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Barna Mezey: Zur Rolle der Kerkerstrafe in der Komitatsgerichtsbarkeit in Ungarn (Annales, 2013., 83-94. o.)

I. Der Kerker und das Komitat

Eines der prägnantesten Kennzeichen der Komitate in der ungarischen ständischen Verfassung war die Ausübung der Gerichtsbarkeit. Da der allgemeinen Auffassung nach die Anfänge der Komitatsautonomie mit dem Erhalt und mit der Ausübung der Gerichtsbarkeit verbunden waren, verwundert es kaum, dass die Rechtsprechung so gut wie zum Mittelpunkt der Organisierung der verschiedensten Komitatsaufgaben wurde. Gegen Ende des 17. Jahrhunderts musste sich die ungarische Landesversammlung mit der Situation des Komitats Esztergom befassen, da das Komitat "durch den Verlust von Újvár ganz unterworfen wurde". Damit es zur Rechtsprechung "einen bequemen, sicheren und geborgenen Platz" habe, "stellen die Stände fest, dass die Versammlungen und Gerichte von nun an, im nächsten Jahr in der Stadt Rév-Komárom abzuhalten" seien. Im Zusammenhang mit diesem konkreten Fall hielt das Parlament fest, dass es ein Erfordernis der Rechtsprechung sei, und "ein jedes Komitat über einen sicheren Sitz zu verfügen hat, wo es diese Rechtsprechungstätigkeit durchführen kann". Mit der Frage des Komitatssitzes befasste sich die ungarische Landesversammlung auch früher schon unzählige Male, aber durch diesen konkreten Fall erhob sich der Gedanke über die Einrichtung von ständigen Komitatssitzen zu einer Erwartung an den Gesetzgeber.[1]

Eine der wichtigen Maßnahmen der Landesversammlung zur Wiederherstellung der Ordnung im Lande nach den Türkenkriegen und dem Freiheitskampf von Rákóczi war das Erlassen der Vorschrift, in jedem Komitatssitz ein Komitatshaus zu erbauen. Sie ordnete an, "dass alle Komitate,

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die noch kein Komitatshaus haben, sollen sich zur Unterbringung ihrer Versammlungen und Rechtsprechungstätigkeiten, zur Aufbewahrung ihrer Archive und Urkunden, zur Verwahrung von Verbrechern und Gefangenen, und zur Vollstreckung von Urteilen ein solches einrichten, an einem sicheren, für sich selbst und für die Komitatsbewohner bequem erreichbaren Ort in der Mitte des Komitats, und möglicherweise in einer Stadt oder in einem größeren, bevorrechteten Marktflecken."[2] Wenn sich das Komitat einen Ort ausgesucht hatte, waren die Grundherren, die Magistrate der königlichen Freistädte oder die Führungspersönlichkeiten von Bergstädten verpflichtet, den entsprechenden Platz abzutreten und - gegen einen angemessenen Preis - zur Verfügung zu stellen.

II. Errichtung der Komitatskerker

Die Geschichte der Kerker entwickelte sich in organischem Zusammenhang mit der Geschichte der Komitatshäuser. Wie soeben zitiert, stellte sich die Landesversammlung des Jahres 1723 das Gebäude des Komitatssitzes als eine Einheit mit dem Kerker vor. Laut Schriften der Versammlung des Komitats Zala hatte das Jahr 1725 eine grundsätzliche Bedeutung im Leben des Kerkers. In der Komitatsversammlung vom 30. Juli beschlossen die Stände die Wiederherstellung der Burg und bestimmten zugleich den Ort des Kerkers, der selbstverständlich in der Burg war. Die Versammlungsprotokolle vom 10. September 1754 und vom 26. Oktober 1761 belegen, dass zu dieser Zeit mit den Bauarbeiten am Kerkerhaus begonnen wurde, bzw. diese innerhalb des Gebäudekomplexes bereits im Gange waren. Die so genannten alten Kerker des Komitats Vas wurden gleichzeitig mit dem Bau des neuen Komitatshauses, in den 1770-er Jahren errichtet. Dieses relativ neue Gebäude, als ein Stück des Jahrhunderts des Lichtes entstanden, kaum zehn Jahre vor der großen französischen Revolution erbaut, war in seinem Kerkerteil nach den Worten eines späteren (nicht zu weit entfernten, aber nach einer Generation maßgeblichen)

