https://doi.org/10.56749/annales.elteajk.2020.lix.8.145
In this study, some questions of ius offerendi ("right of offering") in Roman law are examined. After introductory remarks, the most basic sources (C. S, 17, 1; D. 2G, 4, 12, 6; D. 2G, 5, 5 pr.) are briefly analysed. Then several problems of ius offerendi (including, inter alia, the questions of regress and the relationship between ius offerendi and "hypothecary succession" [hypothekarische Sukzession]) are scrutinised, also referring to the various interpretations in the Roman law literature (cf. Dernburg, Schulz, Kaser, Wacke, Emunds und Harke, and Schanbacher).
Keywords: pledge, "junior" and "senior" creditor (pledgee), right of offering, hypothecary succession, regress
In dem vorliegenden Aufsatz wird versucht, eine knappe Darstellung über die komplexe Problematik des ius offerendi ("Anbietungsrecht") im römischen Recht zu gegeben, unter besonderer Berücksichtigung der Analyse der dogmatischen Konstruktion des ius offerendi und der Rechtsfolgen dessen Ausübung.
Als Ausgangspunkt der Ausübung des ius offerendi dient eine Mehrfachverpfändung.[1]
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[Das römische Pfandrechtssystem kannte - nach der herrschenden Ansicht - Pfandrechtsmehrheiten bis zur Zeit von Marcellus (vgl. D. 44, 2, 19) - also bis zum Ende der hochklassischen Zeit - nicht (in der früheren klassischen Zeit war die Nachverpfändung zugunsten eines zweiten Gläubigers nur unter der aufschiebenden Bedingung anerkannt, dass das erste Pfandrecht erlischt; vgl. Afr. D. 20, 4, 9, 3 und Gai. D. 20, 1, 15, 2). Später wurde aber anerkannt, dass die Nachgläubiger sofort mit der Verpfändung ein unbedingtes Pfandrecht und damit die dingliche Pfandklage erhalten.[2]]
Die Nachpfandgläubiger sind immer in einer nachteiligen Position: Zum Pfandverkauf ist nur der Erstgläubiger berechtigt. Durch den Verkauf der Pfandsache erlöschen alle Pfandrechte und die Nachpfandgläubiger können sich nur aus dem Überschuss (superßuum) beteiligen. Um eine günstigere Position zu erreichen, kann der Nachpfandgläubiger das ius offerendi ausüben, d. h. dem Erstgläubiger die Erfüllung seiner Forderung anbieten. Durch die Ausübung des ius offerendi kann der Nachgläubiger sein Pfandrecht bestätigen, und damit die actio Serviana (die gegen jedermann wirksame dingliche Pfandklage), das Verkaufsrecht der Pfandsache und ein Befriedigungsrecht aus dem Kaufpreis erwerben.
Diese Charakterzüge des ius offerendi sind wohl bekannt.[3] Jedoch ist die Problematik des ius offerendi, mit vielbestrittenen dogmatischen Fragen und rätselhaften Quellentexten, sehr komplex.
Es handelt sich z. B. in denjenigen Stellen um außerordentlich komplizierte Sachverhalte und schwere Rechtsfragen, in denen drei Pfandgläubiger beteiligt sind (vgl. z. B. Paul. D. 20, 4, 16[4]). Neben der "Drittverpfändung" ist es z. B. auch eine interessante und
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vielbestrittene Frage, ob welcher Pfandgläubiger das ius offerendi ausüben kann (vgl. PS 2, 13, 8[5]). (Zur Erörterung der in dieser Hinsicht relevanten, dogmatisch ziemlich problematischen Fragmente würden wir aber einen selbständigen Aufsatz brauchen.)
Im Jahr 2015 wurde die Problematik des ius offerendi in einer Abhandlung von Emunds und Harke analysiert. Dieser gedankenreiche Aufsatz ist für die vorliegenden Anmerkungen eine Inspirationsquelle gewesen, um die dogmatische Konstruktion des ius offerendi tiefer zu untersuchen. Zudem wurde 2016 ein ausgezeichneter Aufsatz über das Thema der hypothekarischen Sukzession von Schanbacher publiziert, auch mit Berücksichtigung der Abgrenzung zwischen dem ius offerendi und der "hypothekarischen Sukzession".[6]
Als sedes materiae des ius offerendi (und der verschiedenen Fälle der hypothekarischen Sukzession) dienen vor allem die Texte aus dem vierten und fünften Titel des zwanzigsten Buches der Digesten (20, 4: "Qui potiores in pignore vel hypotheca habeantur et de his qui in priorum creditorum locum succedunt"; 20, 5: "De distractione pignorum et hypothecarum"). Grundlegende Texte enthält auch das achte Buch des Codex Iustinianus (siehe vor allem: 8, 17: "Qui potiores in pignore habeantur"; 8, 18: "De his qui in priorum creditorum locum succedunt"; 8, 19: "Si antiquior creditor pignus vendiderit"; aber auch 8, 13 "De pignoribus").
