Kategorie der Verfassungs-Rechtswissenschaft, noch in die der Staatsverwaltung eingeordnet werden kann, sui generis ist er als Verfassungsorgan zu interpretieren. Der Landesjustizrat besteht im Verhältnis 2/3 zu 1/3 aus hauptamtlichen Richtern und aus delegierten Mitgliedern (aus

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zwei Parlamentsabgeordneten, dem Justizminister, dem Generalstaatsanwalt, ferner aus dem Vorsitzenden der Ungarischen Rechtsanwaltskammer). Die delegierte Mitgliedschaft hat die Aufgabe (mit Ausnahme der Vertretung der Rechtsanwaltschaft), durch die Verwaltungsrechte ein externes Gleichgewicht gegenüber den Gerichten zu sichern. Die delegierte Mitgliedschaft ist aber gewichtslos, da die Mehrheit aus gewählten Mitgliedern besteht, infolge ihrer höheren Zahl können sie also in allen Fragen die andere Seite überstimmen. Die gewählten Mitglieder des Landesjustizrates sind die neun hauptamtlichen Richter, sie müssten die ungarische Richterschaft - etwa 2800 Kollegen -vertreten. Es ist leicht einzusehen, dass diese Vertretung keineswegs als fachliche Repräsentation aufzufassen ist (höchstens im soziologischen Sinne), obwohl der Gesetzgeber gerade mit dieser Zusammensetzung die weitere Festigung der richterlichen Unabhängigkeit garantieren wollte. Der Vorsitzende des Landesjustizrates wird nicht gewählt, amtlich wird diese Position immer vom jeweiligen Vorsitzenden des Obersten Gerichts besetzt.[9]

Die Zusammensetzung des Landesjustizrates kann auch aufgrund seiner Befugnis, in Abhängigkeit des Einklangs zwischen Zusammensetzung und Rechten untersucht werden. Dieses Gremium mit gemischter Zusammensetzung hätte die Aufgabe - denn es besteht aus hauptamtlichen Richtern, Vertretern der exekutiven Gewalt und der Gesetzgebung bzw. der Staatsanwaltschaft und der Rechtsanwaltschaft - nicht im Allgemeinen, sondern nur in bestimmten Fällen tatsächlich und effektiv mitwirken zu müssen. Während des ersten Vorschlages zur Ernennung eines Richters, bei der Prüfung des Kandidaten unter mehreren Aspekten, könnte z.B. die Organisation in obiger Zusammensetzung auf jeden Fall geeignet sein. Jede weitere Aufgabe aber, in der der Landesjustizrat z.B. Arbeitgeber- und Personalbefugnisse auszuüben hat, oder wenn im Sinne des § 41 des einschlägigen Gesetzes vorgegangen werden muss (hinsichtlich der Lenkung und Kontrolle der Verwaltungstätigkeit der Gerichtsvorsitzenden), schließt die gemischte Zusammensetzung des Gremiums die Erscheinung der eventuellen "externen" Interessen, die externe Beeinflussung nicht aus.

2) Der Landesjustizrat und das Oberste Gericht

Die verwaltungsmäßige Trennung des Obersten Gerichts ist eine Eigenart der ungarischen richterlichen Organisation, die noch aus der Zeit vor der Wende stammt. Bei der Gerichtsreform im Jahr 1997 hatte die Möglichkeit bestanden diese Trennung zu beseitigen. Dies geschah aber nicht und konnte auch nicht geschehen, weil der Gesetzgeber die Funktion des Vorsitzenden des Landesjustizrates mit der des Vorsitzenden des Obersten Gerichts verbunden hatte. Somit kann die zentrale Verwaltung des Gremiums im Falle des Obersten Gerichts nicht interpretiert werden. Werden voneinander abweichende

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Funktionen von der gleichen Person ausgeübt, kommt es zwangsläufig zum Widerspruch. Es ist z.B. eine offene Frage, wenn irgendeine Rechtsnorm dem Vorsitzenden des Obersten Gerichts Befugnisse einräumt, ob dann diese Rechte - durch seinen Vorsitzenden - auch dem Landesjustizrat zustehen. Davon wurde eins, nämlich die gesetzliche Bevollmächtigung des Vorsitzenden des Obersten Gerichts gesetzgeberisch tätig zu sein, auch vom Landesjustizrat bemerkt. Die Lösung der Frage war pragmatisch, denn das Gremium (bzw. sein Amt) nimmt von der Gründung an im Namen des Vorsitzenden des Obersten Gerichts am Vorbereitungsprozess der Rechtsnormen teil (Meinungsäußerung zum jeweiligen Entwurf), ohne dazu eine gesetzliche Bevollmächtigung zu haben.

