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András Karácsony[1]: Das neuzeitliche Wissenschaftsideal und die Rechtswissenschaft* (Annales, 2009., 139-152. o.)

Wenn wir die Beziehung zwischen dem neuzeitlichen Wissenschaftsideal und der Rechtswissenschaft untersuchen, dann sind wir mindestens doppelt in einer schwierigen Lage. Einerseits, weil das neuzeitliche Wissenschaftsideal grundsätzlich im Hinblick auf die Änderungen in den Naturwissenschaften entstanden ist, und die Rechtswissenschaft sich nicht auf diesem Gebiet befindet. Andererseits müssen wir auch sehen, dass die Geschichte der Rechtswissenschaft Jahrhunderte hindurch nur locker mit dem allgemeinen Wissenschaftsideal verbunden war. Die Rechtswissenschaft des Mittelalters und der Frühneuzeit hatte nämlich keinen theoretischen Charakter, sie gestaltete sich als eine praktische Wissenschaftsform in der Rezeption des Römischen Rechts.[1] Erst vom 18. Jahrhundert an ist es zu sehen, dass die Rechtswissenschaft als Konkretisierung des allgemeinen Wissenschaftsideals auf dem Gebiet des Rechts erscheint. Ein exzellentes Beispiel für diesen "Sonderweg" ist die Geschichte der rechtlichen Hermeneutik, die sich lange Zeit ziemlich unabhängig von der Denkgeschichte der philosophischen Hermeneutik gestaltete.[2] Das vorhin erwähnte allgemeine Wissenschaftsideal formierte sich seit den großen griechischen Denkern (Platon, Aristoteles) innerhalb des philosophischen Denkens. So war das auch im Mittelalter, nur mit dem kontextuellen Unterschied, dass zu dieser Zeit das philosophische und das theologische Denken zusammenfielen.

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Im Folgenden werden drei Gebiete untersucht:

I. die Charakteristischen Züge der im letzten Drittel des Mittelalters (vom 13. Jh. an) präsenten Wissenswelt, die für das neuzeitliche Denken als eine wirksame Tradition erschien,

II. das "Doppelprogramm" des neuzeitlichen Wissenschaftsideals,

III. Leibniz' Gedanken bezüglich der Wissenschaft, konkret: der Rechtswissenschaft.

I.

Im letzten Drittel des Mittelalters (13-16. Jh.) entfalteten sich drei, voneinander unabhängig existierende Gebiete der Erkenntnis:

- Die Studenten der Universitäten nahmen an einer systematischen theoretischen Ausbildung teil. In diesem schulischen Wissen hatten Experimentieren oder Erforschen der Gründe von Erfahrungserscheinungen keinen Platz. Die Studenten befassten sich mit Texten und natürlich mit der Logik, die zur Untersuchung der in den Texten formulierten Behauptungen notwendig war.

- Dabei ist auch das so genannte Werkstattwissen anzutreffen. Es geht hier darum, dass die Meister und die Handwerker (z. B. Zimmerleute, Schiffsbauer) bestrebt waren, ihr Wissen im Laufe ihrer alltäglichen Arbeit zu vermehren. Das jedoch nicht mit dem Ziel, das System des theoretischen Wissens (sie genossen doch keine systematische theoretische Ausbildung) zu erweitern, sondern sie wollten einfach ihre Arbeit besser verrichten können und praktische Lösungen finden, durch die sie zu besseren Meistern werden als die anderen. Mit diesem Ziel untersuchten sie die Gründe der empirischen Erscheinungen durch Experimentieren. Dieses praktische, nach dem Grund fragende "Werkstattwissen" vermehrten die Ärzte durch Untersuchung der menschlichen Anatomie, und - insbesondere in der Renaissance - auch die Künstler, vor allem Bildhauer und Maler. Diese Letzteren taten es sinngemäß nicht mit dem Ziel der Heilung, sondern um die Sachen wahrheitsgetreu abbilden zu können.

- Drittens müssen wir an das Wissensmaterial der Humanisten denken. Die Humanisten waren wichtige Personen der königlichen und fürstlichen Höfe, sie waren vor allem als Berater oder als Erzieher tätig. Sie strebten nicht nach systematisiertem theoretischem Wissen. Sie befassten sich weder mit Experimentieren noch mit Ergründen der Ursachen. Beraten und Erziehen erforderten nämlich gleichermaßen praktische Kenntnisse.

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Diese drei Gebiete der intellektuellen Tätigkeit hatten mit einander keine Berührungspunkte. Vom 16-17. Jh. an aber - und das ist die Neuigkeit, die in Richtung Entstehung der modernen Wissenschaft weist - verschränkten sich diese Gebiete immer handgreiflicher. Das zeigt sich am ehesten an der Tätigkeit von Galilei, der sich bei Erarbeitung des systematisierten theoretischen Wissens auf Experimente stützte, und nach Ergründung der Ursachen empirischer Erscheinungen strebte. Man darf auch nicht vergessen, dass er wegen seiner richtungweisenden Tat als Fortsetzer der humanistischen Traditionen anzusehen ist, weil nämlich durch ihn neben dem damals üblichen Latein in der Wissenschaft das Italienisch, die "Sprache des Volkes" Eingang in die Sprache der Wissenschaft fand.

