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Gábor Hamza[1]: Entwicklung und Kodifikation des Privatrechts auf dem Gebiet der heutigen Tschechischen Republik und der Slowakei (Annales, 2010.)

I. Böhmen und Mähren

Schrifttum

J. Jireček: Das Recht in Böhmen und Mähren geschichtlich dargestellt. I-II. Prag 1865-1866.; ders.; M. Pavel Kristián z Koldina Prava mestska kralovstvi ceskeho a markrabství moravského. Praha 1876.; K. von Czyhlarz: Zur Geschichte des ehelichen Güterrechtes im böhmisch-mährischen Landrecht. Leipzig 1883.; E. Werunsky: Der Ordo iudicii terrae Boemie. Zeitschrift der Savigny-Stiftung (Germ. Abt.), 10 (1889) S. 98 ff.; Chr. d'Elvert: Geschichte der Studien-, Schul- und Erziehungsanstalten Mährens. Brünn 1890.; J. Krčmář: Die böhmische Rechtswissenschaft. In Das böhmische Volk. Prag 1916. S. 143 ff.; H. F. Schmidt: Die Nomokanonübersetzung des Methodius. München 1922.; G. Schubert-Fikentscher: Die Verbreitung der Deutschen Stadtrechte in Osteuropa. Weimar 1942. S. 57-73. und 152-164.; J. Vasica: L'origine cyrillo-methodienne du plus ancien code slave dit "Zakon sudnyj ljudem". In Byzantinoslavica, 12 (1952) S. 152-174.; S. von Bolla: Hergang der Rezeption in den böhmischen Ländern. In Studi in memoria di P Koschaker I. Milano 1954. S. 375-392.; F. Schubert: Das böhmische Staatsrecht im Lichte gegenteiliger Meinungen. Zeitschrift für Ostforschung, 6 (1957) S. 259-264.; V. Prochazka: Le Zakon -sudnyj' ljud'm - et la Grande Moravie. Byzantinoslavica, 28 (1967) S. 359-375. und Byzantinoslavica, 29 (1968) S. 112-150.; V. Vaněček: La penetrazione del diritto romano e canonico nel territorio dell'odierna Cecoslovacchia a partire dalla seconda meta del IX secolo sino alla prima meta del secolo XVI. In Atti del Convegno internazionale di Studi Accursiani. Bologna 21-26 ottobre, 1963. III. (A cura di G. Rossi) Milano 1968. S. 1275-1291.; M. Boháček: Einflüsse des römischen Rechts in Böhmen und Mähren. Iius Romanum Medii Aevi (IRMAE) V 11, 1975.; H. W. Dewey - A. M. Kleimola: Zakon sudnyj ljudem (Court Law for the People). In Michigan Slavic Materials, 14. Ann Arbor (Mich.), 1977.; B. Zasterova: Über zwei Großmährische Rechtsdenkmäler byzantinischen Ursprungs. In Beiträge zur byzantinischen Geschichte im 9-11. Jahrhundert. (Hrsg. von V. Vavrinek) Praga 1978. S. 361-385.; R. Seltenreich: Das römische Recht in Böhmen. Zeitschrift der Savigny-Stiftung für Rechtsgeschichte (Germ. Abt.), 110 (1993) S. 496-512.; J. K. Hoensch: Geschichte Böhmens. Von der slavischen Landnahme bis zur Gegenwart. München 1997.; J. Kejr: Vznik mestkého zrizeni v ceskych zemich. Praha 1998.; A. Begert: Böhmen, die böhmische Kur und das Reich von Hochmittelalter bis zum Ende des Alten Reiches. Studien zur Kurwürde und zur staatsrechtlichen Stellung Böhmens. Husum 2003.; K. Maly: Die Böhmische Konföderation und die Verneuerte Landesordnung - zwei böhmische Verfassungsgestaltungen zu Beginn des 17. Jahrhunderts. Zeitschrift der Savigny-Stiftung für Rechtsgeschichte (Germ. Abt.), 122 (2005) S. 285-300. und P. Skrejpková: Die juristische Ausbildung in den böhmischen Ländern bis zum Ersten Weltkrieg. In Juristenausbildung in Osteuropa bis zum Ersten Weltkrieg. Rechtskulturen des modernen Osteuropa. Traditionen und Transfers, 3 (Studien zur europäischen Rechtsgeschichte, Bd. 225) (Hrsg. von Z. Pokrovac) Frankfurt am Main 2007.; G. Hamza: Entstehung und Entwicklung der modernen Privatrechtsordnungen und die römischrechtliche Tradition. Budapest 2009. S. 120-122. und Földi A. - Hamza G.: A római jog története és institúciói. (Geschichte und Institutionen des römischen Rechts) 10. erw. und verb. Aufl. Budapest 2010. S. 117.

Das römische Recht (ius Romanum bzw. ius Graeco-Romanum) war unter Vermittlung der byzantinischen Rechtsquellen auf dem Territorium von Böhmen und Mähren bereits im 9. Jahrhundert präsent. Das byzantinische Rechtsdenken wurde in erster Linie durch die slawische Übersetzung des Nomokanon des Pseudo-Phótios durch den Hl. Methodius vermittelt. Auf den Territorien von Böhmen und Mähren wurde die Verwendung einiger römischrechtlicher Institute bereits von Mitgliedern des Premyslidenhauses vorangetrieben. Unter der Herrschaft Königs Wenzeslaus II. (1278-1305) entstand der Bergbau-Kodex (Ius regale montanorum), der zahlreiche Elemente des römischen Rechts beinhaltete. Aus seiner Regierungszeit stammt auch die Privatsammlung Constitutiones iuris metalli, deren Redaktor ein Rechtsgelehrter aus Italien (wahrscheinlich aus Neapel) war. Sie fasst als erste Sammlung in Europa das auf der Grundlage des römischen Rechts und des kanonischen Rechts entstandene Verfahrensrecht zusammen. Das städtische Gewohnheitsrecht (ius municipale) in Böhmen und Mähren bot aufgrund der entwickelten wirtschaftlichen und kulturellen Gegebenheiten im Lande fruchtbaren Boden für die Rezeption des römischen Rechts. Gut dokumentiert ist der Rezeptionsvorgang in dem Brünner Schöffenbuch aus dem 14. Jahrhundert, das die von den Stadtrichtern von Brünn (Brno) gefällten Urteile (sententiae) beinhaltet.

Im 16. Jahrhundert begünstigte vor allem die humanistische Ideenwelt die Verbreitung des römischen Rechts. In den Prozessen vor dem im Jahre 1548 ins Leben gerufenen Berufungsgericht in Prag kam dem römischen Recht eine dominante Rolle zu. Das römische Recht wirkte auch in anderen Stadtrechten fort, seine formale Rezeption (receptio in globo bzw. receptio in complexu) scheiterte jedoch anfangs am Widerstand der örtlichen Gewohnheitsrechte (consuetudines). In der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts hatte man vor, die Stadtrechte zu vereinheitlichen. Im Jahre 1565 wurde Pavel Kristián Koldín (1530-1589) damit beauftragt, durch die Vereinheitlichung des Magdeburger Stadtrechts und des Rechts der Altstadt von Prag den Entwurf eines einheitlichen Stadtrechtes für das Königreich Böhmen auszuarbeiten. Der im Jahre 1569 fertiggestellte Entwurf wurde zehn Jahre später, im Jahre 1579, durch den Landtag in Prag unter dem Titel Práva mestská království ceského angenommen. Bis zum Jahre 1610 haben sämtliche tschechischen Städte diesen offiziellen Entwurf als ihr eigenes Stadtrecht angenommen. Im Jahre 1697 haben die Städte in Mähren gleichermaßen diese Vorlage angenommen. Auf diese Weise galt dieser vereinheitlichte Entwurf in Böhmen und Mähren bis zum Inkrafttreten des ABGB am 1. Januar 1812.