Der "Gewinner" der doppelten Funktion, die an dieselbe Person gebunden wurde, ist das Oberste Gericht, weil es dadurch gelungen ist, seine verwaltungsmäßige Trennung zu bewahren. Die Errichtung dieser Doppelfunktion, die an dieselbe Person gebunden ist, verursachte aber für alle Betroffenen mehr "Verlust" als Gewinn, denn die Erfüllung der voneinander abweichenden Funktionen der Vorsitzenden kann zwangsläufig zu Verzerrungen führen. Im Vergleich zur Funktion des Vorsitzenden des Obersten Gerichts ist die zentrale Vertretung der Gerichte, weder nach "innen" noch nach "außen" konfliktfrei. Der das Oberste Gericht vertretende Vorsitzende ist nach innen der Vorsitzende der Foren der Rechtseinheit. Die externe Vertretung der Gerichte in der Funktion des Vorsitzenden des Landesjustizrates ist zwangsläufig damit verbunden, Kontakte zu knüpfen, nicht immer frei von politischen Beweggründen abzustimmen (z.B. Informationspflicht in Richtung Nationalversammlung.) Die Wahrung der Autorität, des unabhängigen Status des Obersten Gerichts, ferner die Interessenvertretung der gerichtlichen Verwaltung (z.B. Budgetvorlage, Anspruch auf mehr Personal oder Lohnerhöhung) gegenüber der exekutiven Gewalt kann kaum gleichzeitig vertreten werden. Die gewählte Lösung ist ein Widerspruch und gerade deshalb sollte diese Regelung auf jeden Fall erneut überdacht werden.

3) Der Landesjustizrat und sein Amt

Der Landesjustizrat ist aus der Sicht der Verwaltung ein sog. Laiengremium, zur kontinuierlichen Funktion der justiziellen Verwaltung ist es notwendig, aus Fachleuten eine Art amtliche Organisation zu schaffen.

Bei der Regelung der Beziehung zwischen dem Landesjustizrat und seinem Amt hat der Gesetzgeber kaum mit verwaltungswissenschaftlichen Gesetzmäßigkeiten gerechnet. Die Beziehung des monatlich einmal zusammentreffenden Gremiums und des Amtes besteht im Sinne der Regelung aus der Vorbereitung der Sitzungen, aus der Durchführung der Beschlüsse, ferner aus

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administrativen Aufgaben, die zur Funktion des Gremiums notwendig sind. Die Übertragungsmöglichkeit der Kompetenz des Gremiums wird weder hinsichtlich des Vorsitzenden noch weniger bezüglich des vom Vorsitzenden geführten Amtes erwähnt. Dadurch, dass der Gesetzgeber damit nicht rechnet, dass das Laiengremium keine ständigen Sitzungen hat und deshalb zu seinem Amt zwangsläufig Beziehungen entstehen, ist die Möglichkeit der Disfunktionalität vorherzusehen. In der Praxis nämlich versucht das nicht immer Sitzungen abhaltende Laiengremium die kontinuierliche Arbeit verlangenden Aufgaben auf sein Amtsorgan mit Exekutivcharakter zu übertragen. Wenn wir die die Frage der Befugnisübertragung völlig ausser Acht lassende Regelung kritisieren, wird auch die die gesetzlichen Regelungen korrigierende Praxis genauso behandelt. Der Landesjustizrat benutzt nämlich das Instrument der Befugnisübertragung bei der Regelung der gerichtlichen Verwaltung, das Verwaltungsaufsichtsrecht über die Vorsitzenden der Komitatsgerichte wird z.B. auf das Amt übertragen und in dieser Form ausgeübt.[10]