Die Verschränkung der verschiedenen Gebiete des Wissenserwerbs ist nicht unabhängig von der Änderung, die kurz als Änderung in den Zielen der Wissenschaft zu beschreiben ist.[3] Und hier geht es grundsätzlich um die Naturwissenschaft. Die Frage ist, mit welchem Ziel die Denker der früheren Zeiten die Naturforschung für wichtig gehalten haben? Die Wurzeln des wissenschaftlichen Denkens reichen bis zur babylonischen und griechischen Kultur zurück. Die Astronomen von Babylon beobachteten den Himmel, weil sie der Meinung waren, die himmlischen Erscheinungen und Zeichen ("Omina") seien mit den irdischen Ereignissen verbunden. Sie glaubten, wenn man im Stande sei, die Ereignisse des Himmels vorauszusagen, könne man auch die irdischen Geschehnisse im Voraus sehen. Das wirkliche Ziel der Astronomie war also die Vorhersage der irdischen Ereignisse. Die Betrachtung der Natur diente - obwohl sie sich der Beobachtung des Himmels und der damit verbundenen mathematischen Verfahren bediente - zur Vorbereitung auf die irdischen Geschehnisse. Warum sich die Himmelskörper so bewegen wie sie sich bewegen - diese Frage beschäftigte die Babylonier nicht sonderlich. Sie interessierten sich also für die Geschehnisse der Natur nicht mit dem Ziel, sie zu verstehen.

Vollkommen anders war demgegenüber die Anschauungsweise der Griechen. Die griechischen Philosophen wollten die Natur der Dinge verstehen, und nicht die Änderungen der Dinge voraussagen. Was allerdings nicht bedeutet, dass sie gegenüber den Änderungen der Dinge gleichgültig gewesen wären. Im Gegensatz! Die Änderungen beschäftigten sie, aber sie wollten deren Ursachen und Ziele aufdecken, und sie nicht nur einfach voraussagen. Im griechischen Denken bedeutete das wissenschaftliche Wissen die Fähigkeit, die beobachteten Erscheinungen erklären zu können. Im späten Hellenismus gab es zwar Versuche, die Voraussage und die Erklärung (die babylonische und die griechische Tradition) mit einander zu vereinen, wie z. B. im Wirken von Ptolemaios, doch wurde dabei die Voraussage betont, und nicht das Gleichgewicht der beiden Ziele.

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Seit dem 17. Jh., seit der Entstehung der neuzeitlichen Wissenschaft ist eine Verflechtung der Erklärung mit der Vorhersage zu beobachten. Das Wirken von Kopernikus, Galilei, Kepler und Newton gestalteten zusammen mit den philosophischen Analysen von Bacon und Descartes die bis heute wirkende Bestrebung in den Zielsetzungen der Naturforschung, dass die Wissenschaft die Erscheinungen mit Hilfe der Verbindung von theoretischem Denken und Erfahrungssammlung so zu erklären habe, dass sie gleichzeitig dazu fähig sei, die Änderungen der Dinge vorherzusagen. Sie betrachteten die erworbenen Kenntnisse nicht als endgültiges Wissen, wie die Griechen, sondern als etwas, was ständig zu prüfen sei, und der wichtigste Beweis für die Richtigkeit der Erklärung gerade ihre Fähigkeit zur Vorhersage werde.

Als Nächstes soll erwähnt werden, dass sich der Erfahrungsbegriff der Wissenschaft - ebenfalls auf dem Gebiet der Naturwissenschaften - in der Neuzeit geändert hat. An die Stelle des früheren, phänomenalen Begriffs der Erfahrung trat ein neuer, instrumentaler Begriff.[4] Die Denker der früheren Zeiten, also der in der Aristotelischen Tradition wurzelnden Scholastik hielten es für selbstverständlich, wenn sie ihre verschiedenen physischen Theorien über die Welt aufstellten, dass die theoretischen Thesen der Physik durch die alltäglichen ("normalen") Erfahrungen untermauert werden müssen. Demnach arbeitete der Wissenschaftler mit ähnlichen Erfahrungen wie der Alltagsmensch: er erfuhr die gegebene Erscheinung auf die gleiche Weise, wie alle anderen Menschen. Alle können z. B. zum Himmel hinaufschauen und den Stand der Sterne sehen. Nicht so taten es die Wissenschaftler der neuzeitlichen Wissenschaft. Sie waren bestrebt, spezielle (d. h. instrumentale) Erfahrungen zu sammeln, die ausgesprochen zur Aufstellung und Prüfung von wissenschaftlichen Theorien dienten. Es ging entweder um die Benutzung von neuen, speziell zum Erwerb von wissenschaftlichen Kenntnissen dienenden Geräten (z. B. Fernglas), oder um Tausende von verschiedenartigen Versuchen. Von da an wichen schon die Erfahrungen der Wissenschaftler von den normalen Erfahrungen des Alltagslebens ab.

II.