Die formale Rezeption des römischen Rechts wurde zunächst wegen der erwähnten Vereinheitlichung des Stadtrechtes (der Stadtrechte) vereitelt. Ein weiteres Hindernis einer formalen Rezeption war später, im Laufe des 18. Jahrhunderts, die Dominanz des Naturrechts, das auf die Rechtswissenschaft, die Rechtspflege und auf den Rechtsunterricht immer größeren Einfluss nahm. Gleichwohl spielte das römische Recht mittelbar, also unter Vermittlung des Stadtrechts und später des Naturrechts, eine bedeutende Rolle in der Privatrechtsentwicklung in Böhmen und Mähren.

II. Die Tschechoslowakei

Schrifttum

E. Weiss: Superrevision des Entwurfs eines Bürgerlichen Gesetzbuches. Zeitschrift für osteuropäisches Recht, 3 (1927); L. Adamovich: Grundriß des tschechoslowakischen Staatsrechtes. Wien 1929.; S. Dnistranskyj: Die Rezeption des österreichischen Privatrechts in der Tschechoslowakei und in Jugoslawien. Zeitschrift für osteuropäisches Recht, Neue Folge, 1 (1934-1935) S. 473. ff.; J. Roucek - J. Sedlácek: Komentář k československému obecnému zákoníku občanskému a občanské právo platné na Slovénsku. I. Brno 1935.; J. Vážny: Idee romane nel diritto civile moderno. In Atti del Congresso Internazionale di Diritto Romano. Bologna, II. Pavia 1935. S. 439-449.; M. Újlaki: Az utódállamok jogegységesítő törekvései és a magyar magánjog. (Die Bestrebungen zur Rechtsvereinheitlichung der Nachfolgestaaten und das ungarische Privatrecht) Szeged 1936.; H. Slapnicka: Die Loslösung der tschechischen Rechtswissenschaft vom abendländischen Rechtsdenken. Europa-Archiv, 9 (1954) S. 7166-7110.; ders.: Der Weg der tschechischen Rechtswissenschaft von Wien nach Moskau. Donaruraum, 2 (1957) S. 188-199.; R. Bystrický: La nouvelle loi tchécoslovaque sur le droit international privé et de procédure. Bulletin de droit tchécoslovaque., 21 (1963) S. 229-255.; V. Knapp: Die neuere Entwicklung des tschechoslowakischen Zivilrechts. Zeitschrift für Rechtsvergleichung 4 (1963) S. 28-36.; ders.: Verträge im tschechoslowakischen Recht. Rabels Zeitschrift für Ausländisches und Internationales Privatrecht, 27 (1962-1963) S. 495-518.; Th. Donner: Das neue tschechoslowakische Gesetz über das internationale Privat- und Prozeßrecht. Zeitschrift für Rechtsvergleichung, 5 (1964) S. 207-215.; P. Kalenský: Das neue tschechoslowakische internationale Privatrecht. In Die wichtigsten Gesetzgebungsakte in den Ländern Ost-, Südosteuropas und in den ostasiatischen Volksdemokratien, 6 (1964) S. 151-163.; Ders.: Les traits essentiels des nouvelles codifications tchécoslovaques du droit du commerce international et du droit international privé. Revue Internationale de Droit Comparé, 16 (1964) S. 565-577.; O. Karen: Das tschechoslowakische Wirtschaftsgesetzbuch. Staat und Recht, 13 (1964) S. 1253-1267.; V. Knapp: La nouvelle législation civile en Tchécoslovaquie. Revie Internationale de Droit Comparé, 16 (1964) S. 753-766.; Z. Kratochvil: La nouvelle législation civile dans la République Socialiste Tchécoslovaque. Bulletin de droit tchécoslovaque, 22 (1964) S. 1-26.; F. Zoulí: Das neue Zivilgesetzbuch der CSSR und die Diskussion über dessen Entwurf. Staat und Recht, 13 (1964) S. 1425-1441.; V. Knapp: Das neue tschechoslowakische Zivilgesetzbuch. Zeitschrift für Rechtsvergleichung, 6 (1965) S. 19-29.; V. Másilko - H. Ungár: Das neue tschechoslowakische Gesetz über die Rechtsbeziehungen im internationalen Handelsverkehr (Gesetzbuch des internationalen Handelsverkehrs). Österreichische Juristen Zeitung, 20 (1965) S. 317-320.; J. Chyský: Überblick über das tschechoslowakische Arbeitsrecht. Osteuropa Recht, 12 (1966) S. 35-60.; P. Kalenský: Die Grundzüge des tschechoslowakischen Gesetzes über den Internationalen Handel. Rabels Zeitschrift für Ausländisches und Internationales Privatrecht, 30 (1966) S. 296 ff.; R. Sacco: Il sustrato romanistico del diritto civile nei Paesi socialisti. Rivista di diritto civile, 15 (1969) S. 115-131.; H. Slapnicka: Recht und Verfassung der Tschechoslowakei 1918-1938. In Aktuelle Forschungsprobleme um die Erste Tschechoslowakische Republik. (Hrsg. von Karl Bosl) München - Wien 1969.; L. Blanchi: Die Rolle der Gesellschaften bei der Monopolisierung des tschechoslowakischen Wirtschaftslebens. In Die Entwicklung des Zivilrechts in Mitteleuropa, 1848-1944. (Hrsg. von A. Csizmadia und K. Kovács) Budapest 1970. S. 191-207.; J. Houser: Die historische Entwicklung des Arbeitsvertrages in der Tschechoslowakei. In Die Entwicklung des Zivilrechts in Mitteleuropa, 1848-1944. (Hrsg. von A. Csizmadia und K. Kovács) Budapest 1970. S. 369-380.; S. Luby: Die Entwicklung des bürgerlichen Rechts in der Tschechoslowakei in den Jahren 1918-1944 bei besonderer Berücksichtigung des Vertragssystems. In Die Entwicklung des Zivilrechts in Mitteleuropa (1848-1944). (Hrsg. von A. Csizmadia und K. Kovács) Budapest 1970. S. 299-309.; H. Slapnicka: Die böhmischen Länder und die Slowakei 1919-1945. In Handbuch der Geschichte der böhmischen Länder. Bd. IV. (Hrsg. von K. Bosl) Stuttgart 1970. S. 1-150.; ders.: Die Tschechoslowakei 1945-1965. In Handbuch der Geschichte der böhmischen Länder. Bd. IV (Hrsg. von K. Bosl) Stuttgart 1970. S. 301-348.; V. Urfus: Die Konzeption der Handelsgeschäfte in der Entwicklung des österreichischen und tschechoslowakischen Rechts. In Die Entwicklung des Zivilrechts in Mitteleuropa (1848-1944). (Hrsg. von A. Csizmadia und K. Kovács) Budapest 1970. S. 311-319.; Geschichte der Tschechoslowakischen Republik. 1918-1948. (Hrsg. von V S. Mamatey und R. Luza) Wien - Köln - Graz 1980.; G. Ajani: La proprietà delle organizzazioni sociali nel diritto deipaesi socialisti. Milano 1988.; R. Sacco: The Romanist Substratum in the Civil Law of the Socialist Countries. Review of Socialist Law, 14 (1988) S. 65-86.; Th. J. Vondracek: Commentary on the Czechoslovak Civil Code. Dordrecht - Boston - Lancaster 1988.; G. E. Glos: The New Czechoslovak Commercial Code. Review of Central and East European Law, 18 (1992) S. 555-569.; V. Knapp: Das ABGB in Böhmen. In Festschrift für F. Schwind. Wien 1993. S. 173 ff.; G. Ajani: La circulation des modèles juridiques dans le droit post-socialiste. Revue Internationale de Droit Comparé, 46 (1994) S. 1087-1105.; F. Zoulík: Private Law Recodification in the Czech Republic. In Reform of Civil Law in Europe: Legal Rules Required in a Market Economy. Proceedings. XXIVth Colloquium on European Law. Kromeriz 1994.; G. Ajani: By Chance and Prestige: Legal Transplants in Russia and Eastern Europe. American Journal of Comparative Law, 43 (1995) S. 93-117.; W. Schubert: Der tschechoslowakische Entwurf zu einem Bürgerlichen Gesetzbuch von 1937. Zeitschrift der Savigny-Zeitschrift für Rechtsgeschichte (Germ. Abt.), 112 (1995) S. 271-315.; H. Izdebski: General Survey of Developments in Eastern Europe in the Field of Civil Law. In The Revival of Private Law in Central and Eastern Europe. Essays in Honor of F. J. M. Feldbrugge. (Ed. by G. Ginsburgs, D. D. Barry and W. B. Simons) The Hague - London - Boston 1996. S. 3-14.; K. Maly: Österreichisches Recht in der Tschechoslowakei. In Österreichisches Recht in seinen Nachbarländern. (Hrsg. von E. Nowotny) Wien 1997. S. 83-89.; G. Hamza: Characteristic Features of the Codification of Civil (Private) Law in Central and Eastern Europe. In Studi in memoria di V E. Cantelmo. I. Napoli 2003. S. 891-905.; Ders.: Continuity and Discontinuity of Private /Civil/ Law in Eastern Europe after World War II. Fundamina, 12 (2006) S. 48-80. und Ders.: Le nuove codificazioni privatistiche nei Paesi dell'Est europeo: Continuité e discontinuité. Vita notarile, n. 3 (2006) S. 1209-1237.