Die Regelung ist aus mehreren Aspekten zu beanstanden, nicht nur weil die Befugnisübertragung ohne Rechtsgrundlage geschieht, sondern weil zwischen dem Amt und den Vorsitzenden der Komitatsgerichte eine neue Abhängigkeit entsteht, die die persönliche Unabhängigkeit der Richter berühren kann. Die Verwaltungsaufgaben der Vorsitzenden der Gerichte sind ein sensibler Bereich der persönlichen Unabhängigkeit, besonders unter den Umständen, wenn es im Sinne der Regelung die Aufgabe des Vorsitzenden ist - unter anderen - die Arbeitsordnung der Richter zu bestimmen, die richterliche Arbeit verwaltungsmäßig zu kontrollieren, die Daten und Angaben der Rechtsprechung zu erfassen und zu analysieren, im zeitlichen Zusammenhang alle Umstände hinsichtlich der Zeitdauer der Verfahren zu kontrollieren, wenn also die allgemeinen Verwaltungsaufgaben von den fachlichen Verwaltungsaufgaben nicht getrennt werden können. Die Lösung kann zwar eine Grundlage hinsichtlich der Verwaltungsorganisation haben, aber eine Rechtmäßigkeit ist in einer solchen Organisation sehr fraglich, die die Unabhängigkeit der Richter respektieren muss bzw. wo die Verwaltung einen abgegrenzten und eingeschränkten Spielraum hat.

Zusammenfassend kann festgestellt werden, da die allgemeinen Gesetzmäßigkeiten der Verwaltungstätigkeit die persönliche Unabhängigkeit der Richter nicht berücksichtigen, muss der Schutz der gerichtlichen Verwaltung durch eigenständige Regelungen gesichert werden. Aus dieser Hinsicht reicht es kaum, die richterliche Unabhängigkeit als Grundprinzip zu deklarieren. Die ordnungsmäßige Funktion des Amtes des Landesjustizrates soll auch mit Verwaltungsgarantie ausgestattet werden, es reicht nicht einfach zu sagen, dass der Leiter des Amtes nur ein hauptamtlicher Richter sein darf.

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4) Der Landesjustizrat und die richterlichen Selbstverwaltungen

Im Zuge der gesetzgeberischen Tätigkeit nach dem Systemwechsel im Jahr 1989 strebte der Gesetzgeber in erster Linie danach, die organisatorische Unabhängigkeit zu erreichen und die Befugnis des Justizministers einzuschränken. Im Obigen wurde der Prozess bis 1993 skizziert, wo eines der Garantie-Instrumente der Einschränkung die richterliche Selbstverwaltung war, die auf den richterlichen Ebenen geschaffen wurde und über ein Entscheidungsrecht verfügte. Im Sinne der bekannten Ordnung funktionierten die Selbstverwaltungen als effektives Gegengewicht sowohl bei der Ernennung von Richtern als auch in Budget-, Personal- und Lohnfragen. Hinsichtlich der Ernennung der Gerichtsführung konnten die richterlichen Gremien in der Tat keine wirkliche Befugnis ausüben.

Da auf den richterlichen Ebenen der Bedarf nach Selbstverwaltungen gegenüber dem Justizminister formuliert wurde, konnte mit der Beseitigung der Verwaltungsrechte des Justizministers im Jahr 1997 mit der Ankündigung der richterlichen Selbstverwaltung in den Weiteren die Forderung nach Selbstverwaltungen nicht mehr interpretiert werden. Laut Gesetzgeber wird, wenn auf zentraler Ebene ein solches Gremium die Verwaltung der Gerichte erledigt, dessen Mitglieder in der Mehrheit (zu 2/3) hauptamtliche Richter sind, dadurch die richterliche Selbstverwaltung tatsächlich verwirklicht. Da dies der Fall ist, werden eigenständige Selbstverwaltungen nicht gebraucht, somit haben die im Gesetz deklarierten richterlichen Gremien - mit der Streichung des Einverständnisrechtes - ihren Charakter als Selbstverwaltung verloren.[11]