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Kritikers "die Höhle von Wilden", "das Nest der Unsitte", "die Schule des Bösen". Die "Müllhäuser der verdorbenen Sitten" und die "Schulen des Bösen" verdienten ihren Namen auch wegen ihrer Architektur. Die Gefängnisse boten ihre erniedrigenden und körperquälenden Dienste als in der Auffassung des finsteren Mittelalters unter der Erde eingerichteten "dunkle Kerker" an. Nach 12 Jahren wurde das neue Gefängnis eröffnet. Von da an war das Komitat mit den Erhaltungskosten des Gefängnisses befasst.

Der Umbau des Komitatskerkers passte in die Reihe der großen Umbauarbeiten am alten Komitatshaus des Komitats Pest. Das Gebäude wurde 1811 nach den Anweisungen des Architekts János Hild, der am mittleren Trakt arbeitete, umgebaut.[3] Das Kerkergebäude teilte den mittleren Hof in ostwestlicher Richtung in zwei Teile.[4] Das Komitat Nógrád verfügte neben den gewöhnlichen herrschaftlichen Kerkern über kein eigenes Gefängnis. Die Gefangenen des Komitats wurden in der Burg von Gács verwahrt. Der Beschluss der Komitatsversammlung vom 7. Februar 1695 ordnete neben dem Bau des Komitatshauses auch den Bau des Komitatskerkers an. Laut Pläne der Stände hätte der Kerker in Losonc erbaut werden sollen, und mit der Ausführung wurde der Vizegespan betraut. Wie die militärischen Ereignisse den Plan des Komitatshauses vom Tisch fegten, so wurde auch die Idee des geplanten Komitatskerkers um die Wende des 17. zum 18. Jh. zunichte.[5] Die Geschichte des Kerkers zog sich bis 1763 hin, als in Szügy der erste Sitz des Komitates natürlich zusammen mit dem Komitatskerker erbaut wurde. Als der Verwaltungsapparat des Komitats in den achtziger Jahren zusammen mit dem Archiv nach Balassagyarmat umzog, hatte das Komitat vorübergehend zwei Zentren. Die Gerichtsbarkeit verblieb in Szügy, und dementsprechend auch das Gefängnis.

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III. Architektonische Beschaffenheit der Kerker

Wie bekannt, wurde der größte Teil der offiziellen Gebäude des Komitats an der Stelle der ehemaligen Burg errichtet. Laut inventarium war die Haftanstalt selbst ein dreigeschossiges, aber einstöckiges Gebäude. Im Erdgeschoss war der "mittlere Kerker", darunter - schon in der Erde - der "untere Kerker", und im ersten Stock der "obere Kerker". Zum Gebäudekomplex gehörten noch die zwei Wärterhäuser, der Wärterkorridor, die Küche, die untere Kammer, die obere "Eisenkammer" und der Hof. Aus einem Plan des Gebäudes[6], der einem Verzeichnis aus dem Jahre 1856 beigefügt war, wissen wir, dass im unteren Kerker sieben Zellen (Arreste) und zwei kleinere Zimmer für Frauen (Weiber Arreste) zur Verfügung standen. Im Erdgeschoss waren weitere sechs Räumlichkeiten für die Gefangenen, zwei Wachzimmer, ein Schreibzimmer und die Küche. Im ersten Stock befanden sich 12 kleine Zellen und das Krankenzimmer. In allen Geschossen standen schon Aborte am Ende des Korridors zur Verfügung.

Die Haftanstalt wurde nach dem Konzept der inneren Zellenreihe erbaut. Die Zellen wurden in der Mitte des Gebäudes angeordnet, und sie wurden von einem Korridor umgeben. Demzufolge standen die Zellen mit den Seitenwänden zu einander, und die Fenster konnten nicht unmittelbar auf den Hof schauen und frische Luft zuführen, sondern nur auf den Korridor. Diese architektonische Lösung war aus Sicherheitsgründen sehr beliebt, aber wegen des Mangels an frischer Luft und Sonnenlicht nachteiliger.