Hinsichtlich der Konfirmation des nachrangigen Pfandrechts ist die Konstitution von Septimius Severus und Antoninus Caracalla aus dem Jahre 197 zu erwähnen,
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die die früheste positivrechtliche Regelung des ius offerendi[7] enthält.[8] [Es handelt sich hier eigentlich um eine "staatliche Intervention" in die Pfandverhältnisse (diesbezüglich siehe noch - aus der nachklassischen Zeit - z. B. das konstantinische Verbot der lex commissoria), die sich übrigens grundlegend durch die Vertragspraxis im römischen Recht entwickelt haben.] In diesem - vielleicht von den Kompilatoren gekürzten -Text handelt es sich um eine Konfirmation[9] des zweiten Pfandrechts, nicht aber aus-
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drücklich um eine Sukzession und noch weniger um eine Konvaleszenz[10] des zweiten Pfandrechts (C. 8, 17, 1). Gemäß dieser wohl bekannten Quelle kann ein Zweitgläubiger sein Pfandrecht dadurch verstärken, dass er dem Erstgläubiger den geschuldeten Betrag zahlt oder es, wenn er es angeboten und er sich geweigert hatte anzunehmen, versiegelt und hinterlegt und nicht wieder zum eigenen Gebrauch verwendet.
Die Zahlung des Zweitgläubigers ist kein "Klagenkauf", sondern eine solutio. Als solche führt sie zum Erlöschen der persönlichen Forderung und nicht zu ihrem Übergang. Bei der Ausübung des ius offerendi geht es nicht um einen Vertrag. - Der Kauf der gesicherten Forderung ist eine andere Möglichkeit der Ablösung des vorrangigen Pfandrechts (vgl. Marci. D. 20, 6, 5, 2), mit anderen Rechtswirkungen: Der Kauf der Forderung bewirkt eine ausdrückliche Sukzession, während eine "normale" solutio (beim ius offerendi) zu keiner ("wirklichen") hypothekarischen Sukzession führt. - Zum Kauf des Pfandrechts siehe Marci. D. 20, 5, 5, 1 und Mod. eod. 6. Beim Kauf des Pfandrechts (wenn ein Nachgläubiger das Pfandrecht dem Erstgläubiger abkauft) wird der Nachgläubiger ausdrücklich ein Nachfolger des vorherigen Erstpfandgläubigers (in diesem Fall handelt es sich deshalb um eine hypothekarische Sukzession [siehe dazu unten]).
Ein Quellentext von Marcianus (D. 20, 4, 12, 6[11]) - der die Ansicht von Papinianus bestätigt - hat im Zusammenhang des Befriedigungsrechts des Nachgläubigers eine grundlegende Bedeutung. Im Sachverhalt dieses Textes ist dieselbe Sache zweimal zur Sicherung eines verzinslichen Darlehens verpfändet worden. Gemäß diesem Text haftet die Sache dem nachrangigen Gläubiger auch gegen Willen des Schuldners nicht nur für seinen Anspruch, sondern auch für den des ersten Gläubigers und für seine Zinsen und für die, die er dem ersten Gläubiger gezahlt hat. Aber er wird von den Zinsen, die er dem
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Erstgläubiger gezahlt hat, keine Zinsen erhalten. Der Zweitgläubiger (der Offerent) hat nicht das Geschäft eines anderen geführt, sondern vielmehr sein eigenes.
Eine der wichtigsten Stellen im Hinblick des ius offerendi stammt auch von Marci-anus (D. 20, 5, 5 pr.[12]). Während die oben erwähnte Konstitution (C. 8, 17, 1) eine Konfirmation des zweiten Pfandrechts befestigt und der früher zitierte andere Text von Marcianus (D. 20, 4, 12, 6) über ein Befriedigungsrecht des Nachgläubigers berichtet, spricht Marcianus in diesem Text ausdrücklich von einer Sukzession ("in locum eius successerit"): Weil der zweite Gläubiger, indem er dem ersten das Geld angeboten hatte, an dessen Stelle getreten ist, nimmt er den Verkauf wegen des gezahlten und des dargeliehenen Geldes zu Recht vor. Er ist also in die pfandrechtliche Stellung des Erstgläubigers eingerückt.
Fraglich ist, um was für eine "Sukzession" es sich hier handelt. Darüber hinaus stellt sich die Frage, inwieweit diese "Sukzession" als eine in einem technischen Sinne konzipierte, "wirkliche" und "völlige" hypothekarische Sukzession betrachtet werden darf, oder ob es sich beim ius offerendi um etwas anderes handelt.
a) Die erste moderne Interpretation des ius offerendi stammt von Dernburg;[13] einer der hervorragendsten Juristen der Pandektenwissenschaft sah in der Ausübung des ius offerendi nicht einen Übergang der Forderung des Erstgläubigers auf den Nachgläubiger, sondern ein Erlöschen der Forderung des Erstgläubigers. Nach Dernburg ist die alte Schuld als gezahlt und nicht als verkauft zu betrachten. Wenn jedoch die Schuld bezahlt ist, ist auch das Pfandrecht erloschen. Diese Ansicht war damals eine revolutionäre These, weil es in der älteren Fachliteratur - übereinstimmend mit der in dem ius commune ausgearbeiteten Neuinterpretation - über den Erwerb des Pfandrechts und damit über eine Klagezession beim ius offerendi diskutiert worden war.