Der Landesjustizrat ist ein zentrales Verwaltungsorgan, das kein Teil der exekutiven Gewalt ist, das als Teil der gerichtlichen Organisation über eigenständige Befugnisse verfügt, dessen Vorsitzender in Richtung Nationalversammlung eine Informationspflicht hat. Daraus kann abgeleitet werden, dass der Landesjustizrat "nach aussen" die Unabhängigkeit der gerichtlichen Organisation darstellt. "Nach innen" kann aber die Anforderung hinsichtlich der Autonomie, der Selbstverwaltung auf eigenartige Weise zur Geltung gebracht werden. Die richterlichen Ebenen stellen nicht die verwaltungsmäßige Arbeitsteilung dar, sondern sind Schauplätze der Ausübung der rechtsprecherischen Funktion, die richterlichen Instanzen sind keine Verwaltungseinheiten, sondern selbständige Foren der Rechtsprechung. Die Anforderung bezüglich der Unabhängigkeit der Rechtsprechungsebenen erfordert auch bei der Ausübung der Verwaltungsaufgaben bestimmte Gegengewichte gegenüber der zentralen Verwaltung. Der Bedarf nach Selbstverwaltungsrechten kann auf der Ebene der rechtsprechenden Richter eine Anforderung sein. Auch aus den Verordnungen der Verfassung kann dies entnommen werden: "Die Verwaltung der Gerichte liegt beim Landesjustizrat, an der Verwaltung nehmen richterliche

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Selbstverwaltungsorgane teil." [§ 50 Abs. (4)] Es wäre also keineswegs verfassungswidrig, wenn man den auf den verschiedenen richterlichen Instanzen tätigen Gremien Selbstverwaltungsbefugnisse (Einverständnisrecht) verleihen würde. Die Umsetzung der Verfassung könnte man mit differenzierterer Verwaltung wie bisher, mit dem Ausbau von den richterlichen Gremien zugeordneten Gegengewichten sowohl gegenüber der zentralen Verwaltung als auch gegenüber ihrem Amt sichern.

5) Der Landesjustizrat und die örtlichen Gerichte (Amtsgerichte)

Weder von der Gesetzgebung bis 1993 noch während der Gerichtsreform 1997 wurde die Frage der selbständigen Verwaltung der örtlichen Gerichte (Amtsgerichte) behandelt. Die Beurteilung der örtlichen Gerichte hat sich aus der Sicht der Verwaltung nicht geändert, und die knappe gesetzliche Regelung zeigt, wie unbedeutend die Sache ist. Die örtlichen Gerichte (Amtsgerichte) werden maßgeblich als Teil der richterlichen Verwaltungshierarchie, durch den vom Landesjustizrat ernannten Vorsitzenden des Komitatsgerichts mit der gerichtlichen Organisation verbunden. Hinsichtlich der Rechtsstellung sind die örtlichen Gerichte (Amtsgerichte) keine Rechtspersonen, die Leiter werden vom Vorsitzenden des Komitatsgerichts ohne jegliche Kontrolle eines Gremiums ernannt, die örtlichen Gerichte (Amtsgerichte) haben nicht einmal Gremien mit formellen Befugnissen, ihre Richter sind dem Komitat zugeteilte Richter. Während der Komitatsrichter aufgrund des subjektiven Rechts Gremiumsmitgliedschaft gewinnt, ist das für den örtlichen Richter (Amtsrichter) ausgeschlossen. Es gibt eine einzige Möglichkeit an der Arbeit des Gremiums teilzunehmen: Die Komitatsrichter können unter den Richtern, die an den örtlichen Gerichten des Komitates tätig sind, Mitglieder für das Kollegium wählen. Bei der Wahl des Landesjustizrates waren - sowohl bei der ersten (1997), als auch bei der zweiten Wahl (2003) - die örtlichen Richter weitgehend unterrepräsentiert. Das Ergebnis der zweiten Wahl ist vielleicht noch ungünstiger, denn die einzige Person, die die örtlichen Gerichte vertritt, ist kein anderer, als der Vorsitzende des größten und gleichzeitig eigenartigsten örtlichen Gerichts, des Zentralgerichts der Pester Bezirke (PKKB).[12]

Die Differenzierung erscheint auch in der Entlohnung der örtlichen Richter, eine Positionszulage steht dem örtlichen Richter nur dann zu, wenn er zum "Titularrichter des Komitates" ernannt wird bzw. ihm dieser Titel verliehen wird.