Der Kerker des Komitats Vas wurde zusammen mit dem neu geplanten Komitatshaus erbaut, so entsprach er also der architektonischen Auffassung der Komitate gegen Ende des 18. Jahrhunderts. Das bedeutete jedoch bei Weitem nicht, dass er auch modern war. Jedenfalls handelt es sich hier nicht um ein geerbtes Gebäude, sondern um eine neu geplante und erbaute Vollzugsanstalt. Gerade deshalb ist eine Beschreibung der "alten Kerker" aus dem Jahre 1841 sehr interessant. Der Kerker befand sich im neuen, von den Ingenieuren Chevreaux und Eörsi 1779 übergebenen neuen Ko-

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mitatshaus. "Die früheren Kerker des edlen Komitats waren nämlich etwa zwei bis drei Klafter tief in der Erde drinn, bestanden aus fünf bis sechs getrennten Räumlichkeiten, in denen jeweils 20-24 Gefangene, manchmal auch mehr, in 3-4 Reihen so eingesperrt waren, dass sie tagsüber zwar in ihren Beinschellen frei waren, aber für die Nacht wurde eine lange Kette durch die Beineisen gezogen, deren Ende ins Wachzimmer gezogen wurde, und dadurch alle Gefangenen aufgereiht waren. Das ganze Gebäude glich wegen seiner Dunkelheit einer Höhle von Wildtieren, und es war selbst bei Tage unmöglich, ohne Kerzenlicht auf seinen engen Stiegen hinabzusteigen." Aber auch der so genannte innere oder obere Kerker ist nicht viel besser.[7]

Als das Komitat beschloss, einen Kerker erbauen zu lassen, nahm es den Plan des Oberingenieurs Sándor Hegedűs an. An diesem Plan würdigte der Ausschuss, dass er die Mauer des früheren Gefängnisgebäudes verwendet und dadurch erhebliche Kosteneinsparungen ermöglicht.[8] Die Fassade des Gebäudes wurde im 19. Jh. mit einem Mittelrisalit mit Tympanon geziert, und die Hauptfassade schaute auf den Hof des Komitatshauses. Es funktionierte bis zum 1. Oktober 1889 als Strafvollzugsanstalt.[9] Im 20. Jh. beherbergte es das Komitatsarchiv.[10] Der Kritiker Hegedűs, der den alten, unterirdischen Kerker vehement angriff, beanstandete daran nicht den unterirdischen Teil, sondern nur die Ausmaßen der Zellen. Das beweist der "untere Teil" des neu erbauten Objekts, denn es bestand ebenfalls aus unterirdischen Zellen. Es muss zugegeben werden, dass jede Zelle über eine vergitterte Öffnung verfügte, "durch die Licht und Wärme einfallen", und das untere Geschoss wurde sogar mit Öfen des Typs Meisner geheizt. Statt der sechs "Kauen" gab es jetzt im unterirdischen Teil 40 "abgetrennte Einzelkerker". Sándor Hegedűs plante das Gebäude nach

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dem Muster mit inneren Zellenreihen, und die Wächter absolvierten ihre Streifengänge auf dem Korridor, der die in der Mitte untergebrachten Zellen umfasste. Die Zellen waren mit durch Eisenband in Steinrahmen eingebauten Volltüren aus Holz verschlossen. Für das Erdgeschoss waren vor allem Räumlichkeiten für Dienstleistungen geplant (Kapelle, Bügelkammer, Küche, Waschraum, Lager und vier Wachzimmer), bzw. so genannte "größere Kerker" zur gemeinsamen Einsperrung von weniger gefährlichen Insassen. Auch einige Arbeitsräume für die Gefangenen wurden hier untergebracht, wie zum Beispiel die Stiefelmacherwerkstatt, die Schmiede und das Malzimmer. Auch im Erdgeschoss gab es acht Einzelzellen ("Einzelkerker, das heißt Zellenlöcher"). Auch dieses Geschoss wurde mit Meisneröfen geheizt. Im ersten Stock, also im hellsten und luftigsten Geschoss wurden das Krankenzimmer, die Wohnung und die Kammer des Burgvogts, das Zimmer für Frauen und drei Arbeitsräume untergebracht. Als ein wichtiger Fortschritt kann die vollkommene Trennung der Frauen ("von den Männern immer weit abgeriegelt") angesehen werden. Im Hof befanden sich außerdem noch eine Holzwerkstatt, der Arbeitsplatz für Fußbodenmacher, Böttcher und Holzschnitzer.[11]