Aufgrund der Forschungen von Dernburg haben Schulz und Kasier die in der modernen Romanistik herrschende Auffassung ausgearbeitet.
Nach Schulz[14] handelt es sich beim ius offerendi zunächst lediglich um die Erlangung der Rangvorrechte des vorstehenden Pfandrechts (Besitz, Pfandklage und Verkaufsbefugnis). Der Offerent erwirbt weder die Forderung des abgefundenen Gläubigers gegen den Schuldner noch sein Pfandrecht an der Sache. Demzufolge geht es im römischen Recht um nicht um eine Klagezession als Rechtsfolge der Ausübung des ius offerendi.
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Kaser[15] spricht beim ius offerendi nur über ein abstraktes Befriedigungsrecht ohne ein Pfandrecht bzw. eine Forderung. Der Offerent erwirbt nur das ius vendendi und die Befugnis, sich aus dem Erlös im ersten Rang in gleicher Weise zu befriedigen. Der Nachgläubiger erwirbt aber kein neues Pfandrecht. Kasers Ausgangspunkt und Hauptargument ist das Akzessorietätsprinzip: weil die Forderung des Erstgläubigers erloschen ist, erwirbt der Nachgläubiger keine Forderung und kein Pfandrecht, sondern nur ein (abstraktes) Befriedigungsrecht. Nach der Ansicht von Kaser bewirkt also die Ausübung des ius offerendi keine hypothekarische Sukzession. In den Fällen der hypothekarischen Sukzession erhält nämlich der neue Gläubiger ein Pfandrecht an der Stelle des abgefundenen Gläubigers.
Wacke[16] hat schon im Jahre 1976 geschrieben, dass ein Befriedigungsrecht ohne Forderung und Pfandrecht nicht leicht vorstellbar erscheint.
Die Argumentation und Lehre von Kaser wurde zuletzt auch von Emunds und Harke bestritten.[17] Emunds und Harke weisen darauf hin, dass die Quellen nicht belegen, dass der Offerent sein bisheriges nachstehendes Pfandrecht im bisherigen Rang behält (so Kaser) und ein neues erstrangiges Befriedigungsrecht hinzuerwirbt. Obwohl der nachrangige Pfandgläubiger durch die Ablösung des vorrangigen keine neuen persönlichen Klagen gegen den Schuldner erworben hat, folgt daraus nicht, dass die zusätzliche Haftung der Pfandsache auf einem bloßen Befriedigungsrecht beruht. Ein solches Recht - wie die Verfasser überzeugend betonen - wäre ohne Parallele in den römischrechtlichen Quellen. Zum anderen hat der Zweitgläubiger sein eigenes Pfandrecht konfirmiert; er benötigt daher gar kein zusätzliches Befriedigungsrecht, vielmehr genügt eine Erweiterung der bereits bestehenden Pfandhaftung. Diese Argumentation enthält zweifellos Wahrheiten.
b) Unseres Erachtens muss man betonen, dass die Mitwirkung des Schuldners bei der Ausübung des ius offerendi nicht erforderlich ist; ebenso wenig darf man in der Ausübung des ius offerendi eine Geschäftsführung ohne Auftrag sehen, weil der Offerent das ius offerendi nicht im Interesse des Schuldners, sondern in seinem eigenen Interesse ausübt. Der Offerent führt kein fremdes, sondern ein eigenes Geschäft. (Vgl. Marci. D. 20, 4, 12, 6.[18])
Der Offerent ist also weder ein mandatarius (des Schuldners) noch ein negotiorum gestor (des Schuldners[19]). (Es lohnt sich auch zu bemerken, dass es anfangs kein
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Rechtsverhältnis zwischen dem Offerenten und dem Erstgläubiger gab. Die Zahlung des Nachgläubigers ist aus dem Aspekt des Erstgläubigers im Wesentlichen nichts anderes als eine Drittleistung [im eigenen Interesse].[20])
Es fehlt hier die reiche Kasuistik, die bei der Bürgschaft gefunden werden kann ("Kauffiktion" bei derfideiussio; actio mandati contraria und actio negotiorumgestorum contraria als Regressklagen; siehe noch die sui generis Konstruktion des beneficium cedendarum actionum im justinianischen Recht). Das Fehlen einer solchen Kasuistik ist offenbar nicht zufällig. Der Bürge leistet nämlich im Interesse des Schuldners. Der Offerent leistet aber in seinem eigenen Interesse, ohne zu dieser Leistung verpflichtet zu sein. (Das Fehlen des Regressrechts[21] des Nachgläubigers bei dem römischrechtlichen ius offerendi - wenn diese Ansicht stichhaltig ist - kann man vielleicht teils auf diese Überlegung zurückführen. [Vgl. "Utilitätsprinzip" (natürlich in einem anderen Sinne als bei der vertraglichen Haftung).]