Wenn wir uns mit dem neuzeitlichen Wissenschaftsideal beschäftigen, haben wir es - scheinbar - leicht: in den kurrenten Werken der Fachliteratur über die Wissenschaftsgeschichte und die Wissenschaftstheorie können wir über das "Bacon projeckt" lesen, was uns eindeutig klarmacht, dass dieses Wissenschaftsideal mit dem Wirken von Francis Bacon verbunden ist. Ja sogar noch mehr! Es handelt sich nicht einfach um das Wissenschaftsideal, sondern um das verwirklichte Wissenschaftsideal. Den Kern dieses Wissenschaftsideals bildet das Gegenübertreten der Aristotelisch-scholastischen Tradition, ganz konkret

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der Annahme, dass der Weg des Erwerbs von Wissen und die Methode der Bestätigung von wahren Kenntnissen das deduktive Verfahren sei. Demgegenüber empfiehlt Bacon die Induktion, also die Anschauungsweise, die sich auf die Empirie stützt.

Bacon (1561-1626) spielte auf zwei Gebieten eine wichtige Rolle. Einerseits führte er die bereits erwähnte methodische Neuerung ein, indem er seinen Vorschlag bezüglich der induktiven Methode (Novum Organum) in der "Kritik der Idole" begründete, andererseits war er "wissenschaftspolitisch" tätig. Während seiner Laufbahn als Politiker und Philosoph wandte er sich mehrmals an Königin Elisabeth und an ihren Nachfolger, König Jakob II., an die wichtigsten Staatsmänner seiner Zeit, bzw. an die Öffentlichkeit. Er wollte nicht nur die Notwendigkeit der wissenschaftlichen Forschungen vor seinen Wissenschaftlerkollegen theoretisch darstellen, sondern er suchte auch politische Unterstützung zur gesellschaftlichen und politischen Akzeptanz der wissenschaftlichen Forschungen. Die meisten Gründer der Royal Society folgten Bacon im Denken über das Verhältnis zwischen Wissenschaft und Gesellschaft. Seine Wirkung war auch auf dem Kontinent sehr groß. Ohne zu übertreiben kann man sagen, dass die Academia del Cimento in Florenz, die französische Académie des Sciences und die preußische Akademie der Wissenschaften nach den Plänen von Bacon entstanden sind.[5]

Worauf berief sich Bacon, als er die gesellschaftlich-politische Akzeptanz der Wissenschaft erreichen wollte? In seiner Argumentation betonte er die Verknüpfung eines gewissen Wertes (der Wahrheit) mit einem gewissen Interesse (der Nützlichkeit). Er schrieb darüber, dass die Wahrheiten der Wissenschaft, welche die Entdeckung der Naturprinzipien bedeuten, gleichzeitig auch nützlich sind. Die Natur selbst ist für die Menschen nützlich, demzufolge ist auch die Wissenschaft nützlich, welche die Natur entdeckt. Die Wissenschaft verhilft der Menschheit zum Beherrschen der Natur, und damit wird nicht nur einfach die Abhängigkeit von der Natur aufgehoben, sondern auch Humanität und Wohlstand werden zunehmen. Die Frage ist, was mit dem Menschen geschehen soll? Der Mensch ist nämlich auch ein Teil der Natur, also ein potenzielles Forschungsobjekt. An diesem Punkt bezeigten aber die neuzeitlichen Denker ziemliche Vorsicht. Sie entzogen der Forschung "den Menschen" (damit auch seine grundlegenden Beziehungen zur Welt: Religion, Politik, Moral) als potenzielles Forschungsobjekt.

Eines der wichtigsten "außerwissenschaftlichen" Ergebnisse des wissenschaftlichen Denkens im 17. und 18. Jh. war, dass es ihm gelang, der Gesellschaft (vor allem den Akteuren und Institutionen der Politik und der Religion) klar zu machen, wie wichtig die wissenschaftliche Forschung ist. Sie ist eine Tätigkeit,

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deren freie Ausübung sicherzustellen, ja sogar zu privilegieren (unterstützen) ist. Die erkämpfte Legitimität ist auch daran zu sehen, dass die Existenz der Wissenschaft nicht einmal in Krisen in Frage gestellt wurde. Die Stärke der Legitimität entspringt ihrer Mehrschichtigkeit. Diese Schichten, die einander gegenseitig stärken, sind wie folgt zu summieren:

- In der Legitimität der Wissenschaft spielte eine wichtige Rolle, dass die Wissenschaftler in der gesellschaftlichen Öffentlichkeit anerkennen ließen, dass die Freiheit der Forschung mit gewissen gesellschaftlichen Werten verknüpft sei, und zwar grundsätzlich mit dem Wert der Freiheit und der Herrschaft über die Natur.

- Die Wissenschaftler begründeten für die gesellschaftliche Öffentlichkeit sehr überzeugend, dass ein sehr wichtiges gesellschaftliches Interesse darin bestehe, die Selbstständigkeit der Wissenschaft anzuerkennen bzw. zu unterstützen, da die Wissenschaft zur Verbesserung des Lebens beitragen könne.

- Die Wissenschaft hat sich durch den Ausschluss des Menschen als religiöses, moralisches, politisches und denkendes Wesen von den möglichen Forschungsgegenständen freiwillig abgegrenzt. Dadurch versicherte sie etwa der Gesellschaft, dass der Mensch im Zuge der Forschung nicht instrumentalisiert werde, die Forschung ihre Freiheit nicht missbrauchen werde, und sie nicht zum Nährboden umstürzlerischer, gesellschaftsändernder Ideen werde.

