Magnifizenz,
Spektabilitäten,
hochverehrte Festversammlung,
Die Verleihung des Titels >doctor et professor iuris honoris causa< ist eine für mich so außergewöhnliche Ehrung, dass ich davon tief bewegt bin. Ich bin dem Senat der Universität und Ihnen, Magnifizenz, die sie die Verleihung beschlossen haben, zutiefst dankbar: dankbar auch der Rechtswissenschaftlichen Fakultät, die den Vorschlag eingebracht hat und dankbar dem Institut für Politische Wissenschaft und hier insbesondere meinem Kollegen und Freund, Professor Szabó Máté, die diese Titelverleihung initiiert haben. Es ist eine Ehrung, die nicht alltäglich ist, und ich weiß, dass es zudem die höchste Auszeichnung ist, welche die Universität zu vergeben hat. Damit wird, wenn ich es recht verstehe, zugleich eine Beziehung honoriert, die mit dem Jahr 1981 begann.
Damals schlossen die Universität Hamburg und die Eötvös Lorand Universität Budapest einen Vertrag, der eine lang anhaltende Kooperation vorsah, die in ihrer formellen Grundlage erst nach dem Fall des >Eisernen Vorhangs<, also nach 1989 auslief und dann 1991 zu Ende ging, genauer: seither in freier Vereinbarung und freundschaftlicher Kommunikation in anderer Form ihre Fortsetzung fand, weil sie einer vertraglichen Grundlage nicht mehr bedurfte. Für die in den frühen achtziger Jahren begonnene Zusammenarbeit war ich - soweit es die Politologen betraf - auf deutscher Seite zuständig und verantwortlich. Ich erinnere mich noch sehr genau an meinen ersten Budapester Aufenthalt, der damals mit dem Lehrstuhl für >Wissenschaftlichen Sozialismus< verabredet war, einem Fach, das es in Hamburg und auch an anderen westdeutschen Universitäten nicht gab. Als Inhaber des Lehrstuhls für Politische Theorie und Ideengeschichte an der Hamburger Universität hatte ich eine Vorstellung davon, was unter dieser Spezifikation >Wissenschaftlicher Sozialismus< zu erwarten war, aber die Realität sah dann doch anders aus als die Theorie das wollte. Vor allem auch dadurch, dass ich im Umkreis dieses Lehrstuhls - wie im Umfeld anderer sozialwissenschaftlicher Institute - jüngere Kollegen kennenlernte, die an moderner, westlicher Politik- und Sozialwissenschaft interessiert waren, die mit den westeuropäischen und amerikanischen Theoriedebatten einigermaßen vertraut waren, die darauf warteten, durch persönliche Kontakte und durch Auslandsaufenthalte ihre Kenntnisse zu vertiefen. Mit diesen Kollegen, von denen heute viele geachtete Universitätspositionen innehaben - ich denke an Professor Szabó Máté, an Prof. Pokol Béla, an Professor Bihari Mi-
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hály, um nur einige Namen zu erwähnen - ergab sich in den folgenden Jahren ein fruchtbarer wissenschaftlicher Austausch: ich kam jährlich - oft mehrmals - nach Budapest, sie kamen zu mir nach Hamburg oder auch - gelegentlich durch meine Vermittlung - an andere deutsche Universitäten, nahmen an Tagungen der Deutschen Vereinigung für Politische Wissenschaft teil, lernten so im Laufe der Zeit viele westdeutsche Kollegen und die jeweils vorherrschenden wissenschaftlichen Debatten kennen. Es war ein gegenseitiger Lernprozess, wie ich betonen möchte, denn auch ich habe in diesen Jahren viel gelernt, andere wissenschaftliche Perspektiven erlebt und viele meiner Vorstellungen über ein Land, in dem eine kommunistische Partei regierte und Einfluss auf den Wissenschaftsprozess nahm, korrigieren müssen. In zahlreichen gemeinsamen Tagungen und Konferenzen sowohl hier in Budapest als auch in Hamburg oder an anderen westdeutschen Universitäten sind wir - die Kooperationspartner - uns wissenschaftlich nähergekommen. Schon nach kurzer Zeit war diese Kooperation so eng, dass etwa Professor Szabó Máté 1984 an der auf einer Heidelberger Tagung vollzogenen Gründung der Sektion Politische Theorie und Politische Ideengeschichte in der Deutschen Vereinigung für Politische Wissenschaft mitgewirkt hat und über Jahre deren aktives Mitglied gewesen ist. Für mich ergaben sich wissenschaftliche Kontakte auch zu Kollegen aus anderen Disziplinen, etwa im Zusammenhang mit meinen Arbeiten über Politik, Gesellschaft und Musiktheater und vor allem über Richard Wagner und dessen politischästhetisches Denken zu dem Musikwissenschaftler Professor Zoltai Dénes. In manchen Fällen ist aus der wissenschaftlichen Zusammenarbeit und den gemeinsamen theoretischen Neigungen auch eine persönliche Freundschaft geworden, die bis heute anhält. Das sollte man nicht gering schätzen. Wenn Aristoteles in seiner wunderbaren Abhandlung >Über die Freundschaft< davon spricht, dass ein Staat ohne die Freundschaft zwischen den ihn Regierenden nicht wirklich gut und dauerhaft regiert werden kann, so gilt dieser Gedanke auch für die Wissenschaft: ohne die Empathie, ja Sympathie zwischen denen, die wissenschaftlich zusammenarbeiten, bleibt eine solche Zusammenarbeit blutleer und ohne wirklich bedeutungsvolle Ergebnisse. Erst die persönliche Freundschaft erweckt auch die theoretisch verbindenden Interessen zum Leben und zur Bedeutung.
Die heutige Ehrung möchte ich deshalb nicht nur als Auszeichnung für die im Rahmen der formellen Kooperation zwischen den Universitäten Hamburg und Budapest in der Vergangenheit geleistete Arbeit verstehen, sondern auch als einen solchen Freundschaftsbeweis. Sie verbindet mich noch stärker als bisher der Rechtswissenschaftlichen Fakultät und dieser Universität generell und ich gestehe stolz zu sein eine solche Ehrung von einer so traditionsreichen Universität zu empfangen. Es wird mir eine Freude sein, meine persönlichen Beziehungen zu dieser Universität auch zukünftig weiter zu pflegen. ■
Lábjegyzetek:
[1] Universität Hamburg, Fakultät Wirtschafts- und Sozialwissenschaften
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