Es ergibt sich die folgende Frage: Erlischt das Pfandrecht des erstrangigen Pfandgläubigers durch die Ausübung des ius offerendi, wie Dernburg es meinte? Erwirbt der Offerent (der originären Konstruktion zufolge) nur den Besitz, die Pfandklage und die Verkaufsbefugnis, wie Schulz es verfasste? (Nach Schulz ist die erweiterte Haftung der Pfandsache erst später - vermutlich durch eine Kaiserkonstitution - eingeführt worden.) Entsteht nur ein abstraktes Befriedigungsrecht als Rechtsfolge der Ausübung des ius offerendi, wie Kaser es behauptete?
In den Quellen des römischen Rechts gibt es weder auf das Erlöschen des Pfandrechts (und damit der Forderung) noch auf den Übergang des Pfandrechts (und damit der Forderung) des ersten Gläubigers eindeutige und ausdrückliche Hinweise. Die Frage bezüglich des Regresses bzw. der Klagezession ist noch rätselhafter: Weder auf einen "originären" Regress noch auf eine Klagezession ("Derivativregress") befinden sich Hinweise in den Digesten oder in anderen Quellen des römischen Rechts, weder in einem positiven noch in einem negativen Sinne.
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Eine ("wirkliche" bzw. "vollkommene") "hypothekarische Sukzession"[22] würde zum Übergang des Pfandrechts mit der Zession der Klagen des abgefundenen Gläubigers gegen den Schuldner führen. In den Quellen des römischen Rechts findet man aber keinen Beweis für eine solche hypothekarische Sukzession beim ius offerendi. Die Ausübung des ius offerendi bewirkt eher nur die Konfirmation bzw. die Erweiterung des Pfandrechts des Nachpfandgläubigers. Der Offerent erwirbt mit der Konfirmation seines Pfandrechts zweifellos die (gegen jedermann) erfolgreiche actio Serviana, das ius distrahendi und das Befriedigungsrecht aus dem Kaufpreis. Er wird aber kein "völliger" Sukzessor des abgefundenen Gläubigers, dessen Forderung (gegen seinen Schuldner) mit der Ausübung des ius offerendi erlischt.
Fraglich ist es, ob eine Klagezession als Rechtsfolge der Ausübung des ius offerendi auch im römischen Recht in Betracht kam. Das mittelalterliche und neuzeitliche ius offerendi bzw. dessen Ausübung bewirkt eine gesetzliche Surrogation, mit einer Klagezession.[23]
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Es ist aber unbestritten, dass die römischrechtlichen Quellen keine Hinweise auf eine Klagezession bei der Ausübung des ius offerendi enthalten. Vielleicht darum, weil die Forderung des abgefundenen Gläubigers erlosch und der Offerent allein alle Risiken der Ausübung des ius offerendi tragen sollte. Demzufolge (im Zusammenhang damit, dass es anfangs kein Rechtsverhältnis zwischen dem Offerenten und dem Erstgläubiger gab) kann festgehalten werden, dass eine Klagezession (derivativer Regress) beim ius offerendi wahrscheinlich bewusst ausgeschlossen wurde. (Grundsätzlich scheint es so zu sein, dass ein originärer und ein derivativer Regress unnötig war, weil der Offerent das Anbietungsrecht offenbar unter sorgfältiger Berücksichtigung der Risiken ausübte.)
Weil der Nachgläubiger das ius offerendi in seinem eigenen Interesse ausübt, bleiben die bei der Bürgschaft angewandten (denn der Bürge leistet im Interesse des Schuldners) Klagen für den Regress gegen den Schuldner (actio mandati contraria und actio negotiorum gestorum contraria; vgl. Gai. 3, 127; Ulp. D. 17, 1, 6, 2; Paul. eod. 40) außer Betracht. Die bei derfideiussio angewandte "Kauffiktion" (vgl. Iul. D. 46, 1, 17[24]) taucht auch nicht beim ius offerendi auf.
Die kritischen Bemerkungen von Wacke und zuletzt von Emunds und Harke gegen die Ansicht von Kaser bezüglich des "abstrakten Befriedigungsrechts" scheinen fundiert zu sein. Auch wir können uns - gegen die Ansicht von Kaser - ein "abstraktes" Befriedigungsrecht (ohne eine Forderung und ein Pfandrecht) kaum vorstellen. Emunds und Harke weisen mit Recht darauf hin, dass ein abstraktes Befriedigungsrecht ohne Parallele in den Quellen wäre, und weil der Zweitgläubiger sein eigenes Pfandrecht konfirmiert hat, benötigt er kein zusätzliches Befriedigungsrecht. Der Nachpfandgläubiger, der das ius offerendi (in seinem eigenen Interesse bzw. auf seine eigene Gefahr) ausübt, wird aber noch weniger ein wirklicher Nachfolger des vorherigen Erstpfandgläubigers. Demzufolge erwirbt er die Forderung und damit die Klagen des vorherigen Erstpfandgläubigers gegen den Schuldner nicht. Der Offerent erwirbt nur die (gegen jedermann) erfolgreiche Pfandklage, die Verkaufsbefugnis und ein Befriedigungsrecht (das nicht abstrakt ist) durch die Konfirmation bzw. die Erweiterung seines Pfandrechts, und nicht als (echter) Nachfolger des Pfandrechts des bisherigen Erstgläubigers (also nicht durch eine wirkliche hypothekarische Sukzession). ■
ANMERKUNGEN
[1] Vgl. z. B. J. Miquel, El rango hipotecario en el derecho romano clásico, (1959) (29) Anuario de historia del derecho español, 229 ff; M. Kaser, Über mehrfache Verpfändung im römischen Recht, in Studi G. Grosso, I, (Torino, 1968) 27 ff.; A. Biscardi, Die mehrfache Verpfändung einer Sache vom attischen bis zum spätrömischen Recht, (1969) (86) SZ, 146 ff. (vor allem aber zum griechischen Recht) https://doi.org/10.7767/zrgra.1969.86.1.146; B. Sirks, La pluralité des créanciers hypothécaires sans rang en droit romain classique et Paul. 5 « ad Plaut. » D. 20, 4, 13, (1986) (89) BIDR, 305 ff; aus der spanischen Literatur L. M. Robles Velasco, La segunda hipoteca en el derecho romano, (2001) (668) Revista critica de derecho inmobiliario, 2345 ff; L. Bernad Segarra, La pluralidad hipotecaria. Excepciones alprincipio de prioridad temporal en derecho romano y en el derecho civil español, (Madrid 2010) 21 ff.