Die nach dem Ersten Weltkrieg entstandene Tschechoslowakei hatte keine einheitliche Privatrechtsordnung. In den ehemaligen österreichischen Kronländern Böhmen, Mähren und Schlesien galt weiterhin das österreichische ABGB. Demgegenüber wurde in der Slowakei und in Ruthenien (in der heutigen Karpatho-Ukraine) weiterhin das nicht kodifizierte ungarische Privatrecht angewandt. Das ABGB galt vor dem Ersten Weltkrieg im Königreich Ungarn - abgesehen von Siebenbürgen, dem Banat und Kroatien-Slawonien

nur eingeschränkt: Die Judexcurialkonferenz in Sopron (auf Deutsch: Ödenburg) im Jahre 1861 hatte zwar das österreichische Allgemeine Bürgerliche Gesetzbuch als solches außer Kraft gesetzt, ließ jedoch die auf die Grundstücke bezogenen Paragraphen des ABGB weiterhin in Geltung.[1] Dementsprechend hatte das ABGB nach dem Ersten Weltkrieg in der Slowakei und in Ruthenien ebenfalls nur beschränkte Geltung.

Der am 28. Oktober 1918 zusammengerufene Tschechische Nationalrat beschloss per Gesetz, die früheren österreichischen und ungarischen Gesetze als tschechisches Recht auch weiterhin aufrechtzuerhalten.[2] Das ABGB wurde aus mehreren Gründen nach der Gründung des tschechoslowakischen Staates angewandt: Einerseits wurzeln etliche seiner Rechtsinstitute im alten böhmischen Recht (z.B. die Grundstücksregistration und das Pfandrecht). Dies ergab sich nicht zuletzt daraus, dass bei den Kodifikationsarbeiten zum österreichischen Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuch zahlreiche tschechische Juristen, die mit dem alten böhmischen Recht vertraut waren, aktiv teilgenommen hatten. Andererseits galt das ABGB aufgrund der drei Teilnovellen als modernes Bürgerliches Gesetzbuch.[3] Obwohl zu Beginn der 1920-er Jahre die Vorarbeiten zu einem tschechoslowakischen Zivilgesetzbuch begonnen hatten, wurde der im Jahre 1931 veröffentlichte Entwurf eines Zivilgesetzbuches niemals als Gesetz angenommen. Im Jahre 1920 begannen die Vorbereitungen zu einem tschechoslowakischen Bürgerlichen Gesetzbuch. Die zuständige Kommission bestand unter anderem aus Professoren der beiden (tschechischen und deutschen) juristischen Fakultäten in Prag und gliederte sich in fünf Unterkommissionen. Der Aufgabenbereich der einzelnen Unterkommissionen entsprach im Wesentlichen der Struktur bzw. Systematik des Pandektensystems. Die erste Unterkommission befasste sich mit der Regelung der einleitenden Bestimmungen, des Allgemeinen Schuldrechts, der Schenkung, der Leihe, des Darlehens, der Verwahrung, des Auftrags und der Verjährung. Die zweite Unterkommission war mit den übrigen Teilen des Schuldrechts und dem Deliktsrecht beauftragt. Die dritte Unterkommission behandelte das Familienrecht, die vierte das Sachenrecht und die fünfte das Erbrecht.

Die Arbeiten der Unterkommissionen dauerten von Dezember 1920 bis zum Jahre 1923. Der Entwurf des tschechoslowakischen Bürgerlichen Gesetzbuches wurde im Jahre 1924 zusammen mit den Motiven veröffentlicht und zur fachlichen Diskussion gestellt. In Preßburg (auf Slowakisch: Bratislava, auf Ungarisch: Pozsony) wurde eine aus slowakischen Juristen bestehende Kommission einberufen, um den Entwurf mit Rücksicht auf das slowakische Recht bzw. das auf dem Gebiete der Slowakei geltende Recht zu prüfen. Um die nicht kohärenten Ergebnisse der Tätigkeit der verschiedenen Unterkommissionen in ein einheitliches und kohärentes System zusammenzufassen und den Entwurf zu vervollständigen, wurde im Jahre 1925 eine Superrevisionskommission aufgestellt. Der von ihr erstellte Entwurf berücksichtigte auch die von der Öffentlichkeit vorgebrachten Kritiken und Vorschläge.

Dieser Entwurf folgte im Wesentlichen dem System des ABGB, wobei in 57 Paragraphen auch das internationale Privatrecht geregelt wurde. Die Einleitung des Entwurfes enthält wie das ABGB die allgemeinen Bestimmungen und das internationale Privatrecht. Das erste Buch behandelt das Recht der Personen und das Ehegüterrecht, das zweite Buch das Vermögensrecht (Sachenrecht, Erbrecht und Schuldverhältnisse), das dritte Buch die gemeinsamen Regeln des Personen- und Sachenrechts. Der Leiter des mit der Redaktion eines Teils des Schuldrechts beauftragten Unterkommission war der namhafte Römischrechtler (Romanist), Zivilist und Professor der deutschen Karl-Ferdinands-Uni- versität in Prag, Egon Weiss (1880-1953). Egon Weiss nahm auch aktiv an der Arbeit der für das Sachenrecht zuständigen Unterkommission teil.[4] Im Jahre 1931 wurde ein überarbeiteter Entwurf veröffentlicht, der gleichermaßen den starken Einfluss des ABGB widerspiegelt. Allerdings wurden weder der im Jahre 1924 bekanntgegebene Entwurf noch der (revidierte) Entwurf vom Jahre 1931 in Kraft gesetzt.[5]

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde die Vereinheitlichung des Privatrechts in der Tschechoslowakei unausweichlich. Art. 173 der im Mai 1948 angenommenen tschechoslowakischen Verfassung setzte das geltende Recht - im Gegensatz z.B. zu Jugoslawien und Bulgarien - nur insoweit außer Kraft, als es im ausgesprochenen Gegensatz zur Verfassung oder zu den Grundprinzipien der neuen gesellschaftlichen Ordnung stand. Das erste tschechoslowakische Zivilgesetzbuch (Občansky Zákoník) wurde im Jahre 1950 promulgiert und trat im Jahre 1951 in Kraft. Dieses ist in seiner Gesamtheit weitgehend durch die sozialistische Rechtsideologie geprägt. Gleichwohl schöpften die Redaktoren in vielerlei Hinsicht aus dem ABGB. Aufgrund des Einflusses der Spätpandektistik hat der Kodex - im Gegensatz zum ABGB - einen Allgemeinen Teil. Da das aus insgesamt nur 500 Paragraphen bestehende Gesetzbuch zahlreiche Rechtsinstitute nur stark vereinfacht behandelte, war es nicht imstande, die Lebensverhältnisse adäquat zu regeln.