Die Lage der Verwaltung der örtlichen Gerichte muss auch im Zusammenhang mit den Anforderungen der persönlichen Unabhängigkeit geprüft werden. Es ist hinsichtlich der richterlichen Justiz charakteristisch, dass die Rechtsprechung unteilbar ist. Unteilbar in der Hinsicht, dass auf jeder richterlichen Instanz -

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unabhängig vom Charakter des Verfahrens - die hauptamtlichen Richter (Strafkammer) die Gesamtheit der rechtsprechenden Gewalt ausüben. Dem örtlichen Gericht (Amtsgericht) steht in der richterlichen Kompetenz auch die Gesamtheit der rechtsprechenden richterlichen Gewalt zu, die Beschlüsse (Urteile) werden auch am Amtsgericht im Namen der Republik Ungarn verkündet und diese Beschlüsse des Amtsgerichts werden auch, falls keine Berufung eingelegt wird, rechtskräftig.

Infolge der Personalzahl und des Aktenverkehrs hängt die gesellschaftliche Beurteilung der Justiz maßgebend von den Amtsgerichten ab.[13]

V. Die Justizreform und die gesellschaftliche Akzeptanz der Gerichte

Die Analyse der Auswirkungen beenden wir mit den Fragen der gesellschaftlichen Akzeptanz der Justiz. Unsere kurzen Hinweise betreffen nicht das Verfassungsrecht, sondern die Bereiche der Soziologie und der Politologie. Wir möchten eher eine Gegenüberstellung machen: Die Absicht des Gesetzgebers war die großen Erwartungen hinsichtlich der gesellschaftlichen Akzeptanz der Justizreform zu erfüllen. Es sind langsam zehn Jahre seit der Einführung der Reform vergangen, aber es wurden noch keine Untersuchungen, keine Erhebungen begonnen um zu bestätigen, ob die Erwartungen wirklich erfüllt wurden oder nicht, obwohl es ungewöhnliche, unerwünschte Phänomene gibt, die von den Gerichten wahrgenommen werden, die auch im Bericht des Vorsitzenden des Landesjustizrates erwähnt werden:

- Der ungewöhnliche Presseangriff gegen einige Gerichtsurteile;

- ausserordentliche Ereignisse, Auftritte gegen Richter und Gerichtsgebäude, Demonstrationen vor Gerichten;

- im Sitzungssaal Beschimpfung von Richtern, grobe Ausdrücke usw.

Der oben erwähnte Bericht geht aber auch nicht weiter und bleibt bei der Schilderung der Ereignisse, aufgrund der Zahl dessen diese sogar als nicht bedeutend betrachtet werden und die Lösung wird ausschließlich in weiteren Maßnahmen gesehen wird, durch welche die Sicherheit der Richter und der Gerichtsgebäude erhöht werden kann.[14]

In die Wirkung der Justizreform geben die Untersuchungen des Institutes der Offenen Gesellschaft (Open Society Institute, OSI) einen tiefgreifenderen Einblick. Das Institut begann sein Monitoringprogramm bezüglich des Beitritts, um den EU-Beitrittsprozess zu unterstützen, schon im Jahr 2000, und zwar in den 10 Kandidatenländern von Ost-Mitteleuropa. Im Zusammenhang mit der Justiz wurden zwei Berichte erstellt: 2001 über die richterliche Unabhängig-

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keit, 2002 über die Voraussetzungen, Bedingungen der Rechtsprechung. Die Erhebungen wurden aufgrund einheitlicher Methodik durchgeführt, bei der Zusammenstellung der Berichte stützte man sich auf die Länderberichte, auf individuelle Forschungsergebnisse, auf die Analyse von Rechtsnormen, ferner auf Interviews, die mit den Betroffenen (leitenden Richtern) geführt wurden.[15]

Die Berichte sind aber gleichzeitig soziologischer Natur. Ihre Terminologie, die Begriffsbestimmungen sind hinsichtlich mehrerer Elemente im öffentlichrechtlichen Sinne nicht direkt interpretierbar, die Untersuchungsergebnisse sind nur eingeschränkt nutzbar. Einige verfassungsrechtliche Widersprüche der ungarischen Regelung konnten aber auch durch diese soziologische Methode gut sichtbar gemacht werden:

- Man beschäftigt sich mit den widersprüchlichen Regelungen der Budgetwirtschaft und der Praxis, der Bericht endet aber mit der Schlussfolgerung, dass ähnlich zur Verwaltung, den Gerichten (dem Landesrat der Justiz) eine größere Autonomie hinsichtlich des Wirtschaftens gesichert werden sollte;

- im Zusammenhang mit der internen, die gerichtlichen Instanzen betreffenden Unabhängigkeit der gerichtlichen Organisation formuliert der Bericht aus der Sicht des Verfassungsrechts mehrere bemerkenswerte Fragen. Aufgrund dieser Feststellungen kommen mehrere Elemente der Unabhängigkeit der gerichtlichen Instanzen in der ungarischen gerichtlichen Organisation nicht zur Geltung. Der Mangel an interner Unabhängigkeit führt dann soweit, dass sowohl die Ernennungen als auch die Beförderungen und die Tauglichkeitsprüfungen in einem geschlossenen System stattfinden, das kein Gegengewicht hat, das auch instanzweise, in den einzelnen Ebenen weder für die Betroffenen noch für die Öffentlichkeit transparent ist. Im Zusammenhang damit wird im Bericht auch betont wie wichtig die gesellschaftliche Beurteilung sei, dass der Mangel an Öffentlichkeit, die Unsicherheit der Kommunikation auch der gesellschaftlichen Akzeptanz der Justiz schadet,

- parallel mit der Anerkennung der Verwaltungsautonomie, die für andere Länder beispielhaft sein kann, wird auch das Thema angesprochen, dass die Verwaltung eine Fachtätigkeit sei und die fachlichen Anforderungen auch zur Geltung gebracht bzw. gesichert werden sollten. Es wird vorgeschlagen, dass hinsichtlich der Effektivität im Amt des Landesrates der Justiz nicht Richter, sonder Manager verwalten sollten und genauso sollten Verwaltungsfachleute die Arbeit der Richter in den verschiedenen Instanzen unterstützen. ■

ANMERKUNGEN

[1] Die detaillierte Vorstellung des Prozesses siehe: Verfassungslehre I. Universitätslehrbuch (Redaktion: Kukorelli István) Osiris Verlag, Budapest, 2002, Kapitel 19, S. 451-464.

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[2] Beschlüsse des Verfassungsgerichts Nr. 53/1991. (X. 31.) und Nr. 38/1993. (VI. 11.) über je ein Teilelement der richterlichen Unabhängigkeit, interpretiert aufgrund der Gewaltenteilung und der Zusammenfassung der Verfassungsgarantien der Institution.

[3] Auf die Wurzel in den USA wird in der Vorlage des Justizministers Kulcsár Kálmán hingewiesen. Siehe: Gatter László, wie oben, S. 257-258.

[4] Die Politologie der richterlichen Gewalt, der "Macht" der justiziellen Haupträte (Kammer) Siehe: Pokol Béla: Richterliche Gewalt, Századvég Verlag, Budapest, 2003.

[5] Von der Zusammenfassung der Diskussion kann man mehrere Fragen hervorheben, die später bei den Auswirkungen auch gestellt wurden: - Warum soll man verändern, wenn das momentan (vor 1997) geltende System eigentlich auch vom Verfassungsgericht bestätigt wurde und als rechtstaatliche Lösung betrachtet werden kann; - Warum soll man verändern, wenn das momentane System den UN-Empfehlungen entspricht bzw. im Sinne der Stellungnahme der Ministeriellen Kommission des Europarates ist, die meint, dass innerhalb eines Landes die schon bewährten Institutionen nicht verändert werden sollen. Im Zusammenhang mit der Zusammensetzung des Landesjustizrates und der Funktion der externen Mitglieder, ist die Frage: ob die Regierungsverantwortung aufrechterhalten bleibt und wer dafür eine Rechenschaft gibt, denn dies bedeutet auch die Pflicht die personellen und objektiven Voraussetzungen, Bedingungen für die Gerichte zu sichern. Siehe: Gatter László, oben S. 159-169. Der Autor weist darauf hin, dass die Errichtung des justiziellen Hauptrates (Oberrates) schon bei der Novelle im Jahr 1991 als Idee angesprochen wurde, aber damals stimmte die Mehrheit dagegen. Siehe: wie oben S. 91-100.