[2] Vgl. M. Kaser, R. Knütel und S. Lohsse, Römisches Privatrecht, (München 2017[21]) 186.
[3] Aus der vielfältigen Literatur des ius offerendi siehe z. B. A. Thon, Das "ius offerendi" des besseren Pfandgläubigers nach römischem Rechte: Eine civilistische Abhandlung geschrieben zur Erlangung der Erlaubniß an der Ruprecht-Carls-Universität zu Heidelberg Vorlesungen zu halten, (Heidelberg, 1863) (reprint: 2010); A. R. B. Regely, Das "jus offerendi" in alter und neuer Zeit, unter Berücksichtigung der dasselbe betreffenden Bestimmungen des Entwurfs eines Bürgerlichen Gesetzbuches für das Deutsche Reich, (Diss.) (Berlin, 1893); K. Hellmuth, Das "ius offerendi etsuccedendi"beim römischen Pfandrecht, (Diss.) (Basel, 1959); Ders., Das "ius offerendi et succedendi" beim römischen Pfandrecht, in Jahrbuch der Basler Juristenfakultät 38-39 (1959-1960), 40 ff.; A. d'Ors, El "ius offerendi" de "Tertius", in Studi B. Biondi, I, (Milano, 1965) 213 ff.; Ch. Emunds und J. D. Harke, Das "ius offerendi et succedendi" des nachrangigen Pfandgläubigers, in J. D. Harke (Hrsg.), Facetten des römischen Pfandrechts. Studien zur Geschichte und Dogmatik des Privatrechts, (Berlin und Heidelberg, 2015) 15 ff. https://doi.org/10.1007/978-3-662-44989-9_2; D. Schanbacher, Hypothekarische Sukzession, (2016) (84) TR, 161 ff. https://doi.org/10.1163/15718190-08412p04; Siklósi I., A ius offerendi problematikája a római magánjogban (Die Problematik des "ius offerendi" im römischen Privatrecht), (Budapest, 2017.) - Zur relevanten Literatur der Mehrfachverpfändung in Bezug auch auf das ius offerendi siehe oben.
[4] Wenn die Sache dreimal verpfändet worden war und der dritte Pfandgläubiger an den Erstgläubiger Zahlung geleistet hat, so blieb das Pfandrecht des zweiten Gläubigers unberührt. Weder rückt er, was beim Erlöschen des Erstpfandrechts zu erwarten wäre, an die erste Stelle auf, noch wird er von dem dritten Pfandgläubiger aus seinem Rang verdrängt. Vielmehr tritt der dritte Pfandgläubiger an die Stelle des Erstgläubigers, aber nur in ea quantitate, quam superiori exsolvit. Seine eigene Forderung steht der des zweiten Pfandgläubigers weiterhin nach (vgl. Emunds und Harke, Das "ius offerendi et succedendi" des nachrangigen Pfandgläubigers, 36[62]; zu diesem Fragment siehe ausführlich z. B. R. Backhaus, "Casus perplexus". Die Lösung in sich widersprüchlicher Rechtsfälle durch die klassische römische Jurisprudenz, (München, 1981) 133 ff.; P. Ziliotto, Effetti del giudicato rispetto ai terzi: due casi in materia di pegno, (2014) (7) Teoria e storia del diritto privato, 54 ff.
[5] Gemäß diesem (vielleicht unechten und dogmatisch gar nicht unproblematischen) Quellentext kann auch der erste Pfandgläubiger das ius offerendi ausüben (vgl. dazu z. B. Kaser, Über mehrfache Verpfändung im römischen Recht, 65 f.). (Hapax legomenon; diese Konstruktion wurde in das justinianische Corpus iuris nicht aufgenommen.)