Am 26. Februar 1964 kam es zur Verkündung eines neuen Zivilgesetzbuches (Občansky Zákoník). Es ist mit zahlreichen Änderungen heute noch (in der Tschechischen Republik und der Slowakei) in Kraft. Bis zum politischen und ökonomischen Systemwandel war es sehr stark ideologisch geprägt und hat sich in vielerlei Hinsicht vom römischen Recht abgewandt. Die deutsche Zivilistik (Zivilrechtswissenschaft) schlug sich eher in seinem Aufbau nieder, da es einen Allgemeinen Teil enthält (worin auch kurz die Rechtsgeschäfte geregelt werden). In seiner jetzigen Fassung gliedert sich der Zivilrechtskodex in folgende Teile: Allgemeiner Teil (§§ 1-122), Sachenrecht (§§ 123-151), die Haftung und ungerechtfertigte Bereicherung (§§ 415-459), Erbrecht (§§ 460-487), Allgemeiner Teil und Besonderer Teil des Schuldrechts (§§ 488-852) sowie der umfangreiche letzte Teil mit den Schlussbestimmungen (§§ 853-880). Nach dem Systemwechsel wurden nämlich der dritte, vierte und fünfte Teil außer Kraft gesetzt. Anlässlich der Reform des Zivilgesetzbuchs im Jahre 1982 wurde ein wichtiges römischrechtliches Institut, der possessorische Besitzschutz, eingeführt.

Nach der "Samtenen Revolution" wurde das tschechoslowakische Zivilgesetzbuch zum ersten Male im März 1990 geändert. Von den zahlreichen späteren Modifikationen sind diejenigen vom November 1991 und vom Jahre 1992 hervorzuheben. Die im Jahre 1991 erfolgte Gesetzesänderung kehrt wieder zur (von der Pandektenwissenschaft entwickelten) Konstruktion der juristischen Person zurück und verwirft den bis dahin gebräuchlichen Terminus der "sozialistischen Organisation". Im Jahre 1992 wurde der Občansky Zákoník in einer konsolidierten Fassung neu verkündet. Demgemäß ist das Zivilgesetzbuch vom Jahre 1964 in formaler Hinsicht ein Gesetz aus dem Jahre 1992. Auch die Tschechoslowakei besaß ein eigenständiges Familienrechtsgesetzbuch, das aus dem Jahre 1963 stammt und in den Jahren zwischen 1982 und 1992 umfassend reformiert wurde. Die Vermögensverhältnisse der Familienmitglieder werden aber im Zivilgesetzbuch behandelt.

Auf dem Gebiet des Handelsrechts galt im tschechischen Teil des Staates das österreichische Handelsgesetzbuch, das mit dem Allgemeinen Deutschen Handelsgesetzbuch (ADHGB) vom Jahre 1861 identisch war. In der Slowakei galt das ungarische Handelsgesetzbuch (auf Ungarisch: Kereskedelmi Törvénykönyv) vom Jahre 1875 (Gesetzesartikel: XXXVII), das wiederum weitgehend im Einklang mit dem deutschen bzw. österreichischen Handelsgesetzbuch stand. Fast gleichzeitig mit dem Zivilgesetzbuch wurde im Jahre 1964 ein "Wirtschaftskodex" (Hospodársky Zákoník) promulgiert, wodurch die auf die Verträge bezogenen Regelungen verdoppelt wurden. Im Bereich der Verträge spielte noch ein eigenständiges, im Jahre 1963 promulgiertes Gesetz über das Handelsrecht eine wichtige Rolle. Folglich waren in der Tschechoslowakei das Zivilgesetzbuch, der "Wirtschaftskodex" und das Gesetz über den Außenhandel die Quellen des Zivilrechts.

Nach dem Systemwechsel wurden der Hospodársky Zákoník und das Gesetz über den Außenhandel außer Kraft gesetzt. Die Funktion dieser Gesetze nimmt jetzt das am 5. November 1991 verkündete und am 1. Januar 1992 in Kraft gesetzte Handelsgesetzbuch (Občansky Zákoník) wahr. Auch auf das einst unter Vermittlung Österreichs in Böhmen, Mähren und Schlesien anwendbare ADHGB (Allgemeines Deutsches Handelsgesetzbuch) stützten sich die Ersteller des Občansky Zákoník nur teilweise. Die Redaktoren des aus 775 Paragraphen bestehenden tschechoslowakischen Handelsgesetzbuches berücksichtigten das Wiener Kaufrechtsabkommen vom 11. April 1980 und das aus der Zwischenkriegszeit (1918-1939) stammende Gesetz über den unlauteren Wettbewerb. Der Občansky Zákoník regelt neben dem Unternehmensrecht, dem Wettbewerbsrecht und dem Gesellschaftsrecht auch das Vertragsrecht. Dieser Kodex hat auch einen "Allgemeinen Teil" in Bezug auf die Verträge (§§ 261 - 408); der "Besondere Teil" erfasst Regeln im Hinblick auf folgende Verträge: Warenkauf, Darlehensvertrag, Lizenzvertrag, Lagervertrag, Verwahrungsvertrag, Werkvertrag, Auftragsvertrag, Kommission, Beförderungs- und Frachtvertrag, Handelsvertretervertrag, verschiedene Typen des Bankvertrages und dergleichen (§§ 409-755). Somit verfolgten die Redaktoren dieses Handelsgesetzbuches das "reine" dualistische Konzept (concept dualiste).[6] Dieses "reine" dualistische Konzept bedeutet, dass auch im Bereich des Vertragsrechts - im Gegensatz z.B. zum bulgarischen Handelsgesetzbuch vom Jahre 1991/1994, das kein Vertragsrecht hat - eine eigenständige, ausschließlich im Handelsrecht anwendbare Regelung existiert. Dadurch wird die Regelung des Vertragsrechts verdoppelt.

Erwähnung verdient, dass das im Jahre 1999 angenommene Gesetz über die Handelsgesellschaften die Funktion eines Handelsgesetzbuchs zu erfüllen vermochte. Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass das tschechoslowakische Handelsgesetzbuch vom Jahre 1991 einen weiten Regelungsbereich hat, weil in diesem Kodex auch die Regelung bezüglich des unlauteren Wettbewerbs und der Genossenschaften enthalten ist. Das tschechoslowakische Handelsgesetzbuch basiert gleich den modernen handelsrechtlichen Kodizes auf dem subjektiven Prinzip. Im Zentrum der Regelung steht nämlich das Handelsgeschäft und nicht der Begriff des Kaufmanns (subjektive Theorie).

Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass in der tschechoslowakischen Privatrechtsdoktrin während der Zwischenkriegszeit wie auch danach der Einfluss der österreichischen und deutschen Privatrechtswissenschaft deutlich zu spüren war. Bei der Vorbereitung des tschechoslowakischen Zivilgesetzbuchs wirkten auch namhafte Römischrechtler (Romanisten) maßgeblich mit.