- Die Ausübung der wissenschaftlichen Tätigkeit sowohl in Form individueller als auch Gruppenforschung in Akademien oder wissenschaftlichen Gesellschaften, und sogar - was hauptsächlich für das 20. Jh. typisch ist - die organisierte Unterstützung der Forschungen durch den Staat als Auftraggeber wurden anerkannt.

Dieses Legitimationsschema wird von der Forschern der Wissenschaftsphilosophie, der Wissenschaftssoziologie und der Wissenschaftsgeschichte "BaconProjekt" genannt.[6]

Gleichzeitig war in der neuzeitlichen (modernen) Wissenschaft neben dem von Bacon abstammenden Wissenschaftsideal auch eine andere Wissenschaftsauffassung zugegen. Sie ist eher bei den systematisierenden Theorien zu beobachten, die Anspruch auf den Ausbau eines Systems erheben. Dieses andere Wissenschaftsideal kann "geometrische Anschauungsweise" genannt werden. In dieser Annäherung spielte die deduktive Denkweise nach wie vor eine

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Schlüsselrolle. Denken wir vor allem an Descartes (1569-1650), mit dessen Namen nicht nur die Methode des radikalen Zweifels sondern auch die geometrische Sichtweise verbunden war; mit einem anderen Wort der Rationalismus, der damals zugleich bedeutete, dass nach seinem Vertreter das Denken, der Inhalt des Wissens durch gewisse, uns angeborene Ideen begründet wird. Gemäß diesem Rationalismus besteht die Methode der Wissenschaft in der Deduktion, das heißt, man habe von allgemeinen Grundprinzipien auszugehen. Hier ist es zu bemerken, dass Locke, der das Wissen auf die Erfahrung zurückführte, die Lehre von den angeborenen Ideen stark kritisierte. Das war die erste neuzeitliche Konfrontation zwischen der empirischen und der deduktiven Anschauungsweise. Die spektakuläre Wirkung der geometrischen Anschauungsweise von Descartes ist übrigens an der "Ethik" von Spinoza zu sehen.

Pascal (1623-1662) schrieb seine wirkungsvollen Werke ebenfalls als Anhänger der geometrischen Anschauungsweise.[7] Er ist nämlich der Ansicht, dass man die Kunst der Aufdeckung unbekannter Wahrheiten in der Geometrie finde. Die Ordnung der Geometrie sei deshalb wahr, weil sie der Ordnung der Natur entspreche. Die Geometrie arbeite mit selbstverständlichen Ausdrücken, weil diese dank entweder dem natürlichen Schein des Verstandes oder den Definitionen für alle Menschen verständlich seien. Die göttlichen Wahrheiten gelangen aus dem Herzen in den Geist, man müsse sich also nicht nur auf den Verstand, sondern auch auf die Seele stützen. Laut Pascal sei die Kunst der Überzeugung die Kunst, wie Gefallen erweckt wird, im Gegensatz zu Bacon, der meinte, man solle immer zweifeln, wenn einen eine Behauptung erfreut. Darüber hinaus ist auch bekannt, dass Thomas Hobbes, der eine ziemlich bedeutende Wirkung auf die spätere Geschichte der Gesellschafts- und Politikphilosophie hatte, das induktive Verfahren verwarf, und ein Anhänger der Deduktion, der geometrischen Anschauungsweise war.

Zum Schluss sollen hier die wissenschaftsgeschichtlichen Forschungen von Joseph Ben-David angeführt werden, nach denen in der Gesellschaftswissenschaft des 19. Jh. eine bemerkenswerte neue Erscheinung anzutreffen sei.[8] Auf dem Kontinent (und hier geht es in erster Linie um das französische und deutsche wissenschaftliche Leben) erschienen in der Welt der Gesellschaftswissenschaften "Propheten" (Comte, Marx). Propheten, die sich nicht der akademischen Wissenschaftlichkeit fügten, sondern von ihren Anhängern Bewegungen organisierten. Sie opponierten nicht einzelne Teile der Wissenschaft, sondern die Wissenschaft als Ganzes. Warum spielten die Erneuerer auf dem Kontinent die Rolle der Propheten, und warum nicht in England? Das war die Frage von

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Ben-David. Seiner Meinung nach bestehe die Ursache darin, dass die (Gesell-schafts-)Wissenschaft auf dem Kontinent in der akademischen Welt als ein kohärentes System erschienen sei, und die verschiedenen Wissenschaftsgebiete in ihrer strengen Abgegrenztheit institutionalisiert worden seien. Die Akzeptanz des Wissenschaftssystems als Ganzes sei also gegeben gewesen, und vom jeweiligen innovativen Gesellschaftswissenschaftler habe man nur erwartet, dass er "die leeren Stellen füllt". Was konnten aber diejenigen tun, die das wissenschaftliche System als Ganzes in Frage stellten? Diese Gesellschaftswissenschaftler, die um Anerkennung kämpften, versuchten, die Wissenschaft als Ganzes durch Organisieren von Bewegungen zu opponieren, und in dieser Rolle der totalen Negation konnten sie nicht als Reparateure einzelner Teilgebiete erscheinen, sie wurden zu Propheten. Die Situation war aber in England anders. Da ein dem übergreifenden gesellschaftswissenschaftlichen Bild entsprechendes Wissensbild nicht institutionalisiert wurde, konnten die Verbreiter von neuen Gedanken leichter einen Platz im akademischen Leben bekommen. Ben-David lässt vermuten, dass es in England einfach um einen niedrigeren Grad der Wissenschaftsentwicklung gehe. Diese Situation kann jedoch auch damit erklärt werden, dass die im englischen wissenschaftlichen Leben herrschende empirische Anschauungsweise einfach nicht dazu gekommen ist, die Wissenschaft als Ganzes zu definieren. Genau deshalb machten einzelne Erneuerungsgedanken das (nicht existierende) Ganze niemals fraglich.