[6] Schanbacher, Hypothekarische Sukzession, 149 ff. - Die hypothekarische Sukzession ist nach Schanbacher vom ius offerendi zu trennen, zum einen was den Tatbestand, zum anderen was die Rechtsfolge angeht. Der deutsche Romanist betont unter anderem, dass der Tatbestand der hypothekarischen Sukzession eine Tilgung der vom Pfandrecht gesicherten Forderung und eine eigene Pfandübereinkunft voraussetzt. Der Tatbestand des ius offerendi hingegen verlangt eine Ablösung des Pfandrechts selbst.
[7] Vielleicht anfänglich ohne ein ius succedendi? Zu dieser Frage und zum Problem der Datierung des ius offerendi et succedendi siehe Emunds und Harke, Das "ius offerendi et succedendi" des nachrangigen Pfandgläubigers, 37 f. In C. 8, 17, 1 gibt es nämlich keinen Hinweis auf eine Sukzession, nur auf eine Konfirmation (des zweiten Pfandrechts). Ein Ablösungsrecht durfte schon früher (aufgrund D. 20, 4, 11, 4 auch bereits in der Zeit von Gaius) aus der Formel der actio Serviana abgeleitet werden. Wahrscheinlich ist es, dass dieses Ablösungsrecht durch die Konstitution von Severus und Caracalla zu einem selbständigen kaiserrechtlichen Rechtsinstitut entwickelt wurde. Dazu siehe überzeugend Emunds und Harke, Das "ius offerendi et succedendi" des nachrangigen Pfandgläubigers, 38, die zu Recht annehmen, dass Severus und Caracalla nicht nur von einer Konfirmation, sondern auch von einem ius succedendi handeln. Es geht hier wahrscheinlich um eine kompilatorische Verkürzung.
[8] "Qui pignus secundo loco accepit, ita ius suum confirmare potest, si priori creditori debitam pecuniam solverit aut, cum obtulisset isque accipere noluisset, eam obsignavit et deposuit nec in usus suos convertit." - In einem früheren Text (Gai. D. 20, 4, 11, 4: "Si paratus est posterior creditor priori creditori solvere quod ei debetur, videndum est, an competat ei hypothecaria actio nolente priore creditore pecuniam accipere. Et dicimus priori creditori inutilem esse actionem, cum per eum fiat, ne ei pecunia solvatur.") geht es schon um eine Ablösung des Erstgläubigers durch den Zweitpfandgläubiger (oder um eine hypothekarische Sukzession eines beliebigen Neugläubigers, der dem Schuldner ein Darlehen zur Befriedigung des vorrangigen Gläubigers gewährt?). Aufgrund dieses Textes kann man feststellen, dass sich das Erstarken des zweitrangigen Pfandrechts durch das Angebot der Erfüllung an den erstrangigen Gläubiger schon aus der Formel der actio Serviana ergibt (vgl. Emunds und Harke, Das "ius offerendi et succedendi" des nachrangigen Pfandgläubigers, 18). (Gaius beantwortet die Frage, ob dem posterior creditor die actio Serviana [hypothecaria] zusteht, indem er feststellt, dass die Pfandklage des prior creditor erloschen ist. Dies ist nur dann sinnvoll, wenn mit der Klage des Erstgläubigers das einzige Hindernis für die Klage des Zweitgläubigers wegfällt. Zunächst hatte der vorrangige Pfandgläubiger ein durch die actio hypothecaria geschütztes Pfandrecht. Die Voraussetzungen dieser Klage sind aber mit der Zahlung oder ihrer Nichtannahme weggefallen: das erstrangige Pfandrecht ist nämlich erloschen, und steht dem Recht des Zweitgläubigers nun nicht mehr entgegen.) Aufgrund dieses Textes war also das aus der Formel der actio Serviana abgeleitete Ablösungsrecht schon für Gaius bekannt, und dieses Ablösungsrecht wurde später durch das Kaiserrecht um das ius succedendi ergänzt und entwickelte sich dadurch zu einem eigenständigen Rechtsinstitut (vgl. Emunds und Harke, Das "ius offerendi et succedendi" des nachrangigen Pfandgläubigers, 37). Gaius stützt seine Entscheidung nicht auf ein besonderes Ablösungsrecht, sondern auf allgemeine pfandrechtliche Grundsätze. Als eigenständiges Rechtsinstitut ist das ius offerendi erst in C. 8, 17, 1 belegt (vgl. Emunds und Harke, Das "ius offerendi et succedendi" des nachrangigen Pfandgläubigers, 22[23]). (Der - rein dingliche - Rückgriff des Nachgläubigers wurde also durch ein besonderes kaiserrechtliches Mittel gewährleistet: das nach dem Vorbild der hypothekarischen Sukzession gestaltete, aber ipso iure wirkende ius succedendi; so Emunds und Harke, Das "ius offerendi et succedendi" des nachrangigen Pfandgläubigers, 34.)
[9] Zur Konfirmation einer anfänglich wirksamen Pfandbestellung siehe noch z. B. Tryph. D. 49, 15, 12, 12: "[...] ut cum posterior creditor priori satisfacit confirmandi sui pignoris causa"; C. 8, 17, 5: "Prior quidem creditor compelli non potest tibi, qui posteriore loco pignus accepisti, debitum offerre: sed si tu ei omne quod debetur solveris, pignoris tui causa firmabitur"; C. 8, 13, 22: "Secundus creditor offerendo priori debitum confirmat sibi pignus".