IV. Einzelne Regeln des Kerkerregimes

Die Regeln für die Heiducken an den "Kerkern des Löblichen und Edlen Komitates Zala" beschrieben den Dienst, das Benehmen und die Disziplinarverhältnisse der Heiducken nicht nur im Allgemeinen, sondern sie behandelten mit besonderem Nachdruck auch die Aufgaben und Pflichten der Heiducken in Verbindung mit der Verwahrung der Gefangenen und mit der Kerkeraufsicht. Dieser Teil der Kerkerordnung liefert ein fast vollständiges Bild von den Kerkern der Wende vom 18. zum 19. Jh., natürlich aus der Sicht der Kerkeraufsicht.

Als allgemeine Regel wurde vom Komitatsausschuss festgehalten, dass Kleidungsstücke und Taschen der eingelieferten Gefangenen zu durchsuchen seien. Alle aufgenommenen Häftlinge "sindfleißig zu durchsuchen, damit keine schädlichen Gegenstände, mit denen sie sich selbst oder den

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Mithäftlingen Schäden zufügen könnten" ins Gefängnis gelangen.[12] Bei der Aufnahme kontrollierten die Heiducken unter Anleitung des Schließers den eingelieferten Gefangenen, damit "keinerlei Gegenstände, Schlüssel, Eisen, nicht einmal ein Stock" bei ihnen bleiben. Es war natürlich unmöglich, dieses Pflichtverfahren bei der Aufnahme konsequent durchzuführen, weil inzwischen Häftlinge ständig das Tor passierten, wenn sie in die Arbeit gingen oder von der Arbeit zurückkamen. Bei Gefangenenmeutereien griffen die Häftlinge das Wachpersonal fast immer mit den von der Arbeit mitgebrachten und unter der Oberbekleidung versteckten Gegenständen an.

Von der genauen Anzahl der Gefangenen wurden sehr wenig Daten überliefert, aber in einem Protokoll über die Untersuchung einer Beschwerde aus dem Jahre 1794 steht: "Männliche Gefangene ... gibt es manchmal sogar sechzig und siebzig an der Zahl".[13] Gemäß Untersuchungsprotokoll in der Sache Beschwerde gegen den Kerkermeister befinden sich im Kerker "im Allgemeinen dreißig bis vierzig Gefangenenweiber"[14]. Dementsprechend kann also die Gesamtzahl der Insassen auf 100-120 geschätzt werden.

Wie oben bei der Beschreibung der architektonischen Voraussetzungen bereits gesehen, wurden die Häftlinge nach Art oder Schwere der Straftat oder nach ihrer im Prozess eingenommenen Stellung nicht getrennt. Im Kerker des Komitats Pest waren alle vorstellbaren und annehmbaren Arten der Gefangenen anzutreffen. Sie alle wurden im so genannten System der gemeinsamen Haft verwahrt: nach dem Strafrecht Bestrafte, einem polizeilichen Verfahren Unterzogene, für eine kürzere oder längere Zeit Verurteilte, kleinkarierte Diebe und Raubmörder, Straftäter und Übertreter, Junge und Alte, Rückfalltäter und Ersttäter, Verurteilte und Untersuchungshäftlinge.[15] Wie bereits erwähnt, hatten die Frauen ihre Schlafräume im ersten Stock von den Männern getrennt, aber nicht einmal diese

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Trennung konnte einer Schwangerschaft der weiblichen Insassen vorbeugen.[16] Es blieb die Frage offen, ob das den männlichen Insassen oder den Wächtern zu verdanken gewesen sei.[17] Die Schwierigkeiten einer eventuellen Trennung der Gefangenen ergaben sich aus der ständigen Überfüllung. Im Komitatskerker war es Gang und Gäbe, dass sich eine Pritsche zwei Gefangene teilen mussten. Der Kapitän musste manchmal die Aufnahme eines Gefangenen wegen Platzmangels verweigern.