III. Die Tschechische Republik

Schrifttum

V Knapp: Unity or Diversity in Civil Law: A Legislative Dilemma in the Czech Republic. The Parker School Journal of East European Law, 1 (1994) S. 636-646.; F. Zoulik: Private Law Recodification in the Czech Republic. In Reform of Civil Law in Europe: Legal Rules Required in a Market Economy. Proceedings XXIVth Colloqium on European Law. Kromeriz 19-21. September, 1994.; B. Roelvink: In The Revival of Private Law in Central and Eastern Europe. Essays in Honor of F. J. M. Feldbrugge. (Ed. by G. Ginsburgs et alii) The Hague -London - Boston 1996. S. 557-566.; P. Bohata: Gesellschaftsrecht in der Tschechischen Republik und der Slowakei. München - Berlin 1998[2].; A. Harmathy: Zivilgesetzbuch in mittel- und osteuropäischen Staaten. Zeitschrift für Europäisches Privatrecht, 6 (1998) S. 553-563.; K. Eliaš: Entwicklung, Stand und Perspektiven des Privatrechts in der Tschechischen Republik. Versuch einer Diagnose. Osteuropa Recht, 46 (2000) S. 427-441.; M. Holub - J. Fiala - J. Bičovszky: Občansky Zákoník, Poznámkové vydáni s judikaturou a novou literatorou (včetne vecného rejstriku). Praha 2000[7].; A. Schwarz - Z. Pálinkás: Neues tschechisches Handelsgesetzbuch in der Praxis. Recht der Internationalen Wirtschaft, 47 (2001) S. 273-284.; J. Sytarova - Th. Eul: Das neue tschechische Pfandrecht. Wirtschaft und Recht in Osteuropa, 10 (2001) S. 208-211.; J. Zemanek: Der Vorentwurf des neuen tschechischen ZGB im Blickwinkel des europäischen Verbraucherschutzrechts. In Aufbruch nach Europa. 75 Jahre Max-Planck-Institut für Privatrecht. (Hrsg. von J. Basedow et alii) Tübingen 2001. S. 1089-1096.; P. Bohata: Tschechisches HGB und kein Ende. Wirtschaft und Recht in Osteuropa, 11 (2002) S. 43-47.; Občansky zákoník - komentář (Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch). (Hrsg. von O. Jehlicka, J. Švestka und M. Škárová) Prag 2003[8].; K. Marek - P. Bohata: Quellen des tschechischen Handelsrechts. Wirtschaft und Recht in Osteuropa, 12 (2003) S. 39-40.; G. Hamza: Le nuove codificazioni privatistiche nei Paesi dell'Est europeo: Continuita e discontinuita. Vita notarile, n. 3 (2006) S. 1209-1237.; J. Hurdík: Das Konzept des Entwurfes zu einem neuen tschechischen ZGB. In Privatrechtsentwicklung in Zentral- und Osteuropa. (Hrsg. von R. Welser) Wien 2008. S. 15-21.; L. Tichy: Stand und Entwicklung des Privatrechts in der Tschechischen Republik. In Privatrechtsentwicklung in Zentral- und Osteuropa. (Hrsg. von R. Welser) Wien 2008. S. 23-29. und J. Hurdík - M. Selucká: Konsumentenschutz in der Tschechischen Republik. In Konsumentenschutz in Zentral- und Osteuropa. (Hrsg. von R. Welser) Wien 2010. S. 39-52.

Das tschechoslowakische Zivilgesetzbuch (Občansky Zákonik) ist in seiner grundlegend reformierten Fassung vom Jahre 1992 auch in Tschechien weiterhin in Kraft geblieben. Formal gesehen wurde der Občansky Zákoník durch dieses Gesetz vom Jahre 1992 in einer konsolidierten Fassung neu verabschiedet und verkündet. Nach der Auflösung der Tschechoslowakei am 1. Januar 1993 wurde der Občansky Zákoník mehrmals modifiziert, unter anderem in den Jahren 1994 und 1995. Die letzten Modifizierungen erfolgten nach dem Beitritt der Tschechischen Republik zur Europäischen Union am 1. Mai 2004.

In der Tschechischen Republik haben ab dem Jahre 1994 die Vorbereitungen zu einem neuen tschechischen Bürgerlichen Gesetzbuch begonnen. Im April 2001 wurden die allgemeinen Grundsätze des neuen tschechischen Bürgerlichen Gesetzbuches angenommen. Dieser "Vorentwurf" gliedert sich in folgende Teile: Allgemeine Bestimmungen, Familienrecht, absolute Vermögensrechte (Sachenrechte und Erbrecht), relative Vermögensrechte (Allgemeiner Teil des Schuldrechts, einzelne Verträge und Schadensersatzrecht), sowie Übergangs- bzw. Schlussbestimmungen. Bereits am 1. Januar 2001 aber ist das eigenständige Gesetz über das Pfandrecht in Kraft getreten. Der in Fachzeitschriften veröffentlichte Entwurf des neuen tschechischen Bürgerlichen Gesetzbuches wird immer noch diskutiert. Einen offiziellen Entwurf gibt es bislang nicht. Der Entwurf würde in vielerlei Hinsicht eine Rückkehr zu römischrechtlicher Tradition bedeuten. (Der Občansky Zákonik vom Jahre 1964 hat sich bekanntlich vor allem aus ideologischen Gründen vom römischen Recht distanziert.)

Nach der Wende wurde ein neues Arbeitsgesetzbuch im Jahre 1994 angenommen (Gesetz Nr. 108/1994). Dieses Gesetz wurde mehrfach, zum letzten Male im Jahre 2004 modifiziert. Die mehrheitliche Meinung geht dahin, dass das neue tschechische Bürgerliche Gesetzbuch auch das Arbeitsrecht regeln soll. Nach der Auflösung der Tschechoslowakei am 1. Januar 1993 wurde auch das tschechoslowakische Handelsgesetzbuch vom Jahre 1991 weitgehend modifiziert. In den Jahren 1996 und 2000 kam es in der Tschechischen Republik zu den "großen Novellen" des Handelsrechts.

Mit der Verabschiedung des neuen Bürgerlichen Gesetzbuches wird wahrscheinlich auch ein neues Handelsgesetzbuch oder ein Gesetz über die Handelsgesellschaften promulgiert. In letzterem Fall würden die handelsrechtlichen Verträge im Einklang mit dem monistischen Prinzip (concept moniste) mit den privatrechtlichen Verträgen im neuen Bürgerlichen Gesetzbuch behandelt. Ein Entwurf liegt hier wegen der noch nicht abgeschlossenen konzeptionellen Vorfragen noch nicht vor.