[10] In den Fällen der Konvaleszenz geht es um eine nachträgliche Heilung der anfänglich unwirksamen Pfandbestellung. Siehe zu diesem Problem: Afr. D. 20, 4, 9, 3; Paul. D. 13, 7, 41; Mod. D. 20, 1, 22. Aus der vielfältigen Literatur siehe z. B. F. Wubbe, 'Res aliena pignori data'. De verpanding van andermans zaak in het klassieke Romeinse Recht, (Leiden, 1960); D. Schanbacher, Die Konvaleszenz von Pfandrechten im klassischen römischen Recht, (Berlin, 1987); P. Gröschler, Pfandrecht und Niessbrauch - Mehrfachbestellung und Konvaleszenz beschränkter dinglicher Rechte im römischen, im gemeinen und im geltenden Recht, in Essays L. Winkel, I, (Pretoria, 2014) 357 ff. [= in J. D. Harke (Hrsg.), Facetten des römischen Pfandrechts. Studien zur Geschichte und Dogmatik des Privatrechts, (Berlin und Heidelberg, 2015) 39 ff]; zur Verpfändung einer fremden Sache siehe noch z. B. H. Ankum, Spätklassische Problemfälle bezüglich der Verpfändung einer "res aliena", in Festschrift R. Knütel, (Heidelberg, 2009) 35 ff.
[11] "Sciendum est secundo creditori rem teneri etiam invito debitore tam in suum debitum quam in primi creditoris et in usuras suas et quas primo creditori solvit: sed tamen usurarum, quas creditori primo solvit, usuras non consequetur: non enim negotium alterius gessit, sed magis suum. Et ita Papinianus libro tertio responsorum scripsit, et verum est." Vgl. z. B. Emunds und Harke, Das "ius offerendi et succedendi" des nachrangigen Pfandgläubigers, 19 f.
[12] "Cum secundus creditor oblata priori pecunia in locum eius successerit, venditionem ob pecuniam solutam et creditam recte facit." Vgl. z. B. Emunds und Harke, Das "ius offerendi et succedendi" des nachrangigen Pfandgläubigers, 21 f.
[13] H. Dernburg, Das Pfandrecht nach den Grundsätzen des heutigen römischen Rechts, II, (Leipzig, 1864) 518 ff
[14] F. Schulz, Klagen-Zession im Interesse des Cessionars oder des Cedenten im klassischen römischen Recht, (1906) (27) SZ, 104 ff
[15] Kaser, Über mehrfache Verpfändung im römischen Recht, 46 ff.
[16] A. Wacke, Paulus Dig. 10,2,29: Zur Pfand-Adjudikation im Erbteilungsprozess und zur Entwicklung der sog. hypothekarischen Sukzession, in Festschrift M. Kaser, (München, 1976) 527.
[17] Emunds und Harke, Das "ius offerendi et succedendi" des nachrangigen Pfandgläubigers, 23 f.
[18] Vgl.: "[...] non enim negotium alterius gessit, sed magis suum". Der Offerent führte also kein fremdes, sondern ein eigenes Geschäft. Daraus folgt, dass der Nachpfandgläubiger das ius offerendi in seinem eigenen Interesse ausübt.
[19] Wer als negotiorum gestor des Schuldners an den Pfandgläubiger zahlt, erwirbt kein Pfandrecht (bzw. keine dingliche Pfandklage), sondern nur ein Zurückbehaltungsrecht (retentio), durch exceptio doli (vgl. Pap. D. 20, 6, 1 pr.: "[...] qui negotium gessit, utilem Servianam dari sibi non recte desiderabit: si tamen possideat, exceptione doli defenditur.").
[20] Der Kauf des Pfandrechts ist etwas anderes (siehe unten). - Emunds und Harke betonen, dass die Quellen des römischen Rechts keinen Hinweis darauf enthalten, dass die Leistung des Nachpfandgläubigers andere Wirkungen als eine gewöhnliche Drittleistung hätte. [Die deutschen Romanisten weisen aber auch darauf hin, dass die Befreiung des Schuldners in den Quellen ebenso nicht ausdrücklich erwähnt wird (vgl. Emunds und Harke, Das "ius offerendi et succedendi" des nachrangigen Pfandgläubigers, 16[5]). Stattdessen ist aber mehrfach von der Abfindung (dimissio) des Erstgläubigers die Rede (vgl. z. B. Paul. D. 20, 4, 16: "plane cum tertius creditor primum de sua pecunia dimisit"; Tryph. 49, 15, 12, 12: "ab eo, qui tempore prior fuit, ut infirmiore dimittendus est"; PS 2, 13, 8: "Novissimus creditor priorem oblata pecunia, quo possessio in eum transferatur, dimittere potest."). Deshalb ist nach Emunds und Harke davon auszugehen, dass die erstrangig gesicherte Forderung durch die solutio des Zweitgläubigers erlischt.]
[21] Abgesehen von der rein dinglichen Rückgriffsmöglichkeit des zahlenden Nachpfandgläubigers (vgl. Marci. 20, 4, 12, 6).