Die teilweise in unterirdischen Kerkerräumen eingesperrten Gefangenen wurden nach Maßgabe ihrer Gefährlichkeit in Eisen geschlagen, gefesselt oder in die Halsgeige gesperrt. Die Schlüssel der Schlösser, Halsgeigen, Eisen und Fesseln kamen ins Zimmer des Kerkermeisters, der diese zum Öffnen der Kerkerzellen gelegentlich herausgab. Bei dieser Gelegenheit hatte er genügend Wächter zur Stelle zu beordern, "nicht dass die Gefangenen auf irgendeine Art und Weise ausbrechen und sich befreien". Ebenfalls dem Kerkermeister oblag es, den Zustand der Schlösser, Halsgeigen, Eisen und Fesseln zu prüfen und für ihre laufende Instandhaltung zu sorgen. Er hatte den Haiducken auch zu melden, wenn er "insbesondere zur Nachtzeit" etwas Verdächtiges vernommen hatte, wie zum Beispiel wenn er "das Knirschen von Schlössern oder Halsgeigen hört". Nach der Meldung an den Kerkermeister hatte er auch die Gefangenen aufzufordern, die Tätigkeit mit Knirschgeräusch zu unterlassen.

Die Festlegung einer Tagesordnung war im Kerker der Reformzeit eine äußerst seltene Erscheinung. Die Gefangenen wurden weder beim Aufstehen noch beim Schlafengehen oder beim Essen eingeschränkt. Die Ordnung war in den Komitatskerkern ein seltener Gast.[18] Protokolle der Komitatsversammlungen belegen, dass die Gefangenen keine Beschäftigung hatten, "Pfeife rauchen, Post von den Gefangenen und für die Gefangenen befördern, schlechte Weibsbilder herbeischaffen und mit ihnen im Komitatshaus öffentlich anstößige Sachen treiben".[19]

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Auch ein Besuch war an "Wissen und Erlauben" des Kerkermeisters gebunden. Wurde er - vor Allem den Verwandten des Inhaftierten - gestattet, fand er im Kerker des Komitats Zala ausschließlich im unmittelbaren Beisein eines Heiducken und des Schließers statt. Dem Heiducken und dem Schließer wurde "unter Androhung des Amtsverlustes" auferlegt, "den Gesprächen aufmerksam zuzuhören, und das Anschneiden von Themen wie hinterlistige Befreiung, Ermittlung der Wahrheit, oder Zeugen, beim Kerkermeister sofort anzuzeigen".

Die Ernährung im Kerker des Komitats Zala war ziemlich ärmlich. Es oblag dem Schließer, die garantierte Brotmenge auszuteilen, wobei er auch die Brotqualität zu prüfen hatte. Fand er das Brot dünn, nicht gut gebacken oder unsauber, oder wenn er der Ansicht war, die Portion wäre zu klein, hatte er es sofort dem Kerkermeister zu melden, damit er eine Maßnahme ergreifen konnte. Übrigens war es entsprechend der damaligen Gewohnheiten üblich, dass die Inhaftierten von den Verwandten, Angehörigen und Bekannten verpflegt und gelegentlich auch gekleidet wurden. Der Empfang eines Pakets musste vom Kerkermeister genehmigt werden. Nachdem es aber zum Alltag geworden war, dass Pakete auch Gegenstände zur Befreiung enthielten, wurde den Heiducken und dem Schließer strengstens auferlegt, "alles zu durchstöbern, alles in Augenschein zu nehmen, auch das Geschirr, in dem Essen mitgebracht wurde, Brot und anderer Kuchen ist zu brechen und so zu übergeben, damit verborgen und geheim nichts in den Kerker eingeschleust wird, von dem die Gefangenen eine arglistige Befreiung erhoffen könnten." Ebenfalls einer Genehmigung des Kerkermeisters bedarf es, wenn den Gefangenen Wein oder Schnaps übergeben werden sollte. Wegen der Gefährlichkeit wurde dieses Verbot auch durch eine Körperstrafe von 24 Stockhieben bekräftigt.