IV. Die Slowakei

Schrifttum

L. von Gogolák: Beiträge zur Geschichte des slowakischen Volkes. I-III. 1963-1972.; J. Klimko: Vývoj úzenia Slovenska a utváránie jeho hranic. Bratislava 1980.; Slowakisches Handelsgesetzbuch HGB. Prag 1994.; Občansky zákonik, Komentár (Kommentar zum Slowakischen Handelsgesetzbuch). Jozef Suchoža a kol., Bratislava 1997.; P. Bohata: Gesellschaftsrecht in der Tschechischen Republik und der Slowakei. München - Berlin 1998[2].; J. Svoboda a kolektív: Občiansky zákonnik I. Diel. Komentár. Bratislava 1998[3].; K návrhu slovenského Občianskeho zákonníka. V. Lubyho právnické dni. Bratislava 3. a 4. september, 1998. (Ed. J. Lazar) Bratislava 1999.; Občiansky súdny poriadok, komentár. (Kommentar zur Civilgerichtlichen Verfahrensordnung) Andrej Bajcura a kol., Bratislava 1999.; A Concise History of Slovakia. (Ed. by E. Mannová) Bratislava 2000.; J. Lazar a kolektiv: Základy občianskeho hmotného prava 1-11. Trnava 2000.; M. Mamojka, P. Kubiček a kolektiv: Hospodárske právo. Bratislava 2000.; Slovník slovenského práva. (Wörterbuch des slowakischen Rechts) J. Svoboda a kol., Bratislava 2000.; R. Schönfeld: Slowakei. Vom Mittelalter bis zur Gegenwart. Regensburg - München 2000.; D. Kováč: Szlovákia története. (Geschichte der Slowakei) Pozsony 2001.; J. Bartl: Lexikon der slowakischen Geschichte. Bratislava 2002.; Verbot des Rechtsmissbrauchs. V1. Rechtstage von Luby. Trnava 2001.; K. Andová: Das neue slowakische Pfandrecht. Osteuropa Recht, 49 (2003) S. 281-287.; J. Lazar: Kodifikation und Europäisierung des slowakischen Privatrechts. In Das ABGB auf dem Weg in das 3. Jahrtausend. Reformbedarf und Reform. Symposium. Wien (Hrsg. von C. Fischer - Czermak, G. Hopf und M. Schauer) Wien 2003. S. 229-231.; Ders.: Die Neuregelung des Pfandrechts in der Slowakei. Zeitschrift für vergleichende Rechtswissenschaft 43 (2003) S. 133-138.; ders.: Produkthaftung im Zivilrecht der Slowakischen Republik. In Festschrift für R. Welser zum 65. Geburtstag. Wien 2004. S. 617-638.; S. J. Kirschbaum: A History of Slovakia. The Struggle for Survival. New York 2005[2].; G. Hamza: Le nuove codificazio- ni privatistiche nei Paesi dell'Est europeo: Continuitá e discontinuitá. Vita notarile, n. 3 (2006) S. 1209-1237.; J. Lazar: Über die Reform des slowakischen Privatrechts. In Privatrechtsentwicklung in Zentral- und Osteuropa. (Hrsg. von R. Welser) Wien 2008. S. 31-40. und Ders.: Die Umsetzung der EU-Verbraucherschutzrichtlinien in das neue slowakische Zivilgesetzbuch. In Konsumentenschutz in Zentral- und Osteuropa. (Hrsg. von R. Welser) Wien 2010. S. 93-99.

Nach einer Bestimmung in der slowakischen Verfassung sind die vor dem 1. Januar 1993 geltenden tschechoslowakischen (föderalen) Rechtsnormen solange in Kraft, bis sie nicht modifiziert, reformiert oder außer Kraft gesetzt werden. Demzufolge hat das tschechoslowakische Zivilgesetzbuch (auf Tschechisch: Občanský Zákoník, auf Slowakisch: Občiansky Zákonník) in seiner Neufassung vom Jahre 1992 auch in der Slowakei weiterhin Geltung. Immerhin wurde es nach der Auflösung der Tschechoslowakei in der nunmehr unabhängigen Slowakei modifiziert. Eine bedeutende Modifizierung ist die Neuregelung des Pfandrechts durch das Gesetz Nr. 526/2002. Das Gesetz führte das Pfandrecht an beweglichen Sachen (res mobiles) ein. Die letzte Modifizierung erfuhr das slowakische Zivilgesetzbuch durch das Gesetz Nr. 404/2004 vom 24. Juni 2004, welches am 1. August 2004 in Kraft getreten ist.

In der Slowakei hat man nach der Teilung, d.h. Auflösung der Tschechoslowakei am 1. Januar 1993 mit den Vorbereitungen zu einem eigenständigen Zivilgesetzbuch begonnen. In den Jahren zwischen 1994 und 1998 wurde ein Entwurf von Professor Karol Plank ("Plank-Entwurf") sowie ein zweiter von Professor Ján Lazar ("Lazar-Entwurf") verfasst. Diese beiden Entwürfe wurden aber später verworfen. Statt des "Lazar-Entwurfes" wurde die Ausarbeitung eines neuen Entwurfes angestrebt. Indes entstand bis zum Jahre 2002 lediglich eine Art Grundsatzprogramm mit dem Titel Prinzipien und Grundziele der zivilrechtlichen Neukodifikation. Auch seitdem liegt kein (neuer) Entwurf (auf Slowakisch: návrh) eines neuen slowakischen Zivilgesetzbuches vor, da man sich seit 2002 auf andere gesetzgeberische Projekte, etwa auf das Handelsregister und auf das Insolvenzgesetz, konzentriert. Das novellierte slowakische Zivilgesetzbuch enthält immerhin ein neues Schuldrecht und ein in erheblichen Teilen neu gestaltetes Sachenrecht.

Im Jahre 2005 wurde ein neues Gesetz über das Familienrecht (Gesetz Nr. 36/2005) verabschiedet, das das Familiengesetz aus dem Jahre 1963 ersetzt hat. Das derzeit gültige slowakische Arbeitsgesetzbuch (Zákonník Práce) stammt aus dem Jahre 2001. Einzelne Bestimmungen, die mit dem europäischen Gemeinschaftsrecht im Einklang stehen, sind im Zuge des Beitritts zur Europäischen Union am 1. Mai 2004 in Kraft getreten. Im Jahre 1994 wurde ein Gesetz zum Schutze des Wirtschaftswettbewerbs (Zákon o ochrane hospodárskej sút'aže) verabschiedet. Dieses Gesetz wurde im Jahre 2001 durch ein neues Gesetz ersetzt.

Im Bereich des Handelsrechts ist in der Slowakei das tschechoslowakische Handelsgesetzbuch (auf Tschechisch: Obchodný Zákoník, auf Slowakisch: Obchodný Zákonník) vom Jahre 1991 weiterhin in Kraft. Mit dem Gesetz Nr. 500/2001 wurde das slowakische Handelsrecht weitgehend reformiert. Der slowakische Gesetzgeber hat die rechtlichen Bestimmungen zur Harmonisierung bzw. Angleichung des Handelsrechts in der Europäischen Union bereits in Betracht gezogen. Außerdem wurde die Regelung bezüglich der Handelsgesellschaften geändert. Die letzte Änderung des Handelsgesetzbuches trat am 1. August 2005 in Kraft. Das Gesellschaftsrecht wurde im Handelsgesetzbuch neu gefasst. Im Gegensatz zur Tschechischen Republik ist aber derzeit die Erstellung eines neuen handelsrechtlichen Kodex bzw. Handelsgesetzbuches noch nicht vorgesehen. Dies hängt in erster Linie damit zusammen, dass das Verhältnis zwischen Handelsrecht und Zivilrecht (insbesondere im Bereich des Vertragsrechts) im Zuge der Neukodifizierung in theoretischer Hinsicht noch nicht abschließend geklärt ist. Es ist sogar umstritten, ob die Slowakei ein eigenständiges Handelsgesetzbuch verabschieden soll.

Summary - Development and Codification of Private Law in the Territory of the Present Day Czech Republic and Slovakia

In Bohemia and Moravia the monarchs of the Pzremysl dynasty urged for the adoption as well as application of certain legal institutions rooted in Roman law. It was during the reign of King Wenceslas II (1278-1305) that the code of mining law (in Latin: lus regale montanorum) was created. To his reign date back also the Constitutiones iuris metalli, containing a number of elements of Roman law. The author of this private collection of law (collectioprivata) was an (unknown) Italian author, i.e. legal scholar who tried the first time in Europe to synopsize the law of procedure based on both Roman law and canon law (ius canonicum). In Bohemia and Moravia municipal custom (ius municipale) proved to be a favorable soil for the reception of Roman law. This is documented by the so-called Brünner Schöffenbuch of the 14th century containing decisions, i.e. sentences made by the judges of Brünn (Brno). The Maiestatis Carolina (1346) that summarized local law under the reign of Charles IV of Luxemburg borrowed mostly, although often formal, elements from Roman law. In Prague, at the first University in Central Europe (founded in 1348) Roman law was taught from the beginnings. This contributed decisively to the spread and reception of the ius Romanum. In the 16th century the humanist trend contributed greatly to gaining ground of Roman law. In cases appealed before the court of appeal of Prague, established in 1548, Roman law played with no doubt a dominant role, while gaining more influence in municipal law (ius municipale) as well.