[6] Siehe: Pokol Béla, vergleichende Analyse über die Expansion der richterlichen Gewalt: wie oben S. 7-40, ferner über die verfassungsrechtliche Akzeptanz des richterlichen Urteils, Seiten 169-193.

[7] Aufgrund der ursprünglichen Vorstellung hätten die Tafelgerichte (Oberlandesgerichte) ihre Tätigkeit in Budapest, Pécs und Szeged ab 1. Januar 1999, die weiteren zwei in Győr und Debrecen ab 1. Januar 2003 aufgenommen. Die historischen Wurzel der organisatorischen Lösung können auch sehr lehrreich sein: bis 1945 (in Ungarn nach Trianon) fungierten in den gleichen fünf Städten Tafelgerichte. Die Zahl der Tafelgerichte wurde ursprünglich vom Gesetz Nr. XXV. aus dem Jahr 1890 geregelt und dies sah elf Gerichte vor.

[8] Die Abänderung der Strafverfahrensordnung im Jahr 2006 erlaubt in nur sehr verschärften Situationen das dritte Verfahren einzuleiten, nämlich nur dann, wenn zwischen den Beschlüssen der ersten und zweiten Instanz grundlegende Unterschiede auftauchen, Freispruch auf der einen Instanz, Bestrafung auf der anderen Instanz. Siehe: StVO 386.§ (1) Punkte a) und b).

[9] Laut Begründung des Gesetzes ermöglicht die Zusammensetzung "die verfassungsrechtlichen Anforderungen der Justiz im Zuge der gerichtlichen Verwaltung zur Geltung zu bringen und die kontinuierliche Verfolgung der Lage der Gerichte". Realistisch gesehen kann man kaum alleine von dieser Zusammensetzung die zitierten Erwartungen erhoffen, denn dies kann mit den Anforderungen bezüglich der richterlichen Unabhängigkeit und den Verwaltungszielen kaum abgestimmt werden.

[10] Auszüge aus der Regelung Nr. 9 (1999) des Landesjustizrates über die Verwaltung der Gerichte und Aufsichts- und Verwaltungsuntersuchungen, Kapitel V. § 35 , wie folgt:

(1) Das Amt führt aufgrund des Beschlusses des Landesjustizrates (OIT) bei dem Tafelgericht und den Komitatsgerichten Untersuchungen hinsichtlich der Verwaltung durch.

(2) Das Amt kann im Rahmen der Untersuchung: ... sich informieren, Einblick gewinnen, beurteilen, Informationen verlangen, kontrollieren, Meinungen äussern.

(3) Der Vorsitzende des Landesjustizrates zeichnet den vom Amt erstellten Untersuchungsbericht und übersendet dies an den Vorsitzenden des Gerichts, worauf der Vorsitzende innerhalb acht Tagen ab Erhalt gerechnet schriftlich antworten bzw. Bemerkungen machen kann.

(4) Der Landesjustizrat diskutiert den Untersuchungsbericht und die Bemerkungen an seinen Sitzungen und beschließt dann das endgültige Ergebnis.

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[11] Die peremptorische (entscheidende) Befugnis der richterlichen Gremien laut Gesetz Nr. LXVI. des Jahres 1997: die entscheidende Befugnis der Gesamtrichterlichen Versammlung (das gesamte Oberste Gericht, Tafelgericht, Komitatsgerichte): - Delegiertenwahl, - Wahl und Rückruf der Mitglieder des richterlichen Rates. Richterlicher Rat: keine peremptorischen (entscheidenden) Befugnisse.

[12] Die Zusammensetzung des Landesjustizrates aufgrund der Position der gewählten Mitglieder: Erste Wahl (Dezember 1997): 1 Person, Vorsitzender eines Stadtgerichtes; 4 Personen, Vorsitzende von Komitatsgerichten; 1 Person, Kollegiumsleiter von einem Komitatsgericht; 1 Person, stellv. Kollegiumsleiter eines Komitatsgerichts; 2 Personen, Kammervorsitzende von Komitatsgerichten. Zweite Wahl (September 2003): 1 Person, Vorsitzender eines Stadtgerichts (PKKB d.h. Zentralgericht der Pester Bezirke); 5 Personen, Vorsitzende von Komitatsgerichten; 1 Person, Kollegiumsleiter eines Komitatsgerichts; 1 Person, Vorsitzender eines Tafelgerichts; 1 Person, Kammervorsitzender eines Komitatsgerichts.