Die abschreckenden westlichen Berichte über die Verheerungen des Kerkerfiebers trafen auch auf die ungarischen Kerker zu. Im Kerker zu Balassagyarmat wütete 1835 eine Skorbutseuche, die die Gefangenen dezimierte. Am 13. Januar 1839 beriet die Komitatsversammlung die Umstände der Pestseuche, in Folge deren Quarantäne angeordnet werden musste. "Der Oberarzt Herr János Bérczy und der Medizinprofessor József Schönbauer untersuchten das im Gesindehof des Komitatshauses ausgebrochene heiße Pestübel, und fanden es in voll entwickeltem Stadium bei drei Hei-

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ducken und drei Gefangenen. Bei weiteren zehn Gefangenen wurden seine Vorzeichen konstatiert. Um die Ausbreitung dieses ansteckenden Übels zu verhindern und kraft der Polizeiordnung halten sie es für notwendig, den Verkehr zu verbieten und den ganzen Gesindehof streng abzuriegeln, weiters empfehlen sie, die Abhaltung von Strafgerichten bis zur Verbesserung der Gesundheitslage zu verschieben."[20]

Man könnte glauben, dass die neue Zeit die Komitate zum Bau von zeitgemäßen Kerkern bewegt hätte. Dazu kam es in den meisten Komitaten nicht. Abgesehen von einigen ausdrücklich fortschrittlichen Initiativen wurden am Kerkersystem bis zur bürgerlichen Umwälzung keine wesentlichen Änderungen durchgeführt. Die Munizipien begnügten sich mit Verschärfung der Ordnung und der Disziplin, sie verstärkten durch kleinere und größere Baumaßnahmen die Kerkergebäude, an einigen Orten wurden ganz neue Kerker gebaut. Von Ágost Pulszky und Emil Tauffer wissen wir, dass die Regierung an diesen Zuständen bis zum Ausgleich nichts geändert hat. In ihrem Befund schrieben sie 1867: "In den Munizipialkerkern dagegen könnte nicht einmal der nachsichtigste Prüfer etwas Lobenswertes finden. Wo vor 1848 etliche Verbesserungsversuche unternommen wurden, in Pozsony, in Komárom, in Balassa-Gyarmat, in Arad und in Nagy Várad, ist jetzt alles genau so vergammelt und vernachlässigt, wie an Orten, wo die Jahrhunderte alten misslichen Gewohnheiten und Fehler durch nichts unterbrochen wurden."

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Resümee - Zur Rolle der Kerkerstrafe in der Komitatsgerichtsbarkeit in Ungarn

Als eine der wichtigsten Maßnahmen der Organisierung des Landes nach den Türkenkriegen und dem Freiheitskampf von Rákóczi (17031711) in Ungarn wurde von der Diät des Jahres 1723 die Errichtung von Komitatshäusern an den Komitatssitzen vorgeschrieben. Die Geschichte der Kerker verlief in enger Verflechtung mit der Historie der Komitatshäuser, da sich die Diät die Sitze der Komitate in einer Einheit mit den Kerkern vorstellte. Die Bestrebung war logisch: Der charakteristischste Knotenpunkt der Gerichtsbarkeit der Zeit war das Komitat, was den Betrieb von Gefängnissen unabdingbar machte. Als Folge des Gesetzes aus dem Jahre 1723 entstand also neben den ungarischen Gerichtsstühlen das Kerkersystem. Zwar waren Kerker auch früher nicht unbekannt, doch ihre systematische Errichtung war der Denkweise der ständischen Welt fremd. Die Studie analysiert am Beispiel mehrerer Komitate die Geschichte der Errichtung der Gefängnisse, die charakteristischen architektonischen Gegebenheiten, das in den neuen Institutionen herausgebildete Regime und die anfänglichen Schwierigkeiten.

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Summary - The Role of Jails in the County-level Jurisdiction in Hungary

As one of the major measures taken to settle the conditions following the Turkish wars and the war of independence lead by Ferenc Rákóczi II (1703-1711), the national assembly as of 1723 ordered the establishing of county houses in the county towns. The history of jails was intertwined with the history of county town as the national assembly was thinking in county houses which formed a unity with jails. This aspiration seemed to be logical: the most typical jurisdictional centre of the era was the county town, which made it essential to operate there places for detention. Thus a system of jails was established next to second instance courts in Hungary based on the Act of 1723. Jails were not a novelty, but establishing them systematically was alien to the way of thinking of the feudal world. The study presents the history of the construction of jails, the characteristic architectural amenities, the regime developed in the newly established institutions and the initial difficulties by analysing the patterns seen in several counties. ■

ANMERKUNGEN

[1] 1681:50. tc. Esztergom megye törvényszéke vagy gyűlései Rév-Komárom városában tartandók. (Gesetz Nr. 1681:50. darüber, dass Gerichte und Versammlungen des Komitates Esztergom in Rév-Komárom abzuhalten sind.)

[2] 1723:73. tc. annak a helynek a földesurak birtokain leendő átengedéséről, ahol Tolna és más hasonló állapotban levő megyék törvényszékeiket tartsák, hivatalos irataikat őrizzék s a törvényhatósági hatalmat gyakorolják. (Gesetz Nr. 1723:73. über die Abtretung von Orten auf den Besitzen von Grundbesitzern, damit dort die Komitate Tolna und andere, ihre offiziellen Unterlagen aufbewahren und die Gerichtsbarkeit ausüben können.)

[3] Tóth, Endréné (szerk.) 1970: Budapest Enciklopédia. [Enzyklopädie von Budapest] Budapest, 1970., Verlag Corvina. S. 368.

[4] Czellár, Katalin - Somorjai, Ferenc: Magyarország. [Ungarn] Budapest, 1998., Medicina Könyvkiadó Rt. S. 208.

[5] Reiszig, Ede Nógrád vármegye története 1867-ig. In: Borovszky Samu (szerk.) Nógrád vármegye, [Komitat Nograd] Budapest, 1911: Országos Monográfia Társaság (Magyarország vármegyéi és városai. Magyarország monográfiája). S. 465.

[6] Plan Skizze des Arrest - Gebaudes zu Zala Egereszeg. ZmL IV. 154. A zalaegerszegi cs. kir. Megyei Törvényszék (k. k. Comitatsgericht in Zalaegerszeg) iratai 1855-56. rendezetlen iratok. "Egy kis jegyzék az Zala Egerszegi Börtönök nevezetesebb hiányairól." (Komitatsarchiv Zala)

[7] Hegedűs, Sándor: Tekintetes Vas vármegyének Szombathelyen ujan épített börtönei 's abban fellálított javító intézet' története kezdetétől tökélletes kifejtéséig, jelen állapotjával együtt. [Die neue Gefängnisse von Szombathely und in diesen errichteten Besserungsanstalt von Anfang an bis zu seinem perfekt Form mit seinem gegenwärtigen Zustand] Kőszeg. 1841, Nyomatott Reichard Károly betűjivel. S. 1.

[8] Hegedűs 1841, S. 2.

[9] Lőrincz, József - Nagy, Ferenc: Börtönügy Magyarországon. [Gefängniswesen in Ungarn] Budapest, 1997., Büntetés-végrehajtás Országos Parancsnoksága. S. 234.

[10] C. Harrach, Erzsébet - Kiss, Gyula Vasi műemlékek. [Kunstdenkmäler in Komitat Vas] (Településtörténet, építészettörténet, művelődéstörténet). Szombathely, 1983: Vas Megyei Tanács. S. 393.

[11] Hegedűs 1841., S. 5-6.

[12] Panasz Szala Egerszegi Porkoláb Koppányi József ellen. ZML IV. 1. a. 1794. május 21. (Komitatsarchiv Zala)

[13] ZML IV. 1. a. 1794. május 21.

[14] ZML IV. 1. a. 1794. május 21.

[15] Dombóváry, Géza: Fenyítő eljárás és büntetési rendszer a XIX század első felében. [Peinlicher Prozess und Strafsystem in erster Hälfte des 19. Jahrhunderts.]. Budapest, 1906, Rényi Károly kiadása. S. 308.

[16] Dombóváry 1906,. S. 311.

[17] Dombóváry, Géza: Törvénykezés. [Die Rechtsprechung] In Borovszky Samu (szerk.) PestPilis-Solt-Kiskun vármegye. II. (Magyarország vármegyéi és városai. Magyarország monográfiája) Budapest, 1910, Országos Monográfia Társaság S. 320.

[18] Dombóváry 1906, S. 308.

[19] Dombóváry 1910, S. 321.

[20] Nógrád Megyei Levéltár, Közgyűlési Jegyzőkönyvek. IV. 1. a. 110. kötet, 203/1639. Vgl. Reiter László: A balassagyarmati börtön építéstörténetének levéltári forrásai. In: Nagy Iván Történeti kör Évkönyve. Szerk. Tyekvicska Árpád. Balassagyarmat, 1994., kiadja a Nógrád Megyei levéltár Balassagyarmati Részlege., S. 87.

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