A Czech language law-book (Práva městská království Českého a markrabství moravského, 1579) issued by the Chancellor P.K. Koldín aiming at the unification of municipal law was based on Roman law concerning a great number of its institutions. K. Kyblin, professor of Roman law and canon law of the University of Prague compares Roman law to law in force in Bohemia, showing their similarities and differences in his voluminous book entitled Tractatus novus de differenciis iuris communis et Boemici. V. X. Neumann (1670-1743), professor of Roman law and canon law at the University of Prague emphasized the subsidiary character of Roman law in Bohemia and Moravia. The dissertation of J. S. Zencker, the Problema juridico-practicum: an et qualis ad fora regni Boemiae in casibus jure Boemico non decisis sit juris communis usus et observantia served as an apropos for his commentary which has for subject the role of Roman law in the legal practice in Bohemia. But no formal reception of Roman law took place due to the resistance of local law (ius patrium). The same resistance toward the reception of Roman law could be observed from the beginning of the 18th century also by the representatives of natural law.

The Czech (and Moravian) part of the country was for centuries under the influence of the Austrian General Civil Code (ABGB - Allgemeines Bürgerliches Gesetzbuch) promulgated in 1811, whereas in the territory of Slovakia, being part of the Kingdom of Hungary under the name "Upper Hungary" (in Hungarian: Felvidék) until 1918/1919, the Hungarian customary law was in effect due to the fact that in Hungary only parts of private law were codified, except commercial law, which became codified in 1875 (Act XXXVII of 1875). In Czechoslovakia the first civil code was promulgated in 1950. The promulgation of the 1950 Czechoslovak Civil Code, the first civil code of the country, was necessary because of the existence of different legal systems and traditions within Czechoslovakia. The socialist type Czechoslovak Civil Code (Obcansky zakonik) of 1950 was concerned with the civil law in its most restrictive sense. That code excluded from its domain family law, labour law, relations regarding intangible goods, land law and cooperative agricultural law. On the other hand, a great part of the so-called economic relations were also regulated by the Civil Code of 1950. The second Czechoslovak Civil Code, which replaced the Civil Code of 1950, entered into force on April 1, 1964. Czechoslovakia was the only socialist country where the idea of a separate (autonomous) economic code prevailed. A distinct codification regarding the economic law was foreseen by the Constitution of 1960, providing the constitutional framework for this particular type of regulation. The Economic Code in the proper sense of the term entered into force on July 1, 1964 in Czechoslovakia. The 1950 Civil Code regulated the "economic contracts" in a general way. According to this Code a special act was to regulate the legal aspects of relations existing between the socialist economic units (mostly state enterprises). The Czechoslovak International Trade Code of 1964 regulated the foreign commerce related to economic relations.

Resümee - Entwicklung und Kodifikation des Privatrechts auf dem Gebiet der heutigen Tschechischen Republik und der Slowakei

Auf den Territorien von Böhmen und Mähren wurde die Verwendung einiger römischrechtlicher Institute bereits von Mitgliedern des Premyslidenhauses vorangetrieben. Unter der Herrschaft Königs Wenzeslaus II. (1278-1305) entstand der Bergbau-Kodex (Ius regale montanorum), der zahlreiche Elemente des römischen Rechts beinhaltete. Aus seiner Regierungszeit stammt auch die Privatsammlung Constitutiones iuris metalli, deren Redaktor ein Rechtsgelehrter aus Italien war. Im 16. Jahrhundert begünstigte vor allem die humanistische Ideenwelt die Verbreitung des römischen Rechts. In den Prozessen vor dem im Jahre 1548 ins Leben gerufenen Berufungsgericht in Prag kam dem römischen Recht eine dominante Rolle zu. Das römische Recht wirkte auch in anderen Stadtrechten fort, seine formale Rezeption scheiterte jedoch anfangs am Widerstand der örtlichen Gewohnheitsrechte. Die formale Rezeption des römischen Rechts wurde zunächst wegen der erwähnten Vereinheitlichung der Stadtrechte vereitelt. Ein weiteres Hindernis einer formalen Rezeption war später, im Laufe des 18. Jahrhunderts, die Dominanz des Naturrechts, das auf die Rechtswissenschaft, die Rechtspflege und auf den Rechtsunterricht immer größeren Einfluss nahm. Gleichwohl spielte das römische Recht mittelbar, also unter Vermittlung des Stadtrechts und später des Naturrechts, eine bedeutende Rolle in der Privatrechtsentwicklung in Böhmen und Mähren.

Die nach dem Ersten Weltkrieg entstandene Tschechoslowakei hatte keine einheitliche Privatrechtsordnung. In den ehemaligen österreichischen Kronländern Böhmen, Mähren und Schlesien galt weiterhin das österreichische ABGB. Demgegenüber wurde in der Slowakei und in Ruthenien weiterhin das nicht kodifizierte ungarische Privatrecht angewandt. Das ABGB galt vor dem Ersten Weltkrieg im Königreich Ungarn - abgesehen von Siebenbürgen, dem Banat und Kroatien-Slawonien - nur eingeschränkt: Die Judexcurialkonferenz in Sopron im Jahre 1861 hatte zwar das österreichische Allgemeine Bürgerliche Gesetzbuch als solches außer Kraft gesetzt, ließ jedoch die auf die Grundstücke bezogenen Paragraphen des ABGB weiterhin in Geltung. Der am 28. Oktober 1918 zusammengerufene Tschechische Nationalrat beschloss per Gesetz, die früheren österreichischen und ungarischen Gesetze als tschechisches Recht auch weiterhin aufrechtzuerhalten. Das ABGB wurde aus mehreren Gründen nach der Gründung des tschechoslowakischen Staates angewandt: Einerseits wurzeln etliche seiner Rechtsinstitute im alten böhmischen Recht. Dies ergab sich nicht zuletzt daraus, dass bei den Kodifikationsarbeiten zum österreichischen Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuch zahlreiche tschechische Juristen, die mit dem alten böhmischen Recht vertraut waren, aktiv teilgenommen hatten. Andererseits galt das ABGB aufgrund der drei Teilnovellen als modernes Bürgerliches Gesetzbuch.

Das erste tschechoslowakische Zivilgesetzbuch wurde im Jahre 1950 promulgiert und trat im Jahre 1951 in Kraft. Er ist in seiner Gesamtheit weitgehend durch die sozialistische Rechtsideologie geprägt. Gleichwohl schöpften die Redaktoren in vielerlei Hinsicht aus dem ABGB. Aufgrund des Einflusses der Spätpandektistik hat der Kodex - im Gegensatz zum ABGB - einen Allgemeinen Teil. Da das aus insgesamt nur 500 Paragraphen bestehende Gesetzbuch zahlreiche Rechtsinstitute nur stark vereinfacht behandelte, war es nicht imstande, die Lebensverhältnisse adäquat zu regeln. Am 26. Februar 1964 kam es zur Verkündung eines neuen Zivilgesetzbuches. Es ist mit zahlreichen Änderungen heute noch (in der Tschechischen Republik und der Slowakei) in Kraft. Bis zum politischen und ökonomischen Systemwandel war es sehr stark ideologisch geprägt und hat sich in vielerlei Hinsicht vom römischen Recht abgewandt. Die deutsche Zivilistik schlug sich eher in seinem Aufbau nieder, da es einen Allgemeinen Teil enthält. Nach der "Samtenen Revolution" wurde das tschechoslowakische Zivilgesetzbuch zum ersten Male im März 1990 geändert. Von den zahlreichen späteren Modifikationen sind diejenigen vom November 1991 und vom Jahre 1992 hervorzuheben. Die im Jahre 1991 erfolgte Gesetzesänderung kehrt wieder zur (von der Pandektenwissenschaft entwickelten) Konstruktion der juristischen Person zurück und verwirft den bis dahin gebräuchlichen Terminus der "sozialistischen Organisation". Im Jahre 1992 wurde der Občanský Zákoník in einer konsolidierten Fassung neu verkündet.