[22] Vgl. Paul. D. 20, 3, 3: im Sachverhalt dieses Textes gab ein neuer Gläubiger dem Schuldner ein Darlehen, um den vorherigen Gläubiger des Schuldners zu befriedigen, unter der Bestimmung, dass der neue Gläubiger ein Pfandrecht anstelle des abgefundenen Gläubigers erwerbe. Dieser Text hat auch in Hinsicht auf die Entwicklungsgeschichte des ius vendendi beim Pfandrecht eine große Bedeutung. Im Text findet man den Ausdruck "succedere in ius pignoris" ("Einrücken in das Pfandrecht"); Schanbacher betont zu Recht, dass Titius Aristo "die Lehre von der hypothekarischen Sukzession" begründet. In der Zusammenfassung von (Schanbacher, Hypothekarische Sukzession, 154) ist diese hypothekarische Sukzession nach Aristo "Einrücken eines Darlehensgebers in ein abstraktes Pfandrecht, konkret, in eine vom bisherigen Pfandrecht verlassene, leere Pfandrechtsstelle, wobei diese Verlassenheit selbst das Werk des Darlehensgebers ist, dessen Darlehen zur Abfindung des bisherigen Gläubigers und Pfandrechtsinhabers eingesetzt werden soll und eingesetzt wird". - Ein anderer Fall der hypothekarischen Sukzession: Im Sachverhalt des Marci. D. 20, 4, 12, 9 verkauft der Schuldner die Sache mit der Zustimmung seines Gläubigers, um den Erstgläubiger des Schuldners aus dem Kaufpreis völlig zu befriedigen. Die Einwilligung des Gläubigers ist ein Verzicht auf sein Pfandrecht. Der zustimmende Gläubiger erwirbt das Pfandrecht des abgefundenen Gläubigers. - Siehe dazu z. B. noch den Fall, wenn ein Nachgläubiger das Pfandrecht (nicht um Eigentümer zu sein) dem Erstgläubiger abkauft. (Vgl. Mod. D. 20, 5, 6; Marci. eod. 5, 1.) Der Nachgläubiger wird bei diesem Kauf des Pfandrechts ausdrücklich ein Nachfolger des vorherigen Erstpfandgläubigers. - Es handelt sich wahrscheinlich auch um einen Fall der hypothekarischen Sukzession, wenn ein fideiussor den ersten Rang des vorherigen Pfandgläubigers erwirbt (vgl. Pap. eod. 2).
[23] Die Glossatoren bzw. die Kommentatoren haben nämlich die originelle römischrechtliche Konstruktion des ius offerendi weiterentwickelt. In der mittelalterlichen und neuzeitlichen Jurisprudenz bewirkt die Ausübung des ius offerendi einen Übergang der Forderung des vorherigen Erstpfandgläubigers, mit einer wirklichen Sukzession auch in Bezug auf die Rechte und Klagen des abgefundenen Gläubigers. Mit anderen Worten: Die Ausübung des weiterentwickelten ius offerendi bewirkt eine "gesetzliche Subrogation". Vgl. H. Coing, Europäisches Privatrecht, I, (München, 1985) 330; vgl. noch z. B. J. Hawellek, Die persönliche Surrogation, (Tübingen, 2010) 29; J.-Ph. Levy und A. Castaldo, Histoire du droit civil, (Paris, 2002) 1080.
[24] "Fideiussoribus succurri solet, ut stipulator compellatur ei, qui solidum solvere paratus est, vendere ceterorum nomina". Durch diese Konstruktion fanden die Klassiker den Weg, dass der Bürge dem Gläubiger nur noch zu leisten brauchte, wenn ihm der Gläubiger seine Forderung abtrat. Die Hilfe wurde vermutlich dadurch gewährt, dass der Prätor dem Bürgen eine exceptio doli gab, die es dem Richter erlaubte, die Klage des Gläubigers abzuweisen, wenn dieser sich zur Abtretung der Klagen gegen Zahlung des Bürgen nicht bereitfand. Das Problem, dass mit der Zahlung des Bürgen Erfüllung eintrat und damit die Forderungen gegen den Schuldner [und Mitbürgen (vor der epistula Hadriani)] erloschen, wurde durch den Kunstgriff einer Kauffiktion überwunden: Der Bürge zahle als Käufer, nicht als Bürge. (Vgl. Kaser, Knütel und Lohsse, Römisches Privatrecht, 341.) Die ganze Problematik kann hier nicht ausführlich erörtert werden. [Vgl. zur ganzen Problematik z. B. D. Medicus, Der fingierte Klagenkauf als Denkhilfe für die Entwicklung des Zessionsregresses, in Festschrift M. Kaser, (München, 1976) 394 ff.; F. Briguglio, 'Fideiussoribus succurri solet', (Milano, 1999) 261 ff]
Lábjegyzetek:
[1] Der Autor ist PhD, Oberassistent an der Fakultät für Staats- und Rechtswissenschaft, Eötvös Loránd Universität, Lehrstuhl für Römisches Recht und Vergleichende Rechtsgeschichte (Budapest).
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