Nach all dem Gesagten kann der Schluss gezogen werden: das neuzeitliche Wissenschaftsideal ist viel komplexer, als dass man es lediglich mit den Bacon'schen Gedanken, bzw. durch ihre Wirkungsgeschichte beschreiben könnte. Die Elemente der Aristotelischen scholastischen deduktiven Wissenschaftsauffassung bezeigen eine allzu große Uberlebenskraft, als man sie überschauen könnte. Eine Eigenschaft der neuzeitlichen Wissenschaft ist es, dass sie außerhalb der Universitäten entstanden ist. Kopernikus, Galilei und Kepler waren keine Universitätsprofessoren. Es hätte ja gar nicht anders geschehen können, weil die Welt der im Mittelalter gegründeten Universitäten eine sehr starke interne Regulierung hatte, die den theoretischen Neuheiten kaum einen Raum ließ. Die Universität war für den Wissenschaftler der Platz der Kontinuität der Ideen und des Denkens, und der Ort der Konsensbildung. Revolutionäre Ideen hatten hier keinen Platz. Deshalb war der "von Problem zu Problem" führende Gedankengang der Forscher gezwungen, im 17. und 18. Jh. in den verschiedenen Gelehrtengesellschaften, in den Akademien und im Briefwechsel der Wissenschaftler zu erscheinen. Kurzum: "die unsichtbaren Kollegen" bildeten den geistig-gesellschaftlichen Hintergrund der Neuheiten. "Newtonianer", "Cartesianer" und "Leibnizianer" als wetteifernde Kode der Problemverallgemeinerung verlangten Vertiefung, aber die am Kanon festhaltende Atmosphäre der Universitäten war dazu nicht geeignet. Erst nach dem Sieg der Newtonschen

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Philosophie, gegen Ende des 18. Jahrhunderts kehrte die Forschung zurück in die Universitäten, und für die neu entstandenen Wissenschaften wurden entsprechende Fakultäten gegründet.

Die neue Universität war anders als die des Mittelalters:

- Der Professor betonte seine Zugehörigkeit zur "unsichtbaren Gemeinschaft" (zur wissenschaftlichen Gemeinschaft),

- Die angewandte Wissenschaft blieb bis zum Anfang des 19. Jh. zweitrangig, während auf den Gebieten der Medizin, der organischen Chemie und der Elektrizität die Anwendung wichtig wurde. Damit wurden die angewandten Wissenschaften anerkannt, die sich von der "reinen Theorie" klar trennten und loslösten,

- Von der Mitte des 19. Jh. an begann man an den deutschen Universitäten (und das wurde später von den Universitäten Mittel- und Osteuropas und der USA auch übernommen) Institute zu gründen, die finanziell von den Universitäten mehr oder weniger unabhängig waren. Sie genossen die unmittelbare Unterstützung einzelner Großunternehmen, Mäzene oder sogar des Staates. In der Forschungsarbeit wurden sie ganz unabhängig von den Universitäten. Ein Institut schuf dem leitenden Professor die ideale Möglichkeit, eine "Schule" zu gründen. Er wählte die am besten geeigneten Studenten aus, die später als Forscher - da die Forschung in den Instituten systematisiert war - auf Grund der Ausgangsidee das "abdeckbare" Fachgebiet schufen.

III.

Leibniz (1646-1716) schuf sowohl als Philosoph, als auch als Mathematiker und Rechtswissenschaftler etwas Bedeutendes. "Leibniz ist an und für sich eine Akademie", sagte Friedrich der Große nicht zufällig. Seine Wirkung ist bis heute erheblich,[9] obwohl ein Teil seiner Werke unbeendet blieb, bzw. bis heute nicht veröffentlicht wurde. Seine einzige umfangreiche philosophisch-theologische Studie "Theodicee" wurde von den Zeitgenossen abgelehnt. Sein Schüler, Christian Wolff und seine Anhänger führten seine metaphysischen Vorstellungen (z. B. das Konzept von der prästabilisierten Harmonie und von den Monaden) weiter. Seine Wirkung beruht auf seinem riesengroßen Briefwechsel. Er stand mit 1.100 Menschen im Briefwechsel und schrieb in seinem Leben 15.000 Briefe. Diese Briefe waren so genannte wissenschaftliche Briefe, in

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denen er seine Stellungnahme zu konkreten Fragen und Problemen dem Briefpartner ausführte. Paradoxerweise hat die verzögerte Herausgabe seiner Manuskripte seiner lang anhaltenden Wirkung geradezu geholfen. Das hielt nämlich die Gedanken von Leibniz immerfort am Leben.[10]