Auf dem Gebiet des Handelsrechts galt im tschechischen Teil des Staates das österreichische Handelsgesetzbuch, das mit dem Allgemeinen Deutschen Handelsgesetzbuch vom Jahre 1861 identisch war. In der Slowakei galt das ungarische Handelsgesetzbuch vom Jahre 1875, das wiederum weitgehend im Einklang mit dem deutschen bzw. österreichischen Handelsgesetzbuch stand. Fast gleichzeitig mit dem Zivilgesetzbuch wurde im Jahre 1964 ein "Wirtschaftskodex" promulgiert, wodurch die auf die Verträge bezogenen Regelungen verdoppelt wurden. Im Bereich der Verträge spielte noch ein eigenständiges, im Jahre 1963 promulgiertes Gesetz über das Handelsrecht eine wichtige Rolle. Folglich waren in der Tschechoslowakei das Zivilgesetzbuch, der "Wirtschaftskodex" und das Gesetz über den Außenhandel die Quellen des Zivilrechts. Nach dem Systemwechsel wurden der "Wirtschaftskodex" und das Gesetz über den Außenhandel außer Kraft gesetzt. Die Funktion dieser Gesetze nimmt jetzt das am 5. November 1991 verkündete und am 1. Januar 1992 in Kraft gesetzte Handelsgesetzbuch wahr. Auch auf das einst unter Vermittlung Österreichs in Böhmen, Mähren und Schlesien anwendbare Allgemeines Deutsches Handelsgesetzbuch stützten sich die Ersteller des Obchodny Zákoník nur teilweise. Nach dem Systemwechsel wurden der Hospodársky Zákoník und das Gesetz über den Außenhandel außer Kraft gesetzt. Die Funktion dieser Gesetze nimmt jetzt das am 5. November 1991 verkündete und am 1. Januar 1992 in Kraft gesetzte Handelsgesetzbuch wahr. Auch auf das einst unter Vermittlung Österreichs in Böhmen, Mähren und Schlesien anwendbare Allgemeines Deutsches Handelsgesetzbuch stützten sich die Ersteller des Obchodny Zákoník nur teilweise. In der tschechoslowakischen Privatrechtsdoktrin war während der Zwischenkriegszeit wie auch danach der Einfluss der österreichischen und deutschen Privatrechtswissenschaft deutlich zu spüren.

Nach der Auflösung der Tschechoslowakei am 1. Januar 1993 wurde auch das tschechoslowakische Handelsgesetzbuch vom Jahre 1991 weitgehend modifiziert. In den Jahren 1996 und 2000 kam es in der Tschechischen Republik zu den "großen Novellen" des Handelsrechts. Mit der Verabschiedung des neuen Bürgerlichen Gesetzbuches wird wahrscheinlich auch ein neues Handelsgesetzbuch oder ein Gesetz über die Handelsgesellschaften promulgiert. In letzterem Fall würden die handelsrechtlichen Verträge im Einklang mit dem monistischen Konzept mit den privatrechtlichen Verträgen im neuen Bürgerlichen Gesetzbuch behandelt. Ein Entwurf liegt hier wegen der noch nicht abgeschlossenen konzeptionellen Vorfragen noch nicht vor. In der Slowakei hat man nach Auflösung der Tschechoslowakei am 1. Januar 1993 mit den Vorbereitungen zu einem eigenständigen Zivilgesetzbuch begonnen. In den Jahren zwischen 1994 und 1998 wurde ein Entwurf von Professor Karol Plank ("Plank-Entwurf") sowie ein zweiter von Professor Jan Lazar ("Lazar-Entwurf") verfasst. Diese beiden Entwürfe wurden aber später verworfen. Statt des "Lazar-Entwurfes" wurde die Ausarbeitung eines neuen Entwurfes angestrebt. Indes entstand bis zum Jahre 2002 lediglich eine Art Grundsatzprogramm mit dem Titel Prinzipien und Grundziele der zivilrechtlichen Neukodifikation. Im Bereich des Handelsrechts ist in der Slowakei das tschechoslowakische Handelsgesetzbuch vom Jahre 1991 weiterhin in Kraft. Mit dem Gesetz Nr. 500/2001 wurde das slowakische Handelsrecht weitgehend reformiert. Der slowakische Gesetzgeber hat die rechtlichen Bestimmungen zur Harmonisierung bzw. Angleichung des Handelsrechts in der Europäischen Union bereits in Betracht gezogen. Außerdem wurde die Regelung bezüglich der Handelsgesellschaften geändert.

Die letzte Änderung des Handelsgesetzbuches trat am 1. August 2005 in Kraft. Das Gesellschaftsrecht wurde im Handelsgesetzbuch neu gefasst. Im Gegensatz zur Tschechischen Republik ist aber derzeit die Erstellung eines neuen handelsrechtlichen Kodex bzw. Handelsgesetzbuches noch nicht vorgesehen. Dies hängt in erster Linie damit zusammen, dass das Verhältnis zwischen Handelsrecht und Zivilrecht (insbesondere im Bereich des Vertragsrechts) im Zuge der Neukodifizierung in theoretischer Hinsicht noch nicht abschließend geklärt ist. ■

ANMERKUNGEN

[1] Hier soll darauf verwiesen werden, dass die Judexcurialkonferenz kein Gesetzgebungsorgan war. Mit Rücksicht darauf, hatten die Provisorischen Rechtsregeln keine Gesetzeskraft. Der Oberste Gerichtshof (Curia) in Ungarn hat "provisorisch" die Entscheidungen der Judexcurialkonferenz bis Erlass von Gesetzen in Kraft gesetzt.

[2] Dieses Gesetz heißt auf Tschechisch: Zákon o zřizeni samostatného státu československého (auf Deutsch: Gesetz über die Errichtung des unabhängigen tschechoslowakischen Staates), zákon č. 11/1918 Sb.

[3] R. Schumann: La théorie des obligations dans le projet de Code civil tchécoslovaque. Paris 1927.

[4] W. Doskocil: Egon Weiss. Ein Gedenken zu seinem 90. Geburtstag. Bohemia. Jahrbuch des Collegium Carolinum, 11 (1970) S. 418-432.

[5] Das Bürgerliche Gesetzbuch für die Čechoslowakische Republik. Übersetzung des Entwurfes der Kommission für die Revision des ABGB. Herausgegeben vom Justizministerium der Čechoslowakischen Republik. Reichenberg i. B., 1924.; E. Weiss: Die Umgestaltung des bürgerlichen Rechts in der Tschechoslowakischen Republik. Auslandsrecht, 5 (1924) S. 201-204.; ders.: Überblick über die zivilrechtliche Rechtsprechung in der Čechoslovakischen Republik 1926. Zeitschrift für Ostrecht, 2 (1928) S. 75-86. und E. Weiss: Der Entwurf eines Bürgerlichen Gesetzbuches für die Tschechoslowakische Republik. Zeitschrift für Ausländisches und Internationales Privatrecht, 7 (1933) S. 526-545.

[6] Das dualistische Konzept (concept dualiste) bedeutet in historischer Hinsicht, dass das Handelsrecht auf der Kodifikationsebene getrennt vom bürgerlichen Recht bzw. Zivilrecht geregelt wird. Die Geltung des dualistischen Konzepts schließt aber nicht aus, dass das Vertragsrecht einheitlich, d. h. nur im Bürgerlichen Gesetzbuch (Zivilgesetzbuch) geregelt wird.

Lábjegyzetek:

[1] Lehrstuhl für Römisches Recht, Telefonnummer (36-1) 411-6506, E-mail: gabor.hamza@ajk.elte.hu

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