[13] Personalstärke und Aktenverkehr sind im Jahresbericht (erstellt für die Nationalversammlung) des Vorsitzenden des Landesjustizrates zu lesen.

[14] Siehe: Bericht des Landesjustizrates (OIT tájékoztató) S. 118, 131 und 135.

[15] Die Untersuchungsergebnisse sind auf der Webseite des OSI aufzufinden (www.eumap.org.).

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Resümee - Die Reform der Gerichtsorganisation in Ungarn

Die Studie untersucht den Verlauf der Organisation der Justiz in Ungarn auf Grund der Erfahrungen in der etwa zehnjährigen Zeitspanne zwischen dem Systemwechsel im Jahre 1989 und der Jahrhundertwende.

Diese Entwicklung kann auf drei Zeitabschnitte aufgeteilt werden:

- Vorstellung der Ausgangssituation, die Variante des sozialistischen Modells des Justizorganisationssystems in Ungarn, das etwa vierzig Jahre lang, zwischen 1949-1989 funktionierte;

- die zweite Epoche bis 1997, in der die bürgerliche Justizorganisation wiederhergestellt wurde, die den kontinentalen Anforderungen entspricht, dem klassischen europäischen Trend der Gewaltenteilung folgt und auf die ungarischen Traditionen aufbaut;

- der dritte Zeitabschnitt beginnt mit der Reform des Jahres 1997 und kann mit der Schaffung des neuen Verwaltungsmodells charakterisiert werden.

Die Studie stellt im Zusammenhang mit dem letzteren Zeitabschnitt fest, dass die Justizreform des Jahres 1997 auch eine Machtfrage, die prinzipiell-theoretische Anforderung der Gewaltenteilung betrifft. In Folge der Reform hat sich nämlich die im kontinentalen Rechtssystem allgemein akzeptierte Beurteilung der richterlichen Urteilssprechung und der Verwaltung verändert; die Verwaltung hat im Vergleich zu ihrer früheren Funktion eine Aufwertung erfahren. All dies kann zur Folge haben, dass die Verwaltung zu ihrer Tätigkeit ein Garantiesystem der richterlichen Unabhängigkeit fordern kann, das ausschließlich der Urteilssprechung eigen ist. Gemäß der Analyse des Modells aus politologischer Sicht trägt die Gewährleistung des juristischen Rahmens der organisatorischen Selbständigkeit und Trennung in ihren Folgen (auf Grund der Erfahrungen in den USA, sowie in Italien) auch die Möglichkeiten (Gefahren) der Verselbständigung, der Tätigkeit als selbständige Gewalt in sich.

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Summary - The Reform of the Judicial System in Hungary

The essay discusses the transformation of the Hungarian judicial system during the more than a decade between the transition of 1989 and the year 2000.

The study is divided into the following parts:

- presentation of the conditions where the whole process began; the judicial system in Hungary under Communism between 1948 and 1989;

- the period until 1997: the Hungarian judicial system was aligned with the European mainstream. It was transformed to include the separation of powers as well as relevant Hungarian traditions.

- a third period began with the reform of the Hungarian judicial system in 1997, when a new model of the administration of justice was implemented.

As for this latter, third period, the author says that the 1997 reform of the judicial system had implications for key principles of the separation of powers. As a consequence of the reform, the status of the courts shifted from the European mainstream: as compared to its earlier standing, the prestige of courts became greater. That development may have the consequence that judges might in the future require such a set of guarantees for their independence which no other players have the opportunity to obtain. When the author analyses this option with methods of political science, she finds that, provided the judiciary obtains organizational independence and legal instruments are implemented to assure its separation, then (as shown by examples in the United States and Italy) there is the option (or danger) that the judiciary will operate as a separate and independent power. ■

Lábjegyzetek:

[1] Lehrstuhl für Verfassungsrecht, Telefonnummer: (36-1) 411-6504, e-mail : ajt.fureszklara@ajk.elte.hu

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