Die intellektuelle Ausrichtung von Leibniz ergab sich auch aus der Situation seiner Familie, denn sein Vater war Professor der Moralphilosophie an der Universität zu Leipzig. Der junge Leibniz begann schon mit 15 Jahren an der Universität Mathematik und Philosophie (bei Jakob Thomasius) zu studieren. Mit 17 Jahren erwarb er den Titel BA, und im gleichen Jahr nahm er auch das Studium der Rechtswissenschaften auf. Mit 18 war er schon Magister der Philosophie (seine Dissertation, in der er die Philosophie mit der Rechtswissenschaft kombinierte, befasste sich mit der Theorie des hypothetischen rechtlichen Urteils), und ein Jahr später erwarb er auch schon in der Rechtswissenschaft den BA. Mit 21 Jahren wurde er gleichzeitig Doktor der Philosophie und der Rechtswissenschaften. Ihm wurde eine Stelle an der Universität angeboten, aber weil er die Reform der Juristenausbildung für eine grundlegende Angelegenheit hielt und diese nicht ermöglicht wurde, stellte er sich in die Dienste des fürstlichen Hofes in Mainz. Er schrieb auf Lateinisch, Französisch und auf Deutsch.

Leibniz bemühte sich, eine universale Wissenschaft zu skizzieren und zu begründen. Mit dieser Bemühung stand er übrigens im 17. Jh. nicht allein (Ramón Llull, Descartes), und er legte dazu mit einer neuen Logik und Zeichenlehre den Grundstein. Obwohl er weder die natürliche noch die logische Sprache nicht für geeignet hielt, das System der Zeichen auszulegen, basierte er lieber auf die natürliche Sprache. Er bemühte sich, die Struktur der Begriffe und der Aussagen zusammen, mit einem logischen Kalkül darzustellen, wodurch das Denken zum Kalkulieren (Rechnen) werden könnte.

Er führte ernsthafte Diskussionen mit den maßgebenden Denkern seiner Zeit:

Hobbes-Kritik: Laut Hobbes beruht die Wahrheit der Wissenschaften auf Konventionen, weil die Wissenschaften von Definitionen abhängen, und die Definitionen selbst sprachliche Konventionen sind. Laut Leibniz aber erhält das Zeichen innerhalb eines Zeichensystems seine Bedeutung (z. B. das Prinzip der Widerspruchslosigkeit muss unter Berücksichtigung auch des Prinzips der Identität definiert werden), und zwar so, dass es in der Struktur der Zeichen und der Dinge eine Isomorphie gibt, wir können also nicht einfach auf Grund der Konventionen über die Wahrheit sprechen. Darüber hinaus bestritt Leibniz

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auch den Bestand des Naturzustandes,der Mensch ist des Menschen Wolf', denn seiner Meinung nach sei der Mensch von Natur aus gut, und er sei fähig, dem Verstand zu folgen.

Descartes-Kritik: Descartes gegenüber behauptete er, dass sein Wahrheitskriterium (wahr ist, was ich klar und eindeutig wahrnehme) die Möglichkeit der Überprüfung einer Behauptung ausschließe. Die Lage wäre aber auch dann nicht besser, wenn das Überprüfungsprinzip zur Geltung käme: In diesem Fall würde die Feststellung des Wahrheitskriteriums (der Klarheit und der Eindeutigkeit einer Kenntnis) ein Kriterium erfordern, und das würde zu einem unendlichen Regress führen. Außerdem hielt Descartes die Bedeutung der Philosophiegeschichte für weniger wichtig, seiner Meinung nach stelle der Wissenschaftler seine Betrachtungen allein an, während laut Leibniz die Erforschung der Wahrheit durch Kennenlernen fremder Gedanken erfolge, das heißt, es sei eine geschichtliche Methode erforderlich, welche die Gedanken der Vorgänger auch erfasst.

Locke-Kritik: Leibniz stellte die Frage nach der Herkunft der Kenntnis antipsychologisch, und er stellte sie als eine Frage nach den Voraussetzungen der Gültigkeit der Kenntnis in den Mittelpunkt (quid juris), während Locke auf die Frage der tatsächlichen Entstehung der Kenntnis neugierig war (quid facti). Leibniz meinte, Locke habe sich geirrt, als er für möglich hielt, die primären und die sekundären Eigenschaften in der Wahrnehmung zu unterscheiden. Leibniz war nämlich der Meinung, die Wahrnehmungsqualitäten seien nur konfus zu erfassen. Die differenzierte (abgegrenzte) Kenntnis bestehe nicht in der Wahrnehmung, sondern sie entstehe in der Vernunft.

Laut Leibniz ist die Wissenschaft nicht nur - wie das Aristoteles dachte - die Befriedigung der Neugier, sondern sie ist auch nützlich. Sie ist nützlich, weil sie das Glück (felicitas) erhöht. Und das bedeutet zwei Sachen: das gute Leben und das seelische Glück. Bezüglich des Sinnes und des Ziels der Wissenschaft kam also Leibniz zu einer mit der von Bacon verwandten Einsicht (die Nützlichkeit stellt bei beiden Denkern eine zentrale Eigenschaft der Wissenschaft dar), mit dem Unterschied, dass Leibniz unter Nützlichkeit auch das seelische Glück verstand.

Die allgemeine Wissenschaftslehre von Leibniz betonte zweierlei Unterscheidungen: einerseits die Unterscheidung zwischen theoretischen und praktischen (empirischen) Wissenschaften. Die theoretische Wissenschaft dient der Vervollkommnung der Seele, während die empirische Wissenschaft dem Schutz und der Pflege des Körpers (des Trägers der Seele) dient. Die Methoden der theoretischen Wissenschaft basieren auf der Analyse, was zur Kunst der Argumentation führt, während die praktische Wissenschaft Kombinationen und Synthesen entstammt, was zum Erfinden des Neuen führt. Andererseits betonte

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er die Unterscheidung zwischen dem systematisierten und dem angehäuften Wissen. Leibniz war der Ansicht, dass die Ordnung, die Harmonie der Welt nur im systematisierten Wissen ersichtlich sei. Und das ist es, was für den Menschen von grundlegender Wichtigkeit sei, da alles menschliche Handeln auf das Vollkommene, also auf die Erhöhung der Harmonie gerichtet sei.

Leibniz, wie bereits erwähnt, dachte nach Abschluss seines Studiums über die Reform der Juristenausbildung nach. Seiner Meinung nach sollte eine neue Methode der Rechtswissenschaftslehre erarbeitet werden, und zwar zusammengefasst die Folgende: Er schlug eine zweijährige Ausbildung vor, im Laufe deren neben den ausgewählten Quellen der Rechtsgeschichte, der allgemeinen Rechtslehre, der Rechtsterminologie und des Römischen Rechts kontinuierlich abgehaltene Praktika (Falllösungen) das Erlernen der Rechtsmaterie unterstützen würden. Das Bearbeiten von täglich 12 Fällen in zwei Stunden würde das Kennenlernen von insgesamt 3600 Rechtsfällen während des Studiums bedeuten. Um in einer so kurzen Zeit das intensive Studium absolvieren zu können, müssten die Rechtswissenschaften systematisiert werden, inbegriffen auch die Reduktion der umfangreichen Rechtsmaterie des mos gallicus. Gerade daraus folgt, dass Leibniz' Vorstellungen von der Lehre des Rechts eng mit seinen Bemühungen um die Systematisierung der Rechtswissenschaft verbunden waren.

Leibniz unterteilte die Rechtswissenschaft in vier Disziplinen:

- jurisprudentia didactica (Rechtskenntnisse, das positive Recht mit seinen Elementen, Definitionen und Regeln),

- jurisprudentia historica (Rechtsgeschichte: vom Ursprung und vom Entwicklungsprozess des Rechts),

- jurisprudentia exegetica (Methodenlehre: die eigentlichen Mittel des Juristen bei der Gesetzesauslegung),

- jurisprudentia polemica (Kunst des Richtens: Lehre über die Entscheidung von Streitigkeiten und über die Rechtsfindung in den Einzelfällen).

Über all diesen Disziplinen stand die jurisprudentia universalis (allgemeine Rechtslehre), deren Gegenstand die Gebote Gottes und der Vernunft sind. Diese kommen im Eigentumsrecht (das dem Naturzustand entspringt), im Recht der Gemeinschaft (das Privatrecht, bezogen auf das möglichst höchste Gemeinwohl) und im Recht, das mit dem Inneren des Menschen verbunden ist (Frömmigkeit und Sanftmut), was die Gemeinschaft zwischen Gott und den Menschen bedeutet, zum Ausdruck.

Leibniz wollte die Aristotelische scholastische Tradition auf ihrem eigenen Boden stehend erneuern, und er drängte nicht auf die Konfrontation mit dieser

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Tradition, wie es Bacon tat. Seiner Meinung nach bestehe die Rechtswissenschaft ähnlich wie die Geometrie, aus einfachen Elementen, welche in einem analytischen-dichotomischen Verfahren kennen gelernt und mit Hilfe der Kombinatorik einander zugeordnet werden können. Übrigens breitete Leibniz diese "Elementen"-Lehre im Späteren auch auf andere Gebiete aus, z.B. auf die Morallehre bzw. auf die Metaphysik, wo er nämlich die Bausteine der Welt in den Monaden erkannte. Auf dem Gebiet des Naturrechts trat er nicht mit einer von Grund auf neuen Theorie auf, sondern er bemühte sich eher um die Detaillierung, Änderung und Vertiefung der Tradition, er verband z.B. das Aequitas-Prinzip mit der Harmonielehre. Vielleicht mag das die Ursache dafür gewesen sein, dass seine Naturrechtslehre eine geringere Wirkung auf die Entwicklung des Vernunftrechts des 17-18. Jh. hatte. Weiters ist auch nicht zu vergessen, dass die Religiosität von Leibniz nicht in den säkularen ideengeschichtlichen Zug des Vernunftrechts passte. Die Tätigkeit von Leibniz wirkte nicht nur auf die Welt der Ideen, sondern auch auf die der Institutionen aus, so z. B. auf den Aufbau der preußischen Akademie und auf die preußische Gerichtsreform im 18. Jh.

Bezüglich des Verhältnisses zwischen dem neuzeitlichen Wissenschaftsideal und der Rechtswissenschaft kann zusammenfassend festgestellt werden, dass vom 18. Jh. an:

- die Rechtswissenschaft sich in die auf Grund des allgemeinen Wissenschaftsideals entstehende Wissenschaftsgeschichte fügte,

- die Position der Rechtswissenschaft als theoretische Wissenschaft artikuliert und begründet wurde,

- und zum Schluss: aus der wissenschaftsgeschichtlichen Übersicht ergibt sich auch, dass im Falle der Rechtswissenschaft - anders als die auf einander folgenden Phasen in der Geschichte der naturforschenden Wissenschaften - der Aspekt der praktischen Wissenschaft nicht als Anwendung der theoretischen Wissenschaft erschien, sondern die Rechtswissenschaft sich aus einer praktischen Wissenschaft in eine theoretische Betrachtung umwandelte, und infolgedessen vom 18. Jh. an auch die praktische Anwendung dieser theoretischen Wissenschaft erschien.

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Resümee - Das neuzeitliche Wissenschaftsideal und die Rechtswissenschaft

Das neuzeitliche Wissenschaftsideal entstand aus zwei gegensätzlichen Wissenschaftsauffassungen. Die eine ist mit dem Namen von Bacon verbunden, die mit der Tradition der Scholastik brach und den empirischen Charakter der wissenschaftlichen Forschung bzw. in Verbindung damit die Wichtigkeit der induktiven Denkweise in den Vordergrund stellte. Die andere stützt sich auf das Wirken von Leibniz, das unter Fortsetzung der deduktiven (geometrischen) Tradition der Scholastik den theoretischen Bezug der Wissenschaft betonte. Leibniz wies gleichzeitig auch der Rechtswissenschaft (jurisprudentia universalis) einen Platz in seiner allgemeinen Wissenschaftsauffassung zu. Er legte ihre Unterteilung fest, wie auch die Forschungsrichtung der verschiedenen Teildisziplinen (jurisprudentia didactica, jurisprudentia historica, jurisprudentia exegetica, jurisprudentia polemica).

Summary - The Ideal of Scholarship and Jurisprudence

The ideal of scholarship in the Modern Age has evolved from two opposed approaches to scholarship. Bacon worked out one of them. He broke with scholastic traditions, emphasized the empirical character of scholarly research and the importance of inductive thinking. Leibniz elaborated the other approach. Continuing the deductive (geometrical) traditions of scholastics, he laid stress on the theoretical aspects of scholarship. He defined the position of jurisprudence (jurisprudentia universalis) within the comprehensive idea of scholarship. Moreover, he set up the subcategories of jurisprudence (juriprudentia didactica, juriprudentia historica, juriprudentia exegetica and juriprudentia polemica) and defined the direction of research in those sub-branches. ■

ANMERKUNGEN

* Die Studie entstand im Rahmen des Programms der Rechtsgeschichtlichen Forschungsgruppe der Ungarischen Akademie der Wissenschaft und der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Eötvös-Lorand-Universität Budapest, und wurde am 8. November 2008 in Neusatz (Novi Sad) auf der Konferenz der Woiwodischen Ungarischen Wissenschaftlichen Gesellschaft vorgetragen.

[1] Das wird in der ungarischen Literatur eingehend erörtert in: Pokol: Középkori és újkori jogtudomány. (Mittelalterliche und neuzeitliche Rechtswissenschaft.) Budapest-Pécs, Verlag: Dialóg Campus, 2008.

[2] Dazu siehe: Karácsony: Legal Hermeneutics in German Jurisprudence since the early 17[th] Century. in: Annales Univ. Sci. Budapestinensis. Sectio Iuridica, Tomus XLIV. (2004) 189-206.

[3] Die Änderungen im Ziel der naturforschenden Wissenschaft werden auf Grund der Studie von McMullin dargestellt. E. McMullin: The Goals of Natural Sience. In: I. Hronszky - M. Fehér -B. Dayka (eds.): Scientific Knowledge Socialized. Budapest: Akadémia 1988, S. 27-58.

[4] J. Mittelstrass: Leonardo - Welt. Frankfurt a. M., Suhrkamp, 1992.

[5] W. Krohn: Francis Bacon. München, Beck, 1987.

[6] Nur zwei Bücher erwähnt: Lothar Schäfer: Das Bacon-Projekt. Frankfurt a. M., Suhrkamp, 1993; Gernot Böhme: Am Ende des Baconschen Zeitalters. Frankfurt a. M., Suhrkamp, 1993.

[7] B. Pascal: De l'esprit géométrique. Écrits sur la grâce. Flammarion, 1985.

[8] J. Ben-David: The scientist's role in society: A comparative study. New Jersey, Prentice Hall Inc., 1971.

[9] Der deutsche Wissenschaftsphilosoph formulierte direkt so, dass wir in einer "Leibnizschen Welt" leben, die weder objektiv, noch nur künstlich ist. J. Mittelstrass: Die unzeitgemäße Universität. Frankfurt a. M., Suhrkamp, 1994.

[10] Eine gründliche Übersicht über Leibniz: Helmut Holzhey et. al (Hrsg.): Grundriss der Geschichte der Philosophie. Band 4 (Die Philosophie des 17. Jahrhunderts). Basel, Schwabe & Co AG, 2001, 995-1160.

Lábjegyzetek:

[1] Lehrstuhl für Philosophie, Telephonnummer: (36-1) 411-6503, E-mail: karacsony@ajk.elte